Pflichtlektüre Heft 6/2016

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pflichtlektüre Studierendenmagazin für Dortmund

062016

KOMMT NICHT IN DIE TÜTE VON MÜLL-VERMEIDERN UND UNVERPACKT-LÄDEN

LEARNING BY DOPING Mit Pillen zum Erfolg

MUSIC BY ELEPHANTS Mit Nu Metal zum Sieg

KIOSK BEI BILAL Mit Chaos zum Kult


Aus der redaktion Mehr als nur ein Kiosk

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ereits beim ersten Besuch hat mich der Kiosk Adler 59 im Dortmunder Unionviertel fasziniert. Nicht nur, dass es hier von Akkuschrauber bis Zahnpasta alles gibt. Ich habe mich sofort wohl gefühlt, einen Kaffee getrunken und bin durch die Gänge des Kiosks gestreift. Insgesamt viermal war ich für die Recherchen im Kiosk, habe dort viele Stunden verbracht. Und immer fielen mir neue kuriose Dinge auf, die es im Laden zu kaufen gibt. Auch die Kunden bleiben manchmal fast eine Stunde im Kiosk. Sie erzählen als wären sie in ihrem eigenen Wohnzimmer. Ab Seite 16 könnt ihr in die Welt des Adler 59 eintauchen. Julian Hilgers

Der Jodel-Journalist

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a, ich gebe es zu: Ich bin der Erfinder des Jodel-Journalismus. Wie es dazu gekommen ist und was das überhaupt ist? Für mein Thema „Gehirndoping“ war ich auf der Suche nach einem Protagonisten (Seite 12). Schnell ergab sich ein Problem: Wie finde ich jemanden, der zugibt, dass er mit Medikamenten und Drogen seine grauen Zellen auf einen Lerntrip schickt? Weil mir das Darknet zu gruselig ist, blieb nach langer Suche nur noch eine Lösung: Jodel. Der anonyme Twitter-Verschnitt ist eigentlich eine beliebte App für Studierende, in der vor allem mehr oder minder witzige Sprüche die Runde machen. Ich aber entdeckte das wahre Potenzial der kleinen App und damit auch meinen Protagonisten. Und noch viel mehr: Der Jodel-Journalismus war geboren und sein stolzer Vater bin ich. Nur gewachsen ist der Kleine noch nicht. Thorben Lippert

Der Rosenkavalier

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ensch, was war das toll! Für die pflichtlektüre war ich bei der Aufführung von „Say it loud“, einem Theaterprojekt mit Flüchtlingen als Darsteller (Seite 20). Nach der Aufführung brachten die Schauspieler einen Strauß voller roter Rosen auf die Bühne. Jeder nahm eine in die Hand und warf sie ins Publikum. Fast schon enttäuscht, weil ich keine bekommen hatte, stand ich danach auf und ging mit den anderen Zuschauern zum Ausgang. Aber einer der Flüchtlinge lief mir mit seiner Rose hinterher, lächelte verlegen und gab sie mir. Davon könnte sich mein Freund ruhig mal eine Scheibe abschneiden. Lara Wantia


08 BAnd-Contest

„Dortmund Calling“ sucht junge Nachwuchs-Musiker aus der Region

inHALt MOMENTE Schlemmen auf dem Weihnachtsmarkt

PFLICHTTERMINE

EINS VORAB

Tipps für den Winter: Pizzaessen satt VON MONA FROMM

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war nennen wir sie umgangssprachlich so, jeder weiß aber: Es ist eine Lüge. Die Semester„ferien“ sind nämlich gar keine Ferien. Man hat vielleicht zwei Wochen Urlaub, aber irgendwas gibt es immer zu tun. So war es auch bei den pflichtlektüre-Autorinnen und -Autoren. Wir haben fleißig rechechiert. Dabei sind viele Geschichten entstanden und nun steht ein buntes, gut gefülltes, weihnachtliches Heft – unser letztes in 2016.

Die Frau, die für ihn shoppte

munder Weihnachtsmarkt. Lest die Anekdoten auf Seite 37.

SAG MAL DOC …!?

Die Veranstaltungstipps „Abgefahren“ und „Hingeschaut“ fassen wir ab sofort zusammen und „Hingegangen“ heißt jetzt „Pflichttermine“. Wir sind zufrieden mit unserem kleinen Wandel, freuen uns auf die Weihnachts„ferien“ und hoffen, dass ihr Freude an den Rubriken habt. Immer her mit dem Feedback!

DOPING FÜRS GEHIRN

Und wir haben Schwung in die Bude Viel Spaß beim Lesen wünscht gebracht; es gibt neue Rubrik: In einem Brief hat ab jetzt jeder Autor die Chance, frei von der Seele weg seine Meinung aufzuschreiben. Mal elegant, mal witzig, mal überzogen. Aber immer mit einem Ziel: Es wird gesagt, was gesagt werden muss. Unser Autor Janis stimmt Gregor Gysi zu: Junge Studierende sind zu unpolitisch. Was der wohl antworten würde? Den Brief findet ihr auf Seite 6. Die Seite „Stillgestanden“ ist eine Momentaufnahme: Schnappschüsse aus dem Alltag haben hier Platz. Wir beschriften für euch, was auf den Bildern zu sehen (oder vielleicht auch nicht zu sehen) ist. Dieses Mal starten wir mit einer Aufnahme vom Dort-

AUFTRAGSKÄUFERIN Was sind eigentlich diese Handykrankheiten?

Mit bunten Pillen durchs Studium – geht das?

CHAOS IM KIOSK Wo Pampelmuse auf Call of Duty trifft

FLÜCHTLINGSDRAMA Ein Dortmunder Theaterprojekt

ANGESCHRIEBEN Janis sagt: Hintern hoch, Politik machen!

LEBEN OHNE MÜLL Wie das überhaupt möglich ist

KNASTFREUNDSCHAFT Briefe in den Todestrakt

KEINE CHORKNABEN Was die Briefeschreiber motiviert

STILLGESTANDEN Schnappschuss auf dem Weihnachtsmarkt

ABGEFAHREN Naschkatzen aufgepasst! Es wird schokoladig

IMPRESSUM Wer was wann wie gemacht hat und Rätsel

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Mahlzeit! Wer im neuen Jahr abnehmen will, der muss in der Vorweihnachtszeit erst einmal Pfunde draufsatteln. Und welcher Ort eignet sich fürs Schlemmen besser als der Weihnachtsmarkt? Hier gibt‘s Süßes, Fettes und obendrauf ein paar Glühwein fürs Delirium. Wir haben uns in der Dortmunder Innenstadt auf die Suche nach saisonalen Leckereien begeben. FotosMarkus Bergmann



Noch keine Pläne für die Vorweihnachtszeit und das kommende Jahr? Wir haben einige Veranstaltungen für euch, deren Besuch sich lohnt. Ob Theater oder Rockkonzert – jeder findet hier seinen Pflichttermin.

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PFLICHTTERMINE

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TEXTALEXANDRA DOMANSKI FOTOSTHEATERTOTAL & THE TEMPERANCE MOVEMENT

PIZZA ESSEN BEI ROCK UND METAL

NACHTWÄCHTERFÜHRUNG IN DER ADVENTSZEIT

Wir verschenken zwei GutWas? Bei der Essener „Pizza scheine im Wert von jeweils Flatrate“ kann soviel wie 10 Euro für das Café Nord. möglich gegessen werden. Schreibt uns einfach eine Dazu läuft Rock, Metal und Nachricht an unsere Alternative, hin und wieder Facebook-Seite pflichtlektüre! wird auch live gespielt. Es kann jede beliebige Pizza geordert sowie selbst zusammengestellt werden. Zudem gibt es Tischkicker, Flipperautomaten und Billardtische. Wo? Café Nord Essen, Viehofer Platz 1 Wann? sonntags ab 18 Uhr Wie viel? 5 Euro Web? cafe-nord.com

Was? Vom Katharinenkloster bis hin zum angeblich größten Weihnachtsbaum der Welt – entlang dieser Route führt der Nachtwächter durch Dortmund. Während der Tour erzählt der Stadtführer von mittelalterlichen Bräuchen und Legenden aus der Weihnachtszeit. Die Stadtführung dauert ungefähr anderthalb Stunden. Wer teilnehmen will, kann sich im Netz anmelden. Wo? Katharinentreppe Dortmund, Katharinenstraße 14 Wann? Donnerstag, 8. Dezember und Dienstag, 20. Dezember, jeweils 18.30 Uhr; außerdem Sonntag, 18. Dezember, 17 Uhr Wie viel? 14 Euro Web? kulturvergnuegen.com

TANZTHEATER MIT STÖCKERN

BLUESROCK IN KÖLN

Was? Die Performance „Über Stock und Schein“ mischt Tanz und Theater. Das junge Ensemble fragt sich: „Schein oder Sein?“ Zu Kompositionen von Antonín Dvorák zeigen die Tänzer, wie schwer es in der heutigen Zeit sein kann, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Um Hürden und Probleme darzustellen, greifen sie dabei zu ungewöhnlichen Hilfsmitteln: Stöckern. Wo? TheaterTotal Bochum, Königsallee 171 Wann? Bis 29. Januar samstags, 19.30 Uhr und sonntags, 17 Uhr; Zusatztermin: Freitag, 27. Januar, 19.30 Uhr Wie viel? 13 Euro Web? theatertotal.de

Was? Die britische Bluesrock-Band „The Temperance Movement“ unterschrieb erst 2013 ihren ersten Plattenvertrag und stand schon ein Jahr später als Support für die Rolling Stones in Deutschland auf der Bühne. Jetzt geht das Quartett aus London mit seinem zweiten Album „White Bear“ auf Tour. Wo? Luxor Köln, Luxemburgerstr. 40 Wann? Samstag, 17. Dezember, 19.30 Uhr Wie viel? 16 Euro zzgl. Gebühren Web? luxor-koeln.de

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rein


VERDECKT VERDIENEN Sie lässt sich in Geschäften beraten, hat aber nie die Absicht, etwas zu kaufen: Janna Paul will herausfinden, wie die Verkäuferinnen und Verkäufer sich ihr gegenüber verhalten. Denn sie arbeitet neben ihrem Studium als Mystery Shopperin. TEXTMICHELLE GODDEMEIER FOTOPRIVAT

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er Mitarbeiter des Mobilfunkgeschäfts kommt auf Janna Paul zu: „Kann ich Ihnen helfen?“ Janna antwortet: „Ja, gerne. Ich brauche einen neuen Handyvertrag.“ Sie nimmt die Hilfe an, obwohl sie weder etwas kaufen will noch eine Beratung braucht. Ihre Aufgabe als Mystery Shopperin ist es, Dienst- und Serviceleistungen in verschiedenen Geschäften zu bewerten. Dazu geht Janna in die Läden und verhält sich wie eine gewöhnliche Kundin – das Verkaufspersonal weiß also nicht, wer vor ihnen steht. So wie in dieser Szene im Mobilfunkladen, von der Janna erzählt. Während ihres Bachelor-Studiums in Jena suchte die 25-Jährige einen Nebenjob und fand online die Anzeige zur Mystery Shopperin. „Ich konnte damit im ersten Moment gar nichts anfangen und dachte auch erstmal: Das klingt zwielichtig.“ Nachdem sie sich telefonisch informiert hatte, bewarb sie sich schließlich doch. Mittlerweile macht Janna ihren Master in Soziologie an der TU Darmstadt und übt den Nebenjob schon seit eineinhalb Jahren aus. Neben Supermärkten und Telekommunikationsunternehmen testet sie Autohäuser und Restaurants. Auch Hoteltests sind möglich. Die hat Janna selbst aber noch nicht gemacht. Da Janna nur bei einer Agentur registriert ist, überprüft sie ungefähr ein Unternehmen pro Monat. Wer sich bei mehreren Agenturen bewirbt, kann mehr Aufträge erhalten. Auch der Wohnort ist entscheidend. Während ihres Bachelor-Studiums in Jena erhielt Janna nur vereinzelt Aufträge. Wenige Firmen wandten sich dort an die Agentur, um ihre Mitarbeiter testen zu lassen. Nun lebt sie in Darmstadt und kann Probekäufe in näheren Großstädten wie Frankfurt oder Mainz machen.

Sie wird nach Aufträgen und deren Umfang bezahlt. Fotografiert sie ein Schaufenster und überprüft so, ob die Auslagen am richtigen Platz liegen, erhält sie dafür zehn Euro. Für Interviews bekommt sie zwischen 40 und 60 Euro. Dabei testet sie die Qualifikation der Mitarbeiter telefonisch und braucht etwa zwei bis drei Stunden. Für ein Beratungsgespräch im Laden bekommt sie etwa 20 Euro. Sobald ihr Auftraggeber ein neues Angebot hat, erhält Janna eine Mail mit einer Beschreibung. Wenn sie daran interessiert ist, bekommt sie einen kurzen Fragebogen. So wird ermittelt, ob Janna für den Kunden in Frage kommt. Ist sie geeignet, bekommt sie einen Leitfaden, wie sie den Test durchführen soll. Danach muss Janna online angeben, welche Erfahrungen sie gesammelt hat – häufig sind das MultipleChoice-Fragen. Aber auch ein eigener Bericht ist möglich. „Bei einem Bericht habe ich, anders als bei einzelnen Fragen, immer den Eindruck, dass es tatsächlich auf meine persönliche Meinung ankommt“, sagt sie. Die ersten Aufträge verunsicherten die Studentin: „Anfangs fühlte ich mich wie eine Spionin, die Leute einfach so in die Pfanne hauen kann.“ Die Praxis zeigt aber, dass die Unternehmen großen Wert auf Anonymität legen und weder Namen noch Geschlecht der Mitarbeiter wissen möchten. Vielmehr geht es um die allgemeine Freundlichkeit und Kompetenz im Laden. „Wenn ich das Gefühl hätte, dass ich Leute ausspioniere und deren berufliche Zukunft gefährde, würde ich das nicht machen“, sagt Janna.


Alles, was ein Musiker möchte

Große Bühne für junge Bands – so läuft es beim Bandcontest „Dortmund Calling“ der DEW21. Was macht die Veranstaltung aus? Die pflichtlektüre fragte Initiator und Jury-Mitglied Wolfgang Bödeker und „Angry White Elephant“, die Band mit den meisten Auftritten bei dem Wettbewerb. TEXTjulian beimdiecke FotosLisa Maruhn/DEW21 & Angry white elephant

Angry White Elephant bei (oben) und nach (unten) ihrem Triumph beim „Dortmund Calling“-Wettbewerb 2012


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ngry White Elephant“ – das sind Robert Sommer (RhythmusGitarre), Max Brücker (Bass), Christian Jesse (Gesang), Philipp Dous (Drums), Frank Mädler (Turn-Tables) und Michal Malinowski (Lead-Gitarre). Die Band existiert in wechselnder Besetzung seit 2011 und spielt Post-Nu-Metal/ Crossover. An „Dortmund Calling“ nahmen die Jungs drei Mal teil, siegten 2012 und wurden 2016 Zweiter. Ein weiteres Mal spielten sie als Zwischenband. Im Februar 2017 veröffentlichen sie ihr neues Album „Vs. The Wooden Cobra“. Hörproben und mehr Infos gibt es auf der Homepage angrywhiteelephant.de. Hand aufs Herz – was findet ihr geiler: den Wettbewerb, weil ihr immer wieder dabei sein wollt, oder euch selbst, weil ihr glaubt, immer wieder gewinnen zu können? Robert Sommer: Ganz klar die Show. Da gibt es gut gemachten Sound, viel Publikum und eine tolle Bühne – das ist eigentlich alles, was ein Musiker möchte. Trotzdem nehmen die meisten Bands nur einmal teil. Ihr wart gleich dreimal dabei – warum? Christian Jesse: Das hat mehrere Gründe. Zum einen hat man – wenn man in die Vorrunde kommt – zumindest einen Auftritt vor vielen Leuten sicher, von der die Hälfte dich noch nie gesehen hat. Da hat man die Chance, auf sich aufmerksam zu machen. Außerdem ist es einfach insgesamt eine coole Show. Und die Preise sind echt Sahne. Robert: Zusätzlich vermittelt die DEW manchmal noch weitere Gigs, für die man dann auch bezahlt wird, etwa auf dem Westparkfest. Christian: Außerdem haben uns die Veranstalter enorm unterstützt, als wir als Band begonnen haben. Wir haben wieder am Wettbewerb teilgenommen, um dann auch die Veranstaltung zu unterstützen. Es ging uns auch hinterher gar nicht mehr ums Gewinnen, sondern mehr um die Teilnahme. Wie ein Münchener aufs Oktoberfest geht, ist das für einen Dortmunder Musiker aus der Szene eine Pflichtveranstaltung. Wie seid ihr zum ersten Mal darauf gekommen, teilzunehmen?

Robert: Unser ehemaliger Drummer hat den Contest im Netz gefunden. Damals waren wir eine Band, die sich musikalisch noch nicht so richtig gefunden hatte. Und wie lief es? Robert: Wir haben unser Video zwei Tage vor Anmeldeschluss gemacht und irgendwas dahingerotzt. Für den Gig haben wir dann fünf, sechs Lieder auf die Beine gestellt und dann einfach teilgenommen. Wir haben gar nicht gedacht, dass wir etwas gewinnen könnten. Als unser Sieg verkündet wurde, konnten wir das alle nicht fassen. Ihr habt vier Mal bei dem Wettbewerb gespielt. Was war euer Highlight? Max Brücker: Geil war der VorrundenGig 2013 in der „Kaktusfarm“, das ging richtig ab. Robert: Der Laden ist einfach super gewesen. Die Party war geil, die Leute waren geil, alle hatten Bock, es waren viele Leute da, alle haben getanzt. Das hat uns ein gutes Gefühl gegeben. Wir hatten kurz vorher mit Max einen neuen Bassisten und mit Philipp einen neuen Schlagzeuger dazu bekommen – das hat uns enorm Schub gegeben. Welche Momente sind euch nicht so gut in Erinnerung geblieben? Christian: Die Finalrunde 2013. In der Vorrunde sind wir mit unserem jetzigen DJ aufgetreten und wir haben uns gedacht, dass wir am Finaltag noch einen weiteren DJ mitbringen. Die sollten sich ein bisschen battlen. Max: Wir wollten noch einen drauf setzen und das ist dann richtig in die Hose gegangen. Der Meister war richtig, richtig voll, deswegen hat das nicht funktioniert. Er hat bei dem Gig eigentlich die ganze Zeit durchgescratcht. Christian: Aus so was lernt man. Seitdem haben wir nur noch zuverlässige Leute, die ihr Handwerk verstehen. Wie kann man bei „Dortmund Calling“ als Band ein gutes Bild abgeben? Christian: Der Jury geht es viel um Herzblut. Ganz klar. Du kannst halt auch schiefe Töne spielen, aber wenn du das Publikum dazu bringst, mitzumachen, und die Jury merkt, dass du für Musik brennst, dann unterstützt sie das auch. 09

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DORTMUND CALLING Veranstalter des Bandcontests ist die Dortmunder Energie- und Wasserversorgung GmbH (DEW21). Der Gewinner des Wettbewerbs erhält eine CD-Produktion im Wert von etwa 3000 Euro, der Zweite Band-Merchandise im Wert von 1000 Euro. Der Vorentscheid ist am 6. und 7. Januar im Fritz-Henssler-Haus. Das Finale steigt am 18. Februar im Domicil. Der Eintritt ist jeweils frei. Robert: Die Jury hat sich beim ersten Mal auch nur für uns entschieden, weil wir unerfahrene Stümper waren, die es irgendwie packen wollten. Und die haben gesagt: Ok, wir unterstützen euch dabei – macht mal. Würdet ihr sagen, dass der Wettbewerb generell etwas für junge Bands ist? Robert: Ja. Man kann dabei nur gewinnen. Selbst, wenn man nur sein Video hochlädt, hat man schon Leute dazu gebracht, sich das mal anzuschauen. Wenn man weiterkommt, hat man einen dicken Gig. Und danach vielleicht noch mehr. Und die Chance auf Preise. Christian: Außerdem rückt man auch in den Fokus der Kulturherren der Stadt, die ein großes Portemonnaie für Konzerte haben. Gibt es eurer Meinung nach auch etwas, das nicht so gut läuft? Robert: In Sachen Werbung geht echt noch einiges. Da könnten noch deutlich mehr Bands teilnehmen. Das ist so der einzige Kritikpunkt, den ich habe – war aber für uns ganz gut, weil natürlich weniger Konkurrenz da war. Bleibt ihr dem Wettbewerb weiter erhalten? Christian: Wir haben beschlossen, nicht mehr an diesem Contest teilzunehmen. Trotzdem möchten wir ihn weiter unterstützen. Da gibt’s ja immer was zu gucken. Wir spielen auch gern nochmal als Support-Act oder so, wenn das gewünscht ist. Aber jetzt ist auch mal gut. Das ist ein Newcomer-Contest, da wollen wir anderen Bands den Raum überlassen. Auf der nächsten Seite: Interview mit Organisator Wolfgang Bödeker von der DEW21


„Entscheidend ist die Performance am Finalabend!“

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err Bödeker, ganz profan gefragt, was hat Energie- und Wasserversorgung eigentlich mit Musik zu tun? Wolfgang Bödeker: Wir sind ein großes Unternehmen, verdienen hier gutes Geld und lassen – wie es sich gehört – einen Teil des Geldes im Bereich Sponsoring und gesellschaftliche Verantwortung in Dortmund. Das sind im Jahr rund 1,2 Millionen Euro, unter anderem eben für den Bandwettbewerb „Dortmund Calling“. Sponsoring kann man ja auf verschiedene Weisen machen. Wie ist die Idee eines Bandwettbewerbs entstanden? Der Bandwettbewerb hat sich vor fünf oder sechs Jahren aus einer Anfrage entwickelt, als das Festival „Rock in den Ruinen“ auf das Phoenix-Gelände umgezogen ist. Die Veranstalter haben uns gefragt, ob wir sie sponsern können. Wir haben uns auf eine Art Wettbewerb verständigt, bei dem sich junge Bands bewerben können. Die besten spielten dann als Vorgruppen bei „Rock in den Ruinen“. Wie hat sich daraus „Dortmund Calling“ entwickelt? Irgendwann ist „Rock in den Ruinen“ nicht mehr weitergeführt worden. Der Bandwettbewerb hatte sich aber gut entwickelt, viele Bands haben sich beworben und die Veranstaltungen haben gut funktioniert – deswegen wollten wir das als eigenständigen Wettbewerb fortführen. Einige Bands, die beim Contest auftreten, werden an Veranstaltungen wie das Westparkfest oder Kreuzviertel bei Nacht vermittelt. Wie schätzen Sie den kulturellen Stellenwert des Wettbewerbs ein? Ich habe mitbekommen, dass unser Wettbewerb in unserer Umgebung die einzige Initiative dieser Art in diesem Bereich der Musik ist. Das hat mich überrascht. Insofern ist der Stellenwert für die Region und für die Szene in Dortmund, glaube ich, sehr hoch. Ich bekomme eigentlich immer ein sehr positives Feedback –

Die „Dortmund Calling“-Jury mit Initiator Wolfgang Bödeker (hinten links) besonders durch die Anfragen für andere Veranstaltungen. Ich denke, dass der Wettbewerb ein Motor für die Szene geworden ist. Was für Bands bewerben sich bei „Dortmund Calling“? Ganz verschiedene. Wir haben immer rund 20 qualifizierte Bewerbungen und von Deutsch-Pop bis Metal ist alles dabei. Wir sagen dann auch nicht, dass uns etwas zu hart oder zu soft oder zu deutsch oder nicht deutsch genug ist. Es geht darum, dass es Musik von den Leuten hier aus der Region ist. Was müssen die Bands tun, um beim Wettbewerb mitmachen zu können? Die Bands bewerben sich auf unserer Internetseite mit einem eigenen Video von einem eigenen Song. Dann stimmt das Publikum im November online für sie ab. Zusätzlich tritt noch eine Jury aus Musikfachleuten und Musikern zusammen – da bin ich als Unternehmensvertreter auch dabei. Wir suchen uns zehn Bands aus. Diese zehn spielen im Vorentscheid und sechs davon nehmen wir mit ins Finale. Die Jury kürt dann einen Sieger, das Voting des Publikums zählt wie eine Stimme. Entscheidend ist die Performance der Bands am Finalabend. Gibt es Kriterien, nach der die Jury bewertet oder entscheidet sie nach Bauchgefühl? Nein, es ist mehr als Bauchgefühl. Die Jury besteht aus Musikern, Produzenten und Musikjournalisten. Die Entscheidungsfindung ist dann immer recht unterschiedlich. Als zum Beispiel 2015 „Fitches“ gewonnen haben, war nach drei 10

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Minuten des Auftritts allen klar, dass die gewinnen werden. Sie haben dermaßen die Bühne gerockt, dass uns das Hirn weggeflogen ist. Die Diskussion hat zehn Sekunden gedauert. Das ist aber natürlich nicht immer so. Bei Bandwettbewerben gibt es oft Vorwürfe, dass die Jury manchen Bands besonders nahe steht oder an anderer Stelle manipuliert wird. Waren Sie solchen Vorwürfen auch mal ausgesetzt? Immer mal wieder. Diese Vorwürfe lassen sich nicht vermeiden, weil die Leute, die in der Jury sind, Kontakt zu der Szene haben, die sie bewerten – das ist ja ganz klar. Und natürlich hat auch jeder Vorlieben. Letztendlich gibt es fünf oder sechs Leute in der Jury. Da spielt es keine Rolle, ob einzelne Leute die Band superklasse finden. Die Gruppe entscheidet. Sie waren bei jeder Auflage des Wettbewerbs dabei. Welche Auftritte sind besonders in Erinnerung geblieben? Neben dem angesprochenen „Fitches“Auftritt eine Performance von „Angry White Elephant“. Bei ihrer zweiten Teilnahme war ein Teil der Band ziemlich besoffen und das hat sie auch den Sieg gekostet. Am Ende ist uns das aber positiv in Erinnerung geblieben, weil sie sich danach von den entsprechenden Leuten getrennt, neu zusammengesetzt und neu ausgerichtet haben. Als man dann ihren Auftritt 2016 gesehen hat, dachte man: Wow – das ist zwar die gleiche Band, aber sie ist ganz anders geworden. Toll, wenn dann so eine Entwicklung zu sehen ist.


SAG MAL, DOC …!? Was sind diese Handykrankheiten?

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TEXTMONA FROMM FOTOMARKUS BERGMANN ILLUSTRATIONNANNA ZIMMERMANN

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ir Orthopäden vermuten, dass es diese Handykrankheiten tatsächlich gibt. Im Volksmund heißen sie Handyarm, Mausarm, iPad-Schulter oder ähnlich. Was früher der Schreibmaschinenarm war, hat sich jetzt zum Handyarm oder zum Mausarm gewandelt. Kurze überlastende Bewegungen und viele kleine Klicks können die Beschwerden auslösen. Offiziell heißt die Krankheit „Sehnenbeschwerden im Handgelenk“. Auch das permanente Tippen am Handy belastet; das ist dann der SMS-Daumen, die wahrscheinlich häufigste Handykrankheit. Es gibt aber noch eine zweite Art: Fehlhaltungen der Halswirbelsäule. Wer lange am Computer arbeitet, bekommt häufig diese Krankheiten. Wenn man lange auf einen Bildschirm starrt und nicht den empfohlenen Abstand von ungefähr 70 Zentimetern einhält, wird die Halswirbelsäule im oberen Bereich abgeknickt. Oft denken die Patienten gar nicht darüber nach, dass sie nur in eine Richtung schauen, weil sich auf dem Bildschirm ja alles bewegt. Sie haben aber eine manifeste Fehlhaltung, wodurch sich die Muskulatur verspannt oder die Sehnen gereizt werden. Das äußert sich in Form von Beschwerden wie Kopfschmerzen, Nackenschmerzen oder Verspannungsgefühlen im Schultergelenk. Die Patienten kommen mit Beschwerden zu mir wie: „Ich hab’ Nacken.“ Oder: „Ich habbet mit‘m Rücken.“ Konkret haben sie einen Druckschmerz oder einen Bewegungsschmerz. Manche haben auch bereits eine Schonhaltung. Wir können nur die Beschreibungen annehmen und röntgen. Beim Röntgen stellt sich dann manchmal heraus, dass die Patienten einen Engpass im Bereich der Nervenverläufe haben. Wir wissen, dass sich diese Krankheiten bilden, wenn man zum Beispiel viel in der gleichen Haltung vor dem Computer sitzt.

Der Mausarm entsteht häufig, wenn man den ganzen Tag lang scrollt. Die Sehnen und Sehnenscheiden werden gereizt und entzünden sich. Erst mal versuchen wir, ohne Medikamente zu behandeln, etwa durch muskelentspannende physikalische Maßnahmen oder eine Therapie, die gereizte Nerven entspannt. Wenn das nicht reicht, muss man auch mal zu einem entzündungshemmenden oder schmerzlindernden Medikament greifen. Ansonsten kann man auf die Zukunft vertrauen und hoffen, dass wir Tasten nicht mehr brauchen, sondern alles mit Sprachsteuerung funktioniert. Abstinenz ist natürlich auch möglich, aber nicht realistisch. Das wäre mit unserem heutigen Leben nicht vereinbar. Grundsätzlich empfehle ich eine Vertikalmaus, die im rechten Winkel zur Normalmaus steht. Elle und Speiche werden weniger überkreuzt und das entlastet Handgelenk und Unterarm. Man kann es auch mit Gelpads versuchen oder die Stellung seines Monitors variieren. Außerdem sollte man den Schreibtischstuhl individuell einstellen und auch der Schreibtisch selbst sollte höhenverstellbar sein. Am besten ist ein Schreibtisch, den man sogar zu einem Stehpult umbauen kann. Das entlastet die Muskulatur. Dr. med. Heinz-Peter Lisiak ist Facharzt für Orthopädie und leitet eine eigene Praxis in DortmundWellinghofen.


LEARNING BY DOPING Um leichter für die Uni lernen zu können, nimmt Student Manuel* leistungssteigernde Substanzen zu sich. Mit dem Gehirndoping geht er ein hohes Risiko ein – ohne Garantie auf Erfolg. TEXTTHORBEN LIPPERT ILLUSTRATIONENSUE KUNKEL | TINTENREBELL

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us der Kleinstadt ins Ruhrgebiet, aus der Schule ins Studium der Wirtschaftswissenschaften. In Manuels Leben begann vor anderthalb Jahren ein neues Kapitel – und das fiel ihm schwer. Die ersten Klausurtermine näherten sich, gelernt hatte er noch nicht. „Ich habe gemerkt, was da auf mich zukommt und bin dann in Panik geraten“, sagt er. In seiner Panik griff Manuel damals zu ungewöhnlichen Mitteln. In der Zeit bis zu den Prüfungen konsumierte er zum Lernen größere Dosen Ritalin. Heute glaubt er, dass er das nicht nur aufgrund des Stresses tat, sondern auch wegen seiner schwierigen Kindheit. Schon in der Schule hatte er das Mittel probiert, das für die Behandlung von Menschen mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) gedacht ist. ADHS-Patienten soll Ritalin dabei helfen, ruhiger und konzentrierter zu arbeiten.

Gehirndoping wird immer populärer Auch Manuel wollte effektiver lernen. Und damit ist er nicht allein, weiß Diana Moesgen, Doktorin der Psychologie an der Katholischen Hochschule NRW Köln. Sie hat sich jahrelang mit dem Thema „Gehirndoping“ beschäftigt und ein Buch über Neuroenhancement veröffentlicht, wie Forscher das Phänomen nennen. Moesgen berichtet von deutschen Studien, laut denen fast jeder Fünfte schon Kontakt mit Gehirndoping hatte. Die Substanzen dafür können gewöhnliche Schmerzmittel sein – aber auch illegale Drogen wie Speed oder komplexere Medikamente wie Ritalin. *Richtiger Name der Redaktion bekannt

„Gesunde Menschen versuchen die Leistungsfähigkeit ihres Gehirns zu verbessern, indem sie verschreibungspflichtige Medikamente oder auch illegale Stimulanzien einnehmen“, erklärt Moesgen. An entsprechende Medikamente kam Manuel ohne Probleme. Er besorgte sich die Tabletten von befreundeten ADHSPatienten. Für jede 40mg-Tablette zahlte er ihnen sechs Euro. „ADHS-Patienten bekommen normalerweise eine dieser Tabletten pro Tag“, erklärt Dr. med. Christoph Neumann von der Psychiatrischen Klinik Dortmund-Aplerbeck. Manuel ist zwar gesund, nahm zeitweise aber die gleiche Dosis. „Sonst hätte ich das nicht gepackt“, sagt Manuel. Beim Lernen wirkte das Doping erst sehr gut: Er fühlte sich stundenlang außerordentlich wach und fokussierte sich nur auf seine Aufgaben. Das änderte sich, als sich Manuels Freundin von ihm trennte. Sie kam mit seinem Medikamentenkonsum nicht zurecht. Für Manuel ein schwerer Schlag. Der Stress und die Einnahme des Ritalins ergaben eine gefährliche Mixtur. Nachdem er die Tablette eingenommen 12

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hatte, verfiel Manuel immer häufiger in Depressionen. Nach der Trennung zog er die Notbremse: „Da habe ich gemerkt: Es wird mir zu krass, die Nebenwirkungen werden mir zu extrem. Ich will das alles nicht. Ich will nicht so enden, wie manch anderer.“ Tatsächlich ist Ritalin eine gefährliche Substanz. Im Internet gibt es viele Be-

richte über Abhängige. Das Drogenlexikon „drugcom.de“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung beispielsweise beschreibt Ritalin als „Ersatz-Speed“ und warnt vor einer möglichen psychischen Abhängigkeit. Bei übermäßigem Konsum führe Ritalin von Halluzinationen über Aggressivität sogar manchmal bis zum plötzlichen Tod. Die genaue Wirkungsweise des Mittels ist noch nicht vollends geklärt – deshalb ist das Medikament auch unter Medizinern umstritten.

Nebenwirkungen: Herzrasen und Bluthochdruck Depressionen wie Manuel sie erlebte, sind laut Moesgen zwar keine zwingende, aber doch eine von vielen Gefahren. „Das kann eine Nachwirkung sein. Es gibt natürlich auch direkte Nebenwirkungen. Das können alle möglichen körperlichen Beschwerden sein.“ Zum Beispiel: steigender Blutdruck und dadurch verursachtes Herzrasen. Selbst ADHSPatienten müssen laut Studien mit einer Gewöhnung, Depressionen oder gar bleibenden Schäden im Gehirn rechnen. Um solche Nebenwirkungen einzudämmen, werden sie während der Medikamenten-Therapie ärztlich überwacht. Regelmäßige Besuche bei einem Mediziner sind Pflicht, erklärt Dr. Neumann. Und: „Auch die Einnahme wird an den Tagesablauf der Patienten angepasst. Das Ritalin wird zum Beispiel immer nach dem Essen verabreicht, damit Appetit- und Antriebslosigkeit ausbleiben.“ Gehirndoping ist in den vergangenen Jahren mehr und mehr in die Öffentlichkeit gerückt – und auch in Medizin und Psychologie schon lange ein Thema. In Mainz befasst sich ein Forscherteam mit Gehirndoping speziell bei Studierenden. Überraschendes Ergebnis einer der Studien: Fast 80 Prozent der befragten 13

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HILFE BEI MISSBRAUCH VON MEDIKAMENTEN Die Psychologische Studienberatung der TU Dortmund: Emil-Figge-Straße 61 44227 Dortmund Telefon: 0231/7555050 Mail: psychologische-beratung@tudortmund.de Öffnungszeiten: Dienstag: 10 bis 11 Uhr, Donnerstag: 13 bis 14:30 Uhr, Freitag: 10 bis 11 Uhr Die Drogenberatungsstelle Dortmund: Schwanenwall 43 44135 Dortmund Telefon: 0231/4773760 Mail: info@drobs-dortmund.de Öffnungszeiten: Montag bis Mittwoch: 9 bis 12:30 und 13:30 bis 17 Uhr, Donnerstag: 9 bis 12:30 & 13:30 bis 18 Uhr, Freitag: 9 bis 15 Uhr

Schülerinnen, Schüler und Studierenden stehen dem Gehirndoping mindestens positiv gegenüber, nur elf Prozent lehnen es strikt ab.

Versteckte Gründe für das Gehirndoping Die oberflächlichen Motive sind bei den meisten Konsumenten dieselben, erklärt Moesgen: „Natürlich wollen sie ihre Lern- und Konzentrationsfähigkeit steigern sowie eine Daueraufmerksamkeit erreichen. Die Frage ist aber, was wirklich dahintersteckt. Warum wollen die Konsumenten diese Zustände erlangen?“ Und genau diese Frage lässt sich meist nur sehr schwer beantworten. Denn die Gründe dafür liegen laut Moesgen tief in der Psyche der Konsumenten versteckt. Vor allem das Selbstbild der Personen spiele dabei eine Rolle. Zwar würde die Einnahme durch Impulse wie Stress im Studium oder am Arbeitsplatz ausgelöst. Den Weg dafür ebnen aber die ganz persönlichen Erfahrungen der Konsumenten, sagt Moesgen. Manuel glaubt, dass der Grund für seinen Konsum in seiner Kindheit liegt. Sein


Vater war Alkoholiker. „Ich habe damals in der Schule schon der Drogenaufklärung nicht geglaubt. Die sagten: Alkohol ist okay, aber Cannabis ist böse. Wenn ich danach nach Hause kam und meinen Vater sah, konnte ich das nicht glauben.“ Durch diese Haltung verlor Manuel seine Scheu vor stimulierenden Substanzen – der Grundstein für sein Gehirndoping. Dabei sind sich laut Moesgen sogar Forscher uneins über die Wirksamkeit des Gehirndopings: „Ich denke, dass der Placebo-Effekt und die Erwartung der Konsumenten eine große Rolle spielen. Bei manchen wirkt das sicherlich, aber das ist schwer einzuschätzen.“ Verbessert würden, wenn überhaupt, nur sehr isolierte Bereiche der kognitiven Leistungsfähigkeit.

Die Gefahr überwiegt den Nutzen Mittlerweile nimmt Manuel andere Mittel, um sein Hirn zu dopen. Die Gefahren von Ritalin schreckten ihn ab, ganz verzichten will er aber trotzdem nicht. Obwohl der Stress im Studium weniger geworden ist, konsumiert er kleine Mengen LSD – er nennt das Microdosing. Manuel erfuhr über das Internet davon und nutzt es heute häufig zum Lernen. Depressionen hat er zwar nicht mehr, aber er gesteht, dass er manchmal Bluthochdruck hat. Ungefährlich ist das nicht. Bedenken hat Manuel vor allem wegen der Langzeitwirkungen. Hier ist die Forschungslage dünn. Zu seiner Art der Einnahme, dem Microdosing, gibt es keine belastbaren Ergebnisse. Trotzdem hält er an dem Drogenkonsum fest: „Ich habe mit LSD einfach nicht die Nebenwirkungen, wie ich sie mit Ritalin hatte. Ich sehe deshalb keinen Grund, komplett nüchtern zu lernen.“

Seine Motivation würde weder unter Ritalin noch unter LSD leiden, behauptet er. Und auch von dem Gedanken, durch die bloße Einnahme bessere Noten zu erreichen, hat er sich verabschiedet: „Wenn man das einfach nimmt, kriegt man nicht automatisch gute Noten. Man kann nur das Ziel leichter erreichen.“ Das Bild einer Substanz, die einen klüger macht, ist falsch. Diana Moesgen sagt: „Man kann die eigene Leistungsfähigkeit nicht um ein Unendliches steigern, sondern bestenfalls dafür sorgen, dass man im Rahmen der eigenen Grenzen das Optimum ausschöpft.“ Dass junge Menschen für diese beschränkte Wirkung ein so hohes Risiko eingehen, stimmt Manuel selbst nachdenklich: „Wenn man sich das alles selbst zufügen will, dann soll man es eben tun. Aber es kann nicht gut für einen sein.“ Negativbeispiele gibt es zuhauf, das Risiko ist real. „Es ist nicht wirklich abschätzbar. Vor allem die unerwünschten langfristigen Nebenwirkungen bei gesunden Menschen sind sehr wenig erforscht“, fasst Moesgen zusammen. „Die Palette an Gefahren ist damit sehr groß. Sowohl kurzfristig als auch langfristig.“

Wenn er LSD nimmt, geht Manuel meistens in die Uni-Bibliothek. Dort sitzt er bis zu zehn Stunden. Die Lernphase unterbricht er höchstens zum Essen. „Wenn ich das Lernen einmal anpacke, bei der Sache bleibe und ich mich nicht ablenken lasse, bleibe ich auch mittendrin. Ich vergesse dabei irgendwie die Zeit.“ 14

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Nehmt doch noch mehr Drogen! Es könnte so einfach sein: Eine kleine Pille schlucken und anschließend stundenlang konzentriert arbeiten. Doch so simpel ist es eben nicht. Viele leistungssteigernde Mittel zerstören die Gesundheit. Und die ist wichtiger als jede bestandene Klausur. Ein Kommentar. TEXTMARTIN NEFZGER ILLUSTRATIONPRISMA LABS INC.

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ast jeder Studierende kennt die Situation: Kurz vor der Klausur sitzt man angsterfüllt vor dem Schreibtisch, büffelt ohne Unterlass, doch der Berg an Stoff wird gefühlt nicht kleiner. Manche legen Nachtschichten ein, andere gehen mit Mut zur Lücke in die Prüfung. Und einige denken sich: Allein schaffe ich das nicht – und greifen zu Medikamenten. Zugegeben, es klingt gut. Eine kleine Pille und schon lernt sich der Stoff wie von selbst. Man ist konzentriert und schafft endlich, was man sich schon lange vorgenommen hatte. Und wieso nicht? Schließlich machen es so viele andere auch. Dem Gruppenzwang gibt sich der Mensch gerne hin. Aber nur, weil etwas von vielen praktiziert wird, ist es noch lange nicht gut. Schließlich sind doch gerade Studierende eigenständig denkende Individuen – oder sollten es zumindest sein. Zwar ist es nicht sonderlich schwierig, über dealende ADHS-Patienten oder das Internet an Medikamente zu kommen. Aber auch das legitimiert den Konsum nicht. So eine kleine Pille scheint wie gemacht für das ruhige Gewissen. Klar, ich habe viel zu spät mit dem Lernen begonnen. Klar, ich habe mich dauernd ablenken lassen und mal wieder Serien im Internet angesehen, statt die Nase in ein Buch zu stecken. Aber was soll‘s? Schließlich verausgabe ich mich jetzt, kurz vor der Klausur, so richtig. Ritalin wird’s schon richten. Auch wenn Ritalin oder LSD wirken wie Wundermittel: Sie sind es

nicht! Wer für die Uni zu verschreibungspflichtigen Medikamenten oder gar Drogen greift, macht Kopf und Körper auf Dauer kaputt. Nicht nur, dass der Konsum dieser Substanzen über kurz oder lang den Körper schädigt und extreme Nebenwirkungen hervorruft – besonders die Folgen für die Psyche sind verheerend. Denn mit jeder Tablette gestehen sich Konsumentinnen und Konsumenten aufs Neue ein: Ich schaffe es nicht. Allein bin ich nicht in der Lage, mein Studium zu meistern. Das schädigt das Selbstbewusstsein auf Dauer. Die Folgen sind Minderwertigkeitskomplexe und Depressionen. Die Gefahr in eine Abwärtsspirale zu geraten ist groß. Oft sind psychische Abhängigkeiten die Folge. Wen die Prüfungsangst packt, sollte besonders selbstbewusst sein. Die Botschaft muss lauten: Ich schaffe das. Aus eigener Kraft. Indem ich früh mit der Prüfungsvorbereitung beginne. Indem ich mir rechtzeitig Hilfe durch Kommilitoninnen und Kommilitonen hole. Und, indem ich mir erlaube, mal eine Klausur zu vermasseln. Denn eine Prüfung kann ich wiederholen. Für einen gesunden Körper und eine stabile Psyche gibt es jedoch keinen Zweit- oder Drittversuch. 15

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KIOSK-KOSMOS Marlboro, Mango, Malzbier: Was sich anhört wie eine Auswahl von Lieblings-Genussmitteln, ist nur ein Bruchteil der Produkt-Palette, die Familie Eroglu in ihrem Kiosk verkauft. Hereinspaziert in die kleine Welt der Adlerstraße 59 im Dortmunder Unionviertel. TEXTLUKAS HEMELT & JULIAN HILGERS FOTOSLUKAS HEMELT & JULIAN HILGERS & ADLER 59

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uhammad Ali ballt die Fäuste. Siegessicher blickt er von der Wand im Hinterhof. Einige Anwohner sitzen auf Plastikstühlen vor ihren Garagen. Hinter den bemalten Toren verstecken sich ein Kühlschrank und ein Grill; Kisten, Kanister und Sperrgut. Die Leute trinken Bier, erzählen. Die meisten von ihnen sind Männer, einer trägt eine ausgewaschene Kappe, ein anderer einen Blaumann und Turnschuhe. Ein kleines Mädchen mit Rock rennt mit ihrem rosa Rucksack zwischen den Erwachsenen umher. Aus einem alten Radio läuft Musik. Dieser Hinterhof, er wirkt ein wenig wie eine eigene Welt. Gut 100 Meter dehnt er sich nach hinten aus. Street Art an den Mauern und Toren machen aus dem zunächst unscheinbaren und schäbigen Garagenrund eine Galerie urbaner Graffiti-Kunst. „Eigentlich ist hier immer etwas los“, erzählt ein Anwohner. Grund für den regen Besuch ist der Kiosk, an den sich der Hof anschließt: Der Kiosk Adler 59. Ein Familienbetrieb, der über die Jahre zu einer wahren Institution im Unionviertel geworden ist. Eine Mischung aus Trinkhalle, Tante-EmmaLaden und Event-Schuppen. Und ein kleines bisschen Heimat. Klein und unscheinbar liegt Adler 59


zwischen einer Hofeinfahrt und einem Hochhaus. Unter den Markisen hängt eine schwarz-gelbe Wimpelgirlande, neben der Eingangstür eine DHL-Fahne. Zwei große Fenster sollen Licht in den kleinen Kiosk und die Trinkhalle bringen. Viel kommt aber nicht mehr rein. Im rechten Schaufenster – Schilder über Schilder. Von einem großen QR-Code über Werbung für SIM-Karten bis hin zu Hinweisschildern für Eiswürfel, der Schreinerei im Hinterhof und der Suchanfragen von Kunden, etwa nach einer Armbanduhr. Das andere Fenster ist schlicht gehalten. Dort steht nur „Kiosk, Trinkhalle, Adler 59“ in roter und blauer Schrift.

ein Mann um die 50, Stammkunde, mit einem grauen Haarkranz. Mit einer Flasche Bier in der Hand lehnt er an einer Säule zwischen Bierkisten und Tütensuppen. Fast eine Stunde plauscht er mit Bilal und seiner Mutter Asiye oder beobachtet einfach den Kiosk-Trubel. „Asiye kocht manchmal Köfte, die sind echt gut“, lobt der Kunde. „90 Prozent der Leute sind Stammkunden, die kommen immer wieder“, sagt Bilal.

Eldorado der Produktvielfalt

Die Eroglus sind eine Kiosk-Familie

Die Eingangstür öffnet sich, ein älteres Ehepaar betritt den Laden. Die Frau blickt ein paar Sekunden suchend durch den Laden, dann fragt sie: „Habt ihr schon die ZehnKilo-Kartoffelsäcke, die man im Keller lagern kann?“ Bilal nickt.

Der Schritt durch die schmale, von Plakaten verklebte Metalltür führt hinein in die Welt von Familie Eroglu. Hinter dem Tresen, auf einer Kiste Bier, sitzt Bilal, das älteste der vier Eroglu-Kinder. Er wird verdeckt von Weingummi, Kaugummi und Schokoriegeln. Über seinem Kopf stapeln sich die Zigarettenschachteln. Bilal und seine Geschwister helfen gelegentlich im Kiosk ihrer Eltern aus. „Wer neben Schule oder Beruf mal Zeit hat, der springt für ein paar Stunden ein“, erklärt Bilal.

Selbstverständlich. Bei den Eroglus gibt es nicht nur die klassischen Kiosk-Waren. Auf den knapp zehn mal zehn Metern verkauft die Familie fast alles, was man zum Leben benötigt. In einer kleinen Auslage leuchtet frisches Obst und Gemüse, von Ananas bis Zucchini. Direkt daneben hängen an zwei Ständern massenweise Gummibärchen-Tüten. „Einige Leute fragen nach ganz bestimmten Sachen; manchmal gehen wir auch auf die Kunden zu und bieten ihnen die Ware an“, erläutert Bilal.

Der 26-Jährige macht eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker; eine Lehre im Einzelhandel hat er bereits abgeschlossen. Nach Feierabend kommt er meist noch für ein paar Stunden in den Kiosk. „Es macht mir Spaß, ich wohne seit 20 Jahren im Viertel. Nur eine Sache zu machen reicht mir nicht, ich tanze lieber auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig.“ Die Familie wohnt oben im Haus, unten ist das Geschäft. Von 7.30 bis 1 Uhr hat der Adler 59 momentan geöffnet. „Wenn ich um 2 Uhr an die Scheibe klopfe, ist meist auch noch jemand da“, sagt

Das Sortiment ist in den Jahren ziemlich umfangreich geworden. Gegenüber der Obstauslage finden sich Toast, Tütensuppe, Thymian. Die Regale an der Glasfront sind gespickt mit elektrischen Zahnbürsten, Bewegungsmeldern und Streusalz; darüber einige türkische Spezialitäten, Tüten und Konserven. Was nicht in den Kiosk passt, lagert die Familie in den Garagen und im Keller. „Wir haben gar keinen Platz, um alle Waren im Laden zu präsentieren“, erzählt Bilal. Ein kleiner Spielzeug-Truck steht im Regal neben Teelichtern und DVDs.


In zwei großen Kisten liegen Ladekabel für alle möglichen Geräte. Es wirkt, als verkaufe die Familie alles, was sie über die Jahre aufgetrieben hat – und es gibt keinen Artikel, den die Eroglus nicht mit einem kleinen Preisschild versehen haben. Vorbei an Kartoffelpüree für 1,99 Euro und Damendeo für 2,99 Euro gelangt man in die laute Ecke des Ladens. Ein ständiges Brummen ist zu hören. Tag ein, Tag aus beschallen die Kühlung der Frischeprodukte und die aktuellen Radiocharts den Laden. Hinter vergilbten Gummi-Vorhängen warten deutscher Käse, griechischer Tsatsiki, türkischer Ayran. Ein Kühlschrank weiter ist die übervolle Adler-Getränkeabteilung.

Anfangs war der Kiosk nur halb so groß wie heute. Über die Jahre haben Bilal und seine Familie immer mehr angesammelt. Die Produktvielfalt ist mittlerweile nicht nur im Unionviertel bekannt: 2015 wurde der Adler 59 bei der jährlichen Umfrage der Dortmunder Kronen-Brauerei zum besten Kiosk der Stadt gewählt. Bis dahin war es ein langer Weg. Gegründet wurde das Büdchen vor 14 Jahren. Die Familie wohnte zu der Zeit bereits in dem Haus in der Adlerstraße. Vater Hikmet hatte zuvor zehn Jahre im Einzelhandel gearbeitet. Das Ladenlokal unter ihnen sollte zu einem Kiosk werden. Ein wenig Weingummi und ein paar Getränke waren bereits geliefert

worden. Doch der Mieter sprang kurzfristig ab. Hikmet dachte: „Dann mach ich es halt.“ Der Adler 59 war geboren. Ob er sich halten würde? Hikmet wollte zunächst abwarten. Die Konkurrenz schien übermächtig: Wenige Meter weiter gab es eine Rewe-Filiale. „Der Einzelhandel ist verdammt schwierig, auch der Umgang untereinander ist aufgrund der Konkurrenzsituation manchmal nicht einfach“, sagt Bilal. Der Kiosk behauptete sich. Nach vier Jahren schloss der Rewe, die Nachfrage an Lebensmitteln bei den Eroglus stieg. Über Kunden lernte Bilal vor wenigen Jahren einen Autor kennen. „Wir alberten rum. Und schließlich fand in


unserem Kiosk eine kleine Lesung statt“, sagt Bilal. Der Adler 59 wurde zum Event-Schuppen. Das Büdchen nahm am „Tag der Trinkhallen“ im August dieses Jahres teil, einige kleine Konzerte und ein Hip-HopJam wurden zwischen Tütenpüree und der Bild-Zeitung aufgeführt. Vor allem an die Jam-Session erinnert sich Bilal gerne. „Die Leute kamen aus dem Sauerland, dem Süden, Berlin, Hamburg, überall her.“ Der Hinterhof wurde zur KonzertArena. Die Gäste mussten irgendwann von den umliegenden Garagen geholt werden, erzählt Bilal mit breitem Grinsen. „Die haben mit Flaschen auf dem Kopf getanzt.“ Ein Gast hört mit und

wirft ein: „Das ging hier ab wie Sau. Die haben alle richtig Stimmung gemacht.“ Inzwischen ist Bilal häufig damit beschäftigt im Kiosk, Veranstaltungen zu koordinieren, die Facebook-Seite zu verwalten und ab und zu Presseanfragen zu bearbeiten. Die Events sprechen sich rum. „Das meiste passiert durch Mundpropaganda“, sagt Bilal. Er hat immer wieder neue Ideen. Seine nächste: der „DJ im Kiosk“. Draußen will er Heizpilze aufstellen, innen soll das Weingummi-Regal zum DJ-Pult werden. „Die Leute können hier nach Feierabend vorbeikommen, auf dem Weg zur Party noch einen zischen oder einfach abhängen, Musik hören und neue Leute kennenlernen.“ Zwischen der Kasse

mit Lottoannahmestelle und gestapelten Getränkekisten geht es hinaus in den Hinterhof. Kein Garagentor, kein Ziegelstein gleicht dem anderen: Vom pinken Panther, Tiermotiven und Comicfiguren bis hin zu kaum entzifferbaren Inschriften und Gedenken an Verstorbene. „Das ist ein offenes Museum, eine StreetArt-Gallery“, sagt Bilal. Er selbst ist der Initiator. „Es war alles verunstaltet und beschmiert. Das mochte ich nicht mehr so sehen“, sagt Bilal. Er sprach einige Bekannte an und sorgte mit ihnen dafür, dass der triste Hinterhof lebendig wurde. Ein Spiegelbild des gesamten Viertels.


Flüchtlingsdr Beim Theaterprojekt „Say it loud“ dürfen die Darsteller schreien und fluchen. Sie haben Krieg und Unterdrückung erlebt – zuhause und auf der Flucht. Durch das Projekt arbeiten sie ihre Erlebnisse und die Schattenseiten der Zuwanderung auf. TEXTLara Wantia FotosBirgit Hupfeld & Dominik Reintjes


drama


„Der sieht aus wie ein Terrorist!

Er kann uns töten. Geh nicht zum ihm.“

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ohammed sitzt allein auf einem Stuhl in der Mitte des Raumes. Gefesselt, den Blick zu Boden gerichtet. Er sagt kein Wort. Arme und Beine sind mit grauem Klebeband zusammengebunden und am Stuhl befestigt. Weit weg von ihm unterhalten sich eine Frau und zwei Männer. Sie schreien sich beinahe an, diskutieren. Auf Arabisch, mit nur ein paar deutschen Sätzen oder Wörtern. Hektisch zeigen sie immer wieder zu Mohammed, sehen vorsichtig, beinahe ängstlich zu ihm hinüber. Aehm, einer der Männer, will immer wieder auf ihn zugehen. Doch Sülem, die Frau, hält ihn zurück. „Nein, ich habe Angst vor diesem Mann! Der sieht aus wie ein Terrorist! Er kann uns töten. Geh nicht zu ihm.“ Aehm reißt sich los, antwortet mit lauter Stimme, Deutsch und Arabisch vermischt: „Ich will erst verstehen, wer er ist und was er möchte. Er ist unser Bruder.“

Kurz ist es still, während die beiden sich schweigend anstarren. Dann dreht Aehm sich langsam um und geht auf Mohammed zu. Er geht vor ihm in die Knie und beginnt, leise mit ihm zu reden. Auf Arabisch fordert Aehm ihn auf, seine Geschichte zu erzählen. „Warum kann ich dir trauen?“, fragt er. Alle warten auf eine Reaktion. Die Anspannung ist greifbar. Dann schlägt Mohammed die Augen auf, hebt den Kopf und redet. Zuerst langsam und leise, dann wird er schneller, mutiger. In seiner Muttersprache erzählt und erzählt er. Plötzlich ist er fertig und es ist wieder still, noch stiller als vorher. Selbst wer kein Arabisch spricht, weiß Bescheid, was hier passiert. Was Mohammed, Sülem und Aehm hier spielen, ist eine Szene aus dem Fall von Jaber Albakr. Das ist das Ziel der zweiten Probenzeit vom Theaterprojekt „Say it loud“ im Kinder- und Jugendtheater 22

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Dortmund: Den Fall des Terrorverdächtigen aufarbeiten und auf die Bühne bringen. Albakr wurde im Oktober 2016 verdächtigt, Anschläge in Deutschland geplant zu haben. Syrer hielten ihn nach einem Fahndungsaufruf fest und übergaben ihn in Leipzig der Polizei.

„Ihr seid alle scheiße“ – Schimpfwörter als Hürde Die drei Jugendlichen sind als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Aehm ist seit über einem Jahr in NordrheinWestfalen, Sülem und Mohammed erst seit ein paar Monaten. Auch die anderen Darsteller sind geflüchtet, allein, ohne Familie und Freunde. Sie kommen aus Balkanländern und dem arabischen Raum und leben jetzt in Dortmund. Die meisten sprechen wenig bis gar kein Deutsch. Auch Theatererfahrung haben


„Ich will erst verstehen, wer er ist und was er möchte. Er ist unser Bruder.“

die wenigsten. Deswegen gibt es am Anfang der Proben noch ein paar AufwärmÜbungen. Bei den Übungen stehen sich die Schauspieler in zwei Gruppen im Probenraum gegenüber. Regisseur Andreas Wrosch fordert sie auf: „Einer von euch geht jetzt nach vorne und sagt ganz laut ein Schimpfwort.“ Die Übung soll ihnen helfen, eine Rolle einzunehmen. Die Jugendlichen sind irritiert über diese Aufgabe und bleiben in ihren Reihen stehen. Gegenseitig sehen sie sich an, warten darauf, dass einer der anderen endlich geht. „Was ist denn los? Traut ihr euch nicht?“, fragt Wrosch. „Komm, Sami, du kannst das doch“, sagt er und schiebt den Jungen ein Stück in die Mitte. Verloren steht er für einen Moment da, umklammert seine Hände, wippt mit den Füßen auf und ab. Dann macht er einen Schritt auf die andere Gruppe zu: „Du Arschloch!“ „Sehr

gut“, lobt Wrosch. Jetzt ist der Nächste dran. Diesmal muss die andere Gruppe das Schimpfwort so laut wie möglich zurückrufen. Sülem soll weitermachen. Auch sie traut sich nicht wirklich. Sie steht zwar schon in der Mitte des Raumes, lacht aber immer wieder unsicher. „Ich kann kein Schimpfwort“, murmelt sie in sich hinein. Dann überwindet sie sich: „Ihr seid alle scheiße.“ Die andere Gruppe erwidert die Beleidigung laut, dann geht es weiter. Ein Darsteller nach dem anderen.

Traumata auf der Bühne verarbeiten Nun soll Mohammed ein Schimpfwort sagen. Die Aufgabe fällt ihm sichtlich schwer. Keine Reaktion. Leise sagt er: „Ich kann es nicht. Ich kann es nicht, weil ich Respekt habe.“ Wrosch setzt erneut an: „Komm schon, Moham23

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med. Was machst du denn, wenn dich jemand beleidigt? Du darfst ruhig zurück beleidigen.“„Dann mache ich so etwas“, entgegnet er plötzlich laut, zieht den Gürtel aus der Hose und deutet an, damit zu schlagen. „Nein, nein, das machst du hier nicht“, entgegnet Wrosch, geht schnell auf ihn zu und nimmt ihm den Gürtel ab. Dann geht er zurück und erklärt: „Zuhause bekomme ich gespiegelt, wer ich bin. Hier können wir auch jemand anders sein. Ich würde ja nie auf der Straße zu dir sagen: ,Du Arschloch’. Aber hier kann ich das. Dann erzählt ihr eine Geschichte für den Zuschauer. Aber jetzt machen wir erstmal Pause. Zwei Minuten, aber keine arabischen zwei. Dann wäre es eine halbe Stunde“, sagt der Regisseur und lacht. In der Pause sitzen die Darsteller in kleinen Gruppen auf dem Boden, reden und lachen. Und das, obwohl sich viele


bisher kaum kennen. Zwischendurch singt jemand in seiner Muttersprache. Auf den ersten Blick nichts Besonderes – dabei haben alle in ihrer Heimat und auf der Flucht Schlimmes erlebt. Das ist auch häufig Thema der Proben, neben dem Inhalt des Theaterstücks, das sie planen. „Das hier ist nicht nur Theaterarbeit, sondern auch sehr viel Sozialarbeit. Wir müssen hier die Katastrophen aufarbeiten, die da passiert sind. Wenn das Handy aus ist und die keine Verbindung in ihre Heimat und zu ihren Familien haben, dann werden die ganz nervös“, sagt Wrosch. Werde in Syrien ein Haus zerbombt, sei ein Bild davon fünf Minuten später auf dem Handy. Elf von Mohammeds Freunden seien gestorben. „Das erfahren sie alles über diesen Weg“, erzählt der Regisseur, während er auf einem Tisch sitzt und mit seiner Mütze spielt. Dadurch verändere sich auch seine Sicht auf die Reaktion vieler Deutscher. „Die Gleichgültigkeit empört mich. Ich werde dadurch selbst zum Betroffenen.“

Backpfeifen verteilen – aber nur angedeutet Wrosch hat sich in der ersten Probenzeit des Projektes vor einem Jahr dafür entschieden, die persönlichen Geschichten der Schauspieler aufzuarbeiten und darzustellen. Geschichten von der alten Heimat, von Krieg, Flucht und dem Leben in Deutschland. Etwa die von Mohammed, der auf seiner Flucht am Checkpoint verprügelt wurde. Oder die von Iman, die in der Schule geschlagen und von Fremden unterdrückt wurde. Wrosch hat einige der Darsteller über eine Unterkunft in Dortmund kennengelernt, in der sie untergebracht sind. Sie haben dann Freunde zu den Proben mitgebracht. Eine Theaterpädagogin hilft ihnen bei dem Projekt. „Im ersten Teil hat jeder seine Geschichte erzählt und sich selbst gespielt“, sagt Wrosch. Dann hebt er den Kopf und spricht die Flüchtlinge direkt an: „Da wart ihr alle noch ihr selbst. Es ging vor allem um zwei Themen: Wir sind hier angekommen und wie geht es uns hier? Davon wollen wir jetzt wegkommen, eine Rolle spielen, eine Geschichte erzählen. Wenn wir jetzt weiter proben, denkt also

daran: Im Moment seid ihr Charaktere. Ihr seid anders, als ihr selbst seid. Also, weiter geht’s?“ Einer der Darsteller antwortet leise: „Ja, aber nicht mehr scheiße sagen bitte“, und lächelt dann. „Okay, neue Aufgabe“, beginnt der Regisseur, steht auf und geht in die Mitte. Die Darsteller stehen im Kreis um ihn herum. „Ihr bildet Paare. Einer geht zu dem anderen und sagt ‚Danke‘, und der andere will es nicht. Okay? Dann los.“ Die Schauspieler werden mutiger, selbstbewusster. Das „Danke“ hallt wie ein Echo durch den Raum. Irgendwann beginnt der Gegenüber, sich zu wehren, er will das „Danke“ nicht annehmen. Auch bei dieser Übung geht es darum, dass die Flüchtlinge lernen, eine Rolle zu spielen. Eine Rolle, deren Verhalten ihnen fremd ist. „Sehr gut“, unterbricht Wrosch nach ein paar Minuten. „Jetzt entschuldigt sich einer beim anderen und will ihn umarmen. Der Partner will das nicht, aber es ist sehr wichtig, dass ihr das trotzdem schafft!“, ruft er durch den Probenraum. Also geht wieder der Eine mit ausgebreiteten Armen auf seinen Partner zu. Der Gegenüber geht sofort auf Abstand, sträubt sich. Wieder unterbricht Wrosch nach einiger Zeit. „Jetzt tut ihr so, als würdet ihr euren Partner ohrfeigen. Nur so tun, keine Angst“, sagt er und macht eine kurze Pause. Dann sagt er noch: „Derjenige, der geohrfeigt wurde, entschuldigt sich. Am Ende treffen sich beide in der Mitte.“ Die Gruppe reagiert zuerst verständnislos: „Bitte? Warum sollen wir uns dann entschuldigen? Wir haben nichts gemacht!“ Dann setzen sie die Aufgabe trotzdem um, und scheinen dabei schon viel sicherer als bei der ersten Übung.

Durch Proben entsteht Gemeinschaft Am Ende ruft Wrosch alle zum Abschlusskreis in die Mitte. „Wer von euch etwas sagen möchte, kann das machen. Wie ihr die Proben bis jetzt fandet und was gut daran war“, sagt er. Erst traut sich keiner, dann beginnt Sülem. „Es gibt Leute, die sind ganz neu. Wir sprechen 24

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verschiedene Sprachen, wir kennen uns nicht, aber wir arbeiten zusammen. Wir machen Fehler, wir lernen zusammen aus unseren Fehlern.“ Wrosch ergänzt: „Wir sind ganz unterschiedlich, aus verschiedenen Ländern. Vielleicht macht der eine was und denkt sich nichts dabei und der andere findet es schlimm. Aber wir können uns in den Arm nehmen, obwohl wir uns gar nicht kennen. In dieser Gruppe sollen wir uns das erlauben, dass wir gemeinsam lachen, weinen, schreien und danach gehen wir raus und es weiß keiner. Das ist unser privater Raum.“ Das scheinen auch die Darsteller verstanden zu haben, als Aehm sagt: „Wenn wir draußen Probleme haben, hier haben wir kein Problem. Hier sind wir eine Gruppe und lösen es zusammen.“

zum Projekt Das Projekt „Say it loud“ gibt es seit August 2015. Ein Stück hat die Gruppe bereits aufgeführt. Im Juni feierte „Stories from the brave new world“ Premiere. Darin erzählten die Darsteller die Geschichte ihrer Flucht. Die Resonanz bei der Premiere war gut. Auch die folgenden Vorstellungen waren ausverkauft. 2017 soll es erneut fünf bis sechs Aufführungen geben. Themen sollen der Fall „Jaber Albakr“ und die Eingliederung in die deutsche Gesellschaft sein. Regisseur Andreas Wrosch entwickelt die Themen auf Grundlage von Interviews mit den Darstellern. Die Stücke von „Say it loud“ haben einen festen Platz im Spielplan des Dortmunder Kinder- und Jugendtheaters (KJT). Regisseur Andreas Wrosch und Andreas Gruhn, Leiter des Theaters, haben das Projekt initiiert. Über das KJT läuft auch die Finanzierung. Weitere Informationen gibt es auf: www.theaterdo.de.


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Angeschrieben In jedem Heft schreiben wir einem Prominenten einen Brief – weil manche Sachen eben einfach gesagt werden müssen. Dieses Mal: ein Lob an Gregor Gysi. Autor Janis Beenen plädiert für mehr politisches Engagement. TEXTJanis Beenen FotoMarkus Bergmann

nuten wei Mi y napp z K ut a . e n B e ihrem etroff Tube g und Bibi in ge Leu u n o u Y J f . t au l s e i n e t h A i t c S ü o . L t h er abe ic dy“ von den h aufg hre Botschaf rzem h en mic vor Ku en der „Come e Worte hab n, lautete I h faul. hr sc ch de – zwis Herr Gysi, I lischer wer enden politi r el . e b e i e c d r a u l t r a S P e ede r ien di sen wi ind wi te müs ersitäten se asse s gaM r e v d i den Un ht. In litisches En een Rec g ie hab jegliches po lheit aufge e S ? i s ouTub err Gy isten, die eregei Y H i r f , r u s a a a K Sie w idual flügen ichen d Wissen en von Indiv r unerträgl i meinen Aus lzu oft sin e l f e n a u b de i a n e r H h e e c h n b ein ste de i eisc i. A zu Gun en wür der kr rr Gys gement n. Am liebst treffen, He o Lochmann o ät. e be ik Realit ben ha Leute wie Si oman und He in der R e r i r e w e g d fi s häu alle Gebrü ibi – h die n es doc n wie Frau B n Roma esagte l, die e b h c n d e n d o Bl n Zie spiel um Bei it dem klare lichkeiten uch. Z m a ön s d n r n e e u mit p P xiert ndern che Ty lcher es sol h, karrierefi Existenz so sprungen, so ndesmit b i g Da isc ent Die s Bu egoist feln. vey de ntasie ng Lochi: hle zu schef ynischen Fa dierendensur ne Vermessu z i o u e K t der r S e i e t n s k m n i a c e e e u i d z q d 29 Pro ive für t bloß n. Etwa mit s ist h a d c D n i u n . r 4 ist 201 Mot ege aben zu bel ng aus Dort g ei. Auch die guter Zahlen ms für Bildu n Daseins. t ein s s i g i n t e h e d u c h n i i genen c e r w i s r e n e i e t u t i s r n ni stude n Stud wicklung de olitik e P n l e e s h i s c V . a i r jegl ande an, d e Ent eilt. Mitein als di r vert renden Studie ium sind kla n wichtiger ein besseres me ud r ein St hohem Einkom gagement fü En t Job mi chkeit oder belieb t : ein li e n or c ö p a s S l r a e , P Musik auty-P s dem Be iert. Mode, ik. Da t s i u l a o P i t b s n d i l e r B a i a r h t r shiono hr wichtige d Bern ype is ath un tik wird dere T tyle- und fa i r n k a e I i e w p n p Ei ten oli fes ili en Leu go“. P rl, li her Ph ung tes Gi en sind jung Jugendforsc Generation E bensgestalt e i „ r L d t u e g n e r g o i und Me en die Wiene ntersuchung das v die e U s g n l i a ozent r A t r e ä r P r . t a h t bes r in i enn es spürb mesterticke plötzlich 27 ttlere i a m l Heinz ts. Mi ant, w l ist das Se nd, gingen rlamen teress a s nur in stes Beispie chaffung st udierendenpa izierte Hau s Be kompl es St ozent. d r der Ab d P n geht. l r u h n o a h v e zur W Jahr rräum ter ze einem m Lage renden eit un Studie ort wieder u ung liegt w U T r de lig s d geht e ie Wahlbetei r Leweile preche . D n e g a r chtens tiert. Es i r h c a haltsf bby-N g. orien der Ho ösungs ik langweili ne ist er niemals l t o i . t l d i o i l P o i e LeFl gskomm mpulsiv, ab renden ieblin Studie ng. Genau wi ndesminisMein L nformiert, i änden alle u Bu n i t e u M a f i ne Empöitik l Floid: icht so, als h, haben ei ie Pol t daraus nur d c n t i n s a n e h ein n h n c e e i r t e s e s ist j t i t ngseli er meist en rgerte inform u ä d e l h h i c c B i n l Ma Ab der ürz chtig. ertel iel: K Ein Vi ogar sehr wi gutes Beisp s n terium e Ertrag. Ei hn rung o , r Gysi er Her

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Hochachtungs

D Pl r. 11 at Gr 01 z eg 1 de or Be r rl Re Gys in pu i bl i

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Janis Beenen

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LEBEN OHNE MÜLL

DAS ZERO

WASTE

PRINZIP

Jedes Jahr wird tonnenweise Müll produziert. Bloggerin Shia Su braucht gar keine Tonne. Ihr Restmüll passt in ein Einweckglas. Und im Unverpackt-Laden „Tante Olga“ gibt es Stoff und Glas statt Plastik und Alufolie. Beide verbindet ein Ziel: „Zero Waste“. TEXTSTELLA BRAUN & BODO HEMPEL FOTOSTANTE OLGA & WASTELAND REBEL

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ür Verpackungen, Reste oder Kaputtes haben die meisten Menschen keine Verwendung mehr. Das landet dann im Haushaltsmüll. Rund 462 Kilogramm davon produziert jeder Deutsche im Durchschnitt pro Jahr. Das zeigt eine Erhebung des Statistischen Bundesamtes von 2014. Bei Shia Su (33) aus Bochum sieht das anders aus. Sie und ihr Mann Hanno (34) füllen jährlich nur ein 750ml-Einmachglas mit Plastik- und Restmüll. Wie ist das möglich? Beide leben seit circa zwei Jahren nach dem Zero-WastePrinzip. „Zero“ sei allerdings nicht wörtlich zu nehmen, erklärt Shia. Es gehe vielmehr darum, seinen Müll auf ein Minimum zu reduzieren. Darüber schreibt Shia auf ihrem Blog „Wasteland Rebel“. Dazu inspiriert wurden Shia und Hanno 2014 durch einen Beitrag des US-amerikanischen Fernsehsenders NBC über die Familie Johnson. Der Müll der vierköpfigen Familie passt in ein Einmachglas mit 1,5 Liter Füllmenge. Shia und Hanno testeten das Konzept – und waren überrascht, dass am Ende tatsächlich so wenig Müll übrigblieb. „Wir haben gedacht, Zero-Waste wird bei uns nicht klappen. Aber es war dann nicht so schwierig, wie wir dachten“, sagt Shia.

wickeln. Trockenwaren wie Nudeln, Reis oder Linsen, Kräuter und Gewürze kaufen sie auf Vorrat ein, unter anderem in Unverpackt-Läden. Die bieten die Waren ohne Verpackung an. Die Spontaneität gehe trotzdem nicht verloren, sagt Shia, denn Obst und Gemüse bekomme man fast überall auch unverpackt. Beide leben vegan – lehnen tierische Produkte also kategorisch ab. Aber auch wer gerne Fleisch isst und ein Glas Milch trinkt, muss auf Zero-Waste-Prinzipien nicht verzichten. Insbesondere kleine Metzgereien oder Bioläden füllen das Fleisch häufig auch in mitgebrachte Dosen. Für andere Waren wie Milch, Butter oder Frischkäse kann man wiederverwendbare Glasbehälter benutzen. In großen Supermarktketten sei das allerdings schwieriger. Hier liegen oft so komplexe Unternehmensstrukturen vor, dass selbst der Filialleiter nicht einfach entscheiden kann, ob die Waren in Fremdbehältnisse gefüllt werden dürfen, erklärt Shia.

Alltagssituationen mit Zero-Waste meistern

Schritt für Schritt näherten sich die beiden dem Ziel, so wenig Müll zu hinterlassen wie möglich, sagt Shia. In ihrem Einmachglas sammeln sie den Müll, der nicht gut recycelt werden kann, zum Beispiel die Aufkleber auf Obst und Gemüse. Denn die bestehen einerseits aus Papier, andererseits aus Kleber – Bestandteile, die nicht ohne weiteres voneinander getrennt werden können. Andere Müllsorten wie Papier, Glas, Metall und Bioabfälle trennen die beiden sorgfältig. „So können wir ziemlich sicher davon ausgehen, dass sie recycelt werden“, sagt Shia.

Müll entsteht nicht nur durch verpackte Lebensmittel. Auch für die vielen anderen Situationen hat Shia Lösungen gefunden. Ihre Zähne putzt sie nicht mehr mit der elektrischen Zahnbürste, sondern mit einer kompostierbaren Bambuszahnbürste aus dem Bioladen. Zahnpasta ersetzt sie zunehmend durch Zahnpulver, das aus pulverisiertem Natron besteht und das es in bestimmten Läden ebenfalls unverpackt zu kaufen gibt. Das schäumt nicht und salzig schmeckt es auch, aber man gewöhne sich mit der Zeit daran, schreibt Shia auf ihrem Blog „Wasteland Rebel“. Auch Shampoo- und DuschgelFlaschen gibt es im Bad von Shia und Hanno nicht mehr. Shia wäscht sich ihre Haare mit einer Mischung aus Wasser und Roggenmehl und ihre Haut nur mit Olivenölseife. Statt jeden Tag Wattepads wegzuschmeißen, verwendet Shia waschbare Pads und auf Wattestäbchen verzichtet sie komplett.

Durch viele kleine Umstellungen im Alltag haben Shia und Hanno ihren Müll spürbar reduziert. Statt spontan für den Abend einzukaufen, heißt es bei den beiden nun: neue Einkaufsroutinen ent-

Wie reagiert das Umfeld, wenn man seinen Lebensstil auf Müllvermeidung ausrichtet? „Natürlich waren einige Leute etwas verwundert“, sagt Shia. Vor allem am Anfang waren Freunde und Familie

Trockenwaren auf Vorrat einkaufen

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Shia Su bloggt über ihr Leben ohne Müll. Im Juni 2016 erschien ihr Buch dazu: Zero Waste – Weniger Müll ist das neue Grün. Shia will ihren ökologischen Fußabdruck reduzieren. Ihr Lebensstil habe nichts mit Verzicht zu tun. Im Gegenteil, er mache das Leben viel angenehmer.

skeptisch – das hat sich jedoch schnell gelegt. Mittlerweile wird die Zero-WasteLebensweise respektiert. Auch Shias Mutter fand es zu Beginn übertrieben, wenn ihre Tochter Plastiktüten an der Kasse im Supermarkt energisch ablehnte und ihren eigenen Beutel hervorzog. Heute verwendet auch sie immer wieder die gleiche Tüte – auch wenn die aus Plastik ist. „Ich erwarte nicht, dass jeder so lebt wie wir. Ich muss ja auch nicht durch den Supermarkt laufen und mich die ganze Zeit über die Verpackungen aufregen. Und wenn ich mich mit Freunden treffe, will ich auch einfach Spaß haben“, sagt Shia.

Würmer dürfen in der Küche leben Seltsam finden viele die Wurmkiste. In dieser recyceln kleine Würmer die Bioabfälle von Shia und Hanno. Das Resultat ist dann Wurmhumus, mit dem man Pflanzen düngen kann. Shia fand die Vorstellung zu Beginn abstoßend und auch Hanno wollte die Kiste schnell auf den Balkon verbannen. Das Paar hat sich an seine kleinen Mitbewohner gewöhnt, die jetzt sogar in der Küche leben dürfen. „Kinder finden die Kiste total toll“ sagt


750ml Müll produzieren Bloggerin Shia Su und ihr Mann im Jahr – nur ein Einweckglas voll.

Shia. Es kam auch schon öfter vor, dass sich Gäste ausversehen auf die Kiste gesetzt haben ohne zu merken, dass sie auf dem Dach einer kleinen RecyclingAnlage sitzen. Schlecht riecht diese nämlich nicht, sagt Shia.

Einkaufen wie zu Zeiten von Tante Emma Ortswechsel nach Köln-Sülz; ein gut situiertes Viertel, in dem junge Familien mit Kindern leben. Auf gesunde Ernährung legen sie großen Wert. Um nachhaltig einzukaufen, sind sie bisher in Biosupermärkte gegangen. Seit November gibt es für umweltbewusste Käufer eine neue Lokalität: „Tante Olga“ ist der Unverpackt-Laden von Olga (32) und Gregor Witt (43). Betritt man den kleinen Eckladen, fühlt man sich wie zu Tante Emmas Zeiten. Auf selbstgezimmerten Holzregalen stehen handbeschriftete Krüge oder Gläser. Schon der jeweilige Duft verrät die Inhal-

te: Gewürze, Backzutaten oder Schokolade. Eine Wand ist belegt mit Spendern, aus denen die Kunden trockene Hülsenfrüchte, Nudeln oder Getreidekörner zapfen können. Ein anderes Regal zeigt Haushaltswaren, alternative Kosmetikprodukte und Büromaterial. Eine Kundin füllt Zahnputztabletten in ein eigenes Glas um. Sie riechen nach Minzbonbons. Sogar Coffee-to-go bereitet Gregor auf Wunsch zu. Den Becher dafür bringen die Kunden einfach mit. Alles, was angeboten wird, ist nicht nur nach ökologischen und fairen Standards produziert, sondern ausschließlich verpackungsfrei zu kaufen. Um nicht die Müllproduktion in den Laden zu verlagern, kommen die Lieferungen vom Großhändler in Pappsäcken oder Kartons. Einzeln ist nach Möglichkeit nichts verpackt. Recycelbares Papier ist für alle Zulieferer Pflicht. Gregor erklärt unerfahrenen Kunden gerne, wie verpackungsloses Einkaufen funktioniert. Für Reis oder Nudeln eignen sich Stoffbeutel, deren Inhalt 30

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man zu Hause in Vorratsgläser umfüllen kann. Selbst Plastiktüten sind für ihn kein Problem; schließlich kann man auch die wiederverwenden. Für Gewürze empfiehlt Gregor, eigene Gewürzdosen mitzubringen. Schokolade, Süßigkeiten und alles Klebrige füllt man am besten in Edelstahl- oder Tupperdosen. Die Gefäße sollten vorher gewogen und entsprechend beschriftet werden. Im Laden steht dazu eine Waage bereit.

Verpackungen gibt es hier nicht Bei „Tante Olga“ gehören auch Einmachgläser, Stoffbeutel und Dosen zum Sortiment. Wer mit leeren Händen kommt, kann sich eine Zero-Waste-Grundausrüstung zulegen und diese gleich befüllen. An der Kasse wird das Nettogewicht ermittelt und exakt die Menge an Waren bezahlt, die man kauft und – viel wichtiger – tatsächlich braucht. Kassenzettel gibt es nur auf ausdrücklichen Wunsch. Die werden nämlich auf Thermotransfer-


Olga und Gregor Witt mit ihrer Mitarbeiterin Dinah Stark (links). Im November haben sie ihren Laden eröffnet.

papier gedruckt und sind nach ZeroWaste-Maßstäben Sondermüll. Für Unverpacktes zahlt man nicht unbedingt mehr, denn die Preise orientieren sich an denen der Biosupermärkte. Lässt man sich auf Zero Waste ein, spart man schon, indem man seinen Alltag müllfrei gestaltet. Bei „Tante Olga“ findet man dazu Hilfreiches wie BleistiftstummelVerlängerer, hölzerne Bierdeckel und Trinkhalmbürsten. Mit letzteren reinigt man wiederverwendbare Strohhalme. Ein einziges Stofftaschentuch kann außerdem hunderte aus Papier ersetzen. Natronpulver dient als Grundlage vieler Reinigungsmittel, die man selbst herstellen kann. Ohrschlingen aus Edelstahl reinigen Ohren und schonen dabei Gehörgang und Umwelt mehr als Einweg-Wattestäbchen. „Geh mal durch die Drogerie, was du da alles kaufen kannst. Das brauchst du alles überhaupt nicht“, sagt Gregor. Unterm Strich gibt man nach Gregors Erfahrung nicht mehr aus, wenn man bewusst einkauft und auf sinnvolle Produkte setzt.

Nur wiederverwendbar sollten sie sein. Nachmittags betreten immer mehr Kunden das Geschäft. Gregor verabschiedet sich, Olga erscheint im Laden. Mit dabei ist der Nachwuchs. Ob Müll für ihn eines Tages ein Fremdwort sein wird?

Das Angebot bei Tante Olga soll noch wachsen Im Non-Food-Bereich ist die Nachfrage besonders hoch. Bei Lebensmitteln beschränkt sich die Auswahl bei „Tante Olga“ zunächst auf Waren, die es unverpackt nirgends sonst in Köln zu kaufen gibt. Frische Molkereiprodukte könnten aber in Zukunft von einem regionalen Hof aus dem Siegerland kommen. Auch selbst gepresste Öle möchte Gregor gerne anbieten, doch es fehlt noch ein Pfandsystem. Das Angebot wird also wachsen. Dass immer mehr Läden eröffnen, in denen unverpackt eingekauft werden kann, findet Shia toll. Das helfe natürlich erheblich dabei, das Zero-Waste-Prinzip 31

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umzusetzen. Ob etwas fehlt, wenn man nach dem Zero-Waste-Prinzip lebt? „Ich vermisse nichts“, sagt Shia. Müll hätte schließlich nie zu ihrer Lebensqualität beigetragen. „Alles was ich gerne mache, kann ich immer noch machen“, sagt Shia – nur hinterlässt sie hierbei einfach weniger Müll.

Zero Waste umsetzen Auch im Ruhrgebiet könnt ihr verpackungsfrei einkaufen – etwa beim „Veggihaus“ in Bochum, bei „Veganz“ in Essen, oder „Tante Trine“ in Recklinghausen. Anfang 2017 eröffnen neun Studenten in Witten ihre „Füllbar“. Shias Blog ist unter wastelandrebel.com zu finden. Olga bloggt unter zerowastelifestyle.de. Die Experten haben Tipps zusammengestellt, die einfach und schnell umzusetzen sind. Ihr findet sie auf: pflichtlektuere.com/wie-gedruckt


POST VOM SCHWERVERBRECHER Brieffreundschaften mit Häftlingen in den USA: Mehrere deutsche Organisationen vermitteln Adressen für solche Kontakte. Drei Frauen haben der pflichtlektüre erzählt, warum sie den Verurteilten schreiben und um was es in ihren Briefen geht. TEXTHANNAH STEINHARTER FOTOSMARKUS BERGMANN & FOTO SCHUPPELIUS

Kontaktanzeigen aus dem Knast Name: Nick | Alter: 28 | Straftat: Doppelmord | Gefängnis: seit 2012 | Urteil: Todesstrafe

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anessa Kietzmann (24) klickt sich online durch ein paar Anzeigen. Als Bundesstaat wählt sie Texas aus. Es gibt eine Handvoll Angebote. Manche findet sie interessant, bei anderen blättert sie direkt weiter. Vanessa liest Kontaktanzeigen. Häftlinge aus dem Todestrakt stellen sich auf der Webseite von „Initiative gegen die Todesstrafe e.V.“ vor – und suchen Brieffreunde. Vanessa hat das Verzeichnis im März 2014 entdeckt.

„Ich bezeichne ihn ungern als Brieffreund“ „Die Webseite hat ein bisschen an einen Katalog erinnert. Ich konnte die Kontaktanzeigen der Häftlinge anklicken und dann eine kleine Biografie über sie lesen“, sagt die 24-Jährige. Vanessa entscheidet sich für Nick*, der in einem texanischen Gefängnis im Todestrakt sitzt. „Ich habe mir die Anzeigen angeschaut und um die Kontaktdaten der Leute gebeten, die mir sympathisch waren.“ Mittlerweile schreibt sie Nick seit mehr als zwei Jahren. An ihren ersten Brief kann sie sich noch genau erinnern: „Es war tatsächlich ein bisschen so, als würde ich einen BiografieBogen ausfüllen. Man kennt denjenigen ja überhaupt nicht und schreibt deswegen ganz banale Sachen.“ Sie schreibt, dass sie soziale Arbeit studiert und was sie gerne in ihrer Freizeit macht. Nick antwortet – und der regelmäßige Briefkontakt beginnt. Inzwischen stehen sich die beiden sehr nahe. „Er ist ein sehr guter Freund geworden. Ich bezeichne ihn ungern als

Brieffreund, das klingt so distanziert und abwertend. Er ist einer meiner besten Freunde.“ Vanessa und Nick schreiben in ihren Briefen über ihren Alltag, reden über Probleme und erzählen von ihren Familien. „Er kennt meine Familien- und Freundesstrukturen. Ich weiß, was ihm so durch den Kopf geht.“ Doch ein Thema erwähnen sie nicht oft: Was hat er verbrochen? Weswegen sitzt er im Gefängnis? „Ich mag die Frage, ehrlich gesagt, gar nicht“, erklärt Vanessa. „Das wirkt so abstempelnd.“ Deswegen habe sie gewartet, bis Nick das Thema ansprach. „Er hat mir seine Sicht der Dinge geschildert und ich habe ihm quasi meine Ansichten gesagt.“ Nick sitzt wegen Doppelmords im Gefängnis. 2012 wurde er zum Tode verurteilt. „Das steht aber nicht im Mittelpunkt. Ich würde ihn nie dazu ausfragen.“

Briefe als Zeichen gegen das Todesurteil Vanessa beschäftigte sich allerdings schon vorher damit. Sie fragte sich, ob sie damit umgehen könne. „Ich habe die Frage für mich mit ja beantwortet. Es macht für mich keinen Unterschied, ob er schuldig oder unschuldig ist.“ Einige Menschen in ihrem Umfeld sehen die Brieffreundschaft

allerdings genau deshalb kritisch. „Sie haben Angst, dass ich ausgenutzt werde oder sorgen sich um mich. Einige finden auch, dass man sich durch gewisse Straftaten jedes Recht auf ein Mitgefühl verspielt hat.“ Vanessa kann das nicht verstehen. „Er ist immer ein Musterbeispiel von einem Freund. Ich hatte nie Angst dass mir durch den Briefkontakt etwas passieren könnte.“ Sie möchte Nick mit ihren Briefen Sicherheit geben und ihm zeigen, dass nicht alle ihm das Urteil wünschen, das ihn womöglich erwartet.

* Vollständiger Name der Redaktion bekannt



Durch Gerichtsakten zum Briefkontakt Name: Gary | Alter: 66 | Straftat: Vergewaltigung | Gefängnis: seit 36 Jahren | Urteil: lebenslänglich

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uch Eva Maria Hölscher (56) schreibt Briefe ins Gefängnis. Ihre Post geht nach Iowa, in ein Hochsicherheitsgefängnis im Mittleren Westen der USA. Eva hat ihren Brieffreund Gary* eher durch Zufall gefunden. Anfang 2015 sucht sie im Internet nach Rechtsvorschriften des „Native American Law“, der Gesetze der Nordamerikanischen Indianer. Sie kann durch ihr früheres Jurastudium über eine Datenbank auf Rechtstexte und Gerichtsprotokolle zugreifen.

Garys Anklage wäre in Deutschland unmöglich Bei dieser Recherche entdeckt sie Garys Akte. Ihm wird vorgeworfen, 1980 eine Frau vergewaltigt zu haben. Dafür wurde der damals 30-Jährige zu lebenslänglich verurteilt. „Mir fiel zuerst seine Klage in die Hände. Er wollte an den spirituellen Zeremonien im Gefängnis teilnehmen. Weil er aber kein eingeschriebener Stammesbürger, sondern ein Halbblut-Indianer ist, wurde er ausgeschlossen. Dagegen hat er geklagt.“ Sie fand Gary als Person interessant und recherchierte weiter. Sie

las sich die Gerichtsprotokolle zu seiner Verurteilung durch und war entsetzt. „Nach unserem Rechtsempfinden wäre es überhaupt nicht möglich gewesen, ihn anzuklagen, geschweige denn zu verurteilen. Und dann noch mit einem Strafmaß von lebenslänglich ohne Bewährung. Das fand ich unmöglich und ließ mir keine Ruhe.“ Sie schlägt im Register der Gefängnisse nach, macht Gary ausfindig und schreibt ihren ersten Brief. Das war im April 2015. In den Briefen dreht sich vieles um seinen Fall. Nach der Lektüre seiner Akten hält Eva Gary für unschuldig: „Sein Fall ist kompliziert, meiner Ansicht nach wurden damals zwei Fälle, einer davon eine Vergewaltigung, miteinander verknüpft. Die Polizei hat im Laufe der Ermittlungen die Beschreibungen des vermeintlichen Opfers auf Gary gemünzt.“ Gary steht ihrer Meinung nach für all diejenigen, die in einer Rechtslücke sitzen.

Hilfe von möglichst vielen Seiten Aus Deutschland kämpft sie um Garys Rechte. Trotzdem muss sie aufpassen, was sie ihm über ihre Bemühungen berichtet. 34

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In die Briefe darf nichts rein, was gegen die Vorschriften des Gefängnisses verstößt, etwa Fotos, Ausdrucke von Internetseiten. Auch buntes Briefpapier darf Eva nicht benutzen. „Mittlerweile schaffe ich es aber, hin und wieder Texte aus dem Internet rüberzuschicken, um ihm Informationen zu geben. Ich lege dann eine handschriftliche Bitte bei und hoffe, dass mein Brief weitergeleitet wird.“ Sie hat immer im Hinterkopf, dass ein Brief von vielen Leuten gelesen wird, bevor er bei Gary in der Zelle ankommt.

Eva möchte für Gary eine Petition starten Eva weiß, dass Gary im Moment wenig Chancen hat: „Was bleibt, ist ein Antrag auf Begnadigung.“ Trotzdem wird sie nicht aufgeben und weiter für ihn kämpfen. Sie will eine Petition starten und an die Politiker in Iowa schicken. „Ich habe vor, ihnen Garys Fall zu schildern und das Unrecht seiner Verurteilung deutlich zu machen!“ Zusätzlich möchte Eva Geld sammeln, damit Gary sich anwaltliche Hilfe holen kann. „Die benötigt er, um beim Gouverneur ein Gnadengesuch zu stellen.“


Freundschaft, die unter die Haut geht Name: Joe | Alter: 39 | Straftat: dreifacher Mord | Gefängnis: 13 Jahre (2001 – 2014) Urteil: Todesstrafe | Hinrichtung: April 2014

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ulia Peters (34) schreibt derzeit nicht in den Todestrakt. Ihr Brieffreund Joe* wurde 2014 hingerichtet. Julia erfuhr als Teenager 1999 von der Hinrichtung der LaGrand-Brüder. Sie überfielen im Januar 1982 eine Bank in Arizona. Einer der beiden erstach den Bankdirektor – die Brüder wurden zum Tode verurteilt. Julia war entsetzt. „Ich wusste nicht, dass es die Todesstrafe in solchen fortschrittlichen Ländern wie den USA noch gibt. Es hat mich nicht mehr losgelassen.“ Julia entdeckte im Internet Vereine, die gegen die Todesstrafe kämpfen, und trat zuerst der Gruppe „Alive“ bei, später wechselte sie zur „Initiative gegen die Todesstrafe e.V.“ „Dort habe ich dann Weihnachtskarten verschickt. Jeder hat 20 bis 30 Häftlingen ein paar nette Worte geschrieben.“ Wirklich langen Briefkontakt hatte die 34-Jährige nur zu Joe. „Eine damalige Freundin aus dem Verein schrieb bereits mit einem Häftling und fragte mich irgendwann: ,Mein Freund hat einen Zellennachbarn, der nicht so viele Leute hat. Hättest du nicht Lust, ihm zu schreiben?’“

Vom ersten Brief bis zum Tattoo Anfangs war Julia unsicher – eine Brieffreundschaft in den Knast erschien ihr „irgendwie krass“. Trotzdem entschied sie sich dafür und schrieb 2006 einen Brief. „Das war ein kurzes Hallo. Ich habe ein bisschen von mir erzählt, aber kein Wort

dazu erwähnt, wer er oder wo er gerade ist. Das war ein bisschen krampfig.“ Julia erzählt, dass sich mit der Zeit eine enge Freundschaft entwickelte. Sie ließ sich nach drei Jahren einen Briefumschlag tätowieren, auf dem die Gefangenennummer steht – in seiner Handschrift. „Es gab fast niemanden, der so viel über mich wusste, wie er und andersherum so ähnlich. Ich habe versucht, ihm durch meine Augen die Welt draußen näher zu bringen.“ Joe erzählte auch von dem Verbrechen, für das er verurteilt wurde: Er ermordete 2001 drei Menschen. „Ich wusste schon aus dem Internet, was er gemacht hatte. Aber er hat mir das dann aus seiner Sicht erzählt.“

Die letzten Wochen vor der Hinrichtung Der Briefkontakt hielt acht Jahre an – bis Joe im April 2014 tatsächlich hingerichtet wurde. Mittlerweile kann Julia über den Moment, die Zeit davor und die Monate danach reden. „Das ist ein komischer Film, der da an einem vorbei läuft. Ich wusste von Anfang an, worauf ich mich einlasse. Aber als ich das Todesdatum erfahren habe, habe ich kurz aufgehört zu atmen.“ Julia hatte den Eindruck, dass Joe das ganz gut weggesteckt oder zumindest so getan hat. „Er meinte immer, dass er im Knast nicht alt wird und bereit ist zu gehen.“ Sie schrieben weiterhin Briefe hin und her, bis 48 Stunden vor der Hinrichtung. Dann wurde Joe verlegt und Julia

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durfte mit ihm telefonieren. Sie war nicht vor Ort. „Er hat mich gefragt, ob ich komme, aber ich konnte nicht. Ich will keinen Menschen sterben sehen, wenn ein anderer das mit Absicht übernimmt.“

Guns N’ Roses und ihr Song „Paradise City“ Das letzte Gespräch, die letzten Nachrichten, die letzte halbe Stunde. Julia ist sicher, dass sie diese Momente nie vergisst. „Sein letzter Satz zu mir war: ,Oh mein Gott, ich kann es kaum glauben. Ich liege auf einem Kissen.’“ Auf der Pritsche, auf der die Häftlinge vor der Hinrichtung überwacht werden, lag eins. Für Joe das erste Mal seit 13 Jahren. Julia erinnert sich, dass sie und Joe eine enge Liebe zur Musik verband. Sie haben lange vor dem Tag im April vereinbart, woran er im letzten Moment denkt. „Er sollte an den Song Paradise City von Guns N’ Roses denken, wenn er auf der Pritsche liegt und die Zugänge gelegt bekommt.“ Julia hätte das Geschehen über einen Radiokanal verfolgen können. Der Sender „Death-Watch“ berichtet über Hinrichtungen. Kurz vor seinem Tod wurde Joe live interviewt. Julia hörte sich das alles erst Monate später an. Trotzdem waren ihre Gedanken jede Sekunde bei Joe. „An Schlaf war überhaupt nicht zu denken. Es war so unfassbar, im Bett zu liegen und sich vorzustellen, was da gerade passiert.“ Joe wurde um Mitternacht hingerichtet.


Keine Chorknaben Die „Initiative gegen die Todesstrafe e.V.“ gibt es seit fast 20 Jahren. Vorsitzende Gabi Uhl kennt viele Geschichten über Brieffreundschaften mit Gefangenen. Sie spricht über die Gefahren, die in den Briefen lauern können. den in Kontakt bleiben und sie mit Rat und Tat unterstützen. Solche Briefkontakte sind schon belastend.

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as macht der Verein genau? Wir setzen uns weltweit für die Abschaffung der Todesstrafe ein. Unser Schwerpunkt liegt dabei in den USA. Unsere Arbeit besteht aus drei Standbeinen: Öffentlichkeitsarbeit, parteineutrale, politische Aktionen, außerdem unterstützen wir die Gefangenen, indem wir Brieffreundschaften vermitteln. Wie kommen Sie an die Häftlinge in Ihrem Online-Verzeichnis? Wir haben nie komplette Gefängnisse angeschrieben. Unser Engagement spricht sich unter den Gefangenen herum und die geben dann auch unsere Adresse weiter. Wir bekommen immer wieder Briefe von Häftlingen, die wir noch nicht aufgeführt haben, und nehmen sie dann mit ihrer Anzeige in unseren Katalog auf. Haben Sie einen Überblick über die Brieffreundschaften zu Gefangenen von Ihrer Website? Wir haben unser System umgestellt und geben jetzt keine Adressen mehr online an. Interessierte müssen uns explizit anschreiben und nach Adressen der Häftlinge fragen. Dann geben wir die Daten weiter. Wir möchten mit den Schreiben-

Verharmlost eine solche Brieffreundschaft, dass die Person eine schwere Straftat begangen hat? Ich hoffe nicht! Wir hatten in unserem Gästebuch schon mal die Anfrage: „Wo finde ich einen lieben, netten Mörder?“ Ich dachte mir: „Was ist das denn für ein Quatsch!“ und versuchte deutlich zu machen, dass in den Todestrakten Menschen sitzen, die in der Regel sehr, sehr schlimme Dinge getan haben. Man sollte nicht den Fehler machen, die Häftlinge für liebe Chorknaben zu halten und sie mit Samthandschuhen anzufassen, nur weil sie im Todestrakt sitzen. Trotzdem bleibt es nicht das einzige, was einen Menschen ausmacht. Ich will die Straftat gar nicht verharmlosen. Überhaupt nicht. Aber es gab bei den Gefangenen ein davor und es gibt ein danach – und den Menschen nur auf die Tat zu reduzieren, wird dem Einzelnen nicht gerecht. Schreiben eher Frauen oder Männer Briefe in den Knast? Es sind schon überwiegend Frauen, aber nicht nur. Auch einige Männer schreiben. Möglicherweise sind Frauen diejenigen, die gerne schreiben. Ich meine, man muss ja auch gerne Briefe schreiben. Das ist eigentlich die Grundvoraussetzung für so eine Brieffreundschaft. Stimmt das Vorurteil, dass Frauen durch diese Briefkontakte gezielt nach dem Mann fürs Leben suchen? Das will ich gar nicht abstreiten. Es gibt mit Sicherheit vereinzelt Frauen, auf die das zutrifft. Ich glaube aber nicht, dass das bei der Mehrheit der Fall ist. Manchmal kommt es auch vor, dass aus den Briefkontakten mehr wird, obwohl die Frau das nicht beabsichtigt hat. 36

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Warum passiert das trotzdem, auch wenn es vielleicht nicht geplant war? Es hängt vielleicht davon ab, wie intensiv und emotional der Briefkontakt ist. Die Häftlinge sind da ganz unterschiedlich. Das ist wie im normalen Leben. Ganz anders ist allerdings ihr Alltag: Wenn man überlegt, dass der Häftling den ganzen Tag nur in der Zelle sitzt und der Briefkontakt für ihn das Fenster zur Welt ist, dann ist dieser Mensch für ihn sehr wichtig und dann können die Briefe eines Gefangenen schon recht persönlich werden. Welche Gefahren hat eine Brieffreundschaft mit einem Häftling? Man muss aufpassen, dass man sich nicht manipulieren lässt. Es sind auch nicht immer alle Gefangenen ehrlich. Da sollte man nicht zu entsetzt sein, denn ich weiß doch, dass ich mit jemandem schreibe, der etwa wegen Mordes verurteilt wurde. Und dann muss ich eventuell auch damit rechnen, dass er nicht immer die Wahrheit sagt. Trotzdem gehören immer zwei dazu. Jemand, der manipuliert und jemand, der das mit sich machen lässt. Was ist mit der psychischen Belastung? Ich muss letztendlich immer damit rechnen, dass der Brieffreund einen Hinrichtungstermin bekommt und ich ihn auf diesem Weg verliere. Ich muss mir vorher genau überlegen, was auf mich zukommt. Aus diesem Grund geben wir auch keine Adressen an Minderjährige heraus. Es ist unsere Verantwortung, sie vor dieser Belastung zu schützen. Betroffene werden über uns von Leuten unterstützt, die die Situation selbst kennen. Das ist schon sehr wohltuend.


STILLGESTANDEN

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Ob am Crêpes-Stand oder beim Geschenke-Shoppen: Die Adventszeit wird häufig stressig. Doch dem Charme des Weihnachtsmarktes kann sich kaum einer entziehen. In Dortmund ist er für manche sogar das Highlight des Jahres. Die pflichtlektüre lässt den Markt einen Moment still stehen.

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TextJANIS BEENEN & LARA WANTIA FOTOLARA WANTIA

DANIELA Ich stehe schon seit 15 Jahren mit meinem HolzmanufakturStand hier. Am Dortmunder Weihnachtsmarkt gefallen mir natürlich der fantastische Baum und der Charme der Leute. Ich habe viele Stammkunden, die ich kenne, seit sie klein sind. Sie haben damals schon unsere Sandtiere gekauft. Das sind kleine Stofftiere, die mit Sand gefüllt sind. Heute sind die Kunden erwachsen und kommen immer noch jedes Jahr. Unsere Holzprodukte stellen wir in einer eigenen Schreinerei her.

TIM Ich kaufe Weihnachtsgeschenke für meine Familie und meine Freundin. Sie bekommt in diesem Jahr ein schickes Kettchen. Aber bevor es zum Shopping geht, gönne ich mir ’ne Bratwurst und Glühwein. Das muss einfach. Ich wohne seit einem Jahr in Dortmund. Fürs Studium bin ich aus dem Westerwald hergekommen. Der Weihnachtsmarkt ist mit das Geilste, was die Stadt zu bieten hat.

VINCENCO Ich stehe bis Heiligabend im Stand und verkaufe Crêpes. Das ist ziemlich stressig und anstrengend. In Weihnachtsstimmung komme ich so kaum. Aber zumindest ist es in unserer Bude immer warm. Und über die Kunden freue ich mich auch. Sie sind sehr fröhlich und locker.

LENA Ich komme von der Arbeit und habe mich mit meinem Freund Hendrik am Glühweinstand getroffen. In der Adventszeit entspannen wir gerne hier. Ich glaube, dass ich ihm manchmal total auf die Nerven gehe. Ich liebe die kleinen Krims-Krams-Stände mit Holzfigürchen oder Windlichtern. Hendrik würde es wohl reichen, wenn wir uns vom Glühweinstand gar nicht mehr wegbewegen. 37

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Weshalb wird Schokolade eigentlich in Aluminium verpackt und warum ist die Ritter Sport quadratisch? Antworten darauf kann man zwar bei Wikipedia nachlesen, aber im Schokoladenmuseum in Köln auch mit allen Sinnen erleben.

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TEXtChristopher Holletschek fotosSchokoladenmuseum Köln

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ereits beim Betreten der modernen Eingangshalle des Kölner Schokoladenmuseums zieht mir ein zartbitterer Duft in die Nase und ich weiß sofort: Die süße Versuchung lauert hier an jeder Ecke – und das freut mich. Mit einem kleinen Schokoladenstück zur Begrüßung ausgestattet, lasse ich mich zunächst auf eine Reise durch die Geschichte der Süßigkeit ein. Im ersten Raum der insgesamt rund 4000 Quadratmeter großen Ausstellung bin ich von dem fertigen Produkt noch weit entfernt. Mit der Kakaobohne fing schon bei den alten Azteken alles an und so wird auch hier zunächst der Werdegang der aus Süd-amerika stammenden Frucht beschrieben: Entdeckung, Kultivierung, Verbreitung. Neben den klassischen Erklärtafeln kann man viele Dinge anfassen und ausprobieren. Ein Button zeigt etwa, wie viel Kakao verschiedene Länder produzieren. So lerne ich, dass die Elfenbeinküste der weltweit größte Exporteur der braunen Bohne ist. In diesem Raum wird schnell deutlich: Das Museum ist voll auf seine Hauptzielgruppe zugeschnitten. Angesprochen werden vor allem Familien mit jüngeren Kindern, die Geschichte zum Anfassen erleben möchten.

Ich zähle nicht zu dieser Zielgruppe, habe in dem mit riesigen Pflanzen bestückten Tropenraum dennoch Spaß. Die Halle zum Thema Reklame und Verkauf gefällt mir besonders. Nutella- und Ritter-SportProdukte aus längst vergangener Zeit haben einfach einen schönen nostalgischen Reiz. Letztere sind übrigens quadratisch, da die Gründerin Clara Ritter eine Schokoladentafel produzieren wollte, die in jede Sportjackentasche passt – daher auch der Markenname. Das Herzstück des Museums befindet sich in der gläsernen Spitze des Gebäudes. Von der einzelnen Kakaobohne bis hin zur Verpackung wird hier die industrielle Erzeugung der Schokolade nicht nur theoretisch beschrieben, sondern in allen Einzelheiten praktisch dargestellt. Das Museum wird zur Produktionshalle. Am Ende der schweren Geräte fallen fein säuberlich Schokoladenstücke in einen Karton. Die kenne ich doch vom Eingang. Sie sind in Aluminiumfolie verpackt, diese schützt besser als Papier vor Gerüchen und hohen Temperaturen. In der Halle befindet sich außerdem ein großer Brunnen, aus dem 200 Kilogramm flüssige Schokolade sprudeln. Im Lindt-Atelier können Besucher 38

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Produkte mit ausgefallenen Zutaten wie zum Beispiel kandierten Orangenschalen oder Gummibärchen bestellen – ein zuckersüßes (Weihnachts-)Geschenk. Lohnt sich der Besuch des Museums? Für Studierende gibt es im Ruhrgebiet gewiss spannendere Aktivitäten als einen Museumsbesuch. Doch besonders in der Adventszeit lässt sich eine Fahrt nach Köln mit anderen Angeboten gut kombinieren. So bietet das Museum weihnachtliche Sonderausstellungen und Pralinenkurse und der Rheinauhafen wird um einen gemütlichen Weihnachtsmarkt ergänzt. Wo? Am Schokoladenmuseum 1A, Köln Wie? Ab Köln Hbf mit Bus- und Straßenbahnlinien zum „Heumarkt“ oder mit der Buslinie 133 direkt zur Haltestelle „Schokoladenmuseum“, vom Hauptbahnhof aus ist das Museum gut zu Fuß zu erreichen Wann? Dienstag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr; Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 11 bis 19 Uhr; nur im Dezember auch Montag von 10 bis 18 Uhr; letzter Einlass eine Stunde vor Schließung Wie viel? Studierende 6,50 Euro Web? schokoladenmuseum.de


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Impressum

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Herausgeber Institut für Journalistik, TU Dortmund

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Projektleiterin Prof. Dr. Wiebke Möhring

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Redaktionsleiterin Sigrun Rottmann

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Redaktion Uni-Center, Vogelpothsweg 74, Campus Nord, 44227 Dortmund Chefin vom Dienst Julia Knübel

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Redaktionstechnik Stephan Kleiber

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Zeugwart Markus Bergmann

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Textchef Leo Exuzidis

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Illustrationen Anja Hardt, Sue Kunkel, Nanna Zimmermann

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Fotoredaktion Markus Bergmann, Thorben Lippert, Dominik Reintjes, Ben Schröder Layout & Grafik Janis Beenen, Timo Halbe, Stephan Kleiber, Anneke Niehues, Martin Schmitz, Nanna Zimmermann, Philipp Ziser

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Redakteure und Reporter Bettina Ansorge, Julian Beimdiecke, Annabell Bialas, Stella Braun, Ricarda Dieckmann, Alexandra Domanski, Mona Fromm, Michelle Goddemeier, Nils Gronemeyer, Lukas Hemelt, Bodo Hempel, Julian Hilgers, Christopher Holletschek, Linda Hopius, Thorben Lippert, Malin Miechowski, Martin Nefzger, Lisa Oenning, Dominik Reintjes, Hannah Steinharter, Lara Wantia

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Das Grafik-Team dankt in freudiger Erwartung … … den Yum-Yum-Nudeln mit Hähnchengeschmack; dem Buch „Die Layoutirrtürmer – 50 Fehler, die uns Leser und Abonnenten kosten“; Annekes Wärmflasche, ohne die sie den bitterkalten portugiesischen Winter nicht überlebt hätte. Und Ingos guten alten Zeiten.

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Druck Hitzegrad Print Medien & Service GmbH Auf dem Brümmer 9 44149 Dortmund

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