RWTHinsight 1+2/2017|18

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RWTH insight Universitätszeitung

1+2, 2017 18 Studierende und wissenschaftliche Mitarbeiter konstruieren mit Laserstrahlen ein futuristisches Musikinstrument. Foto: Peter Winandy

Licht wird zu Musik Der Laser hat seinen Siegeszug durch die Labore, Fabriken und Schlafzimmer dieser Welt angetreten, er ist aus dem heutigen Alltag nicht mehr wegzudenken. Auch zu Unterhaltungszwecken wird Laserlicht gerne verwendet. So sind in der New Age Musikszene Laserharfen bereits vertraute elektronische Instrumente. Zu den bekanntesten Künstlern zählt der Franzose Jean-Michel Jarre. Nachdem der Diplom-Ingenieur Georg König eines seiner Videos sah, initiierte er an der RWTH die Konstruktion einer Laserharfe. Das war machbar am Lehrstuhl für Technologie Optischer Systeme (TOS), wo König als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig ist. TOS und die Lehrstühle für Lasertechnik, für Digitale Additive Produktion und das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik bilden gemeinsam ein führendes Zentrum für Auftragsforschung und -entwicklung im Bereich Lasertechnik. Das bot ideale Voraussetzungen für das Projekt Laserharfe. Projekt- und Bachelorarbeit König und sein Kollege Marcel Prochnau machten sich im Sommer vergangenen Jahres per Aus-

schreibung auf die Suche nach Studierenden, die im Rahmen einer Projekt- oder Bachelorarbeit ein solches Instrument bauen sollten. Drei Monate später war der Prototyp einsatzbereit und wurde während der RWTH-Wissenschaftsnacht „5 vor 12“ im November öffentlich präsentiert. Die Harfe beruht auf einer etwa ein Quadratmeter großen Plattform. Im Inneren der schwarzen Kiste verbirgt sich aufwändige Technik. Dort werden zunächst Laserstrahlen produziert und auf Spiegel gelenkt, die dann zwölf Strahlen senkrecht durch ein Glasfenster der Plattform schicken. Eine Optikeinheit mit den drei Grundfarben Rot, Gelb und Blau sowie zwei Farbfilter ermöglichen es, die Laserstrahlen in allen Farben darzustellen. Unterschiedliche Farbkombinationen bedeuten auch verschiedene Klänge, etwa Geigen- oder Gitarrentöne, aber auch Schlagzeug-Beats. Gespielt wird die Harfe von einer oder mehreren Personen mit den Handflächen. Sobald man die fächerförmig ausgesandten Laserstrahlen unterbricht, wird dies von Fotodioden erkannt. Die eigentlichen Töne erzeugt ein Computer, auf dem die Ton-Kombinationen programmiert sind. „So

können wir beispielsweise auch klassische Stücke aufführen“, erklärt König. Voraussetzung für die Projektmitarbeit war eine musikalische Vorbildung und das Beherrschen eines Musikinstrumentes. König selbst spielt Elektro-Gitarre und Schlagzeug, Jan Maetschke Kirchenorgel, Johannes Rinck Klavier, Robert Beseler Klarinette und Jonas Rachner Geige. Marcel Prochnau und Nicole Grubert, die ihre Bachelorarbeit über die Technik der Laserharfe schreibt, spielen kein Instrument. Sie beherrschen aber die Technik der Apparatur: Ziel von Studentin Grubert ist, die Laserharfe deutlich kleiner und kompakter zusammenzusetzen, um sie besser handhaben und transportieren zu können.

„Professor Loosens monochromatisches Lichtorchester“ „Mit der Laserharfe lässt sich vieles ausprobieren, was auch im Studium wichtig ist“, betont Prochnau. „Dazu gehören die Programmierung, das Kombinieren und Lenken der Laserstrahlen und das Vornehmen mechanischer Einstellungen.“ Die Gruppe hat noch eine Reihe von Ideen,

wie die Laserharfe weiterentwickelt werden könnte: beispielsweise zu einem Instrument für mehrere Spieler mit dem Klang eines kompletten Orchesters oder eine Erweiterung des Tonumfangs durch Halbtöne. Es könnten ebenfalls zusätzliche Lichteffekte eingebaut werden, die im Takt der Musik einsetzen. König und Prochnau planen, im Rahmen der RWTH-Exkursionswoche neuen interdisziplinären Teams die Chance zu bieten, Laserharfen zu erstellen. Und die derzeit aktive Gruppe möchte noch Live-Auftritte mit der Laser-Harfe absolvieren. Einen Künstlernamen – angelehnt an den Institutsleiter des Lehrstuhls für Technologie Optischer Systeme – hat das Ensemble schon in petto: „Professor Loosens monochromatisches Lichtorchester“. Helga Hermanns

Weniger Stickoxide Um Emissionen wie Stickoxide und Ruß zu reduzieren, entwickeln RWTH-Wissenschaftler alternativen Kraftstoffen aus regenerativen Quellen. Im Kopernikus-Projekt „Power-to-X“ steht die ganzheitliche ökologische Bewertung des alternativen Kraftstoffs Oxymethylenether, kurz OMEx, im Fokus. Beteiligt sind die Lehrstühle Technische Thermodynamik, Systemverfahrenstechnik und Verbrennungskraftmaschinen sowie

das Institut für Technische und Makromolekulare Chemie. Die Zusammenarbeit wurde im „Powerto-Fuel“-Projekthaus und im Exzellenzcluster „Tailor-Made Fuels from Biomass“ etabliert. Studienergebnisse veröffentlichte jetzt das Magazin „Energy & Environmental Science“. Gewöhnliche Kraftstoffe erzeugen bei der Verbrennung das Treibhausgas Kohlendioxid. Alternative Kraftstoffe schließen den Kohlenstoffkreis-

lauf, da sie aus Kohlendioxid hergestellt werden können. Hierzu wird das Kohlendioxid mit Wasserstoff in maßgeschneiderte Kraftstoffe umgewandelt. Wenn der Wasserstoff aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, sind diese Kraftstoffe nahezu klimaneutral. Oxymethylenether, kurz OMEx, sind eine Gruppe dieser maßgeschneiderten Kraftstoffe. Bedingt durch ihre molekulare Struktur und den hohen Sauerstoffanteil verbren-

nen OMEx im Vergleich zu fossilem Diesel mit deutlich niedrigeren Rußemissionen, wodurch sich niedrigere Stickoxidemissionen realisieren lassen. Damit lassen sich Stickoxid- und Rußemissionen reduzieren.

http://pubs.rsc.org/en/content/ articlelanding/2017/ee/c7ee01657c |1


Das Aldenhoven Testing Center bietet acht Streckenelemente für Forschung, Entwicklung und Absicherung von einzelnen Systemen und Gesamtfahrzeugen. Foto: Peter Winandy

Future Mobility Lab Über 100 Automobilexperten nahmen an einem Tag der offenen Tür des Future Mobility Lab der RWTH zu Beginn des Wintersemesters teil. Im Aldenhoven Testing Center – kurz ATC genannt – machten RWTH-Teams deutlich, was im Bereich zukünftiger Mobilität bei Kooperation aller relevanten Fachdisziplinen möglich ist. Mitglieder des Future Mobility Lab sind Institute beziehungsweise Lehrstühle mehrerer Fakultäten und das Human-Computer Interaction Center. „So werden die breiten Kompetenzen unserer Hochschule im Bereich der Mobilitätsforschung zusammengeführt. Das gilt auch für die hier in Aldenhoven entstandene Infrastruktur, die wir über viele Jahre zusammen gestaltet haben“, betonte Professor Lutz Eckstein, Leiter des RWTHInstituts für Kraftfahrzeuge. Das ATC bot den eindrucksvollen Rahmen für Live-Demonstrationen mit Fahrzeugen und für interaktive Präsentationen.

Intelligente Straßenkreuzung „Aus Mitteln der Exzellenzinitiative haben wir im Rahmen eines Verbundprojekts eine intelligente Straßenkreuzung errichtet. Sie wird jetzt um ein urbanes Szenario für vernetztes und automatisiertes Fahren erweitert“, berichtete Eckstein. Das Projekt CERM – Kurzform für Center for European Research on Mobility – umfasst eine flexible IT-Infrastruktur für vernetzte und automatisierte Mobilität. Es ermöglicht die Erprobung neuer Fahrfunktionen, die Analyse und Bewertung der Nutzerinteraktion und -akzeptanz wie auch die Simulation von Funkübertragungen. Darauf aufbauend schafft das Projekt CERMcity eine städtische Testumgebung für automatisiertes Fahren. Damit lassen sich die komplexen Herausforderungen innerstädtischer Kreuzungen für die zunehmend automatisierten Fahrfunktionen darstellen. Die Besucher konnten eine Kreuzung mit intelli-

genten Ampeln, Sensoren und Kommunikationsinfrastruktur, dem Mobilfunk-Testfeld 5G Mobility Lab von Vodafone und der Galileo-Forschungsumgebung automotiveGATE erleben. Gezeigt wurden Funktionen wie das fahrerlose Parken in Parkhäusern, das sogenannte Valet-Parken, oder auch vernetzte Systeme zur Verbesserung der Sicherheit von Fußgängern. So liefern beispielsweise intelligente Straßenlaternen oder spezielle Road-Side-Units Fahrzeugen zusätzliche Informationen über Verkehrsfluss und -dichte. Mit Sensorfusion lässt sich ein deutlich besseres Modell der Umgebung erzeugen, eine wichtige Voraussetzung für das automatisierte Fahren. „Wir arbeiten in einem Netzwerk von Partner der Hochschule und aus der Industrie, die nicht mehr allein aus dem Automobilsektor kommen, sondern zum Beispiel Experten für Mobilfunkinfrastruktur sind“, sagte Eckstein.

Feldversuche im öffentlichen Verkehr Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erproben neue Entwicklungen aber auch in Feldversuchen im öffentlichen Verkehr: Informiert wurde unter anderem über das Projekt PARIS, das parallele Implementierungsstrategien für hoch-automatisiertes Fahren untersucht. Das Center for integrative Traffic investigation (CiTi) baut im ersten Schritt eine Verkehrsdatenbank auf, um letztlich die Ebene des Gesamtverkehrs zu erschließen. Inhalt des Projektes KoMoD ist ein digitales Testfeld, in dem neue Technologien auf Straßen in Düsseldorf getestet werden können. Präsentiert wurde auch das Forschungsprojekt SpeedE: Gefördert von der Hans Hermann Voss-Stiftung macht es das Innovationspotenzial rein elektrisch angetriebener Fahrzeuge erlebbar. Das Fahrzeug wurde als Plattform im Institut für Kraftfahrzeuge gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie sukzessive aufgebaut. Die Plattform bietet die Basis, um innovative Komponenten, Systeme und Funktionen zu entwickeln, auf Gesamtfahrzeugebene zu integrieren und in Fahrversuchen subjektiv und objektiv zu bewerten. SpeedE vereint ein Steer-by-Wire-System mit bis zu 90 Grad Lenkwinkel. Gesteuert wird durch Sidesticks, wie sie in der Luftfahrt bereits etabliert sind. Die Architektur und die offenen Schnittstellen des SpeedE machen eine schnelle Integration und Erprobung von Entwicklungen beispielsweise aus den Bereichen intelligente Antriebe, Thermomanagement oder automatisiertes Fahren möglich. ky www.futuremobilitylab.de

Ministerin sieht RWTH auf gutem Kurs „Die RWTH Aachen ist eine exzellente Hochschule in NRW“, betonte Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, bei ihrem offiziellen Antrittsbesuch in der RWTH. Die gebürtige Aachenerin diskutierte mit dem Rektorat die Entwicklung der Hochschulen in Land und Bund. Sie gratulierte zu den ersten Resultaten in der neuen Exzellenzstrategie, in Forschungs- wie Lehrfragen sowie zu den Fortschritten des Projektes RWTH Aachen Campus. „Die nordrhein-westfälischen Universitäten sind für die Exzellenzstrategie hervorragend aufgestellt, die erste Entscheidung zeigt, wie leistungsstark der Forschungsstandort ist“, sagte Pfeiffer-Poensgen. „Wir blicken der Zusammenarbeit optimistisch entgegen. Die Hochschule hat große Erwartungen in Bezug auf einen notwendigen Bürokratieabbau. Die Entscheidungsprozesse müssen beschleunigt und Aufbruch aus dem Stillstand bei der Entwicklung des Campus West unterstützt werden“, kommentierte Rektor Ernst Schmachtenberg. „Mit den jüngst von der Ministerin formulierten Schwerpunkten in den Bereichen Digitalisierung in Lehre und Forschung sowie beim Bauen und Investieren an Hochschulen und Universitätskliniken sehen wir wichtige Themen im Fokus, mit denen wir uns an der RWTH schon lange intensiv beschäftigen.“

Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (3. von links) mit Kanzlervertreter Thomas Trännapp, Prorektor Professor Malte Brettel, Rektor Professor Ernst Schmachtenberg, Prorektorin Professorin Doris Klee und Prorektor Professor Aloys Krieg (von links). Foto: Andreas Schmitter

Neubesetzung des Hochschulrats Bei ihrem Besuch verabschiedete die Ministerin den scheidenden Hochschulrat und begrüßte die neuen Mitglieder des Gremiums. Der Hochschulrat wirkt unter anderem an der Wahl des Rektorates mit und führt Aufsicht über dessen Geschäftsführung. Auch ist seine Zustimmung zum Hochschulentwicklungsplan, den Zielvereinbarungen und dem Wirtschaftsplan erforderlich.

Neu in dem Gremium sind Professorin Artemis Alexiadou (Humboldt-Universität Berlin, Professur für Englische Sprachwissenschaften und stellv. Direktorin, Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft), Dr. Roland Busch (Chief Technology Officer und Mitglied des Vorstands der Siemens AG), Professor Koenraad Debackere (Universität Leuven, Economics), Professorin Simone Fulda (Direktorin des Instituts für Experi-

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mentelle Tumorforschung in der Pädiatrie, GoetheUniversität Frankfurt, Mitglied des Wissenschaftsrats), Dr. Waltraud Kreutz-Gers (Kanzlerin Universität Mainz), Professorin Ingrid Mertig (Professur für Theoretische Physik, MLU Halle), Christine Peters (Projekt- & Qualitätsmanagement Fasern und Membranen bei der Evonik Fibres GmbH) und Professor Georg Rosenfeld (Vorstand Fraunhofer-Gesellschaft). Wiederbestellt in den

Hochschulrat wurden Dr. Bernd Bohr, Vorsitzender des Hochschulrats (ehem. Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH und Vorsitzender des Unternehmensbereichs Kraftfahrzeugtechnik) und Dr. Robert G. Gossink (Aufsichtsratsvorsitzender der Uniklinik RWTH Aachen). Die Amtszeit des Gremiums beträgt fünf Jahre, der Bestellungszeitraum beginnt am 28. November 2017 und dauert bis zum 27. November 2022.


Extremtests für Satelliten Die Thermal-Vakuum-Kammer des Instituts für Strukturmechanik und Leichtbau SLA der RWTH ist ein zweimal zwei Meter großer, liegender Edelstahl-Zylinder und wirkt auf den ersten Blick recht unspektakulär. Allerdings kann es in dieser Kammer sehr heiß und auch sehr kalt werden – denn es ist möglich, sie auf minus 180 Grad abzukühlen oder auf plus 180 Grad aufzuheizen. Mit der Kammer lassen sich Eigenschaften und Verhalten von Komponenten oder von kompletten Satelliten unter Weltraumbedingungen testen, indem sie mehreren Temperaturzyklen ausgesetzt werden. Im Weltall kann man die Temperatur wegen des Vakuums nicht messen, man nimmt eine Temperatur von drei Kelvin – ungefähr minus 270 Grad – an. Wenn Sonnenlicht auf das Material trifft, wird es andererseits schnell extrem heiß. Jeder Satellit im Weltall muss deshalb ein eigenes Kühl- und Heizsystem haben und ist dennoch extremen Temperaturschwankungen ausgesetzt. Im iBOSS-3-Projekt – Kurzform für Intelligentes Baukastenkonzept für das On-Orbit-SatellitenServicing – entwickelt das SLA zusammen mit dem RWTH-Institut für Mensch-Maschine-Interaktion, dem Institut für Luft- und Raumfahrt der Technischen Universität Berlin, dem Forschungszentrum Informatik in Karlsruhe, dem RIF Institut für Forschung und Transfer e.V. in Dortmund und der Joerg Kreisel International Consultant in Aachen einen modularen Satelliten. Seine Komponenten sollen austauschbar sein. Bislang tragen Satelliten beim Ausfall eines einzigen Systems zum Anwachsen des Weltraummülls bei, oder sie müssen kontrolliert zum Absturz gebracht werden. Besondere Ausstattung im RWTH-Institut Die Kammer des SLA soll wie ähnliche Einrichtungen zur Satellitenqualifizierung genutzt werden. Besonders ist in Aachen aber die Ausstattung, die nach den Vorgaben des Instituts eingebaut

Die Thermal-Vakuum-Kammer des Instituts für Strukturmechanik und Leichtbau SLA testet Satelliten unter Weltraumbedingungen. Foto: Peter Winandy

wurden: Dazu gehören Infrarotlampen, die das Sonnenlicht simulieren und ein temperierbarer Alu-Tisch. Auf ihm können einzelne Komponenten und Materialproben aufgeheizt und abgekühlt werden – mit Hilfe einer Kryopumpe unter extremen Vakuum-Bedingungen. Eine außerhalb liegende Infrarotkamera kann durch das spezielle Saphirglas Wärmeflüsse aufnehmen.

Bevor die Anlage im vergangenen Jahr in Betrieb ging, waren im Institut an der Wüllnerstraße einige Umbauten erforderlich: Da mit flüssigem Stickstoff gekühlt wird, mussten Rohre eingefügt werden, damit der nötige Druck für den flüssigen Zustand aufrecht erhalten werden kann. Seit Juni ist die Kammer einsatzfähig, sie wurde in mehreren Durchläufen getestet und ist jetzt für

NASA-Experte Gerstenmaier referierte

Foto: Andreas Schmitter

die Forschung bereit. Die Thermal-Vakuum-Kammer steht nicht nur den Mitgliedern des iBOSS3-Projekts, sondern weiteren interessierten RWTH-Einrichtungen zur Verfügung. Rauke Bornefeld Anna Häming, +49 241 80-96833 anna.haeming@sla.rwth-aachen.de

William H. Gerstenmaier gab Mitte Dezember im Hörsaalgebäude C.A.R.L. einen Ausblick auf die Entwicklung der bemannten Raumfahrt. Der Associate Administrator for Human Exploration and Operations der US-Raumfahrtbehörde NASA referierte zum Thema „From the International Space Station to Mars – The future of manned Space Exploration“. Der Raumfahrtexperte sprach vor vollbesetzten Rängen, der öffentliche Vortrag wurde sogar noch in einen weiteren Hörsaal übertragen. Der Besuch von Gerstenmaier in der RWTH hatte einen aktuellen Hintergrund: Das Alpha-Magnet-Spektrometer-Experiment, kurz AMS genannt, wurde zu bedeutenden Teilen am I. Physikalischen Institut unter Leitung von Professor Stefan Schael entwickelt und gebaut. Seit 2011 umkreist das AMS in 400 Kilometer Höhe die Erde und zeichnet kontinuierlich Teilchen aus der kosmischen Strahlung auf. Mit einer Bauzeit von 15 Jahren, Kosten von 1,5 Milliarden US-Dollar und einem Gewicht von sieben Tonnen ist es das größte Experiment zur Grundlagenforschung auf der Raumstation. Neues Kühlsystem für das AMS-Experiment Nun steht eine der kompliziertesten Aktionen an, die die NASA bisher im Weltraum durchgeführt hat. Drei der vier Pumpen des Kühlsystems von AMS sind ausgefallen. Um den langfristigen Betrieb von AMS sicherzustellen, soll ein neues Kühlsystem in Außeneinsätzen montiert werden – keine leichte Aufgabe, da die Astronauten mit ihren sogenannten Fausthandschuhen acht nur sechs Millimeter dicke Kühlleitungen durchtrennen und anschließend wieder mit dem neuen Kühlsystem verbinden müssen. Dieses Gerät, etwa so groß wie ein Kühlschrank, wird zurzeit am I. Physikalischen Institut unter Beteiligung von internationalen Forschergruppen aus den USA, Italien, China, Taiwan, Spanien und der NASA entwickelt und getestet. Der emeritierte RWTH-Professor Klaus Lübelsmeyer koordiniert die Arbeiten in Aachen, während in den USA die Astronauten schon für den schwierigen Einsatz im Weltraum, der Anfang 2019 geplant ist, trainieren. Gerstenmaier informierte sich über den Stand der Aachener Aktivitäten – das Leben der Astronauten ist nun zum zweiten Mal nach 2011 schließlich auch von der „Baukunst“ der Aachener Physiker abhängig. Die Reparatur soll die Lebensdauer des AMS bis 2028 verlängern, dem möglichen Ende des Betriebs der ISS. red |3


Das IKS|Lab verfügt über 36 Lautsprecher nebst Subwoofern und über eine VR-Anlage, so dass 3D-Audioformate und 360-Grad-Video-Content wiedergegeben werden können. Foto: Peter Winandy

ker und Musikliebhaber Jax, erste Kontakte mit den städtischen Musikern aufzunehmen. „Wir sahen die faszinierende Möglichkeit, räumliche Audiosignale mit professioneller Klangqualität aufzuzeichnen.“

Surrounded by Sound Das Cello scheint zum Greifen nah, und doch kann man es nicht berühren. Sein Klang aber ist äußerst präsent und förmlich spürbar, während die 2. Sinfonie von Mahler dargeboten wird. Der neue Abhörraum mit dem Namen IKS|Lab des RWTH-Instituts für Kommunikationssysteme, kurz IKS genannt, verschafft ein Erlebnis mittendrin: Wer die Virtual-Reality-Brille aufsetzt und die Musik aus 36 Lautsprechern mit zusätzlichen Subwoofern hört, fühlt sich vom Orchester und einer Klangwolke umgeben. Die Brille mit 360Grad-Videocontent und die 3D-Audioformate simulieren bei Kopfdrehungen unmittelbare Nähe nicht nur zum Cello, sondern ebenso zu den Violinisten oder anderen Akteuren. Dieser Genuss der meisterhaften Sinfonie wird möglich durch eine Kooperation des IKS mit dem Sinfonieorchester Aachen. Die Schwerpunkte

der Institutsforschung, angesiedelt in der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik, sind seit jeher die Kommunikationstechnik, die digitale Sprach- und Audioverarbeitung oder die Codierung von Sprach- und Audiosignalen. Seit der Berufung des Institutsleiters Professor Dr. Peter Jax im Jahr 2015 liegt ein Fokus auf der Audiosignalverarbeitung für immersive Audiosysteme – dazu gehören unter anderem dreidimensionale Audioformate, binaurale Hörgerätetechnik oder immersive Konferenzsysteme. Immersion bedeutet dabei das Eintauchen des Betrachters und Zuhörers in eine reproduzierte Szenerie. „Emotionen werden erlebbar“ „Die neuartigen Technologien übertreffen deutlich die konventionelle Stereo- und SurroundWiedergabe, das gilt vor allem für die räumliche

Auflösung. Indem zukünftige Kommunikationstechnik der natürlichen intuitiven Wahrnehmung räumlicher Tonszenen entgegenkommt, können Inhalte und Emotionen besser transportiert und erlebbar gemacht werden“, erklärt Jax. Der Schritt nach Stereo und Dolby Surround werde nicht bestimmt durch die Zahl der Lautsprecher, sondern neue akustische Signale werden Grundlage für bislang nicht erreichte Qualitäten. „Wir arbeiten an der Unabhängigkeit von der Zahl der Lautsprecher“, betont Jax. Die Kooperation begann vor einem Jahr: Jax war Gast bei einem Konzert im Manfred-WeckHaus des WZL – einer Aufführung im Rahmen des Music Lab, ein Veranstaltungsformat der RWTH mit dem Sinfonieorchester, bei dem in Forschungsstätten der Hochschule gespielt wird. Das war Anlass für den Kommunikationstechni-

Innnovative Aufzeichnungstechniken Letztlich wurden drei Konzerte aufgezeichnet: Brahms Requiem im Aachener Dom, Mahlers 9. Sinfonie im Aachener Eurogress – beide noch mit dem damaligen Generalmusikdirektor Kazem Abdullah. Es folgte dann Mahlers 2.Sinfonie im Eurogress, nun mit Justus Thorau am Dirigentenpult. Eingesetzt wurden für die Aufnahmen das räumliche Mikrofonsystem Eigenmike des Forschungsinstituts mh acoustics LLC, USA. Es besteht aus 32 Mikrofonkapseln auf einer Kugeln von acht Zentimetern Durchmesser und einem 360-Grad-Kamerasystem. Die binauralen Ton-Aufzeichnungen erfolgten mit einem Kunstkopf, einer Nachbildung eines menschlichen Kopfes, mitsamt GoPro-Kameras. Für das Projekt hat die HEAD acoustics GmbH aus Herzogenrath zusätzliche Kunstkopfmesssysteme aus ihrem Produktportfolio bereitgestellt. IKS | Lab bietet viele Nutzungen Das Resultat sind Aufnahmen mit authentischem Klang, entstanden sehr nah am Dirigenten. Es ist ein Audiodokument mit allen kleinen Fehlern, die in jedem Konzert vorkommen können, ohne dass ein Tonmeister das Werk glättet. Für die Dirigenten und das Orchester waren die Aufnahmen nie dagewesene Zeugnisse ihrer Arbeit. Die Tätigkeit des IKS beginnt erst nach den Aufnahmen mit deren Reproduktion und Aufbereitung: „Der Schlüssel ist die Entkopplung von Aufnahme und Wiedergabe“, berichtet die akademische Direktorin des IKS, Dr.-Ing. Christiane Antweiler. „Alle Mikrofonsignale der Aufnahmen werden konvertiert und für die Wiedergabe entsprechend umgerechnet.“ Die enstandenen interaktiven 360-Grad-Videos mit 3D-Audio seien weltweit in dieser Qualität sicherlich einmalig. Das IKS|Lab bietet aber noch weit mehr Nutzungen als die Demonstration der Qualität eines Orchesters. Das Labor wird für formale Hörtests, Messzwecke und für die Forschung an Echtzeitsystemen für immersive Tonformate eingesetzt. Weltweit gebe es nur wenige Abhörräume dieser Art, betont Antweiler. Thorsten Karbach/red https://www.iks.rwth-aachen.de/ forschung/audio/

Genius Loci-Preis für die RWTH Die RWTH erhielt den erstmals vergebenen Genius Loci-Preis für Lehrexzellenz. Ausgelobt wird dieser deutschlandweite institutionelle Preis für exzellente Lehre durch den Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Die Aachener Hochschule verfüge über eine umfassende institutionelle Lehrstrategie und setze diese bei der Gestaltung der Curricula oder der Qualifizierung der Lehrenden beispielhaft um, so die Jury. „Diese Auszeichnung ist eine Wertschätzung der bisher geleisteten Arbeit. Die Bewertung durch ein externes Expertengremium zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Sie ist gleichzeitig Ansporn, diese Anstrengungen fortzusetzen“, kommentiert Professor Aloys Krieg, Prorektor für Lehre. „Wir haben in den letzten Jahren ein 4|

Qualitätsmanagementsystem entwickelt und die Prozesse rund um das Studium von der Einschreibung über Klausuranmeldung bis zum Abschlusszeugnis entscheidend verbessert. Wir wollen insbesondere durch den Dialog zwischen Lehrenden und Studierenden noch besser werden“, so Krieg. Jetzt werde der Fokus auf Internationalisierung und Unterrichtsmethodik gelegt. Ein Schwerpunkt sei die Digitalisierung, die alle Bereiche von Studium und Lehre durchdringt. „Weiterentwicklung der exzellenten Lehre“ Seitens des Stifterverbandes heißt es, die RWTH habe mit einer sehr durchdachten Lehrstrategie überzeugt, die sich klar in die Gesamtstrategie der Hochschule einfüge. Die Universität strebe

eine kompetenzorientierte, forschungsgeleitete und praxisbezogene Ausbildung von hochqualifizierten und verantwortungsbewussten Absolventinnen und Absolventen an. Das von der RWTH verfolgte Ziel, 75 Prozent der Studierenden zum Studienabschluss zu führen, sei zwar sehr ambitioniert, aber auf diesem Weg erreichbar. Vergeben wird der Genius Loci-Preis für Lehrexzellenz in zwei Kategorien. In der Kategorie Fachhochschulen wird die Technische Hochschule Köln ausgezeichnet, mit der die RWTH in Lehrfragen seit Jahren erfolgreich zusammenarbeitet. Die beiden ausgezeichneten Hochschulen erhalten je 10.000 Euro. Das Preisgeld ist zweckgebunden und für die Einladung eines Visiting Scholar of Teaching and Learning in

Higher Education einzusetzen. Sowohl die RWTH als auch die TH Köln wurden bereits 2009 im „Wettbewerb Exzellente Lehre“ des Stifterverbandes und der Kultusministerkonferenz der Länder ausgezeichnet. Die damals prämierten Lehrkonzepte wurden laut Stifterverband konsequent weiterentwickelt und waren Grundlage für die nun gewürdigten Strategien. „Das ständige Bemühen um Lehrexzellenz ist an diesen beiden Hochschulorten deutlich spürbar“, sagt Dr. Volker Meyer-Guckel als stellvertretender Generalsekretär des Stifterverbandes. tka


Simulationen in Echtzeit In den letzten Jahrzehnten gab es immense Fortschritte bei der Modellierung physikalischer Prozesse, auf dem Gebiet des Hochleistungsrechnens und bei der Entwicklung numerischer Verfahren sowie moderner Rechnerarchitekturen. Die wissenschaftliche Herausforderung ist heute jedoch nicht weniger anspruchsvoll und komplex. Dazu gehört zum Beispiel, den Einfluss von Unsicherheiten in den Eingangsdaten oder Modellparametern zu charakterisieren und das Verhalten des Systems zu regeln oder zu optimieren, möglicherweise sogar in Echtzeit. Mit diesen Themen befasst sich eine Forschungsgruppe in interdisziplinärer Kooperation unter Leitung von Professorin Karen Veroy-Grepl im AICES, dem Aachen Institute for Advanced Study in Computational Engineering Science der RWTH. Schonende Krebstherapie Ein Beispiel unter vielen Anwendungen ist die Optimierung der Krebstherapie. Es gibt zwei Therapien, die auf die Zerstörung eines Tumors mittels Wärmeeintrag abzielen. Die Hyperthermie-Behandlung kommt bei größeren inoperablen Tumoren zum Einsatz. Dabei wird der Tumor durch elektromagnetische Wellen, die über Applikatoren außerhalb des Körpers in den Tumor geleitet werden, für ungefähr eine Stunde auf eine Temperatur von bis zu 43 Grad Celsius erwärmt. Die zweite Behandlungsart ist die Radiofrequenzinduzierte Thermotherapie, kurz RF-Ablation genannt. Sie wird bei kleineren Tumor-Arealen von drei bis fünf Zentimeter genutzt. Bei diesem Verfahren wird eine Sonde direkt in oder nahe an den Tumor geführt. Durch sie werden Radiofrequenzwellen eingebracht, die das Tumorgewebe auf mehr als 60 Grad Celsius erhitzen und durch thermische Ablation zerstören. Beide Verfahren haben dasselbe Ziel: Schadhaftes Gewebe soll

durch den Wärmeeintrag zerstört werden, gleichzeitig will man angrenzendes gesundes sowie andere Gewebestrukturen wie etwa Nerven und Blutgefäße schonen. Da sich die Wärme im Gewebe ausbreitet, erfordern beide Verfahren eine sehr genaue Behandlungsplanung zur Berechnung der Temperaturverteilung. Mathematische Methoden sind erforderlich Viele Aspekte der Therapien und ihrer Auswirkungen sind noch nicht ausreichend erforscht. Wesentlich sind Vorplanung und Echtzeitoptimierung des Verlaufs der Behandlung. Bei der RF-Ablation stellen sich zum Beispiel die Fragen: Wo kann die Sonde optimal platziert werden? Wie viele Sonden sollten benutzt werden, und welche Leistung sollte jede Sonde einbringen? Lässt sich der Tumor zerstören, ohne die benachbarten Organe und das gesunde Gewebe wesentlich zu schädigen? Kann die Behandlungsplanung möglichst schnell auf unterschiedliche Patienten angepasst werden? Und schließlich: Wie kann während der Behandlung in Echtzeit auf sich ändernde Bedingungen reagiert werden? Mathematische Methoden sind nötig, um schnell und effizient die Temperaturverteilung im Gewebe zu berechnen und diese durch die Optimierung des Wärmeeintrags zu beeinflussen. Forschung im AICES Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln hierzu Verfahren der Modellreduktion, bei denen sie die sogenannten Approximationen als Näherungsverfahren verwenden. Ziel ist, die Lösung hochdimensionaler Systeme schnell und effizient berechnen zu können. Die Herausforderung bei Modellreduktionsverfahren besteht darin, dass die Berechnung der Approximation nicht nur kostengünstig, sondern vor allem auch

Professorin Karen Veroy-Grepl und Denise Degen optimieren die Temperaturverteilung bei einer Tumortherapie in einem Prostatamodell. Foto: Peter Winandy verlässlich sein muss. Im AICES werden daher effizient berechenbare Fehlerschranken oder -abschätzungen für die niedrig-dimensionale Approximation entwickelt. Die sehr niedrigen Berechnungskosten und Fehlerschranken erlauben es, Simulationen sehr schnell durchzuführen und gleichzeitig den Approximationsfehler explizit zu überwachen. Für die Anwendung in der Krebstherapie ist Ziel, die Behandlungsplanung in Echtzeit durchzuführen. Sie lässt sich dann während der Behandlung so korrigieren, dass die Grenzwerte für die Temperaturverteilung im Gewebe garantiert eingehalten werden.

Die Forschung wird gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von Philips Research Eindhoven und weiteren Einrichtungen von RWTH und Uniklinik RWTH Aachen durchgeführt. Ein ausführlicherer Beitrag aller Beteiligten ist veröffentlicht in: RWTH THEMEN „Computational Science & Engineering“

Robotik im Schülerlabor Roboter sind an vielen Orten im Einsatz – in der Fertigung, der Logistik, der Rettung oder auch im Operationssaal. Das RoboScope, eines von acht RWTH-Schülerlaboren, will Kinder und Jugendliche für die Robotertechnik begeistern. Betreut wird es von IMA/ZLW & IfU mit dem dort angesiedelten Lehrstuhl für Infomationsmanagement im Maschinenbau. Dank Förderung der Initiative „Zukunft durch Innovation.NRW“ (zdi) können mit RoboScope seit 2010 verschiedene Formate angeboten werden. „Eingeladen sind Klassen, Arbeitsgemeinschaften und weitere Interessierte. Unsere Angebote lassen sich auf unterschiedliche Altersstufen und Gruppengrößen abstimmen“, so Gergana Deppe, Projektleiterin des RoboScope. „Unser ganzheitlicher und handlungsorientierter Lernansatz als außerschulischer Lernort unterstützt in der Berufsorientierung. Wir bieten den Schülerinnen und Schülern in einer forschungsnahen Lernumgebung zudem einen Einblick in eine Universität“, erläutert die wissenschaftliche Mitarbeiterin. Ausgehend vom zentralen Themenfeld Robotik werden auf diesem Wege Einblicke in ingenieur- und naturwissenschaftliche Disziplinen wie Informatik, Maschinenbau, Elektrotechnik, Biotechnologie, Mathematik und Physik vermittelt. Konstruieren und Programmieren In den Roboterkursen, die zwischen vier und sechs Stunden dauern, wird zunächst mit LegoMindstorms gearbeitet. Diese programmierbaren Legosteine werden mit technischen Teilen wie Zahnräder und Achsen, Elektromotoren und Sensoren verbaut. So entstehen je nach Aufgabenstellung in Zweier-Teams beispielsweise Schlangen, Krokodile, Gabelstapler und Rettungsroboter. Die gemeinsam erstellten Konstruktionen werden dann durch Programmierung aktiv. Vom Alter und den Vorkenntnissen der Schülerinnen und

Schüler ist abhängig, welche Programmiersprache genutzt wird: Jüngere arbeiten mit der weniger anspruchsvollen EV3, ältere mit JAVA oder Phython. Eine Schlange kann anschließend klappern, rasseln und zuschnappen, ein Fahrzeug einen vorgegebenen Parcours mit Hindernissen bewältigen oder in einem Katastrophengebiet nach Verschütteten suchen. „Die Lehrerinnen und Lehrer vereinbaren telefonisch einen Termin für ihre Schülergruppe, vertreten sind alle Schulformen. Überwiegend kommen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Aachen und der Region, aber auch aus weiterer Entfernung in Nordrhein-Westfalen“, erläutert Deppe. Praktikum für Lehramtsstudierende In der offenen Roboter AG treffen sich jeweils

montagnachmittags Jugendliche ab zwölf Jahren. Begeistert für das Thema Robotik möchten sie auch eigene Ideen für die World Robot Olympiad umsetzen. „Der olympische Gedanke zählt: Obwohl sie im letzten Jahr nicht zu den Siegern gehörten, sind sie wieder mit Engagement bei der Sache“, betont Nor Nabil. Er studiert Englisch und Mathe für das Lehramt für Gymnasien und Gesamtschulen. Lehramtsstudierende können sich die Kursbetreuung im Schülerlabor für das technisch orientierte außerschulische Praktikum im Bereich der Kinderund Jugendarbeit im Studienmodul Faszination Technik anrechnen lassen. Nabil begleitet mit derzeit sechs weiteren studentischen Hilfskräften im Team das RoboScope: „Wesentlich für die Schülerinnen und Schüler sind die experimentel-

len Angebote während der Konstruktions- und Programmierphasen. Dabei werden Teamwork, Flexibilität und Kreativität gefördert und Kompetenzen im Problemlösen, Argumentieren und digitaler Werkzeugnutzung ausgebaut. Das bietet uns die Gelegenheit, im Studium Gelerntes umzusetzen, und dass sowohl im didaktischen wie auch im technischen Bereich.“ Das RoboScope veranstaltet 2018 wieder einen Wettbewerb, in den vergangenen Jahren gab es jeweils rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. In diesem Jahr wird erstmals in Kooperation mit dem BMBF-geförderten Projekt „Exzellentes Lehren und Lernen in den Ingenieurwissenschaften“ (ELLI) ein Kurs mit humanoiden Robotern angeboten. Er ermöglicht ein Programmieren mit Symbolen und mit modernen Programmiersprachen wie Python. Kurse für Sehbehinderte und Blinde „In jüngster Vergangenheit haben wir Angebote für Flüchtlinge durchgeführt. Wir arbeiten auch regelmäßig gemeinsam mit ELLI mit Schulen für sehbehinderte und blinde Menschen zusammen“, so Deppe. Die Barrierefreiheit soll nicht nur spielerisch Einblicke in die Robotik-Welt bieten, sondern gleichzeitig eine Ausbildung oder ein Studium im MINT-Bereich für Menschen mit Handicaps als Option aufzeigen. „Damit diese ihre spezifischen Hilfsmittel von Lupe bis Computer mit Sprachausgabe nutzen können, fahren wir mit unseren Materialien in die Schulen. Kontinuierlich evaluieren wir unsere Maßnahmen. Die positiven Rückmeldungen der mehr als 3.000 Schülerinnen und Schüler, die in den vergangenen Jahren unsere Kurse besucht haben, belegen die Notwendigkeit solcher Programme“, betont Deppe. Angelika Hamacher

Roboter kommunizieren mit den Schülerinnen und Schülern im Labor RoboScope. Foto: Peter Winandy |5


war für das RWTH-Team immer von großer Wichtigkeit, dass die Studierenden in dem Drittmittelprojekt experimentelle Erfahrungen machen konnten. Sie sollten in den Verfahren oder bei den Entwürfen verschiedene Methoden und neue Herangehensweisen ausprobieren, um so schon erste Professionalität entwickeln zu können. Die Arbeit in der Tagebaulandschaft unterschied sich deutlich von der üblichen Arbeit von Architekten und Stadtplanern, so Westerheide. Zunächst musste ein gemeinsamer Standort für die rund 1.100 Bewohnerinnen und Bewohner der fünf Dörfer gefunden werden. In einem moderierten Planungsverfahren wurden 2011/12 insgesamt sieben Flächen auf ihre Eignung als Umsiedlungsstandort geprüft und vergleichend gegenübergestellt. Ende November 2012 wählten die Umsiedler in einem eindeutigen Votum den Standort Erkelenz-Nord aus.

Foto: Peter Winandy

Verlorene Erde oder Chance? Im Wintersemester referierte Professor Rolf Westerheide, stellvertretender Leiter des RWTHInstituts für Städtebau und Landesplanung, vor der Architektenkammer NRW zum Thema „Verlorene Erde oder Chancen der Erneuerung?“ Damit gab er einen Überblick über ein gemeinsames Projekt seines Instituts mit einem Aachener Planungsbüro, dass mit der planerischen Vorbereitung der Umsiedlung von fünf Dörfern eine gewaltige Herausforderung darstellte. Die Ausgangssituation wird im Abschlussbericht der Projektgruppe beschrieben: „Die Erkelenzer Dörfer Keyenberg, Kuckum, Unter-, Oberwestrich und Berverath liegen östlich der Innenstadt im

ländlich geprägten Raum im Bereich des Braunkohletagebaus Garzweiler II. Gemäß Braunkohleplan ist die Umsiedlung der Orte bis 2016 vorzubereiten und bis 2028 abzuschließen.“ Unter dem Gesichtspunkt der Sozialverträglichkeit sah der Plan eine gemeinsame Umsiedlung vor. Damit sollte die Identität der Ortschaften und Dorfgemeinschaften gewahrt bleiben. Planen in Tagebaulandschaften Fünf Jahre lang engagierten sich seitens des RWTH-Instituts Westerheide, der wissenschaftliche Mitarbeiter Stefan Krapp sowie weitere Kolleginnen und Kollegen in dem Projekt. Dabei

Stefan Krapp, Sanaz Kashi und Professor Rolf Westerheide mit Umsiedlungsplänen für den Bereich des Braunkohletagebaus. Foto: Peter Winandy 6|

Unterschiedliche Sicht von Planern und Bürgern Eine Beteiligung der Umsiedler an der Planung erfolgte einerseits durch den Bürgerbeirat und andererseits durch die Beteiligung im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplanes. Während dieser Prozesse habe sich herausgestellt, dass sich die professionelle Sicht von den Vorstellungen der Bürger oft unterschied, berichten die Wissenschaftler. Das zeigte sich beispielsweise bei der Gestaltung von Straßen, Plätzen und Grundstücken im neuen Dorf: „Wir erfuhren in den vielen Gesprächen und in den PlanungsWerkstätten, dass die Menschen vielfach nicht mehr das typische Dorf mit einer Kirche und Läden im Zentrum wollten, sondern eine mehr ländliche Siedlung.“ Von Bedeutung war aber eine gute Erreichbarkeit der Einkaufszentren in Erkelenz-Nord und Rath-Anhoven, die durch eine Busverbindung und ausreichend Fahrradabstellplätze an den Bushaltestellen sichergestellt werden sollte. Eine besondere Anforderung war für die Planer die Umsetzung der Wünsche der Bürger nach verloren gegangenen Naturräumen mit Wald und Wasser für die Naherholung. In einem begrenz-

ten Gebiet, das flächenmäßig deutlich kleiner ist als die fünf ursprünglichen Dörfer, war dies kaum umzusetzen. Die Forderung, die Grünflächen möglichst frühzeitig anzulegen, sollte daher auf jeden Fall aufgegriffen werden. Unterschiedliche Vorstellungen gab es auch bezüglich der Lage der jeweiligen Hausgrundstücke: „Unsere Idee war, dass es in den Dörfern Raum für neue Nachbarschaften gäbe, beispielsweise auf Grundstücken, die wie ein Hof angeordnet sind. Aber die meisten Betroffenen wollten ein freistehendes Haus in Südlage“, berichtet Stefan Krapp. „Und möglichst nicht nahe an der Kirche, weil deren Glocke zu laut ist“, ergänzt Westerheide schmunzelnd. Konzepte für die Dorfentwicklung Nach Vorliegen des rechtskräftigen Bebauungsplans ist das RWTH-Institut weiterhin beteiligt: Es wurde beauftragt mit der Erstellung des „Dorfinnenentwicklungskonzeptes für Venrath und Kaulhausen“. Diese Dörfer liegen direkt am Rand des Tagebaus Garzweiler II, was das Orts- und Landschaftsbild unwiederbringlich verändern wird. Die Menschen hier müssen bis etwa 2050 mit Belastungen wie Staub, Lärm und hohen Sichtschutz-Wällen leben. Studierende erarbeiteten Vorschläge, wie man die Wälle positiv nutzen kann – beispielsweise für künftige Hotelbauten mit Blick auf den geplanten Tagebausee, als Tunnel für Straßen oder als Wander- und Klettergebiet für Erholungssuchende. „Die Prozesse zeigen insgesamt, dass sich in den vergangenen zehn Jahren die Planungsparadigmen sehr verändert haben. Regionaltypisches Bauen hat kaum noch eine Bedeutung“, resümiert Westerheide. „Das liegt sicher auch an unserem Baurecht, das vieles erlaubt wie ein Nebeneinander eines finnischen Blockhauses neben einem tempelartigen Gebäude.“ So extrem sei es allerdings nicht im Umsiedlungsgebiet Erkelenz-Nord zugegangen. Trotz vieler Diskussionen und Zugeständnisse hätten die Planer ihren Grundentwurf eines neuen Zuhauses für fünf Dörfer doch umsetzen können. HH/ky


Talentscouts bahnen den Weg Der weiße Zettel, auf dem Immunologie steht, kommt ganz nach oben. Bioreaktortechnik wandert nach unten, findet also kein Interesse. Mathe wird in die Mitte sortiert. Annika ordnet die verschiedenfarbigen Zettel entlang einer Schnur: Sie stehen für die Module der Studiengänge Biologie und Biotechnologie an der RWTH und es ist Annikas persönliches Ranking. Sie macht im nächsten Jahr das Abitur am Aachener Geschwister-Scholl-Gymnasium und hat schon genaue Vorstellungen davon, was danach folgen soll. Ihr Talentscout Janette Zakrzewski hilft ihr bei der Feinjustierung – Biologie oder Biotechnologie, die Uni oder die Fachhochschule? Seit April 2017 sind fünf Talentscouts der RWTH und der Fachhochschule Aachen aktiv. Angesiedelt sind sie bei der Studienberatung der jeweiligen Hochschule, finanziert werden sie aus einem landesweiten Programm für Talentförderung. Sie kooperieren mit Berufkollegs, Gymnasien und Gesamtschulen in der Städteregion Aachen und in den Kreisen Düren, Heinsberg und Euskirchen. Die Zielgruppe sind Jugendliche aus nichtakademischen Familien. Solche wie Annika, die als Erste in ihrer Familie studieren will, jedoch nicht auf elterliches Know-how und Kontakte zählen kann. 77 Prozent der Akademikerkinder studieren, aber nur 23 Prozent des nichtakademischen Nachwuchses, so die 20. Sozialerhebung des Deutschen Studierendenwerks. Eine Million Euro für die RWTH Das Talentscouting wurde an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen in den Jahren 2009 bis 2011 entwickelt. Inzwischen beteiligen sich 17 Hochschulen daran. Die Talentscouts sind an mehr als 250 Schulen in NRW unterwegs, um geeignete Jugendliche ausfindig zu machen und zu unterstützen. Das NRW-Zentrum für Talentförderung bereitet die Scouts ein Jahr lang berufsbegleitend auf ihre Aufgabe vor. Das Land fördert das Programm mit 30 Millionen Euro bis Ende 2020. Auf die RWTH entfällt eine Million Euro. Annika schiebt nachdenklich noch ein paar Blätter hin und her. Alles, was man im Reagenzglas herstellen kann, findet sie spannend, das Produkt aus dem industriellen Reaktor hingegen weniger: „Ich will ins Labor, in die Forschung und Entwicklung. Aber bloß nicht die ganze Zeit am PC sitzen und dies auswerten und jenes formatieren.“ Annika mag es gern visuell, Zakrzewski hat für sie die Inhalte der Studiengänge in Stichworten auf Zettel geschrieben. Die 31-Jährige war früher Biologie-Lehrerin: „Die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern ist beim Scouting viel individueller“, sagt sie begeistert. Zurzeit betreut sie 35 Talente, aber es werden schnell mehr. Der Kontakt wird auch über Mail und WhatsApp gepflegt, regelmäßig und freiwillig. „Unsere Türen sind offen. Sie melden sich, wenn sie etwas brauchen. Wenn das Pflicht wäre, verliert es den Charme.“

Talentscouting – Janette Zakrzewski im Gespräch mit Nurullah über seine möglichen Zukunftspläne. Foto: Peter Winandy

Annika vom Geschwister-Scholl-Gymnasium in Aachen interessiert sich für ein Biologiestudium und möchte später möglichst in der Forschung arbeiten. Foto: Peter Winandy

Begleitung bis zum Berufseinstieg Die Namensgleichheit mit den Talentscouts, die begabte junge Sportler und Sportlerinnen identifizieren, ist kein Zufall. „Der DFB hat ein sehr gutes Fördersystem entwickelt, das bis nach unten in die Vereine reicht. Da gibt es Parallelen. Unsere Stadien sind die Schulen“, sagt der Erfinder des Konzepts für den Bildungsbereich, Suat Yilmaz. Die Definition von Talent ist breit: Leistungsstärke, aber auch soziale Intelligenz oder Engagement zählen dazu. Wichtig ist hier jedoch auch, den Lebenskontext der Jugendlichen zu berücksichtigen. Viele von ihnen wohnen beengt, machen den Haushalt, betreuen jüngere Geschwister, pflegen kranke Angehörige oder jobben nebenbei, erzählt Zakrzewski. Manche Eltern verstünden die Interessen ihrer Kinder nicht oder übten Druck aus, schneller von der Schule abzugehen und Geld zu verdienen. Lehrer trauten ihnen wenig zu und sie sich selbst oft auch nicht. „Ein Notenschnitt von 2,5 unter diesen Umständen ist uns genauso viel wert wie ein Einser-Abitur.“ Die Lehrkräfte der Schulen werden deshalb vorab informiert, wer gesucht wird. Vorschläge machen zudem die Schüler selbst wie auch Studierende, die einst auf dieser Schule waren, Flüchtlingshelfer oder Jugendorganisationen. Ergebnisoffenheit ist dann Prinzip: Auch wenn Ingenieure und Informatiker gebraucht werden, kann eine Ausbildung doch die bessere Option für manche Jugendliche sein. Die Begleitung durch die Scouts setzt in der Oberstufe ein und endet erst mit dem Berufseinstieg. Sie stehen auch während des Studiums zur Seite: Mal geht es um den BAföG-Antrag oder um ein Stipendium, mal um Begleitkurse oder um Praktikumsplätze. „Auf Schatzsuche gehen“ Manche Jugendliche wie die resolute Annika brauchen nur zusätzliche Information und ein paar Kontakte. Die Schülerin wälzt bereits seit einem halben Jahr Berufsratgeber und hat schon einen Infotag an der Hochschule besucht. „Andere sind noch recht konfus in ihren Vorstellungen: Da muss man auf Schatzsuche gehen“, sagt Zakrzewski. Intensiver eruieren muss sie etwa mit Nurullah: Der 18-jährige Mitschüler von Annika hat erst vage Zukunftspläne. Er mag eigentlich alle Fächer, Mathe und Biologie stehen bei ihm grundsätzlich hoch im Kurs, allerdings abhängig von den behandelten Themen. Das Schriftliche macht ihm schon mal Probleme, „aber das Mündliche haut mich fast überall raus“. Er hat auch schon früh gern konstruiert, beispielsweise mit Lego. Deshalb erwägt Nurullah, Architekt oder Bauingenieur zu werden. Zakrzewski bietet ihm an, dass sie zusammen nach den Themen suchen, die ihn besonders interessieren. „Wir durchforsten jedes Fach und schauen, was deine Stärken sind, und wie sie zu den jeweiligen Studieninhalten passen.“ Matilda Jordanova-Duda

Modellprojekt zur Gewalt Raufbold, Hitzkopf, Schlägertyp, Rabauke – alle diese Begriffe haben zwei Dinge gemein: Es sind Bezeichnungen für Personen, die ihr Temperament nicht unter Kontrolle haben, und der Genus ist maskulin. Männer sind oft „die Täter“, wenn es um Gewalt geht. Dass Männer aber häufiger als allgemein angenommen auch Opfer von Gewalt sind, ist Anlass für Studien an der Uniklinik RWTH Aachen. Das Modellprojekt „G.M.G.R. – Gewaltbetroffene Männer: Gesundheits- und Risikoverhalten“ untersucht seit Mitte 2016 die Häufigkeit, Art und Auswirkung von Gewalt gegenüber Männern. RWTH-Professorin Ute Habel, leitende Psychologin an der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik und Forscherin in der Sektion JARA Brain leitet das Projekt. Gefördert wird es durch die Europäische Union und das Land NRW.

Ausschlaggebend für die Beantragung des Projektes waren die Ergebnisse der Vorgängerstudie. Anhand von 5.000 anonym ausgefüllten Fragebögen ermittelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass von den männlichen Teilnehmern rund 38 Prozent verschiedene Arten von Gewalt erfahren hatten. Im Rahmen des G.M.G.R.-Projektes sollen diese Erkenntnisse nun verifiziert und differenziert werden. Beteiligt ist die Organisation GESINE, die im Jahre 2004 in Trägerschaft von Frauen helfen Frauen EN e. V. gegründet wurde. Sie engagiert sich seitdem für die gezielte Gesundheitsförderung nach Gewaltwiderfahrnissen. Prävalenzanalyse und Anlaufstelle Eine Prävalenzanalyse, die an verschiedenen Kliniken der Städteregion Aachen und des EnnepeRuhr-Kreises sowie aus Bewährungshilfen und

Täterprogrammen durchgeführt wird, ermittelt, ob sich der hohe Anteil gewaltbetroffener Männer in klinischen Kontexten bestätigen lässt. Darüber hinaus ist von Interesse, welche Formen der Gewalt erfahren wurden und welche Gesundheitsund Risikobelastungen daraus resultieren. Zudem sollen gewaltausübende Beziehungspartner, die ein Täterproramm durchlaufen, nach potenziellen eigenen Gewalterfahrungen befragt werden. Ziel ist es, bedarfsgerechte Hilfeprogramme zu entwickeln, die an die Anforderung der betroffenen Männer angepasst sind. Die Schwierigkeit besteht darin, dass diese seltener Beratungsstellen aufsuchen, um das Erlebte aufzuarbeiten. Die Maßnahmen müssen daher auf die spezifischen Bedürfnisse der Männer abgestimmt werden. Während der Projektlaufzeit steht ein webbasiertes Beratungsangebot, bestehend aus einem Live-Chat, Informationen

und eine Face-to-Face Modellberatung, als erste Anlaufstelle zur Verfügung. Zudem richteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Beratungsraum im Eingangsbereich Uniklinik RWTH Aachen ein, der den Betroffenen Zugang zu schneller Hilfe ermöglicht. Eine begleitende Evaluationsforschung dient dem Zweck, die Akzeptanz und einen Vergleich der Effektivität der Unterstützungskonzepte zu liefern. red Beratung.gmgr.de

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Neu Berufene Dr. rer. nat. Florian Amann ist seit Oktober 2017 Universitätsprofessor für das Fach Ingenieurgeologie und Umweltmanagement der Fakultät für Georessourcen und Materialtechnik der RWTH Aachen University. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich instabile Talflanken, Tunnelbau und Geomechanik. geboren

am 26. Mai 1975 in Regensburg

Ausbildung Studium der Geologie an der FAU Erlangen-Nürnberg 1998 bis 2002 2006 Promotion Berufliches 2002 bis 2007 2007 bis 2015 2015 bis 2017

Projektingenieur bei der Pöyry Infra/ Energy AG, Zürich Senior Scientist am Lehrstuhl für Ingenieurgeologie der ETH Zürich Wissenschaftlicher Leiter „Deep Underground Geothermal Laboratory“, ETH Zürich

Persönliches Familie Freizeit

verheiratet, drei Kinder Familie, Skifahren, Boxen, Laufen, Biken

„Die erste Nacht am Galgen ist die schlimmste.“

Florian Amann

Dr. oec. Julia Bendul ist seit August 2017 Universitätsprofessorin für das Fach Management von Industrie 4.0 der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der RWTH Aachen University. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Gestaltung sowie Planung und Steuerung von Produktionsund Logistiknetzwerken, dem Management digitaler Supply Chains sowie Geschäftsmodellinnovation. geboren Ausbildung 2002 bis 2007 20011 Berufliches 2005 bis 2008 2008 bis 2011 2012 bis 2013 2013 bis 2017

Julia Bendul

Persönliches Freizeit

am 4. Januar 1983 in Verden/Aller

Studium des Wirtschaftsingenieurwesens mit den Schwerpunkten Produktionstechnologie und Verfahrenstechnik an den Universitäten Bremen und Tokyo; Diplom in Bremen Promotion an der Universität St. Gallen, Schweiz

Projektleiterin bei der Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V. Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Lehrstuhl für Logistikmanagement, Universität St. Gallen Beraterin für operative Exzellenz, Porsche Consulting GmbH, Bietigheim-Bissingen Associate Professor für Network Optimization in Production and Logistics, Jacobs University Bremen

Dressurreiten, Klettern, Rudern

„Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde.” (Henry Ford)

Dr. phil. Florian Hartmann ist seit Juni 2017 Universitätsprofessor für das Fach Wissensdiskurse des Mittelalters der Philosophischen Fakultät der RWTH Aachen University (Heisenberg-Professur). In seiner Forschung geht es um die situationsgebundene soziale Etablierung von neuem Wissen, um seine Verbreitung, Akzeptanz oder Ablehnung und um die Wechselwirkung von sozialem Umfeld und Wissen jeglicher Art. Außerdem beschäftigt er sich mit der Kommunikation, insbesondere mit dem Brief im Verlauf des Mittelalters. geboren

am 6. September 1975 in Ratzeburg

Ausbildung 1997 bis 2002 2005 2012

Studium der Geschichte, klassischen Philologie (Latein) und Erziehungs- wissenschaften an der Universität Bonn und der Humboldt-Universität zu Berlin Promotion an der Universität Bonn Habilitation zur Reglementierung verbaler Kommunikation im sozialen Kontext ebda.

Berufliches 2004 bis 2007 2007 bis 2010 2011 bis 2017 2013 bis 2016

Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bonn Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut in Rom Akademischer Rat auf Zeit an der Universität Bonn Lehrstuhlvertretungen an der TU Chemnitz, der RWTH und der FAU

Persönliches Familie Freizeit

verheiratet und drei Kinder: Titus (9), Cosimo (6) und Philon (3) Joggen und Zeit mit der Familie verbringen, meist Fußball spielend, im Freien aufhaltend

„Everything is going to be fine in the end. If it‘s not fine it‘s not the end.” (Oscar Wilde) 8|

Florian Hartmann


Dr. Markus Strohmaier ist seit Juni 2017 Universitätsprofessor für das Fach Methodik und Theorie computerbasierter Geistes- und Sozialwissenschaften am HumTec Institut der Fakultät 7 und an der Fachgruppe Informatik der Fakultät 1 der RWTH Aachen University. geboren

am 4. August 1977 in Bruck/Mur, Österreich

Ausbildung 2004 2012

Promotion der techn. Wissenschaften / Telematik an der TU Graz, Österreich Habilitation in Angewandter Informatik an der TU Graz, Österreich

Berufliches 2006 bis 2007 2007 bis 2013 2010 bis 2011 2011 bis 2012 2013 bis 2017

Post-Doktorand an der University of Toronto, Kanada Univ. Ass. an der TU Graz, Österreich Gastwissenschaftler bei XEROX (Parc) in Palo Alto, USA Gast Professor (Visiting Assistant Professor) an der Stanford Universität, USA Professor (W3) an der Universität Koblenz-Landau und Gründer/ Wissenschaftlicher Leiter der Abteilung Computational Social Science bei GESIS - Leibniz Institut für Sozialwissenschaften in Köln

Persönliches Familie Freizeit

verheiratet mit Dr. Pia Strohmaier, Vater von Johann Lorenz und Anne Marie Familie, Fußball, eSports, Radfahren, Musik

Markus Strohmaier

„Wer im Glück leidet, kann im Unglück lächeln.“

Fotos: Peter Winandy

DFG bewilligt zwei Anträge für SFB/TRR Der Bewilligungsausschuss der Deutschen Forschungsgemeinschaft, DFG, hat zwei Anträge mit Beteiligung der RWTH Aachen positiv bewertet. Sonderforschungsbereiche, SFB, sind langfristige, auf die Dauer von bis zu zwölf Jahren angelegte Forschungseinrichtungen der Hochschulen, in denen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Rahmen eines fächerübergreifenden Forschungsprogramms zusammenarbeiten. Ein Sonderforschungsbereich/Transregio, SFB/TRR, wird von zwei oder drei Hochschulen gemeinsam getragen. Forschung zu chronischer Niereninsuffizienz Im SFB/TRR „Mechanismen kardiovaskulärer Komplikationen bei chronischer Niereninsuffizienz“ arbeiten die RWTH und die Universität des Saarlandes zusammen. Es wurden zehn Millionen Euro beantragt, verteilt auf beide Hochschulen. Professor Joachim Jankowski vom Lehrstuhl für Molekulare Herz-Kreislaufforschung der RWTH wird den SFB/TRR leiten. Rund 50 Prozent der chronisch-niereninsuffizienten Patienten im fortgeschrittenen Stadium leiden an kardiovaskulären Erkrankungen. Der Anteil kardiovaskulärer Todesfälle bei diesen Patienten vor allem im Endstadium der Erkrankung liegt bei 40 bis 50 Prozent. Bei Personen mit einer normalen Nierenfunktion beträgt der Anteil kardiovaskulärer Erkrankungen hingegen nur 26 Prozent. Neben drohenden schwerwiegenden Komplikationen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall wird häufig Herztod bei chronisch-niereninsuffizienten Patienten durch Herzinsuffizienz und Arrhythmien verursacht. Die pathophysiologischen Prozesse kardiovaskulärer Erkrankungen dieser Patienten unterscheiden sich offenbar von den entsprechenden Prozessen in der Gesamtbevölkerung. Dies könnte erklären, warum traditionelle Ansätze zur Verbesserung kardiovaskulärer Ereignisse im Rahmen der chronischen Niereninsuffizienz wenig erfolgreich waren. Die Kenntnis der zugrundeliegenden pathologischen Mechanismen ist somit notwendig, um die gesteigerte kardiovaskuläre Sterberate durch neue therapeutische Ansätze zu senken.

18 Forscherteams beteilgt Veränderungen im Kreislaufsystem und im Herzgewebe tragen entscheidend zur Erhöhung des kardiovaskulären Risikos der Patienten bei. Dennoch sind die molekularen Mechanismen bislang größtenteils noch nicht erforscht. Daher sollen im SFB/TRR durch experimentelle und klinische Studien die multifaktoriellen Aspekte im Kreislaufsystem und im Herzgewebe geklärt werden. Es werden auch interdisziplinäre Aspekte durch Etablierung und Evaluierung neuer therapeutischer Ansätze und diagnostischer Tests analysiert. 18 Forscherteams bringen ihre Erfahrungen aus den Bereichen Kardiologie, Nephrologie, Biophysik und Molekularbiologie ein. Das Konsortium verfügt über ausgewiesene medizinische Experten und eine große Bandbreite experimenteller und theoretischer Methoden. Besonderheit dieses SFB/TRR sind drei integrierte Serviceprojekte. In einer projektübergreifenden Kernplattform werden standardisierte Tiermodelle, histopathologische Analysen und morphologische Protokolle für alle Teilprojekte entwickelt. In einem weiteren Serviceprojekt werden bioinformatische und statistische Methoden für Korrelationsstudien eingesetzt, sie erleichtern die klinische Umsetzung der Konzepte. Durch Kombination von Chromatographie, Massenspektrometrie und MALDI-Imaging erhalten außerdem alle Partner tiefere Einblicke in die Pathologie kardiovaskulärer Erkrankungen bei chronischer Niereninsuffizienz. Die im SFB/TRR integrierte Graduiertenschule bietet den Studierenden Betreuung und Vernetzung. Ein interdisziplinäres Trainingsprogramm sieht ein individuelles Forschungsprojekt, personellen Austausch, ein praktisches Trainings-Modul sowie Module zur Entwicklung von grundlegenden wissenschaftlichen Kompetenzen und fachübergreifenden Fähigkeiten vor. Prozesssignaturen in der Fertigung Im SFB/TRR „Prozesssignaturen – Funktionsorientierte Fertigung auf der Basis charakteristischer Prozesssignaturen“ kooperieren die RWTH, die Universität Bremen und die Oklahoma State Uni-

versity. Die Universität Bremen ist Sprecherhochschule. Beantragt wurde ein Fördervolumen von neuneinhalb Millionen Euro. Die Forschung an der RWTH wurde in der ersten Förderphase von Professor Fritz Klocke vom WZL koordiniert, dies übernimmt jetzt Professorin Stefanie Reese vom Institut für Angewandte Mechanik. Ziel ist, das Konzept der sogenannten Prozesssignaturen weiterzuentwickeln und damit einen Paradigmenwechsel in der werkstofforientierten Fertigung voranzutreiben. Bei der industriellen Produktion hochbelasteter Bauteile – wie Zahnräder für Windkraftanlagen – gelingt es gut, Maße, Formen und die Oberflächengeometrie gezielt einzustellen. Für oberflächennahe Werkstoffeigenschaften, Randzoneneigenschaften wie beispielsweise Eigenspannungen und Härte, ist dies bisher jedoch kaum möglich. Diese Eigenschaften sind aber für die Lebensdauer und das Betriebsverhalten der Bauteile bedeutend, da die Beanspruchungen in Form von Betriebslasten von der Oberfläche aus auf das Bauteil wirken. Es ist entscheidend, ein grundlegendes Verständnis der in den Fertigungsprozessen ablaufenden Vorgänge zu erhalten, die zu einer Veränderung der Werkstoffeigenschaften führen. Diese müssen dann in einer neuartigen und einheitlichen Schreibweise in Form von Prozesssignaturen konkretisiert werden. In der ersten Förderphase des SFB/TRR gelang es, das Konzept der Prozesssignaturen unter vereinfachten Bedingungen grundsätzlich zu belegen. Nun sollen die Prozesssignaturen für die industrielle Anwendbarkeit weiterentwickelt werden, um sie zur gezielten, wissensbasierten Einstellung von Randzoneneigenschaften bei der Auslegung von Fertigungsprozessen nutzen zu können. Fernziel ist, die gewonnenen Erkenntnisse einzusetzen, um die Funktionseigenschaften und damit die Bauteilqualität auf Grundlage von Prozesssignaturen prädiktiv anzupassen und somit wesentlich zur Lösung des inversen Problems bei der Auslegung fertigungstechnischer Prozesse beizutragen. Ha

Impressum Herausgeber im Auftrag des Rektors: Dezernat Presse und Kommunikation der RWTH Aachen University Templergraben 55, 52056 Aachen Telefon +49 241 80-94326 pressestelle@rwth-aachen.de www.rwth-aachen.de Redaktion: Renate Kinny Mitarbeit: Celina Begolli, Angelika Hamacher, Helga Hermanns, Thorsten Karbach, Peter Winandy Layout: Kerstin Lünenschloß, Aachen Druck: Vereinte Druckwerke, Neuss Erscheinungsweise: viermal jährlich. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion. ISSN 1864-5941

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Fachdidaktik für die Lehrerbildung Das Lehrerbildungszentrum – kurz LBZ genannt – ist eine zentrale wissenschaftliche Einrichtung der RWTH. Das Hochschulgesetz NRW regelt die Arbeitsbereiche: dazu zählen Studienorganisation, Beratung, Lehrerinnen- und Lehrerbildungsforschung, schul- und unterrichtsbezogene Forschung oder die Betreuung und Begleitung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Um diese Aufgaben erfüllen zu können, ist das LBZ auf die Zusammenarbeit der beteiligten Disziplinen angewiesen. Daher wurde 2012 das FachdidaktikForum zu deren Vernetzung gegründet. In dieser Arbeitsgruppe sind alle im Lehramtsstudium vertretenen Fachdidaktiken und die Bildungswissenschaften der RWTH versammelt. Auf organisatorischer Ebene wird das Forum durch die Geschäftsstelle des Lehrerbildungszentrums unterstützt. Forum sorgt für Austausch Die Arbeitsgruppe entwickelt Konzepte, initiiert Forschungsprojekte und pflegt den Austausch über adäquate Lehrformate und Lernmaterialien. Die Leitung liegt bei Professor Sven Kommer vom Lehr- und Forschungsgebiet Allgemeine Didaktik mit dem Schwerpunkt Technik- und Medienbildung: „Gemeinsame Veranstaltungen wie der jährliche Aachener Didaktiktag machen über unsere Hochschule hinaus sichtbar, dass die zentralen lehrerbildenden Professuren, Lehrstühle, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an einem Tisch sitzen und gemeinsam handeln“, betont Kommer. Derzeit konzentriert sich die Arbeit des Forums auf Themen, die im Kontext der Qualitätsoffensive Lehrerbildung relevant sind. So der Einbezug der Inklusionsorientierung in die lehramtsbezogenen Bachelor- und Masterstudiengänge, das Verhältnis zwischen schulischer Praxis und universitärer Lehrerbildung oder der Einsatz digitaler Medien. Letzteres bietet ein hohes Gestaltungspotenzial bei der individuellen Förderung von Schülerinnen und Schülern oder für die Entwicklung neuer Lehrund Lernprozesse. Aachener Didaktiktag Der Didaktiktag ist eine Plattform für den regelmäßigen Austausch und die Vernetzung von Schulen der Ausbildungsregion mit den Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung. Die vom

Der Aachener Didaktiktag im Wintersemester befasste sich mit dem Thema „Unterricht in heterogenen Lerngruppen“. Foto: Peter Winandy FachdidaktikForum organisierte Tagung richtet sich an Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter, Fachleiterinnen und Fachleiter, Fachdidaktikerinnen und Fachdidaktiker sowie an Lehramtsstudierende. Die inhaltliche Ausrichtung an bildungspolitisch relevanten Themen ermöglicht den im Schuldienst Tätigen ihre fachdidaktischen, fachwissenschaftlichen und pädagogischen Kompetenzen aktuellen Herausforderungen anzupassen und zu verbessern. Angesichts der gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Umsetzung der Inklusionsorientierung in den lehramtsbezogenen Bachelor- und Masterstudiengängen wurde im Dezember 2017 erneut das Thema „Heterogenität“ aufgegriffen. Unter dem Motto „Unterricht in heterogenen Lerngruppen – Didaktische Impulse, Austausch & Networking“

wurden Akteure des Bildungssystems zusammengebracht. In kritisch-konstruktiver Auseinandersetzung mit den politischen Vorgaben formulierten sie konkrete Handlungsperspektiven von Inklusion für die schulische Praxis und universitäre Lehrerbildung. Nachwuchsförderung Um die Lehrerbildung weiter zu professionalisieren, kommt dem wissenschaftlichen Nachwuchs eine große Bedeutung zu. „Die Fachdidaktiken sind erst seit jüngerer Zeit auf dem Weg, sich als wirklich eigenständige Wissenschaftsteile ihrer Fächer zu etablieren, das heißt eigene Forschung zu betreiben und Konzepte zu entwickeln“, berichtet Kommer. Insgesamt weise die RWTH mit den im Lehramtsstudium an Gymnasien und Gesamt-

schulen sowie an berufsbildenden Schulen vertretenen Fachdidaktiken das Potenzial für eine ibreit aufgestellte Forschung auf. Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist daher ein zentrales Anliegen, dazu wurde eigens ein Nachwuchsforum eingerichtet. Im Vordergrund stehen Vernetzungs-, Beratungs- und Austauschangebote sowie Fortbildungen. red Der Artikel ist eine gekürzte Fassung eines Beitrages des Autorenteams Lars Bücken und Jana Zimmermann in den RWTH THEMEN WS 2017/18 „Lehramt im Fokus“. www.blog.rwth-aachen.de/ aachenerfachdidaktikforum

Management von Forschungsdaten Es ist ein häufig vorkommendes Problem: Ein Wissenschaftler wird nach Daten zu seiner Promotion gefragt. Natürlich hat er sie damals auf CD gespeichert, und er kann den Datenträger noch finden, obwohl er seitdem mehrmals umgezogen ist. Aber jetzt muss er feststellen, dass der Laptop kein CD-Laufwerk hat. „Das ist ein typisches Problem, mit dem sich das Forschungsdatenmanagement – kurz FDM genannt – beschäftigt. Es umfasst alle Methoden und Ver-

fahren, die Wissenschaftler nutzen können, um ihre Forschungsdaten langfristig zu sichern und nachnutzbar zu machen“, erläutert Professor Matthias Müller, Inhaber des Lehrstuhls Informatik 12 (Hochleistungsrechnen) und Leiter des IT Centers. Forschungsdatenmanagement sei somit der erste Schritt auf dem Weg zur IT-Unterstützung des Kernprozesses Forschung. „Professionell betrieben hilft es bei allen Projekten. Es stellt sicher, dass während der Projektdauer und

Um Forschungsdaten zu erstellen und zu speichern, können Wissenschaftler der RWTH im Rahmen der Jülich Aachen Research Alliance JARA auch den Supercomputer JUQUEEN im Forschungszentrum Jülich nutzen. Foto: Peter Winandy 10 |

in der Zeit danach keine wertvollen Daten verloren gehen. Sie werden auch besser vor Missbrauch und Diebstahl geschützt“, sagt Müller. Projektgruppe seit 2015 In den letzten Jahren gab es bereits erhebliche Fortschritte in der Digitalisierung des „student life cycle“, also des Kernprozesses Lehre. Nun enthält die Digitalisierungsagenda der RWTH mit dem „data life cycle“ auch den Kernprozess Forschung. Ziel ist, auch diesen vollständig zu digitalisieren, um das Wissen der Hochschule besser nutzbar zu machen. Erste Lösungen und ein gemeinsames Verständnis für den Prozess wurden von der Projektgruppe „Einführung eines FDM für die RWTH“ konzipiert, in der das Dezernat Forschung und Karriere, die Universitätsbibliothek und das IT-Center seit September 2015 zusammenarbeiten. Grundlage war eine Umfrage zu den Bedarfen in den Einrichtungen der Hochschule. Das Projekt konzipierte unter anderem Beratungsstrukturen, Weiterbildungsangebote und Dienste für die Forschenden der RWTH. So ist der neue Dienst „SimpleArchive“ im Regelbetrieb, der die nachhaltige Nutzung wissenschaftlicher Daten unterstützt. Das Angebot ist in Verbindung mit dem Publikationssystem „RWTH-Publications“ innovative Antwort auf die globale Anforderung an die wissenschaftliche Community, Daten über den lokalen Kontext hinaus und im Rahmen einer kooperativen Praxis langfristig verfügbar zu machen.

Kooperationen als wesentlicher Aspekt Kooperationen sind für das FDM ein wesentlicher Aspekt. Dazu gehören die Spiegelung der Archive mit dem Forschungszentrum Jülich, die Nutzung des Persistent-Identifier Dienstes der Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung mbH Göttingen, und gemeinsame Aktivitäten mit der TU Darmstadt zur Versorgung der Ingenieurcommunity mit Metadatenwerkzeugen. Auch der Austausch von Diensten zwischen Hochschulen wird vorangetrieben. So lässt die RWTH die TU Darmstadt auf ihr Archivierungswerkzeug „SimpleArchive“ zugreifen, die Aachener können im Gegenzug die Webanwendung „RDMO“ nutzen. Dieses Werkzeug unterstützt die strukturierte Planung, Umsetzung und Verwaltung des Forschungsdatenmanagements und ermöglicht zusätzlich die textuelle Ausgabe eines Datenmanagementplans. „Die Generierung, Sicherung und Bereitstellung von Forschungsergebnissen sind ein wichtiger Bestandteil des wissenschaftlichen Arbeitens“, berichtet Benedikt Magrean, Geschäftsführer des IT Centers und Leiter des Einführungsprojektes. Die digitale Revolution schaffe Optionen, Forschungsdaten bei neuen Fragestellungen zu verarbeiten und breit zu nutzen. Thorsten Karbach

https://blog.rwth-aachen.de/ forschungsdaten/


Studierende heben elektrisch ab Eine Gruppe flugbegeisterter Studierender der RWTH und FH forscht, baut und fliegt in der Flugwissenschaftlichen Vereinigung Aachen FVA. „Wir möchten vor allem Luftfahrzeuge weiterentwickeln und die Theorie im Studium mit Praxis verbinden“, sagt Leo Girbig, Vorsitzender und Student des Maschinenbaus an der RWTH. Die Flugausbildung kommt dabei nicht zu kurz: In der Saison von April bis Oktober heben die Mitglieder mehrmals wöchentlich ab, mehrere Stunden kann ein Flug dauern. Über den Wolken, das sei Freiheit pur, beschreibt Girbig das Gefühl. Der Flugbetrieb ist hauptsächlich am Flugplatz Aachen-Merzbrück. Die FVA wird von Studierenden geführt, unterstützt durch das Wissen und die finanziellen Mittel der Alumni und Förderer. Mitmachen können alle Studierenden, die Spaß an Luftfahrt haben. Technische Vorkenntnisse sind ebenso wenig erforderlich wie eine Pilotenlizenz. „Es gibt die Möglichkeit,

einen Luftfahrerschein zum Segelflugzeugführer zu machen und dann ein Segelflugzeug eigenverantwortlich zu steuern“, sagt Girbig. Einige Mitglieder sind Fluglehrer und bilden Interessierte aus – auch für Alpen- und Kunstflüge. „Das Fliegen stellt neben dem Forschen und Werkeln einen tollen Ausgleich dar“, berichtet der Vorsitzende. Propeller für einen Elektrosegelflieger Geforscht wird an einem eigenen Elektroflieger. Dieser soll die Strecke von Aachen nach Berlin schneller und effizienter als ein herkömmliches Automobil zurücklegen. Ein Elektroflugzeug ist vor allem umweltfreundlicher und dazu leiser. Deswegen arbeiten führende Flugzeughersteller mit Hochdruck an einer Serie. „Es hat aber auch Nachteile“, betont Projektleiter und Maschinenbaustudent Wilhelm Enders. Das größte Problem sei die Energieversorgung, die durch Batterien

erfolgt. „Die Energiedichte der Batterien ist trotz großer Fortschritte noch geringer als Benzin. Um mehrere Personen rein elektrisch über eine längere Distanz zu befördern, müsste man sehr viel extra Gewicht durch die Batterien in Kauf nehmen“, erklärt er. Aus diesem Grund werden Hybridkonzepte entwickelt. Die Energieversorgung der Elektromotoren erfolgt dann mit Batterien und einem Generator, der mit konventionellen Kraftstoffen angetrieben wird. „Wir wollen die Machbarkeit eines methanbetriebenen Hybridflugzeuges erforschen, das zusammen mit der generell hohen Effizienz eines Motorseglers so umweltfreundlich ist wie keins zuvor“, so Enders. Die Aachener Segelflugsportler arbeiten seit rund einem Jahr an verschiedenen Konzepten. Jetzt können sie erste Erfolge präsentieren: die Fertigstellung eines Propellers für den Elektromotor.

AICES-Konferenz 2015 mit Gast Mayim Bialik (2. v.l.) und den Organisatoren Wolfgang Dahmen, Nicole Faber, Marek Behr und Stefanie Elgeti (v.r.). Foto: Peter Winandy

Vereinsleben bei FVA beflügelt „Der Propeller ist dünn, mit 600 Gramm sehr leicht und erfüllt bestens unsere Zwecke“, erläutert Enders. Aufwändige Tests habe er ebenfalls bestanden. In der eigenen Werkstatt im Gewerbegebiet in Würselen, nahe dem Flugplatz AachenMerzbrück, bauten die Mitglieder einen Prüfstand und ließen den Propeller 50 Stunden durchlaufen. „Wir bauten eine Messelektronik mit einer Ummantelung, damit er im Versagensfall nicht unkontrolliert weggeschleudert wird.” Gemäß der Zulassung als Instandhaltungsbetrieb besitzt der Verein die räumlichen und technischen Möglichkeiten, Reparaturen und Wartungsarbeiten selbst durchzuführen. Sicherheit geht dabei immer vor, auch die bürokratischen Prozesse und regelmäßigen Audits verschiedener Ämter gehören dazu. „Wir lernen ein komplettes Projekt zu managen und durchlaufen dieselben Schritte, die auch in der Industrie notwendig sind“, sagt Enders. Den passenden Elektromotor für den Prüfstand liehen sie sich beim RWTH-Institut für Elektrische Maschinen. „Der erfolgreiche Test war eine schöne Belohnung für die vollbrachte Arbeit und hat die Mannschaft noch mehr zusammengeschweißt“, ergänzt Girbig. Sieben Bachelorarbeiten entstanden in dieser Zeit. Als Teil der Idaflieg, der Interessengemeinschaft Deutscher Akademischer Fliegergruppen, erhalten die Mitglieder zusätzlich Einblicke in wissenschaftliches Fliegen und Arbeiten. „Jeden Sommer treffen wir uns mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, um umfangreiche Flugleistungsvermessungen und Erprobungen durchzuführen“, erzählt Enders. Die Zusammenarbeit führt zu weiteren Studienarbeiten und Praktika. „Wir lernen vor allem ein gutes Zeitmanagement, denn das Forschen, Bauen und Fliegen ist unsere Leidenschaft, da muss alles drumherum gut geplant sein“, sagt Girbig. Und wenn die Abende doch mal länger werden, gäbe es auch Feldbetten in der Werkstatt, meint er augenzwinkernd. Jeden Donnerstag treffen sich die Studierenden im RWTH-Institut für Luft- und Raumfahrt. Wer mitmachen möchte, kann einfach vorbeikommen. Auch Lehrende sind willkommen. „Bei uns können sie ihren Studierenden in der Werkstatt die Theorie am praktischen Beispiel wie beispielsweise die Wärmebehandlung von Aluminium erklären“, verspricht der Vorsitzende. Celina Begolli http://www.fva.rwth-aachen.de

In der Werkstatt der FVA in Merzbrück bei Aachen. Foto: Peter Winandy

E-Mobilität lernt fliegen Fliegen mit Elektroantrieb? Das ist doch etwas für Utopisten, wir schaffen es ja kaum, Elektroautos in hoher Zahl auf die Straße zu bringen, so die häufige Einschätzung. „Stimmt so nicht!“, widersprach Professor Rik W. De Doncker, Leiter des Instituts für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe ISEA sowie des Institute Power Generation and Storage Systems PGS. „Elektrisch angetriebene Flugzeuge gibt es schon seit einigen Jahren, die Entwickler werden bald den Status der Prototypen hinter sich lassen. Ohne Aussicht auf Erfolg würden sich Unternehmen wie Airbus oder Siemens nicht so intensiv mit dem Thema beschäftigen“, erläuterte der Experte beim Workshop zum Thema „All-Electric Aircraft“, der erstmals von der Forschungsgemeinschaft Leistungselektronik und Elektrische Antriebe e. V. FGLA veranstaltet wurde. Wenn Elektroautos nur langsam an Boden gewinnen, liege das weniger an der Technik, sondern vor allem an den Kosten, erklärte De Doncker weiter. „Technische Lösungen haben wir, und wir arbeiten intensiv an der Verbesserung der Leistungsdichte aller Komponenten. Aber für das

preissensible Produkt Auto sind solche Lösungen erst interessant, wenn man sie in hohen Stückzahlen bauen und verkaufen kann. Im Flugzeugbau spielen Gewicht und Volumen eine viel größere Rolle, finanzielle Aspekte sind hier zwar auch wichtig, aber im Rahmen der Gesamtkosten nicht ganz so entscheidend.“ ISEA und PGS verfügen über große Expertise In Aachen trafen sich mehr als 125 internationale Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung. De Doncker machte deutlich, dass er gemeinsam mit seinem Kollegen Professor Dirk Uwe Sauer an den Instituten ISEA und PGS über große Expertise im Feld der elektrischen Mobilität verfügt. Mit hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern decke man in den Bereichen Leistungselektronik, elektrische Antriebe sowie mobile und stationäre Batteriespeicher wichtige Forschungsthemen für die Entwicklung elektrisch betriebener Fahr- und Flugzeuge ab. Reges Interesse fanden auch zwei Präsentationen, in denen leitende Mitarbeiter von Airbus und Siemens eindrucksvoll zeigten, dass elektrisch

angetriebene Flugzeuge längst keine Utopie mehr sind. Bei Airbus sieht man großes Potenzial im Bereich Kleinflugzeuge, ist aber skeptisch hinsichtlich des Baus von großen Passagierflugzeugen. Dies vor allem wegen des auf absehbare Zeit zu hohen Gewichts der notwendigen Batteriekapazitäten. Andererseits, so Airbus-Mitarbeiter Peter Rostek, habe jede Technologie klein begonnen. Claus Müller von der Siemens AG kündigt den Bau von kleineren Flugzeugen mit Hybridantrieb in den kommenden fünf Jahren an. Passagierflugzeuge für bis zu 100 Passagiere und Kurzstrecken hält er bis 2030 für möglich. Handfester Hintergrund für derart optimistische Prognosen gäben die Jungfernflüge der ersten Elektroflugzeuge von Siemens. Leistungsfähige Batterien für Hybridantrieb Das Design von Batteriesystemen für elektrisch betriebene Flugzeuge war ein ebenso intensiv diskutiertes Thema wie die Entwicklung eines zweisitzigen hybrid-elektrischen Sportflugzeuges, das sowohl auf dem Wasser als auch auf dem Land starten und landen kann. In Norwegen fände

jetzt ein erster Testflug statt. Die Elektrifizierung hydraulischer und pneumatischer Aktuatoren wurde durch United Technologies erläutert. Studierende der Flugwissenschaftlichen Vereinigung Aachen FVA stellten ihre Entwicklung eines Elektropropellers für Segelflugzeuge vor. Professor Sauer beschrieb nicht allein beim „All-Electric Aircraft“ gewaltige Fortschritte. Der Batteriespezialist setzt überdies darauf, dass die Arbeiten sich auch in der Elektromobilität positiv auswirken: „Kleine Flugzeuge und Drohnen für kurze und mittlere Reichweiten lassen sich mit der heute verfügbaren Batterietechnologie bereits sehr gut realisieren. Besonders leistungsfähige Batterien für Hybridantriebsstränge, die elektrische Starts und Landungen ermöglichen, sind ebenfalls vorhanden. Die Weiterentwicklung wird durch den schnell wachsenden Markt im Bereich der straßengebundenen Elektromobilität durch die Automobilindustrie vorangetrieben. Im großen Passagierflugzeug rein elektrisch auf Basis von Batterien über den Atlantik zu fliegen wird dagegen noch lange ein Traum bleiben.“ red | 11


Die Akteure von „Menschen und Maschinen“ zum Thema automatisiertes Fahren im Mörgens Theater Aachen. Foto: Peter Winandy

Von Menschen und Maschinen Dank technologischer Innovationen gelten selbstfahrende Autos als eine Mobilitätsform der Zukunft. Mehrwert und Risiken des automatisierten Fahrens sind aber nicht unumstritten und werden öffentlich thematisiert. So auch im Dezember bei der Reihe „Von Menschen und Maschinen“ im Mörgens Theater. Diese Koproduktion von RWTH und Theater Aachen vereint wissenschaftlichen Thinktank, Science-Fiction-Performance und Livedarstellungen zu einer lockeren Mischung. Nach einer Auftaktveranstaltung zur Künstlichen Intelligenz wurde an diesem Abend das teilunterstützte bis vollautonome Fahren beleuchtet. Oliver Held, Dramaturg am Theater, und Thorsten Karbach, Pressedezernent der RWTH, führten durch das Programm mit Beiträgen aus künstlerischer, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Perspektive. Noch wacht der Mensch Ein Dreiergespann des Theater Aachen bot den roten Faden mit kurzen Episoden aus dem „Erlkönig“ von Kai Schubert, die den Diskurs künstlerisch aufarbeiten. So schon zu Beginn: Assistenzsysteme maßregeln den fahrenden Protagonisten, der den schleichenden Kleinwagen von der linken Spur rammen möchte. Ziemlich schnell wird klar: Der Mensch muss weg vom Steuer,

wenn das Auto eine Zukunft haben soll! Doch bis der Mensch komplett ersetzt wird, wird es noch dauern, denn „Sie als Fahrer sind gute Regler. Sie stellen eine gute Funktion dar“, erklärte Dr. Adrian Zlocki, Bereichsleiter Fahrerassistenz am RWTH-Institut für Kraftfahrzeuge. In seinem Vortrag warf er Fragen auf – wie fährt der Mensch, und wie will er gefahren werden? Das Auto könnte zum Beispiel einen Raser darstellen. Dass automatisiertes Fahren bereits Gegenwart ist, machte Zlocki anhand von Beispielen wie dem Antiblockiersystem deutlich. Heutzutage seien automatisierte Fahrzeuge mit Level drei üblich – auf einer Skala von null für den Oldtimer bis fünf für die Vollautonomie. Der Fahrer müsse noch während der gesamten Fahrt das System überwachen. Pizza wird ohne Boten gebracht Gar nicht erst in das Geschehen eingreifen zu können und dem Auto hilflos ausgeliefert zu sein, war bereits Thema des Kinderbuchs „Das Geisterauto“ von R. L. Stine aus dem Jahr 2000. Der Geist, der von dem Auto Besitz ergriffen hat, beschreibt sich selbst ausschließlich als böse. Die Ohnmacht und Handlungsunfähigkeit, die vom Passagier in einem solchen Fall Besitz ergreifen, stellten Karsten Meyer, Felix Sommer und Philipp Manuel Rothkopf in einer weiteren Lesung drama-

tisch dar. Während der Fahrt lesen oder E-Mails abrufen entspricht Level vier von fünf. Für technisch einfach zu handhabende Situationen wie die Autobahnfahrt möchte die Ford Motor Company Level vier im Jahr 2021 in der Serienfertigung erreicht haben, berichtete RWTH-Alumnus Dipl.-Ing. Andreas Pütz, Research Engineer Automated Driving Europe beim Ford Forschungszentrum Aachen. Auf dem Weg dorthin ergäben sich Probleme wie die Straßenzulassung, je weiter sich das autonome Fahren entwickle, desto mehr stelle sich die Frage nach der Akzeptanz. Wie würden beispielsweise Pizzalieferungen ohne Boten und Autos ohne Lenkräder angenommen? Dass der Airbag nicht nur retten, sondern auch ein potenziell tödliches Assistenzsystem sein kann, ist inzwischen anscheinend akzeptiert – auch wenn immer noch Unfälle durch falsch positionierte Kindersitze oder zu geringen Sicherheitsabstand auftreten. Werden autonom fahrende Fahrzeuge genauso angenommen? Ein Nutzen des automatisierten Fahrens werde vielleicht für Alkoholisierte, Staustrecken oder die immer selben Wege zum Büro gesehen. Die Autos müssten aber auch auf unvorhersehbare Situationen vorbereitet werden. Scheinwidersprüchliche Situationen wie Fußgänger, die Autos an Zebrastreifen vorwinken, stellten die Entwickler noch vor Probleme.

Wie sicher ist sicher? Laut Pütz kommen Systeme dann auf den Markt, wenn sie sicher sind. Sowohl die Kriterien für Sicherheit als auch die Frage, wie sicher sicher genug ist, müssen dabei stets neu verhandelt werden. Im bisher sichersten Verkehrsmittel, dem Flugzeug, werden Systeme mehrfach redundant konzipiert. Doch treten auch hier immer wieder Probleme auf. Wenn nun das letzte Sensorsystem versagt – fährt das Auto den Passagier an den Straßenrand und lässt sich keinen Zentimeter mehr bewegen? Für solche Fälle würden neue Konzepte und Verfahren erst noch erwartet. Dieser Diskurs findet sich auch im „Erlkönig“, und es ist fast schon philosophisch, als der Protagonist am Ende des Stücks und Abends auf dem Rasen des Fahrbahnrands stehend seinem autonom fahrenden Fahrzeug hinterherschaut und sich fragt, wie es ihm wohl ergehen mag. Ob es nun allein durch Deutschland fahren, tanken und Termine erledigen wird. Und das, nachdem er die Assistenzsysteme zuvor mühevoll überwältigen musste. Nun ist seine autonome Fahrt vorerst zu Ende – in der Realität geht es gerade erst los. Lukas Cremer

Acht neue Digi-Fellows Das NRW-Ministerium für Kultur und Wissenschaft und der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft hatten erneut Fellowships für die digitale Hochschullehre ausgeschrieben. Damit unterstützen sie 2018 Lehrende von 15 Hochschulen bei ihren digitalen Lehrvorhaben. Acht Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der RWTH waren erfolgreich. Das Fördervolumen beträgt jährlich insgesamt rund zwei Millionen Euro, die Fellows erhalten jeweils bis zu 50.000 Euro.

Tobias Beck im Jungen Kolleg In das Junge Kolleg der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste wurde Dr. Tobias Beck wegen seiner Leistungen in der Nanotechnologie aufgenommen. Diese gilt als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. Nanomaterialien finden vielfältige Anwendung, so in der Informationstechnologie, bei medizinischen Behandlungsmethoden, in der Umwelttechnik und bei chemischen Prozessen. Beck entwickelte eine Methode, um neuartige Nanomaterialien aus Proteincontainern und Nanopartikeln herzustellen.

www.rwth-aachen.de/extern

Schlaglichter Herausragende RWTH-Absolventen Die RWTH-Absolventen gehören wieder zu den beliebtesten Bewerbern bei deutschen Unternehmen. So die WirtschaftsWoche Mitte Januar in ihrem Ranking, für das 500 Personalverantwortliche aus kleinen, mittleren und großen deutschen Unternehmen befragt werden. Das Ranking soll aufzeigen, welche Universitäten ihre Studierenden am besten für die sich schnell wandelnde Berufswelt ausbilden. Wichtig sei, dass die Bewerberinnen und Bewerber Projekterfahrung haben, zweisprachig sind und problemlösungsorientiert denken. 12 |

Besonders gut schneiden die Ingenieurwissenschaften ab: So führt die RWTH in der Elektrotechnik, im Maschinenbau und im Wirtschaftsingenieurwesen die Tabelle an. Die Naturwissenschaften und die Informatik liegen auf dem zweiten Rang. Bereits in den Rankings der letzten Jahre erreichte die RWTH in den Bereichen Maschinenbau, Elektrotechnik, Informatik, Wirtschaftsingenieurwesen und Naturwissenschaften stets Platzierungen in den TOP 3.


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