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Alumni-Magazin Nr. 67 I Sommersemester 2019

keep in touch Alumni

Auf der Rennstrecke gibt sie den Kurs vor Interview mit Vanessa Mientus, Architektin, Bauleiterin und Track-Operations-Leiterin in Mexico-City

Spektrum

Wissenschaft & Wirtschaft

Öcher Leben

Hochschuljubiläum 2020 – Die RWTH, wie sie lernt, forscht und macht

Von der Ästhetik des Zahnrads – Leonardos Codex Madrid I durch RWTH-Historiker neu herausgegeben

António Guterres, Karlspreis 2019 – Im Gespräch mit Studierenden der RWTH Aachen


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Theoretisch

ist die Energiewende eine Jahrhundertaufgabe.

Praktisch

lernen Sie bei uns jeden Tag dazu.

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Foto: Peter Winandy Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Dr. h. c. mult. Ulrich Rüdiger, Rektor der RWTH Aachen

Angemerkt – Die Rektor-Kolumne Liebe Alumni, seit dem Erscheinen der letzten „keep in touch“ ist an der RWTH Aachen wieder einiges passiert. Über viele Ereignisse wer­­­den Sie in dieser Ausgabe des Alumni-­ Magazins informiert, und Sie lernen wieder spannende Geschichten von Alumni unserer Hochschule kennen. Darüber hinaus möchte ich Sie aber auch mit ein paar Stichworten auf den aktuellen Stand bringen und Ihnen berichten, welche Themen das Rektorat gegenwärtig umtreiben. Da ist zum einen der Antrag der RWTH Aachen in der Förderlinie Exzellenzuniversität der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder. Ende Januar haben wir ihn vor einer auswärtigen Expertengruppe sowie Vertreterinnen und Vertretern des Wissenschaftsrates und der Deutschen Forschungsgemeinschaft verteidigt. Nun heißt es noch bis zum 19. Juli abwarten, ob die RWTH Aachen auch in den kommenden Jahren den Titel Exzellenzuniversität tragen darf. Ganz sicher ist: In diesem

Prozess – angefangen von der Strategiebildung über die Antragserstellung bis hin zur Ergebnispräsentation – haben wir alles gegeben. In unzähligen Workshops und Arbeitsgruppensitzungen haben wir gemeinsam mit allen Statusgruppen ein tolles Konzept erarbeitet, das die Stärken der RWTH Aachen hervorhebt. Wir hoffen nun, dass wir die Gutachterinnen und Gutachter damit überzeugen konnten. Ein anderes aktuelles Thema, das eben‑ falls eng mit der Strategie der RWTH Aachen verknüpft ist, ist der von der Bundesregierung beschlossene Kohleausstieg und der Strukturwandel im Rheinischen Revier. Als exzellente Technische Hochschule, die sich mit vielen damit verbundenen Forschungsfragen beschäftigt, ist es uns ein wichtiges Anliegen, zur Gestaltung des Strukturwandels beizutragen und Lösungsvorschläge für die anstehenden Herausforderungen anzubieten. In diesem Zusammenhang sind wir in engem Austausch mit den zuständigen Akteurinnen und Akteuren auf Bundes- und Landes-

ebene. Unter Einbeziehung der Fakultäten ebenso wie der Zentralen Hochschulverwaltung arbeiten wir mit Hochdruck daran, dass unsere Anregungen Eingang in die politische Praxis finden. Die Arbeit an der RWTH Aachen ist jeden Tag aufs Neue spannend – nicht nur in der strategischen Planung, sondern auch in Forschung, Lehre und Verwaltung. Ich freue mich sehr, dass Sie sich weiterhin für Ihre Alma Mater interessieren, und verspreche Ihnen: Es wird auch in den kommenden Monaten nicht langweilig. Alles Gute für Sie und eine aufschluss‑ reiche Lektüre der „keep in touch“! Mit freundlichen Grüßen Ihr

Univ.-Prof. Dr. rer. nat. Dr. h. c. mult. Ulrich Rüdiger Vorwort | keep in touch | 3


Inhalt Spektrum

Die RWTH, wie sie lernt, forscht und macht Hochschule feiert 2020 ihr 150-jähriges Bestehen ...

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Ausgezeichneter Membranexperte – Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2019 geht an Professor Matthias Wessling.................................................................................8 Karlsmedaille für ERASMUS – Das Erasmus Student Network (ESN) fördert die europäische Identität und das Miteinander der Kulturen ..............................................9 RWTH zeigt seit zehn Jahren „Flagge für Vielfalt“ – Auch in diesem Jahr beteiligte sich die RWTH Aachen wieder am Deutschen Diversity-Tag ............................ 11 Europabüro der Tokyo Tech in Aachen – RWTH Aachen und Tokyo Institute of Technology intensivieren Zusammenarbeit .................................................................. 12 Förderer gesucht! – Machen Sie mit und engagieren Sie sich im RWTH Bildungsfonds!.. 13 Come together – Lebendiges Alumni-Netzwerk .............................................................. 14 Willkommen im RWTH-Shop ........................................................................................... 15 Alumni persönlich

Auf der Rennstrecke gibt sie den Kurs vor Interview mit Vanessa Mientus, Architektin, Bauleiterin und Track-Operations-Leiterin in Mexico-City .....................................................

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„Ich musste das einfach mal niederschreiben“ – Olaf Müller, Alumnus und Leiter des Kulturbetriebs der Stadt Aachen, hat seinen ersten Kriminalroman publiziert ........... 21 Studierendenwerk auf Spurensuche – Ausstellung zum Thema „100 Jahre Studierendenleben in Aachen“ ................................20 4 | keep in touch | Inhalt


Wissenschaft & Wirtschaft

Vom ästhetischen Reiz des Zahnrades Leonardo da Vincis Codex Madrid I zum 500. Todestag neu ediert.............................

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„Fantastisches Experiment zur Erkundung des Weltraums“ – Astronauten übten an der RWTH den Einbau des neuen Kühlsystems ...........................28 „Immenses Gründungspotential“ – RWTH startet Aufbau des größten europäischen Tech-Inkubators .................................30 Mit Smart Mining zu einem verantwortungsvollen Bergbau – RWTH-Professorin Clausen leitet als erste Frau ein Institut im Bereich der Rohstoffgewinnung ...................................................................................................32

Öcher Leben

António Guterres, Karlspreis 2019 Im Gespräch mit Studierenden der RWTH Aachen .............................................

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Mehr Chancen als Risiken – Entwicklungszentrum für angewandte künstliche Intelligenz soll Strukturwandel im Rheinischen Revier fördern.........................36

Inhalt | keep in touch | 5


Spektrum

Die RWTH, wie sie lernt, forscht und macht Hochschule feiert 2020 ihr 150-jähriges Bestehen. Jubiläum mit spannenden Veranstaltungen und erlebbarer Wissenschaft

6 | keep in touch | Spektrum Foto: Hochschularchiv RWTH


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ie Entwicklung, die die RWTH von der Königlichen Rheinisch-Westphälischen Polytechnischen Schule zur integrierten interdisziplinären technischen Hochschule (The Integrated Interdisciplinary University of Science and Technology) durchlaufen hat, ist enorm. Heute ist sie eine Hochschule mit mehr als 45.000 Studierenden und einem exzellenten Ruf weit über Deutschland und Europa hinaus. Die RWTH ist ein hervorragendes Symbol dafür, wie Technik die Gesellschaft positiv beeinflussen kann. Mit konsequenten Fortschritten in verschiedenen Forschungsbereichen wie Gesellschafts-, Wirtschafts-, Ingenieur-, Natur- und Lebenswissenschaften widmet die RWTH sich heutigen und zukünftigen Herausforderungen. Begonnen hat alles in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Prinz Friedrich Wilhelm ein Polytechnisches Institut in der Rheinprovinz aufbauen wollte. Es vergingen noch mehrere Jahre, bis der Lehrbetrieb 1870 eröffnet wurde. Das Jahr 2020 ist also ein schöner Anlass, das 150 jährige Bestehen der RWTH zu feiern. Dies will und wird die RWTH Aachen im kommenden Jahr tun. An dieser Stelle wird gerne formuliert, dass die Vorbereitungen auf Hochtouren laufen. Wir können sagen: Selten hat diese Formulierung so gut gepasst: denn ja, die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Unter dem Motto „Lernen. Forschen. Machen.“ wird die Hochschule ein Jahr lang zeigen, dass sie mehr ist als eine technische Universität, dass sie eine besondere Hochschule mit besonderen Merkmalen ist. Schon das Motto drückt dies aus. Einerseits ist die RWTH eine Hochschule, also ein Ort, an dem Studierende lernen, an dem geforscht wird. Diese Kernaufgaben einer Hochschule bedient sie auf exzellente Weise. Gleichzeitig unterscheidet sich die RWTH von anderen Hochschulen in der Komponente der Umsetzung: Ungezählte

Innovationen werden am Ende auch umgesetzt, es wird – anders ausgedrückt – gemacht. Die Liste der bekannten Beispiele ist lang. Allgegenwärtig sind die beiden Elektroautos, die aus der RWTH heraus den Weg auf den Markt gefunden haben – als Zustellfahrzeug der Post und als sportiver Kleinwagen. Der besondere Charakter der RWTH wird sich in allen Veranstaltungen widerspiegeln. Der Dreiklang des Mottos ist Wegweiser durch das Jahr. Da sind vor allem die drei zentralen Veranstaltungen des Jubiläumsjahres. Im Frühjahr werden bei einem Wissenschaftsabend Impulse für die Universität der Zukunft entwickelt. Unter dem Titel „The New Fiction of Good Science – In Need of a Paradigm Shift?!“ werden internationale Experten in ungewöhnlichen Diskussionsformaten aufeinandertreffen und das System Universität hinterfragen und Lösungen zusammentragen. Erlebbare RWTH Was die RWTH kann, forscht, macht, wird am Samstag, 20. Juni 2020, beim großen Universitätsfest anschau-, anhör-, greif-, fühl- und in jedem Fall erlebbar. Die RWTH präsentiert sich der Öffentlichkeit auf den zentralen Flächen und Gebäuden des Campus Mitte, etwa auf dem Templergraben und dem Hörsaalgebäude C.A.R.L. bei freiem Eintritt. Der Abend wird mit Musik auf einer großen Bühne am Templergraben ausklingen. Erlebbar und damit spielbar wird an diesem Tag auch die neue RWTH QuizApp sein. Nach Vorbild des beliebten Quizduell erarbeitet die Projektgruppe zum Jubiläum in Zusammenarbeit mit „Medien für die Lehre“ eine solche App, in der Fragen rund um die RWTH Aachen gelöst werden können. Auf diese Weise wird unter anderem die Geschichte der Hochschule einprägsam und gleichermaßen unterhaltsam aufbereitet. Es gibt Fragen zur Entwicklung der Hochschule und zu ihrer gegenwärtigen Ausprägung, zu Personen,

Anekdoten, Buntem, Forschung und Lehre. Der Clou dieser Entwicklung: Sie kann in die Lehre integriert werden. Das Projekt hat also einen nachhaltigen Charakter. Nicht zuletzt die RWTH-Alumni sollten sich dieses Festwochenende vormerken, denn als Auftakt ist tags zuvor am 19. Juni ein Alumni-Tag auf dem Campus Melaten geplant. Die Geschichte der RWTH und ihrer Entwicklung bis ins Jahr 2020 wird zudem in einer Sonderausstellung in Zusammenarbeit mit der Stadt Aachen aufbereitet. Im Wechselausstellungsraum des Centre Charlemagne – direkt am Katschhof – wird inklusive eines spannenden Begleitprogramms dargestellt, was die RWTH von ihrer Gründung über die Kriegsjahre bis ins Hier und Jetzt prägte. Wertvolle Erkenntnisse, Entwicklungen und Forschungsergebnisse werden auch hier – mitten im Herzen der Stadt – der Öffentlichkeit vorgestellt. Die erste Vorlesung an der damals noch Rheinisch-Westphälischen Polytechnischen Schule fand übrigens im Oktober 1870 statt. Diesen tatsächlichen Startschuss der Hochschule zelebriert die RWTH 150 Jahre später dann mit dem eigentlichen Festakt für geladene Gäste. Auch hier wird sich das Motto „Lernen. Forschen. Machen.“ in einer Abendshow im Hörsaalzentrum C.A.R.L. an allen Ecken darstellen. Bewusst wird dieser Höhepunkt des Jubiläums in Hörsälen begangen, also an einem Lernort. Forschen und Machen wird das Programm bestimmen, ein paar Überraschungen wird es gewiss geben. Auch nach 150 Jahren ist die RWTH für diese nämlich mehr als nur gut. Weitere Informationen zum Programm, welches ständig aktualisiert wird, finden sich unter: www.rwth-aachen.de/150

Thorsten Karbach Spektrum | keep in touch | 7


Foto: DFG Professor Matthias Wessling, Leibniz-Preisträger 2019.

Ausgezeichneter Membranexperte Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2019 geht an Professor Matthias Wessling

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er Membranexperte vom Lehrstuhl für Chemische Verfahrenstechnik der RWTH war einer der vier Wis­ sen­schaftlerinnen und sechs Wissenschaftler, denen am 13. März 2019 der LeibnizPreis in Berlin verliehen wurde. Der führende Experte auf dem Gebiet der Membrantechnologie und Polymerfor­ schung wird geehrt für seine richtungsweisenden Arbeiten zur Synthese, Beschrei­ bung und zum Verständnis semipermeabler, also teilweise durchlässiger synthetischer Membranen. Generell sind Membrane dünne Materialschichten, die zwei Räume voneinander trennen. Damit werden sie zu wichtigen Bestandteilen in vielen industriellen Prozessen, etwa bei der Wasserentsalzung, Abwasserund Abgasbehandlung oder bei Hochleistungsbatterien und Brennstoffzellen.

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Durch Wesslings Forschungsarbeiten war es erstmals möglich, die Membranfunktionalität präzise zu justieren und die daraus resultierenden Wirkmechanismen zu analysieren und zu verstehen. Seine grundlegenden Untersuchungen finden inzwischen in vielen Produkten Verwendung, sowohl in der Industrie als auch in der Medizintechnik, etwa bei der Nierendialyse. Derzeit arbeitet Wessling verstärkt daran, die Welt der synthetischen und biologischen Membranen zusammenzuführen. Matthias Wessling studierte Chemietechnik in Dortmund und Cincinnati. Danach forschte er in den Niederlanden, wo er an der Universität Twente promovierte und eine Professur für Membrantechnologie innehatte. 2010 folgte er einem Ruf als Humboldt-Professor an den Lehrstuhl für Chemische Verfahrenstechnik, ein Mitglied des Lehrstuhlverbunds der Aachener

Verfahrenstechnik (AVT) der RWTH Aachen. In Aachen widmete er sich zudem dem Ausbau des Leibniz-Instituts für Interaktive Materialien (DWI). Preisverleihung 2019 Von den zehn Preisträgerinnen und Preisträgern kommen jeweils drei aus den Geistes- und Sozialwissenschaften und den Lebenswissenschaften sowie jeweils zwei aus den Naturwissenschaften und den Ingenieurwissenschaften. Die Ausgezeichneten erhalten je ein Preisgeld von 2,5 Millionen Euro. Verliehen wurden die Leibniz-Preise 2019 am 13. März in Berlin. (dih)


Karlsmedaille für ERASMUS Das Erasmus Student Network (ESN) fördert die europäische Identität und das Miteinander der Kulturen

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enige Tage vor der Verleihung des diesjährigen Karlspreises an UN-Generalsekretär Antonio Guterres (siehe auch Seite 34) zeichnete der Aachener Verein „Médaille Charlemagne“ das europäische Erasmus Studierendennetzwerk mit der Verleihung der Karlsmedaille für Verdienste um Europa aus. „Durch das Studieren und Leben, durch Begegnung und Austausch in einem anderen Land werden Beziehungen auf- und Ressentiments abgebaut. In einer Zeit, in der die Stimmen gegen ein einheitliches Europa immer lauter werden, tritt die Studentenorganisation für ein gemeinsames Europa ein“, begründet das Kuratorium des Vereins seine Entscheidung. Nicht zuletzt soll diese Auszeichnung ein Zeichen gegen zunehmenden nationalen Chauvinismus und Vorurteile setzen.

Foto: Stadt Aachen / Bernd Schröder Stolz präsentiert ESN-Präsident Joao Pinto (Bildmitte) mit Oberbürgermeister Marcel Philipp (links) und Michael Kayser die

Am 23. Mai nahm der Portugiese Joao Pinto, amtierender ESN-Präsident, im Aachener Rathaus den Preis stellvertretend für alle im Netzwerk ehrenamtlich tätigen Studierenden entgegen. Dr. Viviane Reding, ehemalige Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, hielt bei der Verleihung der Medáille Charlemagne die Laudatio auf das Erasmus Student Network. Als EU-Kommissarin war Reding für das Ressort Bildung, Kultur, Jugend, Medien und Sport maßgeblich an der Förderung des Erasmus Mundus Programmes beteiligt, das den Studierendenaustausch unter den Mitgliedsstaaten fördert. Die ESN kümmert sich als transeuropäisches Netzwerk um Studierende, die im Erasmus-Programm der Europäischen Union Auslandssemester oder Praktika absolvieren. Nach dem Motto „Studierende helfen Studierenden“ hilft die Organisation, sich am neuen Studienort zurechtzufinden und einzugewöhnen. Das Programm gibt es bereits seit 1987. Inzwischen umfasst das Netzwerk 472 Sektionen in 37 Ländern

Karlsmedaille und Urkunde.

mit insgesamt 150.000 Studierenden im Erasmus-Stipendium. Dr. Jürgen Linden, Vorsitzender des Karlspreisdirektoriums, bezeichnet ERASMUS als einen „der größten Vorteile, die Europa in seiner Geschichte gestartet hat.“ Seit dem Jahr 2000 werden mit der Karlsmedaille eigentlich Personen oder Institutionen ausgezeichnet, die sich auf dem medialen Gebiet um Europa verdient gemacht haben. „In diesem Fall verstehen wir Medium als Instrument der Verbreitung. Die Erasmus-Studenten sind die besten Botschafter der europäischen Integration,“ betonte Linden. „Die Entscheidung musste sein – bei so viel Gegenwind, den Europa im Moment erfährt.“ Und Michael Kayser, Vorsitzender des Vereins „Médaille Charlemagne“, betont: „Was fehlt, sind Emotionen. Vielen Menschen ist in erster Linie ein Europa bekannt, das vor allem wirtschaftliche Punkte in den Vordergrund stellt. Das ESN bringt

„Das ESN bringt dagegen Menschen zusammen und erweckt diese Emotionen, die so wichtig sind, um sich mit Europa zu identifizieren.“

dagegen Menschen zusammen und erweckt diese Emotionen, die so wichtig sind, um sich mit Europa zu identifizieren.“ Auch Professorin Ute Habel, RWTH-Prorektorin für Internationales, bestätigt: „ERASMUS hat einen kontinuierlichen Denk- und Lernprozess in Gang gesetzt, an dem sich die akademische Seite und Hochschulverwaltung über die Jahre gemeinsam beteiligt haben.“ Spektrum | keep in touch | 9


Foto: privat

Foto: Claudia Pankanin Die ehemalige Erasmus-Studierende Maddy Ruppé arbeitet inzwischen am International

Colin Widmann sammelte WG-Erfahrung in Valencia.

Office der RWTH.

„Durch meinen Auslands­ aufenthalt in Aachen habe ich nicht nur wertvolle interkulturelle Erfahrungen gesammelt, sondern auch dank meiner Freunde eine „Family away from home“ gefunden.“

2017/18 waren an der RWTH 355 ErasmusStudierende für eine akademische Ausbildung zu Gast, 17 absolvierten ein Praktikum. In der Gegenrichtung gingen 732 RWTH-Studierende ins Ausland. „Erasmus war und ist das bei weitem größte und auch älteste Mobilitätsprogramm an der RWTH“, lobte Ute Habel die Wahl des Kuratoriums. „Die Beschäftigung mit allen Aspekten der durch Erasmus erzeugten Mobilität hat maßgeblich zur Entwicklung von Standards beigetragen, die sich auf alle Austauschaktivitäten der RWTH auswirken.“ 10 | keep in touch | Spektrum

Erfahrungsgewinn und neue Perspektiven Für die Erasmus-Studierenden bedeutet der Auslandsaufenthalt nicht nur akademische Ausbildung, sondern auch Erfahrungsgewinn und neue Perspektiven, die beispielsweise auch die ursprünglichen Karrierepläne verändern können – so, wie bei Maddy Ruppé. Die 27-jährige Französin kam 2011 nach Aachen, um hier ihr Germanistik- und Anglistikstudium fortzusetzen und ihren Lebenslauf mit einem Auslandsaufenthalt anzureichern. Schließlich verliebte sie sich in die Stadt und arbeitet inzwischen im International Office der RWTH. „An dem Erasmus-Programm teilzunehmen ist die beste Entscheidung, die ich für mich getroffen habe. Durch meinen Auslandsaufenthalt in Aachen habe ich nicht nur wertvolle interkulturelle Erfahrungen gesammelt, sondern auch dank meiner Freunde eine „Family away from home“ gefunden. Auch mit den internationalen Studierenden habe ich eine starke Verbindung, weil ich genau weiß, wie es sich anfühlt, neu in Aachen zu sein. Durch meine Arbeit im International Office habe ich nun die Chance das zurückzugeben, was mir damals gegeben wurde. Darauf bin ich sehr stolz.“

Fast wie im Film bei „L’Auberge espagnol“ – möchte man meinen, wenn man erfährt, dass Colin Widmann bei seinem ErasmusAufenthalt an der Universidad Politécnica

„Studieren in einem fremden Land ist wie eine zweite Identität zu besitzen.“ de Valencia zehn Monate mit drei Spaniern in einer WG gewohnt hat. Das kam natürlich seinen Sprachkenntnissen sehr zugute. Auch bei dem angehenden Wirtschaftsingenieur hat diese Zeit starke emotionale Verbindungen hinterlassen: „Studieren in einem fremden Land ist wie eine zweite Identität zu besitzen. Es ist Zeit, interessante Erfahrungen zu machen, neue Freunde zu finden und eine andere Sprache zu lernen. Das gewohnte Leben bleibt zurück. Nach dem Auslandsaufenthalt bleibt nur eins: Der Wunsch, dorthin zurückzukehren.“ Dietrich Hunold


RWTH zeigt seit zehn Jahren „Flagge für Vielfalt“ Auch in diesem Jahr beteiligte sich die RWTH Aachen wieder am Deutschen Diversity-Tag

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ervorgegangen aus einer Arbeit­ ge­berinitiative zur Förderung von Viel­falt in Unternehmen und Institutionen wurde der Verein Charta der Vielfalt e.V. im Dezember 2006 mit Unterstützung der Bundesregierung ins Leben gerufen. Bereits im Jahr 2009 unterzeichnete die RWTH die Charta der Vielfalt, die Selbstverpflichtung zum Diversity Management in Deutschland. Auch in diesem Jahr betei­ligte sich die RWTH wieder an dem Deut­schen Diversity-Tag, der jährlich unter dem Motto „Flagge zeigen für Vielfalt“ von dem Verein veranstaltet wird. Bundesweit werden rund 2.000 Aktionen gestartet. Am 11. März 2009 überreichte Frau Staats­­ministerin Prof. Dr. Maria Böhmer im Rahmen eines gemeinsamen Festaktes im Alten Kurhaus sowohl der Stadt Aachen als auch der RWTH ihre Beitrittsurkunden. Damit zeigen sich beide Institutionen überzeugt: „Gelebte Vielfalt und Wertschätzung dieser Vielfalt hat eine positive Auswirkung auf die Gesellschaft in Deutschland.“ (Charta der Vielfalt). Inzwischen haben rund 3.000 Konzerne, Betriebe, öffentliche

Institutionen, Vereine und fast alle Bundesländer die Charta der Vielfalt unterzeichnet, die sich für ein wertschätzendes und vor­ urteilsfreies Arbeitsumfeld einsetzt. „Wir geben eine klare Absage an Populisten und Intoleranz. Wir sehen in Diversity eine große Chance für unsere Hochschule und die Wissenschaft. Von einer vielfältigen Belegschaft und Gesellschaft profitieren wir am Ende alle“, sagt Prof. Dr. Ulrich Rüdiger, Rektor der RWTH Aachen. „Daher begrüßen wir auch die Initiative der Rektor­atsstabsstelle für Gender und Diversity Management (IGaD), dass die RWTH sich regelmäßig am Deutschen DiversityTag beteiligt.“

unterschiedlichen Fakultäten und Instituten der RWTH Tipps zur Antragstellung in ­Horizon 2020 und zur Arbeit in EU-Projekten. So gab beispielsweise Professorin ­ Dr. Elisabeth Clausen, Institute for Advanced Mining Technologies, einen her­vor­ragenden Einblick in ihre beeindruckenden Aktivitäten im Rahmen der EU-Forschungsf­örderung sowohl als erfolgreiche Antragstellerin wie auch als Gutachterin. Foto: Andreas Schmitter

Informationsveranstaltung für Nachwuchswissenschaftlerinnen So fand am 28. Mai 2019 an der RWTH die Informationsveranstaltung „Becoming an EU-Expert. Erfolgreiche Wissenschaftlerinnen in der EU-Forschungsförderung“ statt, eine Kooperation zwischen der Abteilung Drittmittelmanagement und dem IGaD. Im Rahmen dieser Veranstaltung erhielten 15 interessierte Wissenschaftlerinnen aus

Diversity lohnt sich Diversity-Management gilt als Querschnitts­­ thema. Die Idee dahinter: Eine Organisationskultur, in der Vielfalt selbstverständlich gelebt wird, führt dazu, dass alle Beschäftigten ihr Potenzial bestmöglich einbringen. Sie fördert auch die Vielfalt der Ideen und Forschungsfelder, für die die Wissenschaftseinrichtung steht. Prof. Dr. Doris Klee, Prorektorin für Per­ sonal und wissenschaftlichen Nachwuchs: „Zur Etablierung und Umsetzung eines Diversity Manage­ments hat die RWTH bereits im Jahre 2007 längerfristige Strukturen und Maßnahmen geschaffen: In enger Abstimmung mit dem Rektorat sensibilisiert seitdem das IGaD auf allen Hochschulebenen für die Anerkennung von Unterschieden und gibt Impulse für die Förderung von Vielfalt. Das richtungsgebende Leitbild der Diversity Policy der RWTH bildet seit nunmehr zehn Jahren die Charta der Vielfalt. Sie ist uns An­spruch und Ansporn zugleich.“ IGaD

Foto: Andreas Schmitter Professorin Doris Klee, Prorektorin für Personal und wissenschaftlichen Nachwuchs, sowie das IGaD-Team der RWTH freuen sich über ihre bisherigen Erfolge im Gender und Diversity Managemnet an der RWTH.

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Foto: Claudia Pankanin Zahlreiche Gäste bei der Eröffnung des Europabüros von Tokyo Tech an der RWTH.

Europabüro der Tokyo Tech in Aachen RWTH Aachen und Tokyo Institute of Technology intensivieren Zusammenarbeit

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ie RWTH Aachen und das Tokyo Institute of Technology kooperie­ ren bereits seit 2007. Nun soll die Zusammenarbeit mit dem „Tokyo Tech ANNEX Aachen“, dem Europabüro der japanischen Universität in Aachen intensiviert werden. Unter anderem soll diese deutsch-japanische Kooperation auf das Forschungszentrum Jülich und Industrieunternehmen in NRW ausgeweitet werden. RWTH-Rektor Professor Ulrich Rüdiger be­grüßte gemeinsam mit dem Präsidenten des Tokyo Institute of Technology Dr. Kazuya Masu anlässlich der Eröffnung des Europabüros zahlreiche Gäste. Dr. Beate Wieland vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, Masato Iso, Generalkonsul von Japan, Margarethe Schmeer, Bürgermeisterin der Stadt Aachen, Industrievertreter, eine dreißigköpfige Delegation aus Japan, zahlreiche Mitglieder des Professoriums sowie Vertreterinnen und Vertreter der japanischen und deutschen Forschungs- und Wirtschaftsförderorganisationen in Nordrhein-Westfalen feierten den Ausbau der Kooperation. Außerdem veranstalteten RWTH-Professor Sven Ingebrandt und Professor Masahiko Hara den ersten gemeinsamen Workshop zum Thema „Intelligent Surfaces and Materials“. Künftig sollen verstärkt gemein-

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same Workshops organisiert werden. So folgte bereits im Mai in den Räumen des Lehrstuhls für Verbrennungskraftmaschinen (VKA) ein von der TokyoTech und dem Profilbereich Energy Chemical and Process Engineering (ECPE) gemeinsam organisierter weiterer Workshop mit dem Titel „Sustainable Energy“ über die aktuelle Forschung in der Energietechnik. Dabei wurde die Energieversorgung von den Energiequellen über notwendige Materialinnovationen und die Systemoptimierung bis hin zum Verbraucher diskutiert. Im Anschluss an den Workshop konnten sich die Teilnehmer im Center for mobile Propulsion (CMP), im E.ON Energy Research Center (E.ON ERC), im Center for Wind Power Drives (CWD) und im Institut für Kraftwerkstechnik, Dampf- und Gasturbi-

nen ein Bild von den aktuellen Forschungsaktivitäten an der RWTH machen. Das Tokyo Tech ist eine staatliche technische Hochschule und eine der renommiertesten japanischen Universitäten. Seit 2018 besitzt sie den Status einer Designated National University, der vergleichbar mit dem Titel Exzellenzuniversität ist. Mit circa 10.000 Studierenden ist die Universität die größte Bildungseinrichtung Japans im Bereich der Natur- und Ingenieurswissenschaften. Ein weiterer Schwerpunkt der Zusammenarbeit ist der Ausbau der Mobilität von Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftlern und Studierenden. (dih)

Foto: VKA Professor Stefan Pischinger, Leiter des VKA, beim Workshop zum Thema „Sustainable Energy“.


Machen Sie mit! Engagieren Sie sich im RWTH Bildungsfonds!

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ank der Beteiligung zahlreicher Unternehmen, Stiftungen und Privatpersonen unterstützt der RWTH Bildungsfonds hervorragend ausgebildete und engagierte Studierende mit einem monatlichen Stipendium für mindestens zwei Semester. Studierende erhalten im Rahmen des Deutschlandstipendiums für ein Studienjahr ein monatliches Stipen­ dium in Höhe von 300 Euro. Die eine Hälfte dieser Fördersumme wird durch die Hochschule bei Privatpersonen, Unternehmen oder Stiftungen eingeworben, die andere Hälfte gibt das Bundesministerium für Bildung und Forschung dazu. Egal ob Sie etwas zurückgeben und damit einen wesentlichen Beitrag zur Bildungsförderung an der RWTH Aachen leisten möchten, oder frühzeitig Kontakt zu den besten Studierenden aus Aachen aufnehmen und ausgezeichnete Nachwuchskräfte kennenlernen wollen – wir freuen uns über Ihre Spende!

Foto: Stefan Hense

Foto: Daniel Zakharov

Weitere Informationen erhalten Sie unter: www.rwth-aachen.de/ bildungsfonds Tel.: +49 241 80 90839 E-Mail: bildungsfonds@rwth-aachen.de

Foto: Daniel Zakharov

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Foto: Tilo Beck Die RWTH-Alumni auf dem EUREF-Campus

Come together – Lebendiges Alumni-Netzwerk RWTH-Alumni treffen sich in Berlin …

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lt bewährt und neu entdeckt. Die alljährlichen Treffen der in Berlin lebenden RWTH-Alumni sind Tra­­­dition, bereits seit einigen Jahren finden diese auf Initiative von engagierten Ehe­ mali­gen statt. Dieses Jahr trafen sich neun Interessierte, um den EUREF-Campus zu besichtigen. Das Stadtquartier in Berlin Tempelhof wurde 2008 entwickelt und verschreibt sich der Energiewende. Tilo Beck ist Alumnus der Energiewirtschaft und zeigt sich beeindruckt von der „intelligenten Stadt“: „Eigenerzeugung und Energie-Autarkieansätze, vielfältige technologieoffene Mobilitätslösungen auf Basis erneuerbarer Energie sowie das Zapfen von Strom aus der Straßenlaterne sind hier allgegenwärtig. Eine Vielzahl von inno­vativen Unternehmen und Startups sind auf dem Gelände ansässig und bie­ten Lösungen zur Umsetzung der nächsten Phase der Energiewende in den unterschiedlichen Sektoren. Spannende Innovationen zur Gestaltung der digitalen 14 | keep in touch | Spektrum

Transformation sowie auch Ansätze zur Realisierung von „SMART Citys“ sind auf Schritt und Tritt sichtbar - und zum Anfassen nahe.“ Die Gruppe konnte ebenfalls zwei Unternehmen, Cisco/Open Berlin und das Startup Meshicon, besichtigen. Der rege Austausch und die Diskussion wurde beim anschließenden Zusammensein im Restaurant fortgeführt – mit neuen Ideen für weitere RWTH Alumnitreffen in Berlin als Ergebnis!

Wollen Sie ebenfalls ein Netzwerk von Ehemaligen der RWTH in Ihrer Stadt aufbauen? Wir freuen uns auf Ihre Ideen, melden Sie sich einfach bei uns: alumni@rwth-aachen.de

… und Wien Zeitgleich mit den „alten Hasen“ in Berlin trafen sich Ehemalige aus Aachen erstmals in Wien. Auf Initiative von RWTH-Alumnus Christian Benten wurden alle RWTHAlumni aus der Region angeschrieben und ein­­geladen, um sich in ungezwungener Atmosphäre bei einem netten Essen im Restaurant kennenzulernen und zu ver­ netzen. Schlussendlich trafen sich am ­­ 24. Mai acht Alumni zu einem gemütlichen Beisammensein und verbrachten einen gelungenen Abend zusammen. Alle Beteiligten wünschen sich ein Wiedersehen und denken über Veranstaltungsformate, wie sie die Berliner Gruppe vormacht, nach. Gut möglich, dass es in Zukunft auch in der österreichischen Hauptstadt zur Tradition gehört, sich regelmäßig mit ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen auf einen Plausch über die alte (Wahl-)Heimat zu treffen! Eva Bender


Willkommen im RWTH-Shop Werbeprodukte visualisieren die Marke RWTH

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-Shirts oder Babystrampler, Büroartikel, Honig aus der RWTH-Imkerei, Printen oder Stofftiere – all das findet man im RWTH-Shop. Mitten im Herzen der Hochschule, dem Hauptgebäude, heißt er die Käuferinnen und Käufer mit einer breiten Palette nützlicher, stylischer und auch fairer Produkte willkommen. So fasziniert ein Kugelschreiber, der zugleich Wasserwaage, Schlitz- und Kreuzschraubendreher ist und einen Touchpen-Aufsatz hat. „Wir arbeiten vorrangig mit lokalen Unternehmen als Produzenten zusammen, um die Region zu unterstützen und den Qualitätsstandard Made in Germany zu gewährleis­ ten“, betont Claudia Kreutzer, seit vier Jahren im Verkauf tätig. „Außerdem achten wir auf Umweltfreundlichkeit und ­verkaufen fair wear“, ergänzt Ricarda Mahlberg, zuständig für Strategische Kommunikation. Der Shop zählt zu den fünf umsatzstärksten in der deutschen Hochschullandschaft. Neben dem Verkauf im Hauptgebäude werden die Artikel auch online vertrieben. Stoßzeiten sind vor allem zu Semesteranfang, wenn sich die stolzen Erstsemester ein T-Shirt im RWTH-Design zum Start gönnen. Aber auch Alumni shoppen gerne, um ihre Bindung an die Alma Mater zu zeigen. Der beliebteste Artikel ist der Pre­ mium Hoodie Texas in verschiedenen Ausfertigungen. Ein besonderes Highlight ist der Exclusiv Hoodie. „Alle zwei Jahre l­assen wir eine Exklusivauflage von 300 Stück produzieren, die eigens für die RWTH ge­ näht werden“, berichtet Mahlberg. Kauferlebnis mit Emotion Mit visuellen Anreizen möchten die Marketingexpertinnen überraschen und zum Kauf motivieren. Dekoration und Auslagen werden gemäß der Jahreszeiten und Feiertage gestaltet. Das Key Visual, eine Illustration für den RWTH-Shop, zeigt die vielfältigen Artikel im RWTH-Shop und findet sich auf verschiedenen Medien als Wiedererkennungsmerkmal. Es hat sich mit der Zeit ein Fundus angesammelt, mit dessen Hilfe abwechslungsreich präsentiert werden kann.

Foto: RWTH/Sebastian Dreher Ricarda Mahlberg (links) und Claudia Kreutzer mit dem neuen Hoodie Exclusiv Graduation 3, der mit einer limitierten Auflage von 300 Stück eigens für die RWTH gestaltet wurde.

Einige Produkte sind auch in Vitrinen im SuperC und in der Uniklinik ausgestellt. Katze Louise und Bär Charly gehören schon lange zum Sortiment. Die Inspiration für die beiden Stofftiere gab Campuskater King Loui I., der vor zwei Jahren gestorben ist. Die Katze Louise ist die Freundin von King Loui I. – so erzählt es eine kleine Geschichte, die auf Papieranhängern der beiden zu lesen ist. „Wir wollen grundsätzlich ein positives und emotionales Kauferlebnis bieten, das die RWTH in nachhaltiger Erinnerung lässt“, sagt Kreutzer. Umfragen sichern den Erfolg Herausragende Ereignisse werden auch zum Anlass für besondere Aktionen genommen. Zum Graduiertenfest gibt es zum Beispiel das Graduiertenshirt – ein exklusives T-Shirt, das nur auf dem Graduiertenfest erhältlich ist und nach Wunsch für die Absolventinnen und Absolventen mit dem Abschlussjahrgang vor Ort bedruckt wird. Zum Besuch des französischen Staatspräsidenten Macron wurden Kleidungsstücke mit dem Claim „Penser l’avenir“ herausgebracht. Renner war „Rector‘s Spice No. 1“, das Lieblings-Grillgewürz des emeritierten

Rektors Ernst Schmachtenberg. Bei LagerSale-Aktionen erhalten die Käufer aktuell eine Baumwolltasche als Geschenk. Und beim Black Friday im November jeden Jahres gibt es im Onlineshop zehn Prozent auf alle Produkte. Der RWTH-Shop wird von der Stabsstelle Marketing unter Leitung von Linda Diepenbruck betreut. Dort entstehen die Ideen in Teamarbeit, die Marke RWTH wird bei allen Artikeln visualisiert. Den Verkaufserfolg sichert das Feedback der Kundschaft: Es werden Umfragen durchgeführt und Trendstudien herangezogen, um das Angebot anzupassen. „Es ist ein tolles Gefühl, wenn man nach einem langen Prozess das fertige Produkt in den Händen hält und es bei der Zielgruppe dann gut ankommt“, meinen Kreutzer und Mahlberg übereinstimmend. Celina Begolli Keine Neuigkeiten mehr verpassen? Jetzt unter www.shop.rwth-aachen.de zum Newsletter anmelden und 10 % Rabatt* auf Ihren ersten Einkauf erhalten. *gilt nicht für den internen Shopbereich

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kurz & kompakt Gute Ergebnisse für die RWTH Aachen im internationalen U-Multirank Die RWTH Aachen schneidet in der aktuellen Ausgabe des internationalen Hochschulrankings U-Multirank erneut gut ab. Das Ranking – initiiert und finanziert von der Europäischen Kommission – verfolgt einen multidimensionalen Ansatz, für eine Vielzahl von Indikatoren werden Noten von „sehr gut“ bis „schwach“ vergeben. In der Gesamtbetrachtung erhielt die RWTH bei 18 von 28 bewerteten Indikatoren die Noten „sehr gut“ und „gut“. In den Bereichen Forschung und Wissenstransfer sticht die Hochschule heraus: Im Wissenstransfer wird bei fünf von sieben Indikatoren die Gruppe „sehr gut“ erreicht, etwa bei der Anzahl der Publikationen in Kooperation mit der Industrie, Patentanmeldungen und Spin-offs. Auch bei allen Indikatoren zur internationalen Orientierung werden überdurchschnittliche Noten erlangt.

10 Milliarden Menschen entsprechende Energiepotentiale in ausreichendem Um­­fang zu vernünftigen Kosten überall verfügbar? Wie sieht die energiepolitische Strategie mächtiger Staaten, insbesondere der USA, aus? Was ist von der weiteren technischen Entwicklung zu erwarten? Wie ist die Energiewende in Deutschland in diesem Kontext einzuordnen und kann das CO2-Ziel im Klimabereich noch erreicht werden? RWTH-Alumnus Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Josef Radermacher, Vorstand des Forschungsinstituts für anwendungsorien­ tierte Wissensverarbeitung/n (FAW/n), emeritierter Professor für Informatik an der Universität Ulm, ging auf Einladung der Fachgruppe Informatik mit seinem Vortrag auf diese Fragen ein und beschrieb mögliche Lösungswege. Dank einer Aufzeichnung der Video AG der Fachschaft I/1 kann der Vortrag unter nachstehendem Link nochmal nachvollzogen werden.

50 Jahre Lehrstuhl Wirtschafts-, Sozial- und Technologiegeschichte Unter dem Titel „Vergangenheit analysieren – Zukunft gestalten. Technik-, wirtschaftsund sozialhistorische Forschung seit den 1960er Jahren“ richtete das Lehr- und Forschungsgebiet Wirtschafts-, Sozial- und Technologiegeschichte der RWTH Aachen (WISOTECH) die insgesamt 12. Tagung des Aachener Kompetenzzentrum Wissen­ schaftsgeschichte (AKWG) aus. Die Tagung fand anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des WISOTECH unter der Federführung von Paul Thomes statt, der das Institut seit 1995 leitet. Auf seine Einladung diskutierten rund 60 Gäste im Rahmen der interdis­ ziplinär angelegten Veranstaltung über die Wahrnehmung und Generierung von Wissen und über die Wirkung von Wissen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

https://rwth.video/giaachen/14371

„Klima, Technik, Zukunft – was kommt auf uns zu?“ Die Energie- und damit verknüpft die Klima­­­frage sind die zentralen Fragen für die Zukunft der Menschheit und eng mit der nach wie vor massiven Bevölkerungsexplosion verknüpft. Sind in einer Welt mit 16 | keep in touch | kurz & kompakt

Airbus und RWTH Aachen kooperieren bei Materialforschung Im Rahmen des „Airbus Advanced Metal Research Program“ arbeiten Airbus und der Lehrstuhl für Korrosion und Korrosions­ schutz (KKS) der RWTH Aachen bei einem mehrjährigen Forschungsvorhaben zusam­ men. Der Lehrstuhl des Gießerei-Instituts der RWTH Aachen ist als einziger nationaler Standort und als einer von drei Standorten in Europa Kooperationspartner von Airbus im „Airbus Advanced Metal Research Program“. Bei der Kooperation sollen Werkstoffe und Fertigungsverfahren für die künftige Nutzung von metallischen Werkstoffen im Flugzeugbau untersucht werden. HEAD-Genuit Stiftung fördert Verfahren zur Eindämmung von Lärmbelästigungen Die akustische Umwelt beeinflusst kognitive Leistung und subjektives Wohlbefinden. Dabei kann der auditive Input relevant, wie die Äußerungen eines Gesprächspartners, oder auch irrelevant sein, wie bei konzen-

triertem Arbeiten mit Hintergrundmusik. Die von der HEAD-Genuit Stiftung geförderte Stiftungsprofessur „Psychologie mit dem Schwerpunkt Auditive Kognition“ der RWTH Aachen unter Leitung von Professorin Sabine Schlittmeier erforscht, wie bestimmte kognitive Prozesse und Leistungen davon abhängen, wie die zu verarbeitenden Informationen gehört werden. Schlittmeier untersucht die kognitionspsychologische Modellentwicklung sowie anwendungsbezogene Fragen der kognitiven Ergonomie. Dazu gehören unter anderem die Optimierung von Assistenzsystemen, Mensch-Computer-Interaktionen oder Virtual Reality-Anwendungen. In Zusammenhang mit irrelevanten Hintergrundschallen wird des Weiteren untersucht, welche Schallcharakteristika für die Störung bestimmter kognitiver Leistungen verantwortlich sind und wie die Effektmuster modelltheoretisch erklärt werden können. Delegation der University of Melbourne besuchte die RWTH Aachen Eine Delegation der University of Melbourne war jetzt zwei Tage an der RWTH zu Gast. Die australische Hochschule arbeitet be­­reits seit 2011 mit dem E.ON Energy Rese­arch Center der RWTH zusammen, eine hochschulweite Kooperation wurde 2018 vereinbart. Diese soll jetzt intensiviert werden, beispielsweise durch die Etablierung verschiedener Austauschprogramme für Studierende sowie Doktorandinnen und Doktoranden. RWTH-Rektor Professor Ulrich Rüdiger und Professorin Ute Habel, Prorektorin für Internationales, begrüßten die Vertreter der australischen Universität im Rektorat. Die Gäste besuchten zusätzlich mehrere Hochschuleinrichtungen, so das Aerodynamische Institut, das Institut für Kraftfahrzeuge, das E.ON Energy Research Center und die Lehrstühle für Chemische Verfahrenstechnik sowie für Verbrennungskraftmaschinen. www.rwth-aachen.de/ pressemitteilungen


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Alumni persรถnlich

Auf der Rennstrecke gibt sie den Kurs vor Interview mit Vanessa Mientus, Architektin, Bauleiterin und Track-Operations-Leiterin in Mexico-City

18 | keep in touch | Alumni persรถnlich Foto: Carlos ร lvarez-Montero


W

enn Vanessa Mientus, 39, ein Formel-1-Rennen im TV schaut, dann dreht sich ihr Interesse nicht um das Duell zwischen Mercedes und Ferrari, nicht um den Zwei­­ kampf zwischen Lewis Hamilton und Sebastian Vettel, nicht um durchdrehende Reifen und riskante Überholmanöver am Ende der Start-und-Ziel-Gerade. Daran schaut sie vorbei, erfasst die Sicherheits­ zäune, die Anordnung der Tribünen, die Markierungen auf der Straße – beim Auf­ takt-Grand-Prix auf dem Stadtkurs von Melbourne auch solche für den ganz normalen Straßenverkehr in der australischen Großstadt – und fragt sich, ob die Farbe den Regularien entspricht, wie die Zugänge zur Strecke gesetzt sind, um ein Auto zu bergen und wie sich die Stimmung unter den Zuschauern wohl entwickeln mag. Wie das Rennen ausgeht? „Ist mir egal“, sagt Mientus, die 2007 ihr Architekturstudium an der RWTH Aachen beendet hat. Sie sieht das Rennen mit den Augen der Leiterin der Track Operations des Autódromo Hermanos Rodriguez, der Formel-1-Strecke in Mexiko, und der Bauleiterin des geplanten México Speedway Drive Resorts, einem 3,8-Kilometer-Privatkurs vor den Toren Mexico Citys, einer Art Luxus-Circuit für die, die sich zum privaten Vergnügen ein schnelles Auto leisten können, mitsamt Villen und allem möglichen, was sonst noch das Leben bereichert. Frau Mientus, welcher (Karriere-)Weg hat Sie nach Mexiko geführt? Ich wollte mein Glück in New York suchen, New York sollte genau die richtige Auslandserfahrung sein, klingt ja auch gut im Lebenslauf. Mein Glück habe ich dann – wenn man so will – in Mexiko gefunden. (lacht) Klingt nach einem Umweg. Das müssen Sie erklären! Nach dem Studium habe ich die Chance bekommen, bei Tilke Ingenieure & Architekten anzufangen, also bei den bekanntesten Formel-1-Rennstrecken-Bauern der

Welt. Die erste Strecke, an der ich dann auch mitgearbeitet habe, war der Yas Marina Circuit in Abu Dhabi. Ich wollte aber damals immer nach New York. Und ich musste diesen Schritt gehen. Ich habe mir einen Job gesucht und bin mit 29 nach NY gezogen. Dieser Job hat mir allerdings keine Freude bereitet. Ich sollte für einen Messeanbieter entscheiden, ob Stände pink oder zartrosa lackiert werden sollten. Pink oder Zartrosa?! Das war nicht meine Welt. Das war mir egal. Dann las ich in der Zeitung, dass in New York eine Formel-1Strecke gebaut werden sollte. Daraufhin schrieb ich meinem alten Chef – denn es war klar: wenn einer in New York eine solche Strecke baut, dann er. Wir haben uns tatsächlich in New York getroffen.

„Pink oder Zartrosa?! Das war nicht meine Welt.“

Mit welchem Ergebnis? Dass ich in Mexiko landete. Die Formel-1Strecke in New York ist nie realisiert wor­­den. Tilke hatte den Auftrag, das Autódromo Hermanos Rodriguez wieder Formel-1tauglich umzubauen, nachdem dort mehr als 20 Jahre keine Rennen ausgetragen wurden, und ich bin dafür dann nach Mexiko gegangen. Und Sie sind in Mexiko geblieben. Was begeistert Sie an Land und Leuten? Die Umstellung war gewaltig. Die Kultur ist eine vollkommen andere, als ich sie aus Deutschland oder New York kannte. Mexiko hat einen anderen Entwicklungsstand, daran musste ich mich erst gewöhnen. Aber daran habe ich mich gewöhnt. Heute kann ich mich an ein paar deutsche Eigenheiten nur noch schwer gewöhnen (lacht). Vor allem bin ich auf sehr liebenswerte Menschen getroffen. Wenn ein Mexikaner am Ende eines Gespräches sagt: „Man sieht sich!“, dann kann ich sicher sein, dass

er wenige Tage später anruft. Die Herzlichkeit und Begeisterungsfähigkeit möchte ich nicht mehr missen. Der Umbau des Autódromo Hermanos Rodriguez ist längst abgeschlossen, dennoch sind Sie noch in Mexiko und bauen nicht an einem anderen Ende der Welt an einer neuen Rennstrecke. Wieso sind Sie geblieben? Ich sah die spannenden Pläne für das México Speedway Drive Resort und bin heute Teil dieses spannenden Projektes. Was ist dort ihre Aufgabe? Ich bin die Bauleiterin des Projektes. Ich trage also die Verantwortung für das Gelingen des Projektes. Ich beaufsichtige den Bau und die Einbindung des Umfeldes. Das sind viele Zahlen und Berechnungen, aber auch viele Stunden auf der Baustelle. Das bereitet mir Freude. Hinzu kommt meine Aufgabe als Leiterin der Track Opera­tions am Autódromo Hermanos Rodriguez. Was genau ist da ihre Aufgabe? Ich muss dafür sorgen, dass die Strecke wieder nach Formel-1-Regularien aufge­ baut wird, da sie während des Jahres auf­grund von Festivals teilweise abgebaut wird. Vor ein paar Jahren ist beim Rennen einmal ein Gullydeckel durch den Ansaugdruck eines Rennwagens herausgesprungen und hat ein Fahrzeug zerstört. Der Schaden war in Millionenhöhe, nur, weil vergessen worden war, den Gullydeckel vernünftig zu fixieren. Da ging es um vier Schrauben, die vergessen wurden! Und dann dieser Schaden! Moderne Formel-1-Strecken sind extrem vielschichtige Gebilde, das Drumherum wird immer komplexer – und wohl auch wichtiger. Ist Renn­ streckenbau quasi halber Städtebau? Zumindest ist er sehr komplex, aber hinter einer modernen Formel-1-Strecke steckt heutzutage vor allem ganz viel Eventmanagement. Mein Auftraggeber hier in

Bild links: Vanessa Mientus hat ihren Lebensmittelpunkt erst einmal in Mexiko gefunden.

Alumni persönlich | keep in touch | 19


Mexico, also der Betreiber der Rennstrecke, ist eine der größten Eventagenturen im Land. Die veranstalten riesige Konzerte, haben von Pink Floyd bis Michael Jackson alle möglichen Stars auf Bühnen stehen gehabt. Mit dieser Erfahrung werden auch die Formel-1-Wochenenden zu einem ge­waltigen Event. Die Atmosphäre, die mit den Tribünen an der Strecke erzeugt wurde, ist wie in einem Stadion. Die Stimmung ist geradezu ansteckend. Ein Teil der Strecke führt auch durch ein Stadion, was für Konzerte genutzt wird.

„Wenn ein Mexikaner am Ende eines Gespräches sagt: „Man sieht sich!“, dann kann ich sicher sein, dass er wenige Tage später anruft.“

Das Rennerlebnis ist in Mexiko also ein anderes als in Deutschland? Ja, aber das liegt auch an der Mentalität der Leute. Wenn Sie bei einem Rennen in Deutschland zwei Stunden nach der Siegerehrung in den Paddock Club, also den VIP-Bereich über der Boxengasse, schauen, dann sind die meisten Gäste schon weg oder gehen gerade. Die Mexikaner würden an die Bar gehen und sagen: Oh, es gibt noch Getränke? Dann bleiben wir, bis keine mehr da sind. (lacht) Haben Sie überhaupt die Zeit, solche Momente dann mitzugenießen? Nein, die habe ich nicht. So ein Rennwochenende ist sehr stressig, das geht an die Substanz, alles muss perfekt sein. Wie sehen Ihre weiteren Pläne aus, wenn das Projekt México Speedway Drive Resort einmal abgeschlossen sein sollte. Wollen Sie weiterziehen, vielleicht einmal selbst eine Strecke entwerfen und bauen? Nein, weiterziehen werde ich vorerst nicht 20 | keep in touch | Alumni persönlich

Foto: Carlos Álvarez-Montero

mehr. Ich muss nicht wieder in eine neue Stadt und von vorne anfangen, auch wenn sich das alles aufregend anhören mag, ist es viel Arbeit. Die Verbindung nach Aachen bleibt, auch zur RWTH, ich werde dort noch am Lehrstuhl für Städteplanung meine Promotion über den Einfluss von Real Estate Investment Fonds schreiben. Aber als Lebensmittelpunkt habe ich mich erst einmal für Mexiko entschieden. Ich habe mir hier etwas aufgebaut, Freundschaften geschlossen, ein soziales Umfeld, in dem ich mich unheimlich wohl fühle. Mir ist klar,

dass sich meine Aufgaben dort nicht ewig um Rennstrecken drehen werden, aber ich bin Architektin und kann mir sehr gut vorstellen, in Mexiko irgendwann Bürogebäude oder ein schönes Hotel zu bauen. Irgendwann. Aber ich will auch nicht ausschließen, dass es mich eines Tages nach Aachen zurückzieht. Thorsten Karbach


Foto: Carlos Álvarez-Montero Foto: privat Alumnus Olaf Müller, Leiter des Kulturbetriebs der Stadt Aachen und Autor.

„Ich musste das einfach mal niederschreiben“ Olaf Müller, Alumnus und Leiter des Kulturbetriebs der Stadt Aachen, hat seinen ersten Kriminalroman publiziert

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euerwerk auf der Annakirmes in Düren. Eine mysteriöse Nachricht lockt den 88-jährigen Alexander Rütters in die Geisterbahn. Die Fahrt endet tödlich und der Aachener Kommissar Michael Fett nimmt mit dem Kollegen Schmelzer die Ermittlungen auf. Spuren führen zu einem Beinahe-GAU der Kernforschungsanlage Jülich und zu dubiosen Immobiliengeschäften um ein Wasser­ kraftwerk am Rursee. Oder wurde Rütters doch noch von seiner Kriegsvergangenheit eingeholt? Die geheimnisvolle Marie Utzerath weiß mehr. Und plötzlich kommt auch noch der belgische Geheimdienst ins Spiel. Viele Schatten, wenig Licht.

Die Öffnung der Burg Vogelsang im Jahr 2016 rückte die deutsch-belgischen Be-­ ziehungen wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. Traumatische Erlebnisse, Berei­ cherung, Mitläufertum und Rachsucht prägten ihre Geschichte während des Zweiten Weltkriegs. Die Auswirkungen reichen noch bis in die jüngere Vergangenheit. Diese verarbeitet Olaf Müller in seinem Krimidebüt „Rurschatten“. Darin werden die Städte Aachen, Düren, Jülich und das belgische Lüttich zum Schauplatz der Ereignisse. Der Mord an dem ehemaligen Dürener Papierfabrikanten Rütters stellt die Kommissare Fett und Schmelzer vor viele Rätsel. Erst die Mithilfe der belgischen

Kollegen bringt Klarheit in den Fall. Reale Schauplätze, authentische Charaktere und historische Fakten lassen den Leser tief in die Handlung eintauchen, in der Olaf Müller seine regionalen und grenzüberschreitenden Kenntnisse einbettet. Müller ist gelernter Buchhändler und stu­ dierte Germanistik sowie Komparatistik an der RWTH in Aachen. Bevor er 2007 die Leitung des Kulturbetriebs der Stadt Aachen übernahm, war er Stellvertretender Leiter des Fachbereichs Wirtschaftsförderung und Hochschulbeauftragter der Stadt Aachen. Er kennt also die Aachener Wissenschafts- und Forschungslandschaft Alumni persönlich | keep in touch | 21 Foto: Carlos Álvarez-Montero


sehr gut. So wundert es natürlich nicht, dass auch über einige Figuren des Krimis die ein oder andere Verbindung nicht nur zur KFA Jülich, sondern auch zur RWTH gezogen werden: Marie Utzerath, die ehemalige Haushälterin des Ermordeten nimmt am Seniorenstudium in Geschichte und Politik teil, Heimatforscher Dr. Gisbert Sahm ist RWTH-Alumnus und hat über die „Pädagogik der Erinnerungskultur“ promoviert, und der Polizeipräsident pflegt mit Professor Handschuh, „dem Durchstarter“, des Öfteren eine Runde Golf zu spielen: „Exzellenz, Fett, dieses Land braucht mehr Exzellenz, damit wir mit den Asiaten auf Augenhöhe verhandeln können,“ hört man im Krimi den Polizeipräsidenten propagieren. Nicht zuletzt besucht Kommissar Fett selbst, wenn es die Zeit erlaubt, die RWTH-Ringvorlesungen – vorzugsweise über Meisterwerke der Literatur, Politik der Moderne oder Minnesang im Mittelalter. Regionale Historie und persönliche Geschichte Es sind aber vor allem persönliche Erinnerungen, Eindrücke und Erlebnisse, die nicht nur den Inhalt des Buches bestimmen, sondern auch den Autor zum Schreiben bewegt haben. Olaf Müller wurde 1959 in Düren geboren. Er ist mit der Annakirmes aufgewachsen und fasziniert von der Welt der Fahrgeschäfte und Schausteller. Die Gerüche von Mandeln und Backfisch haben sich fest in seinen Erinnerungen eingebrannt. Es erscheint dann auch passend, dass der Mord in der schaurigen Dunkelheit der Geisterbahn geschieht. Dieses Verbrechen ist aber nur der Anlass, tiefer in die regionale Historie und auch persönliche Geschichte des Autors einzutauchen. Der Großvater ist beim verheerenden Bombenangriff am 17.11.1944 auf Düren ums Leben gekommen. Der Vater musste mit 17 Jahren an die Front und kam schwer verwundet mit drei Einschüssen zurück, später wurde er Polizeibeamter. Aber auch andere Erinnerungen des Krieges in der persönlichen Umgebung von Olaf Müller haben sich festgesetzt: Ein Metallkreuz in der Nähe der Kuhbrücke, das an den tragischen Tod von sieben Kindern erinnert. Wenige Monate nach 22 | keep in touch | Alumni persönlich

Kriegsende wurden sie dort von einem Blindgänger getötet. „Ich musste das ein­fach mal niederschreiben“, so Müller. Dass sich daraus ein Krimi entwickelte, war nicht von vornherein geplant, sondern hat sich ergeben: „Es war die Gelegenheit, mit einem handlungsauslösendem Moment zurück in die Vergangenheit zu führen, zu historischen Ereignissen.“ Die Krimi-Form, bereichert durch humorvolle Passagen, macht es schließlich dem Leser leicht, historische Fakten und Sachverhalte gut aufzunehmen und den verzweigten Handlungssträngen zu folgen, sozusagen dran zu bleiben. Bestätigung und Aufmunterung beim Schreiben hat der Autor von seinem 15-jährigen Sohn Tadeusz bekommen, dem er zwischendurch immer wieder aus dem Skript vorgelesen hat. Seinem „ersten Zuhörer“ hat er auch das Buch gewidmet.

„Es war die Gelegenheit, mit einem handlungs­ auslösendem Moment zurück in die Vergangenheit zu führen, zu historischen Ereignissen.“

Besonderes Augenmerk hat Olaf Müller darauf gelegt, dass die historischen Fakten authentisch und richtig sind: „Ich wollte, dass die Details stimmen.“ Er hat in vielen Archiven und Tageszeitungen recherchiert. Wichtige Unterstützung fand er zusätzlich durch die Arbeit der Dürener Geschichtswerkstatt und des Historikers Dr. Horst Wallraff. Im Hauptberuf als leitender Kulturmanager der Stadt Aachen ist Olaf Müller natürlich sehr beansprucht, nicht zuletzt hat die Familie ebenso ihr Recht auf den Ehemann und Vater. Es fragt sich nun, wann Olaf Müller sich denn überhaupt die Zeit zum Schreiben genommen hat? „Zwischen fünf und sechs Uhr morgens, am Wochenende und im Urlaub“ lautet die Antwort. Das

setzt natürlich viel Selbstdisziplin voraus, aber das Schreiben, so Müller, habe ihm unglaublich viel Freude bereitet. Sprachreisen führten Olaf Müller oft nach Frankreich, Italien, Spanien und Polen sowie Austauschprojekte in Aachens Partnerstädte Arlington (USA) und Kostroma (Russland). Seit vielen Jahren organsiert er das kulturelle Rahmenprogramm des Karlspreises. Diese Erfahrungen prägen sein Eintreten für internationale Kooperation und Verständigung. „Bitte gehen Sie doch mal über den amerikanischen Soldatenfriedhof bei Henri-Chapelle mit seinen über 7.000 Gräbern und lesen Sie die Namen der gefallenen Soldaten. Sie finden junge Leute mit polnischen, irischen, italienischen und anderen Ursprüngen, die im Kampf gegen die Nazis und für eine Demokratie in Deutschland gefallen sind.“ Damit ist auch schon die historische Kulisse des zweiten Falls der Aachener Kommissare Fett und Schmelzer vorbereitet, in dem sich Olaf Müller in besonderer Weise mit dem deutsch-amerikanischen Verhältnis beschäftigt. Dietrich Hunold


Studierendenwerk auf Spurensuche Das Studierendenwerk plant zu seinem Jubiläum im Jahr 2020 eine Ausstellung zum Thema „100 Jahre Studierendenleben in Aachen“ und sucht dazu noch Bildmaterial aus vergangenen Zeiten

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ie war es, als in den Mensen noch Kellner im Frack das Essen servierten? Wie sah die „Hungerkurve“ im Audimax in den Fünfzigern aus? Wie haben die Studierenden in den Sechzigern in ihren Studentenbuden gelebt? Worum ging es beim Mietstreik in den Siebzigern? Und was passierte 1985 nach einem Konzert der Toten Hosen in der Mensa? Spannende Geschichten aus 100 Jahren bewegtem Studentenleben in Aachen – die sollen unter anderem Stoff für eine im kommenden Jahr geplante Jubiläumsausstellung in der Aachener Hauptmensa liefern. Thema ist die Geschichte und die Entwicklung der sozialen Hilfe für Aachener Studierende.

Das Studierendenwerk Aachen (STW), dessen Gründung auf der Eröffnung der ersten Mensa academica im Jahre 1920 basiert, begibt sich dafür auf die Suche nach historischen Bildern. Speziell angesprochen sind die Aachener Bürgerinnen und Bürger, die in den letzten Jahrzehnten selbst als Studierende oder Lehrende an den Hochschulen tätig waren. Interessant ist alles, was den Alltag der Studierenden von damals dokumentiert. Dabei gilt: „Je oller, desto doller“ – besonders willkommen sind Aufnahmen aus der Zeit vor der digitalen Fotografie, gerne vom alten Hauptgebäude am Pontwall, aus den Wohnheimen, den Mensen und den Kitas des Studierendenwerks. Freuen würde sich das Orga-Team auch über Bilder zu speziellen studentischen Ereignissen rund

um den Pontwall oder Veranstaltungen wie Konzerten, Feten und Aufführungen im alten Theatersaal. Die dazugehörigen Geschichten dürfen gerne mitgeliefert werden. Wer solche Erinnerungsfotos in seinem Privatfundus hat und bereit ist, sie vorübergehend als Leihgabe zur Verfügung zu stellen, kann sich gerne an das Studierendenwerk wenden: presse@stw.rwth-aachen.de. Ute von Drahten

Fotos: STW

Alumni persönlich | keep in touch | 23


Wissenschaft & Wirtschaft

Vom ästhetischen Reiz des Zahnrades Leonardo da Vincis Codex Madrid I zum 500. Todestag neu ediert

Fotos. privat


Zwirnspule

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ls Leonardo da Vinci am 2. Mai 1519 auf Schloss Clos Lucé an der Loire für immer die Augen schloss, hinterließ er der Nachwelt 15 Gemälde. Dem gegenüber stehen einige Tausend Seiten mit Notizen und Zeichnungen über Anatomie, Architektur, Wasser, Licht und Schatten, Maschinenbau und vieles mehr. Den Codex Madrid I, sein Hauptwerk zur Mechanik, haben Historiker der RWTH Aachen pünktlich zum Leonardo-Gedenkjahr vollständig ausgewertet und in vier Bänden ediert. Zu Recht gilt Leonardo als Genie, das lässt sich bestätigen. In nie dagewesener Per­ fek­tion bringt er Zahnräder, Schrauben, ja ganze Getriebe zu Papier, die nicht nur Wissen vermitteln, sondern die ganz einfach auch schön sind. Wie kann das sein? Leonardo tätigte zwei Berufe, die sich in der heutigen Arbeitswelt völlig ausschließen würden: Kunstmaler und Ingenieur. Auf diese Weise vermochte er, das Ästheti-

Zwirnspule

sche mit dem Rationalen zu vereinen. Hier liegt das Einzigartige bei Leonardo, nicht in angeblich aus dem Nichts erfundenen Hubschraubern und Dampfmaschinen. Die Gabe war dem Toskaner nicht in den Schoß gefallen. So wissen wir um seine Defizite in Mathematik. Seitenweise finden wir Ansätze zur Statikberechnung oder zur Definition des Schwerpunktes von Flächen und Körpern. Vieles ist durchgestrichen und neu formuliert. Es ließ ihm keine Ruhe: Noch mit 44 Jahren begann Leonardo bei dem renommierten Mathematiker Luca Pacioli Unterricht zu nehmen. Zunächst aber durchlief er eine Lehre bei dem eben­­so bedeutenden Bildhauer und Maler Andrea del Verrocchio und wirkte als Künstler wei­ter in Florenz, bis ihn der Herzog von Mailand 1482 an seinen Hof holte. Der Auftrag: ein Reiterstandbild gießen. Der Regent Ludovico Sforza, genannt il Moro, er­kannte aber Leonardos weiterreichende Talente und schickte ihn aus,

Fabriken, Schleusen, Festungen und das Waffenarsenal zu begutachten. Leonardo zeichnete und notierte, was er sah, und vor allem: Er verstand auch, was er sah. Mit seinen Ideen überliefert Leonardo den technologischen Stand seiner Zeit, für Historiker eine wahre Fundgrube. Die Aufzeichnungen erlauben Rückschlüsse auf den Stand nördlich der Alpen. Damals gingen etliche deutsche Spezialis­ten nach Italien. Die trugen erheblich zum Technologietransfer bei, und zwar in beide Richtungen. Man denke etwa an Konrad Gruter oder Georg Agricola, aber auch an jene deutschen Handwerker, die Leonardo erwähnt: den Schlosser Julius als Spezia­­list für Achslager, den Spiegelmacher J­ ohannes und den Schlossermeister G ­ eorg, den Leonardo schließlich der Werkspionage bezichtigt. Vieles davon steht im so genannten Codex Madrid I, dessen Odyssee allein schon einen Roman füllen würde. Zusammen mit Wissenschaft & Wirtschaft | keep in touch | 25


Kugellager

Freilauf

Federausgleich

Lochsäge

Achslager

all seinen Aufzeichnungen vermachte Leonardo auch dieses Manuskript seinem Schüler Francesco Melzi, der es auf sei­ nem Landgut in Vaprio d’Adda verwahrte und interessierten Zeitgenossen zur Lek­türe vorlegte. Dessen Sohn Orazio veräußerte den Codex 1590 dem Bildhauer Pompeo Leoni. Im 18. Jahrhundert gelangte das Buch in die namengebende spanische Na­tionalbibliothek, wo es heute noch zu sehen ist. Allerdings war der Band dort 130 Jahre lang verschollen, weil ein Bib­ lio­thekar ihn in die falsche Lücke gestellt hatte. Erst 1965 tauchte der Codex wieder auf – durch eine irrtümliche Magazinbe-

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stellung. Der Inhalt wurde bereits 1974 un­­kommentiert publiziert, aber erst in den letzten zehn Jahren von Dietrich Lohrmann und Thomas Kreft an der RWTH Aachen wissenschaftlich aufgearbeitet. Es gibt auch einen Codex Madrid II, der jedoch mit Band I kaum Berührungspunkte hat. Inhalte dort sind u. a. Planungen zum Guss des Sforza-Denkmals und zur Umleitung des Arnos. Dass Leonardo alles in Spiegelschrift schrieb, lässt sich leicht erklären, denn er war Linkshänder. Eigenartiger ist der Aufbau des Codex Madrid I: Er hat zwei


Anfänge. Die Original-Blattzählung beginnt jeweils vorne und hinten mit 1, beide Teile treffen sich in der Mitte jeweils bei Blatt 95. Das macht Sinn, denn Leonardo konzipiert einen praktischen Teil mit ausgefeilten Beobachtungen zur Kinematik der Maschinen und einen theoretischen Teil mit Sätzen zur Statik und Dynamik, dazu etliche Versuchspläne, Studien zur Zahnradtechnik, zu Schäden an Wellen und Lagern und nicht

Kegelgetriebe

zuletzt zur Verminderung der Reibung. Vieles ist geradezu aktuell. Eine Lochsäge, wie man sie heute noch im Baumarkt kau­en kann – Leonardo kennt sie bereits. Ebenso die kardanische Aufhängung, dank derer der Kaffee beim Autofahren nicht überschwappt. Und wer als Radler seinen Drahtesel bergab im Leerlauf rollen lässt, ohne dass sich die Pedale ständig mit­ dre­hen, der sollte Leonardo danken. Der nämlich zeichnete den dazu nötigen Freilaufmechanismus zuerst. Er nutze ihn als Gleich­richtergetriebe in Mühlen, Schraub­­zwingenratschen und Lastenwinden. Der Freilauf besteht aus einer Welle mit Sperrklinke und dem lose darauf geschobenen Sprossentriebrad mit innerem Zahnkranz. Die Sperrklinke ist aus gehärtetem Stahl. Eine Feder drückt sie stets nach außen. Bewegt man das Sprossentriebrad, stößt

der nächste Zahn gegen die Sperrklinke und nimmt die Welle mit. In Gegenrichtung aber gleitet die Klinke über den Zahnkranz, ohne einzurasten. Aus Gleitreibung wird Rollreibung Ein anderes Reizthema ist die Reibung. Sie lässt sich nicht abschaffen, aber doch, wie Leonardo hofft, „bis ins Unendliche“ vermindern. Die Gleitreibung in Wellenlagern wandelt er in Rollreibung um mittels verschachtelter Scheiben- oder Riementriebe. Das geht bis zu der 24-fachen Anordnung mit einem Schwungrad an der Spitze, das sich „über eine volle Tageslänge von selbst“ dreht. Dass Leonardo hier übertreibt, ist offensichtlich. Ihn interessiert, wie weit man überhaupt gehen kann, um daraus alltagstaugliche Schlüsse zu ziehen. Auch Kugellager sind im Codex Madrid I präsent. Statt eines „Käfigs“ setzt er Globoidrollen als Abstandhalter ein. Dem Verschleiß der Zahnräder begegnet Leonardo mit Zahnformen, die moderner Evolventenverzahnung bereits nahe kommen. Auch Fußkreis, Zahnkreis und Kopfkreis hat er schon als theoretische Größen erkannt und eingezeichnet. Das Perpetuum mobile beschreibt er in rund 60 Varianten, kommt aber zu dem Ergebnis: „Kein bewegter Gegenstand kann Bewegungsursache für seinen Beweger sein.“ Inwieweit Leonardos Überlegungen durch Wirtschaft und Militär aufgegriffen wurden, lässt sich derzeit nicht beantworten, da vor allem die Mailänder Wirtschaftsgeschichte nicht hinreichend aufgearbeitet ist. Wohl nahmen spätere Autoren Leonardos Gedanken auf. Den Freilauf bringen Hironimus Cardanus (1501-1576) und Augusto Ramelli (1530-1590) in ihren Werken, vieles Weitere kehrt in den üppig illustrierten „Maschinentheatern“ der Barockzeit wieder. Thomas Kreft

Zahnrad

Dietrich Lohrmann, Thomas Kreft (Hg.): Leonardo da Vinci, Codex Madrid I, Kommentierte Edition. Vier Bände, BöhlauVerlag Wien Köln Weimar 2018, ISBN: 978-3-412-51206-4. Wissenschaft & Wirtschaft | keep in touch | 27


Die Astronauten Jeremy R. Hansen (links) und Christopher J. Cassidy (2. von rechts) besuchten gemeinsam mit Nobelpreisträger Professor Samuel C. C. Ting, Kay Bailey Hutchison, USBotschafterin bei der NATO, und Professor Stefan Schael, AMS-Projektverantwortlicher an der RWTH Aachen, die ISS in der AixCAVE im IT Center.

„Fantastisches Experiment zur Erkundung des Weltraums“ Astronauten übten an der RWTH den Einbau des neuen Kühlsystems

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ie ist das Universum entstan­ den? Dies gilt als eine der fun­damentalsten Fragen der Physik, die mit Hilfe des Alpha-MagnetSpektrometers, AMS-02, geklärt werden soll. An der Entwicklung des 1,5 Milliarden Dollar teuren Experimentes haben mehr als 500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 16 Ländern über 15 Jahre lang gearbeitet. Der Teilchendetektor AMS-02 wurde im Mai 2011 mit dem letzten Flug des Space Shuttles Endeavour zur Internationalen Raumstation ISS gebracht. Seither misst das sieben Tonnen schwere Spektrometer mit bis dato nicht erreichter Präzision die Teilchen der kosmischen Strahlung und hat bereits 130 Milliarden davon aufgezeichnet. Es ist das größte

Instrument zur Grundlagenforschung auf der Raumstation und soll noch weitere zehn Jahre Einblicke in die Entstehung des Universums und in Prozesse in der Umgebung von Schwarzen Löchern und Neu­ tronensternen geben. Das AMS-02-Projekt auf der ISS wird von Nobelpreisträger und RWTH-Ehrendoktor Professor Samuel C. C. Ting vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) geleitet. Ting erhielt 1976 den Physiknobelpreis und wurde 2004 Ehrendoktor der RWTH. Die Hochschule ist an dem Projekt von Beginn an beteiligt und arbeitet gemeinsam mit dem Forschungszentrum Jülich und den Universi­ täten Kiel und Karlsruhe am Erfolg des Pro­jektes. Seit 2000 koordiniert RWTHProfessor Stefan Schael die deutschen

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Forschungsbeiträge. Unterstützt werden die Forscherinnen und Forscher vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Neues Kühlsystem benötigt Zentrales Element von AMS-02 ist ein rund sechs Quadratmeter großer Silizium-Spurendetektor, der durch einen geschlossenen Kühlkreislauf bei konstanten null Grad Celsius betrieben wird. Bei dem ursprünglich auf drei Jahre Betrieb ausgelegten Kühlsystem sind mittlerweile drei der vier redundanten Pumpen ausgefallen. Deshalb benötigt das Spektrometer dringend ein neues Kühlsystem. Dieses wurde in den letzten drei Jahren von einem 70-köpfigen Team an der RWTH Aachen in enger Zu-


Foto: Andreas Schmitter

sammenarbeit mit dem MIT, der NASA und anderen internationalen Forschungseinrichtungen entwickelt und gebaut. In einigen Monaten wird das 200 Kilogramm schwere, kühlschrankgroße Kühlsystem von den Astronauten Luca Parmitano (Italien), Andrew R. Morgan (USA), Christopher J. Cassidy (USA) und Jeremy R. Hansen (Kanada) in fünf aufwendigen Außeneinsätzen installiert. „Es ist eine sehr schwere Mission für die Astronauten, weshalb das Vorhaben im Vorfeld gründlich vorbereitet werden muss“, sagt Professor Stefan Schael. „Stellen sie sich den kältesten Tag zum Skifahren vor, sie haben eine dicke Mütze an, einen Helm, eine Brille, dicke Handschuhe und eine Winterjacke. Und dann müssen sie mit diesem Outfit die Motorhaube ihres Autos öffnen, um darin etwas zu reparieren – mitten in der Nacht“, ergänzt Christopher J. Cassidy und verdeutlicht damit die Schwierigkeit dieser Mission. Vorbereitung in virtueller Realität Um das defekte Kühlsystem zu reparieren, müssen die Astronauten mehrere vier

Millimeter dicke Schläuche finden, durch­ trennen und mit dem in Aachen gebauten System verbinden. „Das ist äußerste Präzisionsarbeit, die keinen Fehler erlaubt. Ein falscher Handgriff oder ein fehlendes Werkzeug würde das gesamte Vorhaben gefährden“, so Schael. Um diese Arbeiten in der Schwerelosigkeit motorisch eingeschränkt durchführen zu können, hat die NASA rund 30 neue Werkzeuge entwickelt. „Das zeigt, dass dieses Projekt nicht nur wissenschaftlich, sondern auch ingenieurtechnisch und organisatorisch eine große Herausforderung und sehr aufwendig ist“, betont Kirk A. Shireman, ISS-ProgrammManager. Die neue Kühlung sei deshalb so wichtig, weil das AMS-02 viel Wärme produziere und diese im Vakuum des Weltraums trotz der dort herrschenden Kälte nicht einfach abgegeben werden könne, erklärt Schael. Daher werde flüssiges CO2 durch den Detektor gepumpt, was für die entsprechende Temperatursenkung sorge. Damit letztlich auch jeder Handgriff sitzt, bereiten sich die Astronauten seit Jahren auf ihre Mission vor. Neben Übungen an Modellen in Houston sowie einem eins-zueins-Modell unter Wasser, um Bedingungen der Schwerelosigkeit zu simulieren, machten sich die Astronauten während ihres Aufenthaltes in Aachen mit der Technik des Kühlsystems am I. Physikalischen Institut der RWTH vertraut. Die Arbeitsgruppe von Professor Jürgen Roßmann, Institut für Mensch-Maschine-Interaktion der RWTH, gestaltete dazu unter Leitung von Dr. Michael Schluse in der AixCAVE eine realistische Simulation der ISS. Die AixCAVE des IT Centers der Hochschule, eine der weltweit größten fünfseitigen Virtual-Reality-Installationen, ermöglichte den Astronauten einen realitätsnahen, virtuellen Besuch von AMS-02 im Originalmaßstab. Im Oktober wird das Kühlsystem zur ISS gebracht, damit ab November der Einbau beginnen kann. Paradebeispiel internationaler Zusammenarbeit „AMS-02 ist ein fantastisches Experiment zur Erkundung des Weltraums. Und das Team, das am AMS-Projekt mitarbeitet, ist ein tolles Beispiel dafür, was die ISS ist, nämlich eine internationale Kollabora-

tion“, so Dr. William Gerstenmaier, NASA Associate Administrator. Auch Astronaut Jeremy R. Hansen aus Kanada ist stolz auf diese einzigartige Kooperation zwischen so vielen Forschungseinrichtungen auf der ganzen Welt. „Wir sind zwar der sichtbare Teil dieses Experimentes, aber es ist wichtig, die vielen Menschen zu sehen, die all das ermöglichen und sich für den Erfolg des Projektes einsetzen. Es ist großartig und wir sind stolz, ein Teil davon zu sein. Das Experiment ist von so großer Wichtigkeit für die Menschheit und wir wollen dafür sorgen, dass es fortgeführt werden kann“, so der Kanadier.

„Das Experiment ist von so großer Wichtigkeit für die Menschheit und wir wollen dafür sorgen, dass es fortgeführt werden kann.“ AMS-02 hat eine geplante Lebensdauer bis 2028. Unter Leitung von Professor Schael wird heute schon mit anderen nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen am Nachfolgeprojekt AMS-100 gearbeitet. Dieses Instrument soll ab 2030 mit 1000-mal höherer Sensitivität neue Einblicke in das Universum ermöglichen. Dass dieses Thema die Menschen fasziniert, zeigte sich auch am voll besetzten Hörsaal der RWTH. Unter dem Titel „The ISS – A Global Science Platform in Space“ erläuterten Projektverantwortliche und Astronauten die bisherigen wissenschaftlichen Ergebnisse von AMS-02. Die Zukunft der bemannten Raumfahrt stellten NASA Associate Administrator Gerstenmaier und ISS-Programm-Manager Shireman vor. Im Anschluss berichteten die Astronauten Cassidy und Hansen von ihren Außeneinsätzen auf der ISS und dem Austausch des Kühlsystems im kommenden November. Sven Wamig

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Foto: Ralph Sondermann NRW-Minister Andreas Pinkwart (2. von rechts) übergibt in Düsseldorf der RWTH-Delegation den Bewilligungsbescheid über die Aufnahme in das Programm „Exzellenz Start-up Center.NRW“.

„Immenses Gründungspotential“ RWTH startet Aufbau des größten europäischen Tech-Inkubators

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ie RWTH freut sich über einen positiven Bescheid im Rahmen des Förderprogramms „Exzellenz Start-up Center.NRW“ des Wirtschaftsministeriums NRW. Damit wird die Aachener Uni ihr Projekt „Your Venture, Your Way – Leading the Way in Orchestrating Entrepreneurship“ umsetzen können. Das Ministerium fördert bis 2024 sechs Universitäten mit insgesamt 150 Millionen Euro.

Wirtschafts- und Digitalminister Professor Andreas Pinkwart gab die Entscheidung im Januar in Düsseldorf bekannt. In Aachen soll nun der größte vollintegrierte sogenannte Technologie-Inkubator Europas etabliert werden. Er baut auf dem Herzstück, dem „Collective Incubator“, auf. Er führt die einzigartigen Möglichkeiten der RWTH Aachen, der Unternehmen des RWTH Aachen Campus, der sechs Fachinkubatoren sowie die Technologieexpertise und das unternehmerische Potenzial von Studieren­ den und Forschenden zusammen. „Im Rahmen der aktuellen Exzellenzinitiative wurde der Entrepreneurial Transfer als Strategie der RWTH verankert. Die damit verbundene Denkweise, in allen Situationen unternehmerisch zu agieren, kombiniert mit den wegweisenden Forschungsergebnissen der RWTH, bildet die Basis für ein immenses Gründungspotenzial“,

erläutert der Rektor der RWTH Aachen, Professor Ulrich Rüdiger. „Gleichermaßen sehen wir den Ideenreichtum und das Engagement unserer Studierenden. Dies wollen wir mit dem ,Collective Incubator‘ in bis dato nie dagewesener Form fördern.“ Mit dem Tech-Inkubator sollen bis zu 90 Unternehmensgründungen jährlich initiiert und langfristig zehntausende Arbeitsplätze in NRW und der Region geschaffen werden. Entwicklung neuer Prototypen und Produkte in kürzester Zeit Auf etwa 3.200 Quadratmetern wird der „Collective Incubator“ Raum für kollaborative Arbeit und den Austausch zwischen Studierenden, Wissenschaftlern und Unternehmen bieten. Darüber hinaus ist auch eine 1.000 Quadratmeter große Werkstatt­ halle mit den Schwerpunkten Metall, Elektro, additive Fertigung, Holz und Textil vorge­ sehen, womit die Entwicklung neuer Proto­typen und Produkte in kürzester Zeit machbar wird. Eingebettet ist der Inkubator in das herausragende Umfeld von Forschungsclustern und Unternehmen auf dem RWTH Aachen Campus. So kann der Inkubator auch von der Spitzenforschung der Exzellenz-Universität, den verfügbaren Technologien und einer engen Zusammenarbeit mit der Wirt-

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schaft profitieren – derzeit sind 375 Unternehmen auf dem Campus immatrikuliert. Diese Zusammenarbeit hat schon namhafte Unternehmen wie Streetscooter und e.GO hervorgebracht. Federführend wird in den kommenden Jahren die Transfergesellschaft RWTH Innovation sein, um die Ressourcen der Hochschule und ihres gesamten Umfelds mit den Aspekten Technologie, Expertise, Infrastruktur, Humankapital, Kooperationspartner und Kapital für Gründungsteams aus der RWTH und aus ganz Deutschland nutzbar zu machen. „Das Konzept zielt darauf ab, dass unter­ nehmerisches Denken und Handeln zen­ traler Bestandteil der RWTH-Kultur wird. Keine Idee, kein Forschungsergebnis für den Transfer in Wirtschaft und Gesellschaft soll verloren gehen. Jedes Start-up bekommt zielgerichtet die Unterstützung, die es für eine erfolgreiche Gründung benötigt“, sagt Professor Malte Brettel, Prorektor für Wirtschaft und Industrie. Schon jetzt gilt die RWTH im Start-up Monitor als eine der besten deutschen Gründerhochschulen. Dieser Status soll mit dem neuen Projekt nun weiter ausgebaut werden. Thorsten Karbach


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Alumni


Foto: Peter Winandy Elisabeth Clausen ist seit März 2018 Professorin für Advanced Mining Technologies an der RWTH.

Mit Smart Mining zu einem verantwortungsvollen Bergbau RWTH-Professorin Clausen leitet als erste Frau ein Institut im Bereich der Rohstoffgewinnung

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undesweit ist sie die erste Pro­fessorin auf diesem Gebiet: Dr.-Ing. Elisabeth Clausen trat im März 2018 an der RWTH die Universitätsprofessur für Advanced Mining Technologies an. Damit verbunden ist die Leitung des gleichnamigen Instituts – kurz AMT – der Fakultät für Georessourcen und Materialtechnik der Aachener Exzellenz­ universität. Im Fokus der Forschung steht der fortschrittliche, zukünftige Bergbau,

für den robuste, vernetzte und autonome Maschinen und Prozesse für die Rohstoffgewinnung entwickelt werden.

und Übungen zu ingenieurwissenschaftlichen Grundlagen und zur Maschinentechnik der Rohstoffindustrie betreut.

Zu den Kernaufgaben des Instituts gehört zudem die Lehre in den Ingenieurstudien­ gängen „Rohstoffingenieurwesen“, „Nachhaltige Rohstoff- und Energieversorgung“ und „Umweltingenieurwesen“ mit den jeweiligen Vertiefungsrichtungen. Die Studierenden werden in zahlreichen Vorlesungen

Das AMT zählt im Rohstoffbereich zu den größten in Deutschland, es beschäftigt heute 67 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Karl Nienhaus nahm die Vorgängerinstitution 2009 den Betrieb auf, bis 2016 unter dem Namen „Institut für Maschinentechnik

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der Rohstoffindustrie“, kurz IMR, firmierend. Nienhaus hat zurzeit neben seiner Kollegin Clausen eine Stiftungsprofessur mit dem Titel Advanced Mining Technologies inne. Die Professur wurde als Co-Professur bis Ende 2020 eingerichtet und wird von der gemeinnützigen Ulrich-Thiele-Stiftung gefördert. Energiewende nur mit Rohstoffen möglich Elisabeth Clausen wurde 1983 in Kiel geboren, sie absolvierte ein Studium der Geotechnik, Bergbau, Erdöl- und Erdgastechnik an der TU Clausthal. Dort arbeitete sie anschließend zehn Jahre als wissenschaftliche Beschäftigte und Akademische Rätin im Institut für Bergbau der Uni. „Der Wechsel an die RWTH ist aufgrund ihrer Größe, der hohen Dynamik und der vielfältigen Forschungs- wie Lehrthemen eine Umstellung. Dennoch empfinde ich diese Hochschule als sehr persönlich“, sagt die Bergbauexpertin. „Wir beschäftigen uns hier mit der verantwortungsvollen Gewinnung von Rohstoffen, die wir für unser tägliches Leben und für die sogenannten Zukunftstechnologien brauchen. Wir können über Elektromobilität oder Energiewende nur sprechen, wenn wir die Themen Rohstoffe und Rohstoffgewinnung berücksichtigen“, betont Clausen. Zwar kehre ein Teil der Rohstoffe wieder in den Kreislauf zurück, „aber wenn man gezielt die Rohstoffe betrachtet, die wichtig sind für unseren Lebensstandard, recyceln wir davon teilweise weniger als ein Prozent und importieren nahezu bis zu 100 Prozent in die EU.“ Außerdem sollen durch die Entwicklung autonomer Systeme sichere Arbeitsbedingungen geschaffen werden: „Unser Ziel ist es, sichere Arbeitsbedingungen und einen verantwortungsvollen Bergbau realisieren zu können.“ Autonomer Abbau unter Tage Die Größe der Bergbaubetriebe, so Clausen, sei heute noch sehr unterschiedlich. Sie reicht von Kleinbergbauaktivitäten, bei denen einzelne Familien Bereiche in der Regel händisch abbauen, bis hin zu

Technologie mit Hightech und innovativen Geschäftsmodellen zu neuen Produkten verbindet.

hoch­automatisierten Betrieben, in denen beispielsweise Walzenlader unter Einsatz von vielfältiger Sensortechnik selbsttätig unterwegs sind. In Tagebauen in Chile fahren schon seit einigen Jahren große Mining-Trucks vollständig autonom.

Ein wesentliches Thema dabei sind auto­ matisierte und autonome Systeme, die sich unter den rauen Bedingungen des Bergbaus bewähren. „Wir untersuchen verschiedene grundlegende Aspekte für die Entwicklung autonomer Gewinnungssysteme im Tief- und Tagebau wie auch im Tiefseebergbau: Diese umfassen beispiels­ weise die untertägige Lokalisierung, Positi­ onierung und Navigation, Materialerkennung und Schneidtechnik. Unser Institut macht sich seit Jahrzehnten schon die Sensortechnik zunutze, um aus diesen Daten Informationen zu gewinnen, die für andere Prozesse nutzbar sind“, erläutert Clausen.

Im institutseigenen Rock Cutting Center will man beispielsweise die technologischen Grundlagen dafür schaffen, dass ein Gewinnungsgerät selbständig erkennen kann, wo es schneidet und wo die Lagerstätte ist. Idealerweise erfolgt die anschließende Aufbereitung ebenfalls direkt unter Tage, sodass wertloses Material nicht mehr nach oben befördert werden müsste. So ließen sich auch die branchentypischen Halden, die über Tage das Bild prägen, re­duzieren. „Es gibt schon Bergwerke, die an Natur­ schutzgebiete angrenzen und deren Abbau­aktivitäten im Umfeld kaum mehr wahrnehmbar sind. Die Gewinnung von Rohstoffen ist immer mit einem Eingriff in die Natur und einer Flächeninanspruchnahme verbunden. Die daraus folgenden Umwelteinwirkungen müssen minimiert und im Anschluss an die Gewinnungstätigkeit soll ein lebenswerter Zustand wiederhergestellt werden. Grundsätzlich wird der Bergbau von morgen mehr und mehr in die Tiefe gehen und über Tage kaum mehr sichtbar sein“, erläutert Clausen.

Im letzten Jahr übernahm das Aachener Institut auch den Vorsitz der EUREG, der European Rock Extraction Research Group. Sie ist ein Forschungsbündnis von RWTH, TU Bergakademie Freiberg, TU Clausthal und der Montanuniversität Leoben auf dem Gebiet des Lösens von Gestein im Berg- und Tunnelbau.

Bergbau 4.0 bedeutet Smart Mining Im Zuge der Entwicklung der Industrie 4.0 zeigt nicht nur der Name AMT die verstärkte Schwerpunktsetzung im Bereich Digitalisie­ rung und Informatisierung neben dem traditionellen Bergbau. Bereits im Jahr 2015 wurde in Aachen das erste Forum mit dem Titel Bergbau 4.0 mit 120 Teilnehmern durchgeführt. Am zweiten Forum im Novem­ber 2017, ausgerichtet in Zusammenarbeit mit der DMT GmbH & Co. KG und dem VDMA Mining, nahmen schon mehr als 190 Teilnehmer aus 16 Ländern teil. Das Forum behandelt als Smart Mining Conference strategische Fragestellungen und Umsetzungsmöglichkeiten von Industrie 4.0 in der Bergbaubranche nicht allein auf wissenschaftlicher Ebene. Ziel ist deutlich zu machen, dass die deutsche Bergbauzulieferindustrie nur dann am internationa­len Markt bestehen kann, wenn sich zuverlässige

Im Dezember 2018 veranstaltete das AMT hierzu gemeinsam mit dem VDMA Mining eine internationale Konferenz zum Thema „High Performance Mining“, bei der BestPractice-Beispiele für Produktivitätssteigerungen und Performance Improvements sowohl von Betreibern als auch von Technologieanbietern vorgestellt und diskutiert wurden. Mit diesem neuen Konferenzformat wurde eine Plattform zum Austausch darüber geschaffen, was Hochleistungsbergbau unter den aktuellen sozio-ökonomischen Bedingungen bedeutet und wie Wertschöpfung im Bergbau durch den Einsatz von Technologie nachhaltig sichergestellt werden kann. Die Veranstaltung war ein großer Erfolg mit mit 175 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 22 Ländern, 21 Sprechern und 16 Ausstellern. Nives Sunara

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Öcher Leben

António Guterres, Karlspreis 2019 Im Gespräch mit Studierenden der RWTH Aachen

Foto: Andreas Schmitter


Foto: Andreas Schmitter António Guterres bei seinem Vortrag im C.A.R.L.-Hörsaalzentrum der RWTH.

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er Karlspreisträger 2019 und Gene­ralsekretär der Vereinten Nationen, António Manuel de Oliveira Guterres, kam bei seinem Vortrag im C.A.R.L.-Hörsaalzentrum mit Studierenden der RWTH ins Gespräch.

die Erwärmung auf ein Plus von 1,5 Grad Celsius zu beschränken, werde ein starker politischer Wille benötigt. Fossile Brennstoffe müssten ersetzt werden, Kohlekraftwerke dürften ab 2020 nicht mehr ans Netz gehen.

Vor rund 1.000 Gästen sprach Guterres, der 1971 sein Ingenieursdiplom von der Technischen Universität Lissabon erhalten hatte, über die Herausforderungen heutiger Generationen: Über Konflikte, die um eini­ ges vernetzter abliefen als zum Beispiel noch zu Zeiten des Kalten Kriegs. Darüber, wie trotz Zunahme von BIP und Wohlstand die Gleichheit abnimmt und Institutionen sich nicht darum kümmern. Darüber, dass die Menschenrechte auf breiter Front verletzt werden und die Schwierigkeit, Men­ schen zu schützen, steigt. Er sprach von illiberalen Demokratien und der fehlenden Präsenz der EU in internationalen Gemeinschaften.

Eine Zunahme der Sicherheiten wünschte er sich auch beim Thema Cyberspace und Künstliche Intelligenz. Als Herausforderung Europas und der Vereinten Nationen sah Guterres, Regeln für den Cyberspace zu implementieren. Den Vorteilen, wie zum Beispiel Potenziale in Ausbildung und Pro­duktion, stellte er einen Arbeitsplatzabbau und den Wegfall der menschlichen Verantwortbarkeit gegenüber. Die enormen Waffen, die heute schon existierten und in Zukunft noch entwickelt würden, müssten im Hinblick auf Kriegsakte gebannt und kontrolliert werden.

Ausführlich sprach Guterres vom Klimawandel als der Herausforderung dieser Zeit. Zunächst zählte er die Fakten auf: Abnahme der Biodiversität, Polkappenschmelzen, Meeresspiegelanstieg. Abnahme der öffentlichen Gesundheit, Zunahme der tropischen Krankheiten. Temperaturanstieg durch Treibhausgase. Es handele sich um eine ausgeprägte Krise, die nur durch eine Trendumkehr bewältigt werden könne. Um die CO2-Emissionen zu senken und

Seine Rede beendete Guterres mit den Worten, seine Generation wäre beim Klimawandel und beim Einsatz des Cyberspaces für Positives gescheitert. Doch bei heutigen Generationen sehe er faszinierende Chancen. In der anschließenden Diskussion insbesondere mit Studierenden des Projektes Leonardo ging er auf Privilegien ein, die mit der Verantwortung einhergingen, den weniger Privilegierten helfen zu müssen. Dem sei die Migrationspolitik innerhalb der

EU der letzten Jahre abträglich. Anstatt Migration von vorneherein zu vermeiden oder die ankommenden Migrantinnen und Migranten in Höhe von 0,2 Prozent der Bevölkerung Europas proportional zu verteilen, sei Populismus gestärkt worden. Genauso gut hätten Migrationsorganisationen gestärkt werden können. Die Probleme seien outgesourct und ignoriert anstatt gemanagt worden. Insgesamt sah er in den zivilisierten Gesellschaften Werte infrage gestellt. Ob Frem­ denfeindlichkeit und Rassismus oder Regierungen, die sich nicht um Zurückgelassene kümmerten – Folgen seien ein Anstieg von Furcht und Populismus. Dem­ entsprechend sei es eine Pflicht jedes Einzelnen, sich zu kümmern. Ein Paradox, das er in aktuellen Problemen sah: Dass es mehr, größere und globalere Herausforderungen als je zuvor gäbe, gleichzeitig der Fokus zunehmend auf jedermanns eigenem Gebiet läge. Das Risiko dabei sei eine Vereinzelung über G20, G7 und G2 zu G0. Auf die Frage, ob er es für möglich erachte, dass der Karlspreis im nächsten Jahr Greta Thunberg verliehen wird, antwortete er mit einem Augenzwinkern: „I have no problem.“ Lukas Cremer

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Mehr Chancen als Risiken Entwicklungszentrum für angewandte künstliche Intelligenz soll Strukturwandel im Rheinischen Revier fördern

Foto: IHK Aachen Wie wird die Region Aachen zu einem Top-Standort für künstliche Intelligenz? Bei einem Workshop auf dem RWTH-Campus wurden Perspektiven entwickelt.

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lon Musk möchte ab 2025 den Mars besiedeln. Wahnsinn. Das wird er nicht schaffen, viel Geld verbrennen und am Ende krachend scheitern. Wie vielleicht auch mit seiner E-Autofirma Tesla. Amazon-Gründer Jeff Bezos hat jetzt in Washington ein Modell einer Mondlandefähre präsentiert. „Es ist Zeit, zum Mond zurückzukehren – und dieses Mal, um zu bleiben“, sagt er. Sie werden vielleicht nicht auf dem Mars ankommen oder auf dem Mond siedeln – aber auf dem Weg dahin werden sich Musk und Bezos Gedanken über neue Energieversorgung, Mobilität, Ernährung, Gesundheit und vieles mehr machen. Daraus werden Patente entstehen – wahrscheinlich neue Geschäftsmodelle und Produkte, die ihren Markt finden. Das ist der Grund, warum wir Musk und Bezos und die vielen anderen Visionäre nicht be­lächeln, sondern bewundern sollten: für ihren Mut und ihre visionäre Kraft! Mut ist besser als Verzagtheit. Daher lässt sich die Region Aachen und das benachbarte Rheinische Revier nicht vom bevorstehenden tiefgreifenden Strukturwandel entmutigen. Im Gegenteil! Der beschleunigte Ausstieg aus der Kohleverstromung und

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die herausfordernde Energiewende bieten für Aachen und besonders für die Anrainerkommunen der Braunkohletagebaue im benachbarten Rheinischen Revier mehr Chancen als Risiken. Dies ist dennoch eine große Aufgabe. Sie wird aber erfolgreich gelingen, wenn Wirtschaft, Forschung, Politik und Gesellschaft die Weichen richtig stellen. Die Technologieregion Aachen ist traditionell reich an Ideen und Innovationen. Jetzt geht es darum, daraus Wertschöpfung und Arbeitsplätze entstehen zu lassen und die notwendige Infrastruktur zu schaffen. Anwendungs- und Technologiekompetenz mit KI kombiniert Schaut man sich die schwindelerregenden Summen an, mit denen andere Länder die Entwicklung von künstlicher Intelligenz (KI) fördern, kann man den Eindruck gewinnen, dass Deutschland keine Chance hat, im globalen Konzert mitzuspielen. Wenn aber Anwendungs- und Technologiekompetenz mit KI kombiniert wird, sieht die Welt schon anders aus. Deutschland braucht daher einen auf seine Stärken ausgerichteten Umgang mit der künstlichen Intelligenz. Algorithmen entfalten nämlich besonders in Maschinen, Fabriken, Fahrzeugen und

Produkten ihr einzigartiges Leistungsvermögen. Die Region Aachen gehört heute bereits zu den transferstärksten Wissenschaftsregionen Europas. Wie Forschung in wirtschaftliche Effekte umgemünzt wird, weiß man hier. Aachen bietet herausragendes Potenzial für die industrielle An­­wen-­ dung von künstlicher Intelligenz. In kaum einer Region in Deutschland ist mehr Er­ findergeist versammelt, der sich erfolgreich mit Unternehmergeist vereint, als in der „Chancenregion“ Aachen. Hier entstehen Projektideen, die durch künstliche Intelli­ genz mit Leben gefüllt werden. Neue Geschäftsmodelle werden entwickelt und Arbeitsplätze geschaffen. Aachen und die Region können so zu einem führenden Standort für die Anwendungsentwicklung und Umsetzung von KI-Technologien in Europa werden. Durch die finanziellen Zusagen des Bundes an die Kohleregionen besteht die Möglich­ keit, finanziell und zeitlich in neuen Dimensionen zu denken, denn Bund und Land werden die Region unterstützen und wir reden über einen Entwicklungszeitraum von zehn, 20 oder 30 Jahren. Zudem werden Flächen zur Verfügung stehen, mit denen in der Region bislang nicht geplant werden konnte. Durch die Initiative der IHK Aachen soll unter Beteiligung der RWTH Aachen, der FH Aachen und dem Forschungszentrum Jülich ein Entwicklungszentrum für angewandte künstliche Intelligenz entstehen. Ziel ist es, Projektideen aus der Forschung zu skalierbaren Ergebnissen zu entwickeln, mit denen Wertschöpfungseffekte im Rheinischen Revier entstehen. Zukünftig können Technologiekonzerne und der innovative Mittelstand im Rheinischen Revier hier hervorragende Anknüpfungspunkte zur Nutzung intelligenter Digitalisierung finden. Raphael Jonas


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