Sessionbriefing

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ENTWIRF MIT UNS EINE STADTVISION FÜR DIE POSTWACHSTUMSÖKONOMIE1 . Informationen zur Zero City-Session 17. September 2013 im Lokaldesign, Schulterblatt 85, Beginn: 19 Uhr Willkommen in der Zero City – der Stadt, die auf Wirtschaftswachstum verzichtet und eine völlig neue Lebensqualität ermöglicht. Die auf Sparsamkeit und Selbstversorgung setzt. Die nur die Ressourcen verbraucht, die sie erwirtschaftet. Deren Bewohner ihre Besitztümer teilen und die Dinge des Alltags gemeinsam organisieren. Energie wird zu 100 % in der Stadt produziert, Nahrungsmittel auch. Mehr als 20 Stunden Erwerbsarbeitszeit sind nicht nötig. Fossile Mobilität ist passé. 20 Quadratmeter Wohnfläche pro Person sind genug. Fliegen war gestern, Urlaub wird innerhalb der Stadt gemacht, an Orten die spannender sind als so manches Fernreiseziel. Die Zero City: Eine Utopie? Oder ein unerlässliches Modell für die Stadt der Zukunft? Lote mit uns die Grenzen dieses radikalen Stadtmodells aus. Gemeinsam mit Dir wollen wir testen, wie weit man den Zero City-Gedanken treiben kann. Wir werden diese Stadt noch brauchen.

DAS PASSIERT: AM 17.9. WIRST DU ZUM ZUKUNFTSFORSCHER. Zero City ist ein kollaboratives Forschungsprojekt. Gemeinsam mit Dir und vielen anderen wollen wir herausfinden, ob man die Idee einer Stadt, die nicht mehr auf ökonomisches Wachstum setzt, tatsächlich umsetzen könnte. Auf der Session am 17.9. werden wir anhand drei möglicher Modelle einer Zero City versuchen, uns gemeinsam das Leben in der Zero City auszumalen. Wir wollen wissen, was man alles innerhalb einer Zero City organisieren und herstellen kann – Produkte, Dienstleistungen, soziales Miteinander. Denn das ist eine Grundidee der Zero City: so viel wie möglich selber zu erzeugen, ohne die Umwelt zu belasten. Dabei werden wir auch herausfinden, worauf wir in einer Zero City verzichten müssen. Und worauf wir auf keinen Fall verzichten wollen. Das wird uns die Grenzen der Zero-City-Idee zeigen. Und woran wir weiter arbeiten müssen, um die Idee umsetzbar zu machen. 1

Mehr zur Postwachstumsökonomie auf Seite 7 1


Du wirst Teil einer breiten Debatte Lass Deine Beiträge zur Zero City in die Welt ziehen. Was wir gemeinsam auf der Session erarbeiten, wird am 28. September im Rahmen des .vernetzt#-Fortschritts-Camp der ZEITStiftung auf Kampnagel ausgestellt – und später auch an anderen Orten. Die Ergebnisse sind außerdem Grundlage für die weitere Forschung zur Zero City. Und es ist geplant, die Ergebnisse zu publizieren, um eine breite Debatte auszulösen und noch mehr Menschen zu begeistern, an der Idee der Zero City mitzuarbeiten. Denn wir stehen erst am Anfang. Bis die Idee der Zero City trägt, ist noch viel zu tun. Du kannst mithelfen, diese Stadtvision zum Leben zu erwecken. Denn wie gesagt: Wir werden diese Stadt noch brauchen.

SO WOLLEN WIR MIT DIR ARBEITEN 1. Das Ziel: die Grenzen des Modells ausloten. Und es damit stabilisieren. Wie weit kann das Konzept der Zero City gehen? Wie viel Selbstversorgung ist möglich? Wie viel Sparsamkeit? Was sind die Grenzen des Konzepts? Wie muss das Konzept weitergedacht werden? Diese Fragen wollen wir mit Dir lösen, um den weiteren Forschungs- und Debattenbedarf zur Zero City zu identifizieren. 2. Die Methode: Rollen einnehmen, Aufgaben lösen Auf der Session bitten wir Dich, gemeinsam mit anderen Mitstreitern nacheinander unterschiedliche Rollen einzunehmen und bestimmte Aufgaben unter den Grundbedingungen der Zero City zu lösen. Zum Beispiel sollst Du als Müllversorger klären, welcher Müll überhaupt noch anfallen darf und wie Du den Rest so weit wie möglich wieder verwertest. Oder Du bist Nahrungsmittelkoordinator und sollst bestimmen, wo innerhalb der Zero City welche Lebensmittel hergestellt werden können – und wie Du Nahrungsmittel ersetzt, die nicht vor Ort hergestellt werden können. Nicht jede Gruppe muss alle Aufgaben lösen. Es geht nur, was in den drei Workshop-Stunden möglich ist. Versucht einfach, so viele Aufgaben wie möglich zu lösen. Eine Liste der Aufgaben findest Du im Anhang. Wenn Du willst, kannst Du Dich schon mal auf die Aufgaben am Dienstag vorbereiten. Wenn Du bis Dienstag Zeit hast, kannst Du auch überlegen, ob vielleicht eine Aufgabe fehlt. Bring die Aufgabe am Dienstag einfach mit oder schreib uns: session@nexthamburg.de. 2


3. Drei Modelle, drei unterschiedliche Rahmenbedingungen Da die Struktur einer Stadt maßgeblich darüber entscheidet, wie gut sich neue Formen sozialer Innovationen entfalten können, wollen wir Zero City anhand von drei sehr unterschiedlichen Strukturmodellen testen: Cell, Tree und Monolith. Jedes Modell steht für unterschiedliche Organisationsprinzipien von Stadt. Jede Gruppe wird einem der drei Modelle zugeordnet. Dadurch musst Du versuchen, die Aufgaben in „Deiner“ spezifischen Struktur zu lösen. Wir wollen damit herausfinden, ob es bestimmte räumliche Strukturen gibt, die eine Zero City fördern oder behindern. Und wir wollen Dir mit den Modellen helfen, dass Du Dir die Zero City besser vorstellen kannst. Hier ein kleiner Ausblick auf die drei Modelle. The Cell: Eine Struktur, die sich in vielen kleinen Zellen wie ein Schwarm in die Zwischenräume der Stadt legt. Jede Zelle ist ein Dorf für sich. Alle stehen im Austausch miteinander. Und die meisten sind spezialisiert: auf Produktion, auf Kultur oder was die Menschen sonst so brauchen. The Cell ist eine extrem flexible und anpassungsfähige Form der Zero City.

The Tree: Eine Stadtstruktur, die in die Höhe wächst und mitten in den alten Stadtstrukturen stehen kann. Eine extrem konzentrierte und effiziente Form der Zero City. Entlang eines Stamms erstreckt The Tree sich Schicht um Schicht, hunderte Meter hoch. Jede Schicht ein Dorf. Unten Arbeiten, oben Wohnen und Kultur. Oder umgekehrt. Oder alles gemischt.

The Monolith: Eine Struktur, die wie ein Felsen in ihrer Umgebung steht. Eine extrem unabhängige, auf sich selbst bezogene Form der Zero City. Der Monolith braucht nur wenig Austausch mit seiner Umwelt. Er will nicht wachsen, sich nicht vernetzen. Eine Stadt, die auch in der Wüste überleben könnte. Oder wenn unsere Städte drumherum zu Wüsten werden.

Wir freuen uns auf Dich und hoffen auf viele Ideen und Beiträge. Bis Dienstag! Deine Nexthamburg Redaktion. 3


ANHANG 1: DIE AUFGABEN Für die Lösung der Aufgaben gelten zwei Grundregeln: 1) Realisiere so viel wie möglich innerhalb der Zero City! 2) Spare wo Du kannst: Energie, Dinge, Raum, Ballast!

Stell Dir vor … … Du bist der Wohnungsanbieter in der Zero City. Wie würdest Du Anreize setzen, um Wohnfläche zu sparen? Wie realisierst Du unterschiedliche Wohnwünsche in der Zero City? Alles durcheinander oder jeder säuberlich getrennt? Wie viel Individualität ist noch möglich? … Du bist der Müllentsorger der Zero City. Welchen Müll sollten die Bürger vermeiden? Wie und wo entsorgst Du den Müll innerhalb der Stadt? Wie kannst Du aus dem Müll Energie erzeugen? … Du bist das Wasserwerk der Zero City. Wie würdest Du die Abwässer entsorgen und reinigen? Woher würden die Menschen ihr Frischwasser gewinnen? … Du bist die Nahrungsmittelkoordinatorin2 der Zero City. Wie stellst Du die Versorgung der Menschen sicher? Welche Nahrungsmittel wirst Du produzieren? Welche nicht? Stehen Fleisch, Käse und Bier noch auf dem Speiseplan? Wie beziehst Du die Menschen in die Nahrungsproduktion ein? … Du bist der Kommunkationsanbieter der Zero City. Welche Kommunikationsgeräte werden in der Zero City noch möglich sein? Wird es noch das Internet geben? Brauchen wir Telefone? Oder werden wir uns ganz anders vernetzen? … Du bist der Verkehrsbetrieb der Zero City. Gibt es einen öffentlichen Nahverkehr? Wenn ja: wie sieht er aus? Welche privaten Fahrzeuge braucht eine Zero City darüber hinaus? Und welchen Fernverkehr? … Du bist das Kaufhaus der Zero City. Tische, Schränke, Betten: Wo und wie werden diese Gegenstände in der Stadt hergestellt? Elektrogeräte, ein gut gefüllter Kleiderschrank oder das Smartphone: Worauf müssen Deine Kunden verzichten? … Du bist Urlaubsanbieter in der Zero City. Welche Destinationen bietest Du innerhalb der Zero City an: Baggersee oder Hochhausdach? Wie kommt man dahin? Auf welche Urlaubsfreuden müssen die Bürger verzichten? … Du bist für den Sport in der Zero City verantwortlich. Welche Sportangebote gibt es in der Stadt? Klettern an der Hauswand oder Segeln im Regenwasserbecken? … Du koordinierst die Kultur der Zero City Welche Kulturangebote und -orte gibt es? Wo finden Oper, Konzerte, Theater, Streetart und Co. statt?

2 wir haben die Geschlechter bunt den Rollen zugeordnet, um beiden gerecht zu werden. Die Zuordnung hat keinen tieferen Sinn.

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… Du bist die Bank der Stadt. Wie regelst Du den Austausch von Waren und Dienstleistungen? Gibt es eine Regionalwährung? … Du sorgst für Beschäftigung in der Zero City. Welche Arbeit wird überflüssig, welche wird nachgefragter? Gibt es noch große Firmen – und wenn ja, wofür? Welches Verhältnis von Erwerbsarbeit und nicht bezahlten Tätigkeiten strebst Du an? … Du bist Schuldirektorin in der Zero City. Wie sieht der Lehrplan aus? Gibt es weiter geschlossene Schulen oder verteilt sich die Schule an unterschiedliche Orte der Zero City? … Du bist für das Zusammenleben der Kulturen verantwortlich. Wie bunt kann die Zero City sein? Wie organisieren sich unterschiedliche Kulturen räumlich? Braucht es Rückzugsorte? Orte für religiöse Praktiken? Wo und wie treffen die Kulturen aufeinander? … Du bist Bürgermeisterin der Zero City. Setzt Du auf Partizipation oder zentralistische Planung? Wer bestimmt die Weiterentwicklung der Stadt mit? … Du bist Außenministerin der Zero City. Wie verhält sich der Rest der Stadt zur Zero City? Welchen sozialen, politischen und materiellen Austausch gibt es? Oder ist Deine Zero City völlig losgelöst? … Du bist der Sicherheitsbeauftragte der Zero City. Mit welcher Art von Kriminalität rechnest Du – von außen und von innen? Wie gehst Du damit um? Welche Katastrophen könnten von außen auf die Zero City einwirken und wie machst Du sie fit dafür? Am Ende die „goldene Frage“. Stell Dir vor, Du sitzt im Rat der Stadt. Gib ihr eine Verfassung mit maximal 10 Artikeln.

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ANHANG 2: WAS BITTE IST POSTWACHSTUMSÖKONOMIE? Nichts kann ewig wachsen, Kein Baum, kein Tier, keine Stadt, keine Ökonomie. Der Raum auf diesem Planeten ist begrenzt, die Ressourcen sind es auch. Und so ist es auch das Wirtschaftswachstum. Was passiert, wenn die Wirtschaft nicht mehr wächst? Bricht alles zusammen? Oder eröffnen sich neue Spielräume für eine Gesellschaft jenseits des ökonomischen Verwertungsdrucks? Die Grundthese: Das Ende des Wachstums ist eine Zwangsläufigkeit. Was wie ein idealistischer Traum klingt, kann bittere Notwendigkeit werden. Denn jedes Wachstum geschieht auf Kosten Anderer oder unserer Umwelt. Die Grundthese der Postwachstumsökonomie3 ist einfach: In einer überbevölkerten Welt bleibt uns kein anderer Weg, als vom Gedanken des immer währenden Wachstums Abstand zu nehmen. Solange wir der Umwelt und der Gesellschaft mehr entnehmen, als wir ihnen wieder zuführen, beuten wir beide aus. Auch wenn wir weiter auf Wachstum setzen, wird das Ende des Wachstums, das der Club of Rome schon 1972 beschrieben hat, irgendwann zwangsläufig kommen – so sagen es die Vertreter der Postwachstumsökonomie. Ist es nicht besser, sich frühzeitig Gedanken zu machen, wie man eine solche Postwachstumswelt organisiert? Wie sich unsere Städte verändern müssen, um in einer Zeit ohne Wirtschaftswachstum zurecht zu kommen? Die Grundprinzipien: Suffizienz und Subsistenz. Die Grundprinzipien einer Postwachstumsökonomie sind überschaubar, aber weitreichend. Erstens geht es um Suffizienz, also das Sparen. Worauf können wir verzichten? Was sind Bedürfnisse, was Begierden? Wie können wir echte Bedürfnisse sparsamer realisieren? Zweitens geht es um Subsistenz, also Selbsversorgung. Was können wir selber herstellen? In welchen Bereichen können wir konsequent auf lokale und regionale Wirtschaftskreisläufe setzen? Das stellt besonders unsere Städte vor eine große Umbau-Augabe. Denn sie sind auf Wachstum gegründet und mehr denn je in globale Netze und Stoffkreisläufe eingebunden. Wie weit kann man das zurückdrehen? Das möchte das Zero CityProjekt in einer öffentlichen Diskussion herausfinden. Auf Wachstum verzichten kann heißen: Mehr Lebensqualität Vor allem aber sind wir alle gefragt: Wir müssen einen Lebensstil erproben, der auf Suffizienz und Subsistenz setzt. Wir müssen also weniger bzw. anders konsumieren und mehr selber oder gemeinsam mit anderen machen – produzieren, uns bewegen, Arbeit organisieren. Was wie ein Verlust klingen mag, ist auch eine riesige Chance. Denn viele leiden unter den Zumutungen einer Ökonomie, die zum stetigen Wachstum gezwungen zu sein scheint. Eine Zero City ist sicher keine „bessere Welt“. Sie bietet aber die Chance auf einen Lebensstil, der sich nicht an der ökonomischen Effizienz und Nutzenmaximierung orientiert – ein unübersehbarer Wunsch vieler Menschen. Die Stadt als Labor der Postwachstumsökonomie Bei der Frage, wie eine Postwachstumsökonomie funktionieren kann, spielen Städte eine zentrale Rolle, denn in ihnen konzentrieren sich die Menschen, die Aktivitäten und die dafür notwendige Infrastruktur. Mit dem Forschungsprojekt Zero City wollen wir der Frage nachgehen, wie sich die Postwachstumsökonomie in einer Stadt organisieren lässt. Die Null im Titel steht für null Wirtschaftswachstum und null Ressourcenextraktion. Die Grundannahmen einer Zero City lauten: Alles, was man im Alltag braucht, muss innerhalb der Stadt bereitgestellt werden. Und was man nicht bereitstellen kann, muss gespart werden.

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Mehr Informationen: http://www.postwachstumsoekonomie.de 6


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