Social Cinema

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Social Cinema Bewegte Bilder. Bewegte Menschen.

Filmfestival 02.-05.07.2018


Social Cinema Bewegte Bilder. Bewegte Menschen. Filmfestival der Studierenden Soziale Arbeit HS Koblenz

02.-05.07.2018 Modul 15

Soziale Bewegungen und Selbstorganisation. V.i.S.d.P. Peter-Erwin Jansen M.A.


Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Editorial

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Filmvorstellungen Der Marsch

4-5

Dutschke

6-7

The Butler

8-9

The Danish Girl

10-11

Moonlight

11-12

I, Daniel Blake

12-13

Battle of the Sexes

13-14

Das Team

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Editorial

An der Schnittstelle zwischen sozialer Ungleichheit und Solidarität erheben sich seit dem 19. Jahrhundert Soziale Bewegungen, um kollektiv gegen herrschende Missstände zu protestieren und für versagte Rechte einzustehen. Arbeiterbewegung, Frauenbewegung, Homosexuellenbewegung, Krüppelbewegung, Occupy, Bewegungen gegen Rassismus. Doch nicht nur Bewegungen entstehen, die für eine Erweiterung von Handlungsoptionen unterschiedlichster „vulnerable Groups“ einstehen sondern auch restaurative oder gar rechte Bewegungen, wie Pegida, agieren in der Öffentlichkeit. Jede dieser Gruppen tritt für einen sozialen Wandel innerhalb der Gesellschaft ein, entweder mit emanzipatorischen Ansprüchen oder eben rückwärtsgewandten Orientierungen. Soziale Bewegungen beschreibt der Politologe Joachim Raschke 1985 als einen „mobilisierender[n] kollektive[n] Akteur, der mit einer gewissen Kontinuität auf der Grundlage hoher symbolischer Integration und geringer Rollenspezifikation mittels variabler Organisations- und Aktionsformen das Ziel verfolgt, grundlegenden sozialen Wandel herbeizuführen, zu verhindern oder rückgängig zu machen.“ Ausgehend von dieser Definition bestehen Soziale Bewegungen, links wie rechts, aus heterogenen, nicht notwendigerweise koordinierten einzelnen Akteuren, die zusammengeschlossen eine wiedererkennbare Gruppe bilden. Als solche befinden sie sich 2

in einer ständigen räumlichen Bewegung und nutzen die ihnen zuteil kommende mediale Aufmerksamkeit als Ressource, um die einzelnen Akteure zu mobilisieren. Aus diesen Komponenten entstehen hochgradig flexible und agile Strömungen, die sich in ihrer konzentrierten Kraft für Veränderungen an der gesellschaftlichen Basis einsetzen und zu einem Wandel innerhalb der bisherigen Strukturen führen können. Strömungen, die sich durch vier mögliche Gruppen von Aktionsformen äußern, von moderaten Protesten (wie z.B. Unterschriftenaktionen), demonstrativen Protesten (z.B. Protestmarsch), konfrontati ven Protesten (Blockade) bis hin zu gewaltsamen Protesten. Die ersten Generationen Sozialer Bewegungen, wie z.B. die Proletarierbewegung Mitte des 19. Jahrhunderts, die besonders durch die Schriften von Karl Marx und Friedrich Engels inspiert war und die elende Situation der arbeitenden Menschen im sogenannten „Manchesterkapitalismus“ zum Gegenstand ihrer Proteste hatte, standen noch für die Etablierung politischer Konkurrenzkonzepte ein und zielten auf eine systemverändernde Revolution. Moderne soziale Bewegungen, die nachab Mitte der 1960er Jahre als „Neue soziale Bewegungen“ bekannt wurden, zeigen sich hingegen gemäßigter und formulieren stattdessen kleinere und einzelne Systeme betreffende reformatorische Ziele. In den letzten Jahren sind Soziale Bewegungen, die nicht direkt für die eigenen Rechte protestieren, sondern sich advokatisch und solidarisch gegenüber der erlittenen Ungleichheit gegenüber Anderen zeigen, wieder stärker in den Fokus gerückt. Mit ihnen gemein hat


die Soziale Arbeit, dass sie sich in ihrem Professionsverständnis für die anwaltliche Vertretung der Klient*innen, also Anderen einsetzt. Ebenfalls in den letzten Jahren und zusehend präsenter sind konservative Soziale Bewegungen (z.B. Pegida, Identitäre), die als Beispiel für restaurative Veränderungen zu vormodernen oder neo-nationalistischen Zielen stehen. 2018 feiert die Studentenbewegung ihren 50. Geburtstag. Der Fachbereich Sozialwissenschaften, insbesondere aber die daran angeschlossene Soziale Arbeit, hat spätestens durch sie ein weiteres Merkmal ihres Professionsverständnisses gewinnen können, welches angesichts der pluralen Herausforderungen unserer heutigen Gesellschaft zusehend wieder an Wichtigkeit gewinnt: Die politische Aufklärungskraft. Somit versteht sich die Soziale Arbeit heu-

te neben ihrer aktivierenden Stellung von Hilfe zur Selbsthilfe immer auch als systemverändernde Kraft und steht dabei in der direkten Tradition der sozialen Bewegungen, die 1968 erstmals die vollumfängliche Aufarbeitung der NS-Vergangenheit der deutschen Gesellschaft und der in den bundesrepublikanischen Institutionen wieder beschäftigten „alten“ etablierten Kräfte einforderte. Die Redaktion freut sich daher im Namen des gesamten Modul 15 der Hochschule Koblenz darauf, Sie herzlich zum Filmfestival Social Cinema – Bewegte Bilder – Bewegte Menschen begrüßen zu dürfen und die Geschichte der Sozialen Bewegungen durch eindrucksvolle Bilder aus sieben ausgewählten Filmen zu begleiten. Autoren: Harken, Hubertz, Zepp

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Menschenrechtsbewegung

Akteure für die Einhaltung der Menschenrechte stellen meist spontane, selten selbst organisierte und sich selbst verwaltende Kollektive, oder gar Soziale Bewegungen dar, deren Ziele die weltweite Verankerung der Menschenrechte in den Verfassungen, sowie die Durchsetzung eben jener Rechte für jedes Individuum „qua Mensch“ sind. Bewegungen für Menschenrechte zeigen anhand von Menschenrechtsverletzungen die universelle Bedeutung dieser Schutzrechte. Die sich daraus institutionalisierten Organisationen wie Amnesty International arbeiten dafür unermüdlich. Sie sensibilisieren die Öffentlichkeit für menschenrechtliche Verstöße sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene. Sie

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streben nach dem Erhalt, der Durchsetzung und der Erweiterung von Menschenrechten für alle Menschen, zu jeder Zeit an jedem Ort. Die Weltgeschichte ist eine Geschichte des Kampfes um Menschenrechte in mehreren Generationen – vom Spartacusaufstand in Rom, über versklavte Farbige in den USA, über die Vernichtungskriege der NS-Zeit bis heute zu den aktuellen anwaltlichen Kampfen um Migrationsrechte. Flucht und Migration sind weitere zentrale Themen, die im Zuge der Menschenrechtsbewegung angesprochen werden. Denn nach den Ereignissen und Schicksalen der letzten Jahre, sind diese gesellschaftlich und politisch bestimmende Themen und somit für Soziale Bewegungen von großer Bedeutung.

„Der Marsch“

In Teilen Afrikas ist eine ökologische und humanitäre Katastrophe ausgebrochen. Aussichtslos beschließen mehrere tausende Menschen zu Fuß vom Sudan an die europäische Grenze zu marschieren. Jahr: Regie: Laufzeit: Land:

1990 David Wheatley 100 min UK

Rezension

„Der Marsch“ stellt einen zunächst unrealistisch erscheinenden Visionsfilm dar, der 25 Jahre nach seiner Veröffentlichung durch derzeitigen Flüchtlingsbewegun-


gen aktueller und realistischer denn je erscheint. Der Film behandelt also nicht die aktuelle Flüchtlingsdebatte oder ist als Reaktion auf diese zu verstehen, sondern greift bereits lange im Vorfeld (1990) die brisante Thematik erschreckend real auf. Die Themen, Schicksale, Probleme und Hoffnungen der im Film gezeigten Akteure, arm bis reich, Nord bis Süd, Europa bis Afrika, sind dieselben, wie die, die die Akteure heute bewegen. In eindrucksvollen teils schon detailversessenen Bildern wird das Leid tausender Afrikaner cineastisch eingefangen und die Unterschiede zwischen Afrika und Europa sowohl in beeindruckenden Bildern, als auch durch aufrüttelende Zitate: „Wir sind arm, weil ihr reich seid“ verdeutlicht. Durch sein offenes Ende regt der Film zu „Was wäre, wenn“ Überlegungen und weiteren Gedankengängen des Zuschauers an. Insbesondere die Tatsache, dass sich immer mehr verzweifelte Menschen dem Marsch über den afrikanischen Kontinent anschließen, in der Hoffnung gemeinsam Veränderungen bewirken zu können, wirkt stark auf den Zuschauer, zumal Emotionen, Kampgeist aber auch die Verzweiflung der Flüchtlinge stets greifbar sind. Dem Zuschauer stellt sich die Frage, weshalb Menschen die Flucht aus ihrem Geburtsland als einzigen Hoffnungsschimmer sehen.

ßen. Parallelen, zu den realen Grenzen Europas in den Jahren ab 2015. Die Aufnahme von Geflüchteten suggeriert zunächst eine „Willkommenskultur“, die vielerorts dann endet, wenn der Kontakt zu Flüchtlingen plötzlich real wird. „Der Marsch“ ist gekennzeichnet durch einen gemeinschaftlichen Willen, welcher durch den friedlichen und ruhigen Weg der Flüchtenden durch die Wüste seinen Ausdruck findet. Postkoloniale Strukturen sind, so wird es im Film deutlich, in der Welt des „reichen Nordens“ fest verankert, verbleiben statisch oder durchlaufen eine nur langwierige Veränderung. Somit regt „Der Marsch“ zu einer Reflexion über die heutige Situation fliehender Menschen an den ganz realen Grenzen Europas und unserem Umgang mit den Schutzsuchenden an. Autor*innen: Brückner, Tscherkaschin, Grimm, Madaghri, Zimmermann

In Europa erregt der von der Presse getaufte „Marsch“ großes Aufsehen. TVTeams begleiten die Flüchtlinge und die mediale Berichterstattung ist durchgehend positiv. Doch als die Flüchtlinge vor den fiktionalen Grenzen Europas stehen, werden diese nicht willkommen gehei5


Protesten und Terrorismus sind die Folge. Forderungen und spätere Errungenschaften der 68er Bewegung sind unter anderem die Aufarbeitung der NS-Zeit, die Emanzipation der Frau, sexuelle Freiheit, weniger Autorität und Gehorsam in der Erziehung, ein neues Hochschulsystem und die Befreiung vom Establishment. Andererseits beginnt mit der Entstehung der Roten Armee Fraktion und anderen paramilitärischen Gruppierungen in ganz Europa auch eine „bleierne Zeit“.

„Dutschke“

Die 68er Bewegung

Der Zweite Weltkrieg und somit die NSZeit als das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte waren gerade einmal zwei Jahrzehnte beendet. Durch die verfassungsstaatliche Demokratisierung und eine langsam fortschreitende „Normalisierung“ kann die Bevölkerung endlich wieder aufatmen. Durch das Wirtschaftswunder setzt eine Blütephase der jungen Bundesrepublik ein. Doch diese gesellschaftliche Konsolidierungsphase hält nicht lange an: Wiederaufrüstung, Notstandsregelungen, Vietnamkrieg, Kubakrise, der Mauerbau und die Gründung der ersten großen Koalition sorgen ab Mitte der 1960er Jahre erneut für bundesweite, ja weltweite Unruhnen. Jahre, geprägt von Demonstrationen, 6

In dem Film wird die Lebensgeschichte Rudi Dutschkes, einer zentralen Figur der 68er-Bewegung, erzählt. Nachgespielte Szenen wechseln sich mit Interviewpassagen ab, in denen Freunde, Weggefährten und Gegner den politisch radikalen Dutschke charakterisieren und über das Phänomen der revolutionären Bewegung sprechen, die 1968 aufflammte. Jahr: Regie: Laufzeit: Land:

2009 Stefan Krohmer 90 min Deutschland

Rezension

„Dutschke“ ist ein 2009 erschienenes deutsches Doku-Drama von Daniel Nocke und Stefan Krohmer. Der 90-minütige ZDF-Fernsehfilm basiert auf dem Leben des in Berlin lebenden, marxistischen Soziologen Rudi Dutschke. Die wichtigsten Informationen für den Film sind den Tagebüchern Dutschkes, als auch den Büchern von Gretchen


Dutschke-Klotz, Dutschkes Witwe entnommen. Das Doku-Drama zeichnet dabei nicht nur das Porträt des Menschen und Revolutionärs Rudi Dutschkes nach, sondern auch das Bild einer ganzen Generation mitsamt ihren Utopien, Herausforderungen und Enttäuschungen. Der Film setzt im Jahr 1964 ein und spürt entscheidenden Stationen des Lebensweges von Rudi Dutschke nach. Ausführlich zeigt der Film die Zeit, in der Dutschke zur zentralen Figur der 68er-Bewegung aufstieg, bis er in den Jahren 1967- 1968 ihr maßgebliches Sprachrohr wurde, ehe er schließlich im April 1968 durch ein Attentat aus dem politischen und öffentlichen Leben gerissen wurde. Ebenfalls wird die danach beginnende Phase des Exils (Dänemark, England) bis hin zu den ersten erneuten öffentlichen Auftritten in den Siebzigern behandelt. Die letzten Szenen des Films zeigen den Tod Dutschkes am Heiligen Abend 1979 und schließen die filmisch umgesetzte Biographie um die Figur Rudi Dutschke ab. Die Filmemacher setzen dabei handwerklich auf eine gelungene Mixtur aus nachgestellten und inszenierten Spielszenen, Dokumentaraufnahmen und Interviewpassagen mit Freunden und Zeitzeugen, wodurch ein faszinierendes Gesamtbild erschaffen wird. Daniel Nocke und Stefan Krohmer haben überzeugende Arbeit geleistet. Besonders hervorzuheben ist die schauspielerische Leistung des Hauptdarstellers, Christoph Bach, der die Titelfigur so überzeugend verkörpert, dass in vielen Szenen des Films kaum mehr ein Unterschied zum realen Vorbild erkennbar ist. Dazu tragen auch die äußerst stimmig und zeitgenössisch wirkenden Frisuren, Kostüme und Interieure bei. Dem Film gelingt es viele Mythen um die Figur Dutschke, wie z.B. die des „jesuanischen“ Menschen, zu dekonstruieren. Seinen stilistischen Höhepunkt erreicht das

Doku-Drama als Interviewszenen zweier verfeindeter Dutschke-Freunde gegeneinander geschnitten werden. Zu kritisieren sind wiederrum Stellen, an denen Mythen um die Figur des Rudi Dutschke fortgeführt werden oder wichtige Informationen und Erkenntnisse nicht behandelt werden. So geht der Film nicht näher darauf ein, dass der Polizist Karl-Heinz Kurras, welcher 1967 den Studenten Benno Ohnesorg am Rande der Demonstration gegen den persischen Schah Pahlavi in Westberlin erschoss und so die Radikalisierung der Studentenbewegung endgültig vorantrieb, als „IM“ (Spitzel) des ostdeutschen Ministeriums für Staatssicherheit arbeitete. Die größte Kritik, die sich der Film zuzuschreiben hat, ist darüber hinaus die stellenweise ungenaue Darstellung von Ereignissen und Materialen, wie z.B. falsche Artikel der Bild-Zeitung. Der Film wird durch die Widersprüche und die Kritik allerdings erst richtig reizvoll, denn Rudi Dutschke ist eine polarisierende Figur, die man liebt zu lieben oder liebt zu hassen. In der Kontroverse um den Film lebt der Geist von Rudi Dutschke weiter, sodass er der Biografie um die „Ikone“ der 68er Bewegung mehr als gerecht wird. Autor*innen: Riffel, Chemodanova,Castor, Bock, Barth

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Baptistengemeinde, Martin Luther King. Bis zur heutigen Zeit ist das Thema der Gleichberechtigung afroamerikanischer Menschen vor allem in den Vereinigten Staaten präsent.

„Der Butler“

Bürgerrechtsbewegung

Die Bürgerrechtsbewegung ist eine soziale Bewegung rassistisch diskriminierter Afroamerikaner, die sich gegen Soziale Strukturen wie Rassentrennung und Diskriminierung in den Vereinigten Staaten einsetzt. Gerade die 1950er und 1960er Jahre waren geprägt von Veränderungen und stellten so die Blüte der Bewegung dar. Die Hauptthemen waren die Gleichberechtigung und Gleichstellung afroamerikanischer Mitbürger gegenüber der weißen amerikanischen Bevölkerung. Das Gesicht aller Aktivisten ist bis heute hierbei der 26-jährige Pastor einer 8

Nach der Ermordung seines Vaters auf einer Baumwollplantage 1926 wird der junge Cecil Gaines im Laufe der Jahre vom einfachen „Haus-Nigger“ zum Butler im Weißen Haus. Während er sieben Präsidenten dient, schließt sich sein Sohn Louis der radikalen Bürgerrechtsbewegung Black Panthers an. Die unterschiedlichen Auffassungen eines „guten“ Lebens bringen Vater und Sohn auseinander – einzige Verbindung ist die alkoholabhängige Frau von Cecil und Mutter von Louis, Gloria. Jahr: Regie: Laufzeit: Land:

2013 Lee Daniels 132 min USA

Rezension

Der am 10.Oktober 2013 in Deutschland veröffentlichte Film „Der Butler“ erzählt die Geschichte des Cecil Gaines, im wahren Leben Eugene Allen. Der Film hat eine Spiellänge von 2 Stunden und 15 Minuten und eine Altersfreigabe ab 12 Jahren.


„Der Butler“ thematisiert die Bürgerrechtsbewegung und die sozialen Unterschiede innerhalb der Bevölkerung der Vereinigten Staaten von Amerika. Ganz offen, unverblümt und doch wohl zu schwach zeigt der Autor auf, welche Zeit afroamerikanische Mitbürger in den Vereinigten Staaten zu durchleben hatten. Dabei verliert er Familie Gaines als roten Faden nie aus den Augen – sie veranschaulichen und erzählen den größten Teil der Geschichte anhand ihres Lebens und geben einer Zeit Gesichter. Forest Whitaker als Butler zeigt zum einen politische Neutralität und Respekt vor einem Aufbäumen gegen die Weißen der Bevölkerung, zum anderen aber auch immer wieder, dass sein Herz für das gleiche schlägt, wie es das seines Sohnes Louis, von David Oyelowo gespielt, tut. Dieser radikalisiert sich allerdings, wird politisch aktiv und kämpft offensiv für Gleichberechtigung. Wie unterschiedlich also mit den Problematiken der Ungleichheit und Rassentrennung umgegangen wurde wird sehr deutlich.

hend betrachtet werden. Dramatik und teilweise ein wenig Humor wird hier aber als Mittel eingesetzt, um den Zuschauer auch über diese Szenen hinweg zu unterhalten. Auch scheint es dem Autor wichtig gewesen zu sein, dass weiße Menschen nicht ausschließlich die Bösen waren – so zeigt er Kennedy als gerechtigkeitssuchend und einzelne weiße Mitbürger als Anhänger zwischen vielen Schwarzen. Schlussfolgernd bietet der Film anhand einer beeindruckenden Lebensgeschichte einen guten Einblick in die Entwicklung einer Gesellschaft und die Fortschritte der Bürgerrechtsbewegung. Ein durchweg gelungener Hollywood-Film, dessen Kompaktheit der Komplexität der überstehenden Thematik allerdings nicht gerecht werden kann. Autor*innen: Demary, Franzen, Fritsche, Kröll

Im Großen und Ganzen soll der Film wohl eines: Mitgefühl entfachen und den Stereotypen des „Schwarzen Menschen“ aufbrechen; obwohl Sidney Poitier als Onkel Tom den von den Weißen gesehenen Schwarzen glaubhaft verkörpert. Insgesamt ist es dem Autor sehr gut gelungen, die Thematik aufzugreifen – schade nur, dass gerade die Szenen der Bürgerrechtler selten aufkommen, Präsidenten nur Minutenauftritte haben und wohlmöglich wichtige Vorkommnisse aufgrund der Spiellänge nicht tieferge9


„The danish girl“

Der Film „The danish girl“ beruht auf einer wahren Begebenheit und handelt von der Geschichte des dänischen Malers Einar Wegener, der sich in den 1930er Jahren als einer der ersten Menschen einer geschlechtsangleichenden Operation unterzog. Jahr: Regie: Laufzeit: Land:

Transsexuellen Bewegung

Der Begriff Transsexualität wurde von Magnus Hirschfeld (dt. Arzt) in den 1920ern eingeführt und beschreibt Personen, die sich dem jeweils anderen Geschlecht zugehörig fühlen und eine körperliche Angleichung an das „richtige“ Geschlecht anstreben. Bereits in den 1930ern fanden erste geschlechtsanpassende Operationen statt und seit den 1950ern werden Hormontherapien durchgeführt. Die Transsexuellen Bewegung setzt sich für mehr soziale und juristische Anerkennung und Akzeptanz der Transsexuellen in der Gesellschaft ein.

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2015 Tom Hooper 119 min Dänemark

Rezension

In dem Film „The danish girl“ von Oscar Preisträger Tom Hooper, geht es um die Lebensgeschichte des dänischen Malers Einar Wegener und seiner Frau Gerda. Als ein Model, das für Gerda posieren sollte nicht auftaucht, wird Einar bereitwillig als Frau verkleidet. Er verkörpert diese Rolle sehr überzeugend und entdeckt dabei seine weibliche Seele, die er und seine Frau später als Lili Elbe bezeichnen. Einar beginnt sich immer unwohler in seinem männlichen Körper zu fühlen und möchte endgültig seine weibliche Identität annehmen. Der Film ist einer der ersten, der sich mit dem Thema


Transidentität auseinandersetzt und erzählt mitreißend und voller Gefühl über einen historisch bedeutsamen Schritt der Transsexuellen Bewegung. Der Regisseur Tom Hooper macht aus dem Film ein schauspielerisch beeindruckendes intensives Identitäts- und Ehedrama. Dennoch werden in dem Film die Probleme und die Gespaltenheit Einars auf dem Weg sich selbst zu finden nicht deutlich genug gespiegelt. In der wahren Geschichte Einars berichtet er sogar von einem Suizidversucht. Dieser reflektiert sehr deutlich das Leiden und die psychischen Probleme, die eine solche Umwandlung mit sich bringen, von dem im Film jedoch nichts aufgegriffen wird. Transsexuelle sind in der Gesellschaft häufig Anfeindungen oder Diskriminierungen ausgesetzt. Der Film zeigt lediglich eine Szene in Frankreich, in der Einar von mehreren jungen Männern beleidigt und zu Boden geschlagen wird. Die An-

feindungen, wenn man bemerkt, dass der Film in den frühen 20er Jahren spielt, müssten noch stärker repräsentiert werden. In diesem Zeitalter wurde Transsexualität noch als Krankheit und etwas Abnormales angesehen und müsste auf wesentlich mehr Ablehnung gestoßen sein, als es im Film gezeigt wird. Außerdem werden im Film Geschlecht und Sexualität nicht deutlich voneinander abgetrennt, sondern vermischt. Einar fühlt sich als Frau, jedoch ändert sich mit der Geschlechtsumwandlung auch seine sexuelle Orientierung, was nicht zwangsläufig der Fall sein muss. Autor*innen: Budig, Kollig, Kreßmann, Puderbach, Schönberg

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„Moonlight“

Das mit dem Oscar ausgezeichnete Meisterwerk erzählt einerseits gefühlvoll die Story eines jungen Afroamerikaners auf seinem Weg zur Identitätsfindung. Andererseits stellt der Film die Vielschichtigkeit aber auch Homophobie der Gesellschaft dar. Jahr: Regie: Laufzeit: Land:

Homosexuellenbeweguung

Nach Jahren der Verfolgung und Diskriminierung entstand durch den „Stonewall“ Aufstand vom 28. Juni 1969 in New York die Homosexuellenbewegung. In dieser Identitätsbewegung kämpften Schwule und Lesben für sexuelle Befreiung, Gleichberechtigung und Integration. Die Selbstbezeichnung „schwul“ und „lesbisch“ hatte zum Ziel, diesen Begriffen den Schimpfwortcharakter zu nehmen. Die Öffentlichkeit sollte ihre Vorurteile und Anfeindungen aufgeben. Nach jahrzehntelangem Kampf wurden viele Ziele erreicht. Vieles bleibt aber auch noch in Zukunft zu tun. 12

2016 Barry Jenkins 111 min USA

Rezension

„That is not a joke! Moonlight- best picture!” (Regisseur von LaLa Land bei der Oscarverleihung 2017). Genauso wie die Zuschauer bei der Oscarverleihung 2017 Zeugen eines Missverständnisses wurden, so werden auch die Zuschauer von „Moonlight“ Zeugen eines Missverständnisses: Dem Missverständnis über falsche Vorstellungen von Männlichkeit und zugeschriebenen Rollenbildern. Der Regisseur Barry Jenkins versteht es auf eindrucksvolle Weise das teils autobiographische Sozialdrama in Form von poetischen Bildern und ungewöhnlicher Kameraführung darzustellen. Im ersten Teil des Films begleiten die Zuschauer „Little“, gespielt von A. Hibbert, in eine Welt aus Kriminalität und Armut. Durch eine schicksalhafte Begegnung mit dem Drogendealer Juan erfährt Litt-


le langsam, dass er anders fühlt als die anderen Kinder in seinem Umfeld. Die orchestrale Filmmusik steht genau wie „Little“ im krassen Gegensatz zu dem aus vorgeschobener Härte bestehendem Schauplatz. Auch das Spiel mit Farben, Licht und Schatten, sowie das Element des Wassers vermitteln ein Gefühl der Suche und Lebenskraft. Nach und nach nimmt die Welt Einfluss auf die Entwicklung des Protagnisten. Dem Zuschauer soll klar werden, wo die Vorstellung von Männlichkeit vergiftete Formen annehmen kann. Durch einen Strudel aus Gewalt gerät „Chiron“, nun gespielt von A. Sanders, im 2. Teil in eine Sackgasse. Nachdem er erste sinnliche Erfahrungen auf seinem Weg der Identitätsfindung machen konnte, bricht er emotional zusammen. Im 3. Teil des Films wird gezeigt, was die vergangenen Erfahrungen mit „Black“ (T. Rhodes) gemacht haben. Bevor seine Metamorphose beginnt, verkörpert

er die Form von Männlichkeit, die durch Macht und Herrschaft die Dinge bezwingen will, die als schwach wahrgenommen werden. Der Film überzeugt durch seine Authentizität und gefühlvolle Darstellung des echten Lebens, in dem jeder Mensch entscheiden muss, wer er einmal sein möchte. Besonders beeindruckend ist die Art und Weise, wie Berry Jenkins es schafft, eine ernste Thematik nicht wertend, sondern für den Zuschauer erfahrbar darzustellen. Ein ungewöhnlicher Film, dessen Atmosphäre auch im Nachhinein seine Wirkung entfaltet. Für ein Publikum, das spannungsgeladene und „laute“ Bilder auf der Leinwand sucht, ist dieser Film allerdings nicht geeignet. Moonlight besticht durch seine stillen Töne und Unmittelbarkeit in einer Welt, in der immer wieder aufeinanderprallt, was moralisch ist und was nicht. Auror*innen: Reichelt, Sezgin, Serban, Vukajlic

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schaftskrise - für steigende Ungleichheit, Armutsrisiko oder Perspektivlosigkeit stehen. Unter dem Slogan „We are the 99%“ experimentierten sie vor Ort u.a. mit basisdemokratischen Prozessen. Das Konzept der radikalen Protestform im Zeichen für Solidarität und Demokratie verlief überwiegend friedlich und erzeugte durch die spontane globale Vernetzung via Internet eine Strahlkraft, die weitere darauf folgende Bewegungen maßgeblich beeinflusste (z.B. Blockupy, Oc-cupy Gezi).

„ I, Daniel Blake„

Occupy Bewegung

Motiviert durch die teils erfolgreichen bürgerlichen Umbrüche ab 2010 (sog. Arabischen Frühling) in Nordafrika und inspiriert von der horizontalen Organisationsform der „Indignados“ (Empörte) - der „15.Mai“-Graswurzelbewegung aus Spanien, formte sich die Occupy-Bewegung und brachte ab Herbst 2011 in weltweit fast 1000 Städten junge wütende Menschen auf die Straßen, um ein Zeichen gegen „die Gier der Banken“ zu setzen. Sie besetzten negative Symbolträger wie die Wall Street oder den Neubau der EZB, die - gerade in Zeiten der Weltwirt14

Nach einem Herzinfarkt ist der 59-Jährige Daniel finanziell auf das Sozialsystem angewiesen. Um Unterstützungszulagen zu erhalten wird der humane Zimmerergeselle mit den inhumanen Instanzen des Sozialapparats konfrontiert. Jahr: Regie: Laufzeit: Land:

2016 Ken Loach 100 min UK

Rezension

Im Mittelpunkt des Sozialdramas steht Daniel Blake, der sich dem System gegenüber loyal verhielt und stets das tat, was der Staat von ihm verlangte. Nun sieht er sich, wo es darauf ankommt, einem


Sozialsystem ausgesetzt, welches spürbar andere Prioritäten verfolgt, als dem Menschen Daniel Blake zu helfen. Der scheinbar harmlose Prozess einer Widerspruchserklärung gegen nicht bewilligte Sozialleistungen entwickelt sich für ihn so zum Höllentrip. Regisseur Loach zeigt damit die Gefahren der Entmenschlichung, die neoliberale Politik mit sich bringen kann. Teile des sozialen Apparates wurden privatisiert, arme Menschen werden in die günstigere Peripherie umgesiedelt und der „Leitungsträger“ verkommt zu einer namenslosen nicht greifbaren dafür aber bedrohlichen Überinstanz, die darauf ausgelegt ist, die Klienten durch Androhung von Sanktionierungen zu drangsalieren und zu entwürdigen. Als Drama wäre dieser Film nur halb so erschütternd, wenn er nicht die Sachlichkeit einer Milieustudie und die präzise Kenntnis englischer Sozialbürokratie erkennen ließe, in der Blake vor der Gefahr steht, zur bloßen Ware zu verkommen. Loach verzichtet auf malerische Groß-

aufnahmen, spezielle Soundeffekte oder aufpolsternde Nebengeschichten, konzentriert sich auf seinen Protagonisten, den er fast schon dokumentarisch und ohne gefühlige Kameranähe abbildet. Es entsteht eine Distanz, in der die Zuschauer*innen als Zeugen die Konsequenzen von Armutsverhältnissen ungeschönt und ungekürzt erleben. Im Grunde stellt Loach in seinem Film damit die Frage nach der Machtverteilung zwischen Mensch und Ökonomie. Ein Thema, welches für globalisierungskritische Organisationen schon immer relevant war und in postdemokratischen Zeiten allgemein von aktueller Brisanz zeugt. Ähnlich wie die Organisationen tut auch Blake seinen Unmut - in Form des Protests - kund, erzeugt öffentliche Aufmerksamkeit in der puren Hoffnung, damit etwas zu bewirken. Autor*innen: Gruschka, Klamp, Niedler

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„Battle of the Sexes„

… erzählt die wahre Geschichte hinter dem 1973 ausgetragenen Tennismatch zwischen der Weltranglistenführenden und Feministin Billie Jean King und dem Ex-Wimbleton-Gewinner und Shauvinisten Bobby Riggs. Der Ausgang sorgte für gleiche Preisgelder für Tennisspielerinnen und schlug gesellschaftliche Wellen weit über den Sport hinaus. Jahr: 2017 Regie: Jonathan Dayton Valerie Faris Laufzeit: 121 min Land: UK / USA

Die neue Frauenbewegung

Der Tomatenwurf brachte die neue Frauenbewegung 1968 in die deutschen Medien. Von diesem Zeitpunkt an kämpften die Frauen wie Feministinnen weltweit unter anderem für Selbstbestimmung, Gleichberechtigung, sexuelle Befreiung, sowie das Recht auf Abtreibung und gleiche Löhne.

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Rezension

Der Film „Battle of the Sexes“ zeigt nicht nur das gleichnamige legendäre Tennismatch, sondern würdigt darüber hinaus Billie Jeans persönlichen Weg im Kampf für Geschlechtergerechtigkeit. Sie wird hervorragend von der Oscar Preisträgerin Emma Stone gespielt. Diese schafft es Kings Körpersprache und Sprechweise überaus authentisch zu übernehmen. Darüber hinaus wird sie der Person von Billie mehr als gerecht, indem sie trotz hoher Präsenz der selbstbewussten Rolle


genug Raum für weitere Charaktere und Handlungsstränge lässt. Ihr Gegenspieler Bobby Riggs wird von Steve Carrell verkörpert, der dem Original durch seine Optik und Schauspielleistung zum Verwechseln ähnelt. Trotz geringerer Screentime bringt er die Persönlichkeit mit Humor und angemessener Ernsthaftigkeit auf die Leinwand. Besonders lebendig wird der Film auch durch die Auswahl der Nebendarsteller. Die Regie legt in der Umsetzung von Kameraeinstellungen, Kostüm und Maske sowie der Gestaltung der Atmosphäre großen Wert auf möglichst detailgetreue Repräsentation der Originalaufnahmen und erzeugt damit das Gefühl in die Zeit der 1970er Jahre zurückgeworfen zu werden. Dabei erschafft die gemeinsame Regie von Jonathan Dayton und Valerie Faris einen persönlichen und emotionalen Film, dessen Atmosphäre trotz Ernsthaftigkeit der Gleichberechtigungsthematik nie erdrückend wirkt. In seinen 121 Mi-

nuten bietet der Film ausreichend Zeit beide Protagonisten zu etablieren, bleibt dabei aber kurzweilig und spannend. Battle of the Sexes bietet für ein breites Publikum Zugang zum Thema Frauenbewegung, da er über die Würdigung der Historie hinaus als spannendes Drama überzeugt. Das Biopic präsentiert den Mikrokosmos Tennis als Stellvertreter gesellschaftlichen Wandels und ist durch die Thematik gleicher Löhne auch heute noch aktuell. Alles in allem ist Battle of the Sexes für Jedermann und Jederfrau sehr empfehlenswert, auch wenn es sich durch die Thematik zwischen dem Mikrokosmos Tennis und der Frauenbewegung um einen Nischenfilm handelt. Autor*innen: Becker, Bode, Kollenbrandt, Werding, Zahn

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Das Team : Organisation:

Dudel, Janorschke, Müller, Mezger, Scheld, Hentsch

Grafik / Redaktion: Harken, Hubertz, Zepp

Filmauswahl:

Brückner, Tscherkaschin, Grimm, Madaghri, Zimmermann Riffel, Chemodanova, Castor, Bock, Barth Demary, Franzen, Fritsche, Kröll Budig, Kollig, Kreßmann, Puderbach, Schönberg Reichelt, Sezgin, Serban, Vukajlic Gruschka, Klamp, Niedler Becker, Bode, Kollenbrandt, Werding, Zahn

Kooperationspartner:

AStA HS KOBLENZ 18



AStA HS KOBLENZ


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