npoR 2012, Heft 2

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npoR Heft 2/2012

Bley/Wolff | Praxisforum

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Heide Bley und Gabriele Wolff * Betriebsaufspaltung bei der Ausgliederung von Serviceleistungen von gemeinnützigen Einrichtungen Die Betriebsaufspaltung ist ein seit langem bekanntes Rechtsinstitut im Steuerrecht. In der Besteuerung gemeinnütziger Unternehmen ist sie allerdings erst in den letzten Jahren ins Bewusstsein getreten, nachdem der Gedanke der Auslagerung von Dienstleistungen auch in diesem Kreis zunehmend umgesetzt wird. Dementsprechend klein ist die Anzahl der Autoren, die sich in der Literatur mit diesem Thema befassen; und auch die Verwaltung hat sich bisher nur in wenigen Anweisungen geäußert. In allen Beiträgen geht es vorwiegend um die Fragestellung, ob sich die Betriebsaufspaltung negativ auf die Gemeinnützigkeit als solche und auf die Mittelverwendung auswirkt. Der folgende Beitrag beschäftigt sich dagegen mit der Frage, ob in Auslagerungsfällen überhaupt von einer Betriebsaufspaltung gesprochen werden kann und ob damit steuerrechtliche Konsequenzen verbunden sind.

I. Ausgangslage Geprüft werden sollen die steuerlichen Auswirkungen, wenn ein gemeinnütziges Krankenhaus seine Küche auf eine selbständige gewerblich tätige GmbH, deren Anteile zu 100% die Krankenhausgesellschaft hält, auslagert. An die GmbH werden die notwendigen Räumlichkeiten sowie die Kücheneinrichtung vermietet. Mit den Küchenerzeugnissen wird ausschließlich das Krankenhaus beliefert.

II. Betriebsaufspaltung 1. Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung Die Betriebsaufspaltung ist ein Rechtsinstitut, das ohne Vorhandensein einer gesetzlichen Grundlage durch die Rechtsprechung entwickelt wurde.1 Im Ergebnis geht es darum, in Fällen personeller und sachlicher Verflechtung zweier selbständiger Unternehmen die Art der Einkünfte einheitlich zu beurteilen, um eine Schmälerung der Gewerbesteuer zu verhindern.2 Die Betriebsaufspaltung wird auf alle Gewinneinkunftsarten und bestimmte Überschusseinkunftsarten angewandt.3 Voraussetzung für eine Betriebsaufspaltung ist die sogenannte personelle und sachliche Verflechtung. Die personelle Verflechtung ist gegeben, wenn die Betriebsgesellschaft von einem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen getragen ist.4 Die sachliche Verflechtung liegt vor, wenn die Besitzgesellschaft der Betriebsgesellschaft wesentliche materielle oder immaterielle Wirtschaftsgüter zur Nutzung überlässt.5 Rechtsprechung und Literatur behandeln verschiedene Sachverhalte im Rahmen dieser beiden Voraussetzungen. Dies soll im Einzelnen jedoch nicht Thema des vorliegenden Beitrages sein, da beide Voraussetzungen hier unzweifelhaft gegeben sind. Die gemeinnützige Krankenhausgesellschaft ist alleinige Gesellschafterin der gewerblichen GmbH, so dass aufgrund dieser Beteiligungsidentität die personelle Verflechtung vorliegt. Die der GmbH überlassenen Wirtschaftsgüter sind für den Betrieb der GmbH unentbehrlich, so dass auch die sachliche Verflechtung erfüllt ist. Die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung liegen damit grundsätzlich vor. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Folgen der Betriebsaufspaltung auch bei gemeinnützigen Einrichtungen einschlägig sind.

2. Folgen der Betriebsaufspaltung Folge der Betriebsaufspaltung ist, dass eine ihrer Art nach nicht gewerbliche Betätigung zum Gewerbebetrieb wird.6

Die Finanzverwaltung geht auch bei gemeinnützigen Einrichtungen davon aus, dass die Grundsätze der Betriebsaufspaltung anwendbar sind und die Auslagerung von Dienstleistungen zu einer Betriebsaufspaltung führt, bei welcher die Miet- oder Pachteinkünfte aus der Bereitstellung der Krankenhausküche zu gewerblichen Einkünften aus steuerpflichtigem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb umzuqualifizieren sind.7 Dieser Ansatz setzt jedoch voraus, dass die Mieteinkünfte nicht bereits (steuerbefreiten oder steuerpflichtigen) gewerblichen Einkünften zuzuordnen sind. Dies soll in einem ersten Schritt untersucht werden. Solange das Krankenhaus die Küche selbst betrieb und damit seine Patienten belieferte, gehörten die hierfür genutzten Wirtschaftsgüter einschließlich der Räumlichkeiten zum Betriebsvermögen des Zweckbetriebs „Krankenhaus“. Bei Auslagerung dieser Tätigkeit in eine gewerbliche GmbH nimmt die Finanzverwaltung8 an, dass die Überlassung von Räumen und Inventar der Vermögensverwaltung bei der Krankenhausgesellschaft zuzuordnen ist. Diese Vermögensverwaltung führt regelmäßig zu Einnahmen gemäß § 21 EStG und setzt voraus, dass die überlassenen Vermögensgegenstände nicht gewerbliches, sondern in der Vermögensverwaltung der Krankenhausgesellschaft, genutztes Vermögen sind. Anderenfalls bleiben die Mieteinnahmen gewerbliche Einnahmen, da die Subsidiaritätsregelung des § 21 Abs. 3 EStG greift.9 Da sich die Vermögensgegenstände zuvor in dem im Rahmen der Satzungszwecke genutzten Betriebsvermögen befanden, muss daher zwischenzeitlich eine Entnahme stattgefunden haben. Von der Notwendigkeit einer Entnahme gehen auch Hüttemann10 und Thiel/Eversberg11 aus. Beide verneinen jedoch eine Entnahme in Fällen wie dem hier diskutierten, weil nach wie vor die überlassenen Wirtschaftsgüter wie zuvor den Krankenhauszwecken und damit satzungsmäßigen Zwecken dienen. Hüttemann12 begründet seine Ansicht mit der Überlassung der Gegenstände an die Dienstleistungs- GmbH als Hilfsperson, deren Tätigkeit gemäß § 57 Abs. 1 S. 2 AO der gemeinnützigen Körperschaft zugerechnet werde. Daher bleibe der bisherige Nutzungszusammenhang erhalten. Thiel/Eversberg13 argumentieren, dass sich zum einen die ∗ Heide Bley ist Partnerin, Rechtsanwältin und Steuerberaterin, Gabriele Wolff ist Rechtsanwältin und Steuerberaterin bei Schomerus & Partner, Hamburg. 1 Gluth, Herrmann/Heuer/Raupach–EStG, § 15 Rn. 770. 2 Woerner, Die Betriebsaufspaltung auf dem Prüfstand, BB 1985, 1609, 1610. 3 Gluth (Fn. 1), Rn. 774. 4 Wacker, Schmidt–EStG, 30. Aufl. 2011, § 15 Rn. 820 m.w.N. 5 Wacker (Fn. 4), § 15 Rn. 808 m.w.N. 6 Wacker (Fn. 4), § 15 Rn. 800. 7 AEAO, Nr. 3 zu § 64 AO; OFD Koblenz, Vfg. v. 7.10.2003 – S-0174 A – St 33 1. 8 OFD Koblenz, Vfg. v. 7.10.2003 – S 0174 A – St 33 1 (KStK § 5 KStG Karte H 98); OFD Frankfurt a.M., Vfg. v. 8.12.2004 – S 0186 A – 5 St II 1.03 (DStR 2005, 600; DStZ 2005, 170); Bayerisches Landesamt für Steuern, Vfg. v. 2.11.2010 – S 2729.2.1-5/2 St 31 (DB 2010, 2647; DStR 2010, 2518). 9 Kulosa, Herrmann/Heuer/Raupach–EStG, § 21 Rn. 253. 10 Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 2. Aufl. 2012, § 4 Rn. 53. 11 Thiel/Eversberg, Zur Reichweite des Gebots der zeitnahen Mittelverwendung im Gemeinnützigkeitsrecht, DB 2007, 191, 193. 12 S. Fn. 10. 13 S. Fn. 11.


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