Den Ganztag aktiv und engagiert mitgestalten

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GRUNDSAT ZPAPIER

Den

Ganztag aktiv und

mitgestalten –

engagiert Chancen für die Kinder- und Jugendsportentwicklung nutzen! Grundsatzpapier der Deutschen Sportjugend zur Orientierung und Positionierung in der Ganztagsförderung

www.dsj.de


Impressum Herausgeber/Bezug über: u

Deutsche Sportjugend (dsj)

Marketing/Vertrieb: u

Jörg Becker

im DOSB e.V. Otto-Fleck-Schneise 12

Erscheinung:

60528 Frankfurt am Main

u

www.dsj.de

Förderhinweis:

www.dsj.de/publikationen

u

1. Auflage – Dezember 2017

Gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)

E-Mail: bestellungen@dsj.de

aus Mitteln des Kinder- und Jugendplans des Bundes (KJP).

Inhalte: u

Verabschiedet durch den Vorstand der Deutschen Sportjugend

Copyright:

am 27. Oktober 2017 in Neubrandenburg

u

© Deutsche Sportjugend (dsj) Frankfurt am Main, Dezember 2017

Redaktion: u

Ute Barthel, Jörg Becker, Oliver Kauer-Berk

Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung der Deutschen Sportjugend ist es

Gestaltung/Layout: u

nicht gestattet, den Inhalt dieser Broschüre oder

Thomas Hagel, Grafikstudio, Mönchberg

Teile daraus auf foto-, drucktechnischem oder

in Zusammenarbeit mit Jörg Becker

digitalem Weg für gewerbliche Zwecke zu vervielfäl-

und Ute Barthel (beide dsj)

tigen. Gerne können die Texte für den Einsatz im Sportverein oder -verband genutzt werden.

Druck: u

Druckerei Michael, Schnelldorf www.druckerei-michael.de Diese Broschüre wurde aus Papier hergestellt, das mit dem Blauen Engel „weil aus 100% Altpapier“ gekennzeichnet ist.

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Impressum


Den

Ganztag aktiv und

mitgestalten –

engagiert Chancen für die Kinder- und Jugendsportentwicklung nutzen! Grundsatzpapier der Deutschen Sportjugend zur Orientierung und Positionierung in der Ganztagsförderung

Inhalt Vorwort .....................................................................................................................................................4 Einleitung ..................................................................................................................................................5 Ausgangssituation ................................................................................................................................6 Die Rolle des Kinder- und Jugendsports in der Aus- und Mitgestaltung der Ganztagsschule ...........................................................................8 Forderung notwendiger Rahmenbedingungen und Ressourcen zur Ausgestaltung der Ganztagsschule......................................................................................11 - an die Bildungspolitik und deren Verwaltung gerichtet ...............................................................................11 - an die Schulleitungen der Ganztagsschulen gerichtet ..................................................................................12 - an die Sportorganisationen und deren Untergliederungen gerichtet ............................................................14

Perspektiven ..........................................................................................................................................16 Literatur ...................................................................................................................................................18 Info: Zur besseren Lesbarkeit wird im gesamten Text der Broschüre die Bezeichnung des „gemeinnützigen organisierten Kinder- und Jugendsports“ durch den Begriff „Kinder- und Jugendsport“ ersetzt.

Inhalt

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Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, der stetig voranschreitende flächendeckende Ausbau der Ganztagsschule sowie dessen konzeptionelle Weiterentwicklung verändern das Aufwachsen der Kinder und Jugendlichen in unserem Land und wirken sich damit auch auf den gemeinnützigen organisierten Kinder- und Jugendsport aus. Die Ausgestaltung der Ganztagsschule fordert stärker als in bisherigen Kooperationsformen mit der klassischen Vormittagsschule die Rolle der Sportvereine als Bildungspartner und Mitgestalter. Durch zusätzliche und vielfältige Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote von Sportvereinen wird die ganzheitliche Bildung in Ganztagsschulen gestärkt und die Sportvereine erhalten ein erweitertes Handlungsfeld, um ihre Angebote zu platzieren.

Jan Holze 1. Vorsitzender der dsj

In einem bereits im Jahr 2008 verabschiedeten Papier forderte die Deutsche Sportjugend ihre Mitgliedsorganisationen und deren Untergliederungen auf, die Chancen der Ganztagsförderung zu nutzen und die Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote in der Ganztagsschule quantitativ und qualitativ weiterzuentwickeln. Rund 14 Jahre nach dem Beginn des flächendeckenden Ausbaus der Ganztagsschule erscheint es der Deutschen Sportjugend an der Zeit, eine Bilanz über die Rolle des Kinder- und Jugendsports in der Ganztagsschule zu ziehen, eine weitere Orientierung zu geben und einen Ausblick zu vorzunehmen. Für die im Ganztag engagierten Sportvereine gilt es, sich auch weiterhin gegenüber anderen Anbietern Tobias Dollase Vorstandsmitglied der dsj

zu behaupten, ihre angebotenen Maßnahmen im besten Falle mit den Inhalten der Ganztagsschule zu einem ganzheitlichen Bildungskonzept zu verbinden und die Angebote zu verzahnen, ohne dabei die eigene Identität als Sportverein zu vernachlässigen. Das Grundsatzpapier richtet sich vorrangig an die dsj-Mitgliedsorganisationen und ihre Untergliederungen sowie an die Bildungspolitik und deren Verwaltungen. In ihm soll vor allem der Frage nachgegangen werden, wie es dem Kinder- und Jugendsport gelingen kann, Ganztagschulen als Bildungspartner mitzugestalten. Mit freundlichen Grüßen

Jan Holze

4 2

Vorwort

Tobias Dollase


Einleitung

D

ie Deutsche Sportjugend (dsj) tritt als größter

Sporterlebnis sowie gesellschaftliche Teilhabe zu er-

freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe in

möglichen. Um möglichst viele Kinder- und Jugendli-

Deutschland für einen kinder- und jugendorientierten

che erreichen zu können, spielt die Kooperation mit

sowie gesunden Sport ein. Ihre Intention ist es, zum

der Schule für den Kinder- und Jugendsport eine we-

einen möglichst alle Kinder und Jugendlichen in Bewe-

sentliche Rolle, da nur in der Schule alle Kinder und

gung zu bringen und für ein lebenslanges Sporttreiben

Jugendlichen anzutreffen sind.

zu motivieren. Zum anderen setzt sie sich zum Ziel, Kinder und Jugendliche für den Vereinssport zu begei-

In ihrer übergeordneten Funktion weist die Deutsche

stern und für ein freiwilliges Engagement im Sport zu

Sportjugend auf aktuelle Entwicklungen hin, setzt

gewinnen.

neue Impulse und sichert den thematischen Austausch unter ihren Mitgliedsorganisationen. Im föderalen Bil-

In ihrer Rolle als freier Träger der Kinder- und Jugend-

dungssystem aber schaffen auf Länderebene die Lan-

hilfe verfolgen die Deutsche Sportjugend und ihre

dessportbünde und deren Jugendorganisationen in

Mitgliedsorganisationen den Auftrag, die Persönlich-

Verhandlungen mit den jeweiligen Landesregierungen

keitsentwicklung und das eigenverantwortliche Han-

die notwendigen Rahmenbedingungen, unter denen

deln von Kindern und Jugendlichen zu unterstützen

der Sport im Ganztag stattfinden kann. Die Spitzen-

sowie deren gesellschaftliche Mitverantwortung, deren

verbände und die Verbände mit besonderen Aufgaben

soziales Engagement und interkulturelles Lernen zu

tragen mit ihren Jugendorganisationen zur Programm-

fördern. Die Kinder- und Jugendarbeit bietet beson-

entwicklung einzelner Sportarten im Ganztag bei.

dere Chancen, auch benachteiligten Kindern und Jugendlichen den Zugang zu einem gemeinschaftlichen

Einleitung

5 3


Ausgangssituation

A

usgelöst durch die Diskussion um die Ergebnisse

Derzeit sind rund ein Drittel aller Kinder und Jugend-

der PISA-Studien und den Beschluss des Investi-

lichen Ganztagsschüler/innen. Der Anteil der Schüle-

tionsprogramms „Zukunft Bildung und Betreuung“

rinnen und Schüler in Deutschland, die eine Ganztags-

(IZBB) der Bundesregierung kam es seit 2003 zu einer

schule besuchen, hat sich damit in den vergangenen

Umgestaltung der Schule und damit zu einem flächen-

Jahren nahezu vervierfacht (auf etwa 38 Prozent im

deckenden Ausbau der Ganztagsschule, der die deut-

Schuljahr 2014/2015) – insbesondere im Bereich der

sche Schul- und Bildungslandschaft in den vergange-

Grundschulen. Dabei kann jedoch die flexible Nutzung

nen 15 Jahren grundlegend verändert hat.

der Ganztagsangebote durch die Schülerinnen und Schüler je nach Schulform variieren (von einer ein- bis

Mittlerweile steht fest, dass dieser Prozess nicht um-

zu einer fünftägigen Nutzung, vgl. Studie zur Entwick-

kehrbar ist. Inzwischen arbeiten fast 60 Prozent der

lung von Ganztagsschulen). Die Teilnahme am Ganz-

Schulen deutschlandweit im Ganztagsschulbetrieb.

tagsbetrieb ist in den höheren Klassen der Sek I, der

Allerdings haben sich vor dem Hintergrund der föde-

Klassen 8 - 10, geringer als in den Klassen 5 - 7.

ralen Struktur des deutschen Bildungswesens vielfäl-

Gleichwohl verbringen immer mehr Kinder und Ju-

tige Ganztagsschulkonzeptionen (additive sowie inte-

gendliche mehr Tages-, Wochen- und Lebenszeit in

grative Konzepte) und -formen (offene, teilgebundene

Ganztagsschulen als je zuvor. Insofern wirkt sich der

oder gebundene Ganztagsform) sowie unterschied-

Ausbau von Ganztagsschulen auch auf die außerschu-

liche spezifische Lösungen in den Ländern etabliert.

lische Kinder- und Jugendarbeit aus.

Diese weisen sowohl zwischen den Bundesländern als auch innerhalb der Bundesländer eine große Band-

Nahezu alle Ganztagsschulen – unabhängig von der

breite auf – in Bezug auf Verbindlichkeit, Schulzeiten,

Ganztagsform – stellen sportliche Ganztagsangebote

Intensität der Teilnahme am Ganztagsangebot sowie

bereit, die teilweise sportartübergreifend, teilweise

in puncto Ausstattung und Finanzierung. Der überwie-

sportartspezifisch durchgeführt werden. Derzeit ist

gende Teil der Ganztagsschulen ist als Offener Ganztag

etwa jedes dritte Ganztagsangebot ein Sportangebot.

organisiert.

Der Kinder- und Jugendsport platziert dabei im Ganz-

6 2

Ausgangssituation


tag neben anderen konkurrierenden Bildungsakteuren

Freizeit- und Bildungsangeboten insgesamt weniger

Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote, die jedoch im

beeinflussen, als es die öffentlichen Diskussionen zu-

Sportverein weiter vertieft oder intensiviert werden

nächst vermuten ließen. Insbesondere in Bezug auf die

können. Über die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler

Situation im Sekundarbereich lässt sich annehmen,

nehmen regelmäßig an sportlichen Aktivitäten im

dass die Jugendlichen die eigene Gestaltung ihrer Frei-

Ganztag teil. Bewegung, Spiel und Sport sind offenbar

zeit, u.a. den Sport im Verein oder das Engagement in

unverzichtbare Bestandteile des schulischen Bildungs-

anderen Organisationen und Institutionen attraktiver

angebots im Ganztag und gehören zum Kernbestand

finden als das Angebot im Ganztag. Das Interesse der

der Ganztagsschule.

Schülerinnen und Schüler am Vereinssport ist jedoch ungebrochen. Die zeitliche Verdichtung des Schultags

Unter allen Anbietern kooperieren Sportvereine am

führt in der Regel nicht dazu, dass ein sportliches und

häufigsten mit Ganztagsschulen. Dabei arbeiten rein

vereinssportliches Engagement aufgegeben wird.

ehrenamtlich oder nebenberuflich geführte Vereine

Allerdings ist wenig über die Intensität der Vereinsnut-

mit bis zu 100 Mitgliedern lediglich zu 10 Prozent mit

zung bekannt. Denkbar ist zumindest, dass Heran-

einer Ganztagsschule zusammen. Demgegenüber wei-

wachsende Mitglied eines Sportvereins bleiben, ihre

sen 69 Prozent der Vereine mit mehr als 2.500 Mitglie-

Nutzungshäufigkeit aber abnimmt.

dern eine Zusammenarbeit mit einer Ganztagsschule auf. Ähnlich zeigt sich das Bild bei Ein- und Mehrspar-

Darüber hinaus wurde deutlich, dass die Sportvereine,

tenvereinen. Auch hier nehmen Kooperationen mit

die sich im Ganztag engagieren, erfolgreicher bei der

steigender Vereinsgröße zu.

Mitgliedergewinnung sind und zudem nur geringe Probleme mit Sportstättenkapazitäten haben.

Bei der Frage nach Vereinszugehörigkeiten von Ganztagsschüler/innen zeigen die Daten diverser sportbezogener Ganztagsstudien, dass die schulischen Ganztagsangebote die Teilnahme an außerschulischen

Ausgangssituation

7 3


Die Rolle des Kinder- und Jugendsports in der Aus- und Mitgestaltung der Ganztagsschule

A

ls außerschulischer Bildungsanbieter haben Sport-

neue Beteiligungsstrukturen geschaffen, um noch ge-

vereine und -verbände die Möglichkeit, den au-

zielter die Schülerinnen und Schüler auch nach der

ßerunterrichtlichen Schulsport an Ganztagsschulen ge-

Schulzeit möglichst langfristig an die Sportvereine zu

zielt mit vielfältigen Angeboten und Maßnahmen

binden. Dort wird den Schülerinnen und Schülern die

kompetent mitzugestalten. Die Art der Beteiligung des

Möglichkeit eröffnet, ein sportliches Angebot zu ver-

Kinder- und Jugendsports ist von den jeweils vorhan-

tiefen, intensiv Wettkampfsport zu betreiben und nicht

denen Zielstellungen, Ressourcen und Strukturen ab-

zuletzt auch ein freiwilliges Engagement zu überneh-

hängig. Neben der Gestaltung des Bewegungs-, Spiel-

men.

und Sportangebots kann der Kinder- und Jugendsport häufig auch die Organisation des Mittagessens, der

Im Vorfeld der Beteiligung an der Aus- und Mitgestal-

Hausaufgabenbetreuung, gemeinsamer Sportfeste

tung der Ganztagsschule erscheint es jedoch wichtig,

und sportlicher Ferienangebote sowie in nicht wenigen

eigene Motive und Ziele in der Zusammenarbeit mit

Fällen auch die Trägerschaft des Ganztags überneh-

Ganztagsschulen in einem Kooperationsprofil zu fixie-

men. Das Spektrum der Kooperationsformen zwischen

ren. Bei der inhaltlichen Umsetzung von Bewegungs-,

Sportvereinen und Ganztagsschulen ist breit gefächert.

Spiel- und Sportangeboten im Rahmen der Ganztagsschule kann es keinesfalls darum gehen, das ursprüng-

Durch vielfältige Bewegungs-, Spiel- und Sportange-

liche Vereinsangebot in den Ganztag zu übertragen

bote hat der außerunterrichtliche Schulsport an Ganz-

oder eine Verdopplung des eigentlichen Sportunter-

tagsschulen an Qualität und Bedeutung gewonnen.

richts zu erreichen. Eine Verzahnung der außerunter-

Über Sport-AGs, Sportwettbewerbe und Schulmann-

richtlichen Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote der

schaften ist er zunehmend mit dem außerschulischen

Sportvereine mit dem Sportunterricht, dem Schulpro-

Sport verknüpft. Der Kinder- und Jugendsport hat in-

gramm und dem Sportprofil der Ganztagschule sollte

zwischen teilweise neue Mitgliedschaftsmodelle und

angestrebt werden.

8 2

Die Rolle des Kinder- und Jugendsports in der Aus- und Mitgestaltung der Ganztagsschule


Nach Naul (2006) handelt es sich bei dem Bewegungs-,

z.B. durch das sog. „Sportkarussell“, das von Mit-

Spiel- und Sportangebot in der Ganztagsschule um ei-

gliedsorganisationen der Sportjugend NRW entwickelt

nen „neuen Angebotstyp, der im Schnittfeld von

wurde und vorsieht, dass mehrere Sportvereine über

Sport- und Sozialpädagogik, der zwischen Sportunter-

einen befristeten Zeitraum ein sportliches Angebot im

richt und Vereinstraining angesiedelt werden kann“.

Ganztag platzieren).

Dabei verschwimmen die Grenzen und es entsteht der sequenz dieser neuen Säule müsste sich das Selbstver-

Zwischenzeitlich ist bei vielen im Kinder- und

ständnis des organisierten Sports verändern, um sich

Jugendsport engagierten Sportvereinen die

stärker als bisher als Bildungsanbieter zu verstehen. Die

Skepsis gegenüber den mit der flächendecken-

Erwartung, die sich daraus an den Kinder- und Jugend-

den Verbreitung der Ganztagsschule verbunde-

sport richtet, ist eindeutig: Das Aufwachsen von Kin-

nen Veränderungen überwiegend der Erkenntnis

dern und Jugendlichen in öffentlicher Verantwortung

gewichen, dass sich durch ein Engagement im

in lokalen Bildungsnetzwerken mitgestalten.

Ganztag neue Chancen für die Sportvereinsentwicklung ergeben können.

Mit den sich ändernden Anforderungen gerät die ehrenamtlich geprägte Struktur des organisierten Sports mehr und mehr unter Professionalisierungsdruck. Zur Mitgestaltung des Ganztags haben die in Ganztagsschulen engagierten Sportvereine und -verbände ihr sportliches und außerunterrichtliches Angebot sowohl zeitlich, organisatorisch und inhaltlich ver-

Chancen im kommunalen Bezug: n Zukunftssicherung des Kinder- und Jugendsports auf lokaler Ebene, n örtliche Vernetzung von Schule – Jugendhilfe – Sport,

stärkt an die Belange der Schulen sowie an die Bedürfnisse der Schüler/innen angepasst und verändert. Mit hauptberuflichem Personal gelingt es größeren Sport-

n Verbesserung der Sportstättensituation und deren Ausstattung.

vereinen oft besser als kleineren oder mittelgroßen Vereinen, systematische Sportangebote im Ganztag zu setzen und teilweise sogar Trägerschaften des Ganztags zu übernehmen. Durch Kooperationen und Netzwerkbildungen können sich oftmals auch völlig neue Möglichkeiten einer Zusammenarbeit ergeben (wie

Chancen im Bezug auf Sportvereine: n Ausbau der Kooperation zwischen (Ganztags-)schule und Sportverein, n Schaffung neuer Angebotsformen für Kinder und Jugendliche, n Gewinnung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, n erweiterte Möglichkeit, Kinder an den Sportverein zu binden, n erweiterte Möglichkeit der Talentsichtung und individuellen Förderung, n Stärkung der pädagogischen Arbeit im Sport, n Erschließung weiterer finanzieller Ressourcen für den Verein, n Erzielung eines Imagegewinns durch die Beteiligung an der Ausgestaltung des Ganztags als gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Die Rolle des Kinder- und Jugendsports in der Aus- und Mitgestaltung der Ganztagsschule

9 3

Neue Chancen für Sportvereine

„Sport im Ganztag“ als neuer Angebotstyp. Als Kon-


Die hohen Kooperationszahlen der Sportvereine dür-

sportlichen Schulalltag bei. Die Vertragskonstellation

fen jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass es ge-

liegt zumeist zwischen dem Sportverein und der

rade kleineren Vereinen mangels ausreichender Res-

Schule. Bislang dienen Schulen nur in zwei Bundeslän-

sourcen schwerfällt, den Anforderungen im Ganztag

dern als anerkannte Einsatzstellen.

gerecht zu werden. Angesichts dessen spielt in fast allen Bundesländern die Einbindung von Freiwilligendiensten eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von

Festzuhalten bleibt:

Personal für Ganztagsangebote. Die Freiwilligendien-

Wenn sich der Kinder- und Jugendsport erfolgreich in

ste können dabei als Bindeglied zwischen Sportverein

der Ganztagsschule engagiert und dabei in schulische

und Schule fungieren und geben dem Sportverein für

Abstimmungsprozesse und schulische (Fach-)gremien

interessierte Schüler/innen ein Gesicht. Mehr als 50

eingebunden wird, wird er vom Dienstleister zum Ko-

Prozent der Freiwilligendienstleistenden sind im offe-

operationspartner und verantwortlichen Mitgestalter

nen Ganztag oder in Kooperationen mit Schulen ein-

des Ganztags.

gesetzt und tragen maßgeblich zu einem bewegten,

10 2

Die Rolle des Kinder- und Jugendsports in der Aus- und Mitgestaltung der Ganztagsschule


Forderung notwendiger Rahmenbedingungen und Ressourcen zur Ausgestaltung der Ganztagsschule

S

eit rund 14 Jahren arbeitet der Kinder- und Jugend-

sport mit Ganztagsschulen zusammen. Trotz zu-

n Bildungspotenziale des organisierten Sports anerkennen und mitdenken

nächst unterschiedlicher Ziele und Methoden setzen

Die Kommunen sind aufgefordert, Bildungsakteure

sie dabei gemeinsam Strukturen und Inhalte um, in de-

in Verantwortungsgemeinschaften zu vernetzen.

ren Mittelpunkt die Kinder und Jugendlichen stehen.

Bei der Entstehung von Bildungsnetzwerken sind

Vielerorts passiert dies sehr erfolgreich. Doch noch

die Bildungspotenziale des organisierten Sports an-

nicht überall sind die Potenziale ausgeschöpft.

zuerkennen und mitzudenken. Die Akteure aus dem Bereich des Kinder- und Jugendsports sind als

Um die Ausgestaltung der Ganztagsschule in gemein-

qualifizierte Kooperationspartner und aktive Mitge-

samer Verantwortung weiterzuentwickeln, die Bestre-

stalter des Ganztags einzubeziehen.

bungen zur Qualitätsentwicklung im Ganztag zu intensivieren und nicht zuletzt noch mehr Wirkung zu

n Qualitätsentwicklungsprozess anstoßen

entfalten, bedarf es weiterhin vielfältiger gemeinsamer

Sowohl auf Landes- als auch auf kommunaler

Anstrengungen.

Ebene ist ein Qualitätsentwicklungsprozess notwendig, der die Bedürfnisse und Kompetenzen aller zu

Insofern weist die Deutsche Sportjugend auf

beteiligenden Bildungspartner berücksichtigt. Die

folgende Aspekte hin und fordert

verantwortlichen Ministerien sollen gemeinsam mit

nachstehende Rahmenbedingungen >>

den Sportorganisationen Qualitätsmerkmale für die Ausbildungsprofile und die Gestaltung der Angebote erarbeiten. Diese sollen die Grundlage für die

An die Bildungspolitik und deren Verwaltung gerichtet:

kommunale Netzwerkarbeit bilden, an der sich auch Schulen und Sportvereine beteiligen.

n Rahmenbedingungen bereitstellen und ausbauen Die Deutsche Sportjugend fordert die Bildungs- und Sportpolitik auf allen Ebenen auf, die notwendigen Rahmenbedingungen (wie z.B. die Initiierung von Förderprogrammen und die Bereitstellung von Infrastrukturen) für Kooperationen zwischen Schule und dem Kinder- und Jugendsport auszubauen und zu sichern. Länder und Kommunen sollen den Aufbau und Ausbau dieser Bildungsnetzwerke stärken und nicht zuletzt finanzielle und infrastrukturelle Ressourcen dafür bereitstellen. Denn diese sind für die Gestaltung der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen sowie für die nachhaltige Sicherung des Sports in der Schule erforderlich.

Forderung notwendiger Rahmenbedingungen und Ressourcen zur Ausgestaltung der Ganztagsschule

11 3


n Investitionen in Bildung sichern – Beratungsund Unterstützungsstrukturen ausbauen

An die Schulleitungen der Ganztagsschulen gerichtet:

Die Politik muss bereit sein, staatliche Investition in Bildung als Teil der Zukunftssicherung sicherzustel-

n Ziele klären

len. Die beschriebenen Kooperationen und Bil-

Neben der Klärung und Entwicklung eines eigenen

dungsnetzwerke erfordern fortlaufend erhebliche

Profils ist die Verständigung über Ziele und Inhalte

Investitionen in Aufbau und Absicherung. Sie ent-

der Zusammenarbeit notwendig. Dazu gehört das

stehen und entwickeln sich nicht ohne Unterstüt-

Schaffen einer Kommunikation auf Augenhöhe.

zung der kommunalen Politik und Verwaltung.

Nach wie vor sind Sportvereine im Vergleich zu an-

Analog zum flächendeckenden Ausbau der Ganz-

deren Partnern im Ganztag kaum in Entscheidungs-

tagsschule ist auch der flächendeckende Ausbau

und Beratungsgremien der Schulen vertreten.

von Beratungs- und Unterstützungsstrukturen (Ko-

Deshalb sind schulinterne Kommunikations- und

ordinierungsstellen) zur Sicherstellung der Qualität

Entscheidungsprozesse so anzulegen, dass sich alle

und Quantität von Sportvereinsangeboten in Ganz-

Kooperationspartner daran beteiligen können. Die

tagsschulen in den Kreis- und Stadtsportbünden

Beziehungen zwischen Schulen und Sportvereinen

notwendig und voranzutreiben. Dabei sind die Lan-

müssen vorrangig durch inhaltlichen Austausch und

desregierungen gefordert, die entsprechenden

kontinuierliche Kommunikation gekennzeichnet

Strukturen aufzubauen und finanziell zu fördern.

sein. Bei der Entwicklung von Schulprogrammen und

Ganztagsschulkonzepten

können

lokale

n Zentrale Forschungen zur Qualitätsentwick-

und überregionale Sportorganisationen geeignete

lung im Ganztag finanziell unterstützen

Unterstützung für die feste Verankerung von Sport

Für die qualitative Weiterentwicklung sportlicher

und Bewegung als Teil eines integrierten Schul-

Ganztagsangebote müssen zukünftig Forschungen

konzepts bieten. Nur so kann ein gemeinsames

im Hinblick auf deren Inhalte, Zielstellungen, Ge-

Bildungskonzept für den Ganztag entwickelt

staltung und Wirkung durchgeführt werden. Neben

werden.

der Definition von Standards, die durch regelmäßige Evaluationen zu überprüfen sind, wäre über

n Konzeptionelle Zusammenarbeit ausbauen

eine systematische Bildungsberichterstattung zum

und Qualität der Bildungsangebote weiter-

Sport im Ganztag nachzudenken.

entwickeln Um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern, ist die konzeptionelle Zusammenarbeit zwischen Ganztagsschulen und Sportvereinen auszubauen sowie die Qualität der Bildungsangebote weiterzuentwickeln. Dies erfordert Veränderungen auf beiden Seiten: Zum einen sollten die Schulen den Kinder- und Jugendsport nicht allein als Dienstleister verstehen, sondern vielmehr als gleichberechtigten Bildungspartner und Mitgestalter in einem Bildungsnetzwerk anerkennen. Zum anderen sollte sich der Kinder- und Jugendsport verstärkt auf die Schule zubewegen. Es geht dabei nicht um ein Konkurrenzdenken, sondern um eine Zusammenarbeit im Interesse der Kinder und Jugendlichen.

12 2

Forderung notwendiger Rahmenbedingungen und Ressourcen zur Ausgestaltung der Ganztagsschule


n Tägliche Bewegungs- und Sportzeit ausbauen Wenn Kinder und Jugendliche große Teile ihrer Tageszeit in der Schule verbringen, müssen Bewegung, Spiel und Sport innerhalb dieses Settings verstärkt umgesetzt werden. Vor allem im Rahmen der Ganztagschule ist eine tägliche Bewegungs-, Spielund Sportzeit möglich, notwendig und umsetzbar. Der Sport im Ganztag hat sich als wesentliches Ele-

fer/innen, Junior-Coaches etc. als Beitrag zur Per-

ment für die Zusammenarbeit von Sportvereinen

sönlichkeitsentwicklung der Schüler/innen angebo-

und Schulen erwiesen und kann zudem auch zur

ten und genutzt werden.

Rhythmisierung des Ganztags beitragen. n Schüler/innen individuell fördern n Selbstbestimmte Freiräume am Nachmittag

Das ursprüngliche Kernziel der Ganztagsschule, die

ermöglichen

individuelle Förderung von Kindern und Jugendli-

Neben den zahlreichen schulischen Angeboten im

chen, ist verstärkt sowohl in den Blick der Schule

Ganztag müssen weiterhin Freiräume am Nachmit-

als auch des Sportvereins zu nehmen und als zen-

tag – sowohl in als auch außerhalb der Schule – für

trales Ziel zu verfolgen. Geeignete Konzepte für

eine selbstbestimmte Freizeit der Schüler/innen ge-

Sportförderunterricht, Talentförderung sowie die

geben sein. Diese Freiräume eröffnen Kindern und

Lern- und Entwicklungsförderung durch Bewe-

Jugendlichen die Chance, eigene Erfahrungen zu

gung, Spiel und Sport existieren bereits. Darüber

sammeln. Die Kinder- und Jugendarbeit im Sport

hinaus ist eine veränderte Lernkultur und erweiter-

kann ein solcher Erfahrungs- und Gestaltungsraum

te Partizipationsmöglichkeit durch eine bessere

sein. Zudem sollte Ganztagschüler/innen die Mög-

Rhythmisierung des Schulalltags anzustreben.

lichkeit eingeräumt werden, bereits am Nachmittag an einem Mannschaftstraining im Verein oder an ei-

n Multiprofessionelle Teams stärken

nem leistungssportbezogenem Einzeltraining teil-

Für eine erfolgreiche multiprofessionelle Zusam-

nehmen zu können.

menarbeit in der Ganztagsschule sind ständige teaminterne Treffen erforderlich. Bei diesem kon-

n Partizipation unterstützen

stanten Austausch soll die Zusammenarbeit im

Dem Wunsch der Schüler/innen nach mehr Mitbe-

Sinne einer gemeinsamen Weiterentwicklung des

stimmungsmöglichkeiten kann gerade bei Bewe-

Ganztags bis hin zu einer bewegten Ganztagsschul-

gungs-, Spiel- und Sportangeboten im Ganztag

gestaltung geplant und abgestimmt werden. Dabei

(etwa über die (Mit-)Gestaltung von Gesprächskrei-

sind bisherige Maßnahmen zu evaluieren und wei-

sen, über die Organisation des Auf- und Abbaus,

terzuentwickeln und mit Blick auf die zukünftige

über die Gestaltung von Übungen und Stationen,

Zusammenarbeit Konsequenzen abzuleiten. Ge-

über die Spiel- und Pausengestaltung sowie über

meinsame Fortbildungen des multiprofessionellen

einen offenen Anfang) entsprochen werden. Dar-

Teams im Ganztag sollen der gemeinsamen Kom-

über hinaus muss eine gelebte Partizipationskultur

petenzerweiterung dienen.

für Schüler/innen zum Qualitätsmerkmal im Ganztag werden. Eine grundsätzliche breitere Orientie-

n Sportunterricht qualitativ und quantitativ

rung an differenzierten Wünschen und Bedürfnis-

sicherstellen

sen der Schüler/innen ist im Ganztag empfehlens-

Das Engagement des Kinder- und Jugendsports im

wert.

Ganztag darf keinesfalls dazu führen, dass sportliche Ganztagsangebote den schulischen Sportunter-

n Soziales Engagement fördern

richt ersetzen und Defizite in diesem Bereich kom-

Zur Förderung eines sozialen Engagements im Rah-

pensieren. Das Land und auch die Schule bleiben in

men des Ganztags sollen Ausbildungsmöglichkei-

der Verantwortung und Zuständigkeit, den Sport-

ten und -formen zu Schülermentor/innen, Sporthel-

unterricht qualitativ und quantitativ sicherzustellen.

Forderung notwendiger Rahmenbedingungen und Ressourcen zur Ausgestaltung der Ganztagsschule

13 3


An die Sportorganisationen und deren Untergliederungen gerichtet:

Netzwerk ist zu festigen und Handlungsvoraussetzungen für die Basis zu schaffen. Als verlässliche Grundlage für die Zusammenarbeit von Sportvereinen und Ganztagsschulen dienen die zwischen

n Vom Dienstleister zum Kooperationspartner

den Kultusministerien der Länder und den Landes-

und verantwortlichem Mitgestalter

sportbünden geschlossenen (und zwischenzeitlich

Gemeinsam mit (Ganztags)-Schulen kann bzw.

meist aktualisierten) Rahmenvereinbarungen. Die

muss der Kinder- und Jugendsport als institutionel-

darin beinhaltete Vorrangstellung der Angebote des

ler Träger der Bewegungs-, Spiel- und Sportkultur

organisierten Sports und integrierten bildungsbe-

und als Bildungsakteur einen wesentlichen Beitrag

zogenen Qualitätsmaßstäbe der Kinder- und

zum gelingenden Aufwachsen der Kinder und Ju-

Jugendhilfe sind zu berücksichtigen. Darüber hin-

gendlichen in Bildungsnetzwerken leisten. Als we-

aus ist die Vertretung der Interessen des Kinder- und

sentliche Voraussetzung einer gelungenen Zusam-

Jugendsports in der Beratung von Erlassentwürfen

menarbeit im Ganztag ist die Einbindung des

einzufordern.

Kinder- und Jugendsports in schulische Abstimmungsprozesse und schulische (Fach-)gremien zu

n Chancen der Ganztagsförderung nutzen

sehen. Dadurch wird er vom Dienstleister zum Ko-

Durch die gemeinsame Weiterentwicklung der In-

operationspartner und verantwortlichem Mitgestal-

halte in Kooperationen mit Ganztagsschulen und

ter des Ganztags. Ziele und Inhalte der Zusammen-

anderen Partnern in lokalen Bildungsnetzwerken

arbeit sind mit der kooperierenden Schule abzu-

bietet sich die Chance, dem organisierten Kinder-

stimmen.

und Jugendsport mit seinen vielfältigen Potenzialen und Leistungen für Bildung und Erziehung eine

n Rahmenvereinbarungen umsetzen Aufgabe der Jugendorganisationen der Landesport-

stärkere Position und noch größere Akzeptanz in unserer Gesellschaft zu verschaffen.

bünde, der Spitzenverbände sowie der Sportverbände mit besonderen Aufgaben ist es, auf der po-

14 2

n Qualität entwickeln

litisch-strategischen Ebene in Bund, Ländern und

Eine sinnvolle Ganztagsförderung über Vereinsan-

Kommunen die Sportvereine angemessen zu posi-

gebote kann nur sichergestellt werden, wenn die

tionieren und zu unterstützen. Das entstehende

Qualität und Kontinuität der sportlichen Angebote

Forderung notwendiger Rahmenbedingungen und Ressourcen zur Ausgestaltung der Ganztagsschule


verlässlich gewährleistet sind. Für die Sicherstellung

im Ganztag gesetzten Bewegungs-, Spiel- und

der fachlichen und pädagogischen Qualifikationen

Sportangebote entsprechende Anregungen, sich zu

des von den Sportvereinen im Ganztag eingesetz-

bewegen. Die Sportorganisationen sollten entspre-

ten Personals sind qualitative Mindestanforderun-

chende Anforderungen und Entwicklungsperspek-

gen zu formulieren und einzuhalten sowie geeig-

tiven im Hinblick auf die Angebote im Kinder- und

nete Fortbildungssysteme anzubieten. Im Kinder-

Jugendsport klären.

und Jugendsport wird für den Einsatz in der Ganztagschule in der Regel eine „Trainer-C-Lizenz“ oder

n Mitgliedschaftsmodelle entwickeln

eine „Übungsleiter-C-Lizenz“ vorausgesetzt. Um

Im Sinne einer aktiven Sportvereinsentwicklung sind

dem Trend zur stärkeren Professionalisierung nach-

seitens der Sportorganisationen neue Mitglied-

kommen zu können, erscheint eine bedarfsge-

schaftsmodelle zu entwickeln. Über die in der

rechte Weiterbildung (zum „Trainer B“ und „ÜL B

Ganztagsschule gesetzten Bewegungs-, Spiel- und

im Ganztag“) notwendig und schließt die Koope-

Sportangebote sollen die Schülerinnen und Schüler

ration mit anderen Weiterbildungsanbietern mit

auch für die Angebote im Sportverein interessiert

ein. Darüber hinaus erscheint auch eine profilspe-

werden. Ihnen soll über das Ganztagsangebot hin-

zifische Qualifizierung je nach Zielgruppe und Auf-

aus auch eine Teilnahme am Vereinsangebot er-

gabenstellung im Ganztag sinnvoll.

möglicht werden. So können sie einen Einblick in die Vereinswelt erhalten und der Kinder- und Ju-

n Neue Vereinsangebote für Kinder- und Jugendliche schaffen, deren Interesse an

gendsport kann junge Sportlerinnen und Sportler gewinnen.

sportlicher Aktivität noch nicht geweckt wurde Eines ist beim Engagement des Sportvereins im Ganztag nicht außer Acht zulassen: Durch die Breite des sportlichen Ganztagsangebots können auch diejenigen Schüler/innen vom organisierten Sport erreicht werden, die bislang noch nicht den Weg in einen Sportverein gefunden haben. Oftmals erhalten diese Kinder und Jugendlichen erst durch die

Forderung notwendiger Rahmenbedingungen und Ressourcen zur Ausgestaltung der Ganztagsschule

15 3


Perspektiven

D

ie qualitative (Weiter-)Entwicklung und Ausgestal-

strukturierung von Zuständigkeiten und Prioritäten. Was

tung der Ganztagsschule in der Bundesrepublik

müssen also die Schulen und die Kooperationspartner

Deutschland stellen eine große Herausforderung für

zukünftig ändern, um in Ganztagsschulen Kindern und

die gesamte Gesellschaft dar. Um sie erfolgreich be-

Jugendlichen verstärkt eine ganzheitliche und altersge-

wältigen zu können, bedarf es der Sensibilisierung und

rechte Entwicklung zu ermöglichen?

aktiven Vernetzung aller Beteiligten auf allen Ebenen. Ganztagsschulen brauchen bei der Ausgestaltung des Aktuell untersucht der 15. Kinder- Jugendbericht des

Ganztagsangebots starke und zuverlässige Partner.

BMFSFJ (2017), ob die Ganztagsschule unter den Ge-

Beide, Sportvereine ebenso wie Ganztagsschulen, be-

sichtspunkten einer wachsenden Verselbstständigung,

nötigen ausreichende Ressourcen zur Ausgestaltung

Qualifizierung und Selbstpositionierung dem Jugendal-

des Ganztags und ihre Konzepte müssen abgestimmt

ter gerecht wird und kommt zu dem Ergebnis, dass die

bzw. miteinander verknüpft sein. Ziel muss es sein, im

Auswirkungen des Ganztagsschulausbaus insgesamt

Sinne der Schüler/innen die jeweiligen Profile der Ko-

doch eher gering seien. Das Reformprojekt Ganztag-

operationspartner stärker zu verzahnen, diese besser

schule bleibe bislang unter seinen Möglichkeiten. Es

in Beziehung zu setzen und den neuen Angebotstyp –

fehle bis heute eine Generaldebatte über die unabding-

„den Sport im Ganztag“ – gemeinsam verantwortlich

baren Koordinaten und Eckwerte einer erfolgreichen

zu gestalten.

Zusammenarbeit. Zwischen den Kooperationspartnern gelte es zu klären, mit welcher jeweiligen Erwartungs-

Trotz allem bleibt es eine freiwillige und unabhängige

haltung in die Zusammenarbeit eingestiegen werde und

Entscheidung jeder einzelnen Schule und jedes einzel-

welche Ressourcen von beiden Partnern verlässlich und

nen Sportvereins, unter Berücksichtigung der jeweili-

stetig eingebracht werden können. Ein organisatori-

gen Voraussetzungen und Gegebenheiten tatsächlich

scher Wandel der gezielten Einbindung von außerschu-

zu kooperieren und sich im Ganztag zu engagieren.

lischen Partnern in die Konzepte der Ganztagsschulen

Die Argumente, sich dafür zu entscheiden, sind über-

sei bislang ebenso wenig zu erkennen wie eine Um-

zeugend.

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Perspektiven


Für das Gelingen einer erfolgreichen Kooperation zwi-

Vereinsmitglieder miteinander in Einklang gebracht

schen Sportverein und Ganztagsschule kann es auf-

werden können.

grund der vielfältigen Ganztagsschulformen und -konzeptionen keine allgemeingültige Lösung geben. Meist

Von grundlegender Bedeutung ist, dass sich die Sport-

sind die lokalen Gegebenheiten ausschlaggebend. Es

vereine mit dem Thema auseinandersetzen, um nicht

ist jedoch zu prüfen, inwiefern bestehende Konzepte

Gefahr zu laufen, an aktuellen gesellschaftlichen Ent-

und Modelle des Kinder- und Jugendsports auf die in-

wicklungen vorbei zu planen und so Möglichkeiten zur

dividuellen Gegebenheiten vor Ort angepasst werden

Weiterentwicklung ungenutzt zu lassen. Denn zwi-

können.

schenzeitlich ist es „keine Frage mehr, ob der Sport im Ganztag stattfindet, sondern vielmehr wie er stattfin-

Unabhängig davon werden die Vereine des Kinder-

den soll!“ (vgl. Neuber, 2015).

und Jugendsports nicht umhin kommen, sich zu positionieren. Ziel sollte es sein, das Vereinsprofil so auszurichten, dass die Übernahme gesellschaftlicher Aufgaben und die Orientierung an den Bedürfnissen der

Perspektiven

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Literatur Breuer, C., Feiler, S. & Wicker, P. (2013). Schulpolitische Veränderungen und Sportvereinsentwicklung. In C. Breuer (Hrsg.), Sportentwicklungsbericht (SEB) 2011/2012 – Analyse zur Situation der Sportvereine in Deutschland (S. 98-115). Köln: Sportverlag Strauß. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). (2017). 15. Kinder- und Jugendsportbericht. Bericht über die Lebenssituation junger Menschen und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland. Zugriff unter https://www.bmfsfj.de Deutsche Sportjugend (dsj) (2008). Grundsatzpapier des Deutschen Olympischen Sportbundes und der Deutschen Sportjugend zur Ganztagsförderung – Chancen der Ganztagsförderung nutzen. Frankfurt am Main: Deutsche Sportjugend Kultusministerkonferenz (KMK). (2016). Allgemein bildende Schulen in Ganztagsform in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland – Statistik 2011-2015. Zugriff im Februar 2016 unter https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/Statistik/.../GTS_2015_Bericht.pdf Landessportbund Nordrhein-Westfalen (2015). NRW bewegt seine KINDER! Bewegte Kindheit und Jugend in Nordrhein-Westfalen. Konzepte und Initiativen im Verbundsystem. Arbeitszeitraum 2010-2015. Duisburg: Landessportbund Nordrhein-Westfalen Naul, R. (2005). Bewegung, Spiel und Sport in offenen Ganztagsschulen. In sportunterricht Jg. 54, (S. 68-72). Schorndorf: Hoffmann. Naul, R. (2011). Bewegung, Spiel und Sport in der Ganztagsschule: Bilanz und Perspektiven. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Sportjugend. Edition Schulsport, Band 14. 253 Seiten. Aachen: Meyer & Meyer Verlag. Neuber, N., Kaufmann, N. & Salomon, S. (2015). Ganztag und Sport. In W. Schmidt (Hrsg.), Dritter Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht – Kinder- und Jugendsport im Umbruch (S. 416-443). Schorndorf: Hoffmann. Rauschenbach, T. (2015). Zwischen Schule und Verein – der Sport im Zeitalter der institutionalisierten Kindheit. In Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB)/Deutsche Sportjugend (dsj) (Hrsg.), Dokumentation der DOSB Fachkonferenz Sport & Schule 2015 – Der organisierte Sport zwischen Dienstleister und Mitgestalter im Ganztag (S. 13-20). Frankfurt am Main: Deutscher Olympischer Sportbund/Deutsche Sportjugend. StEG, (2010). Ganztagsschule: Entwicklung und Wirkungen. Zugriff unter http://bmbf.pubRD/steg_2010.pdf. Süßenbach, J. & Klaus, S. (2015). Kommunale Bildungslandschaften und Sport. In W. Schmidt (Hrsg.), Dritter Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht – Kinder- und Jugendsport im Umbruch (S. 416-443). Schorndorf: Hoffmann. Züchner, I. (2008). Das weitere pädagogisch tätige Personal an Ganztagsschulen – Ein Überblick. In D. Wunder (Hrsg.). Ein neuer Beruf? – Lehrerinnen und Lehrer an Ganztagsschulen (S. 55-68). Schwalbach: Wochenschau. Züchner, I. (2011). Sportvereine im Ausbau von Ganztagsschulen – eine empirische Bestandsaufnahme. In Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB)/Deutsche Sportjugend (dsj) (Hrsg.), Dokumentation der DOSB Fachkonferenz Sport & Schule 2011 – Quo vadis, Sportverein und Ganztagsschule? (S. 19-35). Frankfurt am Main: Deutscher Olympischer Sportbund/Deutsche Sportjugend. Züchner, I. (2014). Kooperation von Schule und Sportverein – Entwicklungspotenzial für außerunterrichtliche Sportsangebote in Ganztagsschulen. In sportunterricht, Heft 12 (S. 374-379). Schorndorf: Hoffmann. Züchner, I. und Mink, N. (2016). Zu wenig Zeit für Hobbys? Der Ausbau der Ganztagsschule hat Anfang der 2000er viele Befürchtungen geweckt. Zu Recht? In Deutsches Jugendinstitut (DJI) 2/2016 (S. 14-17). München: Deutsches Jugendinstitut.

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Literatur



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