npoR Heft 4/2012

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Heft 4/2012

Seiten 177–224

Zeitschrift für Das Recht der Non ProfiT Organisationen

Herausgeber Prof. Dr. Birgit Weitemeyer (geschäftsführend), Dr. Wilhelm-Albrecht Achilles, Prof. Dr. Arnd Arnold, Prof. Dr. Michael Droege, Prof. Dr. Hans Fleisch, Prof. Dr. Stefan Geibel, Prof. Dr. Rainer Hüttemann, Prof. Dr. Monika Jachmann, Prof. Dr. Dominique Jakob, Prof. Dr. Peter Rawert, Prof. em. Dr. Dieter Reuter, Dr. Andreas Richter, Dr. Stephan Schauhoff, Dr. Ulrich Segna, Thomas Wachter, Dr. Reinmar Wolff

Aufsätze Die Besteuerung gemeinnütziger Einrichtungen in Europa (Prof. Dr. Heike Jochum) S. 177 Können Vereine stiften gehen? (Sascha Voigt de Oliveira/Dr. Alexander Becker) S. 181

Praxisforum Der Gesetzentwurf zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts (Dr. Andreas Richter, LL.M./Dr. Anna Katharina Gollan, LL.M.) Gesetzliche Verbesserungen für den Non-Profit-Bereich (Dr. Stephan Schauhoff)

S. 186 S. 190

npoR-Report npoR-Report Stiftungsrecht, Vereinsrecht und Steuerrecht (Julian Albrecht/Clara Lienicke/Janne Seelig) S. 193

Rechtsprechung OLG Karlsruhe: Voraussetzungen für die Eintragung eines regionalen Zweigvereins in das Vereinsregister BFH: Steuerbefreiung bei Investition eines öffentlich-rechtlichen Versorgungswerks in gewerbliche Personengesellschaften und Verpachtung eines Pflegeheims FG Düsseldorf: Keine Berücksichtigung des Einkommens der Organgesellschaft bei Ermittlung des Spendenhöchstbetrags des Organträgers OLG Celle: Weder Betrug noch Untreue durch dauerhaft hohe Kosten für Spendenwerbung einer gGmbH

S. 197 S. 198 S. 200 S. 202

Verwaltungsanweisungen BMF: Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung BMF: Muster für Zuwendungsbestätigungen

S. 210 S. 210


Das Institut wird gefördert durch die

npoR Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen Heft 4/2012

Titelbild: Das Titelbild zeigt einen Kirschbaum vor dem Auditorium der Bucerius Law School. Das Bäumchen wurde 2006 in Gedenken an Prof. Dr. W. Rainer Walz, Direktor des Instituts für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen von 2002–2006, auf Initiative von Dr. Hansgeorg Jehner gepflanzt. Prof. Dr. Walz hatte zu Studentenzeiten in Tübingen hin und wieder Kirschen von fremden Bäumen genossen. Dies nahm sein Studienfreund Dr. Jehner, Gründer der Humanistischen Stiftung Frankfurt a.M., zum Anlass, ihm jährlich zum Geburtstag einen großen Korb Kirschen zu schenken. Diese Tradition lebt in dem Kirschbaum fort.

Herausgeber:

Prof. Dr. Birgit Weitemeyer (geschäftsführend) Dr. Wilhelm Albrecht Achilles Prof. Dr. Arnd Arnold Prof. Dr. Michael Droege Prof. Dr. Hans Fleisch Prof. Dr. Stefan Geibel Prof. Dr. Rainer Hüttemann Prof. Dr. Monika Jachmann Prof. Dr. Dominique Jakob Prof. Dr. Peter Rawert, LL.M. Prof. em. Dr. Dieter Reuter Dr Andreas Richter, LL.M. Dr. Stephan Schauhoff Dr. Ulrich Segna Thomas Wachter Dr. Reinmar Wolff Schriftleitung: Dr. Gregor Roth Redaktionsleitung: Janne Seelig Redaktion: Julian Albrecht Clara Lienicke Julia Theele

Beirat des Instituts für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen: Arndt P. Funken Prof. Dr. Rainer Hüttemann Prof. Dr. Thomas Koller Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué Prof. Dr. Peter Rawert, LL.M. Prof. em. Dr. Dieter Reuter Dr. Andreas Richter, LL.M. Prof. Dr. Dres. h.c. Karsten Schmidt Prof. Dr. Verica Trstenjak Rolf Hunck (Ehrenmitglied)

Bibliographische Hinweise: Die Zeitschrift wurde als BLS NON PROFIT LAW NEWS eingeführt (Ausgaben 0/2003 bis 4/2008). Seit 2009 trägt sie den Namen „Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen“. Zitierweise: npoR ISSN 1868-3762 (Online-Ausgabe, Print-Ausgabe: 1868-3770) Herausgeber: Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen Bucerius Law School Hochschule für Rechtswissenschaft gemeinnützige GmbH Jungiusstraße 6 20355 Hamburg Geschäftsführer: Dr. Hariolf Wenzler, Benedikt Landgrebe (Stellvertreter) Vorsitzender des Aufsichtsrats: Prof. Dr. Michael Göring, Amtsgericht Hamburg, HRB 75325 Redaktionelle Gesamtverantwortung: Prof. Dr. Birgit Weitemeyer Schriftleitung: Dr. Gregor Roth; Redaktionsleitung: Janne Seelig; Redaktion: Julian Albrecht, Clara Lienicke, Julia Theele. Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen, Bucerius Law School, Jungiusstraße 6, 20355 Hamburg. Telefon: (040) 30706 -270. Telefax: (040) 30706 -275. E-Mail: Redaktion@npoR.de. npoR im Internet:

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Vorwort

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I

Liebe Leserinnen und Leser, immer deutlicher zeigen sich die praktischen Probleme gemeinnütziger Stiftungen und anderer Akteure der Zivilgesellschaft, die sich – tatsächlich und rechtlich – aus der zunehmend grenzüberschreitenden Tätigkeit in Europa ergeben. So erkennen beispielsweise Belgien und Polen die Rechtspersönlichkeit der nach ausländischem Recht wirksam errichteten Stiftungen nicht vorbehaltlos an, was die Arbeit vor Ort spürbar verkompliziert. Auch das im Anschluss an die „Persche“-Entscheidung des EuGH ergangene Urteil des FG Münster vom 8.3.2012 (Az.: 2 K 2608/09 E, Revision zugelassen, s. npoR 2012, 77) zeigt, dass die grenzüberschreitende Arbeit von Non-Profit-Organisationen mit erheblichen Hemmnissen belastet ist: Das Gericht hatte hier den Abzug der Auslandsspende mangels „stichhaltiger Belege“ des Klägers für die Vermögensbindung der ausländischen Empfängerkörperschaft sowie mangels ordnungsgemäßer, dem amtlichen Vordruck entsprechender Zuwendungsbescheinigung versagt. Mit dem Verordnungsvorschlag für das Statut einer Europäischen Stiftungsform (Fundatio Europaea, „FE“) vom 8.2.2012 hat die Europäische Kommission einen Anstoß zur Lösung der Probleme gegeben. Der Vorschlag enthält dabei nicht nur Regelungen über die Gründung, Binnenstruktur, Beendigung und Aufsicht der FE, sondern sieht auch die diskriminierungsfreie steuerliche Gleichbehandlung der FE, ihrer Spender und der Begünstigten mit ihren nationalen Pendants vor. Ungeachtet der Frage, ob eine solch umfassende Regelung erforderlich und kompetenziell überhaupt möglich ist, haben die Reaktionen aus Politik und Wissenschaft gezeigt, dass zumindest noch einiger Änderungs- und Anpassungsbedarf besteht. Exemplarisch sei aus deutscher Sicht etwa auf die Möglichkeit der unbeschränkten Thesaurierung von Stiftungserträgen hingewiesen, die dem deutschen gemeinnützigkeitsrechtlichen Gebot der zeitnahen Mittelverwendung (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO) widerspricht. In steuerlicher Hinsicht soll eine FE, welche die Anforderungen der FE-VO-E erfüllt, den nationalen gemeinnützigen Körperschaften vollständig gleichgestellt werden (Art. 49 FE-VO-E). Im Klartext heißt das, dass die Finanzbehörden der übrigen Mitgliedstaaten bzgl. ihrer Beurteilung der Gemeinnützigkeit einer FE an die Beurteilung des Sitzstaates gebunden sein sollen, d.h. sie müssten einer vom Sitzstaat als gemeinnützig eingestuften FE die nationalen Steuervergünstigungen ohne eigene Prüfung gewähren (Art. 49 ff. FE-VO-E). Hier sehen die nationalen Finanzverwaltungen die Gefahr einer Umgehung der strengen nationalen Gemeinnützigkeitsvoraussetzungen mittels der FE (hierzu Weitemeyer, NZG 2012, 1001). Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass viele Vertragsstaaten die politische Umsetzbarkeit des Verordnungsvorschlags in seiner derzeitigen Form bezweifeln. Das Einstimmigkeitserfordernis des als Kompetenznorm herangezogenen Art. 352 AEUV wird nur schwer zu erfüllen sein. Eine FE ohne steuerrechtliche Implikationen, also mit rein zivilrechtlichem Regelungsgehalt (auf den auch die anderen europäischen Rechtsformen wie etwa die Societas Europaea (SE) beschränkt sind), wäre einerseits sicher leichter umsetzbar. Andererseits ist die Rechtsform der Stiftung durch die Gemeinnützigkeit so eng wie keine andere Rechtsform mit dem Steuerrecht verbunden, dass eine FE ohne steuerrechtliche Wirkungen zwar gewisse praktische Vorteile, wie etwa die freie Migrationsmöglichkeit, mit sich brächte, den Kern der Probleme grenzüberschreitender Tätigkeit von Stiftungen jedoch völlig unberührt ließe. Alternativ sollte deshalb darüber nachgedacht werden, die Hemmnisse für grenzüberschreitend operierende gemeinnützige Einrichtungen auf direkterem Weg als über die Schaffung einer neuen Rechtsform zu beseitigen. Europaweit einheitliche und rechtsformneutrale steuerrechtliche Rahmenbedingungen für gemeinnützige Einrichtungen würden den Handlungsspielraum für die betroffenen Organisationen entscheidend erweitern. Alternativ könnte sich das Europarecht darauf beschränken, die Migration von gemeinnützigen Organisationen zu erleichtern und zu vereinheitlichen. Ob der Weg letztlich zur Europäischen Stiftung oder einem Europäischen Gemeinnützigkeitsstatut führt – er wird jedenfalls Gegenstand kontroverser Diskussionen sein. Ihr Andreas Richter


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Inhaltsverzeichnis

Aufsätze Prof. Dr. Heike Jochum Die Besteuerung gemeinnütziger Einrichtungen in Europa – zwischen host country control approach und Europäischer Stiftung

Sascha Voigt de Oliveira/Dr. Alexander Becker Können Vereine stiften gehen? Ein Beitrag zur Umstrukturierung eines eingetragenen Vereins in eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts

Rubriken npoR-Aktuell S. 177 S. 181

S. 186

Dr. Stephan Schauhoff Gesetzliche Verbesserungen für den Non-Profit-Bereich. Der Entwurf eines Gesetzes zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts und rechtspolitische Änderungsnotwendigkeiten S. 190

npoR-Report Julian Albrecht/Clara Lienicke/Janne Seelig npoR-Report Vereinsrecht, Stiftungsrecht, Steuerrecht

S. 193

Rechtsprechung Voraussetzungen für die Eintragung eines regionalen Zweigvereins in das Vereinsregister (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.1.2012 – 14 Wx 21/11) Die Investition eines öffentlich-rechtlichen Versorgungswerks in gewerbliche Personengesellschaften und die Verpachtung eines Pflegeheims können unter die Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG und des § 3 Nr. 11 GewStG fallen (BFH, Urt. v. 9.2.2011 – I R 47/09) Keine Berücksichtigung des Einkommens der Organgesellschaft bei der Ermittlung des Höchstbetrages für den Spendenabzug des Organträgers (FG Düsseldorf, Urt. v. 26.6.2012 – 6 K 3767/10 F (Revision anhängig, Az. BFH I R 5/12)) Weder Betrug noch Untreue durch dauerhaft hohe Kosten für Spendenwerbung einer gemeinnützigen GmbH (OLG Celle, Beschl. v. 23.8.2012 – 1 Wx 248/12)

S. 197

S. 198

S. 200 S. 202

Verwaltungsanweisungen Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) Nr. 6: Vereinfachter Nachweis der Hilfsbedürftigkeit geförderter Personen Nr. 8: Berechnung der Beschäftigungsquote bei Integrationsprojekten (BMF, Schr. v. 15.8.2012 – IV A 3 – S 0062/08/10007-14 (DOK 2012/0739221)) S. 210 Steuerlicher Spendenabzug (§ 10b EStG); Muster für Zuwendungsbestätigungen (BMF, Schr. v. 30.8.2012 – IV C 4 – S 2223/07/0018 :005 (DOK 2012/0306063)) Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke im Ausland (Bayerisches Landesamt für Steuern, Verf. v. 11.9.2012 – S 0170.1.1-3/2 St 31) Verlustnutzung bei Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art

(OFD Niedersachsen, Verf. v. 27.4.2012 – S 2706 – 341 – St 241) Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe bei Krankenhäusern (OFD Niedersachsen, Verf. v. 25.9.2012 – S 0186 – 3 - St 252)

Fachliteratur Veranstaltungshinweise

Praxisforum Dr. Andreas Richter, LL.M./Dr. Anna Katharina Gollan, LL.M. Der Gesetzentwurf zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts

Von den Finanzmärkten

S.210

S. 211

S. 213 S. 213

npoR-Dokumentation Veranstaltungsberichte Symposium „Zehn Jahre Reform des Bundesstiftungsrechts und Anpassung der Landesstiftungsgesetze“

S. III

S. IV

S. V S. V

S. 217 S. 220


npoR-Aktuell

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III

npoR-Aktuell

Gesetzgebung

Rechtsprechung

Gesetz zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts (GemEntGB) beschlossen Am

Tätigkeit als Nachlasspfleger keine ehrenamtliche Tätigkeit Nach einer Entscheidung des BFH vom

24.10.2012 hat das Bundeskabinett dem Entwurf zum Gesetz zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts (GemEntGB) zugestimmt. Eine erste Beratung im Finanzausschuss ist für den 28.11.2012 vorgesehen. Nach dem Gesetz sollen u.a. die Übungsleiter- und die Ehrenamtspauschale angehoben werden, die Frist für die zeitnahe Mittelverwendung steuerbegünstigter Körperschaften soll um ein Jahr verlängert, die Rücklagenbildung flexibilisiert und die Haftungsregelungen für Vereinsmitglieder oder Mitglieder von Vereinsorganen sollen erleichtert werden. Siehe hierzu den Beitrag von Richter/Gollan, in diesem Heft S. 186.

19.4.2012 – V R 31/11 setzt der materielle Begriff der Ehrenamtlichkeit das Fehlen eines eigennützigen Erwerbsstrebens, die fehlende Hauptberuflichkeit und den Einsatz für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung voraus. Führt eine Person Nachlasspflegschaften in einem Umfang, der die Annahme einer beruflichen Tätigkeit rechtfertigt, so werde eine solche Tätigkeit weder in einem anderen Gesetz als dem UStG noch im allgemeinen Sprachgebrauch als ehrenamtlich bezeichnet.

Umsatzsteuerfreiheit

Nach dem Entwurf des Jahressteuergesetzes 2013 (dort S. 120) sollte durch die Einführung eines neuen § 4 Nr. 21 UStG die Terminologie des Artikels 132 Abs. 1 Buchst. i und j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MehrwertsteuerSystemrichtlinie – MwStSystRL) in das nationale Umsatzsteuerrecht weitgehend übernommen werden. Dieser Vorschlag wurde vom Finanzausschuss des Deutschen Bundestages jedoch abgelehnt, so dass es nach derzeitigem Stand bei der Regelung des § 4 Nr. 22 UStG bleiben wird. Das Wortprotokoll der Sitzung vom 26.9.2012 sowie die Stellungnahme von Prof. Dr. Jarass sind unter www.bundestag.de abrufbar.

FG Düsseldorf vom 22.2.2012 – 5 K 3717/09 U (Revision anhängig, Az. BFH V R 13/12) sind diejenigen Umsätze eines Vereins der freien Wohlfahrtspflege umsatzsteuerfrei gemäß § 4 Nr. 18 UStG, die dieser satzungsgemäß im Rahmen des ärztlichen Notfalldienstes erbringt. Im zugrundeliegenden Fall beinhalteten die Tätigkeiten u.a. die Einrichtung und den Betrieb einer Notrufleitzentrale und eines Fahrdienstbetriebs mit als Rettungshelfern ausgebildeten Fahrern aufgrund eines Vertrags mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung. Mangels Vergleichbarkeit der Tätigkeit mit kaufmännisch kalkulierenden Erwerbsunternehmen sei die Steuerfreiheit auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das sogenannte „Preisabstandsgebot“ zu versagen.

Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement. Erster Engagementbericht der Bundesregierung

Finanzverwaltung

von

Bildungsleistungen

Die 27., 28. und 29. Sitzung des Unterausschusses Bürgerschaftliches Engagement des Deutschen Bundestages haben stattgefunden, die Protokolle sind abrufbar unter www. bundestag.de. Eine der Handlungsempfehlungen aus dem Ersten Engagementbericht der Bundesregierung, der am 17.10.2012 in der 28. Sitzung unter Vorsitz von Ute Kumpf (SPD) vorgestellt wurde, lautet: „Engagement braucht verlässliche Staatstätigkeit, damit echtes Vertrauen entstehen kann“. Der Bericht umfasst mehr als tausend Seiten und ist auf der Webseite des BMFJS abrufbar ( www.bmfsfj.de).

Anpassung SEPA Nach einem Referentenentwurf der Bundesregierung vom 10.9.2012 soll § 50 Abs. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) wie folgt neu gefasst werden: „Aus der Buchungsbestätigung müssen Name und Kontonummer oder ein sonstiges Identifizierungsmerkmal des Auftraggebers und Empfängers, der Betrag, der Buchungstag sowie die tatsächliche Durchführung der Zahlung ersichtlich sein.“ Damit soll der vereinfachte Zuwendungsnachweis beim steuerlichen Spendenabzug sowohl an das SEPA-Verfahren als auch an andere Verfahren (z.B. PayPal) angepasst werden. Die Änderung soll am 1.1.2013 in Kraft treten.

Steuerbefreiung von Leistungen aus dem ärztlichen Notfalldienst Nach einer Entscheidung des

Umsatzsteuerliche Behandlung des Sponsorings Mit Schreiben des BMF vom 14.11.2012 ( IV D 2 – S 7100/08/10007 :003 [DOK 2012/1019723) wird Abschnitt 1.1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1.10.2010 (BStBl. I 2010, S. 846, zuletzt geändert durch BMFSchreiben vom 24.10.2012 [IV D 2 – S 7100-b/11/10002, DOK 2012/0954863]) geändert. Angefügt wird ein Absatz 23, nach dem klargestellt wird, dass keine Leistung im Rahmen eines Leistungsaustausches erbracht wird, wenn der Empfänger von Zuwendungen aus einem Sponsoringvertrag lediglich auf die Unterstützung durch den Sponsor hinweist. Das Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht werden.

Mitteilungen Deutscher Kulturrat gegen Abrufverfahren bei Zuwendungsempfängern Der Deutsche Kulturrat, Spitzenverband der deutschen Kulturverbände, hat mit einer Resolution Kulturstaatsminister Bernd Neumann sowie Finanzminister Wolfgang Schäuble aufgefordert, das von Schäuble geplante neue Abrufverfahren bei Zuwendungsempfängern


IV

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Von den Finanzmärkten

wieder rückgängig zu machen. Nach einer Neuregelung sollen Zuwendungsempfänger, die Mittel vom Kulturstaatsminister erhalten, diese Mittel jeweils einen Tag bevor eine Zahlung erfolgt, bei der Bundeskasse abrufen müssen. Zuvor lag das Zeitfenster bei sechs Wochen bis zwei Monaten. Die Neuregelung würde einen erheblichen bürokratischen Aufwand sowohl für die Zuwendungsempfänger als auch für die Bundesverwaltung bedeuten.

Verleihung des KOMPASS 2012 Am 15.11.2012 hat der Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V. ( www.stiftungen.org) bei einer Festveranstaltung im Museum für Kommunikation Berlin die Preisträger des Kommunikationspreises KOMPASS 2012 gekürt. Die Preisträger wurden zuvor von einer unabhängigen Jury aus insgesamt 84 Einreichungen ausgewählt. Deutscher Sozialpreis 2012 Am 27.11.2012 haben die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege zum 41. Mal ihren mit 15.000,- Euro dotierten Medienpreis zur sozialen

Lebenswirklichkeit in Deutschland verliehen ( scher-sozialpreis.de).

www.deut-

„Länderspiegel Bürgerstiftungen 2012“ Im siebten Jahr in Folge hat die Aktive Bürgerschaft ( www.aktivebuergerschaft.de) den „Länderspiegel Bürgerstiftungen. Fakten und Trends 2012“ vorgelegt. Danach engagieren sich in Deutschland derzeit 326 Bürgerstiftungen für Bildung, Kultur, Soziales und weitere gemeinnützige Anliegen in ihrer Stadt oder Region. Mehr als 20,4 Millionen Euro Zustiftungen vertrauten Stifter den Bürgerstiftungen im Jahr 2011 an, wodurch das Stiftungsvermögen auf 208,2 Millionen Euro anwuchs. Der Länderspiegel basiert auf einer Vollerhebung aller Bürgerstiftungen, die den „Zehn Merkmalen einer Bürgerstiftung“ des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen e.V. ( www. stiftungen.org) entsprechen und bis zum 30.6.2012 gegründet wurden. Bürgerstiftungen, deren Satzung diesen Merkmalen entspricht, veröffentlichen ihre Kontaktadressen und Finanzdaten im Bürgerstiftungsfinder der Aktiven Bürgerschaft und übernehmen so eine Vorreiterrolle unter den gemeinnützigen Organisationen und im Stiftungsbereich.

Von den Finanzmärkten Weiterhin konstruktives Umfeld für Aktienanlagen Die jüngsten geldpolitischen Maßnahmen haben einige der aktuellen Risiken für die Weltwirtschaft beseitigt oder abgemildert. In der Eurozone hat sich damit vor allem das Risiko eines Scheiterns des Euros reduziert. Das schwache Wachstum hingegen ist in der Eurozone vor allem struktureller Natur. Die aktuellen Konjunkturdaten deuten weiter nach unten. Die Mehrzahl der Euroländer befindet sich aktuell in einer Rezession und für das kommende Jahr ist bestenfalls mit einer Stagnation zu rechnen. Das Anleihe-Kaufprogramm „Outright Monetary Transactions (OMT)“ der EZB dürfte durch niedrigere Zinskosten helfen, ist jedoch nicht in der Lage, die strukturelle Lücke zwischen Staatsausgaben und -einnahmen zu schließen. Auch fiel im September der Ifo-Geschäftsklimaindex zum fünften Mal in Folge. Die Erfolgschancen für einen Anstieg des Wirtschaftswachstums dürften in den USA am größten sein, wenngleich die geldpolitische Lockerung auch die für 2013 geplante Rücknahme von Steuererleichterungen ausgleichen muss. Ein Problem bleibt der amerikanische Arbeitsmarkt, der sich im Vergleich zu früheren Zyklen nur bescheiden erholt. Allerdings hat die Notenbank zuletzt weitere Maßnahmen angekündigt und klar herausgestellt, die Zinsen noch sehr lange auf dem aktuellen niedrigen Niveau halten zu wollen. Ein Großteil der Schwellenländer hat sich nicht mit strukturellen, sondern mit zyklischen Herausforderungen auseinanderzusetzen. Relativ gesehen besteht ihr Wachstumsvorsprung vor den Industrieländern weiter. In vielen Emerging Markets wird ein Konjunkturumschwung im vierten Quartal erwartet. Nur in China dürften sich die eingeleiteten Lockerungen bei der Kreditvergabe nicht vor dem Jahreswechsel bemerkbar machen. Brasilien hat in diesem Jahr verschiedene Deregulierungsmaßnahmen umgesetzt, Mexiko hat erstmals seit langer Zeit die Arbeitsmarktreform auf der Agenda und auch in Indien stehen Reformen zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder auf dem Programm. Die global noch sehr unsicheren makroökonomischen Wachstumsaussichten werden langfristig einen wesentlichen

Einfluss auf die Preisgestaltung der Risikoanlagen haben. Wir konnten einige Erleichterungen nicht nur am kurzen Ende der Zinsstrukturkurve der europäischen Länder, sondern auch am längeren Ende feststellen. Durch die Intervention der EZB haben die europäischen Volkswirtschaften Zeit gewonnen, um sich den wirklichen Problemen zu widmen. Wir glauben, dass sich die Aktienmärkte nun von dem Stress wegen einer eventuellen Auflösung der Eurozone erholt haben. Weiteres Wertsteigerungspotential scheint vorhanden, aber die KursGewinn-Verhältnisse nähern sich ihren historischen Durchschnittswerten an. Fundamental attraktiv bleibt der deutsche Aktienmarkt. Deutsche Firmen können durch hohe Exporte außerhalb Eurolands und striktes Kostenmanagement anhaltende Gewinnsteigerungen erzielen, was weiteres Kurspotenzial eröffnet. Die Unternehmen in anderen Euro-Ländern dürften in den nächsten Quartalen zu deutlichem Gewinnwachstum zurückfinden. In den USA wurde die Verpflichtung der Notenbank, die Wirtschaft zu stützen, bekräftigt. Aufgrund der strukturellen Unsicherheiten sind wir der Meinung, dass sich einige Preisparameter für Risikoanlagen, wie z.B. das Kurs-Gewinn-Verhältnis von Aktien, auf einem angemessenen Niveau mit kurzfristig begrenztem Wertsteigerungspotential befinden. Mit Blick auf die Ergebnissituation sehen wir weitere moderate Wachstumschancen für den S&P 500 Index im Jahr 2013. Aus Stiftungssicht bleiben Aktienanlagen auch aus Ausschüttungsüberlegungen attraktiv. Solide Unternehmensgewinne und -bilanzen ermöglichen weiterhin die Ausschüttung attraktiver Dividenden. So hat die Schere zwischen der Dividendenrendite des EuroStoxx 50 Index und der Rendite 10jähriger deutscher Staatsanleihen (nach Inflation) ein historisches Ausmaß erreicht. Aktien sind damit unter Ausschüttungsgesichtspunkten deutlich attraktiver als Anleihen und bieten zusätzlich gute Sachwerteigenschaften. Frank Kamp, Deutsche Bank AG Leiter Portfoliomanagement für Stiftungen


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Heft 4/2012 Seiten 177-224 4. Jahrgang 20.12.2012

Zeitschrift für Das Recht der Non ProfiT Organisationen

Herausgeber: Prof. Dr. Birgit Weitemeyer (geschäftsführend), Dr. Wilhelm-Albrecht Achilles, Prof. Dr. Arnd Arnold, Prof. Dr. Michael Droege, Prof. Dr. Hans Fleisch, Prof. Dr. Stefan Geibel, Prof. Dr. Rainer Hüttemann, Prof. Dr. Monika Jachmann, Prof. Dr. Dominique Jakob, Prof. Dr. Peter Rawert, Prof. em. Dr. Dieter Reuter, Dr. Andreas Richter, Dr. Stephan Schauhoff, Dr. Ulrich Segna, Thomas Wachter, Dr. Reinmar Wolff

Aufsätze Prof. Dr. Heike Jochum*

Die Besteuerung gemeinnütziger Einrichtungen in Europa – zwischen host country control approach und Europäischer Stiftung

Die Besteuerung gemeinnütziger Einrichtungen ist spätestens mit den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in den Rechtssachen Stauffer (Rs. C-386/04) und Persche (Rs. C-318/07) in den Blick auch einer breiteren Fachöffentlichkeit getreten. Dabei ist das Thema nicht neu. Die International Fiscal Association (IFA) hat sich damit bereits in den Jahren 1969 und 1985 intensiv auseinandergesetzt.1 Doch erst jetzt scheint die Zeit reif für ein grundsätzliches Umdenken. Die Europäische Kommission hat am 8. Februar 2012 den Entwurf eines einheitlichen Statuts einer Europäischen Stiftung vorgelegt. Die Jahrestagung 2012 der European Association of Tax Law Professors (EATLP) war diesem Thema gewidmet und auf dem Programm des Jahreskongresses der IFA 2012 steht u.a. ein Seminar zum Spendenrecht. I. Das Dilemma Der Status der Gemeinnützigkeit ist regelmäßig mit steuerlichen Vergünstigungen verbunden. Betrachtet man rein nationale Konstellationen, ist die Rechtslage im Grundsatz meist recht übersichtlich. Mancher Praktiker mag zwar den bürokratischen Aufwand kritisieren; auch finden sich gewiss immer wieder schwierige Detailfragen. Doch unterscheidet sich die Situation damit nicht grundlegend von der anderer Steuerpflichtiger. Eine völlig andere Dimension wird jedoch erkennbar, sobald man grenzüberschreitende internationale Sachverhalte in den Blick nimmt. Im Ausgangspunkt bleibt es zwar auch insoweit beim Welteinkommensprinzip, d.h. die gemeinnützige Einrichtung wird grundsätzlich mit ihrem gesamten Einkommen in ihrem Sitzstaat besteuert. Etwas anderes gilt nur, sofern sie ausländische Einkünfte erzielt, die nach dem Territorialitätsprinzip (auch) vom Quellen­staat mit einer

Steuer belastet werden. Dies ist insbesondere bei Immobilienvermögen im Ausland denkbar.2 Aber auch ausländisches Kapitalvermögen führt zu Einkünften, die im Herkunftsstaat regelmäßig zumindest mit einer Quellensteuer belastet werden. Ebenso verhält es sich, soweit die gemeinnützige Einrichtung eine Betriebsstätte im Ausland begründet und durch diese Einkünfte generiert. Anders als andere Steuerpflichtige stellt sich für gemeinnützige Einrichtungen mit Auslandseinkünften die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ihr besonderer Status auch zu einer steuerlichen Verschonung dieser im Ausland erwirtschafteten Einkünfte führt. Das würde allerdings voraussetzen, dass auch der jeweilige Quellenstaat diesen besonderen Status anerkennt. Und genau hier liegt das Problem: Es finden sich durchaus unterschiedliche Anforderungen in den (Steuer-)Rechtsordnungen in Europa und darüber hinaus, welche erfüllt sein müssen, um in den Genuss der Privilegien einer

* Die Autorin ist Direktorin des Instituts für Finanz- und Steuerrecht des Fachbereichs Rechtswissenschaften an der Universität Osnabrück. 1 IFA Congress 1969 in Rotterdam (The possibilities and disadvantages of extending national tax reduction measures, if any, to foreign scientific, educational or charitable institutions, Cahiers de droit fiscal international Vol. 54b) sowie im Jahr 1985 in London (International tax problems of charities and other private institutions with similar tax treatment, IFA Congress Seminar Series Vol. 10). 2 Vgl. EuGH, Urt. v. 14.9.2006 – C-386/04, Stauffer, Slg. 2006 I-08203.


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Aufsätze | Jochum

gemeinnützigen Einrichtung zu kommen.3 Für international tätige Einrichtungen ergeben sich daraus neben einem hohen Verwaltungsaufwand oft auch unüberwindbare Schwierigkeiten: All die verschiedenen Regeln im Blick zu behalten, ist bereits mühselig – ihnen sämtlich zu genügen, dürfte regelmäßig nicht möglich sein. Weiteres kommt hinzu: Zum einen werden ausländische gemeinnützige Einrichtungen von zahlreichen Staaten als nicht abkommensberechtigt im Sinne der Doppelbesteuerungs­ abkommen betrachtet. Sofern also etwa auf ausländische Kapitaleinkünfte eine Quellen­steuer erhoben wird, kommt die Einrichtung nicht in den Genuss einer abkommensrechtlich vorgesehenen Reduzierung. Eine Anrechnung der gezahlten Quellensteuer im Sitzstaat scheidet mangels dortiger Besteuerung aus. Im Ergebnis wird die gemeinnützige Einrichtung endgültig mit der ausländischen Quellensteuer belastet. Eine Erstattung im Quellenstaat erfolgt soweit ersichtlich bislang nur in einigen Einzelfällen in Finnland und den Niederlanden.4 Zum anderen gestaltet sich das Fundraising im Ausland oft besonders schwierig.5 Für potentielle Spender ist die einkommensteuerrechtliche Behandlung der Spende regelmäßig von zentraler Bedeutung. Oft gehört die steuerliche Abzugsmöglichkeit zu den entscheidenden Aspekten. Gerade diese hängt aber davon ab, wie der Wohnsitzstaat des Spenders die gemeinnützige Einrichtung im Ausland einordnet.6 Damit schließt sich der Kreis: die Einrichtung steht wieder vor der Frage, ob und wenn ja auf welche Weise sie den Anforderungen der verschiedenen Staaten genügen kann. Aus rechtspolitischer Sicht können diese Beobachtungen nicht zufriedenstellen. Gemeinnützige Einrichtungen spielen in einer aktiven Bürgergesellschaft eine große und zunehmende Rolle. Hindernisse bei grenzüberschreitenden Aktivitäten fordern daher Politik und Wissenschaft ebenso zum Nachdenken und Handeln auf, wie dies im Bereich der wirtschaftlichen Tätigkeit seit Jahrzehnten der Fall ist. Durch den jüngsten Vorstoß der Europäischen Kommission wird ein großer Schritt vorbereitet. Das Statut der Europäischen Stiftung würde zumindest in einem Teilbereich Erleichterung verschaffen: Es würde europaweit einheitliche Kriterien für die Anerkennung als gemeinnützige Einrichtung formulieren. Auch damit wären jedoch noch lange nicht alle Probleme gelöst. Gerade die Frage der steuerlichen Behandlung einer als gemeinnützig anerkannten Stiftung lässt der Entwurf explizit unberührt. Es bleibt also (zunächst) dabei, dass die Rechtsfolgen der Anerkennung als gemeinnützig von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich sein werden. Auch insoweit lohnt es sich jedoch, über eine Harmonisierung nachzudenken. Gerade aus rechtsvergleichender Perspektive zeigt sich dabei Erstaunliches. II. Steuerliche Privilegierung ansässiger Einrichtungen in Europa Der rechtsvergleichende Befund zeigt nämlich, dass im Ansatz viele europäische Mitgliedstaaten übereinstimmenden Grundsätzen hinsichtlich der steuerlichen Behandlung gemeinnütziger Einrichtungen folgen.7 Bereits bezüglich der Gegenstände und Zielsetzungen gemeinnütziger Arbeit ist im Kern ein breiter Grundkonsens auszumachen.8 Allgemein als gemeinnützig angesehen werden etwa Tätigkeiten im Bereich der Jugend- und Altenhilfe, der Bildung, Wissenschaft und Forschung, der Kunst und Kultur sowie der Obdachlosenhilfe.9 Daneben finden sich in einzelnen Ländern weitere Themenkreise, die den genannten regelmäßig verwandt sind, aber nicht von allen Ländern als gemeinnützig eingeordnet

werden. Dazu zählen namentlich der Sport und andere freizeitnahe Aktivitäten.10 Übereinstimmend nimmt man dabei an, dass es sich um eine rein politische Entscheidung des Parlaments handele, welche Tätigkeiten als gemeinnützig anerkannt werden sollen. Dem jeweiligen Gesetzgeber obliegt es, die aus seiner Sicht sachgerechte Balance zwischen den beiden zentralen Polen zu finden: Erstens der Förderung gemeinnütziger Aktivitäten, die nicht zuletzt staatliche Institutionen entlasten und zweitens den fiskalischen Einbußen, die mit der steuerlichen Verschonung von Einkünften unvermeidlich einhergehen. Insoweit spielen sicherlich gesellschaftliche und sozialpolitische Vorstellungen eine entscheidende Rolle. Verfassungsrechtliche Vorgaben – etwa durch das auch in anderen Jurisdiktionen anerkannte Prinzip der Besteuerung nach Maßgabe der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit – hält man demgegenüber allgemein nicht für relevant.11 Unterschiedlich wird jedoch die Problematik möglicher Wettbewerbsverzerrungen bewertet, sodass die (auch) wirtschaftliche Betätigung gemeinnütziger Einrichtungen zum Teil sehr restriktiv, in einigen Ländern aber auch großzügiger gesehen wird.12 Auch hinsichtlich der Art und Weise einer steuerlichen Privilegierung ist das Bild in Europa und darüber hinaus recht einheitlich. Zum einen finden sich direkte steuerliche Verschonungen des Einkommens der gemeinnützigen Einrichtung selbst; zum anderen kommen indirekte Begünstigungen im Bereich des Spendenrechts hinzu. 1. Direkte Begünstigungen Die rechtstechnische Ausgestaltung der direkten steuerlichen Privilegierung folgt im Kern zwei Grundmustern:13 In vielen 3 Vgl. Essers, Die Besteuerung gemeinnütziger Einrichtungen in Europa, Jahreskongress der European Association of Tax Law Professors (ETLP), IStR 21/2012, S. II ff. 4 Vgl. EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-170/05, Denkavit Internationaal, Slg. 2006 I-11949; EuGH, Urt. v. 8.11.2007 – C-379/05, Amurta, Slg. 2007 I-09569; dessen ungeachtet sind nur wenige Mitgliedstaaten bereit, ausländischen gemeinnützigen Einrichtungen die auf Portfoliodividenden gezahlten Quellensteuern zu erstatten. 5 Vgl. Essers (Fn. 3). 6 Vgl. Hüttemann/Helios, Zum grenzüberschreitenden Spendenabzug in Europa nach dem EuGH-Urteil vom 27.1.2009, Persche, DB 2009, 701 ff.; Freiherr von Proff, Grenzüberschreitende Gemeinnützigkeit nach dem Persche-Urteil des EuGH, IStR 2009, 371 ff. 7 Jochum, Die Vermögensstockspende, IStR 2012, 325 ff. 8 Vgl. die Länderberichte der European Association of Tax Law Professors (EATLP), Vanistendael (ed.), Taxation of Charities, Annual Congress 2012 of European Professors of Tax Law (EATLP), http://www.eatlp.org, erscheint in der “EATLP International Tax Series” IBFD Amsterdam volume 11, voraussichtlich 2013. Deutlich enger wird der Kreis aber z.B. in Russland gezogen, wo die Förderung des Sports und der Wissenschaft im Vordergrund stehen; dazu Vinnitskiy/Karaseva, in: Taxation of Charities (EATLP), a.a.O., S. 3 f. 9 Vgl. etwa für Ungarn Erdös, in: Taxation of Charities (EATLP) (Fn. 8), S. 1 f. 10 Jochum, Deduction of gifts and contributions, in: Taxation of Charities (EATLP) (Fn. 8). 11 Savvaidou, Deduction of gifts and contributions, in: Taxation of Charities (EATLP) (Fn. 8). 12 Vgl. Essers (Fn. 3). 13 Vgl. für die nordischen Staaten Olsson, Tax treatment of NGO`s in den Nordic Countries, in: Bater/Hondius/Lieber (Hrsg.), The tax treatment of NGO´s, 2004, 153, 160.


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Staaten werden gemeinnützige Einrichtungen schlicht ganz oder teilweise von der Besteuerung ausgenommen und ihre Einnahmen als steuerfrei angesehen. Manche Staaten betrachten dagegen die Einnahmen zwar als steuerpflichtig – lassen aber alle Ausgaben im Interesse der gemeinnützigen Zwecke zum Abzug zu und erkennen darüber hinaus alle Aufwendungen im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit an. Im Ergebnis reduziert sich auf diese Weise die steuerliche Bemessungsgrundlage regelmäßig auf null, sodass die gemeinnützigen Einrichtungen ebenfalls steuerlich begünstigt werden. 2. Indirekte Vorteile Indirekte Vorteile ergeben sich für gemeinnützige Einrichtungen insbesondere durch die steuerliche Privilegierung der Spender. Diese Steuervorteile erleichtern das Fundraising ohne Frage erheblich. Dabei präsentiert sich das Spendenrecht bei rechtsvergleichender Betrachtung in seinen nationalen Ausprägungen im Vergleich zum eigentlichen Gemeinnützigkeitsrecht als sehr viel facettenreicher.14 So werden Spenden teilweise zum Abzug von der steuerlichen Bemessungsgrundlage oder von der Steuerschuld zugelassen. Insbesondere im Zusammenspiel mit progressiv gestaffelten Steuersätzen macht dies einen bedeutenden Unterschied: Der Abzug von der Steuerschuld neutralisiert – anders als die Minderung der Bemessungsgrundlage – den Progressionseffekt. Weiter werden Spenden teilweise mit einem Multiplikator versehen, um den steuerlichen Effekt gezielt zu verstärken und so besondere Anreize zu setzen. Beliebt ist dieses legislatorische Instrument besonders im Bereich der Kulturförderung. Daneben finden sich vielfältige Formen der Begrenzung des Spendenabzugs durch Höchstbeträge; auf diese Weise lassen sich die fiskalischen Risiken eindämmen. Häufig sind auch Mindestbeträge zu beachten. Diese dürften dem Verwaltungsaufwand geschuldet sein. Gerade mit Blick auf Höchstbeträge lässt sich ein besonderer Spendenanreiz dadurch schaffen, dass diese bei dauerhaftem Spendenengagement dispensiert werden. Ein prominentes Beispiel dafür stellt die deutsche Vermögensstockspende dar. Ähnlich wirkt das Instrument der Dauerspende, das sich beispielsweise in den Niederlanden und in Dänemark findet.15 Übereinstimmung besteht allerdings bei aller Vielfalt des Spendenrechts in Europa auch hier im Ausgangspunkt: Spenden an gemeinnützige Einrichtungen werden grundsätzlich der steuerlich irrelevanten privaten Sphäre der allgemeinen Lebensführung zugeordnet. Ein Zusammenhang mit der Bemessung der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wird nicht hergestellt. Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden an gemeinnützige Einrichtungen basiert daher durchgängig auf politisch motivierten Entscheidungen der nationalen Steuergesetzgeber.16 III. Host country control approach Seit den grundlegenden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in den Rechtssachen Stauffer17 und Persche18 wird der Begriff des Allgemeinwohls zwar jedenfalls im Ansatz europäisch verstanden.19 Schließlich stehen Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit jeder Diskriminierung gemeinnütziger Einrichtungen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union entgegen.20 Allein aufgrund der Ansässigkeit einer Einrichtung im Ausland darf die steuerliche Privilegierung inländischer Einkünfte, die an sich der beschränkten Steuerpflicht unterliegen, nicht versagt werden. § 5 Abs. 2 KStG musste aus diesem Grund nach der Stauffer-Entscheidung ergänzt und auf Drittstaatsangehö-

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rige beschränkt werden. Weiter darf der steuermindernde Spendenabzug beim Spender nicht mehr versagt werden, nur weil der Spendenempfänger in einem anderen (europäischen) Staat ansässig ist. Die Mitgliedstaaten haben ihre nationalen Vorschriften auch insoweit ganz überwiegend an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs angepasst. Gemeinnützige Einrichtungen anderer Mitgliedstaaten werden im Wesentlichen ebenso behandelt wie nationale Rechtsträger.21 Dies gilt sowohl für die direkte als auch für die indirekte steuerliche Begünstigung. Allerdings ist damit bei genauerer Betrachtung noch immer nicht viel gewonnen. Zahlreiche Mitgliedstaaten halten nach wie vor daran fest, dass eine ausländische Einrichtung nur dann die gleichen steuerlichen Vorteile in Anspruch nehmen kann, wenn sie ihren nationalen Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts (host country control22 approach) – also nicht nur den Vorgaben ihres Heimatstaates – genügt.23 Dies soll auch für indirekte Begünstigungen im Bereich des Spendenrechts gelten. Für den Spender bedeutet dies, dass der steuermindernde Abzug der Spende im Rahmen seiner steuerlichen Veranlagung damit steht und fällt, ob der im Ausland ansässige Empfänger der Spende die Anforderungen erfüllt, die das nationale Recht des Ansässigkeitsstaates des Spenders aufstellt. Auf diese Weise wird das jeweilige inländische Recht zum zentralen Maßstab erhoben.24 Der Europäische Gerichtshof hatte diese Möglichkeit in der Rs. Stauffer vorsichtig angedeutet. Einer ausländischen Einrichtung wird daher ganz überwiegend nur dann die gleiche Behandlung und damit indirekte Privilegierung zuteil wie einer inländischen Einrichtung, wenn sie alle materiellen und formellen Voraussetzungen einer Anerkennung als gemeinnützige Institution des Tätigkeitsstaates erfüllt.25 Dies gilt auch im Bereich des Fundraisings: Maßgeblich ist dann das jeweilige nationale Recht der Landes, in dem der Spender ansässig ist. Auf diese Weise ist zwar eine Gleichbehandlung mit den inländischen Spendern gewährleistet und ein Verstoß gegen die europäischen Grundfreiheiten nicht zu besorgen. Unbefriedigend ist die Situation für grenzüberschreitend tätige Einrichtungen

14 Dehne, Die Besteuerung gemeinnütziger Organisationen im internationalen Vergleich, Gutachten des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung an der Universität München, 2005, ifo Schnelldienst 14/2005, 24,26 f. 15 Jochum (Fn. 7), S. 325 m.w.N. 16 Vgl. bereits Jochum (Fn. 10). 17 EuGH, Urt. v. 14.9.2006 – C-386/04, Stauffer, Slg. 2006 I-08203. 18 EuGH, Urt. v. 27.1.2009 – C-318/07, Persche, Slg. 2009 I-00359; zustimmend etwa Hüttemann/Helios (Fn. 6), S. 701 ff.; Freiherr von Proff (Fn. 6), S. 371 ff. 19 Jochum, Gemeinnützigkeit in Europa, in: FS Rengeling, 2008, S. 545 ff. 20 Thömmes, Sonderausgabenabzug für Spenden an gemeinnützige Einrichtungen im Ausland, IWB 2009/4 Fach 11a, 1127–1234. 21 Vgl. die Länderberichte der EATLP (Fn. 8). 22 Hemels, The European Foundation Proposal: an effective, efficient and feasible solution for tax issues related to cross border charitable giving and fundraising, in: Taxation of Charities (EATLP) (Fn. 8), S. 5. 23 Vgl. die Länderberichte EATLP (Fn. 8). 24 So nun auch FG Münster, Urt. v. 8.3.2012 – 2 K 2608/09 E in der Persche-Schlussentscheidung. 25 Vgl. FG Münster, Urt. v. 8.3.2012 – 2 K 2608/09 E. Ebenso der Regelungsansatz im US-amerikanischen Recht, vgl. dazu Jochum, Gemeinnütziges Engagement zwischen Europa und den USA, IStR 2012, 714.


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gleichwohl. Schließlich bleibt es ihnen überlassen, sich auf die jeweiligen nationalen Vorschriften des Tätigkeitsstaates einzustellen und ihnen gerecht zu werden. Ist eine gemeinnützige Einrichtung in zahlreichen Staaten aktiv und sammelt überall dort erfolgreich Spenden ein, muss sie also den verschiedenen Regeln Rechnung tragen, die in diesen Ländern gelten. Zu beobachten ist dabei, dass nationale Gesetzgeber den unionsrechtlich tolerierten „Hebel“ der nationalen Definitionshoheit durchaus geschickt nutzen, um an dem hergebrachten eher nationalen Verständnis des Gemeinnützigkeitsbegriffs jedenfalls teilweise festzuhalten. So hat Deutschland mit dem Jahressteueränderungsgesetz 2008 einen institutionellen Inlandsbezug geschaffen, in dem § 51 Abs. 2 AO dahingehend ergänzt wurde, dass das gemeinnützige Engagement im Ausland doch jedenfalls das Ansehen Deutschlands mehren müsse.26 In den Niederlanden spielen offensichtlich die nationalen Registrierungs­erfordernisse eine große Rolle und stehen deswegen aktuell auf dem grundfreiheits­rechtlichen Prüfstand.27 In Frankreich wird offenbar verlangt, dass die gemeinnützige Einrichtung jedenfalls einen Teil ihrer Aktivitäten in Frankreich entfaltet.28 Das letzte Wort hat insoweit sicher der Europäische Gerichtshof noch nicht gesprochen.

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Inländergleichbehandlung gewährleistet. Eine Angleichung der nationalen Steuer­rechtsordnungen also solches bleibt gleichwohl Zukunftsaufgabe und -auftrag.32 V. Einheitliches Europäisches Stiftungssteuerrecht Am Beispiel der steuerrechtlichen Behandlung gemeinnütziger Einrichtungen wird damit auch die Bedeutung der Rechtsvergleichung auf dem Gebiet des Steuerrechts deutlich. Der Europäischen Union fehlt bekanntermaßen hinsichtlich der direkten Steuern jede Rechtsetzungskompetenz. Eine Harmonisierung kann insoweit allein durch die nationalen Steuergesetzgeber erfolgen. Ihnen kann die Wissenschaft auf der Grundlage rechtsvergleichender Untersuchungen einen gemeinsamen Referenzrahmen – ein „common framework“ – und optionale Regelungsinstrumente an die Hand geben, die den Weg zur Konvergenz der nationalen Systeme und einem Einheitlichen Europäischen Stiftungssteuergesetz (Uniform European Foundation Tax Act) ebnen.

IV. Statut einer Europäischen Stiftung Um diesem Dilemma des um sich greifenden host country control approaches Herr zu werden, hat die Europäische Kommission am 8.2.2012 einen Vorschlag für die Schaffung der Rechtsfigur einer Europäischen Stiftung (FE) vorgelegt (COM (2012) 35 final).29 Europäische Stiftungen sollen in allen Mitgliedstaaten Rechtspersönlichkeit besitzen und handlungsfähig sein. Auf der Grundlage des neuen Statuts soll sichergestellt werden, dass für sie unionsweit die gleichen Regeln gelten. Offensichtlich ist, dass eine solche Vereinheitlichung grenzüberschreitende gemeinnützige Aktivitäten erleichtern würde. Es würde leichter und vor allem kostengünstiger, der gemeinnützigen Tätigkeit innerhalb der Europäischen Union nachzukommen und etwa Gelder zu transferieren und Spenden einzusammeln.30 Es liegt allerdings auf der Hand, dass ein solches unionsweites Statut nur unter der Voraussetzung sachgerecht geschaffen werden kann, dass ein gleichmäßiger Vollzug der maßgeblichen Regeln sichergestellt und eine verlässliche Kontrolle gewährleistet ist. Fraglich erscheint, ob die Mitgliedstaaten bereit sein werden, dafür auf nationaler Ebene zusätzliche Prüfverfahren und Anerkennungsinstitutionen zu schaffen. Bereits daran könnte das Vorhaben insgesamt scheitern.31 Es dürfte daher sachgerechter sein, zugleich mit der Schaffung des Status als solchem eine zentrale Prüf- und Anerkennungsinstanz auf europäischer Ebene einzurichten. Nur unter dieser Voraussetzung wird wohl sichergestellt werden können, dass das notwendige Verfahren zur Anerkennung als Europäische Stiftung einheitlich durchgeführt und nicht jeweils national überformt wird. Die Anwendung gleicher Regeln bedeutet nach dem Vorschlag der Europäischen Kommission allerdings lediglich – aber immerhin – eine Vereinheitlichung der rechtlichen Voraussetzungen einer Anerkennung als gemeinnützige Einrichtung als solches. Ausdrücklich betont wird jedoch, dass das neue Statut die nationalen steuerrechtlichen Vorschriften unberührt lässt. Anwendung finden vielmehr die jeweiligen nationalen Steuerrechtsnormen für gemeinnützige Einrichtungen. So ist zwar die unionsrechtlich gebotene

26 Krit. dazu Fischer, Voraussetzungen, Rechte und Pflichten der nationalen Behörden und Gerichte zur Prüfung der Abzugsfähigkeit der Auslandsspende, jurisPR-SteuerR 41/2009, Anm. 4; Förster, Grenzüberschreitende Gemeinnützigkeit – Spenden schwer gemacht?, BB 2011, 663 ff. 27 Vertragsverletzungsverfahren der EU Kommission IP/11/429, Brüssel 6.4.2011, beendet am 9.9.2012, nachdem die Niederlande die fraglichen nationalen Vorschriften geändert hatten. 28 Vertragsverletzungsverfahren der EU Kommission IP/09/1764, Brüssel 20.11.2009. 29 Vgl. Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung des Rates über das Statut der Europäischen Stiftung (EF) vom 8.2.2012 COM (2012) 35 final, der einen Kanon allgemein als gemeinnützig angesehener Zwecke enthält. 30 Pressemitteilung der EU IP/12/112 vom 8.2.2012. 31 Vgl. Essers (Fn. 3). 32 Dazu Jochum (Fn. 7), S. 325 ff.


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Sascha Voigt de Oliveira/Dr. Alexander Becker*

Können Vereine stiften gehen? Ein Beitrag zur Umstrukturierung eines eingetragenen Vereins in eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts

Dieser Beitrag befasst sich mit der Fragestellung, wie ein rechtsfähiger Verein im Sinne der §§ 21 und 55 BGB in eine Stiftung1 umgewandelt2 werden kann. Wie bei jeder Umstrukturierung sind die Vor- und Nachteile der Ausgangs- und Zielrechtsform abzuwägen. Gründe für eine Umstrukturierung eines Vereins in eine Stiftung sind mannigfaltig und von den Umständen des konkreten Vereins abhängig.3 Nachfolgend stellen wir praxisrelevante Gründe dar. Die allgemeinen gesellschaftlichen Veränderungen – beispielsweise der demographische Wandel und die zunehmende Notwendigkeit einer ständigen Flexibilität – führen erfahrungsgemäß zu einer rückläufigen Mitgliederentwicklung und sinkenden Bereitschaft zum langfristigen Engagement in einem Verein.4 Dieser anhaltende Prozess kann Vereine, die als mitgliederbasierte Organisationen auf eine langfristige Bindung, Mitarbeit und Unterstützung der Vereinsmitglieder ausgelegt sind, personell und finanziell erheblich schwächen. Bei sinkenden Mitgliederzahlen kommt der Verein auch in die Gefahr der organisierten „Übernahme“. Nur wenige Personen können durch einen Vereinsbeitritt und ein entsprechendes Abstimmungsverhalten in der Mitgliederversammlung die Geschicke des Vereins übernehmen und nachhaltig dessen Ausrichtung beeinflussen. Die Umwandlung in eine Stiftung führt zu einer, von Mitgliederinteressen unabhängigen, Vermögens- und Zwecksicherung auf Dauer.5 Die Mitgliedsbeiträge der Vereine reichen oft nicht aus, um die gesamte Vereinsaktivität zu finanzieren. Sie sind deshalb auf öffentliche Zuschüsse und private Spenden angewiesen. Insbesondere aber bei Großspenden sucht der Zuwendungsgeber einen verlässlichen Partner. Der Verein kann wegen seiner basisdemokratischen Struktur diese Sicherheit nur bedingt bieten, da im Rahmen jeder Mitgliederversammlung der Vereinszweck geändert werden kann. Im Gegensatz dazu ist bei Stiftungen der Stiftungszweck grundsätzlich festgeschrieben.6 Zusätzliche Sicherheit gewährt die staatliche Aufsicht, unter der rechtsfähige Stiftungen aufgrund der Stiftungsgesetze der Bundesländer stehen (§ 80 Abs. 1 BGB).7 Die Funktion dieser Aufsicht ist es, die nachhaltige Verwirklichung des im Stiftungsgeschäft und in der Stiftungssatzung fixierten Stiftungszwecks zu überwachen.8 Eine Stiftung bietet gegenüber dem Verein für den Zuwendungsgeber zusätzlich einen steuerrechtlichen Vorteil. Zuwendungen zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der Abgabenordnung9 können gemäß § 10b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG insgesamt bis zur Höhe von 20% des Gesamtbetrags der Einkünfte als Sonderausgaben abgezogen werden. Für Spenden in den Vermögensstock einer steuerbegünstigten Stiftung enthält § 10b Abs. 1a EStG eine Erweiterung. Danach können auf Antrag des Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum der Zuwendung und in den folgenden neun Veranlagungszeiträumen zusätzlich zu den Höchstbeträgen

nach § 10b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG bis zu 1 Million Euro abgezogen werden.10 Dieser zusätzliche Abzugsbetrag bezieht sich auf den gesamten Zehnjahreszeitraum und kann der Höhe nach innerhalb dieses Zeitraums nur einmal in Anspruch genommen werden.11 I. Anforderungen an die Wandlung Gegenstand dieses Aufsatzes ist die zivil- und steuerrechtliche Umsetzung der Wandlung eines steuerbegünstigten Vereins in eine ebenfalls steuerbegünstigte Stiftung. Diese Wandlung soll primär dazu führen, dass die einleitend genannten Vorteile einer Stiftung genutzt werden können. Nicht weniger notwendig ist es aber, dass die Wandlung mit einer möglichst geringen Steuerbelastung, einem angemessenen Aufwand und ohne Imageverlust erfolgt. Der Idealfall wäre eine Vermögensübertragung mit minimaler Grunderwerb- und Schenkungsteuer sowie in Form einer Gesamtrechtsnachfolge. Ob dies dem Grund nach möglich ist und welche Besonderheiten beachtet werden müssen, wird nachfolgend erläutert.

* Sascha Voigt de Oliveira, Rechtsanwalt/Steuerberater, ist Partner und Leiter des Stiftungsnetzwerks, Dr. Alexander Becker, Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht/Steuerberater ist Manager bei der KPMG AG WPG, Berlin. 1 Dieser Beitrag befasst sich ausschließlich mit der Umstrukturierung in eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts nach §§ 80 ff. BGB. In die nachfolgende Darstellung werden nicht die öffentlich-rechtliche Stiftung und die sogenannte Treuhandstiftung (nichtrechtsfähige Stiftung) einbezogen. 2 Zur Beschreibung dieses Prozesses wird nachfolgend das Wort „Wandlung“ benutzt. 3 v. Schnurbein, Stiftungen als Motor des Wandels im NonprofitSektor, ZSt 2008, 120. 4 Hager, Die Verschmelzung von eingetragenen Vereinen miteinander aus notarieller Sicht, RNotZ 2011, 565. 5 Nissel, Der Stiftungszweck, in: Werner/Saenger (Hrsg.), Die Stiftung, 2008, Rn. 233; Sieger/Bank, Erhaltung von Einflussmöglichkeiten des Stifters auf die Geschäftstätigkeit einer zivilrechtlichen Stiftung, NZG 2010, 641. 6 Vgl. zu den Ausnahmen § 87 BGB. 7 Beispielsweise § 2 Abs. 1 S. 2 BerlStiftG. 8 Ausführlich: Hüttemann/Rawert, Staudinger-BGB, 2011, Vorbem. zu §§ 80 ff. Rn. 84 f. 9 §§ 51 ff. AO. 10 Bei zusammen veranlagten Ehegatten kann jeder Ehegatte für seine Vermögensstockspenden den Höchstbetrag in Höhe von 2 Mio. Euro in Anspruch nehmen; BFH, Urt. v. 3.8.2005 – XI R 76/03, BStBl. II 2006, 121; vergleiche ferner Art. 1 Ziffer 2 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) Entwurf eines Gesetzes zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts ( Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetz – GEG). 11 Diese steuerrechtliche Begünstigung soll jedenfalls nach Art. 1 Ziffer 2 Buchst. a) Doppelbuchst. bb) GEG nicht für Verbrauchsstiftungen gelten.


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II. Umwandlungsgesetz und Umwandlungssteuergesetz 1. Umwandlungsgesetz Das Umwandlungsgesetz12 (UmwG) dient dazu, Veränderungen in der rechtlichen Struktur eines Unternehmens vornehmen zu können.13 Dafür stehen nach § 1 Abs. 1 UmwG die Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung oder der Formwechsel zur Verfügung. Während beim Formwechsel der Rechtsträger lediglich sein gesellschaftsrechtliches Kleid wechselt,14 findet bei der Verschmelzung und der Spaltung eine rechtsgeschäftlich vollständige oder teilweise Gesamtrechtsnachfolge statt.15 Die Wandlung eines Vereins in eine Stiftung ist im Umwandlungsgesetz nicht geregelt. Eine analoge Anwendung der Normen des Umwandlungsgesetzes scheitert an § 1 Abs. 2 UmwG. Dieser enthält, in Vollziehung des umwandlungsrechtlichen numerus clausus der umwandlungsfähigen Rechtsträger, ein Analogieverbot.16 Die Folge ist, dass die Wandlung eines Vereins in eine Stiftung nicht aufgrund des Umwandlungsgesetzes (in Form einer Gesamtrechtsnachfolge) erfolgen kann. 2. Umwandlungssteuergesetz Das Umwandlungssteuerrecht regelt die steuerliche Behandlung von Unternehmensumstrukturierungen. Der Gesetzgeber will Umstrukturierungen nicht durch ertragsteuerliche Hemmnisse erschweren.17 Zivilrechtlich können Strukturänderungen im Sinne des Umwandlungssteuergesetzes durch Umwandlungen nach dem UmwG und zusätzlich durch Einbringungsvorgänge, Kapitalerhöhungen gegen Sacheinlage, Realteilungen oder Anwachsungen erreicht werden.18 Wie zuvor unter Ziffer 1. dargelegt, regelt das UmwG gerade keine Umwandlung eines Vereins in eine Stiftung. Es existiert auch keine sonstige umwandlungssteuerrechtliche Regelung, die diese Wandlung ermöglicht. Eine ertragsteuerneutrale Wandlung ist aufgrund des Umwandlungssteuergesetzes folglich nicht möglich. III. Wandlung außerhalb des Umwandlungsgesetzes und des Umwandlungssteuergesetzes Da der Anwendungsbereich des Umwandlungsgesetzes bzw. Umwandlungssteuergesetzes für die Wandlung eines Vereins in eine Stiftung nicht eröffnet ist, werden nachfolgend zwei in der Praxis mehrfach umgesetzte Möglichkeiten der Umstrukturierung außerhalb des Umwandlungsgesetzes dargestellt. Eingangs wird unter Ziffer 1 die Wandlung durch Errichtung einer Stiftung mit anschließender Auflösung des Vereins und Auskehrung seines Vermögens an die Stiftung beschrieben. Als zweite Möglichkeit wird unter Ziffer 2 ein Formwechsel des Vereins in eine GmbH, deren Gesellschafter eine/zwei Stiftung(en) ist/sind, dargestellt. 1. Errichtung einer Stiftung und Liquidation des Vereins

a. Ablauf Zunächst soll die Möglichkeit einer Umstrukturierung durch die Liquidation des Vereins erläutert werden. Dazu wird in einem ersten Schritt eine steuerbegünstigte (Ziel-)Stiftung errichtet und diese in der Satzung des Vereins als Anfallsberechtigte nach § 45 Abs. 1 BGB bestimmt. Da bei der Liquidation des Vereins ein Sperrjahr nach § 51 BGB zu beachten ist, wird das Vermögen des Vereins im Ganzen bereits mit dem Auflösungsbeschluss an die Stiftung verschenkt (Variante 1).19

Sollte im Einzelfall aufgrund der Satzungsgestaltung bzw. der Mehrheitsverhältnisse in der Mitgliederversammlung eine Schenkung nicht möglich sein, ist alternativ auch ein Verkauf der Wirtschaftsgüter des Vereins an die Stiftung denkbar (Variante 2). Der Kaufpreis kann dem Buchwert des gesamten Vereinsvermögens entsprechen. Er sollte aber nur insoweit fällig werden, als der Vereinsvorstand Mittel zur Erfüllung von Verbindlichkeiten des Vereins benötigt. Da der Vereinsvorstand mit den Vertragspartnern eine Schuldübernahme (§§ 414 f. BGB) oder einen Schuldbeitritt durch die Stiftung vereinbaren sollte, benötigt der Verein bestenfalls keine weiteren Mittel, um Verbindlichkeiten zu bedienen. Mit Abschluss der Liquidation wird in einem zweiten Schritt der Kaufpreisanspruch des Vereins gegen die Stiftung an diese als Anfallberechtigte ausgekehrt und erlischt in Folge der Vereinigung von Forderung und Schuld (Konfusion).20 Im Ergebnis wird mit diesem Vorgehen eine Wandlung in eine Stiftung, nicht aber eine Gesamtrechtsnachfolge erreicht. Die Vermögensgegenstände müssen einzeln vom Verein auf die Stiftung übertragen werden (Einzelrechtsnachfolge). Da regelmäßig vom Verein auf die Stiftung auch Verbindlichkeiten bzw. Dauerschuldverhältnisse mit übertragen werden, ist für jedes einzelne Rechtsgeschäft die Mitwirkung des Gläubigers notwendig (§§ 414 f. BGB). Wie verhält es sich bei dieser Möglichkeit der Umstrukturierung mit der steuerlichen Belastung außerhalb der Ertragsteuern, die wegen der regelmäßigen Steuerbegünstigung der beteiligten Rechtsträger im Folgenden nicht dargestellt werden?

b. Schenkungsteuer Wird eine Schenkung des Vereinsvermögens an die Stiftung vereinbart (siehe zuvor unter a) Variante 1), liegt darin ein schenkungsteuerbarer Vorgang. Als Schenkung unter Leben-

12 Vom 28.10.1994 (BGBl. I 1994, 3210); zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 48 G zur Änderung von Vorschriften über Verkündung und Bekanntmachungen sowie der ZPO, des EGZPO und der AO vom 22.12.2011, BGBl. I 2011, 3044. 13 Lutter, Lutter-UmwG, 4. Aufl. 2009, Einleitung I, Rn. 1 und 3. 14 Habersack/Schürnbrand, Das Schicksal gebundener Ansprüche beim Formwechsel, NZG 2007, 81. 15 Rückert, Umwandlungsrecht für die notarielle Praxis, BWNotZ 1998, 113; Hörtnagl, Schmitt/Hörtnagl/Stratz-UmwG, UmwStG, 5. Aufl. 2009, § 1 UmwG, Rn. 1. 16 Hörtnagl (Fn. 15), § 1 UmwG Rn. 68; Pentz, MüKo-AktG, 2. Aufl. 2000, § 41 Rn. 82. 17 Gesetzentwurf zum Umwandlungssteuerrecht vom 24.2.1994, BT-Drs. 12/6885, 14. 18 BMF, Schr. v. 11.11.2012 – IV C 2 – S 1978-b/08/10001 betr. Anwendung des Umwandlungssteuergesetzes, BStBl. I 2011, 1314. 19 In diesem Fall kann auch auf eine Liquidation verzichtet werden und der Verein durch Satzungsänderung zu einem Förderverein werden. 20 BGH, Urt. v. 23.4.2009 – IX ZR 19/08, NJW-RR 2009, 1059.


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den gilt nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Freigebig ist eine Zuwendung, wenn sie objektiv zu einer Bereicherung des Bedachten führt und der Zuwendende sich der Unentgeltlichkeit bewusst ist.21 Dieser steuerrechtliche Schenkungsbegriff unterscheidet sich vom zivilrechtlichen Schenkungsbegriff (§ 516 BGB) darin, dass eine Einigung zwischen Schenker und Beschenktem über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung nicht erforderlich ist.22 Wird zunächst der Verkauf des Vermögens vereinbart (siehe zuvor unter a. Variante 2), ist eine Schenkung gegeben, soweit der festgelegte Verkaufspreis (ggf. der Buchwert) unterhalb des Verkehrswertes liegt. In dem steuerrechtlichen Tatbestand der Schenkung wird durch das Wort „soweit“ auf den gesetzlich nicht geregelten Sonderfall der gemischten Schenkung verwiesen.23 Eine gemischte Schenkung liegt vor, wenn zwischen dem Wert des Kaufgegenstandes und dem vom Käufer geschuldeten Kaufpreis eine Differenz besteht und sich der Parteiwille auf eine unentgeltliche Zuwendung der Wertdifferenz richtet.24 Ein weiterer schenkungsteuerbarer Vorgang liegt aber auch in der Auskehr des Kaufpreisanspruches an die Stiftung als Abschluss des Liquidationsverfahrens. Dem steht das Anfallsrecht der Stiftung nicht entgegen, da es bis zur Beendigung der Liquidation von den Vereinsmitgliedern ohne Zustimmung des Anfallsberechtigten beseitigt werden kann.25 Ein Anspruch der Stiftung auf Auskehr besteht somit nicht. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b) ErbStG sind Zuwendungen an inländische Vereine, Stiftungen und sonstige Körperschaften steuerfrei, wenn sie nach ihrer Satzung, Verfassung und tatsächlicher Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen. Die zuvor genannten schenkungsteuerbaren Vorgänge zugunsten der steuerbegünstigten Stiftung sind folglich schenkungsteuerfrei.

c. Grunderwerbsteuer aa) Gehören zu dem vom Verein auf die Stiftung zu übertragenden Vermögen auch Grundstücke, könnte ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang gegeben sein. Bei der Beurteilung der Grunderwerbsteuer kommt es auf die steuerrechtliche Beurteilung des Vermögensübergangs von dem Verein auf die Stiftung an, nämlich ob es sich um die dargestellte Variante 1 (Schenkung) oder Variante 2 (gemischte Schenkung) handelt. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet, der Grunderwerbsteuer. Von der Besteuerung ausgenommen sind gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des ErbStG. Wird das Vereinsvermögen unentgeltlich übertragen (siehe zuvor unter a. Variante 1), liegt vollumfänglich eine freigebige Zuwendung und somit eine Schenkung vor. Bei einer gemischten Schenkung eines Grundstücks entfällt die Grunderwerbsteuer nur insoweit, als das Geschäft unentgeltlich ist. Bezüglich des entgeltlichen Teils fällt daher – sofern nicht andere Grunderwerbsteuerbefreiungen eingreifen – Grunderwerbsteuer an.26 Wenn das Vereinsvermögen zu einem Wert unterhalb des Verkehrswertes (z. B. zum Buchwert) an die Stiftung verkauft wird (siehe zuvor unter a. Variante 2), ist deshalb hinsichtlich der Differenz aus Verkehrswert und Buchwert eine Schenkung gegeben. Im Übrigen liegt mangels Unentgeltlichkeit keine Schenkung im Sinne des Schen-

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kungsteuerrechts vor. Es handelt sich insoweit um einen grunderwerbsteuerbaren und grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Die zuvor dargestellten rechtlichen Ausführungen zu Variante 2 basieren auf der Überlegung, dass es sich bei dem Kaufvertrag und der Auskehr des Kaufpreisanspruches an die Stiftung (Umsetzung der Vermögensbindung) um zwei separate zivilrechtliche Vorgänge handelt. Löst man sich von dieser rein zivilrechtlich geprägten Sichtweise, könnte auch die spätere Auskehr der Kaufpreisforderung im Rahmen einer Gesamtbetrachtung bereits bei der rechtlichen Beurteilung des Kaufvertrags berücksichtigt werden. Wirtschaftlich betrachtet handelt es sich bei dem Kaufvertrag und der Liquidation mit Auskehr der Forderung um einen zusammengefassten Vorgang. Dieser einheitliche Vorgang könnte als eine Schenkung beurteilt werden, die folglich zu keiner Grunderwerbsteuerbelastung führt (§ 3 Nr. 2 GrEStG). Dieser Beurteilung steht aber die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs27 entgegen, nach der eine wirtschaftliche Betrachtungsweise auf Steuerarten, welche an bürgerlich-rechtliche Vorgänge anknüpfen, nicht anwendbar sei. Insbesondere für Verkehrssteuern – wie die Grunderwerbsteuer28 – sei ausschließlich die Zivilrechtslage maßgeblich.29 Im Ergebnis ist die dargestellte wirtschaftliche Betrachtung – jedenfalls unter Berücksichtigung der Rechtsprechung – nicht zulässig. bb) Ist ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang gegeben (Variante 2), ist die Bemessungsgrundlage zu ermitteln. Diese bestimmt sich grundsätzlich gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG nach dem Wert der Gegenleistung. Ist diese nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln, wird die Bemessungsgrundlage gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG nach den bewertungsrechtlichen Regelungen (§ 138 Abs. 2 bis 4 BewG) ermittelt.30 Bei einem Kauf ist die Gegenleistung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Bei dem Verkauf der Vermögenswerte an die Stiftung kann aus Vereinfachungsgründen ein Gesamtkaufpreis in Höhe der Buchwerte vereinbart werden. Aus diesem Gesamtkaufpreis lässt sich eine Gegenleistung für jedes einzelne Wirtschaftsgut nicht direkt ermitteln. Schwierigkeiten bei der Schätzung der Gegenleistung berechtigen aber noch nicht zur Anwendung des § 8 Abs. 2 GrEStG i.V.m. §§ 138 ff. BewG.31 Die somit erforderliche, aber auch ausreichende Schätzung kann zu einer Bemessungsgrundlage in Höhe des Marktpreises der einzelnen Grundstücke führen. 21 Gebel, Troll/Gebel/Jülicher-ErbStG, 43. Aufl. 2012, § 7 Rn. 17 ff. 22 R E 7.1 Abs. 1 S. 1 ErbStR 2011. 23 Meincke, ErbStG, 16. Aufl. 2012, § 7 Rn. 27 ff. 24 Kollhoser, MüKo-BGB, 4. Aufl. 2004, § 516 Rn. 29; WimmerLeonhard, Staudinger-BGB, 2005, § 516 Rn. 200. 25 BFH, Urt. v. 14.6.1995 – II R 92/92, BStBl. II 1995, 609. 26 BFH, Urt. v. 20.4.1977 – II R 48/76, BStBl. II 1977, 676; FG Düsseldorf, Urt. v. 21.5.2001 – 7 K 5152/98 GE, EFG 2001, 1066 (rechtskräftig). 27 BFH, Urt. v. 7.11.2007 – II R 28/06, BStBl. II 2008, 258. 28 Fischer, Boruttau-GrEStG, 17. Aufl. 2011, Vorbem. Rn. 131. 29 BFH, Urt. v. 22.9.1982 – II R 61/80, BStBl. II 1983, 179. 30 Insoweit sollte das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht (2 BvR 287/11) zur Verfassungsmäßigkeit der Einheitsbewertung beachtet werden. Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens verfassungsgemäß sind. 31 BFH, Urt. v. 26.2.2003 – II B 54/02, BStBl. II 2003, 483; Viskorf, Boruttau-GrEStG (Fn. 28), § 8 Rn. 31.


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Anders ist die Bemessungsgrundlage zu bestimmen, wenn eine gemischte Schenkung gegeben ist. Wird die dingliche Haftung wie auch die persönliche Schuld „übernommen“, so liegt darin eine sonstige Leistung i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Der Besteuerung ist der Nennwert der Forderung zugrunde zu legen.32 Wird dagegen nur die dingliche Haftung „übernommen“, da persönlicher und dinglicher Schuldner nicht deckungsgleich sind, liegt darin wiederum eine sonstige Leistung i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, deren Wert zu schätzen ist.

d. Umsatzsteuerliche Organschaft Bestand bisher zwischen dem Verein und seinen Tochtergesellschaften eine umsatzsteuerliche Organschaft, muss sichergestellt werden, dass auch zwischen der Stiftung und den Tochtergesellschaften die Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Organschaft weiterhin gegeben sind. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn ein Leistungsempfänger im Organkreis keinen Vorsteuerabzug geltend machen kann (§ 15 Abs. 2 UStG). Das ist beispielsweise der Fall, wenn Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen nach § 4 Nr. 14 UStG erbracht oder Pflegeeinrichtungen im Sinne des § 4 Nr. 16 UStG betrieben werden (§ 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG). Im Rahmen der Wandlung bietet es sich an, die seit 2007 durch den Bundesfinanzhof und die Finanzverwaltung enger gefassten Eingliederungsvoraussetzungen der Organschaft33 zu prüfen und gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen zur Eingliederung umzusetzen. Die umsatzsteuerliche Organschaft setzt gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG eine finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers voraus. Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 3 UStG selbständig ausübt. Das bedeutet, dass sowohl der Organträger als auch die Organgesellschaft(en) die Unternehmereigenschaft nach § 2 UStG begründen müssen. Die Organgesellschaft ist in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert, wenn dieser die entscheidende Anteilsmehrheit besitzt, die es ihm ermöglicht, Beschlüsse in der Organgesellschaft durchzusetzen.34 Es ist ausreichend, wenn die finanzielle Eingliederung mittelbar über eine unternehmerisch oder nichtunternehmerisch tätige Tochtergesellschaft des Organträgers erfolgt.35 Eine Organschaft setzt somit voraus, dass die Stiftung mehr als 50% der Anteile an den jeweiligen Tochtergesellschaften hält, sofern keine höhere qualifizierte Mehrheit für die Beschlussfassung erforderlich ist. Wirtschaftliche Eingliederung bedeutet, dass zwischen der Organgesellschaft und dem Organträger ein wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung vorhanden ist. Die Tätigkeiten von Organträger und Organgesellschaft müssen aufeinander abgestimmt sein. Sie müssen sich tatsächlich fördern und ergänzen.36 Voraussetzung für einen wirtschaftlichen Zusammenhang ist, dass die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft dem unternehmerischen Bereich des Anteilseigners zugeordnet wird.37 Die Organschaft scheitert daher, wenn die Stiftung nicht unternehmerisch tätig wird, sondern sich auf ihre ideellen Zwecke und die Ausübung ihrer Gesellschafterrechte (Finanzholding) beschränkt.38 Wird die Stiftung dagegen unternehmerisch tätig und besteht eine nicht unerhebliche wirtschaftliche Beziehung zwischen der Stiftung und den Tochtergesellschaften, kann auch weiterhin eine Organschaft gegeben sein.

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Dritte Voraussetzung einer Organschaft ist die organisatorische Eingliederung. Diese liegt vor, wenn der Organträger durch organisatorische Maßnahmen sicherstellt, dass in der Organgesellschaft sein Wille auch tatsächlich umgesetzt wird. Dies setzt in der Regel eine personelle Verflechtung der Geschäftsführung des Organträgers und der Organgesellschaft voraus.39 Des Weiteren darf eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei der Organtochter nicht möglich sein.40 Eine personelle Verflechtung zwischen der Stiftung und den Tochtergesellschaften kann u.a. durch eine Personalunion in den Leitungsgremien sichergestellt werden. Problematisch kann dies bei mehrstöckigen Konzernstrukturen werden.

e. Bindungswirkung von verbindlichen Auskünften Verfahrensrechtlich stellt sich im Rahmen der dargestellten Strukturierungsprozesse regelmäßig die Frage, ob dem Verein erteilte verbindliche Auskünfte ihre rechtliche Bindungswirkung auch zugunsten der Stiftung entfalten. Gemäß § 2 Steuer-Auskunftsverordnung (StAuskV)41 ist die nach § 89 Abs. 2 S. 2 und 3 AO erteilte verbindliche Auskunft für die Besteuerung des Antragstellers oder in den Fällen des § 1 Abs. 3 StAuskV für die Besteuerung der Person, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die den Sachverhalt verwirklicht hat, bindend. Im Fall der Gesamtrechtsnachfolge geht die Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft entsprechend § 45 Abs. 1 S. 1 AO auf den Rechtsnachfolger über.42 Bei einer – vorliegend gegebenen – Einzelrechtsnachfolge besteht die Bindungswirkung nicht fort. Hat der umzuwandelnde Verein eine verbindliche Auskunft erhalten, gilt sie folglich nicht gegenüber der Stiftung. Daher wäre eine erneute (regelmäßig nach § 89 Abs. 4 f. AO kostenpflichtige) Antragstellung erforderlich. 2. Umwandlung des Vereins in eine GmbH/Stiftung(en) als Träger der GmbH Die Wandlung eines Vereins in eine Stiftung kann im Ergebnis auch durch einen Formwechsel des Vereins in eine GmbH, deren Gesellschafter zwei Stiftungen sind, erreicht werden. Für diesen Formwechsel sollte(n) im ersten Schritt eine (Stiftungsmodell I) oder zwei (Stiftungsmodell II) steuerbegünstigte Stiftungen errichtet werden, die von dem Verein oder Dritten mit ausreichend Grundstockvermögen ausgestattet und als Mitglied in den umzuwandelnden Verein aufgenommen wird/werden. 32 BFH, Urt. v. 14.10.2008 – II B 65/07, BFH/NV 2009, 214. 33 BFH, Urt. v. 5.12.2007 – V R 26/06, BStBl. II 2008, 451; BFH, Urt. v. 3.4.2008 – V R 76/05, BStBl. II 2008, 905; BFH, Urt. v. 29.10.2008 – XI R 74/07, BStBl. II 2009, 256; BFH, Urt. v. 18.6.2009 – V R 4/08, BStBl. II 2010, 310; BFH, Urt. v. 20.8.2009 – V R 30/06, BStBl. II 2010, 863; BFH, Urt. v. 22.4.2010 – V R 9/09, BStBl. II 2011, 597; BFH, Urt. v. 1.12.2010 – XI R 43/08, BStBl. II 2011, 600. 34 BFH, Urt. v. 1.12.2010 – XI R 43/08, BStBl. II 2011, 600. 35 UStAE zu § 2 UStG Nr. 2.8, Ziff. 5 S. 4 (Stand: 31.8.2012). 36 BFH, Urt. v. 9.9.1993 – V R 124/89, BStBl. II 1994, 129. 37 UStAE zu § 2 UStG Nr. 2.8, Ziff. 6 S. 2 (Stand: 31.8.2012). 38 Rödder, Holding und umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft, DStR 1993, 635. 39 BFH, Urt. v. 3.4.2008 – V R 76/05, BStBl. II 2008, 905. 40 BFH, Urt. v. 5.12.2007 – V R 26/06, DStR 2008, 453. 41 Verordnung zur Durchführung von § 89 Abs. 2 der Abgabenordnung (Steuer-Auskunftsverordnung – StAuskV) vom 30.11.2007, BGBl. I 2007, 2783. 42 AEAO Nr. 3.6.2 zu § 89.


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Als zweiter Schritt scheiden die übrigen Mitglieder aus dem Verein aus. Anschließend wird zu einer Mitgliederversammlung eingeladen, bei der die beiden Stiftungen den Formwechsel beschließen und Gesellschafter der GmbH werden. Die formwechselnde Umwandlung eines Vereins in eine GmbH ist gemäß § 3 Abs. 1 UmwG i.V.m. § 272 Abs. 1 UmwG zulässig. Wie verhält es sich mit der steuerrechtlichen Belastung außerhalb der Ertragsteuern, die nicht dargestellt werden?

a. Schenkungsteuer Bei der formwechselnden Umwandlung eines Vereins in eine GmbH ist zwischen mehreren (schenkungsteuerbaren) Vorgängen zu differenzieren. Wird das Grundstockvermögen der Stiftung(en) durch den Verein aufgebracht, liegt darin ein schenkungsteuerbarer Vorgang (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Sofern die Stiftung als steuerbegünstigt anerkannt wird, ist der Vorgang gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b) ErbStG in Verbindung mit §§ 51 ff. AO von der Schenkungsteuer befreit. Ein weiterer in Frage kommender Tatbestand stellt der Wechsel des Vereinsmitglieds zu einem Gesellschafter der GmbH dar. Die Finanzverwaltung sah darin zunächst einen schenkungsteuerbaren Vorgang.43 Da sich bei einer formwechselnden Umwandlung nur das Rechtskleid ändert, soll dies nach zutreffender Ansicht des Bundesfinanzhofs zu keiner steuerrechtlichen Auswirkung auf der Ebene der Gesellschafter führen.44 Dieser Auffassung hat sich die Finanzverwaltung angeschlossen.45 Die Änderung der Rechtsstellung von einem Vereinsmitglied zu einem Gesellschafter unterliegt somit nicht der Schenkungsteuer. Übertragen die beiden neu errichteten Stiftungen untereinander Gesellschaftsanteile an der GmbH unentgeltlich, ist jeweils ein weiterer schenkungsteuerrelevanter Tatbestand gegeben. Dieser Vorgang unterliegt der Schenkungsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Er ist aufgrund der Steuerbegünstigung der Stiftungen von der Schenkungsteuer befreit (§ 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b) ErbStG und §§ 51 ff. AO).

b. Grunderwerbsteuer Ein grundstücksbezogener Rechtsvorgang ist gemäß § 1 Abs. 1 GrEStG nur dann grunderwerbsteuerbar, wenn es zu einem Rechtsträgerwechsel kommt.46 Der Formwechsel des Vereins in eine GmbH führt nicht zu einem Rechtsträgerwechsel.47 Es handelt sich bei dem Formwechsel um einen Wechsel der Rechtsform des Rechtsträgers unter Wahrung seiner rechtlichen Identität.48 Die formwechselnde Umwandlung unterliegt somit nicht der Grunderwerbsteuer.49

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Grunderwerbsteuer kann ausgelöst werden, wenn es auf Ebene der Gesellschafter (Stiftungen) zu einer Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG kommt. Eine Anteilsvereinigung liegt nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vor, wenn ein Rechtsgeschäft unmittelbar oder mittelbar zu einer Vereinigung von mindestens 95% der Anteile einer grundbesitzenden Gesellschaft in einer Hand führt. Diese Norm erfasst die Sachherrschaft, die jemand an den Grundstücken einer Gesellschaft mit der rechtlichen Verfügungsmacht an den Gesellschaftsanteilen erlangt. Grundlage der Besteuerung ist somit ein fingierter Grundstückserwerb aufgrund einer geänderten Zuordnung auf der Gesellschafterebene.50 Werden entsprechend dem Stiftungsmodell II zwei Stiftungen Gesellschafter der GmbH, liegt keine Anteilsvereinigung vor, wenn keine der Stiftungen mindestens 95% der Anteile der Gesellschaft erhält. Wenn dagegen eine Stiftung zumindest 95% der Anteile erhält oder es entsprechend dem Stiftungsmodell I nur eine Gesellschafterstiftung gibt, kann eine Anteilsvereinigung und somit ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang gegeben sein. Erfolgt die Übertragung der Geschäftsanteile zwischen den Stiftungen schenkungsweise, kommt der Befreiungstatbestand des § 3 Nr. 2 GrEStG in Betracht. Danach sind Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des ErbStG von der Besteuerung ausgenommen. Umstritten ist, ob diese Steuerbefreiung auch auf eine Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG anzuwenden ist. Nach Ansicht der Finanzverwaltung findet diese Befreiungsvorschrift keine Anwendung, da der Erwerb des Grundstücks von der Gesellschaft auf einer durch den § 1 Abs. 3 GrEStG angeordneten Fiktion („Grundstücksübertragung“) und nicht auf einer Schenkung der Anteile beruht.51 Diese in der Literatur kontrovers diskutierte Ansicht52 stimmte mit der des Bundesfinanzhofs bis zum 23.5.2012 überein.53 Durch eine Rechtsprechungsänderung wendet der Bundesfinanzhof nunmehr die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 GrEStG auch auf die Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG an. Der in § 3 Nr. 2 GrEStG verwendete Begriff „Grundstücksschenkung unter Lebenden“ sei nach Ansicht des Bundesfinanzhofs nicht so zu verstehen, dass diese Norm nur isoliert freigebige Zuwendungen von Grundstücken erfasse. Die Steuerbefreiung sei auch dann zu

43 Finanzministerium Baden-Württemberg, Erlass (koordinierter Ländererlass) vom 7.12.2000, DStZ 2001, 177. 44 BFH, Urt. v. 14.2.2007 – II R 66/05, BStBl. II 2007, 1587. 45 Finanzministerium Baden-Württemberg, Erlass (koordinierter Ländererlass) vom 31.7.2007, DStR 2007, 1532. 46 Hofmann, Hoffmann-GrEStG, 9. Aufl. 2010, § 1 Rn. 3. 47 BFH, Urt. v. 14.2.2007 – II R 66/05, BStBl. II 2007, 621. 48 In Abhängigkeit des Umwandlungsvorgangs kann auch die Steuervergünstigung bei Umstrukturierungen im Konzern nach § 6a GrEStG zur Anwendung kommen; BMF, Schr. v. 19.6.2012, BStBl. I 2012, 662. 49 Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, Erlass (koordinierter Ländererlass) v. 14.2.2000, 36 – S-4521 - 16/179 – 6134, Lexinform Dokumentennummer: 0556410. 50 BFH, Urt. v. 20.4.2011 – I R 2/10, BStBl. II 2011, 761. 51 Finanzministerium Baden-Württemberg, Erlass (koordinierter Ländererlass) vom 18.12.2009 – 3 - S 450.5 / 18, DStR 2010, 114. 52 Statt aller: Meßbacher-Hönsch, Boruttau-GrEStG (Fn. 28), § 3 Rn. 120; Proff zu Irnich, Anwendung der personenbezogenen GrESt.-Befreiungen bei Anteilseignerwechsel und Anteilsvereinigung, DB 2007, 2616; Ruhwinkel, Grunderwerbsteuer bei Schenkung von Gesellschaftsanteilen, DStR 2007, 1755. 53 Vgl. dazu: BFH, Urt. v. 31.3.1982 – II R 92/81, BStBl. II 1982, 424; BFH, Urt. v. 8.6.1988 – II R 143/86, BStBl. II 1988, 785.


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gewähren, wenn Gegenstand einer freigebigen Zuwendung ein Anteil an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft ist.54 Ob die Finanzverwaltung der Rechtsprechungsänderung des Bundesfinanzhofs folgen wird, ist derzeit offen.55 Für die formwechselnde Umwandlung des Vereins in eine GmbH mittels Formwechsel hat diese Rechtsprechungsänderung Auswirkungen. Soweit unentgeltlich Anteile übertragen werden, ist der Vorgang nun gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit. Der Anteil an der grundbesitzenden Gesellschaft kann auch im Wege einer gemischten Schenkung teilweise entgeltlich übertragen werden. Kommt es dabei zu einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG, ist diese nur insoweit nach § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG steuerfrei, als der Anteil im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG freigebig zugewendet wird. Die Belastung mit Grunderwerbsteuer kann nur dadurch vermieden werden, dass entsprechend dem Stiftungsmodell II zwei Stiftungen Gesellschafter der GmbH werden und jede weniger als 95% der Anteile der Gesellschaft erhält.

achten, dass nur eine Stiftung Organträger sein kann. Die für die finanzielle Eingliederung erforderliche Anteilsmehrheit an der GmbH kann nur durch eine Stiftung gehalten werden.

c. Umsatzsteuerliche Organschaft

IV. Fazit

Eine umsatzsteuerliche Organschaft kann zwischen der Stiftung und der GmbH sowie der GmbH und deren Tochtergesellschaften bestehen. Hinsichtlich der Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Organschaft wird auf die obigen Ausführungen unter Punkt III 1. d.) verwiesen. Im Besonderen für die finanzielle Eingliederung gilt, dass die entscheidende Anteilsmehrheit bei einer GmbH gemäß § 47 Abs. 1 und Abs. 2 GmbHG grundsätzlich vorliegt, wenn die Beteiligung mehr als 50% beträgt. Bei dem Stiftungsmodel I, bei dem eine Stiftung Alleingesellschafterin ist, liegt dies unproblematisch vor. Bei dem Stiftungsmodell II muss auf eine Stiftung mehr als 50% der Anteile übertragen werden. Der übertragenden Stiftung sollten aber wegen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG mindestens 5% verbleiben. Beachtet werden muss auch, dass der potenzielle Organträger ein Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 UStG begründen muss. Dazu ist erforderlich, dass eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausgeübt wird. Agiert die Stiftung als reine Förderkörperschaft, kann sie deshalb kein Organträger sein. Im Stiftungsmodell II – also mit zwei Stiftungen – ist zu be-

Die Umstrukturierung eines Vereins in eine Stiftung im Wege einer steuerneutralen Gesamtrechtsnachfolge ist nicht möglich. Es gibt aber Alternativen, bei denen zumindest eine Vielzahl der Beweggründe, die für eine Wandlung sprechen, erfüllt ist. Im Detail besteht aber keine rechtlich gesicherte Vorgehensweise, so dass Rücksprachen mit der Stiftungsbehörde und dem zuständigen Finanzamt zu empfehlen sind. Der Prozess zur Realisierung dieser Alternativen erweist sich aber als aufwendig und bei der Übertragung von Grundvermögen auch als teuer. Es wäre deshalb wünschenswert, wenn Stiftungen als neuer Rechtsträger eines Formwechsels in den Anwendungsbereich des Umwandlungsgesetzes aufgenommen würden.56

d. Bindungswirkung von verbindlichen Auskünften Verfahrensrechtlich stellt sich die Frage, ob die dem Verein erteilte verbindliche Auskunft ihre rechtliche Bindungswirkung auch zugunsten der GmbH entfaltet. Eine verbindliche Auskunft führt gemäß § 2 StAuskV zu einer Bindungswirkung gegenüber dem Antragsteller (vgl. dazu oben unter Ziffer III. 1. e). Der Formwechsel nach UmwG von der Rechtsform eines Vereins in eine GmbH hat zur Folge, dass die formwechselnde Gesellschaft durch die Umwandlung lediglich ein neues Rechtskleid erhält (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UmwG, § 190 Abs. 1 UmwG i.V.m. § 272 Abs. 1 nach § 174 Abs. 1 UmwG). Ihre rechtliche Identität wird gewahrt. Deshalb besteht die Bindungswirkung einer gegenüber dem Verein erteilten verbindlichen Auskunft auch gegenüber der durch Formwechsel entstandenen GmbH.

54 BFH, Urt. v. 23.5.2012 – II R 21/10, DStR 2012, 1444. 55 Bis zum Redaktionsschluss wurde das Urteil des Bundesfinanzhofs nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht. 56 Zum Stand der Europäischen Stiftung: Weitemeyer, Der Kommissionsvorschlag zum Statut der Europäischen Stiftung, NZG 2012, 1001.

Praxisforum Dr. Andreas Richter, LL.M., Dr. Anna Katharina Gollan, LL.M.*

Der Gesetzentwurf zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts

Am 24.10.2012 hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts (GemEntBG) beschlossen, der derzeit im Bundesrat1 und -tag2 behandelt wird. Ziel der geplanten Änderungen ist die verstärkte gesellschaftliche Anerkennung gemeinnütziger Tätigkeiten durch die bürokratische Entlastung von gemeinnützigen Körperschaften und Personen, die für diese tätig sind. Letztere sollen zusätzlich in den Genuss erhöhter Steuerfreibeträge und erweiterter Haftungsbegünstigungen kommen.

Im Folgenden werden die zivilrechtlichen (A.) und steuerrechtlichen (B.) Änderungen dargestellt sowie ein abschließender Ausblick (C.) vorgenommen.

* Andreas Richter ist Partner, Anna Katharina Gollan ist Rechtsanwältin in der Sozietät P+P Pöllath + Partners, Berlin. 1 BR-Drs. 663/12. 2 BT-Drs. 17/11316.


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A. Zivilrechtliche Änderungen Das Gesetz bringt diverse Änderungen für Vereine, Stiftungen und gemeinnützige GmbHs mit sich. I. Vereinsrecht

a. Grundsätzliche Unentgeltlichkeit der Vorstandstätigkeit Die Mitglieder des Vereinsvorstands sind künftig kraft ausdrücklicher Regelung unentgeltlich tätig, sofern die Satzung nichts Abweichendes vorsieht (§ 27 Abs. 3 S. 2 BGB-E). Ob sich dies nach geltendem Recht aus der Verweisung in § 27 Abs. 3 BGB auf das Auftragsrecht ergibt,3 ist umstritten.4 Die geplante ausdrückliche Regelung verspricht insoweit Rechtssicherheit und entspricht im Übrigen der Praxis der Finanzverwaltung bei gemeinnützigen Vereinen und Stiftungen in Bezug auf das Gebot der Selbstlosigkeit (vgl. AEAO Nr. 23 zu § 55 Abs. 1 Nr. 3). Wünschenswert wäre eine großzügige Übergangsregelung, die es betroffenen Organisationen erlaubt, ggf. ihre Satzung anzupassen.

b. Haftungsbeschränkungen Die Haftungsbeschränkung für unentgeltlich tätige oder gering vergütete Vereinsvorstände (§ 31a BGB5) wird durch den Gesetzentwurf inhaltlich erweitert. Derzeit ist umstritten, ob unter dem Begriff „Vorstand“ sämtliche Organmitglieder eines Vereins/einer Stiftung zu verstehen sind.6 Dieser Streit wird mit der Verkündung des GemEntBG obsolet werden. Denn die Haftungsbeschränkung zugunsten von unentgeltlich oder gering vergüteten Vereinsvorständen soll nun für alle satzungsmäßigen Organmitglieder und die besonderen Vertreter des Vereins mit einer Vergütung von maximal 720,Euro p.a. gelten. Eine Haftung im Innenverhältnis dem Verein sowie den Vereinsmitgliedern gegenüber kommt nunmehr nur noch bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit in Betracht (§ 31a Abs. 1 BGB-E). Zudem haben die Organmitglieder bei der Schädigung Dritter ohne Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit einen Freistellungsanspruch gegenüber dem Verein (§ 31a Abs. 2 BGB-E). Diese Regelung soll nach dem Gesetzentwurf auch auf die Vereinsmitglieder erstreckt werden, da auch sie häufig − vergleichbar einem Organmitglied − Aufgaben des Vereins wahrnehmen, z.B. als Übungsleiter (§ 31b BGB-E). Damit erübrigt sich die analoge Anwendung der Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung in diesem Bereich.7 Durch die Vergesellschaftung des Haftungsrisikos des Einzelnen in den geplanten Regelungen wird dieser von wirtschaftlichen Risiken befreit, wodurch ein Anreiz für die Übernahme eines Ehrenamtes geschaffen wird. Allerdings kann sie – abhängig von der konkreten Vereinstätigkeit – auch erhebliche, ggf. existenzbedrohende, wirtschaftliche Gefahren für den Verein bergen. Gegen diese sollte sich der Verein ggf. mittels einer Haftpflichtversicherung absichern. II. Stiftungsrecht Die Vergütungsregelung für Vereinsvorstände sowie die Haftungserleichterung für Vereinsorgane (§§ 27 Abs. 3 S. 2, 31a BGB-E) werden entsprechend auch im Stiftungsrecht gelten (vgl. § 86 S. 1 BGB). Teilweise enthalten die Landesstiftungsgesetze Regelungen über den Haftungsmaßstab von Organmitgliedern (z.B. Art. 7 S. 2 BayStiftG; § 8 HessStiftG), deren Vereinbarkeit mit dem Bundesrecht stets umstritten war. Durch die vorrangige bundesrechtliche Regelung für alle Mitglieder von Stiftungsorganen ist künftig kein Raum mehr für

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ergänzende oder abweichende landesrechtliche Vorschriften. Die bisher teilweise bestrittene8 rechtliche Zulässigkeit von Verbrauchsstiftungen wird klargestellt (§ 81 Abs. 1 S. 2 BGB-E). Zugleich konkretisiert das Gesetz die Anerkennungsfähigkeit für den Fall, dass ein Verbrauch während eines Zeitraums von mindestens zehn Jahren vorgesehen ist (§ 80 Abs. 2 BGB-E). Die bundesgesetzliche Öffnung des Stiftungsrechts für Verbrauchsstiftungen stellt gerade in Zeiten eingeschränkter Ertragsmöglichkeiten eine interessante Gestaltungsalternative für Stifter dar, die selbst erleben möchten, wie das Stiftungsvermögen Wirkung entfaltet. Steuerlich wird es allerdings auch in Zukunft günstiger sein, das zu erhaltende Vermögen zu dotieren (B.II.a.), so dass die tatsächliche Verbreitung der Verbrauchsstiftung in der Praxis abzuwarten bleibt. III. GmbH-Recht Künftig soll eine gemeinnützige GmbH den Rechtsformzusatz „gGmbH“ tragen können (§ 4 S. 2 GmbHG-E). Damit wird die zurzeit bei den (Register-)Gerichten vorherrschende regional uneinheitliche Praxis zu dieser Frage9 erfreulicherweise gesetzlich auf eine rechtssichere Basis gestellt. Nachdem für gGmbHs insoweit Rechtssicherheit entsteht, ist es besonders bedauerlich, dass die Firmierung als „Stiftung“ für GmbHs nach der Praxis einzelner Registergerichte neuerdings nicht mehr zulässig sein soll. Eine gesetzliche Klarstellung in § 18 Abs. 2 HGB, dass die Bezeichnung „Stiftung“ nicht einzelnen Rechtsformen vorbehalten ist,10 hätte der überwiegenden bisherigen Registerpraxis entsprochen. B. Steuerrechtliche Änderungen Die steuerrechtlichen Änderungen betreffen unter anderem die Einführung eines „Anerkennungsverfahrens“ für gemeinnützige Körperschaften, die Liberalisierung der zeitna3 BGH, Beschl. v. 3.12.2007 – II ZR 22/07, NJW-RR 2008, 842; Ellenberger, Palandt-BGB, 71. Aufl. 2012, § 27 Rn. 5; Hüttemann, Ehrenamt, Organvergütung und Gemeinnützigkeit, DB 2009, 1205, 1207. 4 Reuter, MüKo-BGB, 6. Aufl. 2012, § 27 Rn. 41 m.w.N. 5 Eingeführt durch das Gesetz zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen vom 28.9.2009, BGBl. I 2009, 3161 (BT-Drs. 16/10120). 6 Dafür: Otto, jurisPK-BGB, 4. Aufl. 2009, § 31a Rn. 5; Arnold, Die Organhaftung in Verein und Stiftung (unter besonderer Berücksichtigung des neuen § 31a BGB), in: Hüttemann/Rawert/ Schmidt/Weitemeyer (Hrsg.), Non Profit Law Yearbook 2009, 2010, 89, 106. Dagegen: Burgard, Das Gesetz zur Begrenzung der Haftung von ehrenamtlich tätigen Vereinsvorständen, ZIP 2010, 358, 362; Reuter, MüKo-BGB, 6. Aufl. 2012, § 31a Rn. 4. 7 So bisher BGH, Urt. v. 13.12.2004 – II ZR 17/03, NJW 2005, 981 ff.; BGH, Urt. v. 5.12.1983 – II ZR 252/82, BGHZ 89, 153, 158, NJW 1984, 789 ff. 8 Muscheler, Stiftungsrecht. Gesammelte Beiträge, 2. Aufl. 2011, S. 352 f. Für die Zulässigkeit der Verbrauchsstiftung nach bisherigem Recht s. Reuter, MüKo-BGB, 6. Aufl. 2012, §§ 80, 81 Rn. 17 ff. m.w.N. 9 So sah etwa das OLG München, Beschl. v. 13.12.2006 – 31 Wx 84/06, NJW 2007, 1601 ff. die Bezeichnung als unzulässig an. Ebenso die Urteilsanmerkung von Rohde, GmbHR 2007, 268. Dagegen weitgehend die Praxis der Handelsregister, vgl. die Urteilsanmerkung von Wachter, EWiR 2007, 181 sowie Krause, „gGmbH“ als unzulässiger Rechtsformzusatz, NJW 2007, 2156 ff. 10 So bereits OLG Stuttgart, Beschl. v. 12.2.1964 – 8 W 229/63, NJW 1964, 1231 f.; OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 20.11.2000 – 20 W 192/00, NJW-RR 2002, 176 ff.


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hen Mittelverwendung und der Rücklagenbildung sowie das Spendenrecht. I. Abgabenordnung (AO)

a. Schaffung eines „Anerkennungsverfahrens“ für gemein- nützige Körperschaften Zur Stärkung der Rechtssicherheit und Verbesserung der Rechtsschutzmöglichkeiten für steuerbegünstigte Körperschaften soll ein neues Verfahren zur Überprüfung der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit geschaffen werden (§ 60a AO-E).11 Dabei soll die Einhaltung der §§ 51, 59, 60 und 61 AO künftig mittels eines die Organisation und ihre Spender bindenden Verwaltungsakts festgestellt werden.12 Damit entfällt der Streit um die Rechtsnatur der von den Finanzbehörden in gleicher Sache derzeit ausgestellten sogenannten vorläufigen Bescheinigung.13 Diese wird in der Rechtsprechung14 und Verwaltung15 – abweichend von der einen Verwaltungsakt annehmenden Literatur16 – lediglich als unverbindliche Wissensmitteilung angesehen. Im Grundsatz ist die geplante Regelung daher zu begrüßen, im Detail bestehen aber noch Verbesserungsmöglichkeiten: Es wäre grundsätzlich wünschenswert, wenn sich die Bindungswirkung nicht nur auf die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit, sondern auch auf die tatsächliche Geschäftsführung erstrecken würde. Nach der im Regierungsentwurf vorgesehenen Regelung könnte wohl das Veranlagungsfinanzamt den Spendenabzug mit dem Argument verweigern, ein Feststellungsbescheid hinsichtlich der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit sowie ein Freistellungsbescheid liege zwar vor, aber die betreffende Körperschaft habe im Veranlagungszeitraum der Spende nicht die tatsächlichen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfüllt. Zudem ist zu überdenken, ob eine Änderung der Gesetzeslage – wie derzeit noch geplant – zum Entfallen der Bindungswirkung führen sollte (§ 60a Abs. 3 AO-E). Notwendig wäre eine Vertrauensschutzregelung für Körperschaften, die ihre Satzung seit der Gesetzesnovellierung noch nicht geändert haben, zumindest aber eine Klarstellung, dass mit dem Entfallen der Bindungswirkung (§ 60a Abs. 3 AO-E) nicht der Verlust der Steuerbefreiung der Körperschaft an sich einhergehen soll. Für bestehende Körperschaften, die ihre Satzungen noch nicht an die seit dem 1.1.2009 gesetzlich verbindliche steuerliche Mustersatzung angepasst haben, dürften sich keine negativen Auswirkungen ergeben: Aufgrund der gleichzeitig geschaffenen Vertrauensschutzregelung mussten bestehende Organisationen nur anlässlich einer Satzungsänderung tätig werden (vgl. Art. 97 § 1f Abs. 2 EGAO). Das ist vom Finanzamt im Rahmen des neuen Feststellungsverfahrens unseres Erachtens zu beachten. Zu erwägen wäre dennoch eine großzügige Übergangsregelung für bestehende Körperschaften, die ihnen eine Anpassung an die geltende Rechtslage erlaubt. Denn die Erfahrung zeigt, dass einige Körperschaften, die seit dem 1.1.2009 ihre Satzungen geändert haben, nicht zugleich die Vorschriften der steuerlichen Mustersatzung aufgenommen haben. Das geschah in der Regel aus Unwissenheit: Wenn an sich nicht gemeinnützigkeitsrelevante Änderungen (z.B. hinsichtlich der Organisation) betroffen waren, wurden die steuerlichen Berater häufig nicht eingebunden. Diesen Körperschaften sollte die Gelegenheit gegeben werden, ihre Satzungen innerhalb einer angemessenen Frist an die geltende Rechtslage anzupassen.

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Für ausländische Körperschaften wird es mit dem Verfahren erstmals die Möglichkeit geben, ihren Spendern hinsichtlich der Abzugsfähigkeit einer Auslandsspende Rechtssicherheit zu bieten, indem sie ihre Satzungen überprüfen lassen. Um sicherzustellen, dass das Verfahren auch ausländischen Körperschaften ohne inländische Einkünfte und ohne Aktivitäten im Inland zugänglich ist, wäre zu erwägen, die Zuständigkeitsregelung in § 20 AO zu ergänzen und gegebenenfalls eine zentrale Zuständigkeit für ausländische Körperschaften zu schaffen.

b. Frist für die Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen Zuwendungsbestätigungen dürfen künftig nur noch ausgestellt werden, wenn der letzte Freistellungsbescheid bzw. Körperschaftsteuerbescheid mit Gemeinnützigkeitsanlage maximal drei Jahre zurückliegt oder, mangels Bescheid, die Feststellung der Satzungsmäßigkeit (§ 60a AO-E)17 nicht länger als zwei Jahre zurückliegt (§ 63 Abs. 5 AO-E). Damit wird die bisherige Praxis der Finanzverwaltung, wonach Vertrauensschutz galt, wenn der Freistellungsbescheid nicht länger als fünf Jahre bzw. das Datum der vorläufigen Bescheinigung nicht länger als drei Jahre zurücklag, erheblich verschärft. Das kann bei Körperschaften, die sich im dreijährigen Überprüfungsturnus befinden (vgl. AEAO Nr. 7 S. 2 zu § 60), trotz der angeordneten taggenauen Berechnung der Frist zu zeitlichen Engpässen führen, wenn sich die Bearbeitung der Steuererklärung verzögert. Wünschenswert wäre daher eine Verlängerung des Zeitraums auf mindestens vier Jahre.

c. Nachweispflichten für mildtätige Körperschaften Die gemeinnützigen Körperschaften sollen auch von einem erheblichen Prüfungsaufwand entlastet werden, indem die wirtschaftliche Notlage bei Empfängern bestimmter Sozialleistungen im Rahmen der Mildtätigkeitsprüfung als nachgewiesen anzusehen ist (§ 53 Nr. 2 S. 6 AO-E). Die Körperschaften können diesen Nachweis durch den jeweiligen Leistungsbescheid oder eine Bestätigung des Sozialhilfeträgers führen (§ 53 Nr. 2 S. 7 AO-E).18 Jedoch ist auch dieser Leistungsbescheid bzw. die Bestätigung in Ablichtung vorzuhalten. Eine solche Verfahrensweise dürfte bei bestimmten Projekten, welche typischerweise nur von bedürftigen Personen genutzt

11 Für eine angemessene Übergangsfrist plädiert in diesem Zusammenhang Spiegel, GEG - Zum Entwurf des Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetzes, Stiftung & Sponsoring 5/2012, 28, 30. 12 Dies forderte bereits Hüttemann, Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen und Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft, FR 2012, 241, 246 in einer Kritik an BFH, Urt. v. 19.7.2011 – X R 32/10, BFH/NV 2012, 179. 13 Vgl. AEAO zu § 59 Nr. 4. 14 BFH, Beschl. v. 11.6.2001 – I B 30/01, BFH/NV 2001, 1223, 1225; BFH, Beschl. v. 23.9.1998 – I B 82/98, BStBl. II 2000, 320, 323. 15 OFD Hannover, Verf. v. 14.2.2000 – S 2729 – 21 – StO 214, S 2729 – 51 – StH 233, FR 2000, 576 f. 16 Seer, Tipke/Kruse-AO/FGO, 129. Lfg. Stand Juni 2012, Vor § 51 AO Rn. 7; Söhn, Hübschmann/Hepp/Spitaler-AO, 219. Lfg. Oktober 2012, § 118 AO Rn.483 ff. 17 In Bezug auf Leistungen nach dem SGB II und SGB XII ist dies gemäß AEAO Nr. 11 zu § 53 vom 15.8.2012 bereits Verwaltungspraxis. Der Entwurf kodifiziert dies und erweitert die Regelung auf Empfänger von Sozialleistungen nach dem WoGG, § 27a BVG sowie § 6a BKGG. 18 Leisner-Egensperger, Hübschmann/Hepp/Spitaler-AO, 215. Lfg. November 2011, § 55 AO Rn.145.


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werden, z.B. bei den Obdachlosen-Tafeln, kaum umsetzbar sein, weshalb hier Anpassungsbedarf besteht.

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reiz zur Förderung gemeinnütziger Stiftungen gesetzt wird.

b. Vermögensstockspenden an Verbrauchsstiftungen d. Mittelverwendungsfrist Der Zeitraum, in dem die gemeinnützige Organisation ihre Mittel für den steuerbegünstigten Zweck einsetzen muss (Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung), wird um ein Jahr auf künftig zwei Jahre ab Ende des Mittelzuflussjahres verlängert (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 S. 3 AO-E). Die Verlängerung dieser engen19 Frist soll die Flexibilität und Planungssicherheit gemeinnütziger Organisationen bei der Erfüllung ihrer Zwecke erhöhen.20 Die Fristsetzung durch die Finanzbehörden bei unzulässiger Mittelansammlung soll künftig zwei Jahre nicht überschreiten (§ 63 Abs. 4 AO-E). Wünschenswert wäre – entsprechend der bisherigen Praxis – eine Verlängerung der Frist auf vier Jahre.

e. Rücklagenbildung Eine klarere, da konzentriertere Regelung erfahren die Vorschriften zur Rücklagenbildung und Vermögenszuführung als Ausnahme vom Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung, welche aus § 58 AO ausgegliedert und in § 62 AO kodifiziert werden. Die in der Verwaltungspraxis im Rahmen des § 58 Nr. 6 AO bereits anerkannten Voraussetzungen für die Bildung einer Wiederbeschaffungsrücklage − nämlich die Absicht der Ersatzbeschaffung von Wirtschaftsgütern für steuerbegünstigte, satzungsmäßige Zwecke21 − werden gesetzlich erfasst (§ 62 Abs. 1 Nr. 2 AO-E). Die Bildung der sogenannten freien Rücklage von gemeinnützigen Körperschaften (bisher § 58 Nr. 7 lit. a AO) wird erleichtert, indem es gemeinnützigen Körperschaften künftig erlaubt ist, entsprechend der verlängerten Mittelverwendungsfrist bis zu zwei Jahre lang ihre unterbliebene Rücklagenbildung nachzuholen (§ 62 Abs. 1 Nr. 3 AO-E) und somit einen soliden Vermögensstock aufzubauen. Stiftungen sollen ab Gründung ihren Kapitalstock bis zu vier Jahre lang mit den Erträgen aus ihrem Kapital stärken können. Damit wird diese Frist um ein Jahr (bisher § 58 Nr. 12 AO) verlängert (§ 62 Abs. 4 AO-E). Die Liberalisierung der Kapitalbildungsvorschriften und Mittelverwendungsfristen als Ausnahmen vom Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung schaffen für die gemeinnützigen Körperschaften mehr Flexibilität, mit der diese angemessen auf hohe Spendenaufkommen (z.B. bei Naturkatastrophen), aber auch auf zeitweise ausbleibende bzw. stark volatile Erträge reagieren können. Der Preis dafür wird eine erhöhte Komplexität der Mittelverwendungsrechnung sein. II. Spendenrecht Der Entwurf sieht u.a. folgende Änderungen des Spendenrechts vor:

a. Vermögensstockspenden von Ehegatten Gemeinsam veranlagte Ehegatten sollen künftig ohne weiteren Nachweis, aus wessen Vermögen die Zuwendung stammt, eine Spende in den Vermögensstock einer Stiftung in Höhe von bis zu zwei Millionen Euro steuerlich geltend machen können (§ 10b Abs. 1a S. 1 EStG-E; § 9 Nr. 5 S. 9 GewStG-E).22 Da zusammen veranlagte Ehegatten steuerlich wie ein Steuerpflichtiger behandelt werden23 ist auch ihre vereinfachte einheitliche Behandlung im Hinblick auf ihr Vermögen im Spendenrecht sinnvoll, zumal damit ein zusätzlicher An-

Vermögensstockspenden an eine Verbrauchsstiftung werden über die Möglichkeit des „einfachen“ Spendenabzugs (§ 10b Abs. 1 EStG) hinaus nicht besonders begünstigt (§ 10b Abs. 1a S. 2 EStG-E; § 9 Nr. 5 S. 10 GewStG-E). Damit folgt der Gesetzgeber der überwiegenden Ansicht in der Literatur, die den Zweck der zusätzlichen Begünstigung einer Vermögensstockspende gerade in ihrer dauerhaften Sicherstellung des Stiftungszwecks sieht.24 Die gegenteilige Auffassung25 ist damit hinfällig. Der Wortlaut des Entwurfs („Spenden in das verbrauchbare Vermögen einer Stiftung“) lässt indes offen, wie bei einem zeitlich gestaffelten Verbrauch oder der Befugnis der Organe, den Verbrauch im Rahmen einer Satzungsänderung zu beschließen, zu verfahren sein wird. Sieht eine Satzung den Teil-Verbrauch von beispielsweise 30% des Stiftungsvermögens vor, so dürfte die Inanspruchnahme des erhöhten Abzugsbetrags in Bezug auf die zu erhaltenden 70% des Stiftungsvermögens unseres Erachtens weiter möglich sein.

c. Spendenrechtliche Behandlung der Umsatzsteuer bei Entnahmen Weiter soll gesetzlich klargestellt werden, dass bei der Zuwendung eines Wirtschaftsguts, das unmittelbar zuvor aus dem Betriebsvermögen entnommen wurde, bei der Ermittlung der Zuwendungshöhe auch die auf die Entnahme entfallende Umsatzsteuer zu berücksichtigen ist (§ 10b Abs. 3 S. 2 EStG-E).26

d. Spendenhaftung Die Spendenhaftung soll künftig einheitlich nur noch bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Handeln greifen, die unterschiedliche Behandlung von Aussteller- und Veranlasserhaftung entfällt (§ 10b Abs. 4 S. 2 EStG-E; § 9 Nr. 5 S. 13 GewStG-E; § 9 Abs. 3 S. 2 KStG-E). Da es bereits in der bisherigen Praxis nicht viele Haftungsfälle gab, dürfte die wesentliche praktische Bedeutung der Neuregelung vor allem in einer weiteren Ermutigung zur Übernahme von (Ehren-) Ämtern liegen.

19 Vgl. Reg.Begr. BT-Drs. 17/11316, S. 19 zur Änderung des § 55 Abs. 1 Nr. 5 S. 3 AO. 20 Vgl. AEAO Nr. 10 S. 7 ff. zu § 58 Nr. 6. 21 Zur bisherigen Verwaltungspraxis s. EStR R 10b.3 Abs. 2. 22 Schneider, Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-EStG, 196. Lfg. April 2009, § 26b EStG Rn. A3. 23 Hofmeister, Blümich-EStG, 116. Lfg. August 2012, § 10b EStG Rn. 83; Hüttemann, Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements und seine Auswirkungen auf das Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, DB 2007, 2053, 2057; OFD Frankfurt a.M., 13.6.2008 – S 2223 A - 155 - St 216, DB 2008, 2002. 24 Schauhoff/Kirchhain, Das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements, DStR 2007, 1985, 1988; Wallenhorst, Die Erhöhung des Spendenvolumens durch Zuwendungen in den Vermögensstock bei fiduziarischen Verbrauchsstiftungen, DStR 2002, 984, 986. 25 Dies entspricht der Verwaltungspraxis, EStR R 10b.1 Abs. 1 S. 4. 26 Vgl. etwa die Pressemitteilungen des Bündnisses für Gemeinnützigkeit vom 25.10.2012 ( www.buendnis-gemeinnuetzigkeit.org).


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III. Anhebung der Übungsleiter- und der Ehrenamtspau- schale Die Steuerfreibeträge für ehrenamtlich Tätige sollen von 2.100,- Euro auf 2.400,- Euro (sogenannte „Übungsleiterpauschale“) sowie von 500,- Euro auf 720,- Euro (sogenannte „Ehrenamtspauschale“) erhöht werden (§ 3 Nr. 26 und Nr. 26a EStG-E). Die vielfach kritisierte unterschiedliche Behandlung von Übungsleitern und „einfachen“ ehrenamtlich Tätigen wird indessen nicht angetastet. D. Ausblick Der Gesetzentwurf wurde vom Bundesrat am 2.11.2012 zur weiteren Beratung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Im Bundestag fand am 8.11.2012 eine erste Plenardebatte statt. Die zweite und dritte Lesung sowie die Verabschiedung des Entwurfs im Bundestag sind für den 1.2.2013 geplant. Angesichts der breiten öffentlichen27 und politischen Zustimmung28 ist zu erwarten, dass der Entwurf eines Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetzes Anfang kommenden Jahres beschlossen wird. In der ersten Lesung im Bundestag kam aber auch zum Ausdruck, dass in allen Fraktionen Auf-

geschlossenheit gegenüber Verbesserungs- und weiteren Änderungsvorschlägen besteht, so dass hinsichtlich der Einzelheiten die weiteren Beratungen abzuwarten bleiben. Die zivil- und abgabenordnungsrechtlichen Änderungen (A. und B. I.) sollen mit Ausnahme der § 27 Abs. 3 S. 2 BGB-E; § 55 Abs. 1 Nr. 5 S. 3 AO-E am Tag nach der Gesetzesverkündung in Kraft treten. Mit der für den § 27 Abs. 3 S. 2 BGB-E vorgesehenen sechsmonatigen Übergangsregelung soll den betroffenen Organisationen Gelegenheit zur Satzungsanpassung gegeben werden. § 55 Abs. 1 Nr. 5 S. 3 AO-E zur Verlängerung der Mittelverwendungsfrist soll, wie das Gesetz im Übrigen (B. II. und III.), rückwirkend zum 1.1.2013 in Kraft treten.

27 Vgl. Plenarprotokoll der 204. Sitzung des Bundestages vom 8.11.2012.

Dr. Stephan Schauhoff*

Gesetzliche Verbesserungen für den Non-Profit-Bereich Der Entwurf eines Gesetzes zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts und rechtspolitische Änderungsnotwendigkeiten

Die Bedeutung des Non-Profit-Sektors für die Weiterentwicklung unseres Gemeinwesens wächst stetig, insbesondere auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung. Viele rechtliche Rahmenbedingungen, insbesondere das Gemeinnützigkeitsrecht, sind seit vielen Jahren unverändert geblieben. Zwar hat es in den letzten Jahren eine Reform des Stiftungsrechts und des Spendenrechts insbesondere für Stiftungen gegeben, die beide erfolgreich waren und in erheblichem Umfang private Stiftungen im Allgemeininteresse anregen konnten. Gerade wegen dieser ermutigenden Erfahrungen sollte der Gesetzgeber für alle gemeinnützigen Organisationen den Rechtsrahmen verbessern, um den Bereich weiter zu fördern. Im Grundsatz hat sich der in Deutschland geschaffene Rechtsrahmen bewährt. Allerdings gibt es zahlreiche Einzelpunkte, in denen, ohne dass es Auswirkungen auf den Haushalt hätte, mehr Rechtssicherheit bewirkt und neue Impulse für den Non-Profit-Sektor gegeben werden könnten. Ehrenamtliches Engagement und Geld- und Sachmittel für den gemeinnützigen Bereich zu aktivieren, setzt einen sicheren Rechtsrahmen voraus. Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass die Bundesregierung mit dem Gesetz zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts1 auf Initiative der Regierungsfraktionen und des Bündnisses für Gemeinnützigkeit, in dem sich die großen Spitzenverbände gemeinnütziger Organisationen zusammengeschlossen haben, mit zahlreichen Änderungen den Rechtsrahmen verbessern will. Allerdings bleiben noch zahlreiche Punkte, bei denen Reformbedarf fortbesteht. Kurz gefasst ein

Überblick, was vorgeschlagen ist und was weiter zu diskutieren sein wird. I. Zivilrecht 1. Haftung der ehrenamtlichen Helfer So wie für ehrenamtlich tätige Organe gemeinnütziger Körperschaften deren persönliche Haftungsbeschränkung auf Fälle vorsätzlichen und grob fahrlässigen Verhaltens mittlerweile gesetzlich geregelt ist, sollte dies auf ihre Haftung für Steuerzahlungen der Organisation und die Tätigkeit von Mitgliedern ausgedehnt werden. In §§ 31a und 31b BGB-E des GemEntBG soll dies nunmehr für ehrenamtlich tätige Organe und besondere Vertreter bis zu einer Vergütung von 720,Euro jährlich und Mitglieder geregelt werden, für fahrlässig verursachte steuerliche Fehlerklärungen verbleibt es beim Haftungsrisiko. 2. Weiterentwicklung des Stiftungswesens Deutschland bedarf eines sich entfaltenden Stiftungswesens. Dazu gehört, dass es Stifterinnen/Stiftern erlaubt wird, zu Lebzeiten eine Stiftung mit der Maßgabe zu errichten, das

* Der Autor ist Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht, Partner FLICK GOCKE SCHAUMBURG, Bonn und Mitglied des Vorstands des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen. 1 BT-Drs. 17/1136, im Folgenden: GemEntGB.


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Stiftungsvermögen beispielsweise bis zum Lebensende zu verbrauchen, so jetzt ausdrücklich in § 80 Abs. 2 BGB-E des GemEntBG bei einer Lebensdauer von mindestens 10 Jahren vorgesehen. Der privilegierte Spendenabzug für Stiftungserrichtungen wird dann allerdings nicht gewährt. Den vielen kleinen Stiftungen könnte vorbehaltlich abweichender Äußerung des Stifters, wenn die noch lebenden Stifterinnen/Stifter und die Organe der Stiftungen dies übereinstimmend wollen, erlaubt werden, sich bei Zweckähnlichkeit zusammenzuschließen, um die notwendigen Verwaltungskosten zu senken und mit den Erträgen aus dem größeren Vermögen mehr bewirken zu können. Auch Umstrukturierungen bei Stiftungen sollten zumindest im gleichen Umfang wie für Vereine zugelassen werden. Hier bleibt Reformbedarf. 3. Ideelle Zweckverfolgung Wenn ein Verein oder eine Stiftung gemeinnützige Zwecke verfolgt, verfolgt sie gleichzeitig ideelle Zwecke im Sinne des Vereins- und des Stiftungsrechts. Dem Auseinanderdriften dieser Rechtsgebiete durch immer mehr Urteile von Zivilgerichten sollte Einhalt geboten werden. Mancherorts können Kindertagesstätten nicht mehr als Idealverein betrieben werden. An diese Problematik hat sich der Gesetzgeber nicht herangetraut. 4. gGmbH Die Abkürzung gGmbH für gemeinnützige GmbHs ist weit verbreitet und vielfach in deutsche Handelsregister eingetragen. Sie sollte gegen die Rechtsprechung einzelner Oberlandesgerichte daher gesetzlich abgesichert werden, so jetzt § 3 GmbHG-E im GemEntBG. 5. Insolvenzrecht Gemeinnützige Organisationen sollten davor geschützt werden, Zuschüsse oder Spenden eines Geldgebers, der bis zu vier Jahre nach der Zuwendung insolvent geworden ist, wieder zurückbezahlen zu müssen und dadurch selbst in ihrer Existenz gefährdet zu werden. Der Gesetzgeber wertet den Schutz der Insolvenzmasse höher als die bezweckte Förderung gemeinnütziger Zwecke. Gemeinnützigkeitsförderung dient dem Allgemeinwohl und ist nicht, wie das außergewöhnliche Geschenk, aus Empfängersicht verzichtbarer Luxus. 6. Formbedürftigkeit der Spende/Zuwendung Verpflichtungen zur Spendenzahlung bedürfen zivilrechtlich der notariellen Beurkundung, um wirksam zu sein. Ob und in welchen Fällen Förderzusagen unter gemeinnützigen Organisationen gleichfalls der notariellen Beurkundung bedürfen, ist ungeklärt. Dieser Rechtszustand ist bei der erreichten Größe des gemeinnützigen Sektors überholt. Es bedarf der zivilrechtlichen Klarstellung, dass einfache Schriftform für die Wirksamkeit genügt, insbesondere um Spendensammlungen für Großprojekte, wie neue Museen oder Konzertsäle, rechtssicher zu ermöglichen. Solange nicht feststeht, dass genug Geld zusammenkommt, dass der Bau begonnen werden kann, sind Spender vielfach nicht bereit, schon einmal Geld zu überweisen, auch nicht eine Verpflichtung notariell zu beurkunden. Damit sind Initiatoren derartiger Sammlungen nicht in der Lage, verbindliche Zusagen über gesammelte Beträge zu machen. Umfangreiche, auf zivilrechtlicher Grundlage gegebene Projektförderungen könnten als Schenkungen unter Auflage vor vollständiger Erfüllung auf rechtlich unsicherer Basis stehen. Das BGB beleuchtet diese Problematik bislang kaum.

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II. Gemeinnützigkeits- und Steuerrecht 1. Verfahrensrecht Das Steuerrecht für gemeinnützige Organisationen ist verfahrensrechtlich zersplittert, da es keinen Grundlagenbescheid gibt, mit dem über die Gemeinnützigkeit entschieden wird. Vielmehr wird für jede Steuerart eine gesonderte Entscheidung über die Gemeinnützigkeit getroffen, die auch ggf. jeweils gesondert gerichtlich angefochten werden muss. Diese verfahrensrechtliche Zersplitterung führt zur Vervielfachung der Zuständigkeiten bei Behörden und Gerichten. Eine Vereinfachung wäre zweckmäßig und könnte insbesondere auch für den Spendenabzug ein Mehr an Rechtssicherheit schaffen. Die Notwendigkeit einer Verfahrenskonzentration wird gegenwärtig nicht gesehen, da sich die Behörden im Regelfall – dies entspricht der Realität – untereinander abstimmen. Andererseits erhöhen viele Verfahren notwendigerweise das Risiko divergierender Entscheidungen. Die Problematik sollte weiter diskutiert werden. 2. Rechtssicherheit Gründet jemand in Deutschland eine neue gemeinnützige Organisation, so erhält er von einer Behörde nur eine rechtlich unverbindliche Auskunft, ob die von ihm geplante Zweckverwirklichung den Gemeinnützigkeitsvorschriften entspricht. In unserem Rechtsstaat sollte es eigentlich selbstverständlich sein, dass er stattdessen einen rechtsmittelfähigen Bescheid erhält, wenn die Finanzbehörde sein Vorhaben nicht als gemeinnützig anerkennen will, dies erkennt nun auch die Bundesregierung durch den neuen § 60a AO-E im GemEntBG an. 3. Satzungsgestaltung Selbstverständlich sollte sich aus den Satzungen gemeinnütziger Organisationen ergeben, dass diese den Grundvorstellungen des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts verpflichtet sind. Der Respekt vor den Traditionen der Organisationen gebietet andererseits aber, dass diese nicht gezwungen werden, der neuesten jeweiligen Mode der Formulierung in Mustersatzungen der Finanzverwaltung zu folgen, solange sich durch Auslegung die Übereinstimmung mit den Grundvorstellungen des deutschen Gemeinnützigkeitsrechts feststellen lässt. Eine wörtliche Übernahme von Formulierungen ist nicht erforderlich. Die Finanzverwaltung möchte keinen Streit um Auslegungen von Satzungsformulierungen und deswegen soll der Wortlaut weiterhin durch Anlage 1 zu § 60 AO gesetzlich vorgeschrieben werden. 4. Eigenfinanzierung Gemeinnützige Organisationen müssen, um ihre ideelle Tätigkeit verfolgen zu können, sich fortlaufend Mittel durch Spendensammlungen, vermögensverwaltende oder gewerbliche Tätigkeiten beschaffen. Ebenso wenig wie der quantitative Umfang der wirtschaftlichen Aktivität im Verhältnis zur ideellen Tätigkeit darf der tatsächliche Erfolg einer wirtschaftlichen Aktivität für die Gewährung der Gemeinnützigkeit entscheidend sein. Vielmehr genügt die berechtigte Erwartung, sich mit einer wirtschaftlichen Aktivität Mittel beschaffen zu können, für die ausschließlich gemeinnützige Zweckverwirklichung. Wenn gemeinnützige Aktivitäten außer durch Spenden oder ehrenamtliche Aktivitäten auch durch Teilentgelte mitfinanziert werden, führen dadurch entstehende Verluste nicht zwingend zum Verlust der Gemeinnützigkeit, da die vom Markt erzwungene Quersubventionierung gemeinnützi-


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ger Aktivitäten ein Indiz dafür ist, dass sie nicht kommerziell erfolgreich bestritten werden können. Noch ist die Diskussion in Wissenschaft und Fachwelt zu diesem Thema nicht weit genug fortgeschritten, um zu einer gesetzlichen Verbesserung zu kommen. 5. Gemeinnützigkeit und Wettbewerbsschutz Es ist selbstverständlich, dass gemeinnützige Organisationen, die in Wettbewerb zu kommerziellen Anbietern treten, genauso wie diese den Ertragsteuern und der Umsatzbesteuerung unterliegen, es sei denn, der Gesetzgeber hätte den Vorrang der Förderung gemeinnütziger Aktivitäten durch Steuerbegünstigung gegenüber dem Schutz kommerzieller Wettbewerber angeordnet. In der Kultur, im Wohlfahrtswesen, im Bildungswesen, der Wissenschaft in Bezug auf Auftragsforschung oder im Sport hat der Gesetzgeber spezielle Regelungen geschaffen, die diesen Vorrang anordnen, um die Vielfalt der Angebote auf diesen Feldern zu sichern. Damit sich neue gemeinnützige Aktivitäten überhaupt entfalten können, ist vielfach eine Mischfinanzierung aus der Erhebung von nicht kostendeckenden Entgelten, Geld-, Sach- oder Zeitspenden ehrenamtlicher Kräfte oder Finanzierung aus Zuwendungen privater oder öffentlicher Geldgeber erforderlich. Nach dem geltenden Gemeinnützigkeitsrecht wird mit der Entscheidung über die Ertragsteuerpflicht einer Aktivität zugleich die Quersubventionierung dieser Tätigkeit durch gemeinnützig gebundene Mittel unterbunden und damit die entsprechende Aktivität für die gemeinnützige Organisation unmöglich gemacht. In den Fällen, in denen eine Aktivität nach den konkreten Marktbedingungen vor Ort nicht mit Aussicht auf Gewinn betrieben werden kann, bedarf der Wettbewerb keines Schutzes und sollte die Bereicherung der Angebote an die Allgemeinheit durch gemeinnützige Aktivitäten zugelassen werden. Der Meinungsstreit zwischen Rechtsprechung und Finanzverwaltung, ob der konkrete potentielle Wettbewerb vor Ort oder der abstrakte potentielle Wettbewerb maßgebend ist, sollte durch Gesetz entschieden werden. Die Abgrenzung zwischen wettbewerbsschädlicher Aktivität und zulässiger Erhebung von Teilentgelten zur Finanzierung gemeinnütziger Aktivitäten sollte klarer gefasst werden. 6. Internationalität Das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht muss weltoffen sein. Deswegen darf die Förderung von Projekten im Ausland über dort ansässige, nach ausländischem Recht als gemeinnützig anerkannte Organisationen nicht davon abhängig gemacht werden, dass diese ihre Satzung entsprechend deutschen Rechtsvorstellungen gestaltet haben oder insgesamt sich entsprechend den bei deutschen Organisationen geltenden Regeln verhalten, solange die Projektdurchführung entsprechend deutschen Gemeinnützigkeitsvorstellungen hinreichend gesichert ist.

Thesaurierungsentscheidungen innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens nachzuholen. In § 62 AO-E des GemEntBG sind diese Punkte aufgegriffen worden. Auch kann in Höhe der Abschreibung wieder eine Rücklage zur Wiederbeschaffung eines gemeinnützig genutzten Gegenstandes gebildet werden, wenn auch noch präzisiert werden sollte, dass im Zweifel stets davon ausgegangen werden muss, dass ein vorhandener Gegenstand auch wiederbeschafft werden soll. Es hat sich gezeigt, dass mit der Zuwendung eines Vermögensstocks an eine andere gemeinnützige Organisation (sogenanntes Endowment) häufig gemeinnützige Aktivitäten in erheblichem Umfang initiiert werden können. Dies sollte daher in begrenztem Maß zugelassen werden. Auch bestehen Restrisiken, nachhaltige gemeinnützige Tätigkeiten zuzulassen, wenn eine Stiftung sich beispielsweise gegenüber einer Universität verpflichtet, für 20 Jahre einen Lehrstuhl zu finanzieren, ob mit oder ohne Verbrauch des zur Verfügung gestellten Kapitalstocks. Dies kann für die zeitnahe Mittelverwendung nicht anders als die Investition in ein Altenheim und die sich daraus ergebenden Kapitalbindungen beurteilt werden. Zeitnahe Mittelverwendung heißt nicht sofortige Ausgabe, sondern bindende Finanzierungsverpflichtung gegenüber einem Dritten, auch wenn dadurch langfristig die Erfüllung einer gemeinnützigen Aufgabe gesichert wird. 8. Beweiserfordernisse Gemeinnützige Organisationen sind beweispflichtig dafür, dass sie tatsächlich gemeinnützige Zwecke verfolgt haben. Jede Beweisverpflichtung löst Dokumentationspflichten und damit Bürokratie aus. Die Beweiserfordernisse sollten mit Augenmaß und abhängig von den jeweiligen Umständen gestellt werden. So kann Nutzern der Tafel oder von Kleiderkammern kein vollständiger Einkommens- und Vermögensnachweis in jedem Einzelfall abverlangt werden, was jetzt in § 53 AO-E im GemEntBG anerkannt wird. 9. Kooperationen Kooperieren gemeinnützige Organisationen, beispielsweise durch die gemeinsame Veranstaltung eines Bildungskongresses, dürfen sie steuerlich nicht anders behandelt werden, als wenn sie jeweils allein gehandelt hätten. Auf Grundlage des geltenden Steuerrechts kann aber bei gemeinsamen gemeinnützigen Aktivitäten Gewerbesteuerpflicht entstehen. Das Gewerbesteuergesetz sollte eine § 12 Abs. 2 Nr. 8 b) UStG entsprechende Regelung erhalten. Auch sollte die Holdingbildung oder organisatorische Konzentration gemeinnütziger Unternehmungen erleichtert werden und § 57 Abs. 2 AO weiter gefasst werden. In Bezug auf die gemeinnützigkeitsrechtliche und erbschaftsteuerliche Bewertung von Beteiligungen an gGmbHs sind Rechtsunsicherheiten entstanden, die geklärt werden sollten. 10. Anpassung von Freibeträgen/Freigrenzen

7. Zeitnahe Mittelverwendung Selbstverständlich sind gemeinnützige Körperschaften verpflichtet, ihre Einnahmen zeitnah für die gemeinnützige Zweckverwirklichung auszugeben. Allerdings bedarf zweckmäßige Mittelverwendung naturgemäß sorgfältiger Planung. Die Frist für die Verpflichtung zur Ausgabe sollte daher von einem auf zwei Jahre verlängert werden. Die Frage, welche Mittel zum Vermögensaufbau thesauriert und welche ausgegeben werden können, hängt naturgemäß von der Finanzlage ab, die sich wegen der Volatilität der Finanzmärkte bekanntlich immer rascher ändert. Daher sollte erlaubt werden,

Im Gemeinnützigkeitsrecht gibt es zahlreiche Freigrenzen/ Freibeträge, die seit vielen Jahren nicht mehr an die Geldentwertung angepasst worden sind. Dadurch verringern sich fortlaufend diese einmal vom Gesetzgeber geschaffenen Beiträge zur Förderung des gemeinnützigen Sektors. Dies ist erkannt und daher erhöhen sich die Freibeträge in § 3 Nr. 26 EStGE und § 3 Nr. 26a EStG-E des GemEntBG von 2.100,- Euro bzw. 500,- Euro auf 2.400,- Euro bzw. 720,- Euro. Auch an die entsprechenden Regeln im Sozialrecht wurde gedacht. Keine Bereitschaft besteht beim Gesetzgeber, die Freigrenze von 35.000,- Euro in § 64 Abs. 3 AO zu verändern.


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11. Gemeinnützigkeit und Umsatzsteuerrecht Nach der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) der Europäischen Union hat der deutsche Gesetzgeber für die Regelung, ob Tätigkeiten gemeinnütziger Anbieter umsatzsteuerfrei gelassen werden, vielfach ein Wahlrecht. Gemeinnützige Anbieter streben im Gegensatz zu kommerziellen Anbietern auf Tätigkeitsfeldern, die auch der gemeinnützigen Zweckverwirklichung dienen, nicht in erster Linie die Einnahmenmehrung an, sondern Ziel einer gemeinnützigen Aktivität ist die Förderung des gemeinnützigen Zwecks im Interesse der Allgemeinheit, gegebenenfalls mitfinanziert durch die Erhebung von Entgelten. Dieser Unterschied sollte, sofern nach MwStSystRL möglich, bei der differenzierenden Ausgestaltung der nationalen Umsatzsteuervorschriften berücksichtigt werden. Stattdessen wird, schwer verständlich, im Finanzausschuss des Bundestages bei der Beratung des JStG 2013 die monatelang diskutierte Änderung der §§ 4 Nr. 21, 22 UStG wieder gestrichen, aber § 4 Nr. 18 UStG in Anlehnung an die MWStSytRL neu gefasst, allerdings weitaus enger als die Richtlinie und mit erheblichen Unklarheiten versehen, wie das Abstellen auf eine Staatsfinanzierung (besser: öffentliche Finanzierung), Spenden (auch Zuschüsse ?) oder eine Einrichtung (was ist das?) zeigt. Dieser Schnellschuss kann erhebliche Folgen haben. 12. Spendenabzug und verdeckte Gewinnausschüttung Der Steuergesetzgeber hat in den letzten Jahren sukzessive die Möglichkeiten zum Spendenabzug eingeschränkt. Von Dividenden und Zinseinnahmen können keine Spenden abgezogen werden. Diese Einnahmen erhöhen auch nicht mehr den Spendenabzugsrahmen für die Höhe steuerlich berücksichtigungsfähiger Spenden. Sofern eine Kapitalgesellschaft an eine dem Gesellschafter nahestehende Stiftung oder gemeinnützige Körperschaft in besonderer Weise spendet, wird dies als verdeckte Gewinnausschüttung mit persönlicher Besteuerung beim Gesellschafter angesehen, der die tatsächlich getätigte Spende nicht von den der Abgeltungsteuer unterliegenden Einkünften abziehen kann. Derartige Spenden

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bleiben damit steuerlich unberücksichtigt. Es sollte gesetzlich eine eigene Spendenabzugsmöglichkeit für die Kapitalgesellschaft, unabhängig davon, ob der gemeinnützige Empfänger dem Gesellschafter durch dessen Organmitgliedschaft, Gesellschafterstellung oder als Stifter nahesteht, geschaffen werden. Stattdessen sieht der Entwurf eine Verkürzung der Zeit, in der gemeinnützige Körperschaften ihre Steuerbescheide zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen einholen müssen, vor. In § 63 Abs. 5 AO-E des GemEntBG sollen statt fünf bzw. drei Jahren vier bzw. zwei Jahre geregelt werden, obwohl es oft die Finanzämter sind, die es wegen Arbeitsüberlastung nicht schaffen, rechtzeitig neue Bescheide auszustellen. Es sollte bei den bewährten Fristen bleiben. Schön ist, dass in § 10 b EStG-E des GemEntBG nun festgeschrieben wird, dass bei der Errichtung von Stiftungen aus dem Vermögen eines Ehegatten zwei Mio. Euro steuerwirksam gestiftet werden können und die Spendenhaftung in Form der sogenannten Veranlasserhaftung endlich verschuldensabhängig gestaltet wird sowie die Umsatzsteuer, die auf Sachspenden entfällt, den Spendenabzug erhöht. 13. Bürgerschaftliches Engagement Das bürgerschaftliche Engagement ist vielen – zu Recht – ein Anliegen. Obwohl der Gesetzgeber in § 52 Abs. 2 Nr. 25 AO dessen Förderung als gemeinnützigen Zweck anerkennt, schränkt die Finanzverwaltung in Tz. 2.5 des AEAO den Anwendungsbereich der Vorschrift erheblich ein, so dass ein Verein, bei dem der Hauptzweck die Förderung bürgerschaftlichen Engagements zugunsten gemeinnütziger Zwecke ist, nicht als gemeinnützig anerkannt wird. Leider sieht der Gesetzentwurf hier keine Abhilfe vor. Insgesamt ist es sehr zu begrüßen, dass die Bundesregierung die Initiative aufgegriffen hat, in einer Reihe von Punkten den Rechtszustand für gemeinnützige Körperschaften zu verbessern. Es bleiben allerdings noch zahlreiche Punkte, in denen die Diskussion weitergehen sollte und in denen im laufenden Gesetzgebungsverfahren noch auf weitere Verbesserungen gehofft werden darf.

npoR-Report Julian Albrecht*/Clara Lienicke**/Janne Seelig***

Vereinsrecht Für den haftpflichtversicherungsrechtlichen Ausschlusstatbestand der „Ausübung eines Ehrenamtes“ kommt es auf den objektiv bestehenden Aufgabenbereich an Der Wandertag eines Polizeikommissariats sollte mit einem gemeinsamen Grillen auf dem Gelände der Freiwilligen Feuerwehr enden, dessen Großbrandmeister, Herr B, die Grillkohle mit Hilfe von Brennspiritus zu entzünden versuchte. Hierbei löste sich der lockere ungeprüfte Dosierverschluss, so dass sich eine große Menge Brennspiritus über die Kohle ergoss. Bei der daraus resultierenden explosionsartigen Ver-

puffung wurde POK A von den Flammen getroffen und erlitt schwere Verbrennungen. Herr B, der in die Familien-Privathaftpflichtversicherung seiner Ehefrau einbezogen ist, zeigte den Schadensfall gemeinsam mit Frau B bei der Versicherung an, die den Eheleuten jedoch mitteilte, dass für den Schaden

* Der Autor ist Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Steuerrecht der Bucerius Law School, Hamburg. ** Die Autorin ist Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Steuerrecht der Bucerius Law School, Hamburg. ***Die Autorin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen der Bucerius Law School, Hamburg.


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kein Versicherungsschutz bestehe, da der Ausschlusstatbestand des Ehrenamtes gegeben sei. Die Klägerin, der gesetzliche Krankenversicherungsträger des Herrn A, macht nun gegenüber der Beklagten, der Haftpflichtversicherung des B geltend, dass der Haftungsausschluss unwirksam sei, da Herr B nicht in Ausübung seines Ehrenamtes gehandelt habe und es sich auch nicht um eine ungewöhnliche und gefährliche Tätigkeit gehandelt habe. Das LG Wiesbaden hielt die Klage für zulässig und überwiegend begründet. Das LG legte den Sinn und Zweck der Ausschlussklausel dahingehend aus, dass die erhöhten Gefahren, die mit der Ausübung eines Ehrenamtes verbunden sind, nicht mitversichert sein sollen. Hier habe sich aber gerade keine typische Gefahr eines Ehrenamtes realisiert, da das Grillen für die Polizei nicht zum objektiv bestehenden Aufgabenkreis der Freiwilligen Feuerwehr gehöre und Herr B dabei keine repräsentative Tätigkeit als Oberbrandmeister wahrgenommen habe. Die subjektive Wahrnehmung der Beteiligten sei hingegen unbeachtlich. Da Herr B keine Aufgabe im Zusammenhang mit einem Ehrenamt wahrgenommen habe, hätten sich auch keine Gefahren einer verantwortlichen Betätigung in einer Vereinigung verwirklicht. Auch der Ausschlussgrund der ungewöhnlichen oder gefährlichen Beschäftigung sei nicht gegeben, da ein Unfall beim Grillen den Gefahren des täglichen Lebens zuzuordnen sei. LG Wiesbaden, Urt. v. 29.6.2012 – 7 O 272/09

Erstanmeldung des eingetragenen Vereins Lissner erläutert in seinem Beitrag die in der Praxis relevantesten Aspekte bezüglich der Erstanmeldung eines Vereins. Er gibt einen kurzen Überblick über die Unterschiede zwischen eingetragenem und nichtrechtsfähigem Verein und skizziert anschließend die notwendigen Voraussetzungen der Vereinsgründung. Lissner identifiziert die rechtlich zulässigen Gründungsmitglieder und gibt einen Überblick über den zwingenden Satzungsinhalt. Sodann erläutert er den Soll-Inhalt nach § 58 BGB. Er gibt Hinweise dazu, welche Bestimmungen zu Mitgliedereintritt und –austritt, Beitragspflicht, Vorstandszusammensetzung, Namensgabe der Ämter, Form der Einberufung der Mitgliederversammlung, Minderheitenrecht und Beurkundungsform für Beschlüsse der Mitgliederversammlung erforderlich sind und in welchem Rahmen die Ausgestaltungen rechtlich möglich sind. Anschließend geht er auf den weiteren Inhalt nach § 59 BGB ein und stellt fest, dass diese Vorschrift ebenso wie die des § 58 BGB für die Vereinseintragung zwingend ist. Lissner legt dar, wer den Verein als solchen beim Registergericht anzumelden hat und auf welche Weise dies zu erfolgen hat. Schließlich schildert er kurz das registergerichtliche Verfahren. Da die Ausführungen mit vielen praktischen Empfehlungen versehen sind, stellt der Beitrag einen lesenswerten Leitfaden für die Anmeldung eines Vereins dar. Stefan Lissner, Die Erstanmeldung des eingetragenen Vereins, MDR 2012, S. 1209-1215.

Steuerrecht „Kitas“ steuerpflichtig Gemeindliche Kindertagesstätten (sog. Kitas) sind steuerpflichtig. Dies entschied der BFH mit Urteil vom September dieses Jahres. Er widersprach damit der Vorinstanz (FG Düs-

seldorf, Urt. v. 2.11.2010 – 6 K 2138/08 K) und gab der Revision des Finanzamts statt. Die Revisionsbeklagte war als kreisfreie Stadt Trägerin einer Jugendhilfe mit eigenen Kindertagesstätten. Fraglich war, ob deren Steuerbilanzgewinne der Körperschaftsteuer unterfallen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind immer dann unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig, wenn ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG). Darunter sind Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu verstehen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (außerhalb der Landund Forstwirtschaft) dienen und sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person als wirtschaftlich herausheben (§ 4 Abs. 1 KStG). Ferner dürfen sie keine Hoheitsbetriebe darstellen, d.h. nicht überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen (§ 4 Abs. 5 KStG). In eben diesem Punkt teilte der BFH nicht die Ansicht des FG, die „Kitas“ stellten einen körperschaftsteuerfreien Hoheitsbetrieb dar. Ihre angebotene Leistung sei, so der BFH, keine eigentümlich hoheitliche, aus der Staatsgewalt abgeleitete spezifisch öffentlich-rechtliche Aufgabe, sondern trete vielmehr in Wettbewerb zu freigemeinnützigen und auch privatgewerblichen Anbietern. Gerade die Einbeziehung letzterer in den Markt sei gewollt, um das Bedarfsangebot zu erhöhen. „Kundenkreis“ und Art der Ausübung des Betriebs seien bei allen Angebotsformen vergleichbar. Eine hoheitliche Aufgabe läge nicht vor; eine steuerliche Bevorzugung der kommunalen „Kitas“ sei daher nicht gerechtfertigt. Dem Urteil fehlt jedoch die Spruchreife. Der BFH verwies zurück, um die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen sowie die Erfüllung der Gemeinnützigkeitserfordernisse der §§ 51 ff. AO tatrichterlich prüfen zu lassen. BFH, Urt. v. 19.9.2012 – I R 106/10

Europäisierung des Gemeinnützigkeitsrechts Droege kritisiert in seinem Beitrag das Zurückbleiben der nationalen Kodifikationen im Gemeinnützigkeitsrecht. Dieses äußere sich zum einen gegenüber der dynamischen Rechtsprechung des EuGH, die ein grundfreiheitsgeleitetes Richtersteuerrecht für ein gesamteuropäisches Gemeinnützigkeitsrecht etabliert habe. Droege verweist hier auf die Entscheidungen zu den Rechtssachen Stauffer, Jundt und Persche sowie die Europäisierung des Gemeinnützigkeitsrechts auf dem Gebiet der indirekten Steuern durch Art. 132 f. der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie. Der EuGH betone, dass die Mitgliedstaaten auch im wichtigen Bereich der direkten Steuern trotz eigener Regelungskompetenz den Einklang mit Unionsrecht und vor allem mit den Grundfreiheiten zu wahren hätten. Der deutsche Gesetzgeber habe diese Vorgaben nicht in einer großen, systematischen Lösung umgesetzt, sondern sich auf punktuelle Nachbesserungen beschränkt. Hier werden insbesondere die Anerkennung der Auslandsspende und die Behandlung ausländischer gemeinnütziger Einrichtungen genannt. Das Zurückbleiben der Gesetzgebung äußere sich jedoch nicht nur gegenüber der EuGH-Rechtsprechung, sondern darüber hinaus auch gegenüber der gesellschaftlichen Realität. Rechtfertigung der steuerlichen Privilegierung sei die Förderung bürgerlichen Engagements. Durch das Aufkommen einer europäischen Zivilgesellschaft beschränke sich dieses jedoch nicht mehr auf mitgliedstaatliche Gesellschaften, sondern sei europaweit oder gar global ausgerichtet. Droege sieht im unionsrechtlichen Primärrecht (Art. 11 Abs. 2 EU) erste Anzeichen für eine gesetzliche Verankerung dieser Tendenzen, während das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht seine Bewäh-


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rungsprobe noch nicht bestanden habe. Neben diesen Befunden werden Verbesserungen vorgeschlagen. Diese seien in einem strukturierten europäisierten Gemeinnützigkeitsrecht zu finden. Ein solches könnte vor allem ein ausdrückliches und isoliertes Anerkennungsverfahren beinhalten, das sämtliche Fragen der Verifikation beschränkt steuerpflichtiger Körperschaften oder ausländischer Spendenempfänger klärt. Auch die Vereinbarkeit der jeweils verfolgten Zwecke mit den in § 52 AO genannten könne dort isoliert überprüft und somit aus dem Besteuerungsverfahren ausgegliedert werden. Michael Droege, Europäisierung des Gemeinnützigkeitsrechts – Der offene Steuerstaat im europäischen Gemeinwohlverbund, StuW 2012, S. 256-268.

Die Vermögensstockspende Ausgelöst durch die EuGH-Entscheidungen Stauffer und Persche hat der Stellenwert des Themas „Gemeinnützigkeit in Europa“ stark zugenommen. Jochum nimmt dies zum Anlass, eine rechtsvergleichende Betrachtung (insb. unter Einbeziehung von Dänemark und den Niederlanden) über damit verbundene Fragen und Probleme anzustellen. Ausgehend von der Feststellung, dass alle Jurisdiktionen das Institut der Gemeinnützigkeit (freilich auch nach Übersetzung unter verschiedenen Bezeichnungen) kennen, widmet sie sich der steuerlichen Behandlung derartiger Einrichtungen. Übereinstimmend fänden sich direkte Formen der steuerlichen Privilegierung, die – auf unterschiedlichen Verfahrenswegen – regelmäßig dazu führen, dass von gemeinnützigen Institutionen keine Steuern zu entrichten sind. Daneben gebe es jedoch auch indirekte Begünstigungen. Diese entstammten meist dem Spendenrecht, billigten zuwendenden Personen also eine vorteilhafte steuerliche Behandlung ihrer Spenden zu. Hier sei das Bild zwischen den Mitgliedstaaten im Detail deutlich uneinheitlicher. Jochum nennt Beispiele für nationale Regelungen und Bewertungen von einmaligen sowie wiederkehrenden Spenden und regt (mangels Rechtsetzungskompetenz der EU) vereinheitlichende Regelungen durch die nationalen Gesetzgeber an. Dies tut sie insbesondere für die Vermögensstockspende, eine bisher allein in Deutschland geltende, besondere Privilegierung von Spenden. § 10b Abs. 1a EStG begünstigt langfristig angelegte Spenden in den Vermögensstock einer Stiftung durch einen Abzugsbetrag von 1 Million Euro über einen Zeitraum von zehn Jahren. Rechtfertigen lasse sich die Regelung durch den Umstand, dass eben kein Verbrauch für satzungsmäßige Zwecke durch zeitnahe Mittelverwendung, sondern der Erhalt bzw. die Erhöhung des Vermögensstocks erfolgen soll. Dieser Anreiz habe der Vermögensstockspende zu einem „Siegeszug“ in Deutschland verholfen. Mit dem dänischen und niederländischen Instrument der Dauerspende sei bereits ein vergleichbares Institut auch in anderen Mitgliedstaaten geschaffen worden. Dies gebe Hoffnung auf weitere Harmonisierung und damit einhergehend weitere indirekte Privilegierung europäischer gemeinnütziger Einrichtungen. Heike Jochum, Die Vermögensstockspende – Deutscher Sonderweg oder europäisches Pionierstück?, IStR 2012, S. 325-329.

Stiftungsgründung und Grunderwerbsteuer Die Gründung einer Stiftung setzt ein dem Stiftungszweck gewidmetes und dann auf die Stiftung übertragenes Vermögen voraus. Da dieses Vermögen oft zumindest teilweise aus Immo-

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bilien besteht, geht Wachter in seinem Beitrag ausgewählten Fragen der sich dadurch ggf. ergebenden Grunderwerbsteuerpflicht nach. Dies geschieht anhand mehrerer Beispielsfälle. Wachter zeigt, dass die Übertragung von Grundstücken oder Anteilen an Grundstücksgesellschaften auf eine rechtsfähige Stiftung zwar regelmäßig grunderwerbsteuerpflichtig ist, dies jedoch nur, soweit das Geschäft entgeltlich ist. Unentgeltliche Übertragungen unterfielen hingegen der Schenkungsteuer. Diese verdränge die Grunderwerbsteuer selbst dann, wenn sie im Einzelfall überhaupt nicht erhoben werde – z.B. beim Erwerb durch eine gemeinnützige Stiftung (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 16 lit. b ErbStG). Um hier eine einheitliche Systematik für gemeinnützige Stiftungen unabhängig von der Entgeltlichkeit zu erreichen, schlägt Wachter eine vergleichbare Befreiungsregelung auch im Grunderwerbsteuerrecht (z.B. durch eine Ergänzung des § 3 ErbStG) vor. Thomas Wachter, Stiftungsgründung und Grunderwerbsteuer, DStR 2012, S. 1900-1903.

Andere Rechtsgebiete Trifft ein Treuhänder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Anweisung des Schuldners eine Verfügung über das Treugut, kann der Insolvenzverwalter die Leistung an den Nichtberechtigten genehmigen und somit deren Herausgabe nach § 816 Abs. 2 BGB verlangen Der Beklagte hat als letztverbliebener Partner einer Rechtsanwalts-GbR eine Honorarforderung gegen den Schuldner. Dieser leistete, nachdem die GbR gegen ihn einen Insolvenzantrag gestellt hatte, einen Teilbetrag. Nach dieser Zahlung nahm die GbR den Insolvenzantrag zurück. Nachdem sie erneut einen Insolvenzantrag gestellt hatte, wurde im Februar 2009 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Streithelfer des Klägers, ein Rechtsanwalt, führte ein offenes Treuhandkonto für den Schuldner, auf dessen Weisung er – in Unkenntnis der Eröffnung des Insolvenzverfahrens – die restliche Honorarforderung der Beklagten tilgte. Der Kläger verlangt nunmehr vom Beklagten die Erstattung dieser Zahlung. Nachdem der Beklagte bereits in den Vorinstanzen unterlag, blieb auch die Beschwerde gegen die Nichtzulassung seiner Revision erfolglos. Zwar bliebe für eine Insolvenzanfechtung kein Raum, da der Schuldner den Streithelfer erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit der Überweisung an die GbR beauftragte, doch sei die Klageforderung gemäß § 816 Abs. 2 BGB begründet. Zwischen Schuldner und Streithelfer habe eine Vollrechtstreuhand bestanden, da der Schuldner keine Verfügungsmacht innehatte, sondern die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis beim Treuhänder lag. Das Treuhandverhältnis habe die Form einer uneigennützigen Verwaltungstreuhand. Die Verfügungen des Treuhänders unterlägen in diesem Fall selbst dann nicht dem § 81 InsO, wenn der Gegenstand, über den verfügt wird, wirtschaftlich zur Masse gehört. Bei der Verwaltungstreuhand könne im Fall der Insolvenz des Treugebers der Verwalter das Treugut zwar nicht aussondern, aber als wirtschaftlichen Bestandteil der Insolvenzmasse an sich ziehen. Dies gelte auch, wenn es sich um ein Treuhandkonto handele. Der Kläger hatte daher nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Anspruch gegen den Streithelfer auf Rückübertragung des Treu-


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guts zur Masse. Diesen Anspruch habe der Streithelfer nicht durch Zahlung an den Beklagten erfüllt. Die entsprechende Ermächtigung des Schuldners sei gem. § 81 InsO unwirksam. In der Klageerhebung könne aber – auch ohne dass dies ausdrücklich erklärt wird – regelmäßig eine Genehmigung der Leistung an einen Nichtberechtigten gesehen werden, wenn die Klagebegründung die Voraussetzungen eines den Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB ausfüllenden Tatsachenvortrags enthalte. Dies sei hier der Fall, sodass der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB habe. BGH, Beschl. v . 12.7.2012 – IX ZR 213/11

Pflichtteilsergänzungsanspruch eines Abkömmlings Mit Urteil vom 23.5.2012 hat der BGH entschieden, dass der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 Abs. 1 BGB nicht voraussetzt, dass die Pflichtteilsberechtigung bereits im Zeitpunkt der Schenkung bestand. Dies stellt eine Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 21.6.1972 – IV ZR 69/71, BGHZ 59, 210 und BGH, Urt. v. 25.6.1997 – IV ZR 233/96 = NJW 1997, 2676) dar. Im entschiedenen Fall hatte der Erblasser (der Großvater der Kläger) seine Ehefrau (die Großmutter der Kläger) testamentarisch zur befreiten Vorerbin, die noch lebenden Kinder zu Nacherben eingesetzt. Die Mutter der Kläger war zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers bereits verstorben. Der Erblasser hatte seiner Ehefrau bereits vor der Geburt der Kläger Zuwendungen gemacht. Die Kläger machten nun gegenüber ihrer Großmutter Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend. Bisher vertrat der BGH die Auffassung, dass die Pflichtteilsberechtigung sowohl zum Zeitpunkt der Schenkung als auch zum Zeitpunkt des Erbfalls bestanden haben musste. In diesem Fall wären die Kläger leer ausgegangen, denn zum Zeitpunkt der Schenkung lebten sie noch nicht. In Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung hat der BGH nun im Einklang mit der herrschenden Lehre entschieden, dass es auf die Pflichtteilsberechtigung zum Zeitpunkt der Schenkung nicht ankommen kann, da dies – wie im vorliegenden Fall – zu willkürlichen Ergebnissen führen würde. Denn hätte die Mutter der Kläger zum Zeitpunkt des Erbfalls noch gelebt, hätte ihr ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zugestanden, an dem wiederum ihre Kinder als Erben oder Pflichtteilsberechtigte partizipiert hätten. Diese neue Rechtsprechung kann sich auch für Stiftungen auswirken, denn wenn seit der Zuwendung an eine Stiftung keine zehn Jahre verstrichen sind (s. § 2325 Abs. 3 S. 2 BGB), löst die Zuwendung Pflichtteilsergänzungsansprüche aus. Bisher waren diese Zuwendungen gegenüber noch nicht bestehenden Pflichtteilsberechtigungen geschützt, dies ist jetzt nicht mehr der Fall. BGH, Urt. v. 23.5.2012 –IV ZR 250/11

Vertretungsbefugnis einer Stiftung Das VG Berlin entschied im vorliegenden Fall, dass die von den personensorgeberechtigten Eltern der minderjährigen Klägerin bevollmächtigte Stiftung „E …“ (Stiftung Bürgerlichen Rechts), die nach ihrer Satzung u.a. hilfebedürftigen behinderten Menschen in bestimmten Notlagen sachgerechte Hilfsangebote unterbreitete, nicht gemäß § 67 Abs. 2 VwGO vertretungsbefugt war. Gemäß § 67 Abs. 2 Nr. 6 VwGO sind in Verfahren vor dem Verwaltungsgericht u.a. „Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht

oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten“ vertretungsbefugt. Das VG Berlin befand es schon als fraglich, ob es sich bei der E-Stiftung überhaupt um eine Vereinigung handele, deren satzungsgemäße Aufgabe die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung von behinderten Menschen umfasse und ob sie dadurch die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung biete. Auch sei die minderjährige Klägerin kein Mitglied der Stiftung, sondern nur Empfängerin eines Hilfsangebotes. Abzulehnen sei die Vertretungsbefugnis aber v.a., weil die Prozessvertretung nicht in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts, sondern in Angelegenheiten der Beförderung von Schülerinnen und Schülern i.S.d. § 36 SoPädVO Berlin (Verordnung über die sonderpädagogische Förderung) erfolgen sollte. Nach § 36 SoPädVO wird Schülerinnen und Schülern, die wegen ihrer Behinderung nicht in der Lage sind, die Schule auf dem üblichen Wege zu besuchen, Beförderung gewährt. Allein dadurch handele es sich aber nicht um eine im Zusammenhang mit dem Schwerbehindertenrecht stehende Angelegenheit, auch wenn die Klägerin schwerbehindert sei. Denn § 36 Abs. 1 SoPädVO mache eine Schwerbehinderung i.S.d. § 2 Abs. 2 SGB IX nicht zur Voraussetzung der Gewährung einer Schulwegbeförderung, sondern lasse eine „einfache“ Behinderung i.S.d. § 2 Abs. 1 SGB IX ausreichen. VG Berlin, Beschl. v. 20.7.2012 – 3 K 238.12


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Rechtsprechung Vereinsrecht Voraussetzungen für die Eintragung eines regionalen Zweigvereins in das Vereinsregister BGB §§ 57, 58, 71; FamFG § 59 Abs. 1 und 2; ZPO § 50 Abs. 2 1. Wenn ein regionaler Zweigverein, dessen Mitglieder zugleich dem Gesamtverein angehören, in das Vereinsregister eingetragen werden will, darf er auch dem Gesamtverein gegenüber nicht vollständig auf sein Selbstverwaltungsrecht verzichten. Es genügt aber, wenn er die Voraussetzungen erfüllt, welche nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 50 Abs. 2 ZPO (NJW 1979, 1402; 1984, 2223; 2008, 69, 73 f.) an einen Verein zu stellen sind. 2. Weist das Registergericht die Anmeldung einer konstitutiv wirkenden Eintragung (hier: Satzungsänderung) in das Vereinsregister zurück, so steht die Beschwerde gemäß § 59 Abs. 2 FamFG nur dem anmeldenden Verein zu. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.1.2012 – 14 Wx 21/11 […] Gründe I. [1] Der Antragsteller ist seit dem 16. Mai 2001 als Ortsgruppe B. e.V. des Vereins für D.S. e.V. mit Sitz in A. (fortan: Hauptverein) im Vereinsregister des Amtsgerichts Waldshut-Tiengen eingetragen. Er hat mit Schreiben vom 22. April 2010 unter anderem die von der Mitgliederversammlung am 23. Januar 2010 beschlossene Neufassung seiner Satzung und seinen Kassenwart als neues Vorstandsmitglied zur Eintragung in das Vereinsregister angemeldet. Insoweit hat das Amtsgericht - Registergericht - Waldshut-Tiengen die Anmeldung durch Beschluss vom 14. März 2011, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, mit der Begründung zurückgewiesen, die in der neuen Satzung vorgesehenen Einflussmöglichkeiten des Hauptvereins schränkten die Selbständigkeit der Ortsgruppe so sehr ein, dass nicht mehr von einem autonomen Verein ausgegangen werden könne, und nach der alten Satzung sei der Kassenwart kein vertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied. [2] Mit ihren Beschwerden verfolgen die Ortsgruppe und der zuvor nicht am Verfahren beteiligte - Hauptverein die zurückgewiesenen Anmeldungen weiter. Sie machen geltend, die vom Registergericht beanstandeten Bestimmungen der neuen Satzung seien zulässig und führten auch in der Summe nicht dazu, dass die Ortsgruppe die für einen Verein erforderliche Unabhängigkeit verliere. […] [3] Das Registergericht hat den Beschwerden nicht abgeholfen. […] II. […]. [5] 1. Die vollständig neu gefasste Satzung des Antragstel-

lers ist in das Vereinsregister einzutragen. Der Vorstand des Antragstellers hat die einstimmig beschlossene Satzungsänderung ordnungsgemäß angemeldet (§ 71 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BGB) und die neue Satzung genügt sowohl den gemäß §§ 71 Abs. 2, 60 BGB zu prüfenden Mindesterfordernissen des § 57 Abs. 1 BGB als auch den Sollvorschriften des § 58 BGB. Entgegen der Auffassung des Registergerichts schränkt sie die Selbständigkeit des Antragstellers auch nicht so stark ein, dass dieser nicht mehr als Verein anzusehen wäre. [6] Nicht zu beanstanden ist allerdings, dass das Registergericht geprüft hat, ob die Satzung mit dem Grundsatz der Vereinsautonomie vereinbar ist. Wird eine Satzung zur Eintragung angemeldet, so hat das Registergericht neben der formellen Ordnungsmäßigkeit der Anmeldung zu prüfen, ob die gesetzmäßigen Voraussetzungen für eine wirksame Satzung in formeller und materieller Hinsicht gegeben sind. Dabei ist die Satzung auch darauf zu überprüfen, ob materiellrechtliche Nichtigkeits- oder Unwirksamkeitsgründe vorliegen, die der Eintragung entgegenstehen (vgl. etwa OLG Köln, NJW 1992, 1048; OLG Hamm, NJW-RR 1995, 119 und OLG Celle, NJW-RR 1995, 1173, aber auch schon KG, OLGZ 1974, 385, 386). Das gilt auch für satzungsmäßige Beschränkungen der Vereinsautonomie. Denn diese können mit dem Wesen des Vereins unvereinbar und deshalb unzulässig sein (vgl. OLG Köln, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O., 120 und KG, a.a.O., 386 f.). [7] Bei der Prüfung des materiellen Rechts muss das Registergericht jedoch stets beachten, dass der Gesetzgeber das Vereinsrecht weitgehend dispositiv gestaltet hat (§§ 25, 40 BGB) und dass die Gestaltungsfreiheit des Vereins durch Art. 9 Abs. 1 GG geschützt wird (vgl. OLG Köln und OLG Celle, jeweils a.a.O.). Das gilt insbesondere für die Prüfung der Frage, ob die Satzung mit dem ungeschriebenen Grundsatz der Vereinsautonomie vereinbar ist. Denn die Vereinsautonomie ist kein von der Rechtsordnung gefordertes oder vorausgesetztes Prinzip, das jegliche Einschränkung verbietet. Vielmehr können nur solche Beschränkungen der Autonomie als unzulässig, weil mit dem Wesen des Vereins nicht vereinbar angesehen werden, bei denen der rechtliche Fremdeinfluss so stark ist, dass der Verein nicht mehr als vornehmlich von der Willensbildung und -betätigung seiner Mitglieder getragen angesehen werden kann, sondern als unselbständige Verwaltungsstelle einer anderen organisatorischen Einheit erscheint (vgl. OLG Köln, a.a.O. und KG, a.a.O., 387). [8] Bei der Abwägung, ob eine solche wesentliche Einschränkung vorliegt, ist stets zu berücksichtigen, dass die Vereine gerade wegen ihrer Autonomie berechtigt sind, sich die ihren Zwecken entsprechende Organisation selbst zu geben und diese frei zu bestimmen, soweit dem nicht zwingende Vorschriften oder dem Wesen des Vereins zu entnehmende Grundsätze entgegenstehen. Die Vereinsautonomie kann deshalb grundsätzlich auch in der Weise ausgeübt werden, dass das Selbstverwaltungsrecht des Vereins satzungsmäßig beschränkt wird (BVerfG, NJW 1991, 2623, 2625; KG, a.a.O., 387). Insbesondere ist es mit ihr vereinbar, gestufte Verbände zu schaffen, innerhalb deren die Unterverbände - sei es als rechtsfähige, sei es als nichtrechtsfähige Vereine - zu Oberverbänden in Abhängigkeit stehen, ihren Vereinscharakter


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dadurch aber nicht verlieren, sofern sie auch eigenständig Aufgaben wahrnehmen (BVerfG, a.a.O.). Das gilt namentlich für Ortsgruppen oder andere regionale Untergliederungen, die sich entweder selbst zu einem Zentralverband zusammenschließen oder - wie der Antragsteller - so organisiert sind, dass ihre Mitglieder sowohl dem Gesamtverein als auch dem örtlichen Verein angehören (vgl. dazu etwa Staudinger/Weick, BGB [2005], Einleitung zu §§ 21 ff. BGB Rdn. 64 und § 21 Rdn. 35 f. sowie Reichert, Handbuch Vereins- und Verbandsrecht, 12. Aufl. Rdn. 5686 ff.). Bei derartigen Zweigvereinen sind satzungsmäßige Beschränkungen des Selbstverwaltungsrechts zugunsten des Gesamtvereins nicht nur üblich, sondern grundsätzlich auch nicht zu beanstanden. Denn zum einen entsprechen sie dem Zweck des regional gegliederten, aber einheitlich organisierten Zusammenschlusses. Zum anderen steht der Gesamtverein seinen Zweigvereinen nicht wie ein fremder Dritter gegenüber, weil seine Willensbildung ebenfalls von den gemeinsamen Mitgliedern bestimmt wird.

gegen zwingende Vorschriften des Vereinsrechts. Ob sie auch außerhalb von gestuften Verbänden mit dem Grundsatz der Vereinsautonomie vereinbar wären, bedarf hier keiner Entscheidung.

[9] Eine regionale Untergliederung, die als Verein anerkannt werden (oder bleiben) will, kann deshalb zwar auch dem Gesamtverein gegenüber nicht vollständig auf ihr Selbstverwaltungsrecht verzichten (vgl. Reichert, a.a.O. Rdn. 5705 ff.). Es genügt aber, wenn sie die Voraussetzungen erfüllt, welche nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 50 Abs. 2 ZPO (NJW 1979, 1402; 1984, 2223; 2008, 69, 73 f.) an einen Verein zu stellen sind. Danach ist eine solche Untergliederung als selbständiger Verein anzusehen, wenn sie auf Dauer Aufgaben nach außen im eigenen Namen durch eine eigene, handlungsfähige Organisation wahrnimmt, eine körperschaftliche Verfassung besitzt, einen Gesamtnamen führt, vom Wechsel ihrer Mitglieder unabhängig ist und neben ihrer unselbständigen Tätigkeit für den Hauptverein Aufgaben auch eigenständig wahrnimmt.

GewStG 1991 § 3 Nr. 11; GewStG 1999 § 3 Nr. 11; GewStG 2002 § 3 Nr. 11; KStG 1996 § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4, § 5 Abs. 1 Nr. 8; KStG 1999 § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4, § 5 Abs. 1 Nr. 8; KStG 2002 § 1 Abs. 1 Nr. 6; § 4, § 5 Abs. 1 Nr. 8; GG Art. 3 Abs. 1; EG Art. 87; AEUV Art. 107 Abs. 1

[10] Gemessen daran ist die neue Satzung des Antragstellers mit dem Grundsatz der Vereinsautonomie vereinbar. Sie sieht sowohl eine Mitgliederversammlung als auch einen Vorstand vor, der die - auf Dauer angelegte und vom Wechsel ihrer Mitglieder unabhängige - „Ortsgruppe B. e.V. im Verein D.S. (SV) e.V.“ nach außen vertritt. Die selbständige Tätigkeit des Zweigvereins ist ebenfalls gewährleistet. Nach § 2 Abs. 1 der Satzung nimmt die Ortsgruppe zwar die - dort näher bezeichneten - Aufgaben des Hauptvereins wahr. Sie handelt aber nicht für diesen, sondern in ihrem eigenen „regionalen Wirkungskreis“ und aufgrund eigener Willensbildung (§ 13 Satz 1). Wie sie ihre satzungsmäßigen Aufgaben erfüllt, wird in § 3 der Satzung nur abstrakt und beispielhaft beschrieben. Ein Weisungsrecht des Hauptvereins ist dort nicht vorgesehen. Die bloß mittelbaren Einflussmöglichkeiten, die das Registergericht beanstandet, schließen eine eigenständige Tätigkeit der Ortsgruppe nicht aus. Im Übrigen sind sie jedenfalls von der durch die Vereinsautonomie gewährleisteten Befugnis eines Zweigvereins gedeckt, das Selbstverwaltungsrecht zugunsten des Zentralvereins zu beschränken. Das gilt insbesondere für die Zustimmungserfordernisse bei Vorstandswahlen (§ 15 Abs. 7) und Satzungsänderungen (§ 26), für die Verweisung auf die Rechts- und Verfahrensordnung des Hauptvereins beim Ausschluss von Mitgliedern (§ 7 Abs. 6) und bei sonstigen Streitigkeiten (§ 21 Abs. 2) sowie für die Berechtigung des Hauptvereins, Mitgliederversammlungen einzuberufen (§ 16 Abs. 2), kommissarische Vorstandsmitglieder zu bestellen (§ 19 Abs. 4) und die Anerkennung der Ortsgruppe zu widerrufen (§ 25). Diese Bestimmungen verstoßen auch nicht

Steuerrecht Die Investition eines öffentlich-rechtlichen Versorgungswerks in gewerbliche Personengesellschaften und die Verpachtung eines Pflegeheims fallen unter die Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG und des § 3 Nr. 11 GewStG, wenn die gesetzlichen Anlagegrundsätze eingehalten und die Erträge daher im Rahmen der steuerbefreiten Tätigkeit erzielt werden. Dies stellt weder einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch eine Beihilfe i.S.d. ex-Art. 87 EG dar.

Öffentlich-rechtliche Versorgungseinrichtungen sind auch mit denjenigen gewerblichen Einkünften von der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer befreit, die sie aus den gesetzlich erlaubten Anlagen ihres Vermögens erzielen. BFH, Urt. v. 9.2.2011 – I R 47/09 Tatbestand [1] I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie unterhält ein Versorgungswerk, das nach § 1 Abs. 3 der Satzung der Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung der Kammerangehörigen dient. Das Versorgungswerk übernimmt zu diesem Zweck die „ertragbringende und sichere“ Vermögensanlage der von den Mitgliedern zum Zwecke der Altersvorsorge geleisteten Beträge. Im Rahmen dieser Vermögensanlage hat das Versorgungswerk auch in gewerbliche Personengesellschaften und in ein verpachtetes Pflegeheim investiert. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) war der Auffassung, dass die gewerbliche Verpachtung sowie die mitunternehmerischen Beteiligungen an Personengesellschaften nicht unter die Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 8 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und des § 3 Nr. 11 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) fielen, sondern jeweils eigenständige Betriebe gewerblicher Art (BgA) seien (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 KStG). [...] Entscheidungsgründe III. [9] Die sonach fortgeführte Klage gegen die Änderungsbescheide ist begründet. Die Revision des FA ist unbegründet. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin mit der Verpachtung des Pflegeheims und den mitunternehmerischen Beteiligungen keine eigenständigen ertragsteuerpflichtigen BgA unterhalten hat. Diese Tätigkeiten fallen vielmehr unter die Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG und des § 3 Nr. 11 GewStG. [10] 1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 KStG


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und nach § 2 GewStG unterliegen juristische Personen des öffentlichen Rechts mit ihren BgA der Körperschaft- und Gewerbesteuer. Zwischen den Beteiligten besteht zu Recht Einvernehmen darüber, dass die Klägerin mit der berufsständischen Versorgungseinrichtung in den Streitjahren einen BgA betrieben hat (Senatsurteil vom 4. Februar 1976 I R 200/73, BFHE 118, 31, BStBl II 1976, 355). Die Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung der Kammermitglieder und deren Angehöriger als Gegenleistung für die hierfür geleisteten Beiträge ist eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. des § 4 Abs. 1 KStG. [11] 2. Dieser BgA ist jedoch mit seiner gesamten in den Streitjahren ausgeübten Tätigkeit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 KStG von der Körperschaftsteuer und gemäß § 3 Nr. 11 Satz 1 GewStG von der Gewerbesteuer befreit. [12] a) Nach diesen insoweit gleich lautenden Vorschriften sind steuerbefreit öffentlich-rechtliche Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen von Berufsgruppen, deren Angehörige auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder dieser Einrichtung sind, wenn die Satzung der Einrichtung die Zahlung keiner höheren jährlichen Beiträge zulässt als das Zwölffache der Beiträge, die sich bei einer Beitragsbemessungsgrundlage in Höhe der doppelten monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung ergeben würden. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass das Versorgungswerk der Klägerin den Anforderungen dieser Befreiungsvorschriften genügt. [13] b) Streit besteht nur darüber, ob die Verpachtung des Pflegeheimes und die beiden mitunternehmerischen Beteiligungen von der Steuerbefreiung umfasst sind. Dies hat das FG zu Recht bejaht. [14] aa) Nach dem Wortlaut der Vorschriften ist die Befreiung der Einrichtung umfassend. Die Steuerfreiheit beschränkt sich weder auf einzelne Tätigkeiten noch sind einzelne Tätigkeitsbereiche --anders als teilweise in anderen Befreiungsvorschriften des § 5 Abs. 1 KStG und des § 3 GewStG-- von der Steuerbefreiung ausgenommen. Die Steuerbefreiungen wurden bei ihrer Einführung durch das Steueränderungsgesetz 1965 vom 14. Mai 1965 (BGBl I 1965, 377, BStBl I 1965, 217) damit gerechtfertigt, dass diese Pflichtversicherungseinrichtungen weitgehend entsprechende Aufgaben der nicht der Körperschaftsteuer unterliegenden Sozialversicherungsträger (Hoheitsbetriebe) wahrnähmen (BTDrucks IV/3189, S. 10). Zweck der Steuerbefreiungen ist es demnach, die öffentlichrechtlichen Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen von Berufsgruppen bei ihrer Aufgabe zu unterstützen, den bei ihnen Pflichtversicherten eine Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Angesichts dieses Ziels ist die nach dem Wortlaut der Vorschrift umfassende Steuerbefreiung nur insoweit ausgeschlossen, als die Versicherungsund Versorgungseinrichtungen Erträge aus Tätigkeiten außerhalb ihrer öffentlichen Aufgaben erzielen. [15] bb) Aufgabe des Versorgungswerks der Klägerin ist es, den Kammerangehörigen und deren Familienangehörigen eine Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Da die Leistungen vornehmlich im Kapitaldeckungsverfahren erbracht werden, hat es zur Verwirklichung dieser Aufgabe die Mitgliederbeiträge rentierlich an-

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zulegen. Nach den Feststellungen des FG, die vom FA nicht in Zweifel gezogen werden und an die der Senat --weil gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht revisibel-- gebunden ist (vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 1997 I R 33/97, BFHE 184, 167, BStBl II 1998, 126, m.w.N.), dürfen berufsständische Versorgungseinrichtungen nach den einschlägigen Landesgesetzen auch in bestimmte gewerbliche Anlagen investieren. Zwischen den Beteiligten ist nicht im Streit, dass das Versorgungswerk die gesetzlichen Anlagegrundsätze eingehalten hat. Es handelt sich damit um Erträge, die im Rahmen der steuerbefreiten und nicht einer davon zu sondernden weiteren wirtschaftlichen Tätigkeit erzielt werden; sie sind daher von der Steuerbefreiung umfasst. [16] cc) Dem steht nicht entgegen, dass entsprechende mitunternehmerische Anlagen bei den gesetzlichen Sozialversicherungsträgern möglicherweise als BgA zu beurteilen und zu besteuern wären. Die Gleichbehandlung mit den Sozialversicherungsträgern war zwar das Motiv für die Steuerfreistellung der öffentlich-rechtlichen Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen von Berufsgruppen. Dieses Ziel hat aber im Gesetzeswortlaut keinen Niederschlag gefunden und kann daher auch nicht zu einer Einschränkung der nach dem Gesetzeswortlaut umfassenden Steuerfreistellung führen. Außerdem bedingt das von den Versorgungseinrichtungen überwiegend praktizierte Kapitaldeckungsverfahren eine andere Anlagestrategie als das die gesetzliche Rentenversicherung kennzeichnende Umlageverfahren. Mitunternehmerische Anlagen werden meist für einen längeren Zeitraum gehalten und sind daher im Umlageverfahren, in dem die Mitgliederbeiträge alsbald wieder an die Rentenberechtigten ausgezahlt werden, kaum denkbar. [17] dd) Eine einschränkende Auslegung des § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG und des § 3 Nr. 11 GewStG ist auch nicht deshalb möglich, weil es öffentlich-rechtlichen Versorgungseinrichtungen zum Zeitpunkt, als die Befreiungsvorschrift erstmals eingeführt wurde, noch nicht erlaubt war, in mitunternehmerische Anlagen zu investieren. Denn es mangelt an einem hinreichend erkennbaren Willen des Gesetzgebers, solche Anlageformen, die den berufsständischen Versorgungseinrichtungen gesetzlich erlaubt sind, von der Steuerbefreiung auszunehmen. Aus dem Umstand, dass § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG und § 3 Nr. 11 GewStG in der Folgezeit nicht eingeschränkt wurden, lässt sich im Gegenteil schließen, dass Erträge aus allen gesetzlich zulässigen Anlageformen der Versorgungswerke in die Steuerbefreiung einbezogen werden sollen. [18] ee) Der Steuerfreiheit der Erträge steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin, hätte sie die gewerblichen Anlagen nicht im Rahmen des Versorgungswerks gehalten, jeweils steuerpflichtige BgA begründet hätte. Denn in diesem Fall könnten die von ihr erwirtschafteten Erträge mangels Bindung für die Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung der Kammerangehörigen nicht der steuerbefreiten gewerblichen Tätigkeit zugeordnet werden. [19] ff) Die umfassende Steuerfreistellung mag zwar zu Wettbewerbsbeeinträchtigungen führen. Diese Wettbewerbsbeeinträchtigungen nimmt das Gesetz aber, indem es die gesamte Tätigkeit der öffentlich-rechtlichen Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen von der Steuer freistellt, bewusst in Kauf. Sie sind, da Versorgungseinrichtungen rechtlich und tatsächlich nur eingeschränkt in gewerbliche Anlagen


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investieren dürfen, durch das Ziel, den Mitgliedern der Versorgungseinrichtungen eine Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung zu sichern, gerechtfertigt. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes liegt daher nicht vor. [20] Die Steuerbefreiung ist auch keine mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe i.S. des Art. 87 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften, sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997 Nr. C-340, 1), jetzt Art. 107 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) i.d.F. des Vertrages von Lissabon zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Amtsblatt der Europäischen Union 2007 Nr. C 306/01). Die Gewährung einer Altersversorgung ist eine unternehmerische Tätigkeit. Da es sich aber um eine öffentlich-rechtliche Pflichtversicherungseinrichtung handelt, die nur gegenüber den bei ihr Pflichtversicherten Leistungen erbringen darf, ist die Steuerbefreiung nicht geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen (Art. 107 Abs. 1 AEUV). Angesichts dessen, dass Versorgungswerke nur zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags tätig sein dürfen und nur solche Geschäfte betreiben dürfen, die hiermit in unmittelbarem Zusammenhang stehen, gilt dies unabhängig davon, wie die Versorgungseinrichtung ihr Vermögen anlegt. Es handelt sich insoweit um eine Annextätigkeit im Rahmen der Steuerbefreiung.

Keine Berücksichtigung des Einkommens der Organgesellschaft bei der Ermittlung des Höchstbetrages für den Spendenabzug des Organträgers KStG 2002 vom 10.10.2007 § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 9 Abs. 2; KStG 2002 § 8 Abs. 1, § 14, § 15, § 17; EStG 2002 § 10b EStG Bei der Ermittlung des Höchstbetrages für den Spendenabzug i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG des Organträgers ist das Einkommen der Organgesellschaft nicht zu berücksichtigen. Das Einkommen i.S.d. § 9 KStG bemisst sich nach der Gewinnermittlung, die für Organträger und Organgesellschaft jeweils selbständig vorzunehmen ist. Die Zurechnung der Einkünfte der Organgesellschaft findet noch nicht auf dieser Ebene statt, sondern erfolgt als Zurechnung fremden Einkommens zur Besteuerung des Organträgers. FG Düsseldorf, Urt. v. 26.6.2012 – 6 K 3767/10 F (Revision anhängig, Az. BFH I R 55/12) Tatbestand [1] Streitig ist, ob bei der Ermittlung des Höchstbetrages für den Spendenabzug i. S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) das Einkommen einer Organgesellschaft zu berücksichtigen ist. [2] Die Klägerin ist eine beschränkt körperschaftsteuerpflichtige Stiftung mit Sitz in Liechtenstein. Sie ist als Kommanditistin an der „C-GmbH & Co. KG“ beteiligt. Seit dem Streitjahr 2007 ist die „C-GmbH & Co. KG“ Organträgerin der „C-Holding GmbH“. [3] Die Körperschaftsteuerfestsetzung der Klägerin für das Jahr

2007 erfolgte aufgrund der von ihr eingereichten Steuererklärung. Bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 54.244.631 € berücksichtigt. Diese Einkünfte setzen sich zusammen aus einem Gewinnanteil an der „C-GmbH & Co. KG“ (inklusiv Hinzurechnung gem. § 8 b Abs. 5 KStG) i.H.v. 2.830.620,59 € und dem der „C-GmbH & Co. KG“ zuzurechnenden Organeinkommen der „C-Holding GmbH“ i.H.v. 51.414.010,79 €. Bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens wurden Spenden i.H.v. 566.124 € berücksichtigt. Dies sind 20 Prozent des Gewinnanteils der „C-GmbH & Co. KG“ ohne Berücksichtigung des Organeinkommens der „C-Holding GmbH“. Durch Körperschaftsteuerbescheid für 2007 vom 06.02.2009 setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 13.419.626 € fest. Außerdem stellte er einen verbleibenden Spendenvortrag auf den 31.12.2007 nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 KStG i.V.m. § 10 d Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) i.H.v. 798.708 € und einen verbleibenden Großspendenvortrag nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4 KStG auf den 31.12.2007 i.H.v. 1.715.991 € fest. [4] Auch die Körperschaftsteuerfestsetzung der Klägerin für das Jahr 2008 erfolgte aufgrund der von ihr eingereichten Steuererklärung. Bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 52.473.557 € berücksichtigt. Diese Einkünfte setzen sich zusammen aus einem Gewinnanteil an der „C-GmbH & Co. KG“ i.H.v. 636.035,00 € und dem der „C-GmbH & Co. KG“ zuzurechnenden Organeinkommen der „C-Holding GmbH“ i.H.v. 47.776.968,00 €. Bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens wurden Spenden i.H.v. 127.205 € berücksichtigt. Dies sind 20 Prozent des Gewinnanteils der „C-GmbH & Co. KG“ ohne Berücksichtigung des Organeinkommens der „C-Holding GmbH“. Durch Körperschaftsteuerbescheid für 2008 vom 29.03.2010 setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 7.851.952 € fest. Außerdem stellte er einen verbleibenden Spendenvortrag auf den 31.12.2007 nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 KStG i.V.m. § 10 d Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) i.H.v. 1.235.107 € und einen verbleibenden Großspendenvortrag nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4 KStG auf den 31.12.2008 i.H.v. 1.652.387 € fest. [5] Die Klägerin erhob durch das Büro „T“ gegen den Bescheid über den verbleibenden Großspendenvortrag auf den 31.12.2007 am 26.2.2009 und den Körperschaftsteuerbescheid für 2007 Einspruch, der sich nur gegen den beschränkten Spendenabzug richtete. Bereits am 20.02.2009 hatte der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater „A“ Einspruch gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 2007 mit der Begründung eingelegt, dass im Einkommen der Klägerin unter anderem 5 Prozent der Dividendeneinnahmen gem. § 8 b Abs. 5 KStG enthalten und versteuert worden seien und das Verfahren deshalb im Hinblick auf den Beschluss des Finanzgerichts Hamburg vom 07.11.2007 ruhen sollte. Im weiteren Verfahren nahm die Klägerin den vom Büro „T“ eingelegten Einspruch unter Berufung darauf zurück, dass der Einspruch des Herrn „A“ sachlich nicht eingegrenzt worden sei und dieses Einspruchsverfahren fortgesetzt werde. [...] Entscheidungsgründe [17] Die Klage ist unbegründet. [18] Der Beklagte hat zu Recht bei der Ermittlung des Höchstbetrages für den Spendenabzug i. S des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG das


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Einkommen der Organgesellschaft nicht mitberücksichtigt. [19] Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG i. V. mit § 34 Abs. 8a KStG sind abziehbare Aufwendungen - vorbehaltlich des § 8 Abs. 3 KStG - Zuwendungen (Spenden und Mitgliedsbeiträge), die zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 AO an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts oder an eine inländische öffentliche Dienststelle oder an eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse gemacht werden, aber nur bis zu einem Höchstbetrag von 20 Prozent des Einkommens oder 4 Promille der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter. Als Einkommen im Sinne dieser Vorschrift gilt gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 KStG das Einkommen vor Abzug der in § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG bezeichneten Zuwendungen und vor dem Verlustabzug nach § 10d EStG. [20] Was als Einkommen einer Körperschaft gilt, bestimmt sich gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG nach den Vorschriften des EStG und des KStG. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG i. V. mit § 17 KStG ist das Einkommen einer Organgesellschaft dem Träger des Unternehmens (Organträger) zuzurechnen, wenn eine GmbH mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland (Organgesellschaft) sich wirksam verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes gewerbliches Unternehmen abzuführen, soweit sich aus § 16 KStG nichts anderes ergibt und weitere Voraussetzungen erfüllt sind. In § 15 KStG ist geregelt, inwieweit das Einkommen bei einer Organschaft abweichend von den allgemeinen Vorschriften zu berechnen ist. Zum Spendenabzug findet sich in § 15 KStG keine Regelung. [21] Nach Auffassung der Verwaltung ist das Einkommen einer Organgesellschaft dem Organträger als Einkünfte nach Ermittlung des steuerlichen Gewinns, der dem Einkommen im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 1 KStG entspricht, und nach Abzug der Aufwendungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG zuzurechnen (vgl. R 29 Abs. 1 Satz 2 KStR 2008). [22] Nach Auffassung des BFH zu § 10 b Abs. 1 Satz 1 EStG gehören zur „Summe der Einkünfte“ i.S. des § 2 Abs. 3 EStG nur Einkünfte, die ein Steuerpflichtiger im Rahmen der sieben Einkunftsarten selbst erzielt hat. Die gesetzlichen Regelungen der körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft mit Gewinnabführungsvertrag gehe von der sog. Zurechnungstheorie aus. Organträger und Organgesellschaft blieben zivilrechtlich und steuerrechtlich verschiedene Rechtsträger und ermittelten selbständig ihr jeweiliges Einkommen; erst danach sei das Einkommen der Organgesellschaft nach § 14 KStG dem Organträger zuzurechnen. Die Zurechnung erfolge nicht im Rahmen der Gewinnermittlung, sondern als Zurechnung fremden Einkommens zur Besteuerung. Das eigene Einkommen des Organträgers und das zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft bildeten gemeinsam das vom Organträger zu versteuernde (Gesamt-)Einkommen. Die Organgesellschaft dürfe bei der Ermittlung ihres Einkommens Aufwendungen i.S. von § 9 KStG, zu denen auch eigene Spenden gehörten, abziehen. Sei auch der Organträger eine Kapitalgesellschaft, so seien die Höchstbeträge für den Spendenabzug in Höhe von 20 v.H. des Einkommens für die Organgesellschaft und für den Organträger gesondert zu ermitteln. Dabei sei bei der Berechnung des beim Organträger abziehbaren Höchstbetrags das ihm zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft außer Betracht zu lassen. Denn andernfalls würde das zuzurechnende

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Einkommen bei der Höchstbetragsberechnung für den Spendenabzug doppelt Berücksichtigung finden, zunächst bei der Berechnung des Spendenabzugs für die Organgesellschaft selbst und dann noch einmal bei der Berechnung des Spendenabzugs für den Organträger. Dem Organträger würde damit ein steuerlicher Vorteil zugute kommen, der vom Zweck der Organschaft nicht gedeckt sei. Darüber hinaus würde die doppelte Berücksichtigung eines Spendenabzugsvolumens auch dem Gesetzeszweck, den Spendenabzug auf bestimmte Höchstbeträge zu beschränken, zuwider laufen (BFH-Urteil vom 23.1.2002 XI R 95/97, BFHE 198, 99, BStBl II 2003, 9). [23] Die Auffassung des BFH zu § 10 b Abs. 1 Satz 1 EStG, dass Berechnungsgrundlage für die Höhe des Spendenabzugs nur eigene Einkünfte des Organträgers und nicht fremde im Rahmen der Organschaft zugerechnete Einkünfte sind, ist auf § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG übertragbar (Danelsing in Blümich, EStG/KStG/ GewstG, § 14 KStG Rz. 239; Krämer in Dötsch/Jost/Pung/Witt, KStG, § 9 Rz. 326 ff.; Drüen in Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG und KStG, § 9 KStG Anm. 50; Boochs in Lademann, KStG, § 9 Anm. 14). Entgegen der Ansicht der Klägerin ist das Einkommen im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 1 KStG nicht das Einkommen im Sinne des 14 Abs. 1 Satz 1 KStG. Zu Recht geht der BFH davon aus, dass Organträger und Organgesellschaft zivilrechtlich und steuerrechtlich verschiedene Rechtsträger bleiben und selbständig ihr jeweiliges Einkommen unter Berücksichtigung des Spendenabzuges ermittelten; erst danach ist das Einkommen der Organgesellschaft nach § 14 KStG dem Organträger zuzurechnen (vgl. auch FG Düsseldorf, Urteil vom 18.3.1991 6 K 117/86, EFG 1991, 750; a. A. Wendt, FR 2002, 787; Olbing in Festschrift für Streck, S. 121; Gerlach, DB 1986, 2357). Die Zurechnung erfolgt nicht im Rahmen der Gewinnermittlung, sondern als Zurechnung fremdem Einkommens zur Besteuerung. Die Differenzierung zwischen eigenem und fremden Einkommen ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG aber aus der gesetzlichen Systematik der Organschaft. Dem Organträger wird „nur“ das Einkommen und nicht die sonstigen Besteuerungsmerkmale zugewiesen. Für den Spendenabzug ist nicht die wirtschaftliche Verbindung durch die Organschaft, sondern die zivilrechtliche Selbständigkeit der Unternehmen entscheidend. [24] Entgegen der Ansicht der Klägerin begründet § 9 KStG bei Stiftungen wie § 10 b EStG die Abzugsfähigkeit von Spenden. Anders als Kapitalgesellschaften (vgl. BFH-Urteil vom 22.8.2007 I R 32/06, BFHE 218, 523, BStBl II 2007, 961 m.w.N.) verfügen Stiftungen nach der Rechtsprechung des BFH über eine außerbetriebliche Sphäre. Soweit das Stiftungsgeschäft bestimmt, wem oder welchem Zweck die Erträge der Stiftung zukommen sollen, handelt es sich um Einkommensverwendungen, die das Einkommen grundsätzlich nicht mindern. Wie bei natürlichen Personen, bei denen Aufwendungen, die weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind, nur abziehbar sind, wenn das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht, bedarf es bei Körperschaftsteuersubjekten, die eine außerbetriebliche Sphäre haben, einer besonderen Vorschrift, die den steuermindernden Abzug der Aufwendungen ausdrücklich zulässt. § 10 Nr. 1 KStG hat für diese Körperschaftsteuersubjekte ebenso wie § 12 Nr. 1 Satz 1 EStG für natürliche Personen nur deklaratorische Bedeutung (BFH-Urteil vom 12.10.2011 I R 102/10, BFHE 235, 394, HFR 2012, 313). [25] Für das Begehren der Klägerin, den von der Organgesellschaft nicht verbrauchten Spendenhöchstbetrag auf sie


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zu übertragen, gibt es keine gesetzliche Grundlage. Ohne gesetzliche Grundlage ist eine derartige Übertragung eines nicht ausgenutzten Spendenhöchstbetrages auf einen zivilrechtlich und steuerrechtlich selbständigen Rechtsträger nicht möglich. [..]

Andere Rechtsgebiete Weder Betrug noch Untreue durch dauerhaft hohe Kosten für Spendenwerbung einer gemeinnützigen GmbH StGB §§ 263, 266, StPO §§ 203, 210, AO §§ 52, 55 1. Allein die Verursachung hoher Kosten für die Spendenwerbung einer vorläufig als gemeinnützig anerkannten GmbH begründet keinen hinreichenden Tatverdacht wegen Betruges zum Nachteil der Spender, wenn die Spendenwerbeschreiben keine ausdrücklichen Angaben zur Höhe der Kosten enthielten. 2. Aus der dauerhaft hohen Kostenquote auch über den steuerrechtlich als Anlaufphase anerkannten Zeitraum hinaus kann nicht auf eine von Anfang bestehende Absicht der zweckwidrigen Verwendung der Spendenmittel geschlossen werden, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Kosten für die Spendenwerbung überhöht waren und durch verdeckte Auszahlungen letztendlich der persönlichen Bereicherung dient. 3. Ein Verstoß gegen das Gebot der Selbstlosigkeit nach § 55 AO begründet keine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht i.S.v. § 266 StGB, weil die Norm ihrerseits nicht dem Zweck dient, das Vermögen der als gemeinnützig anerkannten GmbH zu schützen. 4. Der drohende Verlust der vorläufigen Anerkennung als gemeinnützig wegen Verursachung hoher Kosten für die Spendenwerbung stellt keine schadensgleiche Vermögensgefährdung i.S.v. § 266 StGB dar, weil er nicht unmittelbare Folge der Pflichtverletzung ist, sondern von weiteren Zwischenschritten abhängt. OLG Celle, Beschl. v. 23.8.2012 – 1 Ws 248/12 Gründe I. [1] Mit Anklage vom 21. Februar 2011 hat die Staatsanwaltschaft den Angeschuldigten Betrug in sechs Fällen sowie den Angeschuldigten G. und E. Untreue und dem Angeschuldigten R. Beihilfe zur Untreue zur Last gelegt.[…] [2] 1. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeschuldigten vor, in der Zeit von Mai 2005 bis Anfang 2010 im Rahmen kommerzieller Spendenwerbung ca. 1,6 Millionen Spender getäuscht und die Spendengelder für andere als gemeinnützige Zwecke verwendet zu haben. [3] a) Nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens ist der Angeschuldigte R. Alleingesellschafter der „M. AG“ (S. G.), zu deren Tochtergesellschaften diverse Marketingfirmen der „S.“ und „C.“-Gruppe zählen. Diese Firmen haben sich u. a. auf die kommerzielle Spendenwerbung (sog. Fundraising) für Wohltätigkeitsorganisationen spezialisiert. Der Angeschuldigte G. ist Rechtsanwalt und betreibt in B. P. eine Kanzlei, in der er u. a. diverse Wohltätigkeitsorganisa-

tionen verwaltet, deren Geschäftsführer sich vornehmlich im Ausland aufhalten und die beim Fundraising meist auf die „C. Europe AG“ (S. G.) zurückgreifen. Zum anderen ist er Steuerberater der „S.“-Gruppe in G. Die Angeschuldigte E. ist Geschäftsführerin der am 2. Mai 2005 gegründeten „V. gGmbH“ (V. ) mit Sitz in B. Alleinige Gesellschafterin der V. ist die „E. Inc.“ (N. Y.), deren gesetzliche Vertreterin ebenfalls die Angeschuldigte E. ist. Die V. war vom Finanzamt für Körperschaften I in Berlin zumindest für 18 Monate vorläufig als gemeinnützig im Sinne der AO anerkannt worden. Nach § 2 ihres Gesellschaftsvertrages hat die V. den folgenden Unternehmensgegenstand: „Die Gesellschaft verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts „steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung in der jeweils gültigen Fassung. Die Körperschaft ist selbstlos tätig. Sie verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke.“ [4] Die Verwaltung der V. hat der Angeschuldigte G. mit seiner Kanzlei ebenso übernommen wie die Erstellung ihrer Buchführung, Steuererklärungen und Jahresabschlüsse. Mit Vertrag vom 1. März 2005 hatte die Angeschuldigte E. für die in Gründung befindliche V. die „C. Europe AG“ (S. G.) mit der Werbung von Geldspenden sowie mit der Übernahme von allen hiermit verbundenen Verwaltungsaufgaben beauftragt. Die C. delegierte einen Teil des Geschäfts auf die „S. Marketing A. BV“ (Niederlande). In allen Spendenanschreiben (sog. Mailings) der V. richtete sich die Angeschuldigte E. persönlich an deren Empfänger und behauptete, eine sofortige Spende an die V. könne und solle die Krebsforschung zeitnah fördern. Im Zeitraum von Mai 2005 bis Anfang 2010 wurden im Namen der V. aufgrund im Voraus erarbeiteter jährlicher Businesspläne folgende Spendenwerbungsaktionen mit folgender Resonanz durchgeführt und folgende Projektausgaben zur Förderung der Krebsforschung getätigt: [5] TABELLE Zeitraum

Spenden

Projektförderung

Förderquote

2005

54.843,28 €

0,00 €

0,00 %

2006

2.441.909,25 €

123.000,00 €

5,04 %

2007

2.951.274,77 €

130.000,00 €

4,40 %

2008

3.308.542,22 €

767.711,02 €

23,20 %

2009

3.514.383,27 €

1.187.438,62 €

33,79 %

Januar 2010

401.774,74 €

165.140,00 €

41,11 %

Gesamt

12.672.727,54 €

2.373.299,64 €

18,73 %

[6] Von der Gesamtspendensumme sind 8.027.718,45 € (= 63,34 %) an die C. gezahlt worden. Die Kanzlei des Angeschuldigten G. erhielt von der V. eine Vergütung in Höhe von insgesamt 106.964,09 €. Außerdem leistete die V. im Zeitraum von 2007 bis 2009 Zahlungen in Höhe von 498.327,45 € an das „N. Inc.“ (N. Y.), bei dem die Angeschuldigte E. sowohl Vorstandsmitglied („board member“) als auch Geschäftsführerin („managing director“) ist. […] II. [62] Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Nichteröffnungsentscheidung ist gemäß §§ 210 Abs. 2, 311 StPO zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. […] [64] 1. Einen hinreichenden Tatverdacht wegen Betrugs


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(§ 263 Abs. 1 StGB) hat das Landgericht zu Recht verneint. [65] […] Denn es besteht bereits kein hinreichender Verdacht der Erfüllung des Grundtatbestands, weil es nach dem Ergebnis der Ermittlungen an einer Täuschung im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB fehlt. [66] a) Bei der Frage, was als taugliche Täuschungshandlung für einen Spendenbetrug in Betracht kommt, ist von den Grundsätzen auszugehen, die der Bundesgerichtshof in seiner Leitentscheidung zu dieser Fallgruppe (Urteil vom 10. November 1994 - 4 StR 331/94, NJW 1995, 539; NStZ 1995, 134, m. Anm Rudolphi, NStZ 1995, 289, m. Anm. Marxen, EWiR 1996, 375) aufgestellt hat. [78] b) Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich im vorliegenden Fall nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens eine Verurteilung der Angeschuldigten wegen Betrugs als unwahrscheinlich. Es liegen weder Beweise noch Beweisanzeichen vor, die einzeln oder in der Gesamtschau die Annahme begründen, dass die Angeschuldigten die Spender durch Täuschung zur Spendenleistung veranlasst haben. Sie haben weder ausdrücklich noch konkludent falsche Tatsachen vorgespiegelt noch wahre Tatsachen entstellt oder unterdrückt. [79] aa) Eine Täuschung über die Höhe der Werbungs- und Verwaltungskosten ist nicht erfolgt. Die Spendenwerbungsschreiben (Mailings) enthielten keinerlei tatsächliche Erklärungen über die Höhe der Werbungs- und Verwaltungskosten. [80] Dass es an ausdrücklichen Erklärungen in dieser Hinsicht fehlt, nimmt auch die Staatsanwaltschaft nicht in Abrede. Soweit sie indes die Auffassung vertritt, dass „auch solche ausdrücklichen Erklärungen als betrugsrelevant einzustufen sind, die mittelbar falsche Erklärungen zur Höhe der Werbungs- und Verwaltungskosten enthalten“, kann ihr nicht gefolgt werden. Denn damit wird in der Sache darauf abgestellt, dass die Angeschuldigten mit den Spendenwerbungsschreiben konkludent über die Höhe der Werbungs- und Verwaltungskosten getäuscht hätten. Dies ist aber nicht der Fall. Nach der bereits zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs lag eine konkludente Täuschung über die Höhe der Verwaltungs- und Werbungskosten im dortigen Fall nicht vor, weil allein der Eindruck ehrenamtlicher Tätigkeit für jeden objektiven Dritten in der Situation des jeweiligen Erklärungsempfängers nicht den Schluss zulasse, die Beiträge würden sogleich in vollem Umfang oder zum größten Teil in der eigentlichen Unterstützungsarbeit wirksam (BGH aaO). Nicht anders verhält es sich hier. [81] Mit seiner Entscheidung hat der Bundesgerichtshof nämlich festgeschrieben, dass bei der Einwerbung von Spenden ein durch den Vertragstypus vorgegebener Erklärungswert hinsichtlich der Höhe der Verwaltungs- und Werbungskosten nicht existiert (vgl. MK-Hefendehl StGB 2. Aufl. § 263 Rn.115). Den von der Staatsanwaltschaft als mittelbar falsche Erklärungen zur Höhe der Werbungs- und Verwaltungskosten angesehenen Formulierungen (z.B. „zeitnah“, „effektiv“) in den Spendenwerbungsschreiben kann dieser Erklärungswert auch nicht beigemessen werden. Jedem objektiven Dritten in der Situation der Empfänger eines der aufwändig gestalteten Spendenwerbungsschreiben der V., das zudem - wie hier -

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noch Werbegeschenke enthält, wäre klar, dass das Herstellen und Versenden des Werbebriefes mitsamt Werbegeschenken Kosten verursacht hat. Des Weiteren wäre ihm klar, dass die spendenwerbende Organisation im Vorhinein nicht weiß, ob auf ihr Schreiben hin überhaupt und, wenn ja, in welcher Höhe eine Spende geleistet wird, so dass vorab auch nicht sicher beurteilt werden kann, ob das Spendenaufkommen insgesamt überhaupt die Kosten decken wird. Ebenso wie in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall lassen also auch hier die Erklärungen der spendenwerbenden Organisation nicht den Schluss zu, die Spendenbeiträge würden „sogleich in vollem Umfang oder zum größten Teil in der eigentlichen Unterstützungsarbeit wirksam“ (BGH aaO). [82] Sollten dennoch Spender aufgrund der Spendenwerbungsschreiben die Vorstellung gehabt haben, dass ihre Spenden jeweils „zeitnah und effektiv“ der Krebsforschung oder dem Aufbau einer auf Dauer angelegten Wohltätigkeitsorganisation mit eigener operativer Tätigkeit zu Gute kommen, d.h. mit den Worten des Bundesgerichtshofs „sogleich in vollem Umfang oder zum größten Teil in der eigentlichen Unterstützungsarbeit wirksam werden“, so wäre dies ein unbeachtlicher Motivirrtum (BGH aaO). Abgesehen davon ist den Aussagen der vernommenen Spender nicht zu entnehmen, dass es für ihre Entscheidung maßgeblich war, dass ihre Spenden dem Aufbau einer auf Dauer angelegten Wohltätigkeitsorganisation mit eigener operativer Tätigkeit zu Gute kommen. Vielmehr ging es allen ausschließlich darum, dass mit ihrer Spende die Krebsforschung gefördert wird. Dieses mit der Spende verfolgte Ziel wird aber durch die Gewerblichkeit der Spendenwerbung nicht von vornherein in Frage gestellt (BGH aaO). [83] Ein pflichtwidriges Unterlassen von Angaben zur Höhe der Werbungs- und Verwaltungskosten ist den Angeschuldigten schließlich ebenfalls nicht anzulasten. Denn eine ent-sprechende Aufklärungspflicht der spendenwerbenden Organisation gegenüber den Spendern besteht nicht (BGH aaO). [84] bb) Die Angeschuldigten haben die Spender auch nicht über eine tatsächlich nicht vorhandene Gemeinnützigkeit der V. getäuscht. [85] Die Staatsanwaltschaft sieht es als betrugsrelevante Täuschungshandlung an, dass auf allen Spendenwerbungsschreiben und Briefumschlägen der V. deutlich sichtbar der Zusatz „gGmbH“ verwendet worden sei, wobei das „g“ eine Gemeinnützigkeit vorspiegele, die tatsächlich von Anfang an nicht vorhanden gewesen sei. Dies ergebe sich nicht zuletzt daraus, dass der V. inzwischen durch das Finanzamt die Gemeinnützigkeit rückwirkend für die Jahre 2005 bis 2009 aberkannt worden sei. Es handele sich bei dem Zusatz auch nicht lediglich um eine bloße Rechtsausführung, sondern zugleich um die Tatsachenerklärung, das Unternehmen verhalte sich in seiner Geschäftspolitik im Rahmen der rechtlichen Vorgaben. Es hätten auch 24 der 60 vernommenen Spender als erheblich angesehen, dass sie ihre Spende an eine gemeinnützige Gesellschaft gezahlt hätten. Dies habe seinen Grund auch darin, dass eine Geltendmachung der Spendenzahlungen im Rahmen der eigenen Einkommensteuererklärungen nur bei Zahlungen an eine gemeinnützige Organisation möglich sei. Dem kann indes nicht gefolgt werden. [86] (1) Es ist schon zweifelhaft, ob die Empfänger der Spendenwerbungsschreiben der V. dem Zusatz „gGmbH“ über-


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haupt die Bedeutung beigemessen haben, dass das „g“ für „gemeinnützige“ steht. Ebenso ist unklar, welche Vorstellungen sie konkret von den (steuer)rechtlichen Voraussetzungen für die Erlangung und den Erhalt des Status der Gemeinnützigkeit hatten. Die von den tatsächlich vernommenen Spendern in diesem Zusammenhang anhand eines Fragenkatalogs gemachten Aussagen geben darüber nämlich keine Auskunft. Die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft zur Ermittlung der Vorstellungen der Spender durch eine Befragung von lediglich 60 Topspendern ist ohnehin nicht frei von Bedenken, da es um die Feststellung eines Tatbestandsmerkmals geht. Das kann hier aber dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls ist in dem Fragenkatalog bereits vorausgesetzt worden, dass die Spendenwerbungsschreiben einen Hinweis auf Gemeinnützigkeit enthalten hätten. Die Frage, ob die Spender Vorstellungen von den Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit hatten, war nur mit ja oder nein zu beantworten. Konkrete Nachfragen zum Inhalt dieser Vorstellungen gab es nicht. Letzteres ist aber umso mehr von Bedeutung, als die Erfüllung der steuerrechtlichen Voraussetzungen für die Erlangung und den Erhalt des Status der Gemeinnützigkeit keineswegs eindeutig und einheitlich zu beurteilen ist. Vielmehr ist sie vom jeweiligen Einzelfall und Veranlagungszeitraum abhängig. Das ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH, Urteil vom 18. Dezember 2002 - I R 60/01, BFH/ NV 2003, 1025 m.w.N.), nach der „Voraussetzung für die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke ist, dass die Tätigkeit einer Körperschaft darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet zu fördern (§ 52 Abs. 1 AO 1977). (…) Allerdings setzt die Gemeinnützigkeit des Klägers zusätzlich voraus, dass er die genannten Zwecke selbstlos verfolgt. Eine Förderung der vorgenannten Zwecke geschieht selbstlos, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt und u.a. die Mittel der Körperschaft nur für satzungsmäßige Zwecke verwendet werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO 1977). Im letztgenannten Sinne ist indessen nicht eine ausschließlich unmittelbare Mittelverwendung zu fordern. Die satzungsmäßigen Zwecke einer Körperschaft können vielmehr auch durch mittelbar unterstützende Maßnahmen gefördert werden. Daher entfällt das Merkmal der Selbstlosigkeit nicht bereits deshalb, weil Mittel der Körperschaft für Verwaltung, Mitgliederwerbung oder Öffentlichkeitsarbeit verwendet werden, wenn derartige Ausgaben zur Begründung und Erhaltung der Funktionsfähigkeit und damit auch zur Verfolgung des satzungsgemäßen Zwecks erforderlich sind. Davon ausgehend lassen sich aus § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO 1977 auch keine absoluten oder prozentualen Obergrenzen für unschädliche Aufwendungen ableiten (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH- vom 23. September 1998 I B 82/98, BFHE 186, 433, BStBl II 2000, 320; vom 23. Februar 1999 XI B 128/98, BFH/NV 1999, 1055; vom 23. Februar 1999 XI B 130/98, BFH/NV 1999, 1089). Entscheidendes Kriterium muss vielmehr sein, ob bei Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls das Ausgabeverhalten der Körperschaft angemessen ist. Das ist solange der Fall, als es wirtschaftlich sinnvoll ist und dazu beiträgt, dass ein möglichst hoher Anteil der Mittel unmittelbar und effektiv den begünstigten Satzungszwecken zugutekommt. Zu berücksichtigen ist zudem, ob sich die Körperschaft noch in der Aufbauphase befindet, in der sie einen höheren Anteil ihrer Mittel für die Verwaltung, Spenden- und Mitgliederwerbung verwenden muss.“ Es erscheint höchst unwahrscheinlich, dass die Spender derartige Vorstellungen hatten.

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[87] (2) Dies kann jedoch dahingestellt bleiben. Denn die V. war zum Zeitpunkt der Versendung der Spendenwerbungsschreiben vorläufig als gemeinnützig anerkannt. Sie hat also keine falsche Tatsache vorgespiegelt. Soweit die Staatsanwaltschaft darauf abstellt, dass für die Spender eine Geltendmachung der Spendenzahlungen im Rahmen der eigenen Einkommensteuererklärungen nur bei Zahlungen an eine gemeinnützige Organisation möglich gewesen sei, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass diese Motivation im Rahmen der Zweckverfehlungslehre unbeachtlich wäre; denn die Spende dient objektiv nicht dem Zweck, eine Zuwendungsbestätigung (Spendenbescheinigung) zu erhalten. Abgesehen davon hat die V. durch die vorläufige Anerkennung als gemeinnützig auch die Berechtigung zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen erhalten. An die vorläufige Anerkennung knüpft auch der Gutglaubensschutz für die Spender gemäß § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG und die ausschließliche Haftung des Ausstellers der Zuwendungsbestätigung nach § 10b Abs. 4 Satz 2 EStG an (vgl. Tipke/Kruse-Seer, AO, Stand: 129. Lfg., Juni 2012, Vor § 51 Rn. 7). Selbst wenn die steuerliche Absetzbarkeit der Spenden ein beachtliches Motiv wäre, fehlte es also insoweit an einem Irrtum. [88] cc) Ein hinreichender Verdacht ist vorliegend auch nicht hinsichtlich der zweiten Variante des Spendenbetrugs gegeben, die nach der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs dann vorliegt, wenn „eine zweckwidrige Verwendung der Mittel beabsichtigt ist“ (BGH aaO). [89] (1) Schon die alternative Gegenüberstellung der zwei lediglich in Betracht kommenden Möglichkeiten für einen strafbaren Betrug durch Spendeneinwerbung im letzten Satz der Entscheidung macht deutlich, dass eine „zweckwidrige“ Verwendung von Spendengeldern im strafrechtlichen Sinne nicht auf der Höhe der tatsächlich entstandenen Werbungsund Verwaltungskosten beruhen kann. Denn ansonsten wäre in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall eine zweckwidrige Verwendung von Mitteln festgestellt worden, nachdem die Finanzbehörde die Einhaltung des Gebots der Selbstlosigkeit wegen des zu hohen Anteils an Werbungs- und Verwaltungskosten in den ersten drei Jahren der Mitgliederwerbung verneint und dem betroffenen Verein insbesondere auch keine Aufbauphase zuerkannt hatte. [90] Vielmehr liegt eine zweckwidrige Verwendung im Sinne der Entscheidung nur vor, wenn die eingeworbenen Spenden tatsächlich weder für soziale Projekte (unmittelbarer satzungsmäßiger Zweck) noch für zur Spendensammlung erforderliche Werbungs- und Verwaltungskosten (mittelbarer satzungsmäßiger Zweck) aufgewendet werden. Dass die Werbungsund Verwaltungskosten, soweit sie zur Spendensammlung tatsächlich erforderlich waren, nicht als zweckwidrige Verwendung der Spendengelder anzusehen sind, ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach für eine Verwendung der Mittel der Körperschaft für satzungsmäßige Zwecke im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO nicht eine ausschließlich unmittelbare Mittelverwendung zu fordern sei, sondern die satzungsmäßigen Zwecke einer Körperschaft vielmehr auch durch mittelbar unterstützende Maßnahmen gefördert werden könnten. Daher entfalle das Merkmal der Selbstlosigkeit nicht bereits deshalb, weil Mittel der Körperschaft für Verwaltung, Mitgliederwerbung oder Öffentlichkeitsarbeit verwendet werden, wenn derartige Ausgaben zur Begründung und Erhaltung der Funktionsfähigkeit und damit


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auch zur Verfolgung des satzungsgemäßen Zwecks erforderlich seien (so BFH, Urteil vom 18. Dezember 2002 - I R 60/01, BFH/NV 2003, 1025 m.w.N.). [91] Hiernach dienen auch die Kosten für Verwaltung und Mitgliederwerbung grundsätzlich - wenn auch nur mittelbar - dem satzungsmäßigen Zweck. Der soziale Zweck einer Spende ist keineswegs automatisch dann verfehlt, wenn die durch die Spendenwerbung verursachten und mit den Spendengeldern beglichenen Unkosten mehr als 50 % oder 60 % ausmachen (vgl. Rudolphi, Das Problem der sozialen Zweckverfehlung beim Spendenbetrug, in Festschrift für Klug, 1983, S. 315, 325 f.). Eine schadensbegründende Zweckverfehlung ist nur dann zu bejahen, wenn „der Spendensammler - wie von vornherein erkannt und gewollt - pflichtwidrig mehr Unkosten als notwendig verursacht und dieses Mehr an Unkosten aus den Spendengeldern begleicht“ (Rudolphi, NStZ 1995, 289,290). [92] (2) Die Ermittlungen haben im vorliegenden Fall indes keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die eingeworbenen Spenden für andere Zwecke aufgewendet worden sind als zur Deckung der durch das Einwerben der Spenden und das Verwalten der Spenderdaten entstandenen Kosten und im Übrigen zur Förderung von Projekten der Krebsforschung. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass keine tragfähigen Beweisanzeichen dafür vorliegen, dass Werbungsund Verwaltungskosten nur zum Schein abgerechnet worden und in Wahrheit verdeckte Auszahlungen an die Angeschuldigten oder Dritte geleistet worden sind oder im Nachhinein verdeckte Rückerstattungen von Verwaltungs- oder Werbungskosten (sog. Kick-Back-Zahlungen) an die Angeschuldigten oder Dritte geflossen sind. Soweit die Staatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang anführt, dass die V. von 2007 bis 2009 insgesamt 498.327,45 Euro an das „N. C. C. Inc.“ (NCC) in den USA geleistet habe, dessen Geschäftsführerin und Vorstandsmitglied die Angeschuldigte E. ebenfalls sei, hat das Landgericht bereits zutreffend darauf abgestellt, dass nach den in der Buchführung der V. angegebenen Zahlungsgründen jedenfalls kein Anhaltspunkt dafür vorhanden ist, dass diese Zahlungen ohne Rechtsgrund erfolgt sind und die Angeschuldigte E. persönlich davon profitiert hat. Aus dem Gutachten der Wirtschaftsreferentin ergibt sich nämlich, dass diese Zahlungen zur Begleichung von Rechts- und Beratungskosten, Mieten, Mittelbeschaffung, Büromaterial, Reisekosten usw. geleistet worden sind. So könnte es sich dabei naheliegend um einen Ausgleich für Aufwendungen handeln, die dadurch entstanden sind, dass die in den USA lebende Angeschuldigte E. dort Ressourcen des NCC auch für ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin der V. genutzt hat. Dies steht zwar nicht fest. Entscheidend ist jedoch für die hier zu treffende Entscheidung, dass keine Ermittlungsergebnisse vorhanden sind, nach denen diese Zahlungen ohne Rechtsgrund letztendlich zur Bereicherung der Angeschuldigten E. geleistet worden sind. Die allgemeine Erwägung der Staatsanwaltschaft, dass zwischen den Angeschuldigten eine sehr intensive, über den Normalfall hinausgehende Geschäftsbeziehung bestehe, ist als Belastungsindiz ebenfalls nicht tragfähig. Das Landgericht hat hierzu bereits zutreffend ausgeführt, dass sich das zwanglos und ohne indizielle Bedeutung mit der Spezialisierung der drei Angeschuldigten auf diesem Sektor erklären lasse. Es ist in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall kommerzieller Spendenwerbung der angeklagte Vereinsvorsitzende sogar

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ein Unternehmen seiner Ehefrau mit der Mitgliederwerbung und -verwaltung beauftragt hatte und der Bundesgerichtshof dennoch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür gesehen hat, dass die satzungsgemäß caritative Aufgabenstellung des Vereins nur Vorwand für die Erlangung von Mitgliedsbeiträgen im Eigeninteresse der Angeklagten war (vgl. BGH NJW 1995, 539). [93] Schließlich hat das vorbereitende Verfahren auch keinen Hinweis darauf erbracht, dass die für die Werbemaßnahmen der C. vereinbarten und gezahlten Preise überhöht waren. Ganz im Gegenteil geht auch die Anklage davon aus, dass die Preise marktüblich waren. Die dennoch hohe Kostenquote resultiert danach allein aus dem tatsächlichen Aufwand, der für die Spendenwerbung getrieben wurde. [94] (3) Das Landgericht hat sich insoweit Stimmen aus dem steuerrechtlichen Schrifttum angeschlossen. Danach ließen sich absolute Obergrenzen für die Höhe der Kosten einer gemeinnützigen Organisation schon deshalb nicht festlegen, weil sich die zahlreichen spendenfinanzierten Körperschaften in ihrer Struktur und hinsichtlich ihrer Aufgaben sehr unterschieden (vgl. Hofmeister, DStZ 1999, 545). Der Umfang der Werbeaufwendungen könne, wenn er in das Verhältnis zu den Mitgliedseinnahmen insgesamt gesetzt werde, naturgemäß zu einer vollkommen unterschiedlichen Behandlung der jeweiligen Körperschaften führen. Die Körperschaften, die allein den vorhandenen Mitgliederstand pflegten, müssten naturgemäß weitaus weniger Aufwendungen tätigen als die Körperschaften, die in den Ausbau des Mitgliederbestandes investierten. Es gebe keinen Grund, diese unterschiedlichen Strategien unterschiedlich zu behandeln. Damit werde allein der Bestandsschutz für alteingesessene Körperschaften begünstigt und der Aufbau neuer Strukturen erschwert. Für die Finanzverwaltung mögen prozentuale Obergrenzen nach einer Aufbauphase von maximal vier Jahren leicht zu handhaben sein. Es sei indes nicht nachvollziehbar, weshalb eine gemeinnützige Körperschaft nur in einer Anlaufphase in besonderem Umfang in den Aufbau eines Spender- und Mitgliederstammes investieren dürfe, einer alteingesessenen Organisation aber der Ausbau eines großen Bestandes verwehrt werden solle (vgl. Schauhoff, DStR 2002, 1694). Entscheidend sei danach allein, ob die Aufwendungen angemessen - im Sinne von wirtschaftlich (= betriebswirtschaftlich) sinnvoll - seien (vgl. BFH aaO). Ob eine Aufwendung wirtschaftlich sinnvoll sei, sei aus Sicht der Körperschaft und auf der Grundlage einer ex-ante-Betrachtung zu beurteilen. Dabei dürfe der Beurteilungsmaßstab nicht überspannt werden. Die steuerrechtliche Sanktion wegen überhöhter Aufwendungen werde sich danach im Wesentlichen auf Fälle beschränken müssen, in denen den Organen der Körperschaft bewusst sein müsse, dass das Ausgabeverhalten den gemeinnützigen Zielen der Körperschaft widerspreche, oder in denen die Organe ihre Überwachungspflichten grob fahrlässig verletzt haben. Maßgeblich sei dabei, ob bestimmte Werbemaßnahmen betriebswirtschaftlich sinnvoll seien, um den angestrebten Zweck zu erreichen, nämlich ein möglichst hohes Spenden- und Mitgliederbeitragsaufkommen nach Abzug der damit zusammenhängenden Kosten zu erzielen. Dabei sei der erhebliche Aufwand zu berücksichtigen, der erforderlich sei, um Spenden einzuwerben. Insbesondere bei Kleinspenden sei der Verwaltungsaufwand im Verhältnis besonders groß. Der finanzielle Aufwand bezogen auf die einzelne Kleinspende überschreite 50 % regelmäßig. Gleichwohl müssten auch solche Spenden ange-


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nommen werden dürfen (vgl. Schauhoff aaO). Unabhängig davon, ob auch die Finanzgerichte dieser Auffassung folgen werden, ist ihr jedenfalls für die strafrechtliche Beurteilung, die nach anderen Kriterien zu erfolgen hat, zuzustimmen. [95] (4) Der Vorwurf, den die Anklage erhebt, besteht letztendlich darin, dass die V. über einen zu langen Zeitraum durch aufwändige Spendenwerbung in die Erweiterung ihres Spenderbestands investiert habe. Als Maßstab dafür zieht sie die steuerliche Praxis der Anerkennung einer Aufbauphase von drei bis vier Jahren heran und stellt zudem darauf ab, dass der V. als Nachfolgeorganisation des „Verein zur Förderung der Krebsforschung e.V.“ keine neue Aufbauphase zugestanden habe. Diese Fragen hat das Landgericht indes zu Recht dahinstehen lassen. Denn die steuerliche Beschränkung hoher Werbungs- und Verwaltungskosten auf eine zeitlich befristete Aufbauphase ist nicht auf das Strafecht zu übertragen. Das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht regelt nur, bis zu welcher Grenze der Staat die Erfüllung gemeinnütziger Zwecke durch private Körperschaften mittels Steuervergünstigungen fördert, um sich selbst auf dem Gemeinwohlsektor zu entlasten (vgl. Tipke/Kruse-Seer, aaO Vor § 51 Rn. 4 m.w.N.). Diese Grenze bildet aber nicht zugleich die Schwelle, ab der strafwürdiges Unrecht beginnt. Die Dauer der Investitionsphase hängt vielmehr davon ab, welche Anzahl an Spendern und vor allem, welchen absoluten Betrag, der in die Förderung von Projekten fließen soll, sich die Hilfsorganisation zum Ziel gesetzt hat. Eine allgemeingültige Grenze, ab wann es bei Vermeidung von Strafe nicht mehr sinnvoll ist, den Bestand an Spendern durch kostenintensivere Werbemaßnahmen noch zu erweitern, existiert nicht. Sie kann auch nicht durch das Steuerrecht vorgegeben werden. Letztendlich profitieren die zu fördernden Projekte der Krebsforschung allein davon, dass bei ihnen ein - in absoluten Zahlen gerechnet - möglichst hoher Geldbetrag ankommt. Ob dagegen ein geringerer Förderbetrag mit einem geringeren Anteil an Verwaltungs- und Werbekosten hätte erzielt werden können, ist für sie irrelevant. Die objektive Grenze der Erforderlichkeit von Verwaltungs- und Werbekosten kann also erst dann erreicht sein, wenn der aus Spenden nach kostenintensiveren Werbemaßnahmen generierte Projektförderungsbetrag in gleicher Höhe auch durch weniger kostenintensive Spendenwerbung hätte erzielt werden können. Dies müsste zudem auch dauerhaft gewährleistet sein. Denn es liegt auf der Hand, dass eine größere Anzahl an Spendern eher über längere Zeit bereit sein wird, in regelmäßigen Abständen einen geringfügigen Betrag zu spenden, als dass eine geringe Anzahl an Spendern auf Dauer einen hohen Betrag zu spenden bereit sein wird. Konkrete Beweise oder Beweisanzeichen dafür, dass im vorliegenden Fall diese objektive Grenze im angeklagten Zeitraum bereits erreicht war, haben die Ermittlungen nicht ergeben. [96] 2. Ebenfalls zu Recht hat das Landgericht das Bestehen hinreichenden Tatverdachts gegen die Angeschuldigten E. und G. wegen Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB) sowie gegen den Angeschuldigten R. wegen Beihilfe zur Untreue (§§ 266 Abs. 1, 27 StGB) verneint. [97] Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob neben der Angeschuldigten E. als Geschäftsführerin der V. auch der Angeschuldigte G. - sei es als faktischer Geschäftsführer, sei es als Steuerberater - eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der V. hatte oder nicht. Denn es fehlt nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens in jedem Fall an tragfähigen

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Anhaltspunkten für eine Pflichtverletzung und einen Vermögensnachteil im Sinne des Untreuetatbestands. [98] a) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft stellen weder der Abschluss des Fundraisingvertrages noch dessen Vollzug unter Fortsetzung der Investitionsphase über drei Jahre hinaus eine Pflichtverletzung dar. [99] aa) Der Abschluss des Fundraisingvertrages zwischen der V. und der C. Europe AG am 1. März 2005 verstieß weder gegen den Gesellschaftsvertrag der V. vom 2. Mai 2005 noch gegen gesetzliche Bestimmungen. [100] (1) Nach dem Ermittlungsergebnis war der Fundraisingvertrag sogar günstig für die V. Das Landgericht hat bereits zutreffend herausgearbeitet, dass sich der Vertrag vorteilhaft ausgewirkt habe, weil die ersten Spendenwerbeaktionen von der C. vorfinanziert worden seien und damit das Risiko zu geringer Spendeneinnahmen bei der C. gelegen habe. Abgesehen davon sei im Vertrag geregelt, dass der V. in jedem Falle mindestens 20 % der Spendeneinnahmen für eigene Zwecke verbleiben mussten, auch wenn die Werbungs- und Verwaltungskosten höher als 80 % waren. Es habe somit nicht die Gefahr bestanden, dass der Verwaltungsaufwand das Spendenaufkommen übersteige. Die C. habe das gesamte Kostenrisiko getragen. Der Fundraisingvertrag sei aber nicht nur für neu gegründete Organisationen, sondern auch für schon länger bestehende Organisationen, die in eine Ausweitung ihrer Spenderkartei investieren wollten, wirtschaftlich sinnvoll. [101] (2) Entscheidend ist jedoch, dass der Abschluss des Fundraisingvertrages hier schon deshalb keine Strafbarkeit wegen Untreue begründen kann, weil insofern ein tatbestandsausschließendes Einverständnis der einzig möglichen Geschädigten vorlag. Die Angeschuldigte E. war nämlich nicht nur Geschäftsführerin der V., sondern zugleich auch gesetzliche Vertreterin der E. Inc., welche wiederum die alleinige Gesellschafterin der V. war. Damit lag ein wirksames Einverständnis der Inhaberin des zu betreuenden Vermögens vor, welches bereits die Tatbestandsmäßigkeit ausschließt, weil die Pflichtwidrigkeit des Handelns Merkmal des Untreuetatbestands ist (BGH NJW 2012, 2366, 2368; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Missbrauch 7 m.w.N.). Zwar kann auch die Gesamtheit der Gesellschafter nicht unbeschränkt in Vermögensverfügungen einwilligen, sondern ein Einverständnis ist bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgeschlossen, wenn die Vermögensverfügung geeignet ist, das Stammkapital der Gesellschaft zu beeinträchtigen oder wenn durch die Vermögensverfügung eine konkrete und unmittelbare Existenzgefährdung einträte, weil der GmbH ihre Produktionsgrundlagen entzogen würden oder ihre Liquidität gefährdet wäre (BGHSt 49, 147, 157; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 23, 25, 33 und 37; BGH NJW 2003, 2996, 2998; BGH wistra 2003, 344, 346; jeweils m.w.N.). [102] Diese Einschränkungen der Wirksamkeit eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses gelten hier indes nicht, weil zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Fundraisingvertrages am 1. März 2005 der Vertrag zur Gründung der V. noch nicht unterzeichnet war - dies erfolgte erst am 2. Mai 2005 - und die V. noch nicht im Handelsregister eingetragen war - die Eintragung erfolgte erst am 29. September 2005. Solange aber die Gründung der GmbH noch nicht ab-


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geschlossen, diese also als Vorgesellschaft noch nicht in das Handelsregister eingetragen ist, kommt es ausschließlich auf das Einverständnis aller Gründungsgesellschafter an, welches zu diesem Zeitpunkt noch keinen Einschränkungen unterliegt (vgl. BGHSt 3, 23, 25; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 27; BGH wistra 1989, 264, 266; 2000, 178; LK-Schünemann StGB 12. Aufl. § 266 Rn. 244; NK-Kindhäuser StGB 3. Aufl. § 266 Rn. 72). Denn vor der Eintragung in das Handelsregister besteht die GmbH als solche nicht (§ 11 Abs. 1 GmbHG); es kommt ihr noch keine eigene Rechtspersönlichkeit zu. Hieran ändert sich nichts dadurch, dass die Vorgesellschaft als weitgehend verselbständigte Vermögensmasse bereits am Wirtschaftsleben teilnehmen und durch Geschäfte, die ihr Geschäftsführer mit Ermächtigung der Gesellschafter in ihrem Namen abschließt, verpflichtet werden kann (vgl. BGHZ 80, 129, 139) und damit einer juristischen Person angenähert ist. Vor der Eintragung in das Handelsregister ist das „Gesellschaftsvermögen“ rechtlich noch nicht der Gesellschaft zugeordnet, vielmehr besteht bei einer Mehrpersonengesellschaft Gesamthandsvermögen (BGHZ 80, 129, 135), bei einer Einpersonengesellschaft Sondervermögen (BGH wistra 2000, 178; Baumbach/Hueck-Fastrich GmbHG 19. Aufl. § 11 Rn. 41). Die Schädigung dieses Gesamthands- oder Sondervermögens ist für § 266 StGB nur insoweit bedeutsam, als dadurch gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter bzw. des Alleingesellschafters berührt wird (BGH aaO). Ist der Alleingesellschafter aber - wie hier die durch die Angeschuldigte E. vertretene E. Inc. - mit der Vermögensverfügung einverstanden, schließt dies den Tatbestand der Untreue aus. [103] bb) Auch der Vollzug des Fundraisingvertrages unter Fortsetzung der Investitionsphase über drei Jahre hinaus stellt keine tatbestandsmäßige Pflichtwidrigkeit dar. [104] (1) Das Landgericht hat insofern zutreffend darauf abgestellt, dass nur evidente Pflichtverletzungen zur Verwirklichung des Untreuetatbestands herangezogen werden dürfen. Denn Umfang und Grenzen der im Rahmen von § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich relevanten Pflichten richten sich nach dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis; es besteht eine Anbindung an die zivil- oder öffentlichrechtlichen Grundlagen (BVerfGE 126, 170, 204; BGHSt 50, 331, 335; Fischer § 266 Rn. 58; SSW-Saliger, StGB § 266 Rn. 31 m.w.N.). Das Pflichtwidrigkeitsmerkmal erschöpft sich dabei aber nicht nach Art eines Blankettmerkmals in der Weiterverweisung auf genau bezeichnete Vorschriften; es handelt sich vielmehr um ein komplexes normatives Tatbestandsmerkmal (vgl. BVerfG aaO mwN). Bei dessen Auslegung ist es von Verfassungs wegen geboten, die Anwendung des Untreuetatbestands auf Fälle klarer und deutlicher (evidenter) Fälle pflichtwidrigen Handelns zu beschränken (vgl. BVerfGE 126, 170, 210; BGHSt 43, 293, 297; 47, 148, 152; 47, 187, 197; 55, 288, 300). [105] (2) Die Staatsanwaltschaft stützt ihre Annahme einer Pflichtverletzung darauf, dass die Mittelverwendung gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages verstoßen habe, wonach die V. ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolge und Mittel der V. nur für die satzungsmäßigen Zwecke ausgegeben werden dürfen. Wie bereits zur fehlenden Betrugsstrafbarkeit ausgeführt ist nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens eine zweckwidrige Verwendung der Spenden aber nicht festzustellen. Soweit die Anklage daneben auch eine Pflichtverletzung darin sieht, dass die V. keine eigene Unternehmenssubstanz

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aufgebaut und keine dauerhafte Unabhängigkeit von der C. hergestellt habe, ist jedenfalls eine evidente und gravierende Pflichtverletzung nicht erkennbar. Denn der Gesellschaftsvertrag enthält in dieser Hinsicht keine spezifischen Vorgaben, die es erlauben würden, daran dem Gebot der Klarheit genügende Verstöße festzumachen. In § 2 des Gesellschaftsvertrages ist der Unternehmensgegenstand der V. umfassend formuliert. Daraus ergeben sich jedoch keine konkreten zeitlichen und sachlichen Vorgaben für die Tätigkeit der Geschäftsführung, insbesondere nicht dahingehend, wann die V. die Investitionen in die Erweiterung ihrer Spenderliste zu beenden hat. Dass die Geschäftsführung einer Gesellschaft von den im Gesellschaftsvertrag als Unternehmensgegenstand formulierten zahlreichen Zwecken in einem bestimmten Zeitraum nur einen Teil verwirklicht hat, macht ihre Tätigkeit noch nicht zu einem evidenten Fall gesellschaftsvertragswidrigen Handelns. [106] (3) Die Pflichtverletzung lässt sich auch nicht aus einem Verstoß gegen § 55 AO herleiten. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Aberkennung der Gemeinnützigkeit wegen Verstoßes gegen § 55 AO letztendlich rechtskräftig werden wird. Denn jedenfalls kann ein Verstoß gegen diese gesetzliche Bestimmung keine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht begründen, weil die Norm ihrerseits nicht dem Zweck dient, das Vermögen der V. zu schützen. [107] Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann im Hinblick auf die tatbestandliche Weite des § 266 Abs. 1 StGB nicht in jedem (strafbewehrten) Verstoß gegen die Rechtsordnung auch eine im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB strafrechtlich relevante Pflichtverletzung erblickt werden. Das folgt aus dem Schutzzweck des § 266 Abs. 1 StGB, der das zu betreuende Vermögen schützt. Eine Normverletzung ist deshalb in der Regel nur dann pflichtwidrig im Sinne von § 266 StGB, wenn die verletzte Rechtsnorm ihrerseits - wenigstens auch, und sei es mittelbar - vermögensschützenden Charakter für das zu betreuende Vermögen hat, mag die Handlung auch nach anderen Normen pflichtwidrig sein und unter Umständen sogar Sanktionen oder Schadensersatzansprüche gegenüber dem Treuepflichtigen auslösen (BGHSt 55, 288, 300; 56, 203, 211). Nur dann, wenn die unmittelbar verletzte Rechtsnorm selbst vermögensschützenden Charakter hat, liegt der untreuespezifische Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und geschütztem Rechtsgut im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB vor. Fehlt es daran, kann der Gesetzesverstoß, soweit er für sich sanktionsbewehrt ist, nach Maßgabe des diesbezüglichen Sanktionstatbestandes geahndet werden. Der Gesetzesverstoß kann darüber hinaus auch geeignet sein, Schadensersatzansprüche zu begründen. Eine - daneben tretende - Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB wegen Untreue kann allein aus diesem Gesetzesverstoß aber grundsätzlich noch nicht abgeleitet werden. Der Umstand, dass ein Gesetzesverstoß spezifische und sich damit mittelbar auf das Vermögen auswirkendende Sanktionen auslösen kann, macht diese Vorschriften nicht zu vermögensschützenden Normen im Sinne von § 266 StGB (BGH aaO). [108] So liegt es auch bei § 55 AO. Ein Verstoß hiergegen kann zwar sich mittelbar auf das Vermögen auswirkendende Sanktionen in Form von Steuernachforderungen auslösen; die Vorschrift bezweckt aber weder unmittelbar noch mittelbar den Schutz des Vermögens privater Körperschaften, die sich die Erfüllung gemeinnütziger Zwecke zum Ziel gesetzt ha-


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ben. Sie dient vielmehr ausschließlich fiskalischen Interessen. Hinter dem steuerlichen Gemeinnützigkeitsstatus steht nämlich der aus dem Subsidiaritätsprinzip abzuleitende Gedanke der Staatsentlastung durch Förderung des Einsatzes privater Körperschaften auf dem Gemeinwohlsektor (vgl. Tipke/Kruse-Seer, aaO Vor § 51 Rn. 4 m.w.N.). [109] b) Nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens haben die Angeschuldigten durch den Abschluss des Fundraisingvertrages oder dessen Vollzug unter Fortsetzung der Investitionsphase über drei Jahre hinaus auch keinen Vermögensnachteil der V. oder eine diesem gleichstehende konkrete Vermögensgefährdung verursacht. [110] aa) Die an die C. geleitsteten Zahlungen zur Begleichung der Werbungs- und Verwaltungskosten haben nicht zu einem Vermögensnachteil der V. geführt, weil das Vermögensopfer durch entsprechende vertragliche Gegenleistungen der C. ausgeglichen worden ist. [111] Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Vermögensnachteil durch einen Vergleich der Vermögenslage des Tatopfers vor und nach der Untreuehandlung zu ermitteln, wobei alle wertbestimmenden Faktoren dieser Handlung zu berücksichtigen sind; bleibt danach der endgültige hinter dem ursprünglichen Vermögensstand zurück, so liegt ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 StGB vor (vgl. BGHSt 47, 295, 301; BGH NStZ-RR 2006, 378, 379; MK-Dierlamm § 266 Rn. 178; Fischer § 266 Rn. 115). Hingegen fehlt es an einem Nachteil, wenn wertmindernde und werterhöhende Faktoren sich gegenseitig aufheben, so dass Anfangs- und Endbestand des Vermögens einander gleich sind. Häufigster Fall ist, dass durch die Leistung eine Verbindlichkeit des Geschäftsherrn getilgt wird (BGH NStZ 1995, 185; LK-Schünemann § 266 Rn. 169 m.w.N.). So liegt es auch hier. Die V. hat mit den Zahlungen an die C. nämlich deren Vergütungsforderung für die erbrachten Leistungen nach dem Fundraisingvertrag erfüllt. Dass Leistung und Gegenleistung sich in ihrem Wert entsprachen, weil die vereinbarten Preise marktüblich waren, ist bereits festgestellt worden. [112] Es handelt sich dabei auch nicht um verlorene Investitionen. Denn durch die Leistungen der C. ist die Spenderliste der V. stetig erweitert worden. Dieser kommt - vergleichbar dem festen Kundenstamm eines Unternehmens - ein wirtschaftlicher Wert zu, was sich nicht zuletzt daran zeigt, dass die V. ohne jegliche Spendenwerbung auch im Jahr 2011 noch Spendeneinnahmen von 1.411.481,57 € hatte. [113] bb) Die Gefahr der Aberkennung der Gemeinnützigkeit stellt ebenfalls keinen Vermögensnachteil im Sinne von § 266 StGB dar. [114] (1) Das Landgericht hat im Anschluss an Lassmann (NStZ 2009, 473, 477) entschieden, dass der Entzug der Gemeinnützigkeit mit der Folge der Nachforderung von Körperschafts- und Gewerbesteuer kein unmittelbarer und konkreter Vermögensnachteil im Sinne einer schadensgleichen Vermögensgefährdung sei, weil der endgültige Schadenseintritt noch von eigenverantwortlichen Entscheidungen Dritter abhängig sei, die nicht mit Sicherheit vorhersehbar und damit nicht feststehend seien. Das Veranlagungs- und Festsetzungsverfahren sei kein Automatismus, der stets in gleicher Weise vorhersehbare Ergebnisse produziere. Dem Finanzamt komme

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nämlich in jedem Einzelfall die Aufgabe zu, den entsprechenden Verstoß unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu würdigen. Die konstitutive Behördenentscheidung, die überdies mit einer Reihe von Rechtsbehelfen angegriffen werden könne, wodurch die endgültige Klärung des Gemeinnützigkeitsstatus möglicherweise weitere Jahre hinausgeschoben werde, löse den Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Vermögensnachteil auf. Die Gefahr der Aberkennung der Gemeinnützigkeit begründe damit vor dem Hintergrund des Unmittelbarkeitsprinzips keine konkrete Vermögensgefährdung im Sinne des Untreuetatbestandes. [115] (2) Dem tritt der Senat bei. Die Kritik der sofortigen Beschwerde, das Landgericht folge damit einer vereinzelten Literaturmeinung, greift nicht durch. Die Auffassung, dass zur Wahrung der Bestimmtheit des Untreuetatbestands eine Vermögensgefährdung nur dann als hinreichend konkret und schadensgeeignet anzusehen sei, wenn sie als Folge der Pflichtwidrigkeit unmittelbar in den effektiven Schaden übergehen könne, ist nicht nur im Schrifttum weit verbreitet (vgl. SSW-Saliger, StGB § 266 Rn. 62, 71 ff.; MK-Dierlamm, § 266 Rn. 197; SK-Hoyer, StGB § 266 Rn. 107; NK-Kindhäuser, StGB 3. Aufl. § 266 Rn. 107; Seier, in: Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl., 5. Teil Kap. 2 Rn. 212; Matt, NJW 2005, 389, 391; Rönnau, StV 2011, 753, 762; jeweils m.w.N.). Auch der Bundesgerichtshof hat dieses Kriterium zur Einschränkung des Gefährdungsschadens im Sinne von § 266 StGB bereits herangezogen und entschieden, dass Schadenersatzansprüche und Prozesskosten nach Aufdeckung betrügerischer Abrechnungen im Rahmen einer Innenrevision keinen Vermögensnachteil im Sinne von § 266 StGB darstellen, weil ein solcher Schaden „nicht unmittelbar“ sei; er setze nämlich „mit der Aufdeckung der Tat einen Zwischenschritt voraus“, während demgegenüber der für die Nachteilsfeststellung notwendige Gesamtvermögensvergleich „auf der Grundlage des vom Täter verwirklichten Tatplans“ zu erfolgen habe (BGH, Urteil vom 7. Juli 2009 - 5 StR 394/08, NJW 2009, 3173, 3175 [insoweit in BGHSt 54, 44 ff. nicht abgedruckt] mit zust. Anm. Mosiek HRRS 2009, 565). Der Senat teilt diese Ansicht. Die Anwendung des Unmittelbarkeitsprinzips auf der Nachteilsseite ist gleichsam die logische Konsequenz aus seiner allgemein anerkannten Anwendung auf der Vorteilsseite. Es ist nämlich ganz herrschende Meinung, dass die durch die Untreuehandlung verursachte Vermögensminderung nur durch einen Vorteil kompensiert wird, der unmittelbar auf der Untreuehandlung beruht, während dagegen ein Vermögensvorteil, der sich nicht aus der pflichtwidrigen Handlung selbst ergibt, sondern durch eine andere, rechtlich selbständige Handlung hervorgebracht wird, den Vermögensnachteil rechtlich nicht ausräumt (BGH NStZ 1986, 455; 1996, 191; 2010, 330; NStZ-RR 2006, 175; LK-Schünemann § 266 Rn. 169 ff.; Fischer § 266 Rn. 115; jew. m.w.N.). Es ist aber nicht zu begründen, warum anerkanntermaßen nur unmittelbare Vorteile eine Vermögensminderung kompensieren sollen, während nicht nur unmittelbare, sondern auch mittelbare Nachteile zu Lasten des Beschuldigten berücksichtigt werden dürfen (vgl. SSW-Saliger § 266 Rn. 62; Seier aaO). [116] (3) Aber selbst wenn man das Kriterium der Unmittelbarkeit zur Einschränkung des Untreuetatbestands auf der Nachteilsseite nicht allgemein anerkennt, kommt es im vorliegenden Fall aufgrund besonderer Umstände dennoch zum Tragen. Dies beruht auf dem bereits zuvor erwähnten Um-


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stand, dass die Angeschuldigte E. nicht nur Geschäftsführerin der V., sondern auch gesetzliche Vertreterin der Alleingesellschafterin E. Inc. war. Damit lag ein tatbestandsausschließendes Einverständnis der Inhaberin des zu betreuenden Vermögens vor, welches nur dann unwirksam gewesen wäre, wenn durch die Vermögensverfügung entgegen § 30 GmbHG das Stammkapital der Gesellschaft beeinträchtigt oder eine konkrete und unmittelbare Existenzgefährdung eingetreten wäre, weil der GmbH ihre Produktionsgrundlagen entzogen würden oder ihre Liquidität gefährdet wäre (BGHSt 49, 147, 157; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 23, 25, 33 und 37; BGH NJW 2003, 2996, 2998; 1997, 66, 68; BGH wistra 2003, 344, 346; jeweils m.w.N.). [117] (4) Es ist schon zweifelhaft, ob die Aberkennung der Gemeinnützigkeit überhaupt eine Existenzgefährdung für die V. bedeuten würde. Zwar ist auch in der Rechtsprechung bereits entschieden worden, dass die Aberkennung der Gemeinnützigkeit infolge des Verlusts der Befreiung von der Körperschaftssteuer sowie der Berechtigung zum Bezug öffentlicher Mittel die Existenz einer Körperschaft in essentiellem Ausmaß gefährde und dass auch schon vor Eintritt der Bestandskraft der Steuerbescheide eine konkrete Vermögensgefährdung nicht ausgeschlossen werden könne, weil keineswegs sicher sei, dass die gegen die Bescheide gerichtete Rechtsverfolgung Erfolg haben werde (OLG Hamm wistra 1999, 350). Allerdings genügt es von Verfassungs wegen nicht, dass eine Vermögensgefährdung nicht ausgeschlossen werden kann; diese ist vielmehr konkret festzustellen und zu beziffern (BVerfGE 126, 170, 229). Nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens hat die V. jedenfalls keine öffentlichen Mittel bezogen. Außerdem erfolgt die Aberkennung der Gemeinnützigkeit und Nachveranlagung zur Körperschaftssteuer nicht generell, sondern regelmäßig für bestimmte Veranlagungszeiträume, wie schon der Sachverhalt zeigt, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Spendenbetrug (BGH NJW 1995, 539) zugrunde lag. Dort wurde der Organisation rückwirkend für die ersten drei Jahre die Gemeinnützigkeit aberkannt, für das vierte hingegen nicht. [118] (5) Jedenfalls wäre die Aberkennung der Gemeinnützigkeit aber aus den bereits vom Landgericht dargestellten Gründen nicht unmittelbare Folge des Handelns der Angeschuldigten, weil sie von der eigenverantwortlichen und nicht vorhersehbaren Entscheidung der Steuerverwaltung abhängig ist (vgl. Lassmann aaO). Das Argument der sofortigen Beschwerde, die Nachveranlagung sei Rechtsanwendung, steht dem nicht entgegen; denn auch die Ausübung von Entschließungs- und Auswahlermessen ist Rechtsanwendung und kann dennoch im Regelfall zu verschiedenen, gleichermaßen rechtmäßigen Entscheidungen führen. Abgesehen davon bietet das Veranlagungsverfahren weitere Unwägbarkeiten wie etwa die Beurteilung der Angemessenheit der Werbungs- und Verwaltungskosten nach der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. So ist dem Bericht über die Betriebsprüfung des Finanzamtes für Körperschaften I Berlin vom 10. Dezember 2010 zu entnehmen, dass der nicht abzugsfähige Teil der Betriebsausgaben der V. für Öffentlichkeitsarbeit und Mittelbeschaffung „mangels anderer Erkenntnisse auf 25 % geschätzt“ worden sei (S. 9 des Berichts, Bl. 12 Sonderheft „V. -Steuer“). [119] (6) Für die Feststellung der Unmittelbarkeit kommt es nach Auffassung des Senats auch nicht darauf an, ob das Fi-

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nanzamt - wie hier - im Zeitpunkt der Beurteilung schon konkret tätig geworden ist (so aber MK-Dierlamm § 266 Rn. 198, SSW-Saliger § 266 Rn. 75). Denn Unmittelbarkeit in diesem Sinne ist keine mit dem Zeitablauf veränderliche Eigenschaft; sie hängt vielmehr allein davon ab, ob der Eintritt des Schadens nach dem verwirklichten Tatplan überhaupt von einem Zwischenschritt abhängig ist oder nicht (BGH NJW 2009, 1373, 1375; Mosiek HRRS 2009, 565, 566). Es kommt hingegen nicht darauf an, ob dieser Zwischenschritt - wie in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall - schon stattgefunden hat. Für die Feststellung einer schadensgleichen Vermögensgefährdung ist nämlich die ex-ante-Sicht maßgeblich (BGHSt 48, 354, 356; MK-Dierlamm § 266 Rn. 222; SK-Hoyer § 266 Rn. 106). Dass es hier auf den zeitlichen Faktor nicht ankommen kann, ergibt sich wiederum aus einem Vergleich mit der Anwendung des Unmittelbarkeitsprinzips auf der Vorteilsseite; auch dort räumt ein Vermögensvorteil, der sich nicht aus der pflichtwidrigen Handlung selbst ergibt, sondern durch eine andere, rechtlich selbständige Handlung hervorgebracht wird, den Vermögensnachteil im Sinne des § 266 StGB selbst dann nicht aus, wenn beides zufällig zu gleicher Zeit geschieht (BGHSt 17, 147, 149; BGH NStZ 1986, 455; LK-Schünemann § 266 Rn. 170 m.w.N.). [120] cc) Die Gefahr der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen durch Spender begründet schon deshalb keine schadensgleiche Vermögensgefährdung, weil solche Ansprüche mangels hinreichenden Verdachts betrügerischer Spendeneinwerbung nicht bestehen. Abgesehen davon fehlte es auch insoweit aus den bereits genannten Gründen an dem Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen Pflichtwidrigkeit und Schaden (vgl. BGH NJW 2009, 3173, 3175). […]


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Verwaltungsanweisungen

Verwaltungsanweisungen Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) Nr. 6: Vereinfachter Nachweis der Hilfsbedürftigkeit geförderter Personen Nr. 8: Berechnung der Beschäftigungsquote bei Integrationsprojekten BMF, Schr. v. 15.8.2012 – IV A 3 - S 0062/08/10007-14 (DOK 2012/0739221) [...]

6. Nach Nummer 10 der Regelung zu § 53 wird folgende neue Nummer 11 eingefügt: „11. Steuerbegünstigte Körperschaften, die mildtätige Zwecke nach § 53 Nummer 2 verfolgen, müssen nachweisen, dass ihre Leistungen tatsächlich an wirtschaftlich hilfsbedürftige Personen i.S.d. § 53 Nummer 2 erbracht werden. Der Nachweis ist nach Nr. 10 der Regelung zu § 53 in Form einer Berechnung der maßgeblichen Einkünfte und Bezüge sowie einer Berechnung des Vermögens zu erbringen. Aus Vereinfachungsgründen kann auf diesen Nachweis dann verzichtet werden, wenn die Leistungsempfänger Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII beziehen. Bei Beantragung dieser Sozialleistungen prüft die Sozialbehörde sowohl die Vermögens- als auch die Einkommensverhältnisse der antragstellenden Personen. Verfügen sie über ausreichend finanzielle Mittel (Einkommen oder einzusetzendes Vermögen), dann werden die beantragten Leistungen nicht bewilligt. Es ist also ausreichend, wenn Empfänger von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII ihren für den Empfangszeitraum maßgeblichen Leistungsbescheid oder eine Bescheinigung des Sozialleistungsträgers über den Leistungsbezug bei der Körperschaft einreichen. Die Körperschaft hat eine Ablichtung des Bescheides oder der Bestätigung aufzubewahren.“

[...] 8. Nach Satz 5 der Nummer 6 der Regelung zu § 68 werden folgende Sätze 6 bis 10 angefügt „Die Beschäftigungsquote wird nach den Grundsätzen des § 75 SGB IX berechnet. Es werden also grundsätzlich nur die Beschäftigten des Integrationsprojektes berücksichtigt, die auf Arbeitsplätzen im Sinne des § 73 SGB IX beschäftigt sind (siehe § 75 Absatz 1 SGB IX). Teilzeitbeschäftigte, die mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von weniger als 18 Stunden beschäftigt sind, sind damit nicht berücksichtigungsfähig. Ein über diese Grenze hinausgehend Teilzeitbeschäftigter wird voll angerechnet. Verfügt ein Integrationsprojekt über wenigstens 20 Arbeitsplätze und ist damit beschäftigungspflichtig (vgl. § 71 Absatz 1 SGB IX), kann das Vorliegen der Voraussetzungen der 40 %-Quote über die Anzeige nach § 80 Absatz 2 SGB IX geführt werden.“ [...]

Steuerlicher Spendenabzug (§ 10b EStG); Muster für Zuwendungsbestätigungen BMF, Schr. v. 30.8.2012 – IV C 4 - S 2223/07/0018 :005 (DOK 2012/0306063) Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die in der Anlage beigefügten Muster für Zuwendungen an inländische Zuwendungsempfänger zu verwenden. Für die Verwendung der aktualisierten Muster für Zuwendungsbestätigungen gilt Folgendes: 1. Die in der Anlage beigefügten Muster für Zuwendungsbestätigungen sind verbindliche Muster (vgl. § 50 Absatz 1 EStDV). Die Zuwendungsbestätigungen können vom jeweiligen Zuwendungsempfänger anhand dieser Muster selbst hergestellt werden. In einer auf einen bestimmten Zuwendungsempfänger zugeschnittenen Zuwendungsbestätigung müssen nur die Angaben aus den veröffentlichten Mustern übernommen werden, die im Einzelfall einschlägig sind. Die in den Mustern vorgesehenen Hinweise zu den haftungsrechtlichen Folgen der Ausstellung einer unrichtigen Zuwendungsbestätigung und zur steuerlichen Anerkennung der Zuwendungsbestätigung sind stets in die Zuwendungsbestätigungen zu übernehmen. 2. Die Wortwahl und die Reihenfolge der vorgegebenen Textpassagen in den Mustern sind beizubehalten, Umformulierungen sind unzulässig. Auf der Zuwendungsbestätigung dürfen weder Danksagungen an den Zuwendenden noch Werbung für die Ziele der begünstigten Einrichtung angebracht werden. Entsprechende Texte sind jedoch auf der Rückseite zulässig. Die Zuwendungsbestätigung darf die Größe einer DIN A 4 - Seite nicht überschreiten. 3. Es bestehen keine Bedenken, wenn der Zuwendungsempfänger in seinen Zuwendungsbestätigungen alle ihn betreffenden steuerbegünstigten Zwecke nennt. Aus steuerlichen Gründen bedarf es keiner Kenntlichmachung, für welchen konkreten steuerbegünstigten Zweck die Zuwendung erfolgt bzw. verwendet wird. 4. Der zugewendete Betrag ist sowohl in Ziffern als auch in Buchstaben zu benennen. Für die Benennung in Buchstaben ist es nicht zwingend erforderlich, dass der zugewendete Betrag in einem Wort genannt wird; ausreichend ist die Buchstabenbenennung der jeweiligen Ziffern. So kann z. B. ein Betrag in Höhe von 1.322 Euro als „eintausenddreihundertzweiundzwanzig“ oder „eins - drei - zwei - zwei“ bezeichnet werden. In diesen Fällen sind allerdings die Leerräume vor der Nennung der ersten Ziffer und hinter der letzten Ziffer in geeigneter Weise (z. B. durch „X“) zu entwerten. 5. Handelt es sich um eine Sachspende, so sind in die Zuwendungsbestätigung genaue Angaben über den zugewendeten Gegenstand aufzunehmen (z. B. Alter, Zustand, historischer Kaufpreis, usw.). Für die Sachspende zutreffende Sätze sind in den entsprechenden Mustern anzukreuzen.


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Sachspende aus einem Betriebsvermögen: Stammt die Sachzuwendung nach den Angaben des Zuwendenden aus dessen Betriebsvermögen, ist die Sachzuwendung mit dem Entnahmewert (zuzüglich der bei der Entnahme angefallenen Umsatzsteuer; vgl. R 10b.1 Absatz 1 Satz 4 EStR) anzusetzen. In diesen Fällen braucht der Zuwendungsempfänger keine zusätzlichen Unterlagen in seine Buchführung aufzunehmen, ebenso sind Angaben über die Unterlagen, die zur Wertermittlung gedient haben, nicht erforderlich. Der Entnahmewert ist grundsätzlich der Teilwert. Der Entnahmewert kann auch der Buchwert sein, wenn das Wirtschaftsgut unmittelbar nach der Entnahme für steuerbegünstigte Zwecke gespendet wird (sog. Buchwertprivileg § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 4 und 5 EStG). Der auf der Zuwendungsbestätigung ausgewiesene Betrag darf den bei der Entnahme angesetzten Wert nicht überschreiten. Sachspende aus dem Privatvermögen: Handelt es sich um eine Sachspende aus dem Privatvermögen des Zuwendenden, ist der gemeine Wert des gespendeten Wirtschaftsguts maßgebend, wenn dessen Veräußerung im Zeitpunkt der Zuwendung keinen Besteuerungstatbestand erfüllen würde (§ 10b Absatz 3 Satz 3 EStG ). Ansonsten sind die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Wert der Zuwendung auszuweisen. Dies gilt insbesondere bei Veräußerungstatbeständen, die unter § 17 oder § 23 EStG fallen (z. B. Zuwendung einer mindestens 1%igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (§ 17 EStG), einer Immobilie, die sich weniger als zehn Jahre im Eigentum des Spenders befindet (§ 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG), eines anderen Wirtschaftsguts im Sinne des § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG mit einer Eigentumsdauer von nicht mehr als einem Jahr). Der Zuwendungsempfänger hat anzugeben, welche Unterlagen er zur Ermittlung des angesetzten Wertes herangezogen hat. In Betracht kommt in diesem Zusammenhang z. B. ein Gutachten über den aktuellen Wert der zugewendeten Sache oder der sich aus der ursprünglichen Rechnung ergebende historische Kaufpreis unter Berücksichtigung einer Absetzung für Abnutzung. Diese Unterlagen hat der Zuwendungsempfänger zusammen mit der Zuwendungsbestätigung in seine Buchführung aufzunehmen. 6. Die Zeile: „Es handelt sich um den Verzicht auf die Erstattung von Aufwendungen Ja □ Nein □“ auf den Mustern für Zuwendungsbestätigungen von Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 9 KStG, von politischen Parteien im Sinne des Parteiengesetzes, von unabhängigen Wählervereinigungen und von Stiftungen des privaten Rechts, ist stets in die Zuwendungsbestätigungen über Geldzuwendungen/Mitgliedsbeiträge zu übernehmen und entsprechend anzukreuzen. Dies gilt auch in den Fällen, in denen ein Zuwendungsempfänger grundsätzlich keine Zuwendungsbestätigungen für die Erstattung von Aufwendungen ausstellt. 7. Werden Zuwendungen an eine juristische Person des öffentlichen Rechts von dieser an andere juristische Personen des öffentlichen Rechts weitergeleitet und werden von diesen die steuerbegünstigten Zwecke verwirklicht, so hat der „Erstempfänger“ die in den amtlichen Vor-

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drucken enthaltene Bestätigung wie folgt zu fassen: Die Zuwendung wird entsprechend den Angaben des Zuwendenden an …………………[Name des Letztempfängers verbunden mit dem Hinweis auf dessen öffentlich-​ rechtliche Organisationsform] weitergeleitet. 8. Erfolgt der Nachweis in Form der Sammelbestätigung, so ist der bescheinigte Gesamtbetrag auf der zugehörigen Anlage in sämtliche Einzelzuwendungen aufzuschlüsseln. 9. Für maschinell erstellte Zuwendungsbestätigungen ist R 10b.1 Absatz 4 EStRzu beachten. 10. Nach § 50 Absatz 4 EStDV hat die steuerbegünstigte Körperschaft ein Doppel der Zuwendungsbestätigung aufzubewahren. Es ist in diesem Zusammenhang zulässig, das Doppel in elektronischer Form zu speichern. Die Grundsätze ordnungsmäßiger DV-​gestützter Buchführungssysteme (BMF-​Schreiben vom 7. November 1995 , BStBl. I Seite 738) sind zu beachten. 11. Für Zuwendungen nach dem 31. Dezember 1999 ist das Durchlaufspendenverfahren keine zwingende Voraussetzung mehr für die steuerliche Begünstigung von Spenden. Ab 1. Januar 2000 sind alle steuerbegünstigten Körperschaften im Sinne des § 5 Absatz 1 Nummer 9 KStG zum unmittelbaren Empfang und zur Bestätigung von Zuwendungen berechtigt. Dennoch dürfen juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentliche Dienststellen auch weiterhin als Durchlaufstelle auftreten und Zuwendungsbestätigungen ausstellen (vgl. R 10b.1 Absatz 2 EStR). Sie unterliegen dann aber auch - wie bisher - der Haftung nach § 10b Absatz 4 EStG. Dach- und Spitzenorganisationen können für die ihnen angeschlossenen Vereine dagegen nicht mehr als Durchlaufstelle fungieren. 12. Die neuen Muster für Zuwendungsbestätigungen werden als ausfüllbare Formulare unter https://www.formulare-​ bfinv.de zur Verfügung stehen. 13. Für den Abzug steuerbegünstigter Zuwendungen an nicht im Inland ansässige Empfänger wird auf das BMF-​ Schreiben vom 16. Mai 2011 - IV C 4 - S 2223/07/0005:008, 2011/0381377 -, (BStBl. I Seite 559) hingewiesen.

Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke im Ausland Bayerisches Landesamt für Steuern, Verf. v. 11.9.2012 – S 0170.1.1-3/2 St 31 1. Steuerbegünstigte Zwecke im Ausland 1.1. Allgemeine Grundsätze Grundsätzlich können gemeinnützige Zwecke auch im Ausland verwirklicht werden. Eine Förderung der Allgemeinheit im Sinne des § 52 AO setzt nicht voraus, dass die Fördermaßnahmen Bewohnern oder Staatsangehörigen der Bundesrepublik Deutschland zugutekommen. Erforderlich ist nur, dass natürliche Personen mit Sitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland gefördert werden oder dass die Tätigkeit neben der Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke auch zum Ansehen der Bundesre-


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publik Deutschland beitragen kann (sog. Inlandsbezug; vgl. AEAO zu § 51 Absatz 2, Nummer 7). Bei inländischen Körperschaften ist zu unterstellen, dass dieser Inlandsbezug gegeben ist. 1.2. Mittelverwendung im Ausland durch inländische Körperschaften Es ist zulässig, dass inländische Körperschaften Mittel im Ausland verwenden. Bei einer steuerbegünstigten Körperschaft müssen die Hilfsleistungen grundsätzlich zu den Satzungszwecken gehören. Die Mittelverwendung kann durch die steuerbegünstigte Körperschaft selbst erfolgen oder durch eine Hilfsperson i.S.d. § 57 Absatz 1 Satz 2 AO. Des Weiteren können Mittel als Förderkörperschaft gem. § 58 Nummer 1 AO an eine ausländische Körperschaft gegeben werden. Auch eine teilweise Weitergabe von Mitteln nach § 58 Nummer 2 AO kann in Betracht kommen. 1.2.1. Einschaltung einer Hilfsperson im Ausland gem. § 57 Absatz 1 Satz 2 AO Eine Körperschaft kann ihre steuerbegünstigten Zwecke im Ausland auch durch eine Hilfsperson i. S. d. § 57 Absatz 1 Satz 2 AO unmittelbar verwirklichen. Dies können ausländische natürliche oder juristische Personen sein. Zur Beweisvorsorge empfiehlt sich hier insbesondere der Abschluss eines schriftlichen Vertrages zwischen der steuerbegünstigten Körperschaft und der Hilfsperson, der Inhalt und Umfang der Tätigkeiten sowie die Rechenschaftspflichten der Hilfsperson festlegt. Abrechnungsund Buchführungsunterlagen sind im Inland aufzubewahren (§ 146 Absatz 2 AO). 1.2.2. Steuerbegünstigte Körperschaft als Förderverein für eine ausländische Körperschaft (§ 58 Nummer 1 AO) § 58 Nummer 1 AO lässt zu, steuerbegünstigte Zwecke nur dadurch zu verfolgen, Mittel für die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke anderer Körperschaften zu beschaffen (sog. Förderkörperschaft). Dies können auch ausländische Körperschaften sein, wenn diese die Mittel für der Art nach steuerbegünstigte Zwecke verwenden. Ein steuerbegünstigter Zweck, für den Mittel beschafft werden sollen, muss in der Satzung angegeben sein (vgl. AEAO zu § 58 Nummer 1, Nummer 1 Satz 3). Es ist nicht Voraussetzung, dass die ausländische Körperschaft die Voraussetzungen der §§ 51 ff. AO erfüllt. § 58 Nummer 1 letzter Halbsatz AO gilt nur, wenn Zuwendungsempfänger eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft ist. Voraussetzung ist jedoch, dass der Empfänger im Ausland einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i. S. d. KStG entspricht. Hierzu ist ggf. seine Satzung in deutscher Übersetzung anzufordern. Im Zweifel kann zum Rechtsformvergleich mit deutschen Körperschaften eine Auskunft des Bundeszentralamtes für Steuern eingeholt werden, dem hierzu ausländische Gesetzesmaterialien zur Verfügung stehen. Im Übrigen gelten die Ausführungen in Tz. 1.2.4 zum Nachweis der satzungsmäßigen Mittelverwendung entsprechend. 1.2.3. Weitergabe von Mitteln nach § 58 Nummer 2 AO Die Weitergabe von Mitteln an Körperschaften, die im In-

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land weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz haben, kann nur auf § 58 Nummer 2 AO gestützt werden, wenn es sich um die in § 5 Absatz 2 Nummer 2 KStG aufgeführten Körperschaften (beschränkt steuerpflichtige EU/EWR-​ Körperschaften i.S. des § 5 Absatz 1 Nummer 9 KStG) handelt (vgl. AEAO zu § 58 Nummer 2, Nummer 2). Die Weitergabe an ausländische Körperschaften ist danach nur in diesen Ausnahmefällen zulässig. Hiervon unberührt bleibt allerdings die unter Tz. 1.2.1 genannte Möglichkeit der Einschaltung einer ausländischen Hilfsperson. 1.2.4. Nachweis der satzungsmäßigen Mittelverwendung inländischer Körperschaften Die inländischen Finanzbehörden müssen die zweckentsprechende Verwendung der Zuwendungen prüfen können. Die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke im Ausland ist deshalb von der steuerbegünstigten Körperschaft durch ordnungsgemäße Aufzeichnungen nach § 63 Absatz 3 AO zu belegen. Als Nachweise der satzungsmäßigen Mittelverwendung im Ausland können folgende - ggf. ins Deutsche übersetzte - Unterlagen dienen: - Im Zusammenhang mit der Mittelverwendung abge schlossene Verträge und entsprechende Vorgänge, - Belege über den Abfluss der Mittel in das Ausland und Bestätigungen des Zahlungsempfängers über den Erhalt der Mittel, - ausführliche Tätigkeitsbeschreibungen der im Aus- land entfalteten Aktivitäten, - Material über die getätigten Projekte, z. B. Prospekte, Presseveröffentlichungen, - Gutachten eines Wirtschaftsprüfers u. ä. bei großen oder andauernden Projekten, - Zuwendungsbescheide ausländischer Behörden, wenn die Maßnahmen dort durch Zuschüsse u. Ä. gefördert werden und - Bestätigungen einer deutschen Auslandsvertretung, dass die behaupteten Projekte durchgeführt werden. Nach Lage und Bedeutung des Falles ist unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit zu entscheiden, welche Nachweise gefordert werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Körperschaften bei Auslandssachverhalten eine erhöhte Mitwirkungs- und Beweisvorsorgepflicht haben (§ 90 Absatz 2 AO). Sie können sich insbesondere nicht darauf berufen, dass sie die Mittelverwendung nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen können, wenn sie bei Gestaltung der Verhältnisse die Möglichkeit dazu gehabt hätten, oder vor Zuwendung der Mittel mit der ausländischen Körperschaft entsprechende Nachweispflichten hätten vereinbaren können. 1.3. Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke durch auslän dische Körperschaften Ausländische Körperschaften können den Inlandsbezug ebenfalls erfüllen, beispielsweise indem sie ihre steuerbegünstigten Zwecke zum Teil auch in Deutschland verwirklichen oder - soweit sie nur im Ausland tätig sind - auch im Inland lebende natürliche Personen fördern, selbst wenn die Personen sich zu diesem Zweck im Ausland aufhalten. Bei der Tatbestandsalternative des möglichen Anse-


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hensbeitrags zugunsten Deutschlands entfällt zwar bei ausländischen Körperschaften die Indizwirkung, die Erfüllung dieser Tatbestandsalternative durch ausländische Einrichtungen ist aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. AEAO zu § 51 Absatz 2, Nummer 7 Absatz 3). Die Steuerbefreiung des § 5 Absatz 2 Nummer 2 KStG gilt nur für beschränkt steuerpflichtige EU/EWR-​Körperschaften i.S.d. § 5 Absatz 1 Nummer 9 KStG. Die Prüfung, ob diese Körperschaften steuerbegünstigte Zwecke i.S. des § 5 Absatz 1 Nummer 9 KStG i.V.m. §§ 51 bis 68 AO verfolgen, ist anhand der Unterlagen vorzunehmen, wie sie auch inländische Körperschaften vorzulegen haben. Die ausländische Körperschaft muss nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten Zwecken dienen. Der Nachweis, dass die ausländische Körperschaft die deutschen gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben erfüllt, ist durch Vorlage geeigneter Belege zu erbringen. In entsprechender Anwendung des BMF-​Schreibens vom 16.05.2011 (BStBl 2011 I S. 559) betreffend die Abzugsfähigkeit von Zuwendungen ins EU-​/EWR-​Ausland sind dies insbesondere Satzung, Tätigkeitsbericht, Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben, Kassenbericht, Vermögensübersicht mit Nachweisen über die Bildung und Entwicklung der Rücklagen, Aufzeichnung über die Vereinnahmung von Zuwendungen und deren zweckgerechte Verwendung sowie Vorstandsprotokolle. 2. Zuwendungen ins Ausland Für die steuerliche Berücksichtigung von Zuwendungen ins Ausland beim Spender müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: 2.1. Zuwendungsempfänger Empfänger der Zuwendung muss gem. § 10b Absatz 1 Satz 2 EStG bzw. § 9 Absatz 1 Satz 2 KStG sein: a) eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine öffentliche Dienststelle ist, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-​Abkommen) Anwendung findet oder b) eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat belegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-​Abkommen) 1 Anwendung findet und die nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 KStG i. V. m. § 5 Absatz 2 Nummer 2 zweiter Halbsatz KStG steuerbefreit wäre, wenn sie inländische Einkünfte erzielen würde.

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(vgl. Tz. 2.1 Buchstabe b) erfüllt, ist § 5 Absatz 1 Nummer 9 KStG entsprechend anzuwenden. Den Nachweis, dass diese inländischen gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben vorliegen, hat der Zuwendende durch geeignete Unterlagen (s. hierzu BMF-​Schreiben vom 16.05.2011, Karte 3.2.1) zu erbringen.

Verlustnutzung bei Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art OFD Niedersachsen, Verf. v. 27.4.2012 – S 2706 - 341 St 241 Werden Betriebe gewerblicher Art (BgA) zusammengefasst, ist § 10d EStG auf den BgA anzuwenden, der sich durch die Zusammenfassung ergibt (§ 8 Absatz. 8 KStG). Verluste der einzelnen BgA aus der Zeit vor der Zusammenfassung können nicht beim zusammengefassten BgA abgezogen werden. Sie können jedoch nach Beendigung der Zusammenfassung wieder bei dem BgA berücksichtigt werden, bei dem sie vor der Zusammenfassung entstanden waren. In Zeiten der Zusammenfassung unterbleiben (weitere) Feststellungen der bisherigen Verlustvorträge aus Zeiten vor der Zusammenfassung. Es besteht insoweit auch keine Erklärungspflicht der Steuerpflichtigen. Nach Beendigung der Zusammenfassung obliegt es zwar dem Steuerpflichtigen, einen nunmehr wieder zu berücksichtigenden Verlustvortrag nachzuweisen. Zur Vermeidung von Nachweisschwierigkeiten und sich evtl. daraus ergebenden Rechtsstreitigkeiten bitte ich jedoch, bei der Zusammenfassung von BgA die letzten vor Zusammenfassung erfolgten Verlustfeststellungen der einzelnen BgA in den nicht auszusondernden Akten vorzuhalten.

Wirtschaftliche Geschäftsbetriebe bei Krankenhäusern OFD Niedersachsen, Verf. v. 25.9.2012 – S 0186 -3 - St 252 Gemäß § 67 AO ist der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb „Krankenhaus“ unter bestimmten Voraussetzungen als Zweckbetrieb anzusehen. Krankenhäuser in diesem Sinne sind gem. § 2 Absatz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Patienten untergebracht und verpflegt werden können. Folglich können Krankenhäuser nur mit ihren ärztlichen oder pflegerischen Leistungen einen Zweckbetrieb i. S. d. § 67 AO begründen. Übt ein Krankenhaus darüber hinaus auch andere wirtschaftliche Tätigkeiten aus, kann insoweit ein eigenständiger steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb oder ein weiterer Zweckbetrieb i. S. d. §§ 65, 66 oder 68 AO vorliegen. Die jeweiligen zusätzlichen Leistungen der Krankenhäuser sind dabei wie folgt zu beurteilen: ÜberlassungvonFernsprecheinrichtungenundFernsehgeräten durch das Krankenhaus gegen Entgelt an die Patienten:

2.2. Nachweis der Zuwendung Für die Feststellung, ob der ausländische Zuwendungsempfänger die Voraussetzungen des § 10b Absatz 1 S. 2 Nummer 3 EStG bzw. § 9 Absatz 1 Satz 2 Buchstabe c KStG

Krankenhäuser stellen ihren Patienten auf Wunsch gegen Entgelt Telefone und Fernsehgeräte zur Verfügung. Durch deren entgeltliche Überlassung wird ein steuerpflichtiger


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wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb begründet. Eine Zweckbetriebszuordnung gemäß § 67 AO kommt nicht in Betracht, weil es sich bei der Überlassung nicht um ärztliche oder pflegerische Leistungen handelt. Es kommt auch keine Betrachtung als Ausfluss der pflegerischen Leistung „Unterbringung“ in Frage, weil die Telefon- und Fernsehnutzung nicht zu den pflegesatzfähigen Krankenhausleistungen i. S. d. Bundespflegesatzverordnung (BPflV) gehört, sondern zu den gesondert abzurechnenden Wahlleistungen gemäß § 22 BPflV. Ein Zweckbetrieb gemäß § 65 AO liegt ebenfalls nicht vor, weil die steuerbegünstigten Satzungszwecke auch ohne eine Überlassung von Fernsprechanlagen erreicht werden können und damit die Voraussetzungen des § 65 Nummer 2 AO nicht erfüllt sind.

lichen Leistungen über Krankenschein oder entsprechend den für Kassenabrechnungen geltenden Vergütungssätzen abrechnen, kommt eine Einbeziehung der Pflegetage in die Berechnung der 40%-​Grenze in Betracht.

Dabei ist unerheblich, dass es sich insoweit um mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbundene Umsätze i. S. d. § 4 Nummer 16 UStG handelt. Der mittelbare Zusammenhang mit den steuerbegünstigten Zwecken reicht zwar für die Befreiung nach dem Umsatzsteuerrecht, nicht aber für die strengen Kriterien des Gemeinnützigkeitsrechts. Die Vorschriften der §§ 66 und 68 AO sind hier nicht einschlägig.

Die von den Krankenhäusern mit den Belegärzten z. T. abgeschlossenen Verträge sehen dabei folgende Rahmendaten vor: Dem Belegarzt wird gestattet, im Krankenhaus Patienten seines Fachgebietes stationär oder teilstationär zu behandeln. Eine ambulante Behandlung von Patienten im Krankenhaus ist ihm - abgesehen von Notfällen - nur gestattet, wenn er vorher mit dem Krankenhaus eine entsprechende Vereinbarung zur Durchführung ambulanter Tätigkeiten im Krankenhaus abgeschlossen hat.

Aus der Beurteilung der Überlassung von Telefon- und Fernsehgeräten als Wahlleistung i. S. d. § 22 BPflV ergeben sich jedoch keine Konsequenzen für die Beurteilung des Zweckbetriebes Krankenhaus an sich. Die Geräteüberlassung ist als unschädliche Annehmlichkeit angesehen werden mit der Folge, dass sie keine Auswirkungen bei der Ermittlung der 40%-​Grenze hat. Personal- und Sachmittelgestellung an eine private Klinik bzw. an eine ärztliche Gemeinschaftspraxis: Die Personal- und Sachmittelgestellung an Dritte stellt einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. Aus der Sicht des Krankenhauses mangelt es an einer eigenen Zweckverwirklichung i. S. d. § 57 Absatz 1 Satz 1 AO. Eine für die Gemeinnützigkeit erforderliche unmittelbare Förderung der Allgemeinheit (Patienten) liegt nicht vor, weil das Krankenhaus mit seinen Leistungen lediglich die eigenwirtschaftlichen Interessen Dritter fördert. Nur die Dritten sind Vertragspartner der Patienten und erbringen damit die Krankenhauspflegeleistungen. Diese sind auch nicht als Hilfspersonen tätig, weil sie völlig weisungsfrei arbeiten können und grundsätzlich keine Einflussmöglichkeit des Krankenhauses besteht. In diesem Zusammenhang ist unbeachtlich, dass es sich bei den Leistungen des Krankenhauses um mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbundene Umsätze i. S. d. § 4 Nummer 16 UStG handelt. Hinsichtlich der Auswirkungen auf die Zweckbetriebseigenschaft des Krankenhauses an sich (Einbeziehung der Pflegetage, die auf Patienten der Dritten entfallen, in die Berechnung der 40%-​Grenze) ist zu berücksichtigen, wie die Dritten die erbrachten ärztlichen Leistungen gegenüber den Patienten abrechnen. Werden ärztliche Leistungen nach der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) abgerechnet, steht dies der Inanspruchnahme von Wahlleistungen durch einen Krankenhausarzt gleich. Die Pflegetage sind nicht in die Berechnung der 40%-​Grenze einzubeziehen. Nur wenn die Dritten die ärzt-

Personal- und Sachmittelgestellung an Belegärzte zwecks stationärer oder teilstationärer Behandlung durch die Belegärzte: Mit der Personal- und Sachmittelgestellung an Belegärzte gegen Vorteilsausgleich bzw. Kostenerstattung begründet das Krankenhaus einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Es gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Personal- und Sachmittelgestellung an eine private Klinik bzw. an eine ärztliche Gemeinschaftspraxis.

Der Belegarzt steht zum Krankenhaus weder in einem Arbeitsverhältnis noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis. Als freiberuflicher Arzt schließt der Belegarzt mit den Patienten den Vertrag über die ärztliche Behandlung. Der Belegarzt ist in seiner ärztlichen Tätigkeit grundsätzlich unabhängig und eigenverantwortlich. Eine feststehende Bettenzahl wird nicht vertraglich vereinbart. Über die Aufnahme und Entlassung von Patienten im Rahmen der zur Verfügung stehenden Betten entscheidet unter ärztlichen Gesichtspunkten und dem Recht der GKV der Belegarzt. Zur Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit ist der Belegarzt berechtigt, die hierfür im Krankenhaus bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel sowie die ärztlichen Mitarbeiter und Schreibkräfte in Anspruch zu nehmen. Die ärztlichen Leistungen rechnet der Belegarzt mit den Patienten oder den Kostenträgern unmittelbar ab, die übrigen stationären Leistungen das Krankenhaus. Dem Krankenhaus hat er einen Vorteilsausgleich in Höhe eines bestimmten %-​Satzes bezogen auf seine Bruttoeinnahmen aus stationärer Tätigkeit zu entrichten. Besteht zudem eine Vereinbarung zur Durchführung ambulanter Tätigkeiten im Krankenhaus, richtet sich die Kostenerstattung nach der im Einzelnen getroffenen Vereinbarung. Bei der Behandlung von ambulanten Notfällen sind die dem Krankenhaus durch die Inanspruchnahme von Krankenhauseinrichtungen und Krankenhauspersonal entstehenden Kosten zu ersetzen. Hinsichtlich der Auswirkungen auf die Zweckbetriebseigenschaft des Krankenhauses an sich gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Personal- und Sachmittelgestellung an eine private Klinik bzw. an eine ärztliche Gemeinschaftspraxis. Personal- und Sachmittelgestellung an Chefärzte zur Erbringung von Wahlleistungen gegenüber Krankenhauspatienten: Im Rahmen von Verträgen zwischen Krankenhaus und Chef-


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arzt wird den Chefärzten in der Regel das Recht eingeräumt, so genannte Wahlleistungen gegenüber stationär aufgenommenen Patienten des Krankenhauses zu erbringen. Dabei dürften die folgenden Rahmendaten allgemein üblich sein: Den Wahlleistungen liegt eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Krankenhaus und dem Patienten (Wahlleistungsvereinbarung) zugrunde. Vertragspartner sind der Patient und das Krankenhaus. Die Vertragspartner vereinbaren hierin, dass die ärztlichen Leistungen dem Patienten gegenüber nur von dem jeweiligen Chefarzt der Abteilung oder dessen Vertreter persönlich erbracht werden. Diese Wahlleistungen gehören nach § 2 Absatz 1 BPflV nicht zu den allgemeinen Krankenhausleistungen. Sie sind daher nach § 7 Absatz 2 BPflV auch nicht pflegesatzfähig. Das Krankenhaus räumt seinen angestellten Ärzten aber das Liquidationsrecht für diese - über die allgemeinen Krankenhausleistungen hinausgehenden - Wahlleistungen der Chefärzte ein. Aufgrund des eigenen Liquidationsrechts der Chefärzte zahlt der Patient oder der Kostenträger das Honorar für die empfangenen Wahlleistungen daher nicht an das Krankenhaus, sondern direkt an den behandelnden Chefarzt. Von den erzielten Behandlungserlösen führen die Chefärzte ihrerseits Nutzungsentgelte für die Inanspruchnahme von Personal und Inventar an das Krankenhaus ab. Die Höhe der Nutzungsentgelte richtet sich nach § 24 BPflV. Danach ist für jede erbrachte ärztliche Leistung, die gegenüber den Patienten nach der GOÄ abgerechnet wird, ein in einem pauschalen Prozentsatz des Gebührensatzes bemessenes Nutzungsentgelt an das Krankenhaus zu entrichten. Das Nutzungsentgelt wird im Übrigen nach der BPflV auf den Pflegesatz angerechnet. Außerdem hat der Chefarzt die nachgeordneten Ärzte an dem Einkommen aus dem Liquidationsrecht zu beteiligen. Die entgeltliche Personal- und Sachmittelgestellung an Chefärzte zur Erbringung von Wahlleistungen gegenüber Krankenhauspatienten ist dem Zweckbetrieb Krankenhaus i. S. d. § 67 AO zuzurechnen. Der Vertrag über die gesondert berechenbaren ärztlichen Wahlleistungen kommt ausschließlich zwischen dem Patienten und dem Krankenhaus zustande. Der Chefarzt tritt dort nur insoweit in Erscheinung, als vorgesehen ist, dass die vereinbarten Leistungen durch ihn oder unter seiner Leitung erbracht werden. Außerdem gehören die gesondert berechneten wahlärztlichen Leistungen zum dienstlichen Pflichtenkreis des Chefarztes. Er übt auch die Tätigkeit im Liquidationsbereich zu den Zeiten aus, für die er laut Dienstplan eingeteilt ist oder sich eingeteilt hat. Die Urlaubsregelung unterscheidet grundsätzlich nicht zwischen der allgemeinen Tätigkeit als Krankenhauschefarzt und der Erbringung der Wahlleistungen. Organisation und Durchführung der Liquidationstätigkeit ist ihm durch das Krankenhaus sowohl hinsichtlich der Räumlichkeiten als auch bezüglich des ihm zur Seite gestellten ärztlichen und nichtärztlichen Personals weitgehend vorgegeben. Ohne Eingliederung in den Betrieb des Krankenhauses könnte der Chefarzt die Tätigkeit im Liquidationsbereich gar nicht ausüben. Hinzu kommt, dass die Nutzungsentgelte, die der Chefarzt an das Krankenhaus zu zahlen hat, gemäß § 7 BPflV unmittelbaren Einfluss auf die Höhe des Budgets und der Pflege-

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sätze nach § 10 BPflV haben, die das Krankenhaus bei den Kostenträgern für seine Leistungen geltend machen kann. Aufgrund dieser rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen zwischen dem Krankenhaus und dem Chefarzt einerseits und den rechtlichen Beziehungen zwischen dem Krankenhaus und den Patienten andererseits ist davon auszugehen, dass das Krankenhaus auch mit der Personal- und Sachgestellung an den Chefarzt unmittelbar seine steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke (Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege) verfolgt. Da der Vertrag über die stationäre Behandlung zwischen Krankenhaus und Patient getroffen wird, kommen die Leistungen im Ergebnis unmittelbar den Patienten zugute. Der Chefarzt ist in die Erfüllung des satzungmäßigen Zweckes als Hilfsperson i. S. d. § 57 Absatz 1 Satz 2 AO eingeschaltet, weil er aufgrund der Dienstvereinbarung mit dem Krankenhaus tätig wird, wonach er einen konkreten Auftrag des Krankenhauses in Form von ärztlichen Wahlleistungen gegenüber dem Patienten erbringt. Dies hat zur Folge, dass dem Krankenhaus das Wirken der Hilfsperson wie eigenes Wirken zuzurechnen ist. Es ist davon auszugehen, dass der Chefarzt im Innenverhältnis an die Weisungen der Körperschaft gebunden ist, denn seine rechtlichen Verpflichtungen werden für das Anstellungsverhältnis als Krankenhauschefarzt und hinsichtlich seines Liquidationsrechts bezüglich der ärztlichen Wahlleistungen in einem einheitlichen Vertrag festgelegt, wobei die beiden Bereiche insoweit nicht unterschieden werden. Es kann daher auch davon ausgegangen werden, dass das Krankenhaus den Chefarzt entsprechend überwacht. Dass die Tätigkeit des Chefarztes als Hilfsperson selbst nicht gemeinnützig ist, ist gemäß AEAO Tz. 2 zu § 57 AO unerheblich. Es würde den vertraglichen und tatsächlichen Gegebenheiten hingegen nicht gerecht, wenn man davon ausginge, dass das Krankenhaus mit der entgeltlichen Personal- und Sachmittelgestellung die eigenwirtschaftlichen Zwecke des Chefarztes fördern würde mit der Folge, dass es an einer selbstlosen Förderung der Allgemeinheit (Patienten) i. S. d § 55 Absatz 1 Satz 1 AO mangeln würde. Die isolierte Betrachtung der Liquidationsberechtigung und der damit verbundenen Nutzungsentgeltzahlung des Chefarztes an das Krankenhaus ist insoweit nicht zielführend. Aufgrund der rechtlichen Abrechnungsmodalitäten in § 22 Absatz 3 BPflV i. V. m. § 24 Absatz 2 oder 3 BPflV ergibt sich eine grundsätzliche Liquidationsberechtigung des Chefarztes verbunden mit der Verpflichtung, dem Krankenhaus ein Nutzungsentgelt für die Personal- und Sachmittelgestellung zu zahlen, welches wiederum zur Kürzung des Budgets und der Pflegesätze führt, die das Krankenhaus selbst gegenüber den Kostenträgern geltend machen kann. Betrachtet man das sich danach ergebende wirtschaftliche Ergebnis, entsprechen die dem Chefarzt verbleibenden Liquidationserlöse im Ergebnis einer variablen Entlohnung für die Erbringung von Wahlleistungen und das Krankenhaus erhält mit dem Nutzungsentgelt Einnahmen, die ihm ansonsten in Form des Budgets bzw. der Pflegesätze zustehen würden. Diese Annahme wird noch untermauert durch die Regelung in § 22 Absatz 3 Satz 5 BPflV, denn nach dieser Vorschrift dürfte das Krankenhaus die ärztlichen Wahlleistungen auch selbst liquidieren. Es wäre dann verpflichtet, die Vergütung nach Abzug der anteiligen Verwaltungskosten und der nach § 24 Absatz 2 oder 3 BPflV zu erstattenden Kosten an den berechtigten Arzt weiterzuleiten.


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In neueren Verträgen gehen die Krankenhäuser z. T. dazu über, dem Chefarzt eine pauschale Vergütung zu zahlen, mit der auch die Verpflichtung abgegolten ist, ärztliche Wahlleistungen gegenüber den stationären Patienten zu erbringen. Ein eigenständiges Liquidationsrecht steht ihm damit nicht mehr zu. Für die Beurteilung, dass das Krankenhaus auch mit der Personal- und Sachmittelgestellung an den Chefarzt unmittelbar seine steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke - Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege - verfolgt, kommt es nicht darauf an, ob die Wahlleistungen durch den angestellten Arzt des Krankenhauses innerhalb seiner nichtselbständigen Tätigkeit (Einkünfte nach § 19 EStG) oder innerhalb seiner selbständigen Tätigkeit (Einkünfte nach § 18 EStG) erbracht werden. Außerdem ist unbeachtlich, ob die Anrechnung der Wahlleistungen durch den Arzt oder das Krankenhaus erfolgt. Auch die Frage, ob es sich um eine medizinisch indizierte oder eine medizinisch nicht erforderliche Wahlleistung handelt, ist für die Beurteilung der Unmittelbarkeit ohne Bedeutung. In beiden Fällen dient die Wahlleistung der Heilung und Genesung bzw. Gesundung des sich in Behandlung des Krankenhauses befindlichen Patienten. Deshalb verfolgt ein Krankenhaus auch bei Erbringung von Wahlleistungen in der Regel seine steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke. Personal- und Sachmittelgestellung an Chefärzte zum Betrieb einer ambulanten Praxis im Krankenhaus (genehmigte Nebentätigkeit): Neben der Dienstvereinbarung mit dem Anstellungsvertrag und der Regelung der Liquidationsberechtigung im Hinblick auf die ärztlichen Wahlleistungen gegenüber Krankenhauspatienten ist Gegenstand der Vereinbarung zwischen dem Krankenhaus und den Chefärzten häufig eine separate Vereinbarung über sogenannte „Nebentätigkeiten“. Danach haben die Chefärzte die Möglichkeit, im Rahmen einer von ihnen betriebenen „Ambulanz“ im eigenen Namen und auf eigenen Rechnung auch solche Patienten zu behandeln, die sich nicht in stationärer Behandlung des Krankenhauses befinden. Das Krankenhaus stellt den Chefärzten hierfür ebenfalls Personal und Sachmittel zur Verfügung. Die Höhe der von den Chefärzten an das Krankenhaus zu entrichtenden Nutzungsentgelte richtet sich nicht nach den Bestimmungen der BPflV, sondern ist in den entsprechenden Verträgen über „Nebentätigkeiten“ festgelegt. Sie betragen i. d. R. 35 -​ 40 % der ärztlichen Liquidation. In diesem Fall begründet die entgeltliche Personal- und Sachgestellung durch das Krankenhaus an den Chefarzt einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Krankenhauses. Das Krankenhaus wird insoweit nicht mehr im Rahmen seines Zweckbetriebes Krankenhaus i. S. d. § 67 AO tätig, weil es an einer unmittelbaren Förderung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke fehlt und das Krankenhaus im Übrigen auch nicht selbstlos die Allgemeinheit fördert. Die Leistungen des Krankenhauses kommen nicht unmittelbar i. S. d. § 57 Absatz 1 Satz 1 AO den Krankenhauspatienten zugute, sondern ausschließlich den Chefärzten, die mit dem überlassenen Personal bzw. mit den überlassenen Sachmitteln ihre eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgen, Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit zu erzielen. Anders als bei der Erbringung von Wahlleistungen kann die ambulante Tätigkeit des

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Chefarztes nicht als Hilfstätigkeit angesehen werden, da die ärztlichen Leistungen in diesem Bereich keine ärztliche Leistung des Krankenhauses gegenüber dem Krankenhauspatienten darstellen, sondern die Chefärzte im eigenen Namen und für eigene Rechnung gegenüber den Patienten tätig werden. Damit kann das Wirken des Chefarztes nicht wie eigenes Wirken der Körperschaft angesehen werden, was für die Annahme einer Hilfspersonentätigkeit erforderlich wäre. Bei der Überlassung von Personal und Sachmitteln an die Chefärzte im Rahmen ihrer Ambulanz fördert das Krankenhaus auch nicht selbstlos die Allgemeinheit i. S. d. § 55 Absatz 1 Satz 1 AO. Die Selbstlosigkeit des Handelns liegt nur vor, wenn die Körperschaft mit ihrer Tätigkeit weder für sich noch für ihre Mitglieder in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt. Die Nutzungsüberlassung durch das Krankenhaus kann daher schon dem Grunde nach nicht als Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke und damit als dem Zweckbetrieb i. S. d. § 67 AO zugehörig angesehen werden. Dies gilt unabhängig von der umsatzsteuerlichen Behandlung der Personal- und Sachmittelgestellung, insbesondere der Frage, ob die Leistungen als mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbundene Umsätze nach § 4 Nummer 16 UStG von der Umsatzsteuer befreit sind. Der Einwand, dass es sich bei den in der Ambulanz erbrachten ärztlichen Leistungen ausschließlich um solche Leistungen handelt, die außerhalb des Krankenhauses von niedergelassenen Ärzten nicht angeboten werden und das Krankenhaus dazu verpflichtet sei, die ambulanten ärztlichen Leistungen gegenüber dem Patienten zu erbringen, da sich ansonsten bezogen auf diese spezielle Leistung eine Unterversorgung in Deutschland ergeben könne, führt dabei zu keinem anderen Ergebnis. Soweit die entgeltliche Überlassung von Personal und Sachmitteln an die Chefärzte einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Krankenhauses bildet, können bei der Gewinnermittlung die mit dieser Tätigkeit in Zusammenhang stehenden Kosten wie z. B. anteilige Personalkosten für Arzthelferinnen, Schreibdienst und Buchhaltung und auf der Grundlage des „Tarifs der Deutschen Krankenhausgesellschaft für die Abrechnung erbrachter Leistungen und für die Kostenerstattung vom Arzt an das Krankenhaus“ (DKG-​NT) ermittelte Sachkosten als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Die Berücksichtigung des anteiligen Grundgehalts des Chefarztes selbst kommt hingegen nicht in Betracht, da die Nebentätigkeit außerhalb der vertraglichen Dienstverpflichtungen stattfindet.


npoR-Dokumentation

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scheebau-Vereins bei Vermutung der Nähe zur salafistischen Bewegung in Verfassungsschutzbericht. Anmerkung zu BFH, Urt. v. 11.4.2012 – I R 11/11, jurisPR-Steuerrecht 35/2012, Anm. 1 Fischer, Peter, Kein ermäßigter Steuersatz für Beherbung und Beköstigung von Seminarteilnehmern bei gemeinnützigen Körperschaften. Anmerkung zu BFH, Urt. v. 8.3.2012 – V R 14/11, jurisPR-Steuerrecht 34/2012, Anm. 5 Graffe, Ingo, Der neue AO-Anwendungserlass zum Bereich „Steuerbegünstigte Zwecke“ (§§ 51 – 68 AO), in: Hüttemann/ Rawert/Schmidt/Weitemeyer (Hrsg.), Non Profit Law Yearbook 2011/2012, 2012, 147 Grube, Friederike, EuGH-Vorlage zur Lieferung von Zytostatika durch einen Krankenhausträger für im Krankenhaus ambulant erbrachte Heilbehandlungen, jurisPR-Steuerrecht 37/2012, Anm. 6 Günther, Karl-Heinz, Rücklagenbildung und Vermögenszuführungen bei steuerbegünstigten Körperschaften, EStB 2012, 174 Hanke, Michael/Tybussek, Kai, Gemeinnützigkeitsrecht im Wandel. Aktuelle Änderungen des AEAO sorgen für Überraschungen, NWB 2012, 718 Holthaus, Jörg, Steuerabzug bei Vergütungen an ausländische Künstler, Sportler und Aufsichtsräte, ZStV 2012, 102 Jochum, Heike, Die Vermögensstockspende – Deutscher Sonderweg oder europäisches Pionierstück?, IStR 2012, 325 Klaßmann, Ralf, Steuerliche Aspekte bei der Erbringung ambulanter Leistungen im Krankenhaus (aus Sicht der Krankenhäuser), KH 2012, 908 Klenk, Friedrich, Mehrwertsteuer, Unternehmen, Eigenverbrauch und nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallende Tätigkeiten, UR 2012, 663 Köster, Thomas, Gemeinnützigkeitsrechtliche Neuerungen auf Grund der Änderungen des Anwendungserlasses zur AO (AEAO), DStZ 2012, 195 Krebbers, Michael, Abgrenzung zwischen wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb und Vermögensverwaltung. Eine wichtige Frage im Gemeinnützigkeitsrecht, AO-StB 2012, 242 Lehmann, Sören, Recht der steuerbegünstigten Zwecke: Satzungszweck, tatsächliche Geschäftsführung und Selbstlosigkeit parteinaher Stiftungen, MIP 2012, 16 Leisner, Walter Georg, Kann das bloße Nützen eines gesetzlich gewährten Steuervorteils gemeinnützigkeitsschädlich sein? Anmerkungen zum Urteil des BFH vom 23.2.2012, V R 59/09, DStR 2012, 1123 Pull, Veronika, Nichtwirtschaftliche und zugleich unternehmenseigene Tätigkeiten im französischen Mehrwertsteuersystem, UR 2012, 701 Seifried, Carola/Volland, Elke, Finanzverwaltung erleichtert Übergang von Unternehmensvermögen auf gemeinnützige Stiftungen, ZEV 2012, 242 Strahl, Martin, Neues für Gemeinnützige und für Körperschaften des öffentlichen Rechts, KÖSDI 2012, 17988 Streit, Georg v., Anspruch auf einen bestimmten rechtmäßigen Inhalt einer verbindlichen Auskunft bei umsatzsteuerli-


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chen Sachverhalten. Anmerkung zu dem Urteil des BFH vom 29.2.2012, IX R 11/11, DStR 2012, 1897 Theuffel-Werhahn, Berthold, Ausgewählte Änderungen des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung durch das BMFSchreiben vom 17. Januar 2012 (Teil 3), ZStV 2012, 161 Theuffel-Werhahn, Berthold, Im Visier der Finanzverwaltung: Gemeinnützige Stiftungen mit Versorgungscharakter, StiftungsBrief 2012, 83 Vellen, Michael, Steuerbefreiung für die Lieferung von Zytostatika. Anmerkung zu BFH, Entsch. v. 15.5.2012 – V R 19/11, UStB 2012, 244 Wagner, Jürgen, Entwicklungen im liechtensteinischen Wirtschafts- und Steuerrecht, RIW 2012, 423 Weimann, Rüdiger, Noch einmal: Steuerbefreiung der Bildungsdienstleistungen ab 2013, UStB 2012, 300 Weitemeyer, Birgit, Innovative Formen der Philanthropie – Ein Problemaufriss zu den Grenzen des geltenden Gemeinnützigkeits- und Zivilrechts, in: Hüttemann/Rawert/Schmidt/Weitemeyer (Hrsg.), Non Profit Law Yearbook 2011/2012, 2012, 91

Andere Rechtsgebiete BGH, Urt. v. 23.5.2012 – IV ZR 250/11, Pflichtteilsanspruch nach § 2325 Abs.1 BGB BGH, Beschl. v. 20.6.2012 – XII ZB 99/12, Betreuer darf auch im Rahmen geschlossener Unterbringung keine Zwangsbehandlung veranlassen BGH, Beschl. v. 20.6.2012 – XII ZB 130/12, Betreuungsrechtliche Zwangsbehandlung BGH, Beschl. v. 12.7.2012 – IX ZR 213/11, Wirksamkeit der Verfügungen eines Treuhänders auf Anweisung des Insolvenzschuldners BGH, Urt. v. 24.7.2012 – II ZR 117/10, Verjährung des Schadensersatzanspruch einer Genossenschaft gegen den Nachtragsliquidator OVG Berlin- Brandenburg, Beschl. v. 5.7.2012 – OVG 6 S 16.12, Anwendbarkeit der Regelungen über De-minimis-Beihilfen OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.8.2012 – 5 B 1025/12, Versammlungsverbot bei Anmeldung durch Führungsmitglied verbotener Vereinigung LAG Düsseldorf, Urt. v. 26.7.2012 – 15 Sa 336/12, Unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung durch gemeinnützige Gesellschaft KG Berlin, Urt. v. 23.8.2012 – 8 U 22/12, Keine Berufung auf soziales Mietrecht im Rahmen des betreuten Wohnens Büscher, Martin, Warum Non-Profit-Organisationen in der zfwu? Non-Profit-Organisationen, Corporate Governance und normatives Management, ZFWU 1/2012 Krause, Nils/Milberg, Henning-Uwe, Aus Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen zum Dritten Sektor im Jahr 2011 in Deutschland, in: Hüttemann/Rawert/Schmidt/Weitemeyer (Hrsg.), Non Profit Law Yearbook 2011/2012, 2012, 169 Führer, Ira/Sassen, Remmer, Externe Elemente der Corporate Governance von Stiftungen und Vereinen im internationalen Vergleich. Implikationen aus Österreich und der

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Veranstaltungsberichte

Veranstaltungsberichte Symposium „Zehn Jahre Reform des Bundesstiftungsrechts und Anpassung der Landesstiftungsgesetze“

Am 25. und 26. September 2012 veranstaltete das Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen der Bucerius Law School, gefördert durch die Fritz Thyssen Stiftung, ein Symposium zu dem Thema „Zehn Jahre Reform des Bundesstiftungsrechts und Anpassung der Landesstiftungsgesetze – weiterer Reformbedarf zur Anpassung des Stiftungsrechts an moderne Entwicklungen?“ Am 25. September eröffnete Prof. Dr. Birgit Weitemeyer, Direktorin des Instituts für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen, die Veranstaltung. Im Rahmen Ihrer Begrüßungsrede zeichnete Weitemeyer die historische Entwicklung des Bundesstiftungsrechtes nach, insbesondere die Änderungen durch das Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts aus dem Jahr 2002. Sodann leitete sie auf aktuelle Entwicklungen bei der Anpassung der Landesstiftungsgesetze über, um schließlich das Wort an Frau Senatorin Jana Schiedek (Behörde für Justiz und Gleichstellung, Freie und Hansestadt Hamburg) zu übergeben. Senatorin Schiedek stellte zunächst fest, welch große Bedeutung die besonders seit 2002 stetig wachsende Stiftungslandschaft und deren Aktivitäten für Hamburg haben. Gleichwohl sei noch immer Raum für Verbesserungen. Sodann stellte Schiedek den Reformvorschlag Hamburgs für ein modernes Stiftungsrecht vor, der im Wesentlichen zwei Ziele verfolge: Zum einen die weitere Förderung des Stiftungswesens im Allgemeinen und zum anderen die Steigerung der Gestaltungsfreiheit. Mit Blick auf letztere stellte Schiedek zunächst heraus, dass Anpassungen des Stiftungszwecks nach dem geltenden Recht nur sehr schwer möglich seien. Hier müsse Erleichterung geschaffen werden, weshalb der Reformentwurf die Möglichkeit vorsehe, eine Zweckänderung durch Erklärung des Stifters gegenüber der Aufsichtsbehörde zu erreichen, sofern es sich bei dem Stifter um eine natürliche Person handelt. Voraussetzung sei jedoch, dass der neue Zweck gesetzlich zulässig ist und die Änderung von der Zustimmung aller Stifter und Zustifter getragen wird. Erst nach dem Tod des Stifters solle eine Perpetuierung des Stifterwillens nach dem Modell des derzeit geltenden Rechts eintreten. Desweiteren stellte Schiedek die derzeit unbefriedigende Regelungslage im Bereich der Zuund Zusammenlegung heraus. Der Reformentwurf begegne dieser mit einem neuen § 87 Abs. 4 BGB, wonach auf bundesrechtlicher Ebene eine Zu- oder Zusammenlegung durch die Stiftungsbehörde auf Antrag der Stiftung erfolgen können soll. Danach wäre Voraussetzung für eine solche Zusammenführung, dass die betroffenen Stiftungen im Wesentlichen gleiche Zwecke verfolgen, die Zusammenführung von der Zustimmung aller Stifter und Zustifter getragen und auch nach der Zusammenführung ein im Wesentlichen gleicher Zweck verfolgt wird. Weiterhin nimmt sich der Reformentwurf der Vergütung von Organmitgliedern an. Um künftig Diskussionen über Organvergütungen zu verhindern, soll eine neue Nr. 6 in § 81 Abs. 1 BGB eingeführt werden, womit eine Regelung zur Organvergütung zum obligatorischen Inhalt der Stiftungssat-

zung würde. Bei Fehlen einer entsprechenden Regelung wäre die Unzulässigkeit der Organvergütung die Folge. Der Entwurf soll weiterhin Vorlagepflichten hinsichtlich Rechtsgeschäften und Vergütungsvereinbarungen mit Familienangehörigen der Stiftungsorgane einführen, um Missbrauchshandlungen der Stiftungsorgane vorzubeugen. Auch die Transparenz der Stiftungen soll gesteigert werden. Nach dem Entwurf soll zwar ein Stiftungsregister nicht erforderlich werden, jedoch sollen Stiftungen, deren Jahrenseinnahmen aus Erträgen und Spenden über 250.000,- Euro liegen, verpflichtet werden, einen Jahresabschluss nach den Vorschriften des HGB zu erstellen und zu veröffentlichen. Der Entwurf sieht auch Änderungen im Erbrecht vor. So soll die Dauertestamentsvollstreckung über eine gemeinnützige Stiftung unzulässig werden und den Testamentsvollstrecker soll zukünftig die Pflicht treffen, das Vermögen ohne schuldhaftes Zögern auf die Stiftung zu übertragen. Nur so könne die Belastung der Stiftung mit den Kosten der Testamentsvollstreckung und die Beschränkung der Stiftungsautonomie vermieden werden. Weiterhin soll das Pflichtteilsrecht modifiziert werden. Insoweit soll eine gemeinnützige Stiftung in pflichtteilsrechtlicher Hinsicht im Wesentlichen wie ein weiterer Pflichtteilsberechtigter behandelt werden, so dass Zuwendungen an die Stiftung bis zu einer Höhe des dieser hypothetisch zustehenden Pflichtteils keine Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösen würden. Des Weiteren sieht der Entwurf eine Flexibilisierung der Rücklagenbildung gemeinnütziger Stiftungen vor. § 58 AO solle demnach insoweit modifiziert werden, als dass die Rücklagenbildung auch noch zum Ende des vierten, auf die Feststellung des betreffenden Überschusses folgenden Jahres möglich sein soll. Schließlich wird sich der Entwurf mit der Handhabung privatnütziger Stiftungen befassen, wobei insoweit verschiedene Modelle möglich erschienen. Ein Verbot der Neugründung privatnütziger Stiftungen wäre die sicherlich radikalste Variante. Aber auch eine zeitliche Begrenzung der Stiftungsdauer sei angedacht, genauso wie die Verpflichtung zur Führung eines die Privatnützigkeit indizierenden „Firmen“-Zusatzes. Abschließend berichtete Schiedek über geplante flankierende Maßnahmen zur Förderung der Stiftungen. Hier wurden die Einrichtung einer Stiftungsdatenbank sowie die Initiierung einer Mentorenschaft oder Patenschaft für neu gegründete Stiftungen genannt. Im Anschluss fand eine Podiumsdiskussion des vorgestellten Entwurfs statt. Prof. Dr. Hagen Hof, VolkswagenStiftung, gab dabei zu bedenken, dass die Gesetzgebungskompetenz für die Zu- und Zusammenlegung insgesamt beim Bund läge und daher eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich sei. Prof. Dr. Rainer Hüttemann, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, begrüßte die Reformüberlegungen und gab zu bedenken, dass die Wahl einer geeigneten Erfassungsgröße für die Transparenzpflicht nicht einfach sei. Schließlich stellte er als viertes Modell zum Umgang mit privatnützigen Stiftungen eine tatsächliche und effektive Kontrolle und Verpflichtung der privatnützigen Stiftung zur Verwirklichung ihres satzungs-


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mäßigen Zwecks zur Diskussion. Prof. Dr. Ulrich Burgard, Otto von Guericke Universität Magdeburg, wandte sich gegen die Modifikation des Pflichtteilsrechts. Es sei nicht ersichtlich, weshalb der Schutz der Pflichtteilsberechtigten hinter den Interessen der Stiftungen zurücktreten solle. Das eigentliche Problem in Bezug auf die privatnützigen Stiftungen sah Burgard in der dauerhaften Bindung und Ansammlung großer Vermögen. Als Lösungsansatz stellte er die Einführung einer alle 30 Jahre wiederkehrenden Entscheidungsbefugnis der Destinatäre über die Fortführung der Stiftung zur Diskussion. Dr. Andreas Richter, P+P Pöllath + Partners Berlin, gab im Hinblick auf die privatnützigen Stiftungen zu bedenken, dass diese in vielen Fällen (auch) gemeinwohlfördernde Aufgaben wahrnähmen. Weiterhin sei die Erbersatzsteuer ein wirksames Instrument zur Vermeidung von Formenmissbrauch, was auch die geringe Zahl der in jüngerer Zeit errichteten privatnützigen Stiftungen dokumentiere. Ministerialrat Angelo Winkler, Sachsen-Anhalt, bestärkte die Absicht zur abschließenden bundesgesetzlichen Reglung der Zu-, Zusammenlegung und Aufhebung mit dem systematischen Argument, dass auch die Errichtung dem Bundesrecht vorbehalten sei. Notar Prof. Dr. Peter Rawert, Hamburg, merkte an, dass ein Verbot der Neuerrichtung privatnütziger Stiftungen nicht wünschenswert sei. Gestaltungsmissbrauch, insbesondere durch die Verschonungsregelungen des Erbschaftsteuerrechts mithilfe von Stiftungen, sah jedoch auch er als wenig wünschenswerte Realität. Dr. Klaus Neuhoff, Universität Witten-Herdecke, merkte abschließend an, dass die Diskussion um die dauerhafte Bindung von großen Vermögen an die Fideikommisse erinnere, entsprechende Erfahrungen bemüht werden könnten und darüber hinaus die Unzulässigkeit einer Organvergütung bei Fehlen einer Satzungsregelung zu hinterfragen sei. Im Anschluss berichtete Weitemeyer über „Die Reform des Bundesstiftungsrechts und die nachfolgenden Reformen in den Ländern – Erreichtes und Agenda für die Zukunft“. Dabei ging Weitemeyer zunächst auf Änderungen des Bundesrechts ein und befasste sich mit Neuerungen hinsichtlich des Genehmigungsverfahrens und dem gesetzlichen Mindestinhalt der Satzung. Danach beleuchtete Weitemeyer die Reaktionen der Landesgesetzgeber. Zu nennen waren die Anpassung an die Änderungen des Bundesgesetzes, die Einführung von Stiftungsverzeichnissen ohne Publizitätswirkung, die Einführung von uneinheitlichen Rechnungslegungsbestimmungen sowie Neuerungen im Bereich der Satzungsänderung und der Zusammenführung von Stiftungen, wobei Weitemeyer insbesondere hier weiteren Regelungsbedarf attestierte. Danach veranschaulichte Weitemeyer die deutsche Stiftungslandschaft in Zahlen. Sie stellte fest, dass die Zahl der Stiftungen weiter wachse, hingegen im Umfeld der Finanz-, Wirtschafts- und Eurokrise aktuell und künftig im Mittel ein Rückgang der Stiftungsvermögen, zugleich aber auch eine Zunahme der Vermögen von sehr großen, unternehmensverbundenen und Familienstiftungen zu verzeichnen sei. Änderungsbedarf stellte Weitemeyer hinsichtlich der eingeschränkten Flexibilität der rechtsfähigen Stiftung insbesondere in der Nachgründungsphase heraus, sowie im Hinblick auf die Foundation Governance. Angesichts der zunehmend internationalen Tätigkeit der Stiftungen wurde auf die Notwendigkeit einer Kodifizierung des internationalen und interlokalen Stiftungsprivatrechts hingewiesen. Abschließend stellte Weitemeyer fest, dass die Themen Transparenz und Rechnungslegung von Stiftungen in der Öffentlichkeit zunehmend wahrgenommen werden und hier bestehende Initiativen wertvolle Ansätze verfolgten, dieses Thema jedoch künftig einer intensiveren Befassung bedürfe.

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Danach schloss sich der Vortrag von Prof. em. Dr. Dieter Reuter, Christian-Albrechts-Universität Kiel, mit dem Thema „Die dauerhafte und nachhaltige Verfolgung des Stiftungszwecks (Lebensfähigkeit der Stiftung, Verbrauchsstiftung, Anpassung der Satzung, Zu- und Zusammenlegung) an. Reuter skizzierte zunächst den Wandel im Grundverständnis des Stiftungsrechts nach der Reform, wonach die Gründung einer Stiftung nicht mehr die Wahrnehmung eines vom Staat gewährten Privilegs, sondern die Ausübung von Privatautonomie sei. Der Stiftungsbehörde komme nunmehr allein die Rechts- und nicht mehr die Fachaufsicht zu. Daraus folge, dass es allein Sache des Stifters sei, die Lebensfähigkeit seiner Stiftung zu prognostizieren und die Behörde der Stiftung die Anerkennung nur bei objektiver Unvertretbarkeit verweigern könne. Reuter sprach sich sodann für die Zulässigkeit der Zeit- sowie der Verbrauchsstiftung aus. Weiterhin stellte er heraus, dass die Anpassung der Stiftungssatzung als Mittel zur Verwirklichung des Stiftungszwecks zur alleinigen Befugnis der Stiftungsorgane gehöre. Die Aufsichtsbehörde dürfe bereits aus grundrechtlichen Erwägungen erst dann ändernd eingreifen, wenn andernfalls die Verwirklichung des Zwecks unmöglich zu werden drohe. Schließlich wandte sich Reuter der Zu- und Zusammenlegung zu. Diese Maßnahmen fielen als Unterformen der Aufhebung, ohne anderweitige Satzungsregelung, allein in die Befugnis der Aufsichtsbehörde und seien Gegenstand der Bundesgesetzgebungskompetenz. Den Landesstiftungsgesetzen verbleibe jedoch Raum zur Regelung von Folgefragen. Bestehenden landesrechtlichen Regelungen steht Reuter zum Teil kritisch gegenüber. So könne die Gleichartigkeit der Stiftungszwecke nur vorbehaltlich des Stifterwillens zur Voraussetzung erhoben werden. Weiterhin sei die zum Teil vorgesehene Gesamtrechtsnachfolge auf Basis des geltenden Bundesrechts nicht haltbar, weshalb derzeit allein die Einzelrechtsnachfolge im Rahmen der Zu- und Zusammenlegung verbleibe. Rawert referierte zum Thema „Öffnung der Stiftung für körperschaftliche Strukturen (Zweckänderung, Satzungsänderung, Einfluss zu Lebzeiten des Stifters, Stifterversammlung)?“. Seine Ausführungen eröffnete Rawert mit einer Betrachtung des funktionalen Stiftungsbegriffs und der Konzeption der rechtsfähigen Stiftung, wobei er insbesondere herausstellte, dass sich die Stiftung durch ihre Mitgliederlosigkeit und die fehlende Befugnis der Organe, über Verfassung und Existenz der Stiftung zu entscheiden, auszeichne. Daraus entwickelte Rawert praktische Konsequenzen: Die Ausgestaltung der Organstruktur der Stiftung obliege im Grundsatz der freien Gestaltung des Stifters; der in der Satzung festgeschriebene Stifterwille binde danach sowohl die Organe als auch den Stifter selbst; auch das Landesrecht könne den Organen nicht die Befugnis zur voraussetzungslosen Satzungsänderung verleihen. Das geltende Recht ziehe der Gestaltungsfreiheit des Stifters jedoch Grenzen, die eine Einführung kooperativer Strukturen verbiete. Insoweit sei nach Rawert ein Rückgriff auf die bestehenden Kooperationsformen des Zivilrechts möglich, aber auch ausreichend. Allein der anerkennenswerte Wunsch des noch lebenden Stifters, auf seine Stiftung nach der Gründung weiter gestaltenden Einfluss zu nehmen, sei im geltenden Recht nicht hinreichend berücksichtigt. Zur Lösung dieses Problems schlug Rawert die Ausdehnung der Errichtungsphase der Stiftung auf die Lebzeit des Stifters vor, in der diesem durch einen neu zu schaffenden § 85 Abs. 2 BGB die Befugnis zugewiesen werden könne, die Stiftungssatzung durch Erklärung gegenüber der Aufsichtsbehörde zu ändern. An den Vortrag von Rawert schloss sich eine gemeinsame Diskussion der Thesen von Reuter und Rawert an. Burgard


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merkte hinsichtlich der von Reuter vertretenen Zulässigkeit der Verbrauchsstiftung an, dass die Belange des Gläubigerschutzes zu beachten seien. Reuter verwies insoweit auf die möglichen Aufsichtsmaßnahmen. Hinsichtlich der von Rawert für unzulässig angesehenen Einführung kooperativer Elemente in die Stiftungsverfassung stellte Burgard zur Diskussion, ob sich dies mit der allgemein für zulässig gehaltenen gestalterischen Annäherung der zivilrechtlichen Kooperationsformen an die Verfassung der Stiftung vereinen lasse. Rawert verteidigte seinen Standpunkt mit der Irreversibilität der Stiftungsorganisation, wohingegen die Verfassung der zivilrechtlichen Kooperationsformen einer späteren Änderung per se zugänglich sei. Richter führte als Alternative zur Erweiterung der Errichtungsphase die de lege lata bestehende und praktizierte Möglichkeit an, zunächst die Stiftung in Form der gGmbH zu errichten, welche einer Modifikation durch den Stifter zugänglich sei, und die Anteile an dieser gGmbH später von Todes wegen zum Zwecke der Perpetuierung in das Vermögen einer rechtsfähigen Stiftung zu überführen. Auf die Rückfrage von Hof hinsichtlich der Reichweite der Änderungsbefugnis im erweiterten Errichtungsstadium ergänzte Rawert, dass die Auflösung sowie die Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung von dieser ausgeschlossen sein sollten. Ein etwaiger Wechsel in der Gemeinnützigkeit sei hingegen durch das Steuerrecht zu erfassen. Reuter äußerte stiftungspsychologische Bedenken gegen die Erweiterung der Errichtungsphase unter Gewährung weitreichender Änderungsbefugnisse. Hüttemann äußerte Bedenken hinsichtlich der Möglichkeit des Vermögensabzugs im erweiterten Errichtungsstadium und schlug sodann vor, eine zeitliche Befristung, mit Blick auf das Steuerrecht etwa von 10 Jahren, vorzusehen. Diesem Vorschlag pflichtete Weitemeyer bei. Winkler verteidigte die Landesgesetzgebung gegenüber den Ausführungen von Reuter mit rechtshistorischen Argumenten. Er sprach sich weiterhin für die bundesrechtliche Kodifizierung der Gesamtrechtsnachfolge aus. Auch sei eine Möglichkeit zur Zusammenführung im Vorfeld der Unmöglichkeit der Erfüllung des Stiftungszwecks wünschenswert. Reuter gab daraufhin zu bedenken, dass die Einführung einer bundesrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge jedoch auch weiteren Regelungsbedarf insbesondere hinsichtlich des Gläubigerschutzes auslösen würde, wie dies auch das UmwG zeige. Professor Dr. Stefan J. Geibel, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, merkte an, dass der Rückgriff Reuters auf § 624 BGB nicht zwingend sei, worauf dieser dem beipflichtete und die Heranziehung mit den persönlichen Förderleistungen des Stifters begründete. Als möglichen Ansatz für die Abänderungsbefugnis des Stifters brachte Geibel die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ins Gespräch. Einen Rückgriff auf diese lehnte Rawert jedoch unter Hinweis auf die zu hohen Anforderungen ab. Oberkirchenrat Sebastian Kriedel, Kirchliche Stiftungsaufsicht Nordkirche, äußerte Bedenken gegen die Auflockerung der Verbindlichkeit des Stiftungsgeschäfts und unterlegte diese mit Erwägungen aus dem Bereich der kirchlichen Stiftungen. Rawert erwiderte hierauf, dass er eine abweichende Behandlung kirchlicher Stiftungen im Hinblick auf die erweiterte Errichtungsphase nicht veranlasst sehe. Neuhoff sah die Befugnis zur Entnahme in der erweiterten Errichtungsphase als zu weit gehend an und stellte zur Diskussion, wie bei Vorliegen von mehreren Stiftern zu verfahren sei. Rawert sprach sich daraufhin dafür aus, die Änderungsbefugnis als höchstpersönliches Recht auszugestalten und im Falle von Ehegatten eine Bindungswirkung ähnlich dem gemeinschaftlichen Testament vorzusehen. Susanne Hellenthal, Ministerium des Inneren Saarland, gab aus Sicht der Stiftungsbehörden zu bedenken, dass deren Aufgabe zu Lebzeiten des

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Stifters durch die erweiterte Errichtungsphase zumindest erschwert werde. Rawert sah die Aufgabe der Stiftungsbehörde im Schutz des jeweils nach der geltenden Satzung maßgeblichen Stifterwillens klar bezeichnet, auch sei zu beachten, dass die Änderung der Satzung jeweils im Rahmen eines förmlichen Verfahrens erfolgen müsste und damit die Kenntnisnahmemöglichkeit der Stiftungsbehörde gesichert sei. Den zweiten Tag des Symposiums eröffnete Richter mit seinem Vortrag zum Thema „Unternehmensstiftungen, Familienstiftungen, Selbstzweckstiftungen“. Zu Beginn erinnerte Richter an die Thesen von Prof. Dr. Ernst-Joachim Mestmäcker auf dem 44. Deutschen Juristentag 1962 und lobte die Entwicklungen des Stiftungsrechts seitdem. In die Zukunft blickend formulierte Richter drei Einschätzungen: die Reformdebatte werde sich in Richtung Foundation Governance verschieben; die Perpetuierungsmöglichkeit für Vermögen in Form der Stiftung werde Bestand haben; die als Errungenschaft zu wertende Trennung zwischen Zivilrecht und Steuerrecht werde ebenfalls Bestand haben. Nach dieser Einleitung wandte sich Richter den Familienstiftungen zu. Nach einer kurzen Einführung zum Wesen der Familienstiftung und den Reformergebnissen in den Landesstiftungsgesetzen befasste sich Richter mit dem fortbestehenden Reformbedarf und identifizierte den Bestand eines Kontrollvakuums als gegenwärtige Problemstellung. Dieses resultiere aus dem stetigen Rückzug des Staates aus der Aufsicht über Familienstiftungen und zugleich aus dem Umstand, dass der Stiftung eine wirksame interne Kontrolle durch Einführungen kooperativer Organisationselemente verwehrt bleibe. Als mögliche Lösung brachte Richter die Einführung eines obligatorischen Kontrollorgans ins Gespräch, hierfür bestünde allerdings die Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Insbesondere sei zu beachten, dass die Gestaltung einer wirksamen Kontrollstruktur durch den Stifter bei Errichtung der Stiftung nicht immer gewährleistet sei. Sodann wandte sich Richter der Unternehmensstiftung zu. Nach einer kurzen Einleitung zur Zulässigkeit der Unternehmensstiftung und dem Modernisierungsprozess der Landesstiftungsgesetze adressierte Richter die Probleme bei der Grenzziehung zur unzulässigen Selbstzweckstiftung. Hier müssten insbesondere den Stiftungsbehörden klare gesetzliche Vorgaben an die Hand gegeben werden, damit diese auf einer gesicherten Grundlage gegen unzulässige Gestaltungen vorgehen könnten. Sodann berichtete Richter über rechtstatsächliche Entwicklungen, die es zu beachten gelte. So sei die Unternehmensstiftung in der Praxis fast ausschließlich als Beteiligungsträgerstiftung ausgestaltet, so dass die Rechtsformsicherheit und der Verkehrsschutz gewährleistet seien. Weiterhin sei die Großzahl dieser Stiftungen steuerrechtlich gemeinnützig, so dass eine Regulierung durch das Gemeinnützigkeitsrecht erfolge. Weiterhin verfüge die Mehrzahl der Unternehmensträgerstiftungen über eine wirkungsvolle faktische Verfassung der Checks and Balances. Schließlich äußerte Richter die Einschätzung, dass sich auf lange Frist die unternehmensverbundenen Stiftungen aufgrund des unweigerlichen Spannungsverhältnisses zwischen den Interessen des Unternehmens und der Verfolgung des Stiftungszwecks von den Unternehmensbeteiligungen trennen werden. Danach schloss sich die Diskussion der vorgetragenen Thesen an. Rawert merkte an, dass die Familienstiftung in der Praxis regelmäßig zugleich Unternehmensstiftung sei und in dieser oftmals das Unternehmensinteresse im Zweifel dem Stifterwillen vorginge. Dieses Spannungsverhältnis gelte es zu lösen, wofür Rawert an eine Mindestausschüttungspflicht oder steuerrechtliche Regelungen dachte. Jakob Nicolai, Abteilungsleiter, Leiter der Hamburger Stiftungsaufsicht, Justizbehörde Hamburg, merkte


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an, dass das aufgezeigte Spannungsverhältnis in vielen Fällen auf eine Fehlvorstellung der Stifter hinsichtlich der Eigenständigkeit der Stiftung zurückzuführen sei. Reuter führte aus, dass die Trennung von Steuer- und Zivilrecht der Stiftungen auch unbeabsichtigte und zweifelhafte Folgen habe, so würden vereinzelt Begünstigungen, die ursprünglich der gemeinnützigen Stiftung zugedacht waren, auch privaten Stiftungen zuteil. Weiterhin bewertete Reuter die Tendenz, wonach die Stiftung zunehmend dem Unternehmen diene, als bedenklich. Prof. Dr. Dominique Jakob, Universität Zürich, ergänzte die Diskussion um rechtsvergleichende Erwägungen. In der Schweiz habe sich die Familienstiftung de facto zu einer Selbstzweckstiftung entwickelt, was dort zu Reformüberlegungen führte, so sei die Modifizierung der Familienstiftung und die Schaffung einer neuen Stiftungsform nach den Bedürfnissen der unternehmensverbundenen Stiftung im Gespräch. Bei alldem seien die Belange der Compliance und Foundation Governance von großer Wichtigkeit. In Liechtenstein hingegen werde die Governance durch weitreichende gesetzliche Destinatärsrechte, die jedoch für Beschränkungen durch den Stifter zugänglich seien, verwirklicht. Auch Jakob sah die Unternehmensstiftung insgesamt in der Praxis eher kritisch. Hüttemann merkte an, dass hier auch wirtschaftspolitische Interessen eine Rolle spielten. Er sprach sich für ein konsequentes Durchgreifen gegen unzulässige Selbstzweckstiftungen aus. Burgard teilte die Bedenken nicht und wies auf das bedeutende gemeinnützige Wirken vieler Familien- und Unternehmensstiftungen hin. Zum Abschluss der Diskussion ging Professor Dr. Dr. h.c. mult. Karsten Schmidt, Bucerius Law School Hamburg, auf die Anmerkung von Reuter ein. Er sehe die Tendenz, dass die Stiftung zunehmend dem Unternehmen diene, nicht als kritisch an, sondern begrüße diese Entwicklung. Im Anschluss referierte Prof. Dr. Arnd Arnold, Universität Trier, zu dem Thema „Auf dem Weg zu einer besseren Foundation Governance (Organstruktur, Vergütung, Destinatärsrechte)“. Einleitend stellte Arnold fest, dass das Thema Foundation Governance in der Reform des Jahres 2002 und den nachfolgenden Anpassungen der Landesstiftungsgesetze nicht adressiert worden sei. Nun sei es jedoch an der Zeit, sich dieses Problems anzunehmen. Zunächst schaffte Arnold die theoretischen Grundlagen. Er erläuterte, dass das Kontrollbedürfnis wegen des Fehlens der Mitgliederkontrolle bei der Stiftung besonders ausgeprägt sei. Eine Foundation Governance müsse am Stiftungszweck ausgerichtet sein. Auch unterscheide sich das regulatorische Umfeld der Stiftung von dem anderer Körperschaften: Der Markt habe geringere Bedeutung, hingegen spiele die staatliche Aufsicht und das Stiftungssteuerrecht eine große Rolle. Nach Arnold müsse eine wirkungsvolle Foundation Governance durch zwingendes Gesetzesrecht vorgeschrieben werden. Allerdings seien spezifische Probleme des Stiftungswesens zu berücksichtigen. Die Inhomogenität der Stiftungslandschaft schließe eine pauschale Handhabung aus. So würde etwa die allgemeingültige Einführung eines Kontrollorgans gerade kleinere Stiftungen überfordern. Auch sollten Destinatärsrechte aus diesem Grund nicht zwingend erweitert werden, sondern der bestehende Gestaltungsraum des Stifters erhalten bleiben. Als Denkanstoß zur Stärkung der Destinatärsrechte nannte Arnold die Idee einer Stiftungsaufsichtsbeschwerde. Bei Schaffung eines Kontrollorgans solle auf die Wahrung dessen Unabhängigkeit etwa mittels Inkompatibilitätsvorschriften Wert gelegt werden. Entgegen dem Reformentwurf der Freien und Hansestadt Hamburg hielt Arnold die gesetzliche Pflicht zur Regelung der Vorstandvergütung in der Stiftungssatzung nicht für zielführend. Im Ergebnis stellte Arnold fest, dass eine

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einheitliche gesetzliche Festlegung im Bereich der Foundation Governance wegen der Inhomogenität der Stiftungslandschaft nur schwer möglich erscheine. In der anschließenden Diskussion nannte Hüttemann die Einführung eines Mindestkapitals für die Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung als mögliche Lösung, um eine Vereinheitlichung der Stiftungslandschaft als Grundlage für allgemeingültige Foundation GovernanceVorgaben zu erreichen. Kleinere Stiftungen müssten dann auf andere Rechtsformen, etwa die unselbständige Stiftung ausweichen. Insoweit gab Nicolai zu bedenken, dass in der Praxis auch eine Vielzahl von Stiftungen zu beobachten sei, die mit einem geringen Stiftungskapital starte und dann durch erfolgreiches Fundraising eine nachhaltige Zweckförderung erreiche. Richter merkte an, dass eine gesetzliche Normierung der Foundation Governance für mehr Rechtssicherheit sorge, insbesondere angesichts der vielen Fälle, in denen diese Bereiche bei Errichtung der Stiftung ausgespart geblieben seien. Weiterhin gab er zu bedenken, dass in der Praxis die Organvergütung oftmals so gering ausfalle, dass diese keinerlei Anreizwirkung entfalten könne, weshalb eine zwingende Befassung mit dieser Thematik in der Stiftungssatzung angezeigt sei. Dr. Thomas v. Hippel, Hamburg, unterstützte den Ansatz, die Anforderungen an die Foundation Governance an der Größe der Stiftung anzuknüpfen und plädierte für eine Stärkung der Transparenz der Stiftungen. Neuhoff merkte an, dass die Foundation Governance bereits jetzt vereinzelt Anklang im BGB finde. Reuter berichtete schließlich von einem praktischen Fall, in dem der Stifter dem Treiben der Stiftungsorgane machtlos ausgeliefert sei, weil Stiftungsorgane und Stiftungsaufsicht sich auf eine nach der Stiftungssatzung unzulässige Verhaltensweise verständigt hatten. Im Anschluss referierte Jakob über das „Interlokale und Internationale Privatrecht der Stiftungen (Satzungs- und Verwaltungssitz, Sitzverlegung, Kooperation der Behörden, Internationale Aufsicht)“. Einleitend berichtete Jakob über die Weiterentwicklung der Stiftungsrechtsordnungen in der Schweiz und Liechtenstein. Anschließend wandte sich Jakob dem interlokalen Stiftungsprivatrecht zu, welches sich mit dem Geltungsbereich der Landesstiftungsgesetze befasse. Als einheitlichen Anknüpfungspunkt im deutschen interlokalen Stiftungsprivatrecht identifizierte Jakob den Satzungssitz der Stiftung, womit eine Sitzverlegung bereits durch entsprechende Satzungsänderung erfolgen könne. Anschließend erläuterte Jakob die Voraussetzungen einer interlokalen Sitzverlegung und stellte fest, dass die Kontrolle der Satzungsänderung dem Wegzugsland obliege, entweder im Rahmen besonderer landesstiftungsrechtlicher Zustimmungsvorbehalte oder der allgemeinen Satzungsänderungsbestimmungen. Das Zuzugsland hingegen wirke bei der Satzungsänderung nicht mit, sondern sei im Ergebnis lediglich über den Zuzug zu informieren, die Stiftung habe hingegen einen Anspruch auf Aufnahme im Zuzugsland. Jakob stellte heraus, dass durch die Sitzverlegung kein Aufsichtsvakuum entstehen dürfe. Dies sei durch eine Kooperation der beteiligten Stiftungsbehörden sicherzustellen, etwa durch eine Prüfung etwaiger Zuzugshindernisse durch die Behörde des Wegzugslandes. Bei einem Scheitern der Aufnahme müsse schließlich subsidiär auf den effektiven Verwaltungssitz rekurriert werden um die Aufsicht sicherzustellen. Jakob plädierte für eine insoweit effektive und ständige Zusammenarbeit der Stiftungsbehörden der Länder. Sodann wandte sich Jakob dem internationalen Stiftungsprivatrecht zu. Nach einer Einleitung zu Sitz- und Gründungstheorie erörterte Jakob die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 49, 54 AEUV und den bislang ungeklärten Streit hinsichtlich der Übertrag-


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barkeit dieser Rechtsprechung auf die Stiftung. Nach seiner Einschätzung sei es wahrscheinlich, dass sich der EuGH in einer etwaigen Entscheidung für die Gründungstheorie aussprechen werde. Sodann zeichnete Jakob die Folgen der jeweiligen Theorie für die Stiftungsaufsicht nach. Hier legte Jakob insbesondere dar, dass bei Anwendung der Gründungstheorie die Landesstiftungsbehörden die Aufsicht über im europäischen Ausland gegründete Stiftungen nach Sitzverlegung ins Inland nach nationalem Aufsichtsverwaltungsrecht und unter Zugrundelegung des Gründungsrechts als Stiftungsstatut auszuüben hätten. Eine Umfrage in der Praxis habe hingegen ergeben, dass für derartige Stiftungen derzeit ein faktisches Aufsichtsvakuum zu konstatieren sei. Allerdings bestünde ein öffentliches Interesse an einer Beaufsichtigung dieser Stiftungen, auch stehe diesen zu ihrem eigenen Schutz ein Recht auf Aufsicht zu, weshalb Jakob für die tatsächliche Ausübung dieser Aufsicht plädierte. Als mögliche Reaktionen gab Jakob den Entwurf eines Gesetzes zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen, einer EUSitzverlegungsrichtlinie und die Anpassung auf gesetzlicher oder behördlicher Ebene zu bedenken. Anschließend zeigte Jakob auf, dass auch im derzeitigen Entwurf der Fundatio Europaea (FE) dieselbe Problematik angelegt sei. Dort werde die Aufsichtszuständigkeit an den Satzungssitz angeknüpft, womit ein Auseinanderfallen von Satzungs- und effektivem Verwaltungssitz möglich sei. Abschließend wandte sich Jakob der Anerkennung ausländischer Stiftungen im Kontext der Steuerhinterziehung zu, insbesondere mit Blick auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf v. 30.4.2010 – I 22 U 126/06. Er stellte fest, dass das Gericht die Durchgriffsregelungen des Liechtensteiner Rechts falsch angewandt habe. Den hilfsweise bejahten Verstoß gegen den deutschen ordre public stellte Jakob in der konkreten Art und Weise in Frage. Soweit eine nach ausländischem Recht wirksam gegründete Stiftung zumindest auch einen zulässigen Zweck verfolge, könne ein Verstoß gegen den deutschen ordre public nicht bejaht werden. Außen- und steuerpolitische Ziele dürften nicht auf Kosten des internationalen Stiftungsprivatrechts verfolgt werden. Eine Nichtanerkennung müsse auf diejenigen Fälle beschränkt bleiben, in denen die ausländische Stiftung ausschließlich zu Zwecken der Steuerhinterziehung gegründet wurde und der Satzungszweck nur vorgeschoben werde. Die anschließende Diskussion eröffnete Weitemeyer mit der Anmerkung, dass die Zuständigkeit für die Stiftungsaufsicht als öffentlichem Recht auch nach dem Territorialprinzip und damit dem effektivem Wirkungsbereich der Stiftung beurteilt werden könne. Prof. Dr. Heinrich Dörner, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, pflichtete dem bei und gab zu bedenken, dass sich die Aufsicht inhaltlich an dem entsprechend dem IPR berufenen Stiftungsstatut auszurichten habe und stellte die Effektivität einer solchen Aufsicht in Frage. Nicolai merkte an, dass ihm aus der Aufsichtspraxis bislang kein Fall eines internationalen Zuzuges einer Stiftung bekannt sei. Hüttemann gab zu bedenken, dass ein Widerspruch zwischen dem deutschen interlokalen Stiftungsprivatrecht, das die Aufsichtszuständigkeit an den Satzungssitz anknüpfe, und der Handhabung internationaler Aufsichtszuständigkeit bestünde, wenn diese nach dem effektiven Verwaltungssitz zu beurteilen sei. Dörner verteidigte schließlich die Entscheidung des OLG Düsseldorf und merkte an, dass die Sanktionen im Steuerrecht nicht ausreichen würden, weshalb die Nichtanerkennung im entschiedenen Fall zu befürworten sei. Er führte die Diskussion weiter, indem er fragte, ob das Modell der Liechtensteiner Stiftung mit der jederzeitigen Zugriffsmöglichkeit des Stifters auf das Stiftungsvermögen nicht bereits im Grundsatz nach dem deutschen IPR nicht als Stiftung anzusehen sein könnte. Darauf

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erwiderte Jakob, dass dies seiner Meinung nach nicht angezeigt sei, zumal die Vermögensübertragung auf die Liechtensteiner Stiftung im deutschen Recht an verschiedenen Stellen eine besondere Beurteilung erfahre, etwa dem Schenkungs-, Pflichtteils- oder Steuerrecht. Den abschließenden Vortrag der Veranstaltung hielt Hüttemann zu dem Thema „Transparenz und Rechnungslegung bei Stiftungen – Brauchen wir mehr Publizität und ein Bilanzrecht für Stiftungen?“. Eingangs stellte Hüttemann fest, dass die Reformdebatte der letzten 50 Jahre in Sachen Transparenz und Rechnungslegung der Stiftung keine Fortschritte gebracht habe. Er regte an, konkrete Ansätze zu diskutieren. Zunächst schlug Hüttemann vor, ein Stiftungsregister mit Publizitätswirkung einzuführen. Hierzu sollten die Stiftungsverzeichnisse der Länder um Angaben zu den Mitgliedern des Vorstandes und der Vertretungsbefugnisse erweitert werden. Inhalt und Pflege der Register solle den Ländern obliegen und der Bund solle diese Register, soweit sie von den Ländern eingerichtet würden, mit einer negativen Publizitätswirkung ausstatten. Sodann sprach sich Hüttemann für die Verpflichtung von größeren Stiftungen zur Anwendung der handelsrechtlichen Buchführung aus. Allerdings sei bei der Verpflichtung zur Erstellung eines Jahresabschlusses auf die Besonderheiten der Stiftungen Rücksicht zu nehmen, die abweichende Rechnungslegungszwecke verfolgten und insbesondere nicht dem Gläubiger- und Anlegerschutz verschrieben seien. Aus der Möglichkeit zur dauerhaften Perpetuierung großer Stiftungsvermögen folge weiterhin ein berechtigtes Interesse der zweckinteressierten Öffentlichkeit an einer Jahresabschlusspublizität großer Stiftungen. Insoweit sei auch an eine Prüfpflicht zu denken. Gleichwohl könne eine Jahresabschlusspublizität nicht das Informationsinteresse aller betroffenen Verkehrskreise befriedigen, dafür sei der Informationsumfang nicht geeignet. In steuerverfahrensrechtlicher Hinsicht würde ein Informationsportal der Finanzverwaltung hilfreich sein, das die wesentlichen, gemeinnützigkeitsrechtlichen Eckdaten der Stiftung zugänglich macht. Der Spendermarkt hingegen würde von Maßnahmen wie dem Spendensiegel für Stiftungen oder einer standardisierten, adressatengerechten Offenlegungspflicht profitieren. Die nachfolgende Diskussion eröffnete Winkler mit dem Hinweis auf den enormen Kostendruck der Verwaltung, der einer Einführung von Registern entgegenstehen könnte. Dem pflichtete Nicolai bei. Hüttemann erwiderte, dass gegenüber größeren Stiftungen eine kostendeckende Gebühr erhoben werden sollte und lediglich kleinere Stiftungen von dieser verschont bleiben sollten. Dr. Gregor Roth, Bucerius Law School, Hamburg, gab zu bedenken, dass die Einführung eines Registers zu einem Selbstvollzug und damit eher zu einer Entlastung der Verwaltung führen würde. Rawert stimmte dem zu und wies auf praktische Unzulänglichkeiten des derzeitigen Vertretungsnachweises und die damit verbundenen Haftungsrisiken der Verwaltung hin. Reuter bekräftigte die Bedeutung der Transparenz und veranschaulichte die verschiedenen Dimensionen derselben. Er wies darauf hin, dass die Sicherung der Publizitätswahrheit keine einfache Aufgabe sein würde. Dem folgte Hüttemann und betonte, dass als Teil der stiftungsspezifischen Modifikationen auch die Angabe eines fair values zu berücksichtigen sei. Weitemeyer fasste die Ergebnisse der Veranstaltung zusammen und beschloss sodann das Symposium. Dirk Schauer, Doktorand an der Bucerius Law School, Bietigheim-Bissingen


Fachliteratur

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Fachliteratur Internationale Rechnungslegung von NonprofitOrganisationen Von Yasmine Bassen. Lohmar, Josef Eul Verlag, 2012. 246 S., 58,- Euro, ISBN 978-3-8441-0176-6. In ihrer 2012 abgeschlossenen Dissertation untersucht Bassen ausführlich, inwieweit und wie Non-Profit-Organisationen konkret die IFRS anwenden können. In einem allgemeinen Teil klärt die Autorin zunächst den Begriff der Non-Profit-Organisation und wie diese sich finanzieren, v.a. wer Leistungsempfänger ist und welcher Art die erbrachten Leistungen sind. Sodann stellt sie die anzuwendenden Rechnungslegungsmethoden nach IFRS dar, um dann die Besonderheiten bei einer IFRS-Anwendung durch Non-Profit-Organisationen nachzugehen. Die Arbeit bietet NPOs, die die IFRS freiwillig anwenden möchten, eine Entscheidungs- und Anwendungshilfe.

Aktuelle Besteuerungsfragen für Krankenhäuser und Krankenhausträger – Leitfaden für Krankenhausverwaltungen Von Ralf Klaßmann. Düsseldorf, Deutsche Krankenhaus Verlagsgesellschaft, 5. Aufl. 2012. 600 S., 49,50 Euro, ISBN 978-3942734-08-0. Besteuerungsfragen gewinnen für Krankenhäuser sowohl in öffentlich-rechtlicher als auch in freigemeinnütziger oder privater Trägerschaft seit einiger Zeit unverändert weiter an Bedeutung. Dies zeigt die beachtliche Anzahl von Entscheidungen der Finanzgerichte und des Europäischen Gerichtshofs einerseits und der Schreiben, Erlasse und Verfügungen der Finanzbehörden andererseits. Die Rechtslage im Krankenhausbereich hat sich in den letzten Jahren teilweise erheblich verschärft. Einrichtungen müssen up to date sein, da die Finanzverwaltungen die wirtschaftlichen Aktivitäten von Krankenhäusern mehr denn je intensiv im Rahmen von steuerlichen Außenprüfungen untersuchen. Die Neuauflage setzt sich intensiv mit aktuellen Fragestellungen insbesondere zum steuerlichen Gemeinnützigkeitsrecht, zur Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer, der Beurteilung von wirtschaftlichen Aktivitäten steuerbegünstigter Träger und mit steuerlichen Überlegungen bei der Ausgliederung einzelner Aktivitäten des Krankenhauses auseinander. Ein weiterer Schwerpunkt des Buches stellt der Bereich der Umsatzsteuer dar. Um durch gestalterische Maßnahmen eintretende oder drohende Steuerbelastungen zu vermeiden bzw. in ihrer Höhe zu minimieren, werden erste gestalterische Überlegungen aufgezeigt.

Gemeinnützige Stiftungen und Generationengerechtigkeit Von Jochen Maier. Frankfurt a.M. u.a., Peter Lang Verlag, 2012. 428 S., 74,95 Euro, ISBN 978-3-631-62451-7. Können gemeinnützige Stiftungen zu Gerechtigkeit zwischen den Generationen beitragen und wenn ja, wie? Dieser Frage geht Maier in seiner von Professor Dr. Karlheinz Muscheler, Universität Bochum, betreuten rechtspolitischen Dissertation nach. Dabei versteht Maier die Frage nach Gerechtigkeit zwischen Generationen interdisziplinär, so dass Definitions- und Folgenbeschreibungen entsprechend vielfältig sind. Die Arbeit untersucht, ob und inwieweit gemeinnützige Stiftungen

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zeitgenössische Theorien zur Generationengerechtigkeit ergänzen und weiterentwickeln können. Rechtspolitische Vorschläge werden erarbeitet und Grenzen, die insbesondere in einer möglichen Instrumentalisierung gemeinnütziger Stiftungen zu sehen sind, werden aufgezeigt. Es könne Gründe geben, warum gerade gemeinnützige Stiftungen geeignet sein könnten, zu Gerechtigkeit zwischen den Generationen beizutragen. Stiftungen wirken dauerhaft und somit generationenübergreifend zugunsten des Gemeinwohls. Aufgrund des Fehlens von Mitgliedern kommen sie auch als unabhängige Vertreter zukünftiger Generationen in Betracht. Stiftungen seien geradezu „geborene Institutionen“, um nachhaltig und gerecht im generationsübergreifenden Kontext zu wirken. Zu fordern seien daher Rahmenbedingungen, die private Initiative fördern und staatliches Handeln fordern.

Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit des ehrenamtlichen Vereinsvorstands Von Tina Purtschert. Zürcher Studien zum Privatrecht Band 232. Zürich u.a., Schulthess Verlag, 2012. 302 S., 154,- Euro, ISBN 978-3-7255-6336-4. Purtschert untersucht in ihrer von Frau Professor Dr. Claire Huguenin, LL.M., Universität Zürich, betreuten Dissertation die persönliche zivilrechtliche Verantwortlichkeit eines ehrenamtlichen (Schweizer) Vereinsvorstands. Sie stellt zunächst dar, wie Schweizer Vereine und v.a. ihre Vorstände organisiert sind, welche Rechte und Pflichten die Vorstandsmitglieder trifft, welche Verfahrensregeln gelten, wann sie ehrenamtlich tätig werden und wie die Rechtsverhältnisse zwischen den Akteuren Vorstand – Verein – Vereinsmitglied – Dritte beschaffen sind. Sodann werden die Verantwortlichkeiten in den einzelnen Rechtsverhältnissen dargestellt und untersucht. Neben prozessrechtlichen Fragen und einer Darstellung der Haftungsrisiken lotet Purtschert Möglichkeiten zur Haftungsbeschränkung und -prävention aus. Da die Rechtsform Verein in der Schweiz weit verbreitet ist, hat die Frage der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit große Relevanz. Janne Seelig, Bucerius Law School

Veranstaltungshinweise VII. Stiftungsrechtstag an der Ruhr-Universität Bochum „Zehn Jahre neues Stiftungsrecht“ Termin: Veranstalter: Ort: Kontakt:

15. Februar 2013 Lehrstuhl für Deutsche Rechtsgeschichte, Bürgerliches Recht und Handelsrecht an der Ruhr-Universität Bochum und Fundare e.V. Veranstaltungszentrum der Ruhr-Universität Bochum stiftungen@rub.de; http://www.ruhr-uni-bochum.de/ls-muscheler

14. Arbeitskreis Stiftungsprivatrecht Termin: Veranstalter: Ort: Kontakt:

14. und 15. März 2013 Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V. Bucerius Law School, Hamburg julia.theele@law-school.de; http://www.stiftungen.org


VI

npoR Heft 4/2012

Veranstaltungshinweise

13. Hamburger Tage des Stiftungs- und NonProfit-Rechts Termin: Veranstalter: Ort: Kontakt:

8. und 9. November 2013 Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen – Prof. Dr. Birgit Weitemeyer Bucerius Law School, Hamburg julia.theele@law-school.de; http://www.hamburger-tage.org

Kulturstiftungen. Gründung – Führung – Kontrolle Termin: Veranstalter: Ort: Kontakt:

23. Februar 2013 EBS Law School, Wiesbaden, in wissen- schaftlicher Kooperation mit dem Centrum für soziale Investitionen und Innovationen (CSI), Universität Heidelberg Foyer des Hessischen Staatstheaters, Wiesbaden gordon.dawirs@ebs.edu; www.ebs.edu/Kulturstiftungen

W. Rain e r Walz-Pre is 2012 Das Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-

Arbeit, welche die Grundlage für die Bewerbung bildet,

Profit-Organisationen der Bucerius Law School, Ham-

ein Lebenslauf, die gutachterlichen Beurteilungen der

burg, vergibt für das Jahr 2012 den von der Humani-

Arbeit und ggf. Nachweise der Examina beizufügen.

stischen Stiftung, Frankfurt, im Jahr 2007 gestifteten

Das Promotions- oder Habilitationsverfahren soll im

W. Rainer Walz-Preis. W. Rainer Walz hat das Institut

Jahre 2012 abgeschlossen werden.

als Direktor von 2002 an bis zu seinem Tode im Jahr 2006 zu einer führenden Forschungseinrichtung zu al-

Über die Vergabe des Preises entscheidet unter

len rechtlichen Fragen des Dritten Sektors entwickelt.

Ausschluss des Rechtsweges die Leitung gemein-

Der Preis ist bestimmt für Wissenschaftlerinnen und

sam mit dem Beirat des Instituts für Stiftungsrecht

Wissenschaftler, die im Rahmen einer Abschlussarbeit

und das Recht der Non-Profit-Organisationen. Wenn

eine bedeutende wissenschaftliche Leistung auf dem

keine geeigneten Bewerbungen eingehen, kann

Gebiet des Stiftungsrechts, des Vereins-, Genossen-

von der Vergabe des Preises abgesehen werden.

schafts-, Gemeinnützigkeitsrechts, des sonstigen Zivil-, Straf- und öffentlichen Rechts der Non-Profit-Organisa-

Bewerbungen müssen bis zum 31. März 2013 einge-

tionen sowie der Rechtsökonomie erbracht haben.

reicht werden:

Der Preis ist mit 5.000 € dotiert und wird im Rahmen der „Hamburger Tage des Stiftungs- und Non-ProfitRechts“ am 8. November 2013 vergeben. Der Preis

Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen

kann auch geteilt und an mehrere Personen verge-

Professor Dr. Birgit Weitemeyer

ben werden. Bewerberinnen und Bewerber sollten

Bucerius Law School

ein akademisches oder staat­li­ches Abschlusszeugnis

Jungius­straße 6, 20355 Hamburg

nachweisen. Selbstbewerbungen sind erwünscht. Der Bewerbung sind ein Exemplar der wissenschaftlichen


Am Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen, Direktorin Prof. Dr. Birgit Weitemeyer, ist eine halbe Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter (m/w) zum 1. Januar 2013 (oder später) zu besetzen. Zu den Aufgaben gehört die Unterstützung der Forschung auf den Gebieten des Stiftungs-, des Vereins- und des Gemeinnützigkeitsrechts sowie die redaktionelle Betreuung der vom Institut herausgegebenen Zeitschrift „npoR – Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen“. Vorausgesetzt

werden

gute

juristische

Allgemeinkenntnisse

und

Interesse

an

Fragestellungen aus dem gesamten Bereich des Non-Profit-Rechts. Einschlägige Kenntnisse müssen noch nicht ausgeprägt sein. Bewerber sollten das Erste Juristische Staatsexamen mindestens mit der Note „vollbefriedigend“ bestanden haben. Erforderlich sind im Übrigen sehr

gute

Rechtschreibkenntnisse

und

ein

gutes

Sprachgefühl,

Teamfähigkeit,

Organisationsgeschick und die Freude am Umgang mit Menschen. Die Stelle ist auf zwei Jahre befristet; eine Verlängerung ist möglich. Die Gelegenheit zur Promotion wird gegeben. Wir freuen uns auf Ihre aussagekräftige Bewerbung. Bitte richten Sie diese bis spätestens 3:. Januar 20:3 an die Bucerius Law School, Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen, Frau Professor Dr. Birgit Weitemeyer, Jungiusstraße 6, 20355 Hamburg.



npoR Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen Heft 4/2012

Impressum Geschäftsführende Herausgeberin: Prof. Dr. Birgit Weitemeyer Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen Bucerius Law School Trägergesellschaft: Hochschule für Rechtswissenschaft gemeinnützige GmbH Jungiusstraße 6 20355 Hamburg Geschäftsführer: Dr. Hariolf Wenzler, Benedikt Landgrebe (Stellvertreter) Vorsitzender des Aufsichtsrats: Prof. Dr. Michael Göring Amtsgericht Hamburg, HRB 75325 Redaktion: Redaktionelle Gesamtverantwortung: Prof. Dr. Birgit Weitemeyer Schriftleitung: Dr. Gregor Roth Redaktionsleitung: Janne Seelig Redaktion: Julian Albrecht, Clara Lienicke, Julia Theele Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen Bucerius Law School, Jungiusstraße 6, 20355 Hamburg Telefon (040) 30706 -270 Telefax (040) 30706 -275 E-Mail: Redaktion@npoR.de npoR im Internet: www.npoR.de Erscheinungsweise: Die Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen erscheint vierteljährlich als: – kostenpflichtige Druckausgabe (ISSN 1868-3770) – kostenpflichtige elektronische Druckversion (ISSN 1868-3762) – kostenlose Leseversion (ISSN 1868-3762). Bezug: Abruf der kostenlosen Onlineversion und der Ausgaben des Newsletters www.npoR.de. BLS NON PROFIT LAW NEWS unter Aufnahme in den E-Mail-Verteiler oder Abschluss eines kostenpflichtigen Abonnements: Füllen Sie unseren Bestellschein aus oder wenden Sie sich an die Redaktion. Alternativ können Sie die Druckausgabe auch über die Buchhandlung Ihres Vertrauens beziehen. Laufzeit eines Abonnements: ein Jahr, das Abonnement verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr, wenn es nicht gekündigt wird. Der kostenpflichtige Bezug eines Einzelheftes ist möglich. Kündigung: Ein kostenpflichtiges Abonnement können Sie jederzeit schriftlich mit einer Frist von 14 Tagen zum 1. eines jeden Monats kündigen. Kosten: – Druckausgabe (ISSN 1868-3770): 50,- Euro p.a. inkl. USt. zzgl. Porto und Ver sandkosten (8,- Euro p.a.) – Elektronische Druckversion (ISSN 1868-3762): 10,- Euro p.a. inkl. USt – Elektronische Leseversion (ISSN 1868-3762): kostenlos. Zahlung am Ende des Jahres per Rechnung.

ISSN 1868-3762

Urheber- und Verlagsrecht: Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Eine Vervielfältigung, Weiterverbreitung oder Speicherung ist gestattet, wenn dies nicht zu kommerziellen Zwecken erfolgt und das Institut für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen als Herausgeber unter Verweis auf die Internetpräsenz www.npoR.de gut sichtbar als Quelle erwähnt wird. Die Vervielfältigung, Weiterleitung oder Speicherung von Teilen der Zeitschrift ist verboten. Die Einbettung der Zeitschrift in eine Onlinepräsenz (Webseite) ist nur in der Form gestattet, dass durch einen Hyperlink auf die Originalquelle unter www.npoR.de verwiesen wird. Die Einbettung in einen Frame der verweisenden Webseite ist nicht gestattet. Manuskripte: Manuskripte und Zuschriften werden ausschließlich an die Redaktion erbeten. Herausgeber und Redaktion haften nicht für Manuskripte, die unverlangt eingereicht werden. Es werden nur Originalaufsätze angenommen, die ausschließlich dem Institut für Stiftungsrecht und das Recht der NonProfit-Organisationen zur Alleinverwertung in allen Medien (einschließlich Datenbanken) angeboten werden. Nach Ablauf eines Jahres kann eine Drittverwertung durch den Autor erfolgen. Das Institut hat dann ein einfaches Verwertungsrecht hinsichtlich aller Medien. Senden Sie Manuskripte bitte als Textdatei an Redaktion@npoR.de Mediadaten: Die Mediadaten stehen unter: http://www.npor.de/pdf/Mediadaten_npoR_2012.pdf zum Abruf bereit. Gestaltung: Susanne Laudien, grafikerin@laudien.net Satz: kravcov hey hoffmann werbung & design Fotos: Dr. Gregor Roth Verlag: Bucerius Law School Press, Jungiusstraße 6, 20355 Hamburg Druck der Printversion (ISSN 1868-3770): Druckhaus Humburg GmbH & Co. KG, Am Hilgeskamp 51-57, 28325 Bremen Telefon (04 21) 42798 -0, Telefax (04 21) 42798 -99 www.humburg.de druckhaus@humburg.de,


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