Der neue Stern

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Österreich € 3,80 /  Schweiz CHF 6,50 / Frankreich, Italien, Spanien, Slowenien: € 4,60 / Portugal (cont.): € 4,90 / Kanaren: € 4,90 / Griechenland: € 5,30 / Benelux: € 4,– / Finnland: € 5,70 / Norwegen: NOK 55,– / Tschechien: CZK 160,– / Ungarn: HUF 1520,–

NR. 12 14. 3. 2013 € 3,50

ABENTEUER

Bei Jauch gewann unsere Autorin eine halbe Million – und begab sich auf die Reise ihres Lebens

FINANZTRICKS

Vier Kanzleien sind schuld, dass Amazon, Apple & Co. kaum noch Steuern zahlen

GGuEteNs, eUhrSlichmSeitstel,

ebens Essen: Ln Sie trauen e den nnen kö

Ich liebe Gott

Katholische Priester fordern vom neuen Papst: Befrei uns endlich vom Zölibat! Ti_11_12_1_1 1

Anton Aschenbrenner war Pfarrer – bis er Birgit traf

( und eine Frau ) 11.03.13 17:21


Inhalt

Diese Woche Politik

Zwölf katholische Priester sprechen im stern über das Leben mit ihren Frauen. Zehn kostete die Liebe das Amt, zwei ertragen bis heute die Heimlichkeit. Den Zölibat zu beenden bedeutete für den neuen Papst nur einen Federstrich 38

eMagazine Der stern erscheint auch digital für iPads und AndroidTablets. In dieser Woche gibt es etwa Video-Interviews mit Priestern aus unserer Titelgeschichte. Der Download ist mittwochs ab 18 Uhr möglich. Abonnenten des stern können das eMagazine kostenlos laden, Einzelkäufer zahlen pro Ausgabe 2,69 Euro. 6

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Was für ein Leben: Michail Gorbatschow über seine Freunde, seine Feinde, seine geliebte Frau. Das stern-Gespräch

Gesellschaft Die Welt verstehen Kurze Antworten auf drängende Fragen Auf dem Weg zur Arbeit Mit Filmproduzent Nico Hofmann unterwegs zur Ufa in Potsdam Vorher – nachher Superhelden heitern kleine Patienten auf Wohnungsnot Kreativer Protest gegen explodierende Mieten Nachruf Regisseur Dominik Graf zum Tod von Dieter Pfaff Haderer Abenteuer Eine Hamburgerin gewann bei Jauch eine halbe Million – und reiste ein Jahr lang um die Welt Ein besonderer Mensch Die erste Inderin, die wellenreiten kann Harlem Shake Wie ein Tanz die Welt erobert – und was hinter dem Hype steckt Til Mette

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Wissen Diagnose Eine Dreijährige ist seit ihrer Geburt heiser. Was hat sie?

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Wirtschaft Sehen und gesehen werden Hartmut Mehdorn 30 Manager-Gehälter Wer verdient was bei VW? 32 Finanzen Wie vier internationale Kanzleien dafür sorgen, dass große Konzerne kaum noch Steuern zahlen 84 Fotografie Sebastião Salgado Das Projekt „Genesis“: mythische Bilder von den entlegensten Orten der Welt

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Titelfoto: Myrzik und Jarisch; Editorial: Robert Lebeck; Hans-Jürgen Burkard; Inhalt: Hans-Jürgen Burkard; Andrey Rudakov/Bloomberg/Getty Images; SebastiÃo SALGADO/Amazonas images/Agentur Focus ; David Maupile; Ralph Kerpa/ Bildagentur-online; Kumicak + Namslau

Titelthema

Stimmungsbild Eigenwillig, aber 19 populär: Joachim Gauck Zwischenruf Hans-Ulrich Jörges: Lüge in Zeiten der Gier 22 stern-Trends 1. Wahlumfrage 2. Kaum 24 Chancen für Anti-Euro-Partei Luftblasen 29 Bundestagswahl Warum eine Muslimin für die CDU ins Parlament will 30 Was halten Sie von Karl-Theodor zu 34 Guttenberg? Michail Gorbatschow Der letzte Präsident der Sowjetunion 64 im stern-Gespräch

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Autorin Meike Winnemuth vor dem Taj Mahal. Zwölf Städte in zwölf Monaten – das war ihr Weltreise-Programm

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Die Tricks der Berater: Wie sie Google, Amazon & Co. helfen, der Steuer ein Schnippchen zu schlagen

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Nr. 12 vom 14 . März 2013

Extra Genuss Landwirtschaft Wo Schweine entspannt groß – und zu guter Wurst werden Einkaufsführer Vom stern probiert: die besten Produkte von Hofläden und Manufakturen

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Journal Unterhaltung

Folk Bands wie Mumford & Sons oder die Lumineers machen Musik für gestresste Seelen DVD Die packende Fortsetzung der DDR-Familiensaga „Weissensee“ Reden wir über Hochleistungsträger. Eine Kolumne von Juli Zeh Im Bett mit Moderator Jörg Pilawa Tetsche Was macht eigentlich? Melissa Brandts, deren Urlaubsfoto mit Erdhörnchen um die Welt ging

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Lebensart

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See-Elefanten und Pinguine am Rande der der Antarktis – der weltberühmte Fotograf Sebastião Salgado folgte den Spuren der Schöpfung

Vorwärts! Hübsch sportlich: das neue Beetle Cabrio Fünf Sinne Alles sprießt – schöne Dinge für längere Tage Augenblick Städte aus Papier Leben, wo andere Urlaub machen Föhr: Die Insulanerin Birte Peters verrät ihre besten Tipps

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Kultur-Tipps Film „Hitchcock“ mit Anthony Hopkins und Scarlett Johansson Bestseller Film Mit DVD-Tipp Musik Auf dem Sprung: die Sopranistin Anna Prohaska Bestseller Musik Mit App-Tipps Was ich lese Wolfgang Niedecken über die neue Springsteen-Biografie Bestseller Buch Belletristik, Sachund Taschenbücher plus Tipps Termine Leonard Cohen, Christo, Walter Moers oder auch Barbie: Wann ist was wo zu erleben?

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Rubriken Echo Die Seite der Leser Bilder der Woche Impressum

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Dieser Strandkorb lädt bald wieder ein: Birte Peters aus Wyk verrät die schönsten Ecken auf Föhr 14.3.2013

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Bilder der Woche südafrika

foto: BULLS

In der Pflicht Opa wollte es so. Bevor er starb, sagte er seinem Enkelsohn, er solle heiraten. Und der acht Jahre alte Sanele musste den Willen des Großvaters befolgen. Sonst, sagte die Mutter, wäre der Familie etwas Schlimmes passiert. Aber wen heiraten? Sanele entschied sich für Helen. Die hat zwar schon einen Mann und dazu fünf Kinder, auch ist sie 61 Jahre alt, aber Sanele sagte, er liebe sie. Helen war einverstanden. Die Heirat würde sowieso nicht gelten, es geht um das Ritual. Sie haben 100 Gäste eingeladen, beide sagen Ja, dann drücken sie sich einen Kuss auf die Lippen. Wenn er älter ist, sagt Sanele, würde er gern noch einmal heiraten. Aber lieber eine Frau in seinem Alter.

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USA

foto: Rick McClure/SWNS/Action Press

Glück gehabt Er hat eine kleine Wunde an der rechten Schläfe. Aber sonst blieb dieser Raser unverletzt. Er fuhr seine 500 PS starke Corvette Z06 gerade den Freeway bergauf, es war dunkel in Los Angeles, die Strecke hat Kurven und Kuppen. Und er war schnell. Viel schneller als der Laster vor ihm. Als es krachte, schob sich das Auto fast zwei Meter unter den Truck – bis es von einer Sicherheitsstange am Lkw gestoppt wurde. Der erste Retter am Unfallort war der pensionierte Feuerwehrmann Rick McClure, der hatte schon viele Menschen bei solchen Unfällen sterben sehen. Doch dieses Mal hörte er Hilferufe. McClure: „Es war unglaublich, diesen Typen in der Corvette sprechen zu hören.“

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Grossbritannien

foto: Rex/Action Press

Bleib ja oben! Mit Steinen kennen sich Imogen und Gabriel, beide dreieinhalb, schon ziemlich gut aus: Man kann mit Steinen spielen. Oder sie stapeln. Wenn einem so ein Ding auf den Fuß fällt, dann tut das weh. Also nähern sich die beiden Kinder dem Kunstwerk von Peter Fischli und David Weiss nicht nur staunend, sondern mit Ehrfurcht. Sie brauchen keine Angst zu haben: Der obere Stein wird allein durch sein Gewicht auf dem unteren gehalten. Die 5,50 Meter hohe und knapp 60 Tonnen schwere Installation aus zwei eiszeitlichen Granitbrocken ruht stabil auf ihrem Fundament. Ein künstlerischer Balance-Akt, abgesichert durch statische Berechnungen, zu sehen in Londons Kensington Gardens.

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USA

foto: Buffalo Zoo

Flauschware Ach, Bärlein, du bist noch so klein, und es ruhen schon so große Hoffnungen auf dir, seit du Ende November 2012 im Zoo von Buffalo geboren wurdest. Noch bist du viel zu jung, um öffentlich herumzutollen. Aber die Leute sollen wenigstens Fotos von dir sehen, damit du ihre Herzen öffnest. Und vor allem: ihre Portemonnaies. Denn dem Zoo fehlen noch vier Millionen Dollar für eine neue Arktislandschaft. Die soll einmal mehr als 5500 Quadratmeter messen und dir so etwas wie ein Zuhause geben. Noch trägst du nicht einmal einen Namen. Wir Deutschen hatten auch mal einen wie dich. Wir hätten also einen Vorschlag: Es ist ein skandinavischer Name. Auf Englisch schreibt man den wohl „Cnut“.

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WOCHE Politik

DIESE

Wirtschaft

Gesellschaft

Kultur

Leute

Infografik: ANGABEN IN PROZENT. DATENBASIS: 1003 BEFRAGTE AM 6. UND 7. MÄRZ 2013. QUELLE: FORSA; Foto: Michael Gottschalk/dapd

4 Wie gefährlich ist Nordkorea? Seite 21 4 Hans-Ulrich Jörges über Managergehälter Seite 22 4 Aktionen gegen die neue Wohnungsnot Seite 28 4 Abschied von Dieter Pfaff Seite 34

Begrüßt wie ein Popstar: der Bundespräsident Ende Februar in der deutschen Schule in Genf

77 %

Der Super-Gauck

Ein Jahr im Amt – und schon sind seine schwachen Vorgänger vergessen

T

ypisch! Der Bundespräsident besucht die deutsche Schule in Genf, die Mädchen und Jungs applaudieren aufgeregt. Joachim Gauck sagt: „Ihr klatscht ja schon, bevor ich was gesagt habe. Ist ja goldig.“ Lachen. Sofort ist das Eis gebrochen. Dann diskutiert der 73-Jährige mit den Schülern offen über die moderne Gesellschaft. „Das Leben ist mehr als Konsum“, sagt Gauck. „Mischt euch ein“, ermuntert er. Bürgernah, unbekümmert, eigenwillig – auf diese Weise erobert Gauck die Herzen der Menschen. Sie spüren, dass er sich als Person im Amt nicht verlieren will. 77 Prozent der Deutschen sind mit der

Arbeit des Bundespräsidenten – im Amtsjargon 01 genannt – zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Doch diese große Zustimmung ist nicht so selbstverständlich, wie sie erscheint. Als Gauck vor einem Jahr sein Amt antrat, lag es darnieder. Seine beiden Vorgänger waren, bis dahin undenkbar, zurückgetreten: Horst Köhler aus Verzweiflung, Christian Wulff wegen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen. Er hat dem Amt die Würde zurückgegeben, allein das ist eine Leistung. Luft nach oben hat er aber noch: Nur sieben Prozent finden, Gauck mache bessere Arbeit als Expräsident Richard von Weizsäcker.

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sind mit seiner Arbeit zufrieden oder sogar sehr zufrieden

58 % sagen, Gauck mache es besser als sein Vorgänger Wulff Stern-trend alle Sterntrends sind ForsaUmfragen im Auftrag des Stern

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Hans-Ulrich Jörges, Mitglied der stern-Chefredaktion, schreibt jede Woche an dieser Stelle

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anker und Manager haben ein gemeinsames Problem. Sie haben Vertrauen ver­ spielt. Nur noch jeder fünf­ te Deutsche traut den Ban­ ken, nur noch jeder zehnte den Managern von Großkonzernen. Unter 35 gesellschaftlichen Institu­ tionen rangieren die Wirtschafts­ lenker hinter dem Zentralrat der Muslime, auf dem vorletzten Platz. Gier verbindet die Verfemten der Wirtschaft – im Urteil des Publi­ kums. Dass Christian Bittar, ehedem Zinsspekulant der Deutschen Bank in London, für 2008, das Jahr der ­Finanzkrise, 80 Millionen Euro Bo­ nus zugesprochen bekam und dass Martin Winterkorn, Vorstandschef von VW, für das vergangene Jahr 14,5 Millionen einstreicht, 1,60 Euro pro verkauftes Auto – nach 17,5 Mil­ lionen für 2011 hätten ihm nun sogar rund 20 Millionen zugestanden –, das sorgt für lodernde Empörung. Und verlockt die Politik zu popu­ listischen Manövern. In diesem Jahr sind Bundestagswahlen, 2014 Euro­ pawahlen. Also hat die Deckelung von Bankerboni und Managerbe­ zügen Konjunktur. Bei näherer ­Betrachtung indes entpuppt sich das als Augenwischerei. Zur Gier gesellt sich die Lüge. Das Publikum wird betrogen, mit Illusionen gefüttert.

Denn, um mit den Bankerboni zu beginnen, die von der EU großspu­ rig angekündigte Deckelung auf die Größenordnung eines Jahresgehalts oder, mit Zustimmung der Haupt­ versammlung, auf das Doppelte ­dieses Gehalts ist nicht mehr als ein schöner Plan, der über wirkungs­ volle Umgehungsmöglichkeiten hinwegtäuscht. Gerade wird mit den widerstrebenden Briten, die um ihr Londoner Bankerparadies fürchten, über Schlupflöcher verhandelt, etwa längere Auszahlungsfristen. Und falls es doch eng werden sollte, um die „Masters of the Universe“ bei Laune zu halten, wird man eben die Grundgehälter üppig heraufsetzen. Die Deutsche Bank hat damit schon in der Ära Josef Ackermanns begonnen. Und in diesem Jahr fiel das Gros der Beförderungen zu ­Managing Directors auf die Invest­ mentbanker in London. Der Trend zu saftigen Gehaltserhöhungen ist in der gesamten Branche zu beob­ achten. Die Personalvergütungen von 35 Banken in der EU und den USA kletterten 2012 um rund zehn auf 275 Milliarden Euro, obgleich 93 000 Jobs abgebaut wurden. Investmentbanking ist nun mal organisierte Gier. „Das System macht die Händler zu asozialen Menschen“, urteilt der Schweizer Psychiater Thomas Noll. Solange der Spekulation nicht der Garaus ge­ macht wird, muss die Quelle spru­ deln, an der die Knaben sitzen. Sonst

Solange der Spekulation nicht der Garaus gemacht wird, muss die Quelle sprudeln, an der die ­Knaben sitzen

zwischenruf aus berlin

Lüge in Zeiten der Gier

Ende der Selbstbedienung? Bündnis gegen die Abzocker? Schön wär’s. Der politische Rummel um Bankerboni und Managerbezüge nährt bloß Illusionen 22

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wechseln sie zu Hedgefonds, die ganz und gar unkontrolliert sind. Der 80-Millionen-Bittar arbeitet heute für eine solche Schattenbank. Geradezu dreist aber sind die Ma­ növer um die Managerbesoldung. Die vorgeschlagene Verlagerung der Entscheidung auf die Eigentümer, die Hauptversammlungen der Ak­ tionäre, würde an den Zuständen zunächst einmal gar nichts ändern. „Bislang ist kein Fall bekannt, bei dem die Hauptversammlung gegen den Vergütungsvorschlag gestimmt hat“, sagt Klaus-Peter Müller, Chef der Corporate-Governance-Kom­ mission der Bundesregierung. Auch im Fall Winterkorn gab es keinen Aufstand der VW-Aktionäre. Sofern der Vorstandschef die Umsatz- und Renditeziele erreicht oder gar über­ trifft, wird ihm reichlich gegeben. Die FDP, die sich Beifall heischend an die Spitze der Bewegung gesetzt hat, will nicht mehr als ein ideo­ logisches Nebengeschäft machen: zulasten der Gewerkschaften. Denn die Stärkung der Aktionäre hieße Schwächung der gewerkschaftlich mitbestimmten Aufsichtsräte. Ei­ gentlich unnötig, denn die Gewerk­ schaften haben alle Gehalts- und Bonusexzesse klaglos mitgemacht. Wirkungsvoll könnte hingegen die Idee von SPD und Grünen sein, die steuerliche Absetzbarkeit von Managerbezügen zu begrenzen – die Grünen denken an 500 000 Euro. Was darüber hinausgeht, könnten die Firmen nicht als Betriebsaus­ gaben geltend machen. Dann würde wenigstens der Normalbürger – durch entgangene Konzernsteuern – nicht zur Mitfinanzierung von ­Exzessen zwangsverpflichtet. Die Deutsche Bank übrigens plant Ethik-Kurse für ihre Young Leaders, organisiert von der bankeigenen ­Alfred Herrhausen Gesellschaft. Das ist eine besonders aparte Idee. Gerade Herrhausen, der zur Empö­ rung der Bankenwelt einen Schul­ denerlass für die Dritte Welt wollte und von Terroristen ermordet wur­ de, stand dafür, worauf es wirklich ankommt: nicht auf WeißwäscherPR-Kurse, sondern auf das ethische Vorbild von Spitzenmanagern.

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Lesen Sie zum gleichen Thema: Wer verdient was bei VW? – Seite 32

illustration: jan Stöwe; Foto: David Maupile

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Die Welt verstehen Kurze Antworten auf drängende Fragen

1 Indien

stecken. Die Sonne scheint in Indien bis zu 300 Tage im Jahr. Bisher sind aber nur Photovoltaik-Kraftwerke mit insgesamt Sie wissen, dass sie sich auf niemanden sonst 1,2 Gigawatt Leistung installiert, so viel wie verlassen können. Solaranlagen sind unabein einziges Kohlekraftwerk, und das in einem Land mit 1,2 Milliarden Menschen. hängig vom löchrigen Stromnetz, brauchen Vielerorts gehen noch immer für Tage die keine teuren Leitungen und werden von der Lichter aus. Fabrikarbeiter nennen Regierung besonders gefördert – wie hier bei dies scherzhaft „Power Holidays“. Salzbauern in Westindien (Foto unten). Bis 2022 will der Staat umgerechnet 15 Milliarden Rolf-Herbert Peters, stern-Energieexperte Euro in den Ausbau von Solarkraftwerken

Warum sorgen viele Inder auf dem Land selbst für ihren Strom?

Jugendliche feiern in Kairo das Urteil gegen die Angreifer von Port Said

2 Ägypten

Warum werden Fußballfans zum Tode verurteilt?

Strom auch für die kleinste Hütte: Solarzellen auf einem Dach in Gujarat 20

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Weil in dem Land selbst Fußball politisch ist. 74 Menschen starben bei einem Spiel des Kairoer Klubs Al Ahly in Port Said. Örtliche Fans attackierten sie mit Messern, die Sicherheitskräfte versagten – bewusst, hieß es nachher. Der Staat habe sich an den Kairoer Fans rächen wollen, weil die in der Revolution ganz vorn standen. Jetzt bestätigte ein Gericht die Todesurteile gegen 21 Port-SaidFans. Ein politisches Urteil. Es soll die enttäuschten Kinder der Revolution besänftigen. Raphael Geiger, stern-Reporter

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Fotos: SAM PANTHAKY/AFP; Ahmed Khaled/EPA/DPA; Mitchell Sams/CAMERA PRESS/Picture prress; MENAHEM KAHANA/AFP; Charly Kurz/laif; Enver Hirsch (4); Steffen Roth; DPA

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3 USA

Wohin mit den riesigen Smartphones?

Herrenhandtasche von Valentino

Viel Lärm um Pixel und Gigahertz gibt es rund um die Vorstellung des neuen Samsung Galaxy S4 in New York, aber ans Verstauen denkt mal wieder niemand. Für Handtaschenträgerinnen heißt dies: zwei Saisons warten, bis die Hersteller die Innenfächer an die neuen Smart­ phones angepasst haben. Und die Herrenschneider werden einen Teufel tun, ihre Anzugtaschen für Maße und Gewicht der Neugeräte zu vergrößern, weil sie die Fasson aufs Hässlichste verbeulen. Das Comeback des Männer-Handtäschchens steht uns also bevor. Dirk van Versendaal, stern-Modeexperte

4 Israel

5 Deutschland

50 000 der 2,6 Millionen Palästi­ nenser im Westjordanland haben eine Arbeitsgenehmigung für ­Israel. Um nach Tel Aviv oder Jaffa zu kommen, müssen sie Buslinien benutzen, mit denen auch viele jüdische Siedler fahren. Die sagen, die Palästinenser seien ein Sicher­ heitsrisiko – obwohl nur eine ­Genehmigung bekommt, wer un­ verdächtig ist. Einige Busfahrer weigern sich trotzdem, Palästinen­ ser mitzunehmen. Die israelische Regierung hat nun Buslinien für palästinensische Pendler ein­ gerich­tet. Doch es sind zu wenige. Und die Chance, in einem ­gemischten Linienbus mitgenom­ men zu werden, ist jetzt noch ­geringer als zuvor. Sogar Israelis werfen der Regierung vor, auf ­diese Weise ein Apart­ heid-System zu schaffen. Steffen Gassel, stern-Korrespondent, Beirut

Kommt drauf an, wen man fragt. Michael Hüther, der Chef des Instituts der deutschen Wirt­ schaft, etwa sagt, die Agenda 2010 habe „das Land zum Besseren verändert“. Ihre Geburtsstunde jährt sich jetzt zum zehnten Mal. Auch Gerhard Schröders Nachfolgerin Angela Merkel findet: „Ganz klar, die Agenda 2010 war richtig.“ Die Bevölkerung ist da­ gegen nach wie vor gespalten. 43 Prozent glauben, die vor allem wegen Hartz IV umstrittene Reform sei eher schlecht für das Land gewesen. Bei Anhängern der SPD hat zumindest eine knappe Mehrheit (51 Prozent) ihren Frie­ den mit Schröders Politik gemacht. Die Arbeitsmarktdaten sprechen für den Erfolg der Reform. Es gibt gut zwei Millionen Erwerbstätige mehr als im Jahr 2000, so wenig Arbeitslose wie seit zwei Jahrzehn­ ten nicht, die geringste Jugend­ arbeitslosigkeit in der EU und mehr offene Ausbildungsplätze als Bewerber. Sicher, das hat viel mit der demografischen Entwick­ lung zu tun. Dass sich Deutsch­ land vom „kranken Mann“ Europas zum krisenresistenten Vorbild mausern konnte, ist aber nicht zuletzt Gerhard Schröders Verdienst. Andreas Hoidn-Borchers, stern-Autor, Berlin

Fotos: SAM PANTHAKY/AFP; Ahmed Khaled/EPA/DPA; Mitchell Sams/CAMERA PRESS/Picture prress; MENAHEM KAHANA/AFP; Charly Kurz/laif; Enver Hirsch (4); Steffen Roth; DPA

Wieso gibt es eigene Bus­linien für Palästinenser?

Haben Schröders Reformen unserem Land geholfen?

Die Reformen der Agenda 2010 waren alles in allem

44 % eher gut

43 % eher schlecht Stern-trend

5 Palästinensische Pendler drängeln sich um einen Bus mit Ziel Tel Aviv

Was wollen Sie wissen? Richten Sie Ihre drängenden Fragen an: weltkarte@stern.de

Jerrold M. Post Der Psychiater aus Washington hat für die CIA jahrelang die Charaktere von Despoten analysiert

6 Nordkorea

Warum bringt Kim Jong Un die Welt gegen sich auf?

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im fehlt es an Reife, an Er­ fahrung und an politischer Raffinesse. Das zeigt sich in seiner absurden Atom­ schlag-Drohung gegen die USA. Der dritte Sohn des Diktators Kim Jong Il hatte nach dem Tod des Vaters relativ wenig Zeit, sich auf das Amt vorzubereiten. Kim Jong Il – im Vergleich – war 25 Jah­ re lang „künftiger Staatspräsident“ gewesen. Er konnte in dieser Phase bereits zwischen Armee und Geheimdiensten einen eigenen Machtapparat aufbauen, den er später brutal und paranoid führte. Seinem Sohn hinterließ er ein ökonomisches Desaster. Bis auf dessen Heirat mit einer Sängerin wissen wir immer noch wenig über den jungen Kim. Viele sehen in ihm ein Abbild seines Vaters. Ich sehe viel eher Parallelen zu seinem Großvater Kim Il Sung, dem Gründer der Dynastie, der sich überwiegend auf die Siche­ rung seiner Macht konzentrierte. Meine größte Sorge ist, dass er ein Gefangener seiner eigenen Rhetorik wird, unvorsichtig handelt und eben nicht im letzten Moment zurückweicht, wie das sein Vater in ähnlichen Situatio­ nen häufiger tat. Sogar der große Bruder China schloss sich den verschärften UN-Sanktionen gegen den verbündeten Nachbarn an. Erst daraufhin wurde der Ton zwischen dem Norden und dem Süden giftig und ätzend. Die entscheidende Frage lautet also: Wie schnell wird Kim Jong Un an Reife gewinnen? Und damit auch die Kontrolle über den politischen Apparat in seinem isolierten Land übernehmen? 14.3.2013

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diese woche

Heldenhaft: Auf dem Dach einer Klinik bereiten sich Batman, Captain America, Spiderman und Superman auf ihren Einsatz vor – Fensterputzen

Vorher – Nachher

Kindliches Staunen

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ie kleinen Patienten waren gerade wach geworden, da glaubten sie zu träumen. Am frühen Morgen seilten sich plötzlich Superhelden ab: Spiderman, Superman, Batman. Und Captain America, dargestellt von Mark Errico, der wie die drei anderen Männer in Pittsburgh für eine Fensterreinigung arbeitet. Sie schwebten vor dem Gebäude, als wären sie eben aus ihren Filmen in die Wirklichkeit herabgestiegen. „Überall, wo wir putzten, kamen die Kinder zusammen, sie liefen uns nach“, sagt Mark Errico. Seine Firma arbeitet schon lange für die Klinik. Immer sahen sie die kranken Kinder hinter den Scheiben. Und dann kamen sie auf die Idee mit den Kostümen: Einmal aus dem Alltäglichen etwas Besonderes zaubern. Die Kinder, wenn auch nur kurz, von ihrer Krankheit ablenken. Ihnen das Geschenk machen, mal wieder lachen zu können. Einen Morgen lang putzten vier Comichelden die Fenster der Klinik, und für ein paar Stunden wurden aus Patienten wieder Kinder.

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Fotos: Barcroft/Bulls

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diese woche

Im Golfrausch

Volkswagen meldet einen Rekordgewinn. Davon profitieren viele. Aber bekommt auch jeder seinen gerechten Anteil? Der stern macht Kassensturz bei Deutschlands größtem Konzern

Wer profitiert davon? Der Staat erhält sein Geld direkt aus dem Vorsteuergewinn. Dividenden, Boni und Gewinnbeteiligung werden teils anders verbucht, orientieren sich aber an Gewinn und Unternehmensentwicklung

Staat

(Steuern auf Gewinn)

3,6

Mrd. Euro

Der Volkswagen-Konzern Audi Bentley Bugatti Ducati Lamborghini MAN Porsche Scania Seat Škoda VW VW-Nutzfahrzeuge

(Dividende)

Ausgaben für Material und Personal rund

167,2 Mrd. Euro

Umsatz 2012: 192,7 Mrd. Euro VW

Aktionäre 1,6 Mrd. Euro*

Weltweit verkaufte das Unternehmen 2012 rund 9,3 Millionen Pkws, Lastwagen und Motorräder. Es hat 549 763 Mitarbeiter (zum 31.12.12) und wird von drei großen Aktionären kontrolliert: der Porsche Holding, hinter der maßgeblich die Familien Piëch und Porsche stehen, dem Land Niedersachsen und dem Emirat Qatar.

Gewinn vor Steuern

25,5 Mrd. Euro Der Gewinn entscheidet über die Höhe der Belohnungen. Je üppiger er ausfällt, desto mehr Geld geht an Aktionäre, Manager und Angestellte. Ein Teil des Gewinns bleibt als Rücklage im Konzern. Das Gehalt der Angestellten ist unabhängig vom Gewinn.

606 1033 Vorzugsaktien Mio. Mio. Stammaktien Euro

Mitglieder des Aufsichtsrats 7,4 Mio. Euro**

(Vergütung und Bonus) Der darin enthaltene Bonus von 7 Mio. Euro orientiert sich an der Dividende

Manager 56 Mio. Euro

(Gehalt und Bonus)

Mitarbeiter

(7200 Euro Gewinnbeteiligung für jeden Tarifbeschäftigten in Westdeutschland)

rund 700 Mio.

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523,9 Mio. Euro davon u. a.:

Zurechnung über Holdinganteile, Auszahlung nur zum Teil

236

Mio. Euro

„Toll“

davon:

Land Niedersachsen

206,6 Mio.

Qatar Holding

175,6 Mio.

Die Holding wird dominiert von den Familien Porsche und Piëch, die darüber in neue Geschäfte investieren. Ihr Einfluss auf den VW-Konzern ist groß: Im Aufsichtsrat sitzen neben Ferdinand Piëch auch dessen Ehefrau und Bruder sowie zwei Mitglieder der Familie Porsche. Familien Porsche und Piëch

Weitere Investoren

102,2 Mio.

Porsche Holding Salzburg (Familien Porsche und Piëch)

24,5 Mio.

34,5

tien

Mio. Euro

Dividende an Stammaktionäre

Der Enkel des Käfer-Erfinders Ferdinand Porsche leitete von 1993 bis 2002 den VW-Konzern. Diese Zeit gilt als Basis für den Aufstieg zu einem der führenden Automobilkonzerne. Heute ist Piëch Aufsichtsratschef. Ferdinand Piëch

Als Aufsichtsratsvorsitzender: 60 500 Euro + 789 722 Euro Bonus

Aufsichtsratsvergütung 3,6 Mio.

Vertreter der Kapitalseite 3,6 Mio. Euro, davon:

3,1 Mio.

Arbeitnehmervertreter, spenden ihre Vergütung an die Hans-Böckler-Stiftung

Hochqualifizierter Ingenieur Entwicklungsabteilung (Tarifstufe 22) 75 528 Euro + 7200 Euro Gewinnbet.

Vertreter des Landes Niedersachsen, reichen Vergütung größtenteils an das 742 000 Land weiter

Junger Ingenieur Berufseinsteiger, Masterabschluss (Tarifstufe 14) 50 826 Euro + 7200 Euro Gewinnbet.

Wer verdient wie viel?

Volkswagen hat für die Angestellten an den westdeutschen Standorten einen Haustarif-Vertrag, der oberhalb des branchenüblichen IG-MetallTarifs liegt. Zu den Jahresentgelten kommen noch Zulagen für Schicht-, Samstags-, Sonntags- und Feiertagsarbeit. Nach der Debatte um Managergehälter hat der Vorstand für 2012 einer Deckelung der Bezüge zugestimmt.

Bandarbeiter (Tarifstufe 8) 37 098 Euro + 7200 Euro Gewinnbet. 2007: 31 248 Euro + 3700 Euro Gewinnbet. Steigerung seit 2007 insgesamt: 27 Prozent

Vorstandschef Martin Winterkorn 2

12,5 Mio.

2007: 1,2 Mio. Euro

rund 2 Mio. Euro***

1,2

+ 12,5 Mio. Euro Bonus

3,9 + 3,9 Mio. Euro Bonus

„Mist“

Leiharbeiter

Steigerung seit 2007 insgesamt: 184 Prozent

Einsatz in der Bandmontage (im ersten Jahr, ab dem 10. Monat erhalten Leiharbeiter bei Volkswagen den gleichen Lohn wie festangestellte Kollegen) 33 387 Euro, keine Gewinnbeteiligung

*Vorschlag an Hauptversammlung; **Zahlen für das Geschäftsjahr 2011; ***Schätzung

Infografik: Andrew Timmins; Text und Recherche: Lukas Heiny, Jan Boris Wintzenburg; Quelle: Volkswagen, Porsche Automobil Holding, IG Metall , Hans-Böckler-Stiftung

m d s nn

Porsche Automobil Holding Stuttgart

Lesen Sie zum gleichen Thema: „Lüge in Zeiten der Gier“ – Zwischenruf von Hans-Ulrich Jörges, Seite 22

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diese woche Leute

Die Schöne und der Scheich Das Ehepaar Wissam al-Mana und Janet Jackson auf einer Modenschau in Mailand

„Der Dicke“ machte ihn populär: Dieter Pfaff starb mit 65 Jahren

Nachruf

Dieter Pfaff

Luxushändler Der Scheich verdient sein Geld mit Marken wie A/X Armani Exchange, Hermès oder Roberto Cavalli – und als Betreiber von Shops der Kaufhaus-Kette Saks Fifth Avenue

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Karl-Theodor zu Guttenberg

Eine Rückkehr des früheren Verteidigungsministers in die Politik wünschen sich nur noch

38 % stern-Trend

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In dieser Woche war er wieder da, wieder im Fernsehen, beste Sendezeit. Der schneidige Freiherr, der einst die Herzen der Deutschen im Sturm eroberte. Der Film „Der Minister“ beschrieb noch einmal Aufstieg und Fall des Karl-Theodor zu Guttenberg. Nun deutet nichts darauf hin, dass der Ex-Doktor tatsächlich bald wieder auf der politischen Bühne erscheint. Doch die Sehnsucht nach „KT“ bleibt. Unter den Unionswählern träumt sogar jeder Zweite von dessen Rückkehr. Es ist wohl der Wunsch nach mehr Zackzack und weniger Zickzack.

Regisseur Dominik Graf zum Tod des Schauspielers, den er einst mit dem „Fahnder“ fürs Fernsehen entdeckte

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ie klaren blauen Augen der Jugend waren in den letzten Jahren nicht mehr ganz so deutlich erkennbar, sie hatten sich in seinem einzigartigen Gesicht in ihre Höhlen zurückgezogen. Wenn er erstaunt war oder amüsiert und sich seine Züge so typisch Pfaff’sch aufhellten, dann war die Bläue wieder zu sehen. Spielte er verdrossen, dann zog er Mund und Nase und Augen in der Gesichtsmitte zusammen, klappte sie quasi ein, sodass sie in seinem großen Kopf zu verschwinden drohten. Eine Figur wie aus einer Sagenwelt. Den „Sperling“ planten wir gemeinsam mit dem schwarzen Mantel und dem dreispitzartigen Hut auf dem Kopf, damit seine Silhouette im Licht der alten DDR-Lampen erkennbar war. Imposant, wie er sich Mitte der 90er Jahre Berlin eroberte, als sei er ein altdeutscher Flaschengeist, eine Fritz-Lang-Figur. Und wie er seinen Körper spielte, als wachsende Last, aber auch mit sichtbarer Daseinsfreude. Das kreative Spiel, das Herumerfinden an den Figuren machte ihm sichtbar Spaß. Stets versuchte er Leben zu erschaffen – und zu experimentieren, bis die Szenen stimmten. Erstmals begegneten wir uns 1983 beim „Fahnder“, der junge Pfaff als

Streifenpolizist Otto. Er konnte verletzbar sein, charmant oder auch unerwartet fies. Ein geborener Charakterdarsteller. Es dauerte lange, bis die Branche kapierte, was sie an ihm hatte: einen Volksschauspieler, einen zarten Riesen mit einer Tarnkappe, die vielleicht immer Ottos Polizistenmütze blieb – wie Pfaffs Vater eine getragen hatte. Die Stunde schlug für ihn mit vier Serienfiguren: „Bruder Esel“, „Sperling“, „Bloch“ und „Der Dicke“. Die ersten beiden gewannen Fernsehpreise, mit den letzten beiden wurde Pfaff endlich populär. (Und dass mir keiner seinen verzweifelten Kommissar Paule Pietsch in R. S. Richters „Das Phantom – Die Jagd nach Dagobert“ von 1994 vergisst!) Es war ein langer Weg vom Ruhrpott über Graz und München nach Hamburg – und sein Hang zur Serie weist auch hin auf seine Sehnsucht nach Kontinuität und Heimat in der Arbeit. Es wärmt das Herz, jetzt zu spüren, wie viel Zuneigung er sich unterwegs verdient hat.

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Dominik Graf, 60, zehnmaliger Grimme-Preisträger (u. a. „Im Angesicht des Verbrechens“), entwickelte mit Pfaff die Serie „Sperling“

Fotos: Jacopo Raule/Getty Images; Wolfgang Wilde/ROBA PRESS; Jörg Carstensen/dpa; Soeren Stache/dpa

Er hört auf den Spitznamen Sam, trägt gern Dreitagebart und sieht in Jeans und Lederjacke so cool aus wie im Thaub, dem traditionellen, schneeweißen Langhemd der Männer im Emirat Qatar. Außerdem ist Wissam al-Mana, 37, reich. Sehr reich sogar. Manche Quellen sprechen von einem Vermögen um die 200 Millionen, andere wollen sogar von einer Milliarde USDollar wissen. Als im Februar das Management der Sängerin Janet Jackson, 46, die heimliche Hochzeit mit dem Scheich bekannt gab, hielt er sich im Hintergrund. Woher hat dieser Mann eigentlich das viele Geld? Die kurze Antwort: von Daddy. Der hat seinen Söhnen die Firma „al-Mana Retail“ hinterlassen. Wissam kümmert sich ums Mode-Geschäft. Und gibt sich bescheiden: „Gier ist schrecklich. Glück kann man mit Geld nicht kaufen.“

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Der Frühling ist nah – Zeit der großen Gefühle 36

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www.stern.de/haderer Umfangreiches Archiv mit Haderer-Cartoons

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Sonntags gehört der entlassene Kaplan Peter Schmieder nur noch seiner Frau Petra und den Töchtern Emma (o.) und Josephina. „Ich bin erst durch die Liebe Mensch geworden“, sagt er. Und sie: „Er hat das Amt, das ihm alles war, für mich aufgegeben – das ist doch der höchste Liebesbeweis.“ Heute lehrt er als Professor an der Hochschule Deggendorf. Die kleinen Fotos zeigen ihn und andere als junge Geistliche

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deutschland

Ich

liebe meine Frau mehr

als meine Kirche Zwölf Priester fordern im stern das Ende des Zölibats – jener großen Lüge, die der katholischen Kirche so viel Glaubwürdigkeit raubt. Sie alle haben eine Frau. Zehn legten ihr Amt deswegen nieder. Zwei sind noch immer Pfarrer. Erstmals erzählen sie von ihrer ständigen Angst, entdeckt zu werden

Von Kuno Kruse und Dominik Stawski Fotos: Regina Recht

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Es ist nicht seine Kirche, in der er fotografiert wurde. Es wäre viel zu riskant. „Ich kann mein Verlangen nicht steuern. Ich habe gespürt, wie schwach ich bin“, sagt der Pfarrer. Jetzt ist er Anfang 50, liebt die dritte Frau in seinem Leben. Man sieht ihm an, dass er Berge besteigt. Er hat die natürliche Ausstrahlung, die viele Frauen lieben. „Es ist ja auch die Freude, dass man jemandem gefällt.“ Er wird Pfarrer bleiben. „Ich fühle mich vor Gott nicht schlecht. Ich bin überzeugt, dass ich ein guter Priester bin“ 40

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„Wir nahmen alle Vernunft zusammen“, sagt Andreas Heger, „aber die Gefühle waren so viel mächtiger.“ Seine Partnerin Verena Bochnak ist Witwe. Ihre erwachsenen Kinder und viele im Ort haben den beiden ihre Liebe gegönnt, als sie sich 2011 öffentlich zu ihr bekannten. Aber es genügten wenige Unbarmher­zige, um sie aus der Gemeinde zu verdrängen

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Die Menschen liebten diesen Pfarrer. Anton Aschenbrenner wollte schon als Kind Priester werden. Er ist ein Redner, der die Gläubigen erreicht. „Wenn du die Welt verbessern willst, musst du mit den Kindern sprechen“, sagt er. In der Schule, in der er Religion unterrichtete, lernte er eine Lehrerin kennen. Heute haben sie zwei Töchter, sie sind fünf und neun Jahre alt. Als freier Seelsorger spricht Aschenbrenner weiter zu den Menschen. Sein Kollarhemd legte er nur für das Titelfoto dieses stern noch einmal an

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„Zum ehemaligen Pfarrer“ – so heißt das Gasthaus von Thomas Kirsch und Anita Beckstein in Lauf an der Pegnitz. Der Name war ihre Idee, das Programm ist seins. Klosterbier, Pilgerfahrten, Seelsorge. „Ich möchte der Kirche keins auswischen“, sagt er. „Aber durch die Namensnennung kommt es zu tollen Gesprächen.“ Er erzählt den Gästen von seinem Glück und dem befreienden Moment, als er sich 2005 vor seinen Pfarrgemeinderat gestellt und gebeichtet hat

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Die Musik führte sie zuein­ ander. Beide spielten sie Orgel. Seit Jahren lebt die Frau beim Pfarrer. „Ich brauchte einen Menschen“, sagt er. „Allein bleiben ist nicht möglich.“ Oft hat er unbändige Wut auf die Kirche, die sie beide in die Heimlichkeit zwingt. „Diese betonfrommen Seelen!“

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ie wollte ihn so gern in die Arme nehmen. Er war zu einem sterben­ den Kind ins Kranken­ haus gerufen worden und hatte ihm die Krankensalbung ge­ geben. Sie hatte ihn gefahren und wartete vor dem Zimmer. Sie wusste, wie nah es ihm gehen würde. Und als er aus der Tür trat, durfte sie ihn nicht be­ rühren. Die Leute hätten es gesehen. Er ist doch Pfarrer. Sie leben seit zehn Jahren zusam­ men in einem eigenen Haus weit weg von seiner Gemeinde. Sie ist sei­ ne Haushälterin. Doch zum Putzen haben sie jemand anderen. Manchmal trauen sie sich ge­ meinsam in die Kirche. Dann gehen sie hinauf zur Orgel. Sie spielen vier­ händig, eigentlich gibt es das nicht beim Orgelspielen. Es geht immer schief, aber es macht ihnen Freude. 44

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Wenn der Pfarrer Michael Sell eine Einladung bekam, galt sie meist für zwei Personen, weil ihre Liebe ein offenes Geheimnis war. Dann kam Sohn Leonhard, sie mussten es offiziell machen. „Die Geburt war ein göttlicher Augenblick“, sagt er. „Das Glück, dabei zu sein, wenn ein Leben beginnt“

Sie würden es gern allen zeigen, sagt er. „Es ist doch nichts Abartiges. Etwas ganz Normales: die Liebe zwischen zwei Menschen.“ Es wäre nur ein Federstrich für den neuen Papst. Er könnte den Zwang zum Zölibat beenden, die Ehelo­ sigkeit zu einer freiwilligen Ent­ scheidung eines Priesters machen. Er würde das tun, was in einer aktu­ ellen Umfrage des stern 93 Prozent der deutschen Katholiken fordern. Der Papst würde nicht nur die Pfar­ rer befreien, die heimlich eine Frau lieben, er würde auch die katholische Kirche befreien von der großen Lüge, dass alle Priester auf Nähe, Sexuali­ tät und Familie verzichten. Er könn­ te der Kirche einen Teil jener Glaub­ würdigkeit zurückgeben, die sie dringend braucht. Das ist der Grund, weshalb mehr als ein Dutzend Priester bereit wa­ ren, mit dem stern über ihre Liebe zu sprechen. Den meisten von ihnen

wurde das Amt genommen, weil sie sich für das Leben mit einer Frau entschieden haben. Zwei leben in Heimlichkeit und riskieren täglich, entdeckt zu werden und ihr Amt zu verlieren. Einige haben gezögert, sich mit Reportern zu treffen. Doch es quält sie, zu sehen, dass die Kir­ che ihren Platz in der Mitte der Gesellschaft verliert. Sie wollen ihr nicht schaden, sie wollen, dass nach dem Rücktritt von Papst Benedikt XVI. die Chance zu Reformen ge­ nutzt wird. Alle fordern sie von Rom: Lasst unsere Liebe zu. Wann war die Christ-König-Kir­ che in Ansbach schon einmal so voll wie an diesem Freitag im Oktober 2010? Sie hat gut 300 Plätze, aber da­ mals drängelten sich viele Hundert Gläubige in das Kirchenschiff. Ihr Pfarrer Frank Gmelch ging die Schritte zum Ambo, an seiner Seite eine junge Frau. Die Menschen ris­ sen grüne Plakate in die Höhe, auf

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„Wenn ich etwas in der Kirche gelernt habe, dann die Zeremonie“, sagt Thomas Multhaup. Seine Frau Annette verkauft Brautkleider. Er selbst hat fünf Jahre gebraucht, um als freier Seelsorger wieder auf die Beine zu kommen. „Wenn man zusammenhält, kämpft man sich da durch“

denen „Danke“ geschrieben stand. Sie klatschten, hörten gar nicht mehr auf. Frank Gmelch weinte, auch die junge Frau. Und viele in der Gemeinde. Sie hatten es in der Zeitung gelesen, eine kurze Meldung darüber, dass der Pfarrer eine Partnerin habe und sich erklären wolle. Sie haben schnell verstanden, dass es sein letzter Auftritt vor ihnen sein würde. Schon sein Vorgänger hatte gegen den Zölibat verstoßen. „Ich hatte damals überlegt, alleine vor die Gemeinde zu treten“, sagt Frank Gmelch. „Aber wir wollten uns beide endlich zeigen.“ Er wusste, was es bedeutet. Damals trug er eine rote Krawatte mit weißen Schäfchen – eines war schwarz. Sieben Jahre hatten sie sich heimlich geliebt. Alles begann auf einer Reise nach Tansania, wo sie eine afrikanische Gemeinde besuchten, er als Pfarrer, sie als eine engagierte

Sängerin im Kirchenchor seiner Gemeinde. Ihre Balkone im Hotel lagen nebeneinander, nur getrennt durch ein Gitter aus Mauersteinen. Er war kurz zum Rauchen rausgegangen, und sie hängte gerade ihre Wäsche auf. „Von da an haben wir jeden Abend gewartet, bis sich einer von uns räuspert“, sagt Martina, die heute auch Gmelch heißt. „Das war das Signal für den anderen, dass er draußen war.“ Sie redeten miteinander, durch die Mauer und bis tief in die Nacht. Die Mauer trennte nicht, sie schützte. „Wie ein Beichtstuhl“, sagt sie. Noch am ersten Abend traute sie sich, ihn nach dem Zölibat zu fragen. Er sagte: „Man braucht keine Frau.“

„Wir wollten uns beide endlich zeigen“ Ex-Pfarrer Frank Gmelch

„Ein Kasper“, dachte Martina Gmelch, als der neue Pfarrer in die Gemeinde Ansbach kam. „So witzig!“ Und Frank Gmelch dachte: „So eine Brave, singt Oper.“ Es folgten sieben Jahre Heimlichkeit. „Willst du wegen einer Kuh die ganze Herde verlassen?“, fragte seine Mutter. 2010 tat er es

Einige Nächte später fragte sie wieder, und diesmal antwortete er: „Wenn wir diese Gespräche zehn Jahre früher geführt hätten, wäre es bei mir vielleicht ganz anders gelaufen.“ Nach diesem Satz konnten sie beide nicht mehr schlafen. War es nur ein Kitzel? Ein Flirt? Waren es einfach diese warmen Nächte in Afrika? Oder war es ernst? Er war doch einer der Auserwählten. Als ihn der Erzbischof im Juni 1997 in Bamberg zum Priester weihte, fuhr er noch am selben Tag zurück in sein Heimatdorf, das fränkische Obertrubach. Am Ortsschild empfingen sie ihn mit Böllerschüssen, Vereinsabordnungen und Blaskapelle. Die Kommunionskinder reihten sich auf, ein Festzelt für dreieinhalbtausend Leute war aufgebaut. Alle wollten sie den ersten Priester aus ihrer Mitte feiern. Er war 25, selbst stolz, endlich das zu sein, was er sich schon als Kind

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Einfach mal … … wie Lady Diana vor dem Taj Mahal in Indien posieren (rechts). Oder in Buenos Aires Tango tanzen (rechts oben)

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Foto: Stefan Gregorowius/rtl

Was macht man, wenn man alles darf? Meike Winnemuth probiert im Norden Äthiopiens die Biermarke St.  ­George (rechts). Und bewundert auf dem ­Crawford ­Market in Mumbai die Körbe voller Mangos (unten)

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Da wollte ich schon immer hin An einem Pool in ihrer Nachbarschaft entspannt Winnemuth mit Blick über Barcelona. Havannas Altstadt bröckelt anmutig

Reise ins Ich  Reportage

Was will das Geld von mir? Winnemuth, Jauch und die große Frage

Foto: Stefan Gregorowius/rtl

Bei Günther Jauch gewann sie eine halbe Million, danach stieg sie mit kleinem Koffer und großem Bibbern ins Flugzeug. Ein Jahr lang tourte Meike Winnemuth fortan um die Welt – eine Herz- und Hirnwäsche, die ihre Haltung zum Leben gründlich veränderte

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ie Stimme meines Bank­ beraters klang seltsam ge­ presst. Ganz anders als sonst, wenn er mir mal wieder nahelegt, doch end­ lich meinen Dauerdispo in einen regulären Kredit umzuschul­ den. „Frau Winnemuth“, sagte er am Telefon, „wir haben da eine unge­ wöhnliche Kontobewegung.“ Pause. „500 000 Euro.“ – „Oh, das“, sagte ich angestrengt lässig. „Nein, keine Fehlbuchung. Hat schon seine Rich­ tigkeit.“ Ich legte auf und brach in hysterisches Gelächter aus, mitten in der voll besetzten U-Bahn. So ist das also, wenn man auf einmal reich ist: so unwirklich wie zwei Wochen zuvor, als ich völlig benommen vom „Wer wird Millio­ när?“-Hocker rutschte, Günther Jauch die Hand schüttelte und beim Abgang fast in die Kulisse rannte. Nichts bereitet einen auf solche Mo­ mente vor, in denen alles richtig läuft, aber der Kopf und der Bauch einfach nicht hinterherkommen. Irgendwas war gerade passiert, ir­ gendwas ist jetzt anders. Aber was? Zwei Stunden nach der Aufzeich­ nung saß ich mit meiner mitge­reisten Freundin Katharina in einem Bahnhofsrestaurant vor einem Teller Spaghetti; zu fertig, um zu feiern. „Was mache ich denn jetzt bloß?“, fragte ich sie. „Was will das Geld von mir?“ Dabei hatte ich die Antwort schon selbst gegeben, als mir Jauch in der 56

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Eine neue Sicht der Dinge Jack lehrt Winnemuth in Shanghai TaiChi (oben). In Sydney schaut sie den Abori­ gines beim Gruß an die Sonne zu (links)

Sich selbst von der Leine lassen Im Küchenschaben-Kostüm durch das Science Museum in London (links oben). Die Tasche aus San Francisco schützt die Technik (links). Endlich im Roten Meer tauchen – ein lang gehegter Wunsch (links unten)

Sendung die obligatorische Frage stellte, was ich mit einem Gewinn anfangen würde: ein Jahr raus aus Deutschland, hatte ich gesagt. Jeden Monat in einer anderen Stadt woh­ nen. Einmal noch nach Bombay oder nach Shanghai, wie Hans Albers sang (und für eine Norddeutsche ist Hans Albers Gesetz). Außerdem nach San Francisco, da wollte ich schon immer hin, nach Barcelona, Havanna und Tel Aviv, in all die Städte, in die ich es nie geschafft hatte. Mich für ein Jahr selbst von der Leine lassen, herumstromern, jeden Morgen neu entscheiden dürfen, wie ich den Tag verbringen will – was für ein Geschenk! Am Tag nach der Sendung schrieb ich die Namen von zwölf Städten auf einen gelben Post-it-Zettel und marschierte ins Reisebüro. Weitere Planung: null. Für die ersten zwei Monate besorgte ich mir möblierte Wohnungen, der Rest würde sich ergeben. Ein paar Wochen später, am 1. Ja­ nuar, saß ich in einem Flugzeug nach Sydney, mit einem kleinen Koffer und einem großen Bibbern. Denn Freiheit, unverdünnte Freiheit, wie ich sie mir verordnet hatte, ist ja erst mal eine Zumutung. Wir haben ver­ lernt, wie es geht, ganz allein über die eigene Zeit zu verfügen, ohne Absprachen, ohne Kompromisse. Zu Hause bewegt man sich in einem schulterbreiten Korridor des Funk­ tionierens und Reagierens, zwar zähneknirschend und voll Sehn­ sucht nach einem ganz anderen Le­ ben, aber auch klammheimlich froh über die Orientierung. Wenn man dann plötzlich ohne jede Vorgabe, quasi freihändig durch die Welt und durch die Tage streunen darf, gerät man zunächst mächtig ins Stolpern. Was macht man, wenn man alles darf? Wer ist man, wenn einem kei­ ner zuguckt? Es gibt keinen besseren Ort, um sich solchen Fragen zu nähern, als Sydney, das Nichtschwimmerbecken des Weltreisenden, in dem man sein Seepferdchen-Abzeichen in Sachen Freiheit macht. Als Erstes pflanzte mir die Stadt ein Schild vor die Nase, direkt am Eingang zum Botanischen Garten neben der weltberühmten Oper: „Please walk on the grass“, stand da, Rasen betreten erbeten. „Außerdem laden wir Sie herzlich ein, an den Rosen zu riechen, die Bäu­ me zu umarmen, mit den Vögeln zu reden und auf der Wiese zu pick­

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nicken“ – alles klar, dachte ich, das ist also euer Plan: killing me softly. Und es war ein verdammt guter Plan, sauber durchgezogen. Im „Sean’s Panaroma“ am Bondi Beach, einem der teuersten Restaurants der Stadt, standen im Vorraum Surfer mit sandigen Füßen in Flipflops und warteten auf ihren Tisch, neben sich Plastiktüten mit gut gekühltem Champagner, denn Alkohol darf man sich in diesem Sterne-Schuppen selbst mitbringen; der Kellner stellt schon mal einen Eimer Eis bereit. Diese für Deutsche geradezu provozierende Lässigkeit zog sich durch alles, was ich in diesem ersten Monat mitgemacht habe: ein Massen-Ukulelespielen im Park, einen Frauen-Buchklub mit Canapés und Maniküre, einen Metzgerkurs in einer Schlachterei, in der jede Wurst wie ein Juwel präsentiert wurde: Gegen Sydney ist jeder Widerstand zwecklos, es ist die perfekte Einstiegsdroge ins Ganzweitwegsein. Einfach mal Ja zu sagen zu allem, statt wie zu Hause immer „Ja, aber“– das war meine erste Lektion von vielen. Das Jahr wurde zu einer groß

Eine provozierende Lässigkeit In Hawaii lernt Winnemuth das Nichtstun, wagt sich aber an die Ukulele (links)

Die Welt meint mich In Indien sucht sie eine Auszeit vom Trubel in einem Garten in Udaipur (oben Mitte). Die Felsenkirchen Äthiopiens über­ raschen mit majestätischer Schönheit

Fremde, Freunde Carl Djerassi, 89, ist der Vater der Antibabypille. Und ihr Gast­ geber in San Francisco und London

angelegten Umerziehungsmaßnahme, jede Stadt hat mir etwas an­deres beigebracht. In Honolulu habe ich gelernt, einzuatmen, auszuatmen und es damit gut sein zu lassen; seit Buenos Aires weiß ich endlich mein Alter zu lieben. Dort habe ich jeden Morgen in einer Schule vier Stunden Spanisch gelernt und damit – Nebenwirkung jeder neuen Sprache – gleich noch eine neue Sicht der Dinge. „Tengo cincuenta años“, sagen die Argen­ tinier zum Beispiel, wörtlich übersetzt: Ich besitze 50 Jahre, sie gehören mir. Wie schön und wie klug, das Alter nicht als Mangel, sondern als ehrlich verdientes Vermögen zu betrachten. Eine einjährige Weltreise ist kein Urlaub in XL, sondern eine emotionale Achterbahnfahrt. Es ist eine Hirn- und Herzwäsche, die einen rührt und schüttelt, auseinandermontiert und wieder neu zusammenklempnert. Dass nicht jede Stadt ein Spaziergang sein würde, war mir schon vorher klar. Bei Mumbai war ich auf das Schlimmste gefasst und wurde bestätigt: Ich bin krachend gescheitert an diesem Höllenpfuhl, litt wie ein Hund, unversöhnt mit dem himmelschreienden Clash von bitterster Armut und obszönstem Reichtum, mit der Erbarmungslosigkeit des Molochs und der achselzuckend akzeptierten Wertlosigkeit von Menschenleben. Am unerträglichsten aber fand ich mich selbst: Wie ich mich nach einigen Tagen gepanzert hatte gegen das Elend und mich daran gewöhnt hatte, über Kinder zu steigen, die auf dem Bürgersteig schliefen. Wie ich mir das Lächeln abtrainiert hatte, den Augenkontakt. Ich wurde dort eine andere, und zwar eine, die ich nicht ausstehen konnte; auch das war eine lehrreiche Erfahrung. Vielleicht sogar eine, die am Ende die tiefsten Spuren hinterlassen hat. Denn Desorientierung und Verunsicherung sind eigentlich das Beste, was einem unterwegs passieren kann. Wozu reist man sonst? Um genauso unberührt wieder abzufahren, wie man gekommen war? Reisen ist die Heimat des Zufalls. Ungeplante Begegnungen, bauchgetriebene Entscheidungen, verblüffende Koinzidenzen wurden mein täglich Brot. Über eine Internetplattform fand ich eine Wohnung für meinen Monat in London – der Vermieter entpuppte sich als

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Michail Gorbatschow, einst m채chtigster Mann der Sowjetunion, in seinem Arbeitszimmer in Moskau

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politik

„Mit dem Glück ist es nicht so einfach“ Ein Blick zurück. Michail Gorbatschow erinnert sich an eine Kindheit im Krieg, den Preis, den er für seinen Ruhm zahlen musste, und an sein Verhältnis zu den Deutschen. Und natürlich an Raissa, die Liebe seines Lebens. Das stern-Gespräch Von Katja Gloger und Bettina Sengling Foto: Hans-Jürgen Burkard

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igentlich, sagt er, trifft er sich nicht mehr mit Journalisten. Schließlich ist er gerade 82 Jahre alt geworden, plagt sich mit Rückenleiden, dem Blutdruck, einer Diabetes, all diesen Altersdingen. Aber für die Leute vom stern will er gern eine Ausnahme machen. „Wir kennen uns ja seit Jahren“, sagt Gorbatschow, als er das stern-Team gut gelaunt im Arbeitszimmer seiner Stiftung in Moskau begrüßt. Gorbatschow lässt Tee und Kekse bringen. „Wollen wir loslegen?“, fragt er.

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Gorbatschow, der Familienmensch: ein Kuss für Ur­ enkelin Alexandra, entspannt im Flug­ zeug mit Ehefrau Raissa, das erste Foto als Fünf­ jähriger zwischen Großmutter und Großvater Pantelej

Fotos: Gorbatchev Foundation (3)

Michail Sergejewitsch, Sie haben die Welt friedlich verändert wie wenige Menschen vor Ihnen. Sie müssten glücklich sein. Mit dem Glück ist es nicht so einfach. Irgendwo in Deutschland wurde ich genau das einmal gefragt: Sind Sie ein glücklicher Mensch? Es war in Hamburg, während eines Gespräches mit dem stern. Damals sagten Sie: Glückliche Reformer gibt es nicht. Ich habe über dieses Gespräch oft nachgedacht. Und mir wurde klar: Ich darf nicht undankbar sein. Im Gegenteil. Denn es fiel mir zu, unser riesiges Land zu verändern. Dieser Wandel war den einen zu radikal, den anderen nicht radikal genug. Viele Russen machen Sie für den Zusammenbruch der Sowjetunion verantwortlich, beschimpfen Sie. Wie einsam ist der Reformer Michail Gorbatschow? 14.3.2013

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Fotos: Gorbatchev Foundation (3)

Meine Familie steckte mittendrin im glühenden Kessel der Perestrojka. Sie musste Schreckliches aushalten. Für Raissa, meine Frau, war das einfach zu viel. Sie starb 1999 innerhalb von nur drei Monaten an Leukämie. Das ist mein schlimmster Verlust, das Schwerste für mich. Nach ihrem Tod haben Sie sich lange zurückgezogen, wollten gar nicht mehr weiterleben. Bis heute fühle ich mich schuldig an ihrem Tod. Jeden Tag denke ich daran. Dass ich sie nicht retten konnte. Sie war immer bei mir, hat immer zurückgesteckt. Für meinen Erfolg und meine Karriere hat sie alles gegeben. Ich hätte sie schützen müssen. Ich hätte die ganze Familie schützen müssen. Raissas Kraft reichte irgendwann nicht mehr. Um die jahrelange Kritik an Ihnen auszuhalten, die Anfeindungen, die Häme? Alles war umsonst, sagte sie. Wenn ich von der Arbeit nach Hause kam, saß sie manchmal auf dem Balkon. Auf dem Tisch lagen Berge von Zeitungen, voller Kritik an mir und meiner Politik. Und auch sie wurde angegriffen. Dann saß sie da und las und las. Ich fragte: Warum tust du das? Es ist doch nur Politik. Aber sie war verzweifelt: So viel Dreck! Sie beleidigen uns! Irgendwann hielt sie es nicht mehr aus. Doch als Ihre Frau 1999 erkrankte, erfuhren Sie beide zum ersten Mal nach vielen Jahren wieder Zuspruch. War das ein Trost? Wir flogen damals zu Spezialisten nach Münster. Ihr ging es so schlecht, dass wir nicht wussten, ob sie es bis in die Klinik schafft. Ich dachte, wir verlieren sie schon unterwegs. Da kamen die Briefe wie in einem Strom. Waschkörbeweise. Nicht nur Hunderte, sondern Tausende. In der russischen Zeitung „Iswestija“ erschien ein Artikel: „Eine Dame mit Würde“. Den las ich ihr vor. Sie sagte in dieser Zeit einen Satz, der sich für immer in mein Gedächtnis eingegraben hat: „Muss ich wirklich sterben, damit die Menschen mir glauben?“ Vielleicht war es wirklich so. Sie waren allmächtiger Generalsekretär der Partei, Präsident der Sowjetunion. Und kommen aus einer ganz anderen Welt, ein Junge vom Dorf. Ihre Tochter

Irina scherzte einmal: Sie wurden geboren wie Jesus Christus. Auf dem Stroh in der Vorratskammer unserer Bauernkate. Das hatte ihr die Oma verraten. Meine Eltern waren Bauern. Unsere Hütte hatte vier Räume, einer davon war für das Vieh. Es herrschte unerträgliche Armut. Das Leben der Bauern unterschied sich damals kaum von der Leibeigenschaft. Ich selbst kam fast zwanzig Jahre so gut wie nicht aus Priwolnoje, meinem Heimatdorf, heraus. Als ich dann zum ersten Mal nach Moskau kam, war es wie ein Schock. Die Stadt, der Lärm, die Menschenmassen. Ihre Familie erlebte die Kollektivierung unter Stalin, die Hungersnot, in der fast sieben Millionen Menschen starben. 1933, ich war zwei Jahre alt, verhungerte in unserem Dorf fast

„Bis heute fühle ich mich schuldig an Raissas Tod“ jeder Zweite. Die Familie meines Großvaters Andrej hatte sechs Kinder, mein Vater war eines von ihnen. Drei der Geschwister starben im Winter am Hunger. Als der Frühling kam, gab es kein Saatgut mehr. Mein Großvater Andrej war nicht der Kolchose beigetreten. Dennoch musste er nach Regierungsbeschluss einen Aussaatplan erfüllen. Aber was sollte er aussäen? Mein Großvater wurde also wegen Nichterfüllung dieses Plans verurteilt. Das sei Sabotage! Man verbannte ihn zum Holzfällen nach Sibirien. Er hatte Glück, er überlebte. Auch Ihr anderer Großvater, der Vater Ihrer Mutter, wurde verhaftet. Dabei war Großvater Pantelej sogar Kolchosvorsitzender. Er glaubte an die Sowjetmacht. Aber er wurde auf einmal beschuldigt, Trotzkist zu sein. Unter Stalin galt das als schweres Verbrechen. Von einem Tag auf den anderen besuchten uns die Nachbarn nicht mehr, und wenn sie sich doch einmal trauten, dann nur noch nachts. Es war, als stünde das Haus

unter Quarantäne. Es war das Haus eines Volksfeindes! Aber er überlebte. Er wurde dann zum Tod durch Erschießen verurteilt. Das Urteil wurde nicht vollstreckt. Ein einziges Mal redete er später darüber am Tisch. Dann nie wieder. Und niemand fragte. Weder bei uns noch in anderen Familien. So legte sich das große Schweigen über alles. Jahrzehnte später, ich war schon Präsident der Sowjetunion, ließ ich die Protokolle seiner Gefangenschaft aus dem Archiv des KGB kommen. 14 Monate hatte man ihn verhört. Er wurde gefoltert, doch er sagte nichts. Ich war begeistert von seiner Standhaftigkeit, erschüttert von seinem Schicksal. Dennoch traten Sie mit 19 Jahren in die Partei ein, und zwar „reinen Herzens“, wie Sie einmal sagten. Warum? Wir glaubten doch an Stalin, an die Sowjetmacht. Wir glaubten: Sie hat uns gerettet! Wir waren überzeugt. Das machen Ideologien mit Menschen, besonders mit Kindern. Als der Krieg begann, war ich zehn Jahre alt. Hatten Sie Angst vor den Deutschen? Einmal, ich war noch klein, nahm mich mein Großvater mit in ein Nachbardorf, eine Siedlung der Russlanddeutschen. Dort verkaufte man Lebkuchen in Hasenund Bärenform, sie waren dick mit Zuckerguss verziert, und sie schmeckten wunderbar. Damals habe ich zum ersten Mal erfahren, dass es Menschen gibt, die man Deutsche nennt. Ich beschloss umgehend, dass es gute Menschen waren. Bis dann der Krieg kam, die ganz anderen Deutschen. Wir hatten damals kein Radio im Dorf, ein Reiter kam und meldete: „Es ist Krieg!“ Wir hatten gerade die Jahre der Kollektivierung überlebt, Stalins Säuberungen. Jetzt schöpften wir zum ersten Mal etwas Hoffnung. Das Leben besserte sich. Es gab sogar einfache Schuhe zu kaufen, Kattun und Seife. Die Wehrmacht besetzte auch Ihren Kreis im Süden Russlands. Wir Kinder dachten: „Die Rote Armee wird es den Faschisten schon zeigen!“ Mein Vater musste an die Front, meine Mutter Zwangsarbeit bei den Deutschen leis-

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foto: imago

Shopping? Dancing! In einem Moskauer Einkaufszentrum zucken die Menschen den Harlem Shake

Da schütteLt’s einen  Gesellschaft

Sie tun es in Australien. Und in Bayreuth. Legen los, erst einzeln, dann alle. Die Welt tanzt im Netz den Harlem Shake. Schwachsinn? Eher lustvolle Anarchie Von Nora Gantenbrink

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nächsten Einstellung tanzen alle. Und zwar völlig ohne Sinn und Verstand. Manche springen senkrecht in die Luft, andere kreisen die Hüften, der Nächste zieht sich in einem Schlafsack auf dem Boden zusammen wie eine Raupe. Der Einzelne verschwindet im Mob. Je mehr Menschen mitmachen, je bunter die Kostüme sind und je wilder die Bewegungen, desto besser. Das ist alles. Das ist Harlem Shake. Es ist leicht, den Hype als Triumph des Stumpfsinns abzutun. Es ist schwieriger, ihn zu verstehen. Womöglich spiegelt er eine Sehnsucht der Menschen nach etwas wider, was leicht verloren geht zwischen Schichtdienst, Schweinebraten und Steuererklärung. Es ist die Sehnsucht nach der Unvernunft. Dem Ausbruch. Der kleinen Anarchie. Der Philosoph und Kulturwissenschaftler Robert Pfaller aus Wien vermisst bei den meisten Menschen die Freude an der Lust. Das Leben sei aber nur lebenswert, sagt Pfaller, „wenn wir unvernünftige Dinge tun“. Klar müssten da immer einige zusammenkommen, „denn alles Unvernünftige machen wir eigentlich nur in der Gruppe. Und beim Harlem Shake ist die halbe Welt dabei. Die Jugendlichen in der Dorf-

Disco benehmen sich ja so ungewöhnlich, weil sie wissen, dass irgendeine Kamera ihren Tanz ins Netz transportiert“. Und so wird auch der Professor Zeuge der globalen Unvernunft. Es gibt Harlem Shakes mit Omas. Harlem Shakes mit Hunden. Harlem Shakes mit Huren. Warum das weltweite Bohei um den Shake erst jetzt losbricht, ist allerdings ein Rätsel. Der Begriff „Harlem Shake“ wurde bereits in den 80er Jahren auf den Straßen und in den Clubs im nördlichen Manhattan geboren. Angeblich hat ihn ein Mensch namens Al B erfunden. Al B, heißt es, war ziemlich oft betrunken, und entsprechend locker fiel der Tanzstil aus. Es war ein Streetdance, der schlicht in Vergessenheit geriet. Im Mai 2012 veröffentlichte DJ Baauer alias Harry Rodrigues einen Song und nannte ihn „Harlem Shake“. Der Text war simpel: „Con los terroristas – do the Harlem Shake“. Die Musik: eine Mischung aus Elektro, Klamauk, Rap. Der Gesamteindruck: furchtbar. Ende Januar 2013 parodierte schließlich der Internetkomiker Filthy Frank den Song in einem seiner Sketche. Das Youtube-Film-

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Fotos: Scott Keeler/dpa; BRIAN HARKIN/The New York Times/Laif; Lajos-Eric Ba/dpa; Elias Funez/dpa; imago

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as aussieht wie ein spastischer Anfall, beruht auf der Formel: [14T x (A1 + V1)] => Δ => [14T x (A2 + V2)] => [2T x (A3+V3)] Aber der Reihe nach: Die Freiwillige Feuerwehr Ahrensburg macht es. Die Simpsons. Die Studenten der Uni Bayreuth. Und Regierungsgegner in Kairo. Sie tun es unter Wasser und in der Luft. Mal sind sie nackt, mal im Wurstoder im Zebrakostüm. Manchmal werfen sie Konfetti oder spritzen mit Farbe, aber immer zucken und zappeln sie in einer großen Gruppe. Es handelt sich um einen Hype aus dem Internet. Und der sieht aus wie eine Mischung aus Spring Break, Woodstock und Mars­ invasion. Er heißt Harlem Shake. Man tanzt ihn an seltsamen Orten, filmt sich dabei und stellt das Video dann ins Netz. Auf Youtube stehen mittlerweile über 500 000 Harlem-Shake-Filme mit zusammen mehr als 175 Millionen Klicks. Tendenz steigend. Das Prinzip der Videos ist immer dasselbe: Frau oder Mann beginnt ohne Grund zu tanzen, exakt 14 Sekunden lang und allein. In der

Geburtshelfer: Joseph Collins stellte ein Video des OriginalHarlem-Shake ins Netz (oben r.). Und alle tanzen mit: USSenatoren in Florida (o. l.), Fans des FC Bayern (u. l.), Schüler in Kalifornien (M.) und Kanada (r.)

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chen ist gerade mal 36 Sekunden lang. Wenn man den Hype um den Harlem Shake auf die Chaostheorie überträgt, sind diese 36 Sekunden der Flügelschlag des Schmetterlings. Der Shake hat inzwischen den „Gangnam Style“ abgelöst, jenes Musikvideo aus Südkorea, das im vergangenen Jahr als Erstes die Milliardenmarke an Youtube-Aufrufen knackte. Auch das Lied von Rodrigues steht auf Platz eins der Charts in den USA. Erstmals in der Geschichte wurden dort die Berechnungen geändert – man zählte die Youtube-Klicks mit. Der Tanz hat sogar die politische Protestkultur erreicht. In Kairo nutzten junge Regierungsgegner das Gezappel, um ihre Empörung über Präsident Mursi zu zeigen. Auch in Tunesien demonstrierten Studenten via Harlem Shake. Als sei eine Revolte geplant worden, so reagierte in Australien der Betreiber der Agnew-Goldmine:

Er feuerte 15 Kumpel, die unter Tage getanzt hatten, weil er die „Grundwerte der Sicherheit, Integrität und Leistung“ verletzt sah. Der Harlem Shake ist einer von Tausenden Trends, die das Internet hervorgebracht hat. Ein Ort, in dem fast alle Internet-Phänomene gesammelt werden, ist die amerikanische Datenbank „Know Your Meme“. Seit 2008 kann dort jeder ein sogenanntes Meme vorschlagen. Dann diskutieren die Nutzer darüber, ob es sich wirklich um ein Phänomen handelt. Wenn nicht, landet der Vorschlag im „Deadpool“, dem virtuellen Friedhof. Der Harlem Shake hingegen wurde seziert, von Programmierern in seine Bestandteile zerlegt und in einen Algorithmus gepresst: [14T x (A1 + V1)] => Δ => [14T x (A2 + V2)] => [2T x (A3+V3)] OR Eine Person, so ist das FormelMonstrum wohl zu lesen, stiftet nach 14 Sekunden alle anderen zum Tanzen an.

Yeah!

2009 schmierten Unbekannte „Yeaahh“ auf ein CDU-Plakat zur Bundestagswahl. Das Bild verbreitete sich rasant im Netz, danach störten Flash-

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Nora Gantenbrink tanzte am vergangenen Wochenende in Hamburg mit Hunderten Mitstreitern bei 15 Zentimeter Neuschnee

Phänomene im Netz mobs Veranstaltungen mit diesem Zwischenruf. Höhepunkt: eine vielfach unterbrochene Rede von Kanzlerin Merkel in Hamburg.

Harlem-Shaker Al B

Im Internet streitet man, ob der Shake nun Kult oder Katastrophe sei. Unter einem der Videos schreibt User Gremlin 64: „So hat sich mein Sohn mit zwei Jahren benommen, wenn er nicht bekam, was er wollte.“ Vor Kurzem zeigte ein Fernsehteam Bewohnern aus Harlem die Videos. Sie sagten: „Das ist nicht der Harlem Shake. Das ist Scheiße.“ Sie werden sich nicht lange ärgern müssen. Das Netz ist schnell. Es macht Helden in Lichtgeschwindigkeit. Zurzeit der vorletzte Schrei auf Youtube: „Goats screaming like humans“ – Ziegen, die wie Menschen brüllen. Und der letzte: Menschen, die wie Ziegen brüllen, die wie Menschen brüllen. Auf die Formel darf man gespannt sein.

auf Twitter eins der Top-Themen weltweit; selbst ein Blumenkübel-Song kam heraus.

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Steile Kurve: Harlem-ShakeVideos im Netz

Blumenkübel

2010 wurde vor einem Altenheim in Neuenkirchen ein Blumen­kübel zerstört. Eine Zeitung berichtete, die Geschichte wurde tausendfach weiter­ geleitet. Zeitweise war Blumenkübel

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war „Planking“ – Liegen an merkwürdigen Plätzen.

Korea tanzt

Der Song „Gangnam Style“ des Südkoreaners Psy stieg 2012 via Eulen in die Welt Youtube zum erfolgVor zwei Jahren reichsten Internetvideo pos­teten Menschen rund um den Glo- der Geschichte auf – sein eigenwilliger Tanz bus Fotos, die sie an ungewöhn- wurde Kult, der Sänger zum Multi-Millionär. lichen Orten Selbst UN-General­ zeigten, immer sekretär Ban Ki-Moon in der Positur einer tanzte mit Psy den sitzenden Eule. Der „Gangnam Style“. Vorläufer des Owling

Foto: Enver hirsch; Jeff Mays/DNAinfo; action press. quelle: youtube

Gut zu wissen

Die 10 besten Youtube-Clips Lauter Harlem Shakes – einfach die Stichworte plus „Harlem Shake“ bei Youtube eingeben und mitlachen: 1. University of Texas 2. Filthy Frank 3. Simpsons 4. Miners 5. Feuerwehr Ahrensburg 6. Norwegische Armee 7. Seniorenheim 8. Times Square 9. Protest in Cairo 10. Dirk Nowitzki (von l. oben nach unten r.)

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inter der Tür zum Sprechzimmer wartet in einer normalen Praxis oft nicht nur ein Patient, sondern auch eine Überraschung. Manch­ mal sind es traurige Geschichten, manchmal ist es ein ungewöhn­ licher Befund oder, seltener, ein kern­ gesunder Mensch, der seinen Arzt mal wiedersehen will. An diesem Tag war in Zimmer zwei ­zunächst nichts ungewöhnlich: eine Mut­ ter mit ihrer kleinen Tochter – Amelie*, dreieinhalb, blond, normal gebaut. Und das Kind hatte eindeutig etwas, es war heiser. Nicht seit zwei Tagen, nicht seit zwei Wochen oder Monaten, nein, schon immer. Von Geburt an. Die Arzthelferin hatte mir noch „dritte Meinung ...“ zugeraunt, soll heißen: Andere Kollegen haben sich die Kleine schon angesehen. Die Mutter berichtete, Amelie habe als Säugling eine leise Stimme ge­ habt, „piepsig“, sagte sie, und ja, schon da, heiser. Als das Mädchen ein halbes Jahr alt war, wurden seine Stimmbänder unter­ sucht, keine Knötchen, alles normal. Der Kollege teilte der Mutter mit, was ich an seiner Stelle damals wohl auch gesagt hät­ te: Keine Panik, der Kehlkopf wächst noch, das regelt sich von selbst. Und das tut es meist ja auch. Bei Amelie tat sich – nichts. Den gewohnten Blick in die Kranken­ akte hätte ich mir sparen können, die Mutter kannte sie auswendig. Als Amelie drei wurde und gut sprechen konnte, sehr leise und heiser, nahm sich ein HalsNasen-Ohren-Arzt des Kindes an. Seine Diagnose: hyperfunktionelle Dysphonie, also Überlastung der Stimme durch über­ mäßige Beanspruchung. Er verordnete die Standardprozedur – Sprachtherapie, Stimm­ therapie, im Ärztedeutsch „Logopädie“. Und nun, einige Monate später, saß Ame­ lie bei uns, sagte wenig, und das mit einer Stimme wie aus einem alten Funkgerät. Womöglich dachte sie auch, irgendwie sei das alles ihre eigene Schuld. Ich habe eine Angewohnheit. Ich unter­ suche jedes neue Kind auf Herz und Nie­ ren. Und auf Ohren, Rachen, Herz, Lunge, den Bauch selbstredend auch. Manchmal stößt man bei diesem Check auf einen Befund, der vorher nicht da war – auf jeden Fall gewinnt man ein paar Minuten Zeit zum Nachdenken. *Name geändert

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Plötzlich hat sie eine Stimme Die Patientin ist drei Jahre alt und seit ihrer Geburt heiser. Der Verdacht: Amelies Stimmbänder sind überlastet. Bis die Mutter von den häufigen Bauchschmerzen erzählt

Diesmal klingelte wirklich etwas in mei­ nem Hinterkopf, den Fachausdruck hatte ich gleich im Ohr: gastroösophagealer Reflux. Der Mutter stellte ich die entspre­ chenden Fragen: War Amelie als Säugling ein unruhiges Kind? Mmmh, ja. Bauch­ schmerzen? Oh, ja. Probleme mit Spucken? Ja, öfter. Das passte. Der Reflux ist bei Erwachsenen nicht ungewöhnlich, Laien nennen es Sodbren­ nen. Sodbrennen kann auch chronisch sein, dann beschreibt der lateinische Begriff eine Krankheit, bei der zu viel Magensäure produziert wird und diese ihren Weg ungewöhnlich weit nach oben in der Speiseröhre findet. Wäre es möglich, dass Amelie daran litt? Um das herauszufinden, musste das Mädchen eine unangenehme Prozedur über sich ergehen lassen und im Kranken­ haus einen Schlauch schlucken. Leider die einzige Möglichkeit, um Luftröhre und Kehlkopf anzuschauen. Ohne Befund. In­ teressant waren allerdings die Ergebnisse von Magenspiegelung und Säuremessung: leichte Reizung der Magenschleimhaut, erhöhte Säurewerte in der Speiseröhre. Jetzt hatten wir eine für Mediziner nicht ungewöhnliche Lage: Es gibt eine Häufung von Symptomen – Bauchschmerzen, Spu­ cken, Unruhe – und indirekten Befunden – erhöhte Säurewerte, SchleimhautReizung. Aber keinen direkten Hinweis, denn auf den Stimm­ bändern war von einer Verät­ zung nichts zu sehen. Trotz­ dem gaben die Kollegen im Krankenhaus dem Mädchen einen gebräuchlichen Säu­re­ hemmer. Mit Erfolg: Zwei ­Wochen später stand Amelies Mutter in meiner Praxis, ohne ihre Toch­ ter, dafür mit einer Flasche Wein und dem schönen Satz: „Ich habe gestern zum ers­ ten Mal die Stimme meines Kindes gehört.“ Die Mutter war gerührt. Ich auch. Aber das sollten Ärzte nicht zu lange sein, des­ halb gab ich ihr noch einen Hinweis: „Freuen Sie sich nicht zu doll! Kinder mit lauten Stimmen sind für Eltern nicht im­ mer die reine Freude …“

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Dr. Matthias Draf, 43, Kinderarzt in Eitorf. Die 20 000-EinwohnerGemeinde liegt im Rhein-Sieg-Kreis

illustration: katrin funcke

Diagnose

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Til Mette

Umfangreiches Archiv mit Til-Mette-Cartoons: www.stern.de/mette

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Michael J. Andrew, KPMG

Legale Staat  wirtschaft

James S. Turley, Ernst & Young

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Wegen dieser Männer zahlen Konzerne wie Amazon, Google & Co. praktisch keine Steuern. Mit ihren 700 000 Mit­ arbeitern produ­zieren sie geschickt: Steuer­ tricks. Höchste Zeit, sie aus ihren Schlupf­ löchern zu zerren Von Walter Wüllenweber

Barry Salzberg, Deloitte

tsfeinde Dennis M. Nally, Pricewaterhouse Coopers

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er entscheidet darüber, wie viel Steuern erfolgreiche Unternehmen in Deutschland zahlen müssen? A) das Parlament. B) der Finanzminister. C) das Finanzamt. D) der Steuerberater. Für die Frage braucht man keinen Joker. Richtig ist natürlich Antwort D. Nie war die Bedeutung der Steuerberater größer als heute. Wenn die Bundessteuerberaterkammer zum Kongress lädt, dann nach: Nizza. Man nächtigt im Negresco, dem berühmtesten Luxushotel an der Côte dʼAzur, wo sich seit hundert Jahren der Adel und der Geldadel verwöhnen lassen. Warum Nizza? Weil man zuvor schon Barcelona, Budapest, Prag sowie Florenz beehrte. Selbstredend wird die entspannende Weiterbildung vom Finanzamt als Betriebsausgabe anerkannt. Darauf wird in der Einladung fürsorglich hingewiesen. Überflüssig. Einem Steuerberater muss niemand erklären, wie man das Angenehme mit dem Absetzbaren verbindet. Deutschlands Steuerkünstler haben allen Grund zu feiern. Die Branche erlebt einen beispiellosen Boom. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Steuerberater um 30 Prozent erhöht, Steueranwälte plus 60 Prozent. Und das Finanzamt? Baut Stellen ab. Fünf Prozent waren es in den vergangenen zehn Jahren. Bis 2020 werden – je nach Bundesland – weitere 10 bis 20 Prozent der Stellen gestrichen. Aus Kostengründen. Wenn sich Finanzbeamte weiterbilden, dann zieht es sie nicht in fremde Länder, sondern in den größten Saal des Amtes. Tische werden zusammengeschoben, der Projektor balanciert auf einem Aktenordner-

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Acht Jahre lang suchte der brasilianische Fotograf Sebastião Salgado nach den Spuren der Schöpfung. „Genesis“ heißt sein Alterswerk, und es zeigt viel: die Welt in all ihrer Herrlichkeit

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Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde (aus: Bibel, 1. Buch Mose – Genesis). Die Brooks-Gebirgs­ kette in Alaska, bis auf 3000 Meter ansteigend

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Und Gott nannte das Trockene Erde, und die Sammlung der Wasser nannte er Meer. Affenbrotbäume in der Bucht von Moramba, Madagaskar

„Ich suchte eine ursprüngliche Welt, die für uns eigentlich nicht mehr zu sehen ist“ 14.3.2013

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Es wimmle das Wasser von lebendigem Getier, und Vögel sollen fliegen auf Erden. Zügelpinguine auf einem Eisberg nahe der VisokoiInsel am Rande der Antarktis

„Diese Bilder sind eine Ode an die Pracht und Zerbrechlichkeit der Erde"

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Und Gott schuf große Walfische und alles Getier. Eine Meerechse auf den Galapagos, Ecuador; ein Südlicher Glattwal auf der Halbinsel Valdés, Argentinien

„Solche Motive sollen uns daran erinnern, dass wir Tiere sind wie andere Tiere auch“ 14.3.2013

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Und Gott machte die Tiere des Feldes, ein jedes nach seiner Art. Ein Leopard im Tal des BarabFlusses, Namibia

„Ich kam ihm ganz nahe, ich war nur zehn Meter entfernt“ 14.3.2013

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Da machte Gott der Herr den Menschen aus Erde vom Acker. Eine Frau aus dem Volk der San, der Ureinwohner der Kalahari in Botswana

„Meine Absicht war, diese Menschen in ihrer angestammten Lebensweise zu zeigen“ 102

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Und herrschet über das Vieh und über alles Getier. Herde und Hirten kehren zurück ins Lager von Amak, Südsudan

„Die meisten Fotos mache ich im Gegenlicht. Ich bin eben im Schatten aufgewachsen“ 14.3.2013

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Absolventen ihn in ihren Portfolios zu kopieren suchte. Zugleich sieht Salgado sich noch immer als Brasilianer, obwohl er seit über 40 Jahren in Paris lebt. Dorthin war er einst vor den Schergen der Militärdiktatur seiner Heimat mit seiner Frau Lélia geflohen. Das Brasilianische findet sich in seiner Fotografie, im Licht wie in der Komposition seiner Bilder. Wo Salgado aufwuchs, auf dem Lande im Bundesstaat Minas Gerais, sehnt sich niemand nach der Sonne. Sie ist dort nur brutal. Erst recht für einen Jungen, der –blond und blau­ äugig – eher einem Nordeuropäer glich als einem in den Tropen Ge­ borenen. Wo Salgado lebte, gingen

„Die Würde ist unveräußerlich – ganz gleich, was einem widerfährt“ die Menschen in rauchgeschwän­ gerte Kirchen voller Marien- und Heiligenstatuen. Hier nahm man sich die Zeit, selbst das Alltäglichste mit großer Geste zu erzählen. „Minas Gerais ist barocker als je­ der andere Bundesstaat Brasiliens“, sagt Salgado. „Und der Katholizis­ mus ist immer barocker als die vom Protestantismus geprägten Kultu­ ren Nordeuropas. Natürlich spiegelt sich das in meinen Fotos wider.“ Es hat ihm den Vorwurf ein­ gebracht, in seinen Bildern des menschlichen Leids den „Glamour des Elends“ zu inszenieren. Ein Kri­ tiker nannte ihn „den Phil Collins der Reportage-Fotografie“. Eben dieses Dramatisch-Roman­ tische in der Ästhetik Salgados zieht die Besucher seit Jahren an. Ganz gleich, auf welchem Erdteil er aus­ stellt, seine Bilder sind ein Ereignis. So wird es auch dieses Mal sein, wenn im April im Museum for Na­ tural History in London der Reigen von mindestens 30 Ausstellungen weltweit eröffnet wird. Es scheint, als fänden die Betrach­ ter in Salgados Fotos ihre Sehnsüch­ te bestätigt. Als gäben die Bilder ihnen in der Vereinzelung etwas, das sie miteinander verbindet. Als bündelten sie, was in der Unüber­ sichtlichkeit des Internet-Zeitalters unfassbar geworden ist. Bei den

Sebastião Salgado, 69, unternahm 32 Expeditionen an die entlegensten Orte der Welt. Begleitet wurde der Brasilianer dabei oft von seiner Frau Lélia

„Genesis“, Fotos: Sebastião Sal­gado, Texte: Lélia ­ Wanick ­Salgado, Hardcover mit 17 Ausklappseiten, 520 Seiten (Taschen Verlag, 49,99 Euro)

Landschaften knüpft Salgado an das Werk des amerikanischen Fotogra­ fen Ansel Adams an. In der Darstel­ lung von Personen achtet Salgado darauf, die Menschen nicht aus ihrer Umwelt herauszulösen. Ein Closeup ist nie so nah, dass ein Abgebil­ deter nur auf sich selbst reduziert wird. Wer die Menschen betrachtet, die Salgado porträtiert, wird fest­ stellen, dass er selbst dann auf der Suche nach der Würde ist, wenn er sie im größten abzubildenden Elend zeigt. Denn die Würde, so Salgados Urteil, ist unveräußerlich – ganz gleich, was einem widerfährt. Das große Thema des GenesisProjekts ist die Kostbarkeit und Zer­ brechlichkeit des Lebens auf unse­ rem Planeten. Salgados Antwort auf die Zumutungen der Globalisierung ist ein Loblied des Einfachen. Damit wirken seine Fotos aus der Zeit gefallen. Sie sind das Werk eines Mannes, der sich als Archäologe der Gegenwart versteht. Der die Erin­ nerung zu bewahren sucht, bevor die letzte Messe gelesen ist.

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Autor Hans-Hermann Klare und Sebastiāo Salgado kennen sich seit gut 20 Jahren von vielen gemein­ samen Reisen. Zuletzt trafen sie sich in Los Angeles

Fotos: Sebastiao Salgado/Amazonas Images/Agentur Focus

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iese Bilder sind ein Hoch­ amt. Sie zelebrieren die Kostbarkeit des Lebens, in Kathedralen aus Eis am Rande der Antarktis oder im mythischen Dunst der Steppe Afrikas. Sie lobpreisen die Schönheit der Natur. „Genesis“ hat der brasilianische Fotograf Sebas­ tião Salgado das Projekt genannt. Angeregt durch die Schöpfungsge­ schichte der Bibel, unternahm er in über acht Jahren 32 Expeditionen. Er hat Fußmärsche über 850 Kilo­ meter durch die Berge Äthiopiens gemacht oder tagelang im Schnee­ sturm ausgeharrt, während Eis­ bären um die Forschungsstation strichen. Die Bilder, die dabei ent­ standen, sind eine Suche nach dem scheinbar Ursprünglichen, in einer Zeit, da es das Unberührte nicht länger gibt. Und das Berührte vom Untergang bedroht ist. So ist „Genesis“ ein Werk voller Melancholie und voller Pathos geworden. Das Alterswerk des inzwi­ schen 69-jährigen Fotografen, sein letztes großes Projekt. In den 20 Jahren zuvor hatte er mit den „Workers“ eine Chronik der Hand­ arbeit geschaffen, von Goldgräbern im Schlamm der Serra Pelada, von mit dem Öl eins gewordenen Ar­ beitern in der Wüste Kuwaits. Ein Kontrapunkt zu den klimatisierten Großraumbüros, zu den Flipcharts und Espressomaschinen der moder­ nen Arbeitswelt. Mit „Migranten“ hatte er die gigantischen Völkerwan­ derungen am Ende des 20. Jahrhun­ derts dokumentiert, Millionen auf der Flucht vor Hunger und Krieg, auf der Suche nach einem besseren Leben. Mit „Genesis“ spürt er Land­ schaften, Tieren und Menschen nach, solange sie, von der Moderne schein­ bar noch nicht beeinflusst, nahezu biblisch daherkommen. Die Fotos sind ausschließlich in Schwarz-Weiß und bisweilen in ein Licht getaucht, als käme die Erleuchtung tatsächlich aus dem Himmel. Sebastião Salgado ist nicht nur einer der berühmtesten und erfolg­ reichsten Reportage-Fotografen der vergangenen 30 Jahre. Er ist zugleich seinem Stil wie seiner Biografie treu geblieben. Unbeirrt hat er darauf bestanden, Bilder in Schwarz-Weiß zu produzieren, als die Magazine der Welt längst die Zukunft im Farbdruck sahen. In dieser Beharr­ lichkeit war er so stilprägend, dass eine Generation von Fotografie14.3.2013

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Maikäfer-FlugBenzin? Zu Ostern? Aber ja! Fliegen Sie mit, auf Seite 129

extra GeNuss

4 Ostereier, Schokoladenhasen, Zuckerblüten Seite 114 4 Lämmer, Butter, Schinken Seite 116 4 Würzen & Saucen Seite 120 4 Vegetarische Freuden Seite 124 4 Säfte & Kaffee Seite 128

Die Natur bietet viele Wunder. Und so manches kann man in hinreißendes Essen ver­­wandeln – wie diese gezu­ ckerte Blüte

Foto: KumiČak + Namslau

Leuchtende Vorbilder

Gutes Essen kommt selten aus der Fabrik. Es wird mit Liebe gemacht, von Menschen voller Leidenschaft und Wissen. Ein Verzeichnis beispielhafter Waren

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Schweine glücklich. Saulecker. Dieses Tier hat in Stroh und Schlamm gelebt – nicht in der Tierfabrik. Wer seine Wurst isst, schaut ihm ins Gesicht. Wir stellen vor: Schwein 46

Im Brandenburgischen gibt es einen Bauernhof, da dürfen Schweine noch leben wie früher. Ihre Wurst kann man kaufen, mit Foto und biografischen Angaben. „Meine kleine Farm“ heißt das Projekt 14.3.2013

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Hofhund Nopp-Nopp kann sich viel, aber nicht alles erlauben. Das Ferkel stemmt sich ihm entgegen: Bleib weg von meiner Scholle

Bauer Bernd Schulz wollte keine Massentierhaltung mehr. Genauso ging es Dennis Buchmann. Die beiden vertreiben nun Wurst, die man guten Gewissens essen kann

etwas zu tun. Die Idee, der Wurst ein Gesicht zu geben, kam ihm eines Tages beim Abendessen. „Ich dachte, es wäre nur richtig, wenn man das Tier noch einmal sieht, das man verzehrt.“

Schwein Nummer 46 war offensichtlich eine echte Wühlsau, total nasalfixiert Am Tod eines Mastschweins könne man nichts ändern, sagt Buchmann. „Aber sein Leben lässt sich verbessern, ganz entscheidend sogar.“ Deshalb will er zum bewussten Konsum erziehen: lieber ein Schwein essen, das ein glückliches Leben hatte, als eines aus der Massentierhaltung. Er musste nur noch

einen Bauern finden, der ihm dabei helfen würde. Buchmann hörte sich um, erfuhr von Bernd Schulz im Fläming, einem Landstrich südlich von Berlin, und rief ihn eines Abends an. Ja, ja, ginge klar, sagte der Bauer kurz und knapp, aber jetzt wolle er weiter die „Tagesschau“ sehen. Bauer Schulz arbeitete bereits zu DDR-Zeiten in der Schweinemast. „Nach der Wende wollte ich mit der Massentierhaltung nichts mehr zu tun haben“, sagt er. Schulz ging nach England und sah, wie dort Bauern ihre Schweine im Freien hielten. Viel besser so, befand er. Nach seiner Rückkehr richtete er eine Koppel für Schweine in der Nähe seines Heimatdorfs Gömnigk ein. Und weil es dort einsam ist am Waldrand und

Foto: David MaupilE

opp-Nopp guckt, Nummer 46 guckt zurück. Schnauze an Rüssel stehen Hund und Schwein sich gegenüber und sehen einander tief in die Augen. Schließlich grunzt Nummer 46, dreht ab und trottet zu seinen Artgenossen. Fressen, im Dreck wühlen, mit den Kollegen spielen: Es ist wieder ein großartiger Tag hier auf der Koppel in Brandenburg. Kalt, ja, aber das stört kein Schwein, erst ab minus 30 Grad fallen die Ringelschwänze ab. Für Nummer 46 ist es der letzte Tag im Leben. Zusammen mit Nummer 47 geht es am anderen Morgen zum Metzger. Bauer Bernd Schulz schiebt mit dem Trecker einen Hänger auf die Koppel und klappt die Luke runter. „Komm, Schweinchen, komm!“, sagt er. Ein Tier ist schnell auf der Ladefläche, 46 verzieht sich noch mal in eine Hütte. Schulz manövriert sein Gefährt vor den Eingang, dann ist auch 46 drauf. Ein Kontrollblick, hoppla, statt der 47 steht da die 48. „Geht nicht“, sagt Schulz. „Ist noch nicht dran.“ Also: runter mit der 48, rauf mit der 47. Was aus den Schweinen wird, kann man zu deren Lebzeiten schon im Internet bestellen: Mett, Sülze, Rot- und Leberwurst. Die Ware kommt in Gläsern, und auch kurz vorm Verzehr sind die Tiere noch nicht vergessen. Zwei Wochen vor dem Abtransport rückt Schulz’ Tochter mit dem Fotoapparat an, und kurz drauf schmückt die Deckel der Gläser ein Bild des Schweins, das drinsteckt. Dazu gibt es biografische Angaben: wann geboren, wo gelebt, wann und von wem geschlachtet. Wer noch mehr wissen will, findet im Netz Zeugnisse bewegter Schweineleben. Nummer 46 war offensichtlich eine Wühlsau, „total nasalfixiert“. Und Schwein 44 hatte ein ungewöhnliches Hängeohr. Aber will man das denn? Noch mal das Tier sehen, das man gleich aufs Brot streicht? „Warum nicht?“, sagt Dennis Buchmann. „Wer Fleisch isst, muss auch wissen, wo es herkommt.“ Buchmann studierte Biologie und arbeitet jetzt für Betterplace, eine Spendenplattform, die die Welt ein bisschen besser machen will. Mit Landwirtschaft hatte er nie zuvor 14.3.2013

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Eine Wurst, ein Brot, ein Stillleben. Dazu gehört die Katze, die sich etwas maust

ihm schon Tiere gestohlen wurden, hält er sich zwei Hunde: Nopp-Nopp und Schillack. Sie bewachen nun 80 Sauen und 120 Ferkel, die auf einer Fläche von 35 Hektar ein schweinegeiles Leben führen. Die Ferkel werden 40 Tage gesäugt, dann ziehen sie um in eine Aufzuchthütte. Sie kriegen bestes Biofutter, und wenn sie 30 Kilo wiegen, verkauft Schulz die meisten Tiere an Ökomäster. Ein gutes Dutzend Schweine lebt auf einem abgetrennten Areal, sie landen später in Buchmanns Gläsern. Nummer 46 und 47 stehen entspannt auf dem Hänger und grunzen zufrieden. Auch ihre Kameraden, die noch auf der Koppel bleiben dürfen, hat das Verladen nicht aus

der Ruhe gebracht. Die Tiere sehen Schulz jeden Tag, auch Trecker und Hänger kennen sie. Im Laufe ihres neunmonatigen Lebens – kon­ ventionelle Mastschweine bringen es gewöhnlich nur auf drei – sind sie schon zweimal umgezogen. Schulz rollt von der Koppel, die Nacht verbringen 46 und 47 im Hänger. Früh am nächsten Morgen fährt Bauer Schulz die Tiere zur nur wenige Kilometer entfernten Metzgerei. „Ganz wichtig: dass die Tiere keinen Stress haben“, sagt er. „Das wirkt sich sonst negativ auf die Qualität des Fleisches aus.“ So ruhig, wie sie knapp 20 Stunden zuvor auf den Hänger getrabt sind, trotten die Tiere auch wieder hinunter. Ein Stoß Starkstrom, ein Stich in die Hals-

Majoran gehört traditionell in die meisten Würste – er stützt den herzhaften Geschmack und hilft beim Verdauen

schlagader, dann sind 46 und 47 nur noch Fleisch. Aus einem Schwein von rund 120 Kilo Schlachtgewicht macht der Metzger drei Kilo Schinken, 25 Knoblauchwürste, 30 Schlackwürste und 250 Gläser mit Wurst. Das Glas verkauft Buchmann für vier Euro. Wer das teuer findet, dem sagt er: „Weniger Fleisch essen!“ In einem Begleitschreiben gratuliert er seinen Kunden, dass sie künftig bewusster Fleisch verzehren werden. „Das Schwein“, sagt Buchmann, „bestimmt das Bewusstsein.“ Alf Burchardt

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Preis: 4 Euro pro 200-g-Glas, zuzüglich Versand Kontakt: www.meinekleinefarm.org 14.3.2013

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Foto: Dunditiunti ium harunturi dictotatv

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Sieht das nicht verlockend aus? Hefekuchen aus Buttermilch­ teig und Rosinen, süßes Konfekt und befüllte Hohl­ eier. Jetzt noch Tee in die Tassen, und Ostern ist perfekt 114

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extra genuss

Kommt doch mal zum Osterfest! Zuckerblüten, Bärentatzen, Pudelkuchen – es muss nicht immer Hase sein. Einen haben wir trotzdem

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Choco-Cleverle

In Baden-Württemberg, dem Land der Bausparkassen, ein Staatsstipendium für Zuckerbäckerei zu ergattern – ein starkes Stück. Konditorin Isabelle Wagner ist das ge­lungen: Ihre Osterpralinen sind gefüllt mit Dornfelder, Kaffee oder Tonkabohne. Die Schoko­quadrate enthalten Cassis und Veilchen. Ein kleines Kunstwerk ist das gefüllte Hohlei aus hauchdünner Schokoladenschale – durch ein Guckloch sieht man ein Bett aus hellem Nougat unter einem Spiegelei aus weißer Schokolade. Preise: Pralineneier 6,90 Euro/ 100 g; gefüllte Ostereier 5,90 Euro/Stück* Kontakt: Isabelle Wagner, 68723 Schwetzingen, Tel. 06221/71 9 78 35, www.chocami.de

Foto: Dunditiunti ium harunturi dictotatv

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Halleluja, Fiffi lebt

Sachen gibt es zu Ostern, da fragt man sich, was wohl die Bischofskonferenz dazu sagt. Sind gebackene Pudel mit der Osterbotschaft vereinbar? So etwas produziert Familie Riemann – bedenklich! Der Hundekuchen besteht aus Hefe­teig mit Rosinen und Mandeln, Buttermilch macht ihn frisch. Seinen Namen hat er von seiner pudelmützig runden Form. Wenn die Kinder dann den letzten Krümel verputzt haben, ist mal wieder klar – die Bischofskonferenz ist nicht von dieser Welt! Preise: 2,99 Euro/500-g-Brot* Kontakt: Kalle-Bäcker, 25709 Marne, Tel. 04851/95 55-0, www.kalle-baecker.de

Füllige Füllungen

Ginge es doch in der Politik so gläsern zu wie in den Manu­fakturen des Chocolatiers Philip Aczél. Wer mag, kann dem Kulinarik-Künstler auf die Finger schauen und erleben, wie er mehr als 40 Sorten Pralinen produziert. Knackige Schokolade umhüllt cremige, prickelnde und fruchtige Füllungen. Köst­lich auch die Trüffeln mit Zitronengras, Grapefruit-Aperol oder Erdbeer-Basi­li­kum! Dito die süß-salzigen Preziosen mit Fleur de Sel und die wür­ zi­­gen mit Süßholz. Der Online­shop bietet fertige Mischungen, man darf sich aber auch Mixturen wünschen.

Statt Schokolade mal Mandelkrokant? Die Confiserie Bosch fertigt so etwas in Handar­beit im Ländle. Wer hineinbeißt, lässt es erst krachen, danach überkommt einen ein feiner, nussiger Geschmack. Die Krokanteier kleiden sich nicht in ordinärgrelles Stanniol, sondern sie tragen einen dezenten Zierrand sowie Weide­kätzchen aus Zuckerguss. Allerliebst!

Preise: ab 3,79 Euro/3 Stück* Kontakt: Aczél – Art of Chocolate, 97359 Schwarzach, Tel. 09324/97 84 69-0, www.art-of-chocolate.de

Preise: 0,69–15,49 Euro/ 5–20 cm große Eier* Kontakt: Confiserie Bosch, 73066 Uhingen, Tel. 07161/371 17, www.confiserie-bosch.de

* Preise jeweils zzgl. Versand.

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4   Erst hart, dann zart

pflückt sie jede persönlich, stabilisiert sie mit Gummiarabikum und Zucker und bewahrt so Farbe und Aroma. Schmeckt pur, ziert aber auch Torten, Petit Fours und Obstsalat. Diese Kunstwerke kriegen Erst- und Zweitstimme. Preis: 31,65 Euro/6 große Blüten; 42,64 Euro/24 kleine Blüten* Kontakt: 17291 Oberuckersee, Tel. 039863/38 98 88, www.obstgarten-uckermark.de 5

Schwerer Brocken

Voilà, ein kapitaler Hase, ein stattliches Langohr von mehr als 200 Gramm, nussig und schoko­ladig, aus Mandelstiften und mit Kuvertüre erst knackig und dann mit Schmelz, kurzum: ein Prachtkerl. Die Confiserie Mildenberger in Backnang fertigt derlei Hasen in Dunkel, Hell und Weiß, appliziert zum Schluss Augen und Schnauze und verpackt jedes der süßen Tierchen bestens gepolstert. Ehrlich: Die halten auch noch bis Weihnachten. Preise: 17,80 Euro/ Hase* Kontakt: Bäckerei Mildenberger, 71522 Backnang, Tel. 07191/325 10, www.mildenberger.eu

6   Wunder von der Ucker

Wie Angela kommt auch Anja Merkel aus der Uckermark, aber unsere steht nicht auf Rouladen, sondern auf kandierte Blüten. Von Vergissmeinnicht bis zu Dahlien

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Heimlichkeiten? Gern!

Keine Witze mit Namen, aber: Jens Heimlich legt gern offen, wie er seine Kekse backt – nach altem Rezept und ohne Aromen. Ob Mürbeteigröllchen, Schwarzweißgebäck oder Bärentatzen mit Nugatfüllung, jeden einzelnen Keks formt und verziert er von Hand. Und ständig entwickelt er sein Sortiment weiter. Inzwischen hat er auch WeizenZimt-Kekse und Minztaler im Repertoire. Heimlichs per­sön­ licher Tipp: die Butter-Butter-Kekse – mit extra­hohem Butteranteil. Klammheimlich verstecken, sonst sind sie weg. Preise: 2–2,70 Euro/100 g* Kontakt: Heimlichs-Kekse, 22946 Trittau, Tel. 04154/709 19 11, www.heimlichs-kekse.de 14.3.2013

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extra Genuss 1

Lamm vom Damm

Hmm, Lamm – am besten von hier. Die Baumbachs betreiben auf Nordstrand (vor Husum) eine Außendeichschäferei, wo Schafe und Lämmer die Salzwiesen und Dämme der Insel beweiden. Sechs Monate ist der Nachwuchs an der frischen Luft, ehe es zum Schlachter geht. Weil die Tiere alle jünger als ein Jahr sind, hat ihr Fleisch einen äußerst milden Geschmack und ist wunderbar zart, nachzuprüfen am einzelnen Steak oder am ganzen Lamm – kommt fachmännisch zerlegt per Post.

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Preise: 7–39 Euro Euro/kg* Kontakt: Hofladen Baumbach, 25845 Nordstrand, Tel. 04842/495, www.lammfleisch.de

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Das könnte Ihr Braten sein: Lammkeule vom Nordstrander Deich, gegart in gutem Fond, mit Knoblauch, Zwiebeln und Tomaten

Vom Fleisch die schönste Seite

Wenn Sie weniger vom Tier essen wollen, dafür aber besser, werden Sie hier fündig: bestes Lamm, feine Butter, knackige Würste, echte Fonds

Guter Fond – fertig!

Gute Küche braucht gute Fonds. Ihre Herstellung ist einfach, kostet aber Zeit. Industrielle Fonds sind meistens … Mist. Doch nun kommt Manuel Debiel. Die handgemachten Fonds seiner Manufaktur Basta sind aus Fleischknochen, Gemüse, Gewürzen und Salz gezogen; Hefeextrakt und „natürliches Aroma“ haben Hausverbot. Preiswürdig ist seine GemüseGlace, in der wirklich nur eines ist – Gemüse. Aufschrauben, in die Pfanne geben, abschmecken – und fertig! Preise: Fonds 7,50 Euro/ 400-ml-Glas; Demi-Glace 9 Euro/ 200-ml-Glas; Vegetarische Glace 5 Euro/100-ml-Glas* Kontakt: Basta, 26180 Rastede, Tel. 04402/595 52 66, shop.bastaundgut.de 3

Erste Sahne: Butter

Für Rohmilchbutter gelten strengste Vorschriften. Der Mecklenburger Hof Weitenfeld erfüllt sie: rohen Rahm per Milchsäurebakterien zu Sauerrahm werden lassen, diesen im Fass schleudern, die entstehende Butter dreimal in eiskaltem Wasser waschen und schließlich mit einer Spur Salz kneten. Schmeckt mild-

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14.3.2013

*Preise jeweils zzgl. Versand.

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extra Genuss Obstessige, Wildfruchtsaucen und exotische Salze – Würzen sind nicht nur geschmacklich entscheidend, sie sehen auch reizend aus

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Sauer verdient

Hartz IV? Nein. Als sie ihren Job verlor, bevorzugte Brigitte Bengner die Selbststän­digkeit und versorgt seitdem Fein­schmecker mit fruchtigen Köstlichkeiten, etwa mit Essig. Sie nimmt Weinessig und versüßt ihn mit Fruchtfleisch. Die Mango-Variante eignet sich zum Marinieren von Fisch und Meeresfrüchten, hebt aber auch süße Frucht­salate. Tomate ist ideal für Fenchelsalat, toskanischen Brotsalat, über reife Avocado und weißen Fisch. Schwarze Johannisbeere passt über Blattsalat mit Birne und Walnuss ebenso wie zu dunklen Saucen zu Rind und Wild. Preise: 7,50 Euro/200 ml* Kontakt: Passione, 41063 Mönchengladbach, Tel. 02161/308 36 89, www.passione -kulinarische-genuesse.de

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Wie man Feuer ans Essen bringt Ob ein Gericht nur gut wird oder eine Offenbarung, liegt auch an der Palette der vorhandenen Würze. Ja, dazu gehören auch schlichte Dinge: Öl, Ketchup, Senf

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Gepflückt bei Vollmond

Franziska Kammermeier bereitet hinreißende Saucen aus Schlehe, Himbeere, Kornelkirsche, Apfel und Quitte. Weil aber Wildfrüchte keine Massenware sind, hat sie ein fast persönliches Verhältnis zu jeder der rund 100 Gläser der einzelnen Produktionen. Darin entfalten sich Fruchtgeschmack und Schärfe, ohne sich zu überdecken. Die Saucen passen zu etlichen Speisen, zu Käse, Wurst, Fleisch, Gemüse, Desserts – die Einsatzmöglichkeiten sind zahllos. Ein Geheimnis: Kammermeier pflückt alle Früchte am liebsten selbst und das auch noch nach dem Mondkalender. Das, so findet sie, garantiert optimales Aroma. Soll uns recht sein. Preise: 4,90 Euro/106-ml-Glas* Kontakt: Kammermeier’s schärfste Saucen Manufaktur, 85354 Freising, Tel. 08161/138 82, www.wein undkul.de 3

Das perlt! Das Salz

Khoisan-Salz ist etwas Besonderes: Es wird nicht aus dem Meer gewonnen, sondern

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14.3.2013

*Preise jeweils zzgl. Versand.

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extra Genuss   Amerika kann toll sein

Klingt gut, fand Gabriele Schuster, als sie in einem alten amerikanischen Kochbuch das Rezept für Shrub (sprich: Schrabb) las, einen fruchtigen Sirup aus nicht mehr als Obst, Essig und Zucker. Heute macht es bei ihr Shrub, Shrub, Shrub, mehr als zehn ver­ schie­dene Sorten stellt sie her. Zunächst zieht sie die Früchte in Essig aus und stellt sie einige Zeit kühl. Dann seiht sie den Auszug ab, presst aus, kocht mit Zucker auf und füllt den Saft noch kochend heiß in Flaschen ab. Der süßsäuer­ liche Shrub ist mit Mineral­ wasser aufgegossen erfri­ schend, mit Sekt ergänzt wird er zum Aperitif und mit Wodka auf Eis ein spannender Drink. Und er passt zu Obstsalat.

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Preise: 4,90 Euro/250 ml* Kontakt: Schusters Spezialitäten, 96181 Rauhenebrach, Tel. 09554/81 78, www.schusters-spezialitaeten.de 2

Adieu, Zuckerbomben. Mit süßsauren Fruchtauszügen und kreisch­bunten Blütentee-Mischungen lassen sich spannende Erfrischungen anrühren

Neue Freunde am Tisch

Es gibt viele Wege, aus den Gaben der Natur anregende Getränke zu bereiten – und keinen Grund, etwas zu trinken, was nicht natürlich ist

Mit Blüten zaubern

In der fast subtropisch warmen Oberrheinischen Tiefebene treibt die Natur besonders schöne Blüten. Das freut Rudi Beiser, denn er erntet sie. Auf seinen Anbauflächen und in den Trockenräumen seiner Kräutermanufaktur leuchtet es in allen Farben. Beiser pflückt die Blüten von Hand, auf dass sie nicht gequetscht werden und ihre sämtlichen Inhaltsstoffe, die Farbe, den Duft und Geschmack behalten. Aus den Blüten stellt Beiser nun wunderbare Teemischun­ gen zusammen: den bunten „Blütenzauber“, das anregende „Indische Feuer“ oder den unter Umständen aphro­di­ sierenden „Liebeszauber“. Auch Einzelkräuterversand – von der Anisagastache bis zur Zitronenverbene. Preise: Mischungen 4,80 Euro/ 25–100 g; Einzelkräuter 3,20–3,30/25 g* Kontakt: La Luna, 77948 Friesenheim-Schuttern, Tel. 07821/ 99 77 61, www.lalunakraeuter.de

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14.3.2013

*Preise jeweils zzgl. Versand.

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Text und Recherche: Stefanie Zecheus; Produktion: Beate Wieckhorst; Fotos: Julia Hoersch; Styling: Michaela Pfeiffer; Food-Styling: Adam Koor; Freisteller: KumiČak + Namslau

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extra Genuss

Ein Tipp für Sie

die grossen fragen der menschheit

Renate Künast liebt das Aroma von Zitrusfrucht. Und kann sich ein Leben ohne Zestenreißer nicht mehr vorstellen einer Limette runden die Sache aromatisch ab. Der wahre Geschmack von Zitrusfrüchten – dass die alle unbehandelt sein müssen, ergo bio, versteht sich von selbst, nicht wahr – sitzt halt in der Schale, bei Zitronenbutter wird einem das so richtig klar: Die Zesten umstandslos hin­ eingerührt, schmeckt sie herrlich zum Lachsfilet, aber auch zu schlichten Kartoffeln, wunderbar, die habe ich fast immer im Haus. Ehrlich, ich weiß nicht, wie ich so lange ohne Zestenreißer leben konnte – die Dinger gibt es ja nun wirklich in jedem Küchengeschäft. Schade, dass ich ihn so spät gefunden habe, ein paar kulinarische Freuden sind mir so entgangen. Aber vielleicht schmeckt es ja deshalb heute so gut.

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Die Fraktions­chefin der Grünen hat ihren Mann („ein prima Koch“) sacht vom Herd verdrängt. Zesten­reißer mit Edelstahlklinge, ca. zehn Euro

Ein Kochbuch fürs Leben. Nein, zwei Und hier die Kochbuchempfehlung für den Frühling. Nigel Slater ist zwar Brite, aber auch die können inzwischen kochen – der Mann ist zudem eine glückliche Personalunion aus praktischem Koch und verständlichem Schreiber. Selten sind Rezepte so leicht umsetzbar und zugleich so lecker wie bei ihm. Übersichtliche Zutaten ohne viel Heckmeck in meist verblüffend kurzer Zeit bereitet – so soll Zuhause130

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Küche sein. Slaters Buch kommt in zwei Bänden und ist primär pflanzlich konzipiert, allerdings nicht fleischfrei. Fisch und Fleisch

sind aber nur Neben­darsteller, Gemüse und Früchte spielen die Hauptrolle. Die Rezepte sind alphabetisch angeordnet, von Aubergine bis Zwiebel, der rote Band ist fruchtig, der grüne gemüsig fokussiert. „Tender“ bietet auf mehr als 1200 Seiten sehr viel von dem, was das ­kochende Herz begehrt. Der Einzelband kostet in Halbleinen gebunden 39,95 Euro, verlegt bei Dumont in Köln.

Wecken oder frieren?

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unächst plädiere ich für Vorratshaltung, im Prinzip also für beides. Gilt sowieso für jeden, der gern kocht. Doch selbst der Koch aus Pflicht wird angesichts des wöchentlichen Lebensmittelskandals einsehen, dass das Aufbewahren des Selbstgemachten lohnt – man weiß, was auf der Gabel liegt. Ferner ist schnell zu begreifen, dass man am Herd sechs oder gar zehn Portionen im fast gleichen Zeitraum zubereitet wie eine oder zwei und dass man, ergo, Zeit spart und Lebensqualität gewinnt, wenn man den Überschuss der Küchenmühen der Vorratshaltung übergibt. Dann allerdings steht sie im Raum, die wirklich große Frage: wecken oder einfrieren? Jetzt mal rechnen: Tiefkühlgerät kaufen (kostet gern mal 500 Euro), auf Jahre hin Strom bezahlen, dann das Tiefgekühlte mit viel Zeit oder, weil schneller, mit noch mehr Strom zurück ins Leben erhitzen … Leute, was das kostet! Umgekehrt: Fürs Einmachen braucht man nicht mal einen Kessel, für den täglichen Bedarf reicht ein großer Topf, den hat man schon. Dann: Weckglas – 1 Euro, Gummiring – wenige Cent, Halteklammern – dito. Topf auf den Herd, Weckglas samt Inhalt (Gulasch, Frühlingsrhabarber, Spargel – alles geht!) rein ins Wasserbad, auf 90 Grad erhitzen, eine halbe Stunde staubsaugen, dann ab mit der Konserve in den Vorratsschrank. Einfacher geht’s nicht! Jawohl, manches verliert beim Wecken Farbe und Form, da ist Tiefkühlen besser. Es sind wenige Dinge, genauer vier: Erbsen, Mais, Spinat und Himbeeren. Bert Gamerschlag

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Fotos: getty images; Stockfood; Vario images

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ein Lieblingsgerät ist weder der Kochlöffel meiner Oma noch ein edles und ewig geheg­ tes und gepflegtes Messer. Sondern: der Zestenreißer. Den habe ich erst vor ein paar Jahren entdeckt, vorher dachte ich: Nun, wenn ein Rezept Zitronenschale verlangt, nehme ich halt die gute alte Reibe und raspele etwas Schale ins Gericht. Aber das ist eben nicht dasselbe. Der Zestenreißer nimmt ja die Schale in Streifen von der Frucht, schön fein und ohne die weiße, bittere Schicht – das sieht zunächst mal einfach gut aus. Beispielsweise auf dem Obstsalat, den ich mir sehr gerne mache: viel frische Früchte, mit etwas Honig gesüßt, darauf ein großer Klacks Naturjoghurt, und schließlich auf das Weiße ein paar grüne, filigrane Fäden von der Limette – da freut sich das Auge und möchte gleich mitessen. Früher habe ich auch gedacht, na ja, das zart-säuerliche Aroma der Limette (oder der Zitrone) kriegt man auch über den Saft ins Gericht – stimmt aber nicht. Ich mache mir beispielsweise an Wochentagen abends gern ein schnelles Thai-Curry-Gericht: als Basis entweder eine handelsübliche scharfe Paste oder eine schöne Gewürzmischung, Gemüse dazu, Kokosmilch, even­tuell Zitronengras, alles prima und lecker. Aber erst die Zesten

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journal musik

Suche nach Ursprünglichkeit Tiefe und Ehrlichkeit – das sind zentrale Begriffe der neuen Folk-Welle, die durch die Welt schwappt. Künstler wie Justin Vernon alias Bon Iver oder Bands wie Fleet Foxes, The Lumineers oder The Felice Brothers bezirzen gestresste Weltbürger mit Landlust-Folk, der gelassene Bodenständigkeit ausstrahlt. Die akustische Bioobst-Kiste für den kleinen Hunger nach Ursprünglichkeit. Es gibt in dieser Musik keinen scharfen Ton und keinen Zynismus, dafür viel Bob Dylan und diesen Sound, wie man ihn aus „O Brother, Where Art Thou?“, dem wunderbar verschrobenen Film der Coen-Brüder kennt: Bluegrass mit akustischer Gitarre, Fiddle, Kontrabass, Akkordeon und Banjo. Musik, die niemals lärmt, ohne je seicht zu werden. 134

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Fotos: Rebecca Miller/Cooperative Music; Bill Al-kofer/Polaris/Studio X; amy harris/corbis; Lindsey Byrnes/Universal music

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ir ackern und ackern, damit der Laden läuft. Damit die Dinge einfacher werden und nicht immer komplizierter. Wir nehmen uns vor, unseren Alltag zu entrümpeln, Überflüssiges wegzuwerfen, mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen, öfter rauszugehen in Wald und Flur und endlich mal wieder Apfelkuchen zu backen. Wir sehnen uns nach dem einfachen Leben. Diese Sehnsucht hat einen Klang, hat eine Stimme. Sie klingt wie die Avett Brothers im Song „Winter In My Heart“: Ein Mann singt von seinem frierenden Herzen, das den Frühling vermisst, den Sommer und die gelben fallenden Blätter des Herbstes. Akustische Gitarre, Gesang, Cello. Das einfache Leben kommt in einfachen Arrangements daher und in gemächlichem Tempo. Als Gegenpol zu einer viel zu schnellen Zeit. Die Avett Brothers gibt es seit über zehn Jahren, sie wurden aber erst erfolgreich, als sich Rick Rubin ihrer Alben annahm. „Die Tiefe ihres Gesangs und ihrer Texte hat mich überzeugt. Solch eine Ehrlichkeit ist bei jungen Künstlern schwer zu finden“, lobte der Meister, der unter anderem die großen Alben des späten Johnny Cash produziert hat.

Vom Charme der Unrasierten

Handgemacht und schnörkellos: Bands wie Mumford & Sons oder die Avett Brothers liefern erdige Musik, die das Herz wärmt in überfüllter Zeit

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Runtergerockt, aber mit Stil: Der Folk von Mumford & Sons passt nicht zu weißer Rau­ fasertapete

„Wir verspüren keinen Hunger, immer größer zu werden“ Marcus Mumford

Die Musiker tragen karierte Hemden, Uralt-Sakkos, patinierte Bequem-Hosen und gern eher derbes Schuhwerk. Wie sich eben kleidet, wer abends am See vor dem selbst gezimmerten Blockhaus unrasiert mit einer Dose Bier und der Gitarre am Lagerfeuer sitzt. Lauter Klischees, klar. Aber eben auch uneitel, ungebügelt. Und das macht diese Musik gerade so überaus erfolgreich: Siehe Mum-

ford & Sons, die seit „Babel“ grammyprämierte Band aus London, deren beiden Alben sich mehr als neun Millionen Mal verkauft haben. Im vergangenen Jahr gelang der Formation Historisches, als sie sechs Singles gleichzeitig in den amerikanischen Billboard Hot 100 Charts platzieren konnte – das war zuletzt den Beatles gelungen. Als Stars gerieren sich die Musiker, die den Folk mit dem Rock

Lumineers Der Song „Ho Hey“ war ein großer Hit. Abheben wird die Band aus Colorado trotzdem nicht. Denn „The Lumineers“ ist ein wunderbar geerdetes Album

AVETT BROTHERS Mit der Hilfe Rick Rubins fanden die Amerikaner zu sich selbst: Der Country-Folk der CDs „I And Love And You“ und „The Carpenter“ gehört in jede musikalische Hausapotheke

BON IVER Die hohe Stimme passt gar nicht zu diesem Kerl. Aber seine verlorenen, reduzierten Songs berühren die Seele. Die Alben „For Emma, Forever Ago“ und „Bon Iver“ sind Meisterwerke

vermählen, natürlich trotzdem nicht. Das passt weder in ihre Zeit noch in ihr Weltbild. „Mumford & Sons“ – schon der Bandname stapelt ja tief. Das klingt nicht nach großem Popgeschäft, sondern nach kleinem Familienbetrieb. Nach Schuhmachern oder Hufschmieden, Schweiß und Erfüllung. Der Folkrock von Mumford & Sons vermittelt noch immer – obwohl längst Musik für die Massen – dieses Manufactum-Gefühl: Es gibt sie noch, die guten, handgemachten Dinge. „Wir verspüren keinen Hunger, immer größer zu werden“, sagte Bandchef Marcus Mumford erst vor Kurzem, „wir sind keine Band, die in Stadien spielen will.“ Beim riesigen Glastonbury Festival in Südengland waren die Briten längst. Kein Wunder also, dass der „Rolling Stone“ die Band vorsorglich als „U2 der Generation Vollbart“ bezeichnet. Was je nach Blickwinkel ein großes Kompliment oder eine fiese Schmähung bedeutet.

Wärme und Nähe statt Künstlichkeit und Distanz In ihrem Selbstverständnis sind die Briten und ihre amerikanischen Folk-Freunde in der großen Galaxie des Pop Millionen Lichtjahre entfernt von den Lady Gagas, Rihannas oder Madonnas, die in egomanischer Eitelkeit immer nur den Planeten Ego umkreisen. Es geht im Folk weder um Glamour noch um Show, nicht um Distanz, nicht um kühle Perfektion. Es geht um Wärme, um Nähe, um das AuthentischAlltägliche. Was hätten die Jungs von Mumford & Sons, die Avett Brothers oder die Lumineers mit Lady Gagas berühmtem Skandalkleid gemacht, das ganz aus rohem Fleisch bestand? Sie hätten es auf ein Grillrost über glühende Kohlen geworfen. Dann hätten sie gemeinsam gut gegessen, Bier getrunken – und sich glänzend unterhalten. Tobias Schmitz

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Bärte ohne Härte The Avett Brothers spielen den Song „Live And Die“: www.stern.de/folk 14.3.2013

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Fotos: julia terjung/MDR/DEGETO FILM; dapd/ddp

 journal Fernsehen

Florian Lukas und Hannah Herzsprung als Romeo und Julia in Ostberlin

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Fotos: julia terjung/MDR/DEGETO FILM; dapd/ddp

Cliffhanger: Gemeiner Trick von Serienautoren: Die Spannung erreicht gerade ihren Höhepunkt, da ist der Film zu Ende. Der Zuschauer bleibt angefixt zurück – und muss die nächste Folge gucken

as Glück hatte sich lange Zeit rar gemacht. Jetzt tanzen sie, Martin und Julia. Sie schweben durch einen bunt verwachsenen Schrebergarten. Sie haben einander wieder. Doch ihr Tanz ist schnell vorbei. Martin Kupfer und Julia Hausmann– sie sind Romeo und Julia im Ostberlin der 80er Jahre. Als die Serie „Weissensee“ im Herbst 2010 ausgestrahlt wurde, schaute die Republik vereint auf ein fernes Land namens DDR, auf den Alltag in einem System, in dem so alltäglich wie der Mangel nur die ständige Bespitzelung war. Der Sohn einer Stasifamilie, gespielt von Florian Lukas, und die Tochter einer kritischen Liedermacherin, dargestellt von Hannah Herzsprung, ­dürfen nicht zueinanderfinden – der Staat erlaubt diese Liebe nicht. Die letzte Szene der ersten Staffel war einer der steilsten Cliffhanger der jüngeren deutschen TV-Geschichte: Julia, schwanger, will einem West-Journalisten Infor­ mationen zutragen, steht vor dem Plattenbau, in dem der Reporter wohnt. Martin hält ihre Hand, die Stasi ­beobachtet sie. Und dann? Stille. Die ARD hat es bis heute nicht geschafft, die längst fertige zweite Staffel im Programm unterzubringen. Sie will sie im September ausstrahlen, drei Jahre nach dem Auftakt. Immerhin hat Produzentin Regina Ziegler, die eigenes Geld in die Serie gesteckt hat, durchgesetzt, dass die Fortsetzung nun vorab auf DVD erscheinen darf. Die Frau, die das Schicksal der Figuren lenkt, sitzt derweil in der grünen Peripherie Hannovers. Annette Hess, drahtig, schmal und blond, hat

„Weissensee“-Drehbuchautorin Annette Hess an ihrem Schreibtisch nahe Hannover

„Weissensee“ erfunden. Auch sie freut sich, dass die Serie endlich ­gezeigt wird. „Ich bin DDR-Fan“, sagt die 46-Jährige. Sie meint das nicht zynisch, sondern als Geschichtenerzählerin: „Als ich acht war, hat mir meine Mutter erzählt: Es gibt noch ein zweites Deutschland, aber da ist eine Mauer drum. Das klang für mich nach Märchenland. Und ich fragte mich: Wer ist der böse König?“ Der hieß Erich Honecker. Hess empfing zu Hause auch DDR-Fernsehen, „das war unser vierter Kanal. Ich habe viel OstFernsehen geschaut, vor allem den ‚Polizeiruf 110‘“. Als sie „Weissensee“ schrieb, hatte sie immer den „Polizeiruf“ im Kopf – und sein Bemühen, die kleinen Leute in den Mittelpunkt zu rücken. Deshalb erfand sie den Stasimann Hans Kupfer und baute um ihn herum eine Familie. Denn so lassen sich die großen Geschichten am besten erzählen, siehe „Buddenbrooks“ und die „Sopranos“. Die Familie galt in der DDR als Schutzraum, bei den Kupfers wird sie zum Kriegsschauplatz: „Mein erstes Bild für ‚Weissensee‘ war

Für immer und ewig?

Seit bald drei Jahren warten die Fans der Serie „Weissensee“ auf ein Happy End. Die zweite Staffel erscheint jetzt vorab auf DVD – und erlöst vom wohl längsten Cliffhanger der TV-Geschichte

die Familie am Tisch. Das ist ein Sinnbild des Zusammenkommens. Aber so ein Essen bietet immer auch Zündstoff.“ Dort entstehen die ­Konflikte, oder sie kommen, buch­ stäblich, auf den Tisch. Die großen Themen wie Angst, Misstrauen, Egoismus und Mut, sagt Annette Hess, seien so universell, dass sie in West wie Ost verstanden würden. Sie grundieren auch die neuen Folgen von „Weissensee“. Die Handlung setzt sechs Jahre nach der Stasiobservation vor dem Plattenbau ein. Und weil Zuschauer gern am Spannungsabgrund hängen, hier nur ein paar Handlungshäppchen der zweiten Staffel: Julia schleppt sich hustend durch ein Frauengefängnis, Martin schleift Bretter in einer Tischlerei. Julias Mutter singt inzwischen Schlager, Martins großer Bruder Falk scheut auf dem Weg an die Parteispitze vor keiner Brutalität zurück. Falks Frau Vera findet Zugang zur Bürgerrechtsbewegung, staatlicher Kindsraub und Sportdoping kommen genauso vor wie der zart keimende Widerstand gegen das Regime. Doch am Ende senkt sich Dunkelheit über den Weissensee. Und wieder ein Cliffhanger: Annette Hess hat gerade mit dem Schreiben der dritten Staffel begonnen. Oliver Creutz

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Die zweite Staffel „Weissensee“, 2 DVDs, 288 Minuten, 17,99 Euro 14.3.2013

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Produktion: Klaudia Thal; Foto: peter rigaud

journal persönlich

Pilawa, 47, im Hotel Twenty Five Hours in der Hamburger Hafencity mit Latte macchiato. Ende des Jahres steht Bettenwechsel an: Der Moderator kehrt vom ZDF zur ARD zurück 140

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Im Bett mit

Jörg Pilawa

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ritiker behaupten gern, der TV-Moderator sei Schwiegermutters Liebling und moderiere alles so weg. Doch sein Publikum schätzt ihn: Pilawa fährt seit Jahren hohe Quoten ein. Vielleicht weil ihm Zynismus und über­triebener Ehrgeiz fernliegen. Und weil er mit einem Augenzwinkern zeigen kann, dass es ihm um gute Unter­haltung geht. Und nicht um die Rettung des Abendlands.

1. Schlafen Sie gut? Die Horizontale wurde dafür geschaffen. Mein Motto ist: 21, 22 und weg.

2. Was fällt Ihnen leichter: Aufstehen oder Einschlafen? Einschlafen, siehe oben. Aufstehen: um 6.30 Uhr. Die Lust auf Kaffeeduft spült mich in die Küche. Nach dem ersten Schluck geht’s dann voran.

3. Das Bett teilen Sie am liebsten mit …? Wenn ich schlafe: mit mir selbst. Ansonsten mit meiner Frau.

4. Wenn Ihr Liebesleben ein Stück Musik wäre, dann wäre es ...? „Whatever You Want“ von Status Quo.

5. Wie viele Stunden Schlaf mindestens? 5 ½ Stunden. Sonst habe ich den ganzen Tag schlechte Laune. Und das will wirklich niemand erleben.

6. Wovon würden Sie gern öfter träumen? Jetzt, da Sie mich fragen, merke ich: Ich habe schon seit Jahren nicht mehr richtig geträumt.

7. Wenn Sie aufwachen, sehen Sie am liebsten …? ... sofort nach, ob sie noch da ist.

8. Neben wem oder was möchten Sie niemals aufwachen? Neben einem laufenden Fernseher.

9. Was kann Ihnen den Schlaf rauben? Ein Glas Rotwein zu viel. Und „Whatever You Want“, siehe Frage 3.

10. Der ungewöhnlichste Ort, an dem Sie geschlafen haben? Autobahn A 24, Höhe Wittstock, nachts nach Vollsperrung. Linke Fahrspur. Geweckt wurde ich dann durch lautes Hupen und vorbeirasende Autos.

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14.3.2013

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11.03.13 19:58


journal mobil

Wirklichkeit

Die Experten vom stern: Harald Kaiser, Jan Boris Wintzenburg und Frank Janßen (v. l.)

4  Optische Täuschung. Das neue

Vorwärts!

Offener Durchzug

Hübsch sportlich kommt das neue Beetle Cabrio daher – und bietet Platz und Spaß für vier Erwachsene

Beetle Cabrio ist 15 Zentimeter länger als das alte, was aber kaum auffällt. Unübersehbar jedoch, dass es insgesamt harmonischer und sportlicher wirkt. Die Motorhaube ist einen Tick länger, das Dach fla­ cher, und der Spoiler am Heck streckt das Auto optisch nochmals. Tatsächlich ist der Designabteilung ein Kunststück gelungen: Das Auto wirkt trotz der geänderten Propor­ tionen nicht wie ein Bruch mit der Ver­gangenheit, sondern wie eine Weiterentwicklung.   Die Stilpolizei empfiehlt: Stoff­ dächer! Nur die bieten dieses ein­ zigartige Cabriogefühl, das Rau­ schen des Windes, das Trommeln der Regentropfen, CampingzeltRomantik. Ein Beetle mit Plastik­ klappdach ginge gar nicht. Und falls doch jemand auf die Dinger steht, hier die Gegenfrage: Was tragen Sie, wenn es kühl wird? Einen Helm? Übrigens: Das Dach des Beetle öffnet und schließt auch in der Basisversion (ab 21 350 Euro) auf Knopfdruck. So viel Luxus darf sein.   Der Beetle ist kein Oldtimer. Er sieht bloß so aus. Unterm Blech steckt nicht etwa ein knatterndes Käfer-Motörchen, sondern moder­ ne Golf-Technik. Motor (105 bis 200 PS) vorn, Kofferraum hinten. Der ist neuerdings sogar variabel dank umklappbarer Lehne. Das Beste am neuen Beetle ist jedoch der gerecht geteilte Raum für vier Erwachsene. Fahrer und Copilot sitzen nun etwas näher an der Windschutzscheibe, dafür ist hinten genug Platz für Freunde. Während im engen Mini Cabrio die Rückbank eher als Ab­lage fürs Täschchen taugt oder als Abteil fürs Hündchen, reist es sich im VW durchaus zu viert. Vielleicht nicht unbedingt von Hamburg nach München, aber problemlos von Ber­ lin nach Potsdam. Frank Janßen

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Da staunt der Herr aus dem Fleischerfachgeschäft in Südfrankreich: So ein schickes Auto hält nicht jeden Tag vor seiner Tür. Das Dach öffnet auf Knopfdruck, das Cockpit schimmert in Wagenfarbe, und die Scheinwerfer (schön rund, wie’s sein soll) leuchten mit Halogen und LEDs

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Anspruch

Dieses Auto soll die Männer versöh­ nen, ohne die Frauen zu vergraulen. Der Vorgänger von 1998 verkaufte sich für ein Nischenmodell zwar recht gut – blieb aber dennoch unter den Erwartungen, was vor allem daran lag, dass fast nur Frauen ein­ stiegen. Männern war das Design, das wie mit dem Zirkel geschlagen aussah, viel zu kugelig. Mehr Ka­ rikatur als Käfer. Und dann noch diese merkwürdige Raumauftei­ lung. Vorn: unendliche Weiten. Hin­ ten: Klaustrophobie. Vorbild für den neuen Beetle ist nach wie vor der gute alte Käfer, Keimzelle des Welt­ konzerns VW. Es geht also auch um Tradition.

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Der Beetle in Bewegung: Im eMagazine des stern sehen Sie das Video zum Fahrbericht.

FotoS: Jannis Keil

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14.3.2013

11.03.13 17:08


journal Tetsche

Buchtipp für Rundrücken: Tetsches dickes Buch: „Hoffentlich ist es nichts Ernstes“, Lappan Verlag, 208 farbige Seiten, 19,95 Euro, www.tetsche.de, umfangreiches Archiv mit Tetsche-Cartoons: www.stern.de/tetsche

Rebus: Diese Abbildungen ergeben zusammen einen neuen Begriff. Lösung aus Heft 11: Personenwagen 14.3.2013

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11.03.13 17:32


Fotos: matthew picton

Die Dresdner Innenstadt anno 1945 mit ihren Brandwunden aus dem Zweiten Weltkrieg. Die weiße Fläche vorn ist der Große Garten, oben, geschwungen, die Elbe

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11.03.13 14:34


journal augenblick

Gefaltete Zeit

Matthew Picton baut filigrane Städte aus Papier – und zeigt ihre Zerbrechlichkeit

D Matthew Picton, geboren 1960, studierte Politik und Geschichte an der London School of Economics. Als Künstler arbeitet er seit 1998

ie Semperoper? Folgen Sie dem Verlauf der Elbe, bis sie nach Norden dreht. Da, gleich bei der ersten Brücke, liegt das Musik­ haus am südlichen Ufer. Die Frauenkirche? Ein paar Esels­ ohren weiter rechts. Das ist Dresden, eine Ansicht der Innenstadt. Doch die Faltpläne von Matthew Picton taugen nur sehr bedingt zur Orien­ tierung. Sehenswürdigkeiten inte­ ressieren den englischen Künstler nicht. Es geht ihm um Leerstellen und Konturen, um den Raum zwi­ schen den Gebäuden und Grundstü­ cken, um die Stadt als lebendigen und zerbrechlichen Organismus. Daher baut er auch weder Dächer noch Kuppeln, Gebäude sind für ihn begrenzter Raum. In Pictons dreidimensionalen Landkarten – es gibt sie unter ande­ rem auch von Venedig, Jerusalem oder San Francisco – verbergen sich Zeitreisen. Sein Dresden-Kunstwerk bearbeitete er nach wochenlanger Klebearbeit mit einem Lötkolben, um an die Brandwunden des Zweiten Weltkriegs zu erinnern. Statt weißem Papier verwendet er Material, das mit dem jeweiligen Ort inhaltlich zusammenhängt – Ausrisse aus Bü­ chern, Notenblättern oder Zeitungs­ artikeln. Für Dresden wählte er die Partitur von Richard Wagners „Ring“Zyklus – der Komponist wirkte von 1843 bis 1849 als Königlich-Sächsi­ scher Kapellmeister an der Hofoper. Die stand übrigens ganz in der Nähe der heutigen Semperoper.

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Pictons Papier-Skulpturen sind bis zum 7. Juli im englischen Coventry zu sehen. Ansonsten: www.matthewpicton.com 14.3.2013

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11.03.13 16:44


journal film

Wer denkt sich so was bloß aus? „Hitchcock“ erzählt die – mehr oder weniger – wahre Geschichte hinter „Psycho“, inklusive Duschszene. Lohnt sich!

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ie Aufgabe ist einfach und lautet „AAAAAAH!“ Zieh dich aus, steig in die Du­ sche, und sobald eine schat­ tenhafte Gestalt mit einem Küchenmesser auf dich los­ geht: Schrei, so laut du kannst! Und: Action! Doch was da aus dem Mund von Scarlett Johansson kommt, ein verzagtes „Oh“, klingt eher nach ver­ stauchtem Zeh als nach Todespanik. Dreharbeiten für einen Film über den legendärsten Mord der Kino­ geschichte: Das Blutbad in der 150

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Ist da jemand? Mit diesem Duschvorhang kommt Spannung ins Badezimmer (von Presenttime, ca. 15 Euro)

auf die Entstehungsgeschichte eines Klassikers macht dennoch Spaß. Auch weil „Hitchcock“ deut­ lich macht, wie weit der Regisseur seiner Zeit voraus war: Seine scho­ ckierende Darstellung von Gewalt und Perversion, die mit vielen Tabus brach, hat Maßstäbe gesetzt. Über die Hintergründe der origi­ nalen Duschszene weiß man heute recht viel. Für die Toneffekte wurde in eine Wassermelone gestochen, das Blut war Schokosirup. Nur wie Hitchcock seine Heldin zum Schreien brachte, bleibt ein Rätsel. Im n ­ euen Film löst er das Problem eigenhändig: greift sich ein Messer und spielt den besessenen Regis­ seur, der auf seine Hauptdarstelle­ rin einhackt. Die daraufhin los­ kreischt. Johansson: „Das war nicht gespielt. Ich hatte wirklich Angst vor Hopkins als Hitchcock. Wahr­ scheinlich habe ich zu oft ‚Das Schweigen der Lämmer‘ gesehen.“ Matthias Schmidt

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14.3.2013

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quelle: Media control/rentrak

Stich-Fest

Duschwanne ist eine Schlüsselsze­ ne in „Psycho“, jenem Thriller von 1960, mit dem sich der schon damals umjubelte Filmemacher Alfred Hitchcock neu erfand, im reifen ­Alter von 60 Jahren. Gegen alle ­Bedenken wagte er die Verfilmung eines Schundromans über einen ­Serienkiller in Frauenkleidern. Wie es dazu kam und wie sich das hinter den Kulissen für die Schau­ spieler anfühlte, zeigt nun das Künstlerdrama „Hitchcock“. Mit Anthony Hopkins – unter einer sehr dicken Maske – als Meisterregisseur und Scarlett Johansson als sehr blondem „Psycho“-Opfer Janet Leigh. Helen Mirren gibt die skepti­ sche und immer einflussreichere Ehefrau des Altmeisters. Das wirkt manchmal etwas seicht und ist filmhistorisch nicht durch­ gehend akkurat – nicht mal krank hätte der zuweilen tyrannische Hitchcock seiner Gattin den Regie­ stuhl überlassen! Der gewitzte Blick

Foto: Twentieth Century Fox

Zum Schreien schön: „Psycho“-Star Janet Leigh (Scarlett Johansson) mit Hitchcock (Anthony Hopkins)


journal musik

stern Bestseller

CD 1 (1)

Mit freundlichen Grüßen Heino

2 (–)

Girl Who Got Away Dido

3 (–)

The Raven That Refused To Sing Steven Wilson

4 (3) Abenteuer Andrea Berg 5 (4)

Lindsey Stirling Lindsey Stirling

6 (6)

All The Little Lights Passenger

App-tipps

7 (5) Jung, brutal, gutaussehend 2 Kollegah & Farid Bang 8 (7) Our Version Of Events Emeli Sandé 9 (8) Push The Sky Away Nick Cave & The Bad Seeds 10 (10) Django Unchained Soundtrack

Die Sopranistin Anna Prohaska gilt als Star von morgen. Wenn sie weiter so schön Arien singt, klappt das sicher noch schneller

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inmal saß sie einem Journalisten gegenüber, der hielt ihr ein Mikrofon ins Gesicht und bat sie, doch bitte mal für Gänsehaut zu sorgen. Anna Prohaska sah zunächst aus, als glaube sie an einen Scherz. Auf Kommando das hervorrufen, was beim Zuhören im Konzertsaal intimstes Zeichen eines kostbaren Augenblicks ist? Prohaska machte das Spiel trotzdem mit und sang – worauf ihr Gegenüber erklärte, es habe bei ihm immerhin zu aufgerichteten Unterarm-Härchen gereicht. Na bravo! Eigentlich hat die aus einer Wiener Musikerfamilie stammende 152

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Let’s barock: Anna Prohaskas Album „Enchanted Forest“ erscheint am 15. März

So geht’s! Sein sicheres Gespür für das große Pop-Pathos führt der Braunschweiger Musiker Bosse auch auf seinem neuen Album „Kraniche“ wieder einmal mit Bravour vor. Zwölf Songs, die von Sehnsucht, Verlust und Aufbruch erzählen, ohne dabei in den Kitsch abzurutschen.

So geht’s! Früher wirkte die Musik von Fredrika Stahl manchmal so, als entstammte sie einer Spieluhr: kleine Stimme, kleine Welt, trotzdem bezaubernd. Mit „Off To Dance“ hat sich die in Frankreich lebende Schwedin weiterentwickelt. Mal klingt sie wie eine nordische Variante von Kate Bush, mal wie eine enge Verwandte von Feist. Der Zauber bleibt.

Foto: Harald Hoffmann/DG; quelle: Media control/rentrak

Fee und Furie

Sopranistin solche Mätzchen gar nicht nötig. Sie kann magische Momente erzeugen, aber nur dann, wenn sie nichts vorspielen muss. Wenn es ihr wie von selbst gelingt, in der Musik vollkommen aufzugehen. In diesen Augenblicken deutet die 29-Jährige an, was aus ihr werden kann – eine große Künstlerin. Ihr neues Album führt in einen „Enchanted Forest“, einen Zauberwald, in dem Barock-Arien von Monteverdi, Händel oder Vivaldi wie Birken im warmen Licht eines zu Ende gehenden Tages leuchten. Prohaska wandelt darin mal als Fee, mal als Furie. Süße Wonne, Zorn und Verzweiflung – all das hat seinen Platz. Die Gänsehaut kommt immer wieder ganz von allein. Tobias Schmitz

14.3.2013

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journal buch

was ich lese

stern Bestseller

Belletristik

Mein Lieblingssatz: „Douglas verstand seinen Sohn nicht, aber er sorgte sich um dessen Zukunft. Er wusste auch nicht, wie er seinen Jungen vor der rauen Wirklichkeit schützen sollte, in die er sich nach dem Ende seiner Schulzeit würde fügen müssen.“

Manches war auch mir neu

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Wolfgang Niedecken, 61, ist Kopf der Rockband BAP. Gerade arbeitet er am zweiten Teil seiner Autobiografie

Er ist wieder da Timur Vermes (Eichborn)

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Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand Jonas Jonasson (Carl’s Books)

4 (4)

Göttlich verliebt Josephine Angelini (Dressler)

5 (5)

Das Washington-Dekret Jussi Adler-Olsen (DTV)

6 (–) Shadow Falls Camp – Entführt in der Dämmerung C. C. Hunter (Fischer) 7 (9)

Wir sind doch Schwestern Anne Gesthuysen (Kiepenheuer & Witsch)

8 (7) Gregs Tagebuch – Dumm gelaufen! Jeff Kinney (Baumhaus)

10 (8) Zorn Arne Dahl (Piper)

So geht’s!

Peter Ames Carlin: „Bruce“, Deutsch von Sonja Kerkhoffs, 608 Seiten, Edel, 24,95 Euro

Der Amerikaner Alan Clay hat sich selbst überflüssig gemacht. Früher verkaufte er Fahrräder, made in USA, bis er sich aus Profitgier mit den Chinesen einließ und flugs von ihnen wegrationalisiert wurde. Nun hofft er auf einen letzten großen Deal, den Aufbau eines IT-Systems in Saudi-Arabien. Clay hört schon die Kassen klingeln, da merkt er: Die Chinesen sind ihm wieder auf den Fersen. In „Ein Hologramm für den König“ erzählt Dave Eggers mit kühlem Blick und feiner Ironie, wie ein Globalisierungs-Macho zum Opfer wird (Kiepenheuer & Witsch, 19,99 Euro).

14.3.2013

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quelle: Media control/rentrak

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FotoS: Pschewoschny/flashmedia bild; NPL/Arco Images

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recherchiert: Er hat nicht nur mit Zeitzeugen gesprochen, sondern auch ohne Ende Bootlegs studiert, Setlists ausgewertet oder Verkaufszahlen und Songs analysiert, um ein Bild von Springsteens Leben entstehen zu lassen. Manches war auch mir neu, etwa die Hintergründe der Scheidung von seiner ersten Frau Julianne Phillips. Und sehr berührt hat mich die Beschreibung, was für ein Verhältnis Bruce zu seinem Vater Douglas hatte – vielleicht weil mich das an meinen eigenen Vater erinnerte. Übrigens hat auch Bruce die Erfahrung gemacht, dass basisdemokratische Entscheidungsprozesse eine Band nicht weiterbringen. Er ist eben: der Boss.

Herzblut Volker Klüpfel, Michael Kobr (Droemer)

9 (10) Unterholz Jörg Maurer (Fischer)

BAP-Frontmann Wolfgang Niedecken freut sich über eine neue Springsteen-Biografie arack Obama hat das mal so formuliert: „I’m the president, but he is the boss.“ Für mich ist Bruce Springsteen seit einem Treffen vor 18 Jahren ein Musiker-Freund, mit dem ich manches teile, vor allem natürlich unsere gemeinsame Leidenschaft für Bob Dylan. Umso gespannter war ich auf „Bruce“ von Peter Ames Carlin, die erste autorisierte Biografie über Springsteen. Die sollte man allerdings nicht mit einer echten Autobiografie verwechseln, schon gar nicht mit einer so großartigen wie beispielsweise „Life“ von Keith Richards. Carlin ist nicht Springsteen – insofern bekommen wir immer nur Informationen aus zweiter Hand. Aber ich habe diesen 600-Seiten-Wälzer trotzdem gern gelesen, denn der US-Autor hat unglaublich fleißig

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journal termine

Italien-Treffen „Mille Miglia in der Noris“, 27. und 28. April, Ofenwerk, Nürnberg

Abflug ins Museum

Er ist politisch nicht korrekt, und weil das gut ist, würdigt eine Aus­stellung „Die 7 ½ Leben des Walter Moers“. Selbstverständlich dabei sind der Grimme-Preis-gekrönte Seemann Käpt’n Blaubär, das Bestiarium aus Moers’ Wunderland Zamonien und Adolf, die Nazi-Sau. Nicht dabei – wie immer – der scheue Künstler. Die 7 ½ Leben des Walter Moers, 17. März bis 15. September im Deutschordensmuseum, Bad Mergentheim

Tickets Bruce Springsteen Unter drei Stunden macht er’s nicht: der Boss live. Los geht es in München. Ab 26. Mai Wort-Menue 2013 Lesungen und Leckereien am Bodensee. 16. bis 30. April Cecilia Bartoli Die göttliche Mezzosopranistin singt aus ihrem Album „Mission“. Auftakt in München. Ab 14. April Depeche Mode Sie sind unkaputtbar: Ihr 13. Album erscheint kommende Woche, die Stadion-Tour startet in München. Ab 1. Juni Max Goldt Schreiben kann er großartig, lesen aber auch. Nächster Termin in Berlin, Tour ab 19. März

Hut ab!

Garantiert mit Farbstoff

Der Künstler Christo enthüllt sein neuestes Werk

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ohin mit der – laut Ankündigung – „größten freitragenden Skulptur der Welt“? In die höchste Ausstellungshalle Europas, ins Gasometer Oberhausen. Vor drei Jahren begann der Verpackungskünstler Christo mit ersten Entwürfen des „Big Air

Package“ (sieben der Skizzen zeigt das Schloss Oberhausen), jetzt füllt der 90 Meter hohe Stoffzylinder das Industriedenkmal. Nicht nur von außen bestaunen, sondern auch hineintreten, bittet Christo, und er verspricht „eine einzigartige Erfahrung von Form, Größe und Licht“.

Christo, Big Air Package, 16. März bis 30. September, im Gasometer Oberhausen

Begehbarer Kleiderschrank

Barbie lädt ein, auf 2500 Quadratmetern in Berlin. Mal ins lebensgroße Wohnzimmer gucken, mal in die Küche, und selbstverständlich Wohnganz lange den Kleiderschrank zimmer begehen. Wer mag, kann die Kleider Interaktive auch anprobieren. Digital. Küche

Großartig in Form zeigte sich Leonard Cohen bei seinen Auftritten im vergangenen Jahr. Mehr als drei Stunden sang der 78-Jährige alte und neue Lieder über das Leben, die Liebe und den Weltschmerz. Mal allein, mal mit Band. Seine Stimme wird mit dem Alter immer tiefer. Wie sie wohl dieses Mal klingt? Leonard Cohen in Oberhausen: 25. Juni; Mannheim: 28. Juni; Hamburg: 14. Juli; Berlin: 17. Juli

Make-up Workshop

Fashion World

Fotos: Wolfgang Volz; Car Culture/Corbis; Walter Moers/Piper/Albrecht Knaus/Randomhouse; Dominique Issermann/Sony Music; EMS

Bella Figura

Formel 1, schön und gut. Wahre Auto-Romantiker schwärmen eher für die „Mille Miglia“, das legendäre Rennen über 1000 Meilen von Brescia nach Rom und zurück. Als Hommage finden im Frankenland „Die 100 Meilen um Nürnberg“ statt. Italienische Gefühle mit Oldtimern, Spezialitäten und Musik. Bene!

Pop Star Stage Fashion Boutique

Café

Barbie – The Dreamhouse Experience, 26. März bis 25. August, Voltairestraße 2 a, Berlin 156

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journal reise

leben, wo andere urlaub machen

Der Blick so weit

Endlich: Der Himmel reißt auf, das Meer leuchtet, Föhr erwacht aus dem Winterschlaf. Birte Peters liebt diese Tage, wenn die Austernfischer wieder laut übers Watt rufen. Hier verrät sie ihre ganz persönlichen Insel-Tipps

Südstrand bei Wyk: nach dem langen Winter stärkende Sonnenstrahlen

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Birte Peters, 43, führt in Wyk auf Föhr eine Fleischerei – in fünfter Generation

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ie Insel wacht auf, das spürt man hier jetzt überall. Am Morgen machen die Austernfischer schon Rabatz auf den Dächern. Und die Menschen können kaum noch erwarten, dass es wieder losgeht: das Frühjahr, die neue Saison, der ganze Trubel. Meinen Laden habe ich seit zwei Wochen wieder geöffnet. Endlich. Nach sechs Wochen Betriebsferien, wie in jedem Winter. Wir leben ja von den Touristen, fast ausschließlich. Die schätzen es, dass es hier noch richtige Fleischer gibt, mit Produkten von der Insel. Wir machen alles selbst, unseren Aufschnitt, die Wurst und Pasteten. Alles nach Rezepten von Opa und Uropa. Ich führe die Fleischerei ja schon in fünfter Generation. Das stand nicht von Anfang an fest. Als Mädchen konnte ich mir ganz andere Sachen vorstellen. Etwas mit Kindern. Oder Tischler. Jetzt hab ich meine drei Jungs, und mit Holz bastle ich mal was fürs Haus. Nein, ich bin glücklich darüber, wie alles gekommen ist. Und weg will ich nicht. Zweimal hab ich das probiert, mit Anfang zwanzig. Ein paar Monate Frankfurt, ein paar in Flensburg. Aber mein Zuhause ist Föhr! Es ist ein schönes Leben hier, es wechselt mit den Jahreszeiten. Ich mag das unheimlich. 160

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Fleischerei Münster Hier verkauft Birte Peters feinste Würste Waldstr. 12, Wyk Alte Druckerei Weine, Feinkost und edle Schokoladen. Frau Peters sagt: „Gemütlich und nie zu laut“ Mittelstr. 17, Wyk Uun’t Waanjhüs Nach einer Radtour hier den selbst gebackenen Kuchen probieren Kirchweg 3, Süderende Sternhagens Landhaus Kuscheliger Innenhof, herrlich ruhig, ab 120 Euro (DZ) www.sternhagens landhaus.de Bi de Pump Die besten Fischgerichte, „in Wyk eine Institution“, sagt Frau Peters Carl-HäberlinStraße 3, Wyk Südstrand Wyk Birte Peters’ liebster Badeplatz

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Sinnbild friesischer Gemütlichkeit: Reetdachhäuser in Süderende auf Föhr

Jetzt gerade der Aufbruch. Der Winter kann lang werden auf der Insel. Aber jetzt können wir die Boote klarmachen. Dann werden die Polster gelüftet, alles blitzblank geputzt, und Anfang April lassen wir unseren alten Segler wieder aufs Wasser. Große Touren sind nicht drin. Im Sommer hab ich samstags ja bis mittags geöffnet. Wir segeln dann am liebsten nach Amrum, besuchen Bekannte oder lassen uns einfach in den Sand fallen. Nach Amrum lauf ich auch gerne rüber, bei Ebbe. Zweieinhalb Stunden barfuß über den Meeresboden, durch die Priele waten. Es gibt ein altes Bootswrack, man sieht Riesenaustern, und Krebse flitzen herum. Zurück geht’s dann mit der Fähre. Von Juni bis Oktober ist auf Föhr am meisten los. Alle haben unendlich viel zu tun. Wir Einheimischen können uns oft bloß von Weitem zuwinken. Ich bin jeden Tag im Laden, die meisten Kunden kenne ich sehr lange. Das ist immer ein großes Hallo nach einem Jahr. Nach der Arbeit bin ich glücklich, wenn ich einfach mit meinem Mann und den Jungs auf der Terrasse Abendbrot essen kann. Nur wir, miteinander. Manchmal trommelt sich auch unsere Clique spontan zusammen. Vor Wyk ist eine Sandbank, unser heimlicher Treffpunkt. Bei bestimmtem Wasserstand kann man da rauf. Nicht lang, drei Stunden etwa, bis das Wasser zurückkommt. Perfekt für ein Picknick, drum he-

SYLT

Nordsee

FÖ H R Süderende

Dagebüll Wyk

Südstrand

AMRUM

rum nur das Meer. Manchmal hat man Glück, dann liegt ein Seehund dort und lässt sich trocknen. Oder Mittsommer, das ist auch so eine Gelegenheit, zu der wir zusammenkommen. Hinter dem Wäldchen in Borgsum legen wir Decken auf die Wiese und grillen Fisch und Fleisch über einer Ackerfurche. Was ich immer brauche, ist der Strand. Einmal am Tag muss ich hin. Vom Laden aus geht man fünf Minuten zum Südstrand. Ich finde, dass das der schönste auf Föhr ist. Weil der Blick so weit geht. Auf die Halligen, bei klarem Himmel sogar bis Hooge. Diese Weite und die gute Luft hier, das ist wunderschön auf Föhr. Das spürst du am besten, wenn du abends durch die Marsch fährst mit dem Fahrrad, zwischen den Wiesen und Deichen, und du hörst die Lerchen zwitschern. Wir müssen das beschützen. Wird weiter so viel gebaut, geht das kaputt. Die Häuserpreise explodieren. Wir machen uns schon Sorgen, wir werden das neue Sylt. Aber wir wollen beschaulich bleiben, eine grüne Insel für die Familien. Das ist das, was Föhr ausmacht. Und das ist doch das, was die Gäste wollen.

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Was Birte Peters gern isst:

Porrenpann

Für 4 Personen 12 mittelgroße Kartoffeln, 100 g Butter, 2 EL feine Zwiebelwürfel, 2 gehäufte EL Mehl, Salz, gem. weißer Pfeffer, Zitronensaft, 500 g gepulte Nordseekrabben („Porren“ ist friesisch für Krabben), gehackte Petersilie 1.  Die Kartoffeln kochen und pellen. 2.  Die Butter schmelzen, Zwiebelwürfel darin glasig dünsten, Mehl unterrühren und mit Milch ablöschen. Die Sauce ca. 15 Minuten bei milder Hitze unter Rühren köcheln. Mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft abschmecken. Eventuell etwas Milch unterrühren. 3.  Die Sauce über die Kartoffeln gießen, die Krabben obenauf verteilen. Dazu passt grüner Salat mit klarem Dressing.

Aufgezeichnet von Jarka Kubsova; FotoS: DAVID MAUPILÉ (3), JAN-PETER WESTERMANN, Christian Bäck/INTERFOTO; INFOGRAFIK: Esther Gonstalla

journal reise

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Aufgezeichnet von Jarka Kubsova; FotoS: DAVID MAUPILÉ (3), JAN-PETER WESTERMANN, Christian Bäck/INTERFOTO; INFOGRAFIK: Esther Gonstalla

Schön einfach, sehr lecker: Krabben, Kartoffeln, helle Sauce. Die Föhrer wissen, was gut ist

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journal WAS MACHT EIGENTLICH ?

Ein neugieriges Erdhörnchen machte ein Urlaubsfoto der Amerikanerin vor drei Jahren zum Hit im Internet

Dieses Bild ging um die Welt: das Erdhörnchen und die Brandts 2009 vor dem Lake Minnewanka in Kanada

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rs Brandts, das berühmte Foto zeigt Sie und Ihren Mann Jackson im Banff National Park in Kanada. Sie waren dort im Mai 2009 im Urlaub. Ihr Honeymoon? Wir nannten es unseren „Babymoon“: Verheiratet sind wir schon seit 2004, aber ich war damals im fünften Monat schwanger, und wir wollten noch ein bisschen Zweisamkeit genießen, ehe wir Eltern wurden. Aber dann gesellte sich das Erdhörnchen zu Ihnen. Ja, es war herrlich! Wir waren wandern und kamen an diesen See, den Lake Minnewanka. Ich fotografiere für mein Leben gern, also stellte ich meine Kamera auf einen Felsen – so, dass ich uns beide vor dem See ablichten konnte. Ich habe eine Fernbedienung, mit der ich die Kamera auslösen kann. Wir set­zten uns also in Position, und ich schoss los. Das Klicken der Kamera muss das Erdhörnchen angelockt 162

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haben: Es hüpfte interessiert auf sie zu. Vielleicht dachte es, die Kamera würde etwas zu futtern ausspucken. Dann blieb es stehen und guckte direkt in die Kamera. Sehr fotogen. Das sah so lustig aus, dass wir uns kaputtlachten; das sieht man auch auf dem Foto. Aber das Ganze dauerte keine Minute, dann hüpfte das Erdhörnchen wieder davon. Kurz ging Ihr Foto um die Welt. Wie kam es dazu? Als wir wieder zu Hause waren, zeigten wir es unseren Freunden. Die sagten alle: Hey, damit müsst ihr was machen! Dann lag zufällig eine Werbeausgabe von „National Geographic“ bei uns im Briefkasten, und ich dachte: Da könnte das Bild hinpassen. Auf deren Website entdeckte ich einen Fotowettbewerb – und lud es hoch. Dann vergaß ich es wieder. Bis zum August. Und dann? Wurde mein Mann, der Ingenieur ist, von einem Geschäftspartner in Südkorea angerufen. Der sagte:

Zu Hause bei den Brandts: Melissa und Jackson, die dreijährige Lucy und Baby Nora, acht Monate alt

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Zur Person Melissa Brandts, 33, ist Krankenschwester und arbeitet in einem Kinderkrankenhaus. Sie wurde im US-Bundesstaat Wisconsin geboren. An der Universität in Minneapolis lernte sie ihren Mitstudenten Jackson kennen, den sie 2004 heiratete. Die beiden zogen nach Watertown, westlich von Minneapolis. Melissa und Jackson, der als Ingenieur arbeitet und bei der Feuerwehr aktiv ist, haben zwei Töchter. Sie reisen viel, Fotografie ist ihr Hobby.

FotoS: nationalgeographic.com, Ackerman+Gruber

Melissa Brandts

Ich sehe dich hier mit einem Erdhörnchen auf der Titelseite unserer Zeitung! Unser Bild machte inzwischen im Internet die Runde. Ich weiß nicht, wie, aber plötzlich war es überall, bei CNN, im Frühstücksfernsehen. Verrückt! Es wurde behauptet, das Foto sei nicht echt und das Tier sei digital hineinmontiert worden … Da wurde überhaupt nichts montiert! Ich trat dann in der „Today Show“ auf, um das klarzustellen. Ich war hochschwanger, ich sah vielleicht aus! Kugelrund. Sie leben in Watertown, einem Städtchen im US-Bundesstaat Minnesota. Ihr Haus hat einen großen Garten. Gibt es da Erdhörnchen? Wir haben in der Nähe einen Wald, sehen aber selten Tiere. Doch als jetzt Schnee lag, entdeckte unsere Tochter Lucy draußen Erdhörnchenspuren. Sie ist inzwischen drei, sie fand das sehr aufregend. Sie kennt unsere Erdhörnchen­ geschichte. Begegnet Ihnen das Bild noch heute? Oh ja, es hängt bei uns an der Wand. Und als Lucy jetzt in den Kindergarten kam, sprach mich eine Mutter an: „Sie kommen mir bekannt vor!“ Ich sagte, ich sei Krankenschwester im Kinderkrankenhaus und es könne gut sein, dass ich ihr Kind dort mal betreut habe. Doch einen Tag später kam die Frau wieder und sagte: „Jetzt weiß ich’s: Sie sind die Lady mit dem Erdhörnchen!“ Interview: Ulrike von Bülow

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Impressum

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Gegründet von Henri Nannen † Gruner + Jahr AG & Co KG Druck- und Verlagshaus Sitz von Verlag und Redaktion: Am Baumwall 11, 20459 Hamburg Postanschrift: Brieffach 18 20444 Hamburg Telefon: 040/37 03-0 Fax: 040/37 03-56 31 E-Mail: briefe@stern.de

Chefredaktion Chefredakteure: Thomas Osterkorn, Andreas Petzold und Dr. Dominik Wichmann Stellvertretende Chefredakteure: Hans-Peter Junker und Steffen Klusmann Mitglied der Chefredaktion: Hans-Ulrich Jörges Artdirector: Johannes Erler Managing Editors: Rüdiger Barth, Lorenz Wolf - Doettinchem, Florian Gless, Sabine Kartte, Wencke Tzanakakis

Chefs vom Dienst

Nicole Granzin, Andreas Projahn und Dirk Seeger

Ressorts Deutschland

Leitung: Dr. Florian Güßgen und Norbert Höfler Dagmar Gassen, Lukas Heiny, Anette Lache, Rolf-Herbert Peters, Karin Prummer, Joachim Reuter, Elke Schulze, Dominik Stawski, Matthias Weber, Jan Boris Wintzenburg Telefon: 040/37 03 - 36 00 E - Mail: deutschland@stern.de Welt

Leitung: Giuseppe Di Grazia und Cornelia Fuchs Marc Goergen, Tilman Müller, Joachim Rienhardt, Bettina Sengling Telefon: 040/37 03 - 35 93 E - Mail: welt@stern.de Wissen

Leitung: Dr. Anika Geisler und Christoph Koch Dr. Bernhard Albrecht, Nicole Heißmann, Werner Hinzpeter, Irmgard Hochreither, Alexandra Kraft, Dr. Frank Ochmann, Inga Olfen, Nina Poelchau, Andrea Rungg Telefon: 040/37 03 - 36 92 E - Mail: wissen@stern.de

Investigative Recherche

Teamleitung: Oliver Schröm Christina Elmer, Dirk Liedtke, Wigbert Löer, Andreas Mönnich, Nina Plonka, Uli Rauss Telefon: 040/37 03 - 44 22 Fax: 040/37 03 - 57 76 E - Mail: investigativ@stern.de Internet: www.stern.de/investigativ Dokumentation, Lektorat, Briefe

Teamleitung: Ursula Hien und Dr. Jochen Murken Susanne Elsner, Hildegard Frilling, Cornelia Haller, Christa Harms, Sandra Kathöfer, Judith Ketelsen, Mai Laubis, Michael Lehmann -  Morgenthal, Gabriele Schönig, Cornelia Seßler, Andrea Wolf

Bildredaktion

Leitung: Andreas Kronawitt und Andreas Trampe Andreas Eucker, Petra Göllnitz, Orsolya Groenewold, Volker Lensch, Beate Magrich, Harald Menk, Claudia Menzel, Guido Schmidtke, Karolin Seinsche Assistenz: Jennifer Brück, Anke Bruns, Carolin Prohl, Isabelle Regnier, Alexandra Uhr Telefon: +49/40/37 03 - 44 39 E - Mail: picturedesk@stern.de

Grafik

Leitung: Mark Ernsting und Frances Uckermann Managing Designer: Bernd Adam, Felix Bringmann, Susanne Gräfe, Christiane Kapaun, Tanja Senghaas Layout: Silvia Engelhardt, Joachim Frank und Christiane Kröger - Stark (Koord.), Susanne Bremer, Markus Dixius, Johannes Ertel, Andreas Fischer, Sabine Harms, Ibrahim Kepenek, Carolin Kunz, Birgit Ludwig, Nicole Prinschinna, John Skudra, Corinna Sobek, Susanne Söffker, Jürgen Voigt

Titel

Teamleitung: Derik Meinköhn Manuel Dollt, Michel Lengenfelder Nicole Dresen (Art Buying; frei) Koordination und Planung: Catrin Boldebuck INFOGRAFIK

Teamleitung: Bettina Müller Ronja Beer, Harald Blanck, Martin Freiling, Tina Nispel - Lonski, Andrew Timmins, Melanie Wolter Bildtechnik

Leben

Leitung: Stephan Draf und Ulla Hockerts Oliver Creutz, Rolf Dieckmann (Humor; frei), Kornelia Dietrich (Reise), Frank Janßen (Auto), Aïcha Reh, Annette M. Rupprecht (Jahrbuch), Matthias Schmidt, Tobias Schmitz, Bernd Teichmann, Beate Wieckhorst, Christine Zerwes (Mode) Telefon: 040/37 03 - 36 85 E - Mail: leben@stern.de

Textredaktion

Teamleitung: Arne Daniels, Peter Meroth und Thomas Schumann Dr. Andreas Albes, Dr. Helen Bömelburg, Nicolas Büchse, Alf Burchardt, Christian Ewers, Nora Gantenbrink, Raphael Geiger, Silke Gronwald, Dr. Horst Güntheroth, Uli Hauser, Kerstin Herrnkind, Kuno Kruse, Jarka Kubsova, Stephan Maus, Silke Müller, Andrea Ritter, Johannes Röhrig, Hannes Ross, Mathias Schneider, Doris Schneyink, Nikola Sellmair, Jochen Siemens (frei), Dirk van Versendaal (frei) Autoren: Bert Gamerschlag, Katja Gloger, Harald Kaiser, Hans-Hermann Klare, Arno Luik, Ulrike Posche, Peter Pursche, Kester Schlenz, Stefan Schmitz, Michael Stoessinger, Michael Streck, Walter Wüllenweber

Teamleitung: Tanja Metzner Julia Bähre, Gabriele Holona, Anna Prochnow

Stabsstellen

Redaktions- und Organisationsentwicklung: Annegret Bieger Assistenz der Chefredaktion: Peter Greve Redaktionsmanagement: Catrin Bartenbach

Korrespondenten Inland Berlin und Ostdeutschland

Teamleitung: Axel Vornbäumen, Jens König (stv.) Laura Himmelreich, Andreas Hoffmann, Anja Lösel, Werner Mathes, Franziska Reich, Jan Rosenkranz, Hans - Martin Tillack (Investigative Recherche), Holger Witzel Autoren: Tilman Gerwien, Andreas Hoidn - Borchers, Jan Christoph Wiechmann Fotoreporter: Michael Trippel SpreePalais am Dom, Anna - Louisa -  Karsch - Straße 2, 10178 Berlin Telefon: 030/202 24 - 0 Fax: 030/202 24 - 224 E-Mail: berlin@stern.de

Baden  -   W ürttemberg

Ingrid Eißele (frei) Telefon: 07151/61 05 16 E - Mail: eissele.ingrid_FR@stern.de Bayern

Felix Hutt, Dr. Georg Wedemeyer Telefon: 089/41 52 - 280 E - Mail: hutt.felix@stern.de, wedemeyer.georg@stern.de Nordrhein  -   W estfalen

Gerd Elendt Telefon: 0211/35 59 59 20 E - Mail: elendt.gerd@stern. de Rhein  -  Main

Frank Donovitz Telefon: 069/15 30 97 -8 7 46 E - Mail: donovitz.frank@stern.de

Korrespondenten Ausland Bangkok

Bildredaktion: Dirk Claus (frei) Telefon: +66/2/715 35 77 E - Mail: claus.dirk_FR@stern.de Beirut

Steffen Gassel Telefon: +961/70 02 68 72 E - Mail: gassel.steffen@stern.de Brüssel

Telefon: +32/2/285 09 29 Fax: +32/2/280 02 84 Istanbul

Stefanie Rosenkranz Telefon und Fax: +90/212/251 36 05 E - Mail: rosenkranz.stefanie@stern.de London

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Christine Kruttschnitt Telefon: +1/310/470 16 14 E - Mail: kruttschnitt.christine@stern.de Moskau

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