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Moumouni

… will keine Baseballschläger

Seit dem Sommer 2020 hat sich einiges verändert im schweizerischen Diskurs über Rassismus und Diversität. Ich weiss noch, wie ich im Zug nach Bern dem Gespräch von zwei Herren lauschte, die fabulierten, die Black-Lives-MatterDemonstrationen seien von Bill Gates bezahlt worden und die schwarzen Oberteile, die die Demonstrierenden trugen, seien ein Zeichen dafür, dass diese für eine schwarze Macht liefen. Ich musste lachen, weil die beiden davon sprachen, dass man nur genauer hinsehen müsste, um zu Weisheit zu gelangen.

Andererseits fand ich es bedauernswert, dass die beiden Hobbydetektive nicht weiterwühlten. Die Demonstrationen fielen ihnen auf, diese fanden sie suspekt – aber sie schafften es nicht aufzudecken, dass Rassismus, Queerfeindlichkeit, Misogynie, Ableismus und Co. tatsächlich in Leben eingreifen, Hürden aufstellen und gar töten – und deshalb so viele Menschen auf die Strasse gingen. Es scheint mir, dass sich nicht nur die beiden Herren dagegen wehren, anzuerkennen, warum marginalisierte Gruppen in diesem Land nicht zufrieden sind.Viele Leute denken, es sei weder unangemessen noch lächerlich, sich hinter den Grossbuchstaben der grössten Medienhäuser des Landes zu verstecken, die GENDERWAHN, CANCEL CULTURE, SUPER-WOKE oder Ähnliches skandieren und zu jammern, sie würden in ihrer Freiheit eingeschränkt und bedroht. Dabei geht es nach wie vor auch und hauptsächlich um Sicherheit.

Rechtsradikale trauen sich hierzulande, eine Kinderveranstaltung zu sabotieren, Rauchbomben und Banner zu schwingen und sich dann unverhüllt zur Tat zu bekennen. So passiert bei einer Veranstaltung im Tanzhaus in Zürich, einer Vorlesestunde für Kinder von drei bis zehn Jahren. In einem lustigen Rahmen konnte hier etwas über Identität, Vielfalt, Inklusion und Toleranz gelernt werden. Die Geschichtenerzähler*innen waren Dragqueens und -kings, im zweiten Teil der Veranstaltung konnten die Kinder sich schminken, verkleiden und ihre eigenen Geschichten erzählen. Sich auf spielerische Weise mit Vielfalt auseinanderzusetzen und einen unverkrampften Umgang zu erlangen – damit sie sich als Erwachsene nicht dilettantisch anstellen, wenn es darum geht, den Kuchen zu teilen –, dies wurde ihnen nicht gegönnt: Die Rechtsradikalen traten vermummt auf, blockierten den öffentlichen Weg zum Gebäude und verbreiteten mit Rauchbomben, Bannern und Geschrei Angst unter den Kindern und Erwachsenen. Die Gruppe ist wegen weiterer Aktionen, unter anderem gegen queere Menschen, bekannt.

Als die Polizei eintraf, waren die Saboteure schon längst verschwunden, die anderen Studios wurden wegen des sich ausbreitenden alarmierenden Geruchs der Rauchbomben evakuiert und einige Elternteile hatten Panikattacken. Die Beamten sagten, man könne leider nichts machen, und rieten der Leiterin der Veranstaltung, sie solle sich doch einen Baseballschläger besorgen. Im Nachhinein konnte noch gegen die rechtsradikale Gruppe Anzeige erstattet werden. Die Veranstalterin war nicht überrascht: weder von der Aktion noch vom fehlenden Schutz. Wer sich anti-diskriminatorisch engagiert, weiss, dass rechtsextreme Gewalt und Machtanspruch eine Gefahr sind, die von den Sicherheitsbehörden wenig ernstgenommen wird. Kann vielleicht mal jemand Bill Gates anrufen und fragen, ob er nicht etwas dagegen tun kann?

FATIMA MOUMOUNI

versucht seit Tagen, Bill Gates zu erreichen. Bis dahin muss die Forderung nach Schutz vor rechter Gewalt und nach Förderung von Diversitätsprojekten sowie Aufklärung weiter hochgehalten werden.