Schaufenster Kultur.Region Juni 2013

Page 1

Nachrichten aus der Kultur.Region Niederösterreich . Juni 2013

schaufenster

Kultur.Region Thema: Gehen Madeira / Haus der Regionen . Bibelgarten / Museumsdorf Niedersulz

P.b.b. · Vertragsnummer 11Z038847 M · Erscheinungsort: 3452 Atzenbrugg · Verlagspostamt: 3451 Michelhausen · DVR: 0933 295

Jazz we can / Musikschulen


WIEN NORD

e N r o V h c a N aueNS.. a h d N c SWir SchaffreeN.

hnen ückzule ich zur ber s m u , l lie nlass ten. Vie öner A iele ein sch genes zu rich en uns auf v t is m u n äu e a il g fr r b e d Ju n Ein ft un au f V Ihne Zukun m mit n Blick und de ir aber in die wir gemeinsa en. w n ehm blicken hre in dene h vorn e Ja Sie sic weiter haffen, was sc all das

h a J 0 Seit 9

www.noevers.at


Editorial / 3

Allerlei Wege

Immer weiter gehen! Gehen als einfache und für den Menschen elementare Form der Fortbewegung wird in vielen Zusammenhängen und Bedeutungen verstanden. Weiterkommen und Neues kennen zu lernen, lautet die Devise.

Gemeinsam gehen schafft Vertrauen. Das miteinander Gehen, so wie es bei einer noch jungen Liebesbeziehung heißt, bringt wohl sehr intensive Zeiten, doch erst der gemeinsam und Schritt für Schritt gegangene Lebensweg mag fest verbinden: sicher und beinahe schlafwandlerisch unterwegs mit einer mehr oder weniger klaren Orientierung. Der Begriff Gehen eignet sich bestens zur Metapher, gehen wird in vielen Zusammenhängen und Bedeutungen verstanden. So geht manch einer entlang eingefahrener Geleise während andere gern neue Wege ausprobieren. Anerkennung genießen jene, die einen geraden Weg gehen, verpönt dagegen sind Seitensprünge und das Einschlagen krummer Touren. Manch einer bewegt sich unfreiwillig im Kreis, nicht selten führt aber ein Umweg zum Ziel. Vor dem Hintergrund dynamischer Ent-

wicklungen wird Stillstand schlichtweg als Rückschritt bezeichnet. Auf einem Schleichweg zu gehen bedeutet all jene zu überholen, die auf ausgetretenen Pfaden wandeln. Jemandem ein Haxl zu stellen gilt als Gemeinheit, Hilfe gebührt dagegen all jenen, die beim Gehen über ein Hindernis stolpern. Das Gehen steht also im Zentrum der aktuellen Ausgabe unseres Magazins „Schaufenster Kultur.Region“: vom Wandern durch idyllisch wirkende Landschaften bis zum Spazieren durch Gärten und Parks, vom Ausrücken im Gleichschritt der Blasmusik bis zum Pilgern hoch zu Ross, von den Handelsreisen der früheren Ölträger, Bandlkramer und Rastlbinder bis zu touristischen Ausflügen, ob entlang des beeindruckenden Welterbesteigs Wachau oder zum Weltgarten Madeira inmitten des Atlantiks. Schuhe und Stöcke dienen bei all den Fortbewe-

gungsarten als unspektakuläre, aber notwendige und hilfreiche Begleiter. Nicht zuletzt erscheint das Gehen als die dem menschlichen Wesen adäquateste Form der Fortbewegung, andernfalls wir – einer pointierten Binsenweisheit folgend – mit Rädern anstelle von Füßen auf die Welt kämen. Erst Füße und Beine ermöglichen es zu laufen, rennen, schreiten, schleichen, spazieren, promenieren, flanieren, stolzieren, wandern, hüpfen, kraxeln oder schlicht und einfach zu gehen. Jeder Schritt beim Gehen am Weg der Erkenntnis kann uns dabei ein gutes Stück weiterbringen. Dorli Draxler, Edgar Niemeczek

MusikSCHUL management KULTUR . REGION NIEDERÖSTERREICH

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013


Top-Termine / 4

Juni 2013

Foto: Gerald Lechner

TOP-TERMINE

SPIELEFEST —————————————————— So, 2. 6. 2013, 13.00–18.00 Uhr Museumsdorf Niedersulz —————————————————— Unter dem Motto „Kinderspiele im ganzen Dorf“ steht das Museumsdorf an diesem Nachmittag ganz im Zeichen der Kinder. Alte, teilweise vergessene Kinderspiele von früher wie Kasten- oder Tempelhüpfen, Zehnerln, Blinde Kuh, Der Kaiser schickt Soldaten aus oder einfach nur Sackhüpfen etc. können ausprobiert und gespielt werden. Bei der großen Spielwiese von „Müllers Freunde“ können Kinder auf Stelzen gehen oder jonglieren. Und im „SpielSalon“ sind schnelle Reaktion und ein kluger Kopf gefragt. Am „Lebenden Bauernhof“ können die zwei Zwergschweine Pondeli und Patek und alle anderen Bauernhoftiere wie Schafe, Ziegen, Hasen, Hühner, Gänse etc. besucht werden. Ein spannender Tag für Kinder und Eltern abseits von Computer und Fernseher im historischen Ambiente des Museumsdorfes Niedersulz. —————— Information Museumsdorf Niedersulz 2224 Niedersulz Tel. 02534 333 www.museumsdorf.at

Das groSSe Land DIE BESTEN DER BESTEN —————————————————— Di, 18. 6. 2013, 18.00 Uhr Bundespreisträgerkonzert „prima la musica“ ORF NÖ Landesstudio —————————————————— Der Musikwettbewerb „prima la musica“ wird jährlich auf Landes- und Bundesebene ausgetragen. Die niederösterreichischen Talente wurden bereits im März gekürt, nun traten die besten unter ihnen beim Bundeswettbewerb in Sterzing/Südtirol in den bundesländerweiten Wettstreit. Dabei präsentierten sie sich in Hochform und kehrten mit zahlreichen Preisen und Auszeichnungen zurück. Beim Bundespreisträgerkonzert im ORF NÖ Landesstudio geben die niederösterreichischen Bundespreisträger noch einmal eine Kostprobe ihres Könnens. Das Konzert wird vom ORF aufgezeichnet und auf Radio NÖ ausgestrahlt. —————— Information Musikschulmanagement Niederösterreich www.musikschulmanagement.at

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

—————————————————— Sa, 1. 6. 2013, 20.15 Uhr, ORF 2 Klingendes Österreich —————————————————— Seit 1986 präsentiert der Moderator Sepp Forcher die schönsten Fleckchen Österreichs mit ihren kulturellen Besonderheiten in seiner Sendung „Klingendes Österreich“. Als besonderer Drehort diente das Museumsdorf Niedersulz, das größte Freilichtmuseum Niederösterreichs. Vor dieser prächtigen Kulisse gaben das Zistersdorfer Terzett und die Weinviertler Mährischen Musikanten Kostproben aus dem reichen niederösterreichischen Liederschatz. Die Sendung Klingendes Österreich „Das große Land – Zwischen Riesenrad und Kellergassen“ wird am Samstag, 1. Juni 2013 um 20.15 Uhr in ORF 2 ausgestrahlt. Mitwirkende: Neue Wiener Concert Schrammeln, Cornelia Mayer, Ö-Streich, Singkreis Matzen, Weinviertler Mährische Musikanten, Zistersdorfer Terzett, Tonkünstlerorchester Niederösterreich, Klangvierterl, Musikverein FeuersbrunnWagram.


Inhalt / 5

Juni 2013

INHALT Spazierengehen Landschaftsparks

6 /

——————

Nachlese aufhOHRchen

9 /

in Gloggnitz ——————

Haus der Regionen Madeira

10 /

——————

Chorszene Der Projektchor

13 /

Mostviertel Orchesterluft

22 /

——————

Mostviertel Weisenblasen & Volksmusik

23 /

——————

Thema: Gehen Wandern in der Wachau

24 /

——————

Industrieviertel Leopoldiritt

26 /

——————

——————

Musikschulen Porträt Alois Aichberger

Industrieviertel Almwanderung & Tracht

14 /

——————

Musikschulen Podium.Jazz

15 /

——————

Thema: Gehen Musik in Bewegung

16 /

——————

Waldviertel Sportlerchor Pöggstall

17 /

——————

Thema: Gehen Entlaufen und Flanieren

18 /

28 /

——————

Weinviertel Mehr als Idylle

29 /

——————

Auslage Bücher, CDs & feine Ware

30 /

——————

——————

Museum St. Peter in der Au Carl Zeller

38 /

——————

Museum Hernstein Die Pecher

40 /

——————

Viertelfestival Brandungszonen

42 /

——————

44 /

——————

Museum Schloss Greillenstein Spielen & Verspielen

45 /

——————

Thema: Gehen Geschichte des Stocks

46 /

——————

Kultur.Region Intern

Museum für Volkskunde

—————— Thema: Gehen

34 / Wiener Typen

——————

Museumsdorf Niedersulz Schusterwerkstatt

36 /

Museum Großschönau Sonnenwelt

32 /

——————

Kultur.Region Fortbildung

Weinviertel Geschichten & Sagen

37 /

Forschung Österreichisches

——————

20 /

Museumsdorf Niedersulz Der Bibelgarten

48 /

——————

49 /

——————

——————

50 / Die letzte Seite

——————

IMPRESSUM Herausgeber: Dr. Edgar Niemeczek, Dorothea Draxler. Chefredakteurin: Mella Waldstein. Redaktionsteam: Karin Graf, MA, Mag. Michaela Hahn, Mag. Katharina Heger, Mag. Marion Helmhart, Mag. Andreas Teufl, DI Claudia Lueger, Dr. Freya Martin, Dr. Veronika Plöckinger-Walenta, Mag. Ulrike Vitovec, Mag. Anita Winterer, Mag. Eva Zeindl, Michaela Zettl, Mag. Doris Zizala. Mitarbeiter dieser Ausgabe: Mag. Doris Buchmann, Mag. Gabriele Burian, Sabine Daxberger, Ing. Thomas Gnedt, Mag. Thomas Hofmann, Mag. Birgit Johler, Johann Leitner, Mag. Magdalena Puchberger, Dr. Helga Maria Wolf. Produktionsleitung, Marketing, Anzeigen und Beilagen: Mag. Marion Helmhart. Eigentümer/Medieninhaber: Volkskultur Niederösterreich GmbH, 3452 Atzenbrugg, Schlossplatz 1, FN 308711m, LG St. Pölten. Tel. 02275 4660, office@volkskulturnoe.at, www.volkskulturnoe.at. Geschäftsführung: Dorothea Draxler, Dr. Edgar Niemeczek. Sekretariat: Petra Hofstätter, Tina Schmid. Grafik/Layout: Atelier Olschinsky Grafik und Design GmbH, 1060 Wien. Druck: good friends Druck- und Werbeagentur GmbH. Verlagspostamt: 3451 Michelhausen. Versandpostamt: Postamt 3112 St. Pölten. ISSN 1680-3434. Copyrights: Kultur.Region.Niederösterreich GmbH, 3452 Atzenbrugg. Artikelübernahme nur nach Vereinbarung mit dem Herausgeber. Fotos: Wenn nicht anders angegeben, Bildarchiv der Volkskultur Niederösterreich GmbH. Ziel der Zeitung: Information und Berichterstattung über Kunst und Kultur und ihre gesellschaftlichen Bedingtheiten mit besonderer Berücksichtigung der Regionalkultur im Bundesland Niederösterreich, Beiträge aus Wissenschaft und Praxis, Ankündigungen und Hinweise. Alle in der Zeitschrift verwendeten Begriffe, Personen- und Funktionsbezeichnungen beziehen sich ungeachtet ihrer grammatikalischen Form selbstverständlich in gleicher Weise auf Frauen und Männer. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers und der Redaktion widerspiegeln. Cover: Gregor Semrad, Weißenkirchen in der Wachau.

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013


Unterwegs in Österreich / 6

Landschaftsparks

GRÜNE SALONS In englischen Landschaftsparks wurde die aus den Korsetten des Barock „befreite“ Natur inszeniert. „Unterwegs in Österreich“ spazierte durch die Parklandschaften von Schönau an der Triesting und den Schlossparks von Ernstbrunn, Artstetten und Grafenegg.

Schlosspark Greillenstein, Waldviertel.

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013


Unterwegs in Österreich / 7

Harrach’scher Schlosspark in Bruck an der Leitha.

Wer den heute im Privatbesitz befindlichen Schlosspark von Schönau an der Triesting im südlichen Niederösterreich besuchen kann, dem steht eine Reise in die Unterwelt bevor. Ein runder Hügel nahe einem Wasserlauf in dem Landschaftspark verrät, dass sich darunter Außergewöhnliches befindet. Eine Grotte, die seit Jahrhunderten auch als Tempel der Nacht bekannt ist. Niemand Geringerer als der große Theaterimpresario Baron Peter von Braun – er war unter anderem Wiener Burgtheatervizedirektor – hat Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts im Schloss gelebt und das Anwesen mit der Errichtung dieses Tempels zu einem ganz besonderen Ort gemacht. Heute würde man von einem Erlebnispark sprechen. Der geradezu barock anmutende Erlebnispark seiner Zeit bestand aus mit massiven Steinen errichteten und mit Fackeln ausgeleuchteten Räumen, durch die Führer die Besucher geleiteten. Um zum Eingang zu gelangen, musste man mit einem Boot den Teich übersetzen. Tafeln mit fluoreszierender Schrift erinnerten den Besucher daran, dass der Gang durch die Grotte mit dem Leben an sich vergleichbar sei: mal dunkel, mal hell, mal auf und ab, mal gewunden. Man wurde mit künstlich errichteten Wasserfällen überrascht, mit dem Bad der Diana, einem Raum, der geflutet war wie ein Wasserbecken, mit Düften und Geräuschkulissen, nicht zuletzt mit einem Flötenspiel. Namhafte Künstler wie Salieri oder Cheru-

bini komponierten extra dafür. Der Höhepunkt aber war der Tempel selbst, ein runder, großer Raum getragen von Säulen und einer riesigen Kuppel mit Sternen und einem Mond, der sich bewegte, und einem großen Gespann der Königin der Nacht. Freimaurersymbole waren allerorts zu finden. Der Eindruck auf die Besucher muss, so erzählen es Beschreibungen, gewaltig gewesen sein. Das große Spektakel des Tempels der Nacht ist heute nur noch auf alten Darstellungen nachvollziehbar. Das Kulturdenkmal selbst ist aber, bis auf die Kuppel und die Einrichtung, noch relativ unversehrt, und wird vom heutigen Besitzer behutsam erhalten und gesichert. Ein einzigartiger Schatz.

Schäferidyll Die Filmdokumentation aus dem ORF Landesstudio Niederösterreich begibt sich für die Sendereihe „Unterwegs in Österreich“ auf die Spur von ausgewählten Landschaftsparks in Niederösterreich und ihren Besonderheiten. Allen gemein ist den Landschaftsparks des 19. Jahrhunderts, egal ob sie barocke Vorläufer haben oder nicht, die Philosophie, sich der Natur zuzuwenden. Die Natur zu gestalten, sie aber auch werden und sein zu lassen. Das Gedankengut der Aufklärung, eine neue Freiheit ist zu spüren – auch wenn diese Landschaftsparks durchaus geplant sind. Vielfach gehen sie in großen Wald-

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

besitz über. Wie im Schloss Ernstbrunn im Weinviertel, wo man heute ja auch auf den Wildpark trifft. Dort aber findet sich wieder ein Beispiel für die Idee des Landschaftsparks mit seinen Wurzeln im englischen Landschaftsgarten. In Tempelform wurde dort eine Quelle eingefasst, ein kleines romantisches Gebäude, im Wildpark ist es noch zu sehen. Solche Denkmale finden sich im ganzen Areal. Sichtachsen zum mächtigen Schloss Ernstbrunn gab es. Und den so genannten Semmelberg, der auch beweidet wurde. Denn das Beweiden, etwa mit Schafen, gehörte zur Vorstellung eines Landschaftsparks, die von einer befreiten, aber doch noch zähmbaren Natur ausging. Romantisierend wurden die Antike oder andere Epochen zum Vorbild genommen, um etwa künstliche Ruinen in den Landschaftsparks zu errichten. Fürst Johann I. von Liechtenstein ist dafür im 19. Jahrhundert ein Paradebeispiel; seine Hinterlassenschaften wie das Amphitheater in Maria Enzersdorf, nahe der Burg Liechtenstein, die Pfefferbüchsl genannten Ruinenreste oder die kleine, auf einem mittelgroßen Felsen gebaute Ruine Rauchkogel zeugen davon.

Wasserläufe Wasser war ein beliebtes Element in den Landschaftsparks des 19. Jahrhunderts. Der Harrach’sche Schlosspark in Bruck an der Leitha bezeugt dies heute noch. Durchzogen


Unterwegs in Österreich / 8

Wirtschaftsgärten der barocken Gartenanlage Schloss Hof.

Harrach’scher Schlosspark: Schäferidylle gehörte zum Konzept eines Landschaftsgartens.

von den Wasserläufen der Leitha, die man einst anlegte, ist er verwunschen, idyllisch und heute ein öffentliches Naherholungsgebiet in Gemeindebesitz. Einst fuhr man hier mit dem Boot, heute verlocken auch seltene, alte Bäume, die man bei Parkführungen kennenlernen kann. Auch die Bäume im Schlosspark von Grafenegg sind Besonderheiten. Riesengroße Platanengruppen, alte Ginkos, Linden und viele andere bezaubern.

Im Schlosspark von Artstetten wiederum wird österreichische Geschichte lebendig. Der in Sarajevo ermordete Thronfolger Franz Ferdinand war ein ausgesprochener Pflanzenliebhaber, der die Gartenarbeit gerne selbst überwachte. Die Telegramme, die von ihm ans Schloss und retour gingen, belegen das. Und es gibt zahlreiche solcher Dokumente, die berichten, wie das Wetter beim Pflanzen war und welche Bäume schon eingesetzt wurden.

Der Spaziergang im Schlosspark von Grafenegg wird ebenfalls zu einer Reise in die Vergangenheit, dorthin, wo sich im historischen Goldfischteich das Schloss spiegelt – und wo ein kleines Denkmal berührt: das Hundegrab, in dem die vierbeinigen Lieblinge der Fürstenfamilie Metternich ihre letzte Ruhestätte fanden. Der Schlosspark von Grafenegg zeigt aber auch, wie der Landschaftspark heutigen Zeiten angepasst werden konnte, mit neuer Architektur wie dem markanten Wolkenturm als Konzertort.

Heute noch ist der Park von Franz Ferdinand und seinem Vater Erzherzog Karl Ludwig geprägt: mit einem alten Swimmingpool, einem Gartenpavillon, einer wunderbaren Kastanienallee und vielem mehr. Liebevoll werden der Park und das Gedenken an Franz Ferdinand von seinen Nachkommen im Schloss Artstetten hochgehalten. Für Besucher des Museums und des Parks die Gelegenheit zu einer Reise in eine andere Welt.

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

Der Wolkenturm im Schlosspark Grafenegg.

Wie man diese Landschaftsparks in Niederösterreich heute erhält, welchen Stellenwert sie haben und was sie einzigartig macht, das erkundete das Team des ORF Landesstudio NÖ für eine Dokumentation in der Serie „Unterwegs in Österreich“ am 15. Juni 2013 um 16.30 Uhr in ORF 2. / Text: Sabine Daxberger Fotos: Natur im Garten/Alexander Haiden

UNTERWEGS IN ÖSTERREICH

——————————————————— Sa, 15. 6. 2013, 16.30 Uhr, ORF 2 Landschaftsparks in Niederösterreich ORF Landesstudio NÖ Gestaltung: Sabine Daxberger Kamera: Helmut Muttenthaler


aufhOHRchen 2013 / 9

Rückblick

Alles Volksmusik

1.000 Mitwirkende, 70 Volksmusik- und Gesangsensembles in 21 Teilveranstaltungen an mehr als 25 Spielorten hüllten Gloggnitz in eine Klangwolke. Von schräg bis traditionell, von Tanz bis Musik, vom Symposium bis zu Schulprojekten – das Festival aufhOHRchen bot für jeden Gast und jeden Geschmack das richtige Programm.

Fotos: Volkskultur Niederösterreich / atelier olschinsky / Helmut Lackinger

400 Kindergartenkinder und Schüler präsentierten Lieder, Tänze und Stückeln bei aufhOHRchen. Im Rahmen des „klingenden Gloggnitzer Wochenmarkts“ tanzten die Kinder der Musikschule der Stadtgemeinde Gloggnitz.

Kleiner Star bei aufhOHRchen 2013: Nico Marsoun alias ZiachnRocker. Der neunjährige Reichenauer wird im Hans-Lanner-Regionalmusikschulverband unterrichtet. Auf seiner „Steirischen“ spielt er Volks- und Rockmusik.

Ein Höhepunkt des Festivals: das Konzert „Alles Volksmusik“ mit dem Oberkrainer-Fan-Quintett mit Gitti, Heidi und Peter und den virtuosen Tanzgeigern – eine gekonnte Verbindung von slowenischem Oberkrainer-Sound mit österreichischer Volksmusik.

Beim Symposium „Oben drüber – unten durch“ wurde über den Semmering-Basistunnel referiert und gemeinsam diskutiert. 1. Reihe v.l.n.r. Kulturstadtrat Walter Zwarnig, Theres Friewald-Hofbauer, Club Niederösterreich, Dorli Draxler, Volkskultur Niederösterreich, Mag. Astrid Brandstetter, BH Neunkirchen, Bürgermeisterin Irene Gölles, Dr. Bruno Maldoner, BMUKK. 2. Reihe v.l.n.r. DI Dieter Haas, ÖBB-Infrastruktur AG, Mag. Stefan Bauer, Niederösterreich Werbung, LAbg Hermann Hauer, ao. Univ.-Prof. Dr. Friedrich Zibuschka, NR Johann Hechtl, Dr. Günter Dinhobl.

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

Vier Tage lang lagen Volksmusik und Volkskultur in der Luft und verwandelten Gloggnitz in die Volksmusik-Hauptstadt Niederösterreichs. „Nach 21 Jahren ist das aufhOHRchen-Konzept aktueller denn je: Die Begegnung von bekannten und beliebten Größen der Volksmusik mit der örtlichen Kulturszene, die Einbindung der regionalen Vereine und Aktiven in das Festival bringen jedes Jahr wachsenden Erfolg“, freut sich Dorli Draxler über die 6000 Besucher bei aufhORHchen in Gloggnitz.


Haus der Regionen / 10

Madeira

WEltgarten Ein Weltgarten inmitten des Atlantiks. Auf der portugiesischen Insel Madeira gedeihen Pflanzen aus allen Kontinenten sowie das Erbe kolonialer Vergangenheit.

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013


Haus der Regionen / 11

Die Landwirtschaft ist bis heute der größte Wirtschaftsfaktor der Insel: Oliven …

Als seien sie Schmetterlinge, die sich in Scharen niedergelassen hätten – bunt, leicht und verspielt –, sitzen die Orchideenblüten im üppigen Grün. Hoch über der Hauptstadt Funchal liegt der Jardim Orquídea des österreichischen Gärtners Josef Pregetter. Die Pregetters sind Gärtner seit vier Generationen und spezialisierten sich auf das Züchten von Zyklamen. Vor 20 Jahren – die Heizkosten der großen Glashäuser stiegen immer höher – übersiedelten die Pregetters von der Oststeiermark auf die portugiesische Insel Madeira und begannen mit der Orchideenzucht. „Es sind die idealen Lichtbedingungen Madeiras“, so der Gärtner, „die die über 50.000 Orchideen so gut gedeihen lassen.“ Eine seiner letzten Züchtungen hat schlanke Blütenblätter die orange und gelb leuchten. Sie ist auf „Sisi“ getauft und wurde anlässlich des 175. Geburtstags der Kaiserin Elisabeth vorgestellt. Die reisefreudige Kaiserin besuchte Madeira zwei Mal. Für ihren Großneffen, Kaiser Karl I., wurde die Insel zur letzten Station seines Exils. „Hier heroben haben wir nur drei warme Tage gehabt. Die übrige Zeit hat es geregnet, gab es Nebel und war immer feucht. Es gibt kein elektrisches Licht, Wasser nur im ersten Stock und unten in der Küche. Die Villa wäre recht hübsch, aber es gibt einfach nicht genug Platz, obwohl es nur das absolute Mindestmaß an Personal gibt. Oft schauen wir neidisch nach Funchal hinunter, wo die Sonne immer scheint. Das Haus ist so feucht,

dass alles nach Moder riecht. Der Nebel aber durchzieht alles.“ Das schrieb die Kammerzofe nach Wien. Wenige Wochen später war der letzte österreichische Kaiser tot; er wurde am 5. April 1922 in der Kirche Nossa Senhora in Monte beerdigt. Ein Ort, der nicht nur von österreichischen Touristen besucht wird, sondern seit der Seligsprechung des Kaisers auch von Gläubigen vieler Nationen. Das Herrenhaus, das ihm ein Geschäftsmann zur Verfügung gestellt hatte, verfiel im Laufe der Zeit. Des Kaisers Garten aber lädt ein zu Spaziergängen inmitten prachtvoll angelegter Blumenbeete.

Im Korb bergab Vom Höhenluftort Monte, wo die gute Gesellschaft ihre Landhäuser hat, allen voran errichtet von britischen Weinhändlern und Zuckerrohrfabrikanten, rutscht der Tourist in einem Art Wäschekorb bergab. Der Korbschlitten war einst das adäquate Fortbewegungsmittel der Oberschicht und wird von Männern gesteuert, die ebenso stolz, traditionsbewusst und preisbewusst sind wie ihre Kollegen Gondoliere in Venedig. Der Korb als Transportmittel hat auf Madeira Tradition. Um auf den steilen Terrassenfeldern Erde, Steine, Früchte bergauf und bergab zu schleppen, entwickelte sich eine Vielfalt an Körben. Im Korbmacherdorf Camacha werden die Weidenrouten, die vorher gekocht und in der Sonne getrocknet

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

… und Bananen.

wurden, verarbeitet. In Körben, waghalsig auf den Steilwänden der vulkanischen Berglandschaft hängend, schlugen Arbeiter im 19. Jahrhundert Rinnen in den Fels. Diese Wasserkanäle – Levaden – durchziehen das ganze Land und ermöglichen die Fruchtbarkeit der grünen Insel. Entlang der Levaden führen Wanderwege durch das Landesinnere. Auch Kaiserin Elisabeth soll ihre berüchtigten Gewaltmärsche entlang der Wasserkanäle gemacht haben.

Weißes Gold und Weinbarone Zuckerrohr, Bananen, Wein, Blumenzucht: Die Landwirtschaft ist bis heute der größte Wirtschaftsfaktor. Vorerst war es der Anbau von Zuckerrohr, der Madeira in den folgenden Jahrhunderten Wohlstand brachte. Das „weiße Gold“ wurde sonst aus weit entfernten Kolonien importiert. Madeirawein entstand zufällig. Ähnlich wie bei Portwein wurde die Gärung des Weins durch Zugabe von Weinbrand unterbrochen und so haltbarer gemacht. Der Wein, der in Fässern gelagert unterwegs in die portugiesischen Kolonien war, schmeckte nach der Schiffsreise besser als vorher. Dieser Transport wurde fortan gezielt durchgeführt. Ausgewählte Weine in relativ kleinen Fässern machten die „torna viagem“, wodurch der Reifungsprozess, die so genannte Madeirisierung, unterstützt wurde. Dieser Effekt wird heute durch eine etwa viermonatige


Haus der Regionen / 12

Die sechs Musikerinnen von Seis Po’ Meia Dúzia an der Küste von Madeira.

Lagerung bei etwa 45 °C, z. B. direkt unter Wellblechdächern, künstlich erzeugt.

Teatime auf Madeira Um sich von der Vorherrschaft der Spanier zu befreien und seine Kolonien zu schützen, unterschrieb Portugal mehrere Freundschafts- und Handelsverträge mit England. Der Vertrag von 1654 öffnete dann alle portugiesischen Territorien für englische Händler. Als die Briten durch ein Handelsembargo keinen französischen Wein mehr importierten, investierten britische Geschäftsleute auf der Insel und wurden zu wohlhabenden „Weinbaronen“. Einer davon war der Schotte William Reid, der 1891 das Reid’s Palace erbauen ließt, das erste Hotel am Platz, wo bis heute die Tradition der Teatime hochgehalten wird. Serviert werden Scones und Clotted Cream auf Wedgwood-Porzellan. Es herrscht kein Krawattenzwang, aber Turnschuhverbot. Und von der Terrasse gibt jede Menge „vista navios“: Schiffsausblicke. / Text: Mella Waldstein Fotos: Manfred Föger

MADEIRA ZU GAST IM HAUS DER REGIONEN Sa, 8. 6. 2013, 19.30 Uhr Seis Po’ Meia Dúzia Auf Madeira wird Volksmusik großgeschrieben. Es existieren viele Gruppen (Bandas), die sich der traditionellen Musik verschrieben haben, sei es instrumental oder vokal. Eine davon ist Seis Po’ Meia Dúzia: Unter diesem Namen vereinen sich sechs Sängerinnen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, Volkslieder aus Portugal und insbesondere Madeira zu pflegen und neu zu interpretieren. Begleitet durch Perkussionsinstrumente lässt ihr reiner A-cappellaGesang Klangfarben und Rhythmen entstehen, die von lieblich und sehnsüchtig bis feurig und schwungvoll reichen. Sa, 15. 6. 2013, 19.30 Uhr MedioAtlantico Auf den Spuren traditioneller Musik sammelte der madeirische Vollblutmusiker und Musikwissenschafter Vitor Sardinha Melodien des Madeira-Archipels. Gemeinsam mit seinen Professorenkollegen des Konservatoriums für Musik auf Madeira verleiht er der Volksmusik seiner Heimatinsel ihren eigenen Charme. In der Besetzung von MedioAtlantico findet man die für Madeira typischen Saiteninstrumente Rajão und Viola de Arame ebenso wie Flöten und Akkordeon. Beeinflusst von der unterschiedlichen Herkunft jener Menschen, die sich im Laufe der Jahrhunderte auf der Insel Madeira niederließen, hat die Volksmusik

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

Madeiras Einflüsse aus der afrikanischen und südamerikanischen Kultur erfahren. Di, 18. 6. 2013, 19.30 Uhr Diashow Madeira – Portugals grüne Perle im Atlantik Auf kleinstem Raum vereint sie eine Fülle von Landschaften: imposante Steilküsten, bizarre Vulkanformationen, weite Täler ebenso wie Eukalyptus- und Lorbeerwälder. Der renommierte Innsbrucker Biologe Manfred Föger verbindet seine Liebe zur Natur mit der Leidenschaft für das Fotografieren in zahlreichen Vorträgen, Büchern und Reiseberichten. _ Karten Einzelkonzert: Kat. I: VVK: EUR 16,00, AK: EUR 18,00 Kat. II: VVK: EUR 14,00, AK: EUR 16,00 Diashow: VVK: EUR 7,00, AK: EUR 9,00 Kombi-Karte für beide Konzerte und die Diashow der Reihe Madeira: Kat. I: EUR 36,00, Kat. II: EUR 32,00 Information & Kartenbestellung Haus der Regionen 3504 Krems-Stein Donaulände 56 Tel. 02732 85015 www.volkskultureuropa.org


Chorszene / 13

Projektchor.szeneNö

HORIZONTAL/ VERTIKAL Einladung zum Mitsingen beim „Projektchor.szeneNö“, der im Herbst unter dem Motto „Horizontal/Vertikal“ zusammentrifft.

Projektchor beging mit dieser Aufführung im Festspielhaus St. Pölten sein Debüt: „Der erste Teil des Abends wurde vom Projektchor. szeneNö getragen. Von Heinz Ferlesch zusammengestellt, glänzte er bei seinem Debüt einmal als gütiger Götterrat, dann als drohendes Furienpack“, schrieb „Die Presse“ am 11. Juni 2011. Wieder unter der Leitung von Heinz Ferlesch wurde für das Herbstkonzert der Chorszene am 28. Oktober 2012 im Klangraum der Minoritenkirche Krems Stein der Projektchor erneut zusammengestellt. Am Programm standen Jacobus Gallus’ „Pater noster“ und Johann Sebastian Bachs „Der Geist hilft unsrer Schwachheit auf “, nachzuhören auf der CD „Vielstimmig 9“, die in Kürze erhältlich sein wird. Nach der Produktionen des Festspielhauses St. Pölten und dem ersten A-cappella-Programm des Projektchor.szeneNö möchten wir den eingeschlagenen musikalischen Weg fortzusetzen. / Text: Michaela Zettl

Projektchor.szeneNö

———————————————————

Projektchor bei „Orfeo ed Euridice“, Festspielhaus St. Pölten, Juni 2011. Foto: Jürgen Thoma

Unter einem Projektchor versteht man im Allgemeinen einen Zusammenschluss von Sängern, die gemeinsam Werke über einen bestimmten, begrenzten Zeitraum einstudieren und anschließend zur Aufführung bringen. Projektchöre sind überwiegend im semiprofessionellen Bereich anzutreffen und werden teilweise speziell für bestimmte Konzerte zusammengestellt. 2011 gründete die Chorszene Niederösterreich den überregionalen Projektchor „Projektchor.szeneNö“. Intention ist es, für ambitionierte Sänger neue Herausforderungen zu schaffen und ein professionelles Produktionsniveau zu bieten. Für die Teilnahme am Chor qualifiziert man sich durch ein Vorsingen. Heinz Ferlesch, einer der beiden Koordinatoren der Chorszene Niederösterreich, wurde

mit der Leitung des Projektchor.szeneNö betraut. Ferlesch hat sich sowohl als Dirigent seines Originalklangorchesters Barucco als auch als langjähriger künstlerischer Leiter der Wiener Singakademie und des Chors Ad Libitum im österreichischen Musikleben etabliert. Mit seinen Ensembles ist er Preisträger nationaler und internationaler Wettbewerbe. Seit 2002 unterrichtet er an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Der erste öffentliche Auftritt des Projektchor. szeneNö fand im Rahmen einer Kooperationsveranstaltung mit dem Festspielhaus St. Pölten statt: Das Festspielhaus (Intendanz: Joachim Schlömer) hatte die Chorszene Niederösterreich eingeladen, für die halbszenische Produktion von Glucks Oper „Orfeo ed Euridice“ den Chor zu stellen. Der erste

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

So, 27. 10. 2013, 18.00 Uhr Herbstkonzert der Chorszene Niederösterreich im Klangraum der Minoritenkirche Krems Stein Programm: Johann Nepomuk David (1895–1977): Deutsche Messe op.42 für gemischten Chor a cappella Musikalische Leitung: Heinz Ferlesch Voraussichtlicher Probenplan: Mi, 11., u. Mo, 16. 9. 2013, 18.00–22.00 Uhr Sa, 12., und So, 13. 10. 2013: Probenwochenende Sa, 26., und So, 27. 10. 2013: Probe, CD-Aufnahme und Konzert Sollten Sie Interesse daran haben, beim Projektchor.szeneNö mitzusingen, melden Sie sich bitte bei: Chorszene Niederösterreich michaela.zettl@volkskulturnoe.at Tel. 02742 90666-6117 www.chorszenenoe.at Unter diesem Kontakt erfahren Sie auch die Termine für das Vorsingen.


Musik / 14

Porträt Alois Aichberger

WOS GROOVT, DES FOAHRT! Für Bewegung sorgt Alois Aichberger. Als Musiker, Bandleader, Leiter der Musikschule Mostviertel und im kommenden Jahr als Artist in residence bei „musik aktuell – neue musik in nö“. Aichberger hervorgegangen und heute wichtiger Bestandteil der niederösterreichischen Jazzszene ist.

Konzertsäle versus Fußballplätze

Alois Aichberger, Musiker, Bandleader und Leiter der Musikschule Mostviertel.

Eine fließende, musikalische Bewegung, unabhängig von Genres oder musikalischen Stilen – das sei Groove, so Alois Aichberger. „Wenn etwas ‚groovt’, dann ‚fährt’ es auch, eine Band ‚groovt’, wenn der Rhythmus in Bauch und Beine geht“, heißt es in der Ausschreibung von „musik aktuell“. Die Förderschiene des Landes Niederösterreich, die von der Musikfabrik NÖ umgesetzt wird, hat das Ziel, die Musik unserer Zeit noch besser regional zu platzieren. Als Artist in residence trifft Alois Aichberger aus Projekteinreichungen eine Auswahl, die – von einem künstlerischen Beirat unterstützt – Veranstaltern in Niederösterreich angeboten und realisiert werden kann. Unter dem Motto „Groove – Move“ sollen gewohnte Pfade verlassen und das Feld erweitert werden.

„Ich persönlich hab’s gern bunt" Ein weites Betätigungsfeld kann Alois Aichberger auf alle Fälle vorweisen: „Ich komme

aus der Blasmusik, habe klassische Trompete studiert, beschäftige mich mit Jazz und Popularmusik und liebe die Oper.“ Als Musikschullehrer (und -leiter) ist es ihm wichtig, ein möglichst breites stilistisches Angebot zu bereiten. Die Grundlage sei jedoch eine professionelle Basis auf dem jeweiligen Instrument, denn Stilrichtungen entwickeln sich im Laufe der Ausbildung. Dies sollte von Lehrern erkannt werden, um darauf reagieren zu können. Untrennbar mit der musikalischen Ausbildung verbunden ist für Alois Aichberger auch das Ensemblespiel, denn „Musik sollte man im Kollektiv erleben“. Bereits in frühen Jahren ist das Musizieren im Ensemble sinnvoll und sollte im Idealfall mit Einzelunterricht kombiniert werden. Dass auch Jazz keine Frage des Alters ist, beweisen erfolgreiche Orchester- und Bandprojekte wie die „LA BIG BAND“ (LA steht für Lois Aichberger), die aus der Musikschularbeit von Alois

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

Die Etablierung einer regionalen Jazz-Szene im Mostviertel ist dem Musiker seit 20 Jahren ein Anliegen und steht auch in engem Zusammenhang mit der Ausbildung an Musikschulen sowie der Förderung junger Talente. „Talentförderung muss zusätzlich zu Wettbewerben stattfinden. Es sollte ein Umfeld bzw. Nährboden geschaffen werden, wo sich junge Künstler entfalten, ihre eigenen Ideen ausprobieren und sich mit Profis vernetzen können“, so Aichberger. Dafür wünscht er sich mutige Veranstalter, mediale Plattformen wie Printmedien, mehr Radio- und TV-Formate für die österreichische Musikszene und zu guter Letzt: dieselbe Anzahl an Musikclubs oder Konzertsälen wie an Fußballplätzen. Denn obwohl die heimische Musikszene lebendig wie nie ist und die Qualität der Ausbildungen und Musiker ständig ansteigt, zeigt sich das mediale Interesse als einseitig. Vom Gegenteil möchte Alois Aichberger bei „musik aktuell“ 2014 überzeugen: durch kreative und innovative Ideen und durch neue Instrumentenkombinationen mit Groove – vom professionellen Kollektiv bis hin zum Musikschulprojekt. / Text: Katharina Heger


Musikschule / 15

Podium.Jazz

JAZZ WE CAN Um Groove geht es im Juni auch in den Musikschulen Niederösterreich, wenn der Jugendjazzwettbewerb Podium.Jazz vor der Tür steht. Jugendjazzorchesters Niederösterreich, das im Rahmen der Preisverleihung stattfindet. Seit rund drei Jahren hat Niederösterreich mit dem Jugendjazzorchester eine wahre Talenteschmiede für den Jazznachwuchs. Das Projekt des Musikschulmanagement Niederösterreich vereint 25 talentierte junge Jazz- und Popularmusiker aus niederösterreichischen Musikschulen, die – unter der Leitung von Andreas Pranzl – professionelle Arbeits- und Auftrittserfahrungen sammeln können. Einigen Mitgliedern gelang bereits der Sprung von Musikschule zum -studium.

Qualität, jugendliche Frische und Spielfreude: das Jugendjazzorchester Niederösterreich.

Der Wettbewerb Podium.Jazz.Pop.Rock versteht sich als Ergänzung zu den bestehenden Wettbewerben in den Bereichen Klassik und Volksmusik. Nachdem im vergangenen Jahr in Niederösterreich die Kategorie Pop.Rock im Mittelpunkt stand, wird 2013 ein Schwerpunkt auf Jazz gesetzt.

„Jazz ist nicht tot, er riecht nur komisch.“ (Frank Zappa) Acht Ensembles, Bands und Combos treten am Samstag, 8. Juni, in der Tischlerei Melk Kulturwerkstatt in den musikalischen Wettkampf und beweisen, dass sich der Jazz nicht länger auf Klischees von verrauchten dunklen Clubs berufen muss, sondern auch Ausdruck einer musikalischen Jugend ist. Das

Programm soll die Vielfalt im Jazz spiegeln, gefordert wird einiges: geachtet wird neben Kreativität, Interpretation, Technik und Zusammenspiel insbesondere auf Improvisation, Performance und Groove. Positiv bewertet werden Eigenkompositionen sowie eigene Themen. Eine hochkarätige Fachjury, vertreten durch Walter Grassmann, Martin Gasselsberger, Juci Janoska, Clemens Salesny und Wolfgang Wograndl, gibt den Musikern neben der Bewertung auch professionelle Tipps mit auf den Weg.

Jugendjazzorchester Niederösterreich Einen krönenden Abschluss des Wettbewerbs Podium.Jazz bildet das Konzert des

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

Jugendjazzorchester Niederösterreich – das steht für eindrucksvolle Qualität, jugendliche Frische und deutlich hör- und sichtbare Spielfreude. Überzeugen kann man sich davon am 8. Juni um 19.00 Uhr in der Tischlerei Melk. / Text: Katharina Heger Foto: Julia Pfeiffer

PODIUM. JAZZ

——————————————————— Sa, 8. 6. 2013, ab 12.30 Uhr Tischlerei Melk Kulturwerkstatt 3390 Melk, Jakob-Prandtauer-Straße 11 19.00 Uhr: Preisverleihung und Konzert des Jugendjazzorchesters Niederösterreich Informationen Musikschulmanagement Niederösterreich T. 02742 90666 6110 julia.pfeiffer@musikschulmanagement.at www.musikschulmanagement.at


Thema: Gehen / 16

Musik in Bewegung

MICHL, GEH HER! Wenn Blaskapellen ausrücken …

Tag der Blasmusik in Kleinraming. Foto: Musikkapelle Kleinraming

„Jessas, der Michl! Der Michl war ein Posaunist in unsrer Dorfblasmusik … Schlecht gehört hat er halt schon, so alt war er, wie ihm das passiert ist: nach einer Totenmesse hat die Blasmusik den Trauerkondukt mit einem gemächlichen Marsch in Moll von der Leichenhalle zum Friedhof hinausgeleitet. Da gibt es zuletzt eine Weggabelung, zum Friedhof muss man scharf rechts gehen. Der Verstorbene ist sehr beliebt gewesen, so sind alle Trauergäste betroffen und mit sich selbst beschäftigt gewesen. Da fällt plötzlich dem Trommler ganz hinten auf, dass der Michl mit seiner Posaune gradaus weitergegangen ist. ‚Michl, geh her!‘, flüstert der so laut wie möglich. Aber der Michl hat natürlich nichts gehört. Immer weiter hat er sich vom Kondukt entfernt und tieftraurig seine Stimme gespielt. Nur die anderen Musikanten haben es dergneist, dass der Michl da ein Solostückl hingelegt hat. Bis der 2. Klarinettist ausgebrochen ist aus der Reihe und ihn zurückgeholt hat. Da haben manche Trauergäste betreten still gelacht …“ So erzählt ein burgenlän-

discher Leichenbestatter, der die Begebenheit selbst erlebt hat. Und: „Einmal hat sich eine kleine Delegation eben dieser Blasmusik bei dem Begräbnis einer alten Witwe am Grab eingefunden und Choräle gespielt, dass allen Trauernden die Tränen gekommen sind. Wie die Musikanten hinterher ihren Lohn eingefordert haben, haben sich die Verwandten der Toten zwar noch einmal recht bedankt für die schöne Musik, aber nichts bezahlt, denn bestellt war die Musik nicht. Die Musikanten hatten sich in der Uhrzeit geirrt, sie hätten für die Leich’ zwei Stunden früher spielen sollen.“

Musik, marsch! Blasmusikkapellen spielen natürlich auch zu fröhlicheren Anlässen, wie beispielsweise für Hochzeiten. Wirklich und wahrhaftig ist Folgendes in Ostösterreich passiert: An einem sommerlich sonnigen Sonntagnachmittag stimmt die dörfliche Blasmusik vor der Kirche einen feierlichen Hochzeitsmarsch an und marschiert mit einer Hochzeitsgesellschaft

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

zum Gasthaus. Prächtig anzusehen ist der Zug, zahlreiche Schaulustige säumen den Weg. Der Stabführer zeigt bei einem Schwenk in der Kurve die Richtung an, dafür wendet er den Tambourstab, sodass nicht mehr die Kugel nach oben zeigt, sondern die Spitze, und macht ein rechtes Spektakel für die Zaungäste. Eindrucksvolle Bewegungen führt er mit dem schmucken Stab aus, die immer intensiver und kreisender werden, ganz aus dem lockeren Handgelenk. Plötzlich verliert er die Kontrolle über den Stab, sodass der mit gehörigem Schwung gleich einem Speer durch die Luft fliegt, die Fensterscheibe eines Einfamilienhauses auf der gegenüberliegenden Straßenseite durchbricht und im Wohnzimmer landet. Daselbst sitzt der Hausherr vor dem Fernseher und wundert sich sehr …

Wuchteln Auch die Blasmusikanten selber sind dafür verantwortlich, dass die Musik einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Hunderte Anekdoten ranken sich um die Einsätze hunderter Blasmusikkapellen in ganz Österreich. Kollegialen Ratschlägen nach ist es durchaus sinnvoll, sich vor dem Ausrücken zu überzeugen, ob sich das Instrument samt Mundstück im Instrumentenkoffer befindet, der Tubatrichter leer ist (es wurden schon Notenblätter, Reinigungsobjekte oder Ventilölfläschchen darin gefunden) und die Schlegel für die kleine Trommel eingepackt sind – einen leisen Trommelwirbel mit Kochlöffeln auszuführen ist zwar möglich, aber ungleich schwieriger. / Text: Gabriele Burian


Waldviertel / 17

Sportlerchor Pöggstall

FREUNDSCHAFTSSPIEL Singen und Sport ist ein Freundschaftsspiel, in dem beide gewinnen – das beweist der Sportlerchor Pöggstall.

ning, daher auch die gute Moral bei den Proben, denn ohne Training kann man kein Spiel bestreiten. Aus der Begeisterung für das Singen erklärt sich auch der Wunsch der sportlichen Sänger, mehr Auftritte zu absolvieren.

„Er steht im Tor“

Sportlerchor Pöggstall bei auf hOHRchen 2009 in Groß Gerungs.

Normalerweise herrscht das Vorurteil, dass zwischen Sport und Kultur keine Schnittstelle vorhanden sei. Jedoch nicht so beim Sportlerchor Pöggstall mit Chorleiterin Christina Foramitti, der als Projektchor für bestimmte Auftritte ein Programm einstudiert. Begonnen hat alles 2008 bei einem Überraschungsfest anlässlich des 80. Geburtstags von „Tante Poldi“, der guten Seele des Sportvereins Pöggstall, die sich seit Jahrzehnten um den Fußballverein sorgt und kümmert. Bei diesem Überraschungsfest mit etwa 200 Gästen wollten einige Sportlerinnen und Sportler, Funktionäre, Mütter von Kindern der Nachwuchsmannschaften sowie mehrere Akteure der Kampfmannschaft der Jubilarin mit dem Lied „Das ist dein Tag“ von Udo Jürgens gratulieren. Zur Einstudierung wurde die Gesangs- und Musikpädagogin Christina Foramitti um Hilfe gebeten. Die ersten Proben waren durchaus spannend, da es nicht für alle Sänger einfach war, die Töne so zu treffen, wie es der Komponist ursprünglich vorgesehen hatte. Aber mit jeder Probe wur-

den die Sportler sicherer – die Freude am Tun wuchs derart, dass das Ergebnis sehr ansprechend war. Bei der Generalprobe entstand die Idee, sich als Sportlerchor beim Volksmusikfestival aufhOHRchen 2009 zu präsentieren. Diese Idee wurde von allen freudig aufgenommen; letztendlich standen 31 Personen auf der Chorliste.

Zwischen Training und Probe Im Vorfeld allerdings sorgte die Teilnahme für gewissen Aufruhr, da es in den Augen mancher anscheinend nicht in das Image der Sportler zu passen schien, singend auf der Bühne zu stehen. Es wurde sogar eine mögliche Blamage prophezeit. Doch diese Schnittstelle zwischen Sport und Kultur ist vorhanden. Und diese Leute sollten eines Besseren belehrt werden. Es gibt ja auch genug Gemeinsamkeiten: Die Bühne stellt für den Sportler den Wettbewerb oder das Spiel dar. Die Proben sind das Trai-

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

Es war von vorneherein klar, dass die meisten dieser bunt zusammengewürfelten Menschen nicht auf eine langjährige Chorpraxis zurückgreifen konnten. So gesehen war es auch nicht so einfach, gemeinsam mit anderen erfahrenen Chören auf der Bühne zu (be)stehen. Die Chorleiterin musste sich also in ihrer Arbeit zuerst wohl auf grundlegende, einstimmige Dinge konzentrieren, welche sich erst später und durch viel Übung in Mehrstimmigkeit umwandeln sollten. Von Christina Foramitti am Klavier begleitet, performten die 31 singenden Sportler zwei Fußballlieder: „Das Ländermatch“ und das Wienerlied „Hinein, hinein, so brüllt der ganze Sportverein“. So „rockten“ sie den Kirchenplatz. Im September 2012, bei wiederaufhOHRchen in Pöggstall, trat der Chor mit neuen Fußballliedern abermals auf. Dieses Mal wurden es „Der Theodor im Fußballtor“, „Er steht im Tor“ und vom Jugendtrainer und Christina Foramitti selbstverfasste Fußballgstanzln. Selten erlebt man eine derartige Begeisterung für das Singen, für das SichZeit-Nehmen für Proben und Auftritte wie beim Sportlerchor Pöggstall. / Text: Andreas Teuf l


Thema: Gehen / 18

Arbeitswelten

ENTLAUFEN UND FLANIEREN „Das Wandern ist des Müllers Lust, das Wandern! Das muss ein schlechter Müller sein, dem niemals fiel das Wandern ein“, reimte der deutsche Dichter Wilhelm Müller vor fast 200 Jahren. Franz Schubert vertonte den Text in seinem Liederzyklus „Die schöne Müllerin“.

man seine Dokumente verwahrte. Dazu zählte die „Kundschaft“, ein Arbeitszeugnis auf einem mit der Ortsansicht gezierten Dokument. Ohne diese Urkunde fand er keinen neuen Arbeitsplatz. Die Verhältnisse müssen oft so unerträglich gewesen sein, dass sie Handwerksburschen zum „Entlaufen“ zwangen. Um die Situation der wandernden Gesellen zu verbessern, gründete der gelernte Schuhmacher und spätere Priester Adolph Kolping (1813–1865) Gesellenvereine. Diese boten in eigenen Häusern Quartier, unterstützten die Ausbildung, boten Hilfe im Krankheitsfall und auch Geselligkeit. Kolping wurde 1991 vom Papst seliggesprochen, der Heiligsprechungsprozess dauert noch an.

Wandernde Nachrichtenagenturen Bergwandern auf der Rax in früheren Zeiten.

Die Romantik trügt. Handwerksgesellen bestimmter Zünfte mussten wandern. Die Walz oder Gesellenwanderung war eine Etappe ihres Lebensweges: vom Lehrling über den Gesellen zum Meister. Darauf verweist die letzte Strophe: „Herr Meister und Frau Meisterin, lasst mich in Frieden weiter ziehn …“ Die „Tippelbrüder“ legten weite Strecken zurück, oft quer durch Europa. In der fremden Stadt mussten sie sich nach einem Arbeitsplatz umsehen, fanden sie einen, blieben sie mindestens ein halbes Jahr beim Meister. Gutes Betragen vorausgesetzt, erwarben sie nach einigen Jahren das Recht, ein Meisterstück anzufertigen. Doch auch dieses war keine Garantie, eine eigene Firma eröffnen zu dürfen. Die Niederlassungsrechte

waren beschränkt. Die Heirat mit der Witwe oder Tochter eines Meisters bot eine gewisse Chance, zum angesehenen Bürger aufzusteigen. Wandernde Gesellen standen – wie auch andere „Fahrende“, Schausteller usw. – nicht in gutem Ansehen. Auch sonst waren die Zünfte, die vom Mittelalter bis Mitte des 19. Jahrhunderts bestanden, voller Regeln und Rituale, denen sich die Mitglieder zu beugen hatten. Sie halfen den Gesellen aber auch. Ein Mitglied begleitete den Neuling bei der Stellensuche. Fand sich nichts, erhielt er einen Beitrag zum Weiterziehen. Hatte er seinen Meister gefunden, wurde er mit derben Späßen und Trinkgelagen in die Gemeinschaft der Gesellen aufgenommen. Er legte den Geselleneid auf die Zunftlade ab, in der

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

„Handel und Wandel“ ist mehr als ein Reimpaar. Seit ältesten Zeiten waren Händler und Abenteurer auf den Fernstraßen, wie der Seidenstraße, unterwegs, um Luxusgüter nach Europa zu importieren. Weniger edel waren die Waren, die Wanderhändler in Stadt und Land vertrieben, meist Lebensmittel oder Gegenstände des alltäglichen Bedarfs, aber auch manches, was darüber hinausging. So beklagten die Behörden, dass Wanderhändler den Bäuerinnen und Mägden Dinge aufschwatzten, die diese angeblich gar nicht benötigten. Zugleich waren die Hausierer wandernde Nachrichtenagenturen, die Neuigkeiten aus weit entfernten Gegenden in die entlegensten Dörfer brachten. Die Versorgung der Stadt Wien mit Südfrüchten, Haushalts- und Spielwaren lag in vorindustrieller Zeit überwiegend in den Händen der vagie-


Thema: Gehen / 19

Als nach dem Ersten Weltkrieg die Wirtschaft zusammenbrach, kamen die „Tippelbrüder“ wieder in Mode.

renden Händler. Der Kupferstecher Johann Christian Brand (1722–1795) hat sie in seinen Kaufrufserien verewigt, sogar die Wiener Porzellanmanufaktur erwählte die oft bettelarmen Leute zum Motiv (siehe Seite 34). Die ältesten Privilegien reichen in das 15. Jahrhundert zurück. Sie sollten den Einwohnern wirtschaftlich benachteiligter Gebiete ein bescheidenes Einkommen verschaffen. Dazu zählten die „Krainer“ aus der deutschen Sprachinsel Gotschee (Kocevje) in Slowenien, die Vieh, Leinwand und Südfrüchte verkaufen durften. Seit dem 19. Jahrhundert hatten (Süd-)Tiroler das Privileg, Produkte ihrer Heimarbeit, wie Schnitzereien, Handarbeiten oder Teppiche ambulant zu vertreiben. Die niederösterreichischen Vertreter dieser Vertriebswege waren die „Bandlkramer“ und Uhrenhändler aus dem Waldviertel.

Bürgerliche Wanderlust Während für die Angehörigen aller dieser Gruppen das Wandern weniger Lust als Last waren (sie beförderten ihre Waren über weite Strecken zu Fuß), entdeckten bürgerliche Kreise im 19. Jahrhundert die Reize der Landschaft für sich. Der bekannteste unter ihnen war wohl der Hofkammerbeamte Joseph Kyselak, der „Skizzen einer Wanderung nebst einer romantisch-pittoresken Darstellung mehrerer Gebirgsgegenden und Eisglätscher“ veröffentlichte, die er 1825 unternommen hatte. Doch verewigte er sich nicht nur literarisch, sondern hinterließ seinen Namenszug auch auf etlichen der besuchten Objekte, am liebsten an schwer zugänglichen

Stellen, etwa an Felswänden. Zwei Jahre vor ihm schrieb der Hofschauspieler Johann Anton Friedrich Reil „Ein Tagebuch für Freunde österreichischer Gegenden“. Reil gilt als einer der Entdecker des Waldviertels. Bald entstand eine Fülle an Reiseliteratur, subjektive Schilderungen, wissenschaftliche Berichte, baedekerartige Aufzählungen. Von besonderer Bedeutung waren die drei Bände „Wiens Umgebungen auf zwanzig Stunden im Umkreise“, die der Geograf Adolf Schmidl zwischen 1835 und 1839 herausgab. Der Wirtschaftshistoriker Wolfgang Häusler, der Reils Buch nach mehr als eineinhalb Jahrhunderten neu ediert hat, nennt Schmidls Werk „in seiner Art noch heute nicht überholt“. Er meinte, „dass in der Brust dieser Wanderer zwei Seelen wohnten – der Aufklärer und der Romantiker“. Als josephinisch gesinnte Aufklärer kritisierten die Autoren die Rückständigkeit der Landeskultur, als Romantiker schwärmten sie von den pittoresken Szenerien. Ein ganz altes Motiv zum Wandern ist die Wallfahrt. Angehöriger aller Völker beschreiten ihre spezifischen „Wege zur Kraft“. In Österreich ist es traditionell die Via Sacra, die von Wien über Niederösterreich zum steirischen Heiligtum Mariazell führt. Bekannte Etappenziele sind Perchtoldsdorf, Maria Enzersdorf, Mödling, Hinterbrühl, Gaaden, Heiligenkreuz, Hafnerberg, Kleinmariazell, Kaumberg, Lilienfeld, Annaberg und Josefsberg. Inzwischen ist Österreich von einem Netz unzähliger Pilger- und spiritueller Wege durchzogen. In den 1980er Jahren wurde der Jakobsweg nach Spanien wieder entdeckt.

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

Wallfahrt.

2.777 Kilometer trennen Wien von Santiago di Compostela. 2011 zählte man dort 180.000 Pilger. Der Europarat erklärte 1987 den Weg zum ersten europäischen Kulturweg. EU, Länder, kirchliche und touristische Institutionen wirken zusammen, um ihn weiter populär zu machen. So führt eine 162 Kilometer lange Teilstrecke von Mikulov/Nikolsburg in Tschechien durch das Weinviertel (Drasenhofen, Mistelbach, Großrußbach, Stockerau) nach Krems und Mautern an der Donau, wo sich die Anschlussstelle zum österreichischen Jakobsweg entlang der Donau befindet.

Neue Gehkultur Der Grazer Volkskundler und Journalist Wolfgang Wehap widmete 1995 der „Gehkultur“ seine Magisterarbeit. Darin zählt er noch viele Aspekte der Fortbewegung zu Fuß auf, wie Vaganten und Fahrende, Marsch und Protest, Promenieren, Spazieren und Flanieren, moderner Nomadismus. Er beobachtete, dass Fußgänger in der Autogesellschaft an den Rand gedrängt wurden. In der Zwischenzeit hat sich eine Trendwende angebahnt. Mediziner empfehlen Gehen zum Stressabbau. In Städten gibt eigene Fußgängerbeauftragte, allein in Wien werden 28 Prozent aller Wege zu Fuß zurückgelegt. Gehen schärft die Wahrnehmung, man entdeckt Dinge, an denen man üblicherweise achtlos vorbeifährt. Viele Menschen üben Wandern, Walken und Laufen als Sport aus. So ist das Wandern ist nicht nur des Müllers Lust. / Text: Helga Maria Wolf Illustrationen: Magdalena Steiner


Weinviertel / 20

Märchen, Fabeln, Sagen

VON DER KUNST DES ERZÄHLENS Märchen und Fabeln auf zwei Bühnen im Weinviertel: „Die Ameise und die Grille“, ein Schulprojekt aus Hollabrunn im TWW Guntersdorf, und die Weinviertler Bühne mit dem „Teufel mit den drei goldenen Haaren“ am Brandlhof.

„Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ am Brandlhof, Radlbrunn. Foto: Bühne Weinviertel

Vor mir liegt ein Buch mit Leineneinband mit dem Titel „Michael Köhlmeiers Märchen Dekamerone. Eine Weltreise in hundert Geschichten“, daneben zwei CD-Boxen „Michael Köhlmeiers Märchenwelt“. Seit einigen Jahren findet im Frühjahr in Niederösterreich das Erzählkunstfestival fabelhaft statt, initiiert von Folke Tegetthoff. Beides zeigt: Erzählen ist populär und Märchen sind international.

Märchen, Fabeln und Sagen gehören zu jener Literaturgattung, von der gemeinhin gesagt wird, sie seien aus der mündlichen Überlieferung tradiert. Über den Ursprung von Märchen gibt es viele Theorien, eine davon besagt, dass der Ursprung in der Seele der Menschen liege. Denn die Ideen und Motive der Märchen finden sich in verschiedenen Ländern wie-

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

der. Das Motiv des Märchens „Die zwei Brüder“, aufgezeichnet von den Brüdern Grimm, findet sich auch in einem serbischen, polnischen und ägyptischen Märchen. Im deutschen Sprachraum ist die Sammlung der Brüder Grimm wohl die bedeutendste. Sie verstanden die „Kinder- und Hausmärchen“ als Erzählungen für Erwachsene und


Weinviertel / 21

Schüler des BG/BRG Hollabrunn bei der Probe zu „Die Ameise und die Grille“ im Theater Westliches Weinviertel, Guntersdorf. Foto: z. V. g.

auch Kinder. Johann Karl August Musäus, der schon im 18. Jahrhundert die Sammlung „Volksmährchen der Deutschen“ in fünf Bänden herausgab, sprach vom Hang der menschlichen Seele zum Wunderbaren.

Fantasie & Wahrheit Während der Zuhörer im Märchen in eine fantastische Welt eintaucht, werden in der Volkssage Erzählungen transportiert, die als „Wahrheiten“ im Volk leben. Es gibt reale Bezugspunkte, wie Ort und/oder Zeit. In der dämonologischen Sage werden Erlebnisse mit dem Jenseits erzählt, Begegnungen mit dem Teufel finden sich hier häufig als Motiv. Die historische Sage knüpft an geschichtliche Begebenheiten an. Eine der wohl berühmtesten österreichischen Sagen erzählt vom Sänger Blondel, der den in Dürnstein gefangenen Richard Löwenherz sucht.

Die Ameise und die Grille Der Erzähler, der eine Fabel wiedergibt, will den Zuhörer belehren. Tiere werden mit menschlichen Eigenschaften versehen, die Inhalte sind moralischer Art oder sozialkritisch. Aufgrund der lehrhaften Struktur wurde die Fabel besonders in der Aufklärung populär. Als Zielgruppe wurden sowohl Erwachsene als auch junge Menschen gesehen. Viele der uns bekannten Fabeln gehen auf Äsop zurück, z. B. „Die Ameise und die Heuschrecke“; von Jean de La Fontaine kennen wir auch „Die Ameise und die Grille“, wobei sich allerdings die Enden unterscheiden. Im Theater Westliches Weinviertel (TWW) wird die Ge-

schichte von der Ameise und der Grille ein Lehrstück auf verschiedenen Ebenen. Die Projektleiterin Silvia Reiß will das Interesse und die Lust an der Musik fördern, indem sie verschiedene Kunstsparten zusammenführt und nicht nur akustische, sondern auch visuelle Reize setzt. Ein Anliegen ist es ihr, Kinder und Jugendliche nicht nur als Konsumenten anzusprechen, sondern sie auch in die Produktion einzubeziehen. Schülern und Schülerinnen der Theatergruppe des BG/BRG Hollabrunn sind die Darsteller in diesem Musiktheater, in vorbereitenden Musikworkshops wird das Publikum – es ist dies ein Kooperationsprojekt der Musikschule Hollabrunn mit dem Gymnasium – auf den Theaterbesuch vorbereitet. In den öffentlichen Vorstellungen kann sich jede/jeder auf den Zauber der Musik und der Geschichte einlassen. All den Märchen, Fabeln und Sagen ist gemeinsam, dass sie durch den Erzähler an Dramatik gewinnen. Aus der Überlieferung ist bekannt, dass der Erzähler das Publikum mit Fragestellungen einbezog, sie aufforderte, Stellung zu beziehen oder mit einfachen Handlungen die Dramatik der Erzählung noch zu unterstreichen – etwa eine Türe zu öffnen oder zu schließen, etwas anzuzünden etc. Die Dramatisierung des Märchens ist schon von Hans Sachs bekannt, Märchenmotive wurden auch im Puppenspiel und Schattentheater aufgegriffen. Der bedeutendste Vertreter war Franz von Pocci, er verwendete mit Vorliebe Motive aus den Grimm’schen Kinder- und Hausmärchen. Ganz in dieser Tradition versteht sich die Bühne Weinviertel, die in diesem Sommer den „Teufel mit den drei goldenen Haaren“ für Jung und Alt auf die Bühne im Brandlhof bringen wird.

Der Teufel mit den drei goldenen Haaren Hier gerät ein junger Mann, der vom Schicksal ausersehen ist, immer Glück zu haben, in die Gegnerschaft mit einem ziemlich hinterhältigen König und dessen ziemlich einfältigen Kanzler, erhält ungewollt Hilfe von ziemlich wilden Räubern und zuletzt sogar von der Großmutter des Teufels, die sich als raue, aber sehr gemütvolle Alte erweist. Am Ende besteht er alle Prüfungen, bekommt die Prinzessin zur Frau, löst im Vorüber-

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

gehen noch ein paar Probleme für die Allgemeinheit und kann den König auf geschickte Art und Weise loswerden. Michael Köhlmeier vergleicht in einem Interview mit dem „Standard“ das Märchen mit dem Blues: „Der Blues ist eine erschütternd einfache Form, meist bestehend aus nur drei Akkorden, manchmal aus zwei, im Spätwerk von John Lee Hooker nur noch aus einem Akkord. Aber die Möglichkeiten, sich in dieser Form auszudrücken, sind unendlich. Einen guten Blues zu spielen erfordert Ernsthaftigkeit, Liebe, Konzentration und ein Gespür für das Feine, die Nuance. Ich glaube, man kann diese Beobachtung auf die erzählende Literatur übertragen. Dort steht das Märchen für den Blues.“ / Text: Eva Zeindl

INFORMATION

——————————————————— Sa, 22. 6. 2013, 15.00 und 17.00 Uhr Die Ameise und die Grille Theater Westliches Weinviertel 2042 Guntersdorf Bahnstraße 201 Information & Karten Tel. 02951 2909 www.tww.at Der Teufel mit den drei goldenen Haaren Open-Air-Bühne Brandlhof 3710 Radlbrunn 24 Bei Schlechtwetter: Halle Fam. Brandl Vorstellungstermine: Sa, 29. 6. 2013, 20.00 Uhr (Premiere) Sa, 6. 7. 2013, 20.00 Uhr So, 7. 7. 2013, 18.00 Uhr Fr, 12. 7. 2013, 20.00 Uhr Sa, 13. 7. 2013, 20.00 Uhr So, 14. 7. 2013, 18.00 Uhr Information & Karten VVK: EUR 17,00 / AK: EUR 19,00 6–14 Jahre: EUR 10,00 Premierenvorstellung inkl. Essen: EUR 27,00–29,00 Tel. 0664 8208595 (Eva Zeindl) www.volkskulturnoe.at/brandlhof


Mostviertel / 22

Musikschule

ORCHESTERLUFT … schnuppern Musikschüler aus dem Mostviertel und der Region NÖ Mitte.

Ausgehend von der Idee, einmal im Jahr gezielt den Streichertalenten aus den Musikschulen eine Plattform zu bieten, um Orchesterluft schnuppern zu können, entstand im Mostviertel ein Projekt, das im Juni in Kilb realisiert wird. Beim Filmmusik- und Musicalkonzert im K4 Kilb haben Musikschülerinnen

und -schüler die Möglichkeit, mit Profis auf der Bühne zu stehen und gemeinsam auf hohem Niveau zu musizieren. Den Grundstock in der Größe von rund 60 Musikern – unter ihnen viele Musikschullehrer – liefert das Kammerorchester musica

spontana, 20 Musikschüler aus den Regionen Mostviertel und NÖ Mitte ergänzen dieses. Unter der Leitung von Dirigent Bernhard Thain, Fachgruppenkoordinator für Blechblasinstrumente beim Musikschulmanagement Niederösterreich, wurde ein Programm erarbeitet, das von Hits aus dem Bereich Musical bis zur Filmmusik reicht und Werke wie Pirates of the Carribean oder Lord of the rings konzertant auf die Bühne bringt. /

konzert

——————————————————— Fr, 28. 6. 2013, 20.00 Uhr K4 Kilb, 3233 Kilb, Marktplatz 4 Kammerorchester musica spontana & Streichertalente aus den Musikschulen der Regionen Mostviertel und NÖ Mitte Information & Karten Gemeinde Kilb K4 Tel. 02748 7321 15 www.musica-spontana.at

Eine musikalische

KOMÖDIE

von Strahl/Nachmann/Runyon REGIE: Marcus Strahl MIT Dagmar

Hellberg, Susanna Hirschler, Verena Scheitz, Stephan Paryla-Raky u.a.

24. JULI BIS 25. AUGUST 2013 Infos und Karten unter Tel. 02715/2268 und www.wachaufestspiele.com

WWW.FACEBOOK.COM/WACHAUFESTSPIELE


Mostviertel / 23

Ybbsitz – Wilhelmsburg

aufspielen

Pielachtal und Traisental zugenommen und erfreut sich großer Beliebtheit. Gruppen aus der Stadtkapelle Wilhelmsburg und Gastformationen benachbarter Kapellen (Hofstetten, Traisen) werden den Besuchern auch in diesem Jahr beliebte und bekannte Melodien zu Gehör bringen. /

MUSIKANTEN SPIELEN AUF

Volksmusikanten laden zum Mitmachen in Ybbsitz und in Wilhelmsburg zum Weisenblasen ein.

Die Musikanten aus Ybbsitz laden zum gemeinsamen Musizieren und Singen ein. Schwungvoll und mitreißend, ohne Bühne, ohne festgelegtes Programm und moderiert von Sepp Ritzinger und Franz Fuchsluger, können alle mitmusizieren und singen. Christl Fallmann singt bekannte und weniger bekann-

te Lieder passend zur jeweiligen Jahreszeit mit allen, die Freude am Singen haben, und Heinz Fallmann unterhält in bewährter Weise mit seinen launigen Gedichten. Die Tradition des Echo- und Weisenblasens hat in den letzten Jahren in den Regionen

——————————————————— So, 16. 6. 2013, 18.00 Uhr Volksmusi-Treff Mostheuriger Klein-Eibenberg, Josef Hönickl 3341 Ybbsitz, Haselgraben 14 Tel. 07443 86346 Weitere Termine: 18. 8. und 20. 10. 2013 Sa, 29. 6. 2013, 15.00 Uhr Weisenblasen Antiquitäten Renz 3150 Wilhelmsburg, Kreisbach


Thema: Gehen / 24

Welterbesteig Wachau

zur schönen aussicht Wandern durch Wein- und Obstgärten, durch Wälder und Wiesen, zwischen Felslandschaften und entlang der Donauauen: Der „Welterbesteig Wachau“ präsentiert das Gesamtkunstwerk einer Kulturlandschaft.

Blick von der Ruine Dürnstein.

Gäbe es eine Weltmeisterschaft der schönen Blicke – die Wachau wäre ganz vorne dabei. Fixstarter sind der Blick von Rossatzbach über die Donau nach Dürnstein und der Blick von der Ruine Aggstein auf das Wipfelrauschen des Dunkelsteiner Waldes. Der Blick von der Weigl-Warte am Sandl über das sich in den Horizont wellende Waldviertel. Der Blick von der Kanzel auf die zerklüfteten Felsen rund um Dürnstein und der Blick vom Höhenweg bei Weißenkirchen auf die steilen Stufen der Terrassenweingärten.

Der „Welterbesteig Wachau“ verbindet diese Blickdichte und auf 180 Kilometern alle Orte der Wachau. Der Rundweg ist in 14 Etappen gegliedert und einheitlich markiert. Ein Großteil der Streckenführung ist als Höhenweg angelegt und verläuft an der Grenze zwischen Weingärten und Wald- und Wiesenlandschaft. Die Kontraste zwischen dem südlich anmutenden Tal der Wachau und den rauen Hochebenen lassen die Landschaft mit allen Sinnen erleben.

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

Wandern – eine Kulturgeschichte Im 19. Jahrhundert gründeten der Österreichische Alpenklub und der Österreichische Touristenklub Sektionen in der Wachau. 1881 wurde ein hölzerner Aussichtsturm am Sandl (723 Meter) errichtet, der 1901 zu einer steinernen Aussichtswarte erweitert wurde. Die Warte ist nach Augustin Weigl (Fabrikdirektor, 1845–1914) benannt, der den Tourismus in der Wachau förderte und finanzierte. Die Entdeckung der Wachau


Thema: Gehen / 25

Terrassenweingärten …

erfolgte durch die Maler der Jahrhundertwende, die das Bild der Landschaft hinaustrugen und in den verwinkelten Ortschaften jene pittoresken „Malerwinkel“ festhielten, die bis heute kaum verändert sind. Die Maler gingen noch zu Fuß, wie etwa Eduard Zetsche (1844–1927) auf den Vogelberg oberhalb von Dürnstein: „Vom Kamme des Vogelbergs sieht man wohl am schönsten zwischen den überhängenden Felshörnern, die in finsteren Hochwald abstürzen, die klippenreiche, gewundene Schlucht des Thalgrabens hinab zur Donau. Der Strom liegt nun, scheinbar rings von Bergen umschlossen, wie ein stiller See im Grunde unten, vom Städtchen Dürnstein lugt eben noch der zierliche Barockthurm der Pfarrkirche herauf, neben dem steil der Berg mit der Schlossruine aufsteigt.“ Der Tourismus wurde mit den Errichtungen von Schifffahrtsstationen und dem Bau der Donauuferbahn im Jahre 1909 vorangetrieben. Mit der Motorisierung in den Wirtschaftswunderjahren nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich die Wachau zu einem klassischen Ausflugsziel für Automobilisten, die die Landschaft vom Auto aus entdeckten. Der Bau der „Romantikstraße“ entlang der Donau förderte das Schauen auf vier Rädern. Die Ökologiebewegung der 1980er Jahre einerseits und der Fitnesstrend andererseits brachten den Radtourismus auf Touren. Auf ehemaligen Treppelwegen (auf diesen zogen

... Ried Achleiten, Weißenkirchen.

einst Pferdegespanne die Schiffe stromaufwärts) führt der Donauradweg durch die Wachau bis ans Schwarze Meer.

Wandern auf die sanfte Tour Mit dem „Welterbesteig Wachau“ kommt das Wandern zurück in die Wachau. In der Tradition des 19. Jahrhunderts, in dem viele Höhenwege als „Steig“ benannt wurden, ist der Name gewählt. Außerdem folgt das Konzept der neuen Wanderroute dem erfolgreichen „Rheinsteig“ in Deutschland. Mit den überall aufliegenden Wanderkarten kann jede erdenkliche Route zusammengestellt werden. Eine Etappe hat durchschnittlich eine Länge von zwölf Kilometern. Drei Rollfähren (Dürnstein–Rossatzbach, Weißenkirchen–St. Lorenz, Spitz–Hofarnsdorf) sowie die Donaubrücken in Stein und Melk ermöglichen das Wechseln von einem Ufer zum anderen.

Wanderbare Vielfalt Wandern wird in der Wachau ein Kulturerlebnis. Der Welterbesteig bindet die historische Struktur der Ortschaften ein, führt an Wehrkirchen, Lesehöfen und Winzerhäusern vorbei. Er zieht sich durch die Altstädte von Dürnstein, Krems und Stein, durch Mautern und Rossatz. Die Kulturlandschaft wird in all ihrer Vielfalt erfasst und führt durch die Obstgärten mit Marillen, Birnen, Äpfeln und Pfirsichen in Hofarnsdorf oder zu den Mohnfeldern am Jauerling.

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

Die Jauerling-Etappen führen weit ins Waldviertel hinauf und über den Mühldorfer Steig zum höchstgelegenen Weingarten Niederösterreichs und weiter zur Wallfahrtskirche Maria Laach. Der Jauerling ist das „Dach der Donau“; die Jauerling-Warte liegt auf 960 Meter Seehöhe. Jede der einzelnen Wanderetappen hat ihre landschaftlichen Schwerpunkte. Die alten Hutweiden wie am Höhereck bei Loiben mit der Trockenrasenvegetation oder die Aulandschaft bei St. Lorenz: auf der einen Seite extreme Trockenstandorte, auf der anderen die mit Altarmen durchzogene „Venediger Au“. Die Trauben der weltberühmten Rieslinge reifen in Spitz und Weißenkirchen. Der Welterbesteig führt an den Rieden Rotes Tor und Singerriedel in Spitz sowie Achleiten und Ried Klaus in Weißenkirchen vorbei. Und überall im Blickpunk: die Donau, die sich wie ein blaues Band durch das Tal zieht. / Text: Mella Waldstein Fotos: Gregor Semrad

WELTERBESTEIG

——————————————————— Regionalbüro Wachau-NibelungengauKremstal 3620 Spitz/Donau, Schlossgasse 3 Tel. 02713 300 60-60 www.welterbesteig.at


350 Jahre Landespatron / 26

Hl. Leopold

WALLFAHRT MIT ROSS UND REITER Die Verehrung des Markgrafen Leopold III. setzte bereits bald nach seinem Tode 1136 ein. Bis heute stellen sich Scharen von Pilgerinnen und Pilgern bei seinem Grab in Klosterneuburg ein.

Reliqienschrein des hl. Leopold in der Leopoldskapelle, Stift Klosterneuburg.

Dem Klosterneuburger Chorherrn Floridus Röhrig, dem Doyen der Geschichtsforschung des Landespatrons, war bis vor Kurzem ausschließlich Klosterneuburg als Wallfahrtsziel zum hl. Leopold bekannt. Röhrig äußerte sich wertschätzend, dass in dem 2009 erschienenen Buch „Pilgerwege durch den Wienerwald“ auch Klausen-Leopoldsdorf als Leopoldi-Gnadenort vorgestellt wurde. Im gegenständlichen Buch wurde zudem der neu kreierte „WallfahrtsWeg WienerWald“ präsentiert. Beginnend beim Grab des hl. Leopold in Klosterneuburg (Klosterneuburg ist erstmals Aus-

gangspunkt eines Pilgerweges) werden alle Wallfahrtsorte des Wienerwaldes in Form eines Rundweges miteinander verbunden, u. a. auch die drei Gründungen des hl. Leopold – Klosterneuburg, Heiligenkreuz und Klein-Mariazell – sowie die zwei LeopoldiGnadenorte Klosterneuburg und KlausenLeopoldsdorf.

Der „große“ LeopoldiWallfahrtsort Klosterneuburg Unmittelbar neben der Stiftsbasilika Mariä Geburt und direkt vom Kreuzgang aus

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

erreichbar befindet sich die Leopoldskapelle – die Wallfahrtskapelle zum Grab des hl. Leopold. Wir schreiben das Jahr 1136. Markgraf Leopold III. stirbt am 15. November, vermutlich auf der Jagd, eines plötzlichen Todes und wird im Kapitelsaal des Stiftes Klosterneuburg beigesetzt. Während seiner Zeit als Markgraf von Österreich hatte sich Leopold aus dem Geschlecht der Babenberger durch praktizierten Glauben, Liebe zu seiner Familie und zum Volk sowie soziales Wirken und konsequente Friedenspolitik ausgezeichnet. Diese konsequente Friedenspolitik während seines Wirkens in Klosterneuburg war für die Entwicklung Österreichs ein wichtiges Element zur Ausbildung der Landeshoheit und des Landesfürstentums. In der Heiligsprechungsbulle von Papst Innozenz VIII. wird Leopold mit folgenden Worten beschrieben: „Während andere Länder unter Mord und Blutvergießen litten, hat er die ihm anvertraute Mark Österreich in gottgefälligem Frieden erhalten.“ Das früheste Zeugnis einer Verehrung des Markgrafen verfasste ein Chorherr um 1170 für die Klosterneuburger Annalen. Im 15. Jahrhundert werden dem milden Markgrafen zahlreiche Gebetserhörungen zugeschrieben. 1485 wurde Markgraf Leopold III. von Papst Innozenz VIII. in die Schar der Heiligen aufgenommen. Der Kapitelsaal verlor endgültig seine Funktion und wurde als Leopoldskapelle das Zentrum des nunmehr offiziell anerkannten Wallfahrtsortes Klosterneuburg. Am 15. Februar 1506 erfolgte im Beisein von Kaiser Maximilian I. im Rahmen einer prunkvollen Feier die Erhebung der Gebeine (Translatio Leopoldi).


350 Jahre Landespatron / 27

Gnadenbild des hl. Leopold in Klausen-Leopoldsdorf.

Meines Erachtens war die feierliche Translation in gewisser Hinsicht ein erster Schritt zur viel später vorgenommenen Erhebung Leopolds zum Landespatron von Österreich. Im 17. Jahrhundert war es nämlich Kaiser Leopold I., der fast jedes Jahr am 15. November nach Klosterneuburg pilgerte. Er erklärte 1663 den hl. Leopold zum Landespatron von Österreich. Der 15. Februar, das Fest der Erhebung der Gebeine des hl. Leopold, der „Kleine Leopolditag“, ist im Vergleich zum 15. November wenig bekannt. Vielmehr finden wie eh und je der 15. November, das Hochfest des hl. Leopold, und die Tage davor und danach großen Zuspruch. Die niederösterreichische Landesregierung mit dem Landeshauptmann an der Spitze feiert traditionell das Pontifikalamt am 15. November in Klosterneuburg mit. Eindrucksvoll stellt der Landeshauptmann anlässlich des Niederösterreichischen Landesfeiertages die Bedeutung des Lebens des Markgrafen Leopold III. für die Geschicke des Landes heute dar.

Der „kleine“ Leopoldi-Wallfahrtsort Klausen-Leopoldsdorf Kaiser Leopold I. hatte die ersten Holzknechte im Gebiet des Wienerwalds angesiedelt, in dem sich später der Ort KlausenLeopoldsdorf entwickelte. Es war also nahe-

Reiterin in der neuen Reit- und Fahrtracht am Kleinen Leopolditag 2013, Klein Mariazell. Foto: NOEPS

liegend, den ersten Kirchenbau im Jahr 1754 dem Namenspatron des Kaisers zu weihen: dem hl. Leopold. Der heute einfache barocke Bau mit einem Dachreiter beinhaltet einen schlichten Hochaltar mit einem Altarblatt des hl. Leopold aus dem Jahr 1830. Dechant Josef Kantusch, der vor seiner Ernennung zum Pfarrer von Klausen-Leopoldsdorf einen Bauernhof dortselbst bewirtschaftet hatte, bekundet im persönlichen Gespräch seine Freude, dass in letzter Zeit, ähnlich wie in seiner Kindheit, wieder zunehmend mehr Menschen zum hl. Leopold nach Klausen-Leopoldsdorf pilgern. Der „kleine“ Leopoldi-Wallfahrtsort ist ein Beispiel für jene Gnadenorte (ja, diese gibt es!), die eher nur den „Wallfahrtsinsidern“ bekannt sind und in Publikationen kaum vorzufinden sind.

Niederösterreichische Rosswallfahrt Der Niederösterreichische Pferdesportverband veranstaltet als Beitrag zum Jubiläum „350 Jahre Landespatron hl. Leopold“ die 2. Niederösterreichische Rosswallfahrt von Klosterneuburg nach Klausen-Leopoldsdorf. Am Kleinen Leopolditag, dem 15. Februar 2013, wurden in Klein-Mariazell das Programm der 2. Niederösterreichischen

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

Rosswallfahrt und eine neu kreierte Reit- und Fahrtracht, die in Zusammenarbeit mit Gexi Tostmann entstanden ist, der Öffentlichkeit präsentiert. Mit der Rosswallfahrt und der Reit- und Fahrtracht wird beabsichtigt, einerseits einen Beitrag für das Land zu leisten und andererseits sich in die Vielfalt der authentisch-positiven Bräuche einzureihen. Höhepunkte der Rosswallfahrt sind zweifelsohne der Auftakt am 22. Juni 2013 in Klosterneuburg um 15.30 Uhr auf dem Rathausplatz und der Abschluss am 30. Juni 2013 in Klausen-Leopoldsdorf um 15 Uhr auf dem Platz vor der Kirche, jeweils mit Leopoldi-Segen und Festakt. Die Rosswallfahrt auf der Teilstrecke Klosterneuburg– Klausen-Leopoldsdorf des WallfahrtsWegs WienerWald trifft u. a. am 25. Juni 2013 in Heiligenkreuz und am 30. Juni 2013 in Klein-Mariazell ein. / Text und Fotos: Otto Kurt Knoll

ROSSWALLFAHRT

——————————————————— Sa, 22.–So, 30. 6. 2013 Klosterneuburg–Heiligenkreuz– Klein-Mariazell–Klausen-Leopoldsdorf www.noe-pferdesport.at


Industrieviertel / 28

Pressbaum

Schwaigen-Reigen

hoch auf der alm

Grün wie der Wald

Schwaigen-Reigen nennt sich das Festival der Almhütten im Wechselgebiet.

Das Pressbaumer Dirndl wurde anlässlich der Stadterhebung kreiert.

Foto: Franz Zwickl

Von den weiten Hochebenen über der Baumgrenze ist das Fernsicht uferlos – von den Karpaten in der Slowakei über die ungarische Tiefebene bis nach Slowenien reicht die Sicht an klaren Tagen. Mit 1.743 Meter überragt der Hochwechsel das weitläufige Bergland und ist die östlichste Erhebung der Alpen. Unzählige Wanderwege führen über Wiesen und durch Wälder zu den „Schwaigen“, den meist bewirtschafteten Hütten auf den Melkalmen. Zum siebten Mal findet eine Woche nach Almauftrieb, am 15. Juni, der Schwaigen-Reigen statt. Auf 16 Almhütten und Schwaigen auf steirischer und niederösterreichischer Seite des Wechselgebietes wird gesungen, getanzt und gejodelt. Musikanten, Sänger und Tänzer aus Niederösterreich, der Steiermark und Gäste aus Ungarn erwarten die Wanderer auf den Hütten. Die Organisatoren des Schwaigen-Reigen nahmen das erste Treffen der über 200 Mitwirkenden zum Anlass, um den aktuellen musikalischen Reichtum der Region zu erforschen und zu dokumentieren. Die Geschichte der Almhütten und Schwaigen, ausgewählte Notenbeispiele sowie Musikerinnen und Musiker sind im Buch „Schwaigen Reigen Echo“ vorgestellt. /

SCHWAIGEN-REIGEN

———————————————————————————————— Sa, 15. 6. 2013 www.schwaigen-reigen.at Gratis-Shuttle-Bus von Aspang bis zum Wetterkoglerhaus sowie von/nach Aspang über St. Corona und Kirchberg auf den Feistritzsattel Erika Sieder und Walter Deutsch: „Schwaigen Reigen Echo“ ISBN 978-3-85252-921-9, Verlag Bibliothek der Provinz EUR 28,00

V. l. n. r.: Bgm. Josef Schmidl-Haberleitner, Verena Brabec-Wolf, Uschi Niemeczek, LH Dr. Erwin Pröll, Ök.-Rat Lieselotte Wolf, Dr. Edgar Niemeczek.

Der Wunsch vieler Gemeinden nach einer eigenen Tracht ist groß. Für eine gelungene Trachtenneuschöpfung sind gute Beratung durch Fachleute und genaue Recherchearbeit unbedingte Voraussetzungen und verhindern ästhetische Missgriffe. Als die Pressbaumer Frauen anlässlich der Stadterhebung der Marktgemeinde Pressbaum ein eigenes Pressbaumer Dirndl kreierten, entschieden sie sich für einen bestimmten Kriterienkatalog. Das Dirndl sollte dauerhaft etwas über die Region aussagen und keine bloße Modeerscheinung sein. In Zusammenarbeit von Uschi Niemeczek und Trachtenexpertin Gexi Tostmann wurde der Entwurf für das Pressbaumer Dirndl erarbeitet. Das Dirndl wurde nach den Kriterien einer Volkstracht entworfen und damit bezüglich Schnitt, Farben, Knöpfen, und Stoffart genau definiert. Trotz dieser Vorgaben wird eine Volkstracht nie zur Uniform. Die Variation liegt im Detail. Farbnuance, Stoffmusterung, Zusammenstellung der Kleidund Schürzenfarben sowie Blusenschnitt, Strumpfwahl und Schuhwahl – dies alles wird von der Trägerin individuell entschieden. Der Leib des Dirndls kann in den Farben Blau oder Grün getragen werden, die Knöpfe sind mit dem Pressbaumer Wappen verziert. Der Rock ist aus Baumwolle und hat ein Streumuster in der gleichen Farbe wie das Leibchen. Je nach Anlass und Geschmack kann das Dirndlkleid mit Baumwoll- oder Seidenschürzen mit eingewebten Streumuster in allen Blau- oder Grüntönen, die gut mit Gelb kombinierbar sind, getragen werden. Uschi Niemeczek: „Wichtig war uns, dass bei diesem Dirndl klar erkennbar ist, dass wir zusammengehören, aber jede trotzdem ihr ,eigenes Dirndl‘ gestalten kann.“ /

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013


Weinviertel / 29

Weinviertel-Buch

mehr als idylle Das „Weinviertel. Mehr als Idylle“: Im Buch der Volkskultur Niederösterreich wird ein vielschichtiges Porträt der Region gezeigt. Der Text- und Bildband komplettiert die Reihe über Niederösterreichs Viertel. Kellerkühler Wein inklusive Für Kultur, und das zeigt sich auch an der Atelierdichte bei den alljährlichen „Tagen der offenen Ateliers“, stehen die Tore und Türen im Weinviertel weit offen. Im Buch wird die Geschichte der Weinviertler Kirtagsmusik beschrieben – bis hin zum Erfinder des Synthesizers. Die Beiträge beschäftigen sich mit den Landschaftsmalern bis zur Kunst in der Landschaft. In der Kellergasse beginnt das gesellschaftlichen Leben beim „Grean gehen“ zu Ostern und endet im „Advent in der Kellergasse“: In der Festkultur verstehen es die Weinviertler, „Tradition als Trademark“ zu etablieren. Rebzeilen schwingen sich ordentlich gekämmt über die Hügellandschaft. Foto: Manfred Horvath

Gibt es das Weinviertler Dorf? Mit dieser Frage beginnt in dem Text- und Bildband eine Erkundungsreise, dessen thematischer Schwerpunkt die Erforschung sozialer und historischer, volkskundlicher und architektonischer Strukturen ist. Basis des Weinviertler Dorfes war und ist die Landwirtschaft, die – und das scheint ein Erfolgsrezept der Region zu sein – schon seit ihrer Anlage Acker- und Weinbau gleichermaßen, also Brot und Wein, umfasst. Vom Dorf geht es hinaus in die Gärten und deren traditionelle Kulturpflanzen und natürlich in die Kellergassen bis zu den Gutshöfen, die wie „Schiffe im Weizenmeer“ ankern und bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts ein eigner wirtschaftlicher und vor allem sozialer Kosmos waren. Die historischen Beiträge beschäftigen sich mit der reichen Urgeschichte des Landes; die – oft zugedeckt vom

Löß – aber auch weithin sichtbar ist, wie die Tumuli, Grabstätten aus der Hallstattkultur. Mit dem Boden befasst sich auch die Geschichte des Erdöls, die vor 100 Jahren an der March ihren Ausgang nahm. Die Geschichte ist eine schmerzliche. Sie ist an den Kriegsschauplätzen der Jahrhunderte festzumachen, deren das Weinviertel zahlreiche hatte. Die Verfolgung, Vertreibung und Auslöschung von Minderheiten beginnt zwar nicht bei den Hutterern, die aus Westen ins Weinviertel und Südmähren kamen, hat aber hoffentlich nach dem Zweiten Weltkrieg, nach der Auslöschung der jüdischen Gemeinden im Weinviertel und den Qualen der Zwangsarbeiter in Strasshof ein Ende gefunden. Danach verharrte das Weinviertel für Jahrzehnte im Schatten des Eisernen Vorhangs.

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

Zu guter Letzt: Die Texte werden von Bildern der Weinviertler Landschaft begleitet. So heißt es im Vorwort der Herausgeber: „Schwingen da nicht sanfte, weizenblonde Hügel, spannt sich da nicht ein weiter, sommerheißer Himmel, gleißt nicht ein weißgekalktes Presshaus mit einem Hollerbusch daneben, kellerkühler Wein inklusive? Aber halt! Da ist ja mehr als Idylle.“ /

DAS WEINVIERTEL – MEHR ALS IDYLLE

——————————————————— Verlag Bibliothek der Provinz ISBN: 978-3-901820-80-9 EUR 29,70 Erhältlich in der Galerie der Regionen, Krems-Stein office@volkskulturnoe.at


Bücher, CDs & feine Ware / 30

Auslage HALT ES FEST DAS LEBEN

OBACHT!

—————————————————————

——————————————————————

Halt es fest das Leben. Lieder von Walter Deutsch nach Gedichten von Emil Breisach EUR 18,00 Erhältlich über www.volkskulturnoe.at

Musik aus Bayern Vol. 3 EUR 17,95 Erhältlich über www.galileo-mc.de

Seit vielen Jahren prägt Walter Deutsch sowohl die Forschung als auch die Praxis im Bereich der traditionellen Volksmusik, ob als Wissenschaftler, Autor, Vortragender oder Gestalter von Rundfunk- und Fernsehsendungen. Weniger bekannt ist das kompositorische Schaffen von Walter Deutsch. Als ausgebildeter Komponist und Dirigent ließ er sich speziell von Gedichten, Gedankensplittern und Epigrammen des Autors Emil Breisach inspirieren. Berührt von seinen heiteren, trauernden, belehrenden, fordernden oder oft auch nur beschreibenden lyrisch formulierten Zeilen entstanden die vorliegenden Vertonungen. Aus dem dichten Klaviersatz der freitonalen Charakterstücke tritt die Gesangstimme selbständig hervor. Sie findet über akkordisch gestützte Motive kühn ihren Weg und durchwandert rhythmisch akzentuierte Klangbilder. Die Motive steigen und fallen, sie stehen, trauern und jubeln. Sie halten das Leben fest. Aus Anlass des 90. Geburtstags von Prof. Walter Deutsch ist diese Jubiläums-CD mit seinen Kompositionen erschienen, interpretiert von der Sängerin Agnes Palmisano und der Pianistin Clara Frühstück. /

Obacht! Die bayerische Volksmusik ist nicht das, wofür sie vielfach fälschlich gehalten wird: Volksmusik ist nicht billiges Stadlgrinsen, nicht Schunkel- oder Schenkelklopf-Treibstoff, nicht Kehlkopfakrobatik vor künstlicher Alpenkulisse. Volksmusik in Bayern ist oft tief empfundene Musik, die nicht unbedingt für große Säle geschaffen wurde: teils ist sie sehr intim, steht aber auch für fetzigen Tanz oder für Geborgenheit, für Kritik oder Frotzelei. Bereits seit Ende der 1920er Jahre entstand eine Szene, die sich bewusst der nicht kommerziellen Volksmusik verschrieb. Paul Kiem, ein mit dem Schriftsteller Ludwig Thoma befreundeter Musiker, begab sich auf Sammelreise, notierte und publizierte Lieder – vor allem aber stellte er auch Ensembles zusammen, die im Rundfunk auftreten konnten. Kiem Pauli und seine Freunde hatten ein attraktives Podium für ihre musikalische Botschaft der echten Volksmusik – und der Rundfunk hatte gute und originelle Musik, mit der sich Bayern auf hohem Niveau präsentieren konnte. Wer in Bayern aufwächst, wächst auch mit „echter“ Volksmusik auf, die ihm täglich in den bayerischen Radiosendern begegnet, die in Schulen und Universitäten vermittelt wird, die durch die bayerischen Bezirke und ihre Institutionen gepflegt und durch Organisationen wie dem Bayerischen Landesverein für Heimatpflege gefördert wird. Dass bayerische Volksmusik nicht einheitlich definiert werden kann, sondern sich aus geografischen und zeitlichen Kompo-

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

nenten immer wieder neu zusammensetzt, wird inzwischen weitgehend als Tatsache anerkannt und vermittelt. „Obacht 3“ begibt sich diesmal auf musikalische Spurensuche in bayerische Regionen und ihre Geschichte(n). Mit Unterstützung der Volksmusikredaktion des Bayerischen Rundfunks konnte es gelingen, auch rare Aufnahmen von Wirtshaussängern aus Bayern und den angrenzenden Regionen zu präsentieren. Die, wie die übrigen Lieder, Jodler und Tänze, ein Ziel haben: Der bayerischen Tradition in allen Facetten Respekt zu zollen. /

RUNDUMADUM

——————————————————————

Eine musikalische Reise um die Welt und zurück zum Ammersee EUR 16,90 Verlag Kein & Aber www.keinundaber.ch Juhuu, endlich Ferien, jetzt nichts wie weg! Aber wohin? Ganz egal, nur möglichst weit weg! Bloß mit dem Hinfliegen ist es nicht getan, denn wie redet man im fremden Land, wie benimmt man sich dort? Dieses Buch ist eine musikalische Pauschalreise von Land zu Land – von Italien, Irland, Spanien über Russland, China, Amerika bis nach Afrika –, auf der landesspezifische Eigenheiten aus der Sicht eines Kindes im Stil traditioneller Reiselieder vergnüglich aufgespießt werden. Immer schön umadum, nicht einfach rundherum um die Welt, denn egal, wo man ist, man bleibt immer noch Bayer. Und muss als solcher, trotz Tschaitrunk in Indien und Tarantella-Tanz in Italien, feststellen: Zu Hause am Ammersee ist’s immer noch am schönsten! Ein lustiges Liederbuch, das hilft, die Welt ein klein wenig besser zu verstehen. /


Bücher, CDs & feine Ware / 31

ZWANGSARBEIT

——————————————————————

Dieter Bacher/Stefan Karner (Hg.): Zwangsarbeit in Österreich. 1939–1945 und ihr Nachkriegsschicksal EUR 39,90 ISBN 978-3-7065-5217-2 Studien Verlag www.studienverlag.at Schwere landwirtschaftliche Arbeit ohne angemessene Bekleidung hatte Anna O. aus Polen zu verrichten. Eine Nachbarin hatte Mitleid und gab ihr Kleider und Schuhe. Der herzlose Bauer verbrannte diese Geschenke. Ein Wehrmachtssoldat schlug ihr einen Gewehrkolben auf die linke Kopfseite, sodass das Trommelfell platzte. Ein Stier verletzte ihren Fuß schwer, die Wunde blieb unbehandelt. Schließlich wurde Anna O. auch noch zwangssterilisiert. Für die Betriebe in Nazi-Deutschland, aber auch für die landwirtschaftliche Produktion spielten Zwangsarbeiter eine wichtige Rolle: Bereits ab 1938 wurden Zwangsarbeiter auf dem Gebiet der heutigen Republik Österreich eingesetzt. Nach Kriegsbeginn 1939 – die Wirtschaft im Deutschen Reich litt aufgrund der Aufrüstung und der Wehrpflicht für deutsche und österreichische Männer rasch unter einem Mangel an Arbeitskräften – brachte man Menschen aus den besetzten Gebieten (zunächst Polen, Frankreich, Gebiet des früheren Jugoslawien) als Kriegsgefangene und
 zivile Zwangsarbeiter ins
 Deutsche Reich. Es gab regelrechte Menschenjagden auf Dorfplätzen, vor Schulen und Kirchen. Ohne Zwangsarbeiter wäre die Kriegsmaschinerie bereits 1942/43 zusammengebrochen. Der Auf- und Ausbau österreichischer Industrieanlagen war wesentlich vom Einsatz ausländischer Zwangsarbeiter abhängig. Im Herbst 1944 stand alleine in den „Alpen- und Donau-Reichsgauen“, also im Wesentlichen auf dem Gebiet des heutigen Österreich, 1,7 Millionen „freien“ inländischen Arbeitskräften fast eine Million ausländischer Zwangsarbeiter gegenüber. Das Buch widmet sich einen bis dato noch wenig erforschtem Themenkomplex und entstand auf Basis der Grundlagen des Österreichischen Versöhnungsfonds, der 132.000 Anträge ehemaliger Sklaven- bzw. Zwangsarbeiter genehmigte. /

FÜR ALLE ZEITLAGEN

—————————————————————— Martin Lammerhuber: Zeitimpulse durch das Jahr EUR 9,90 ISBN: 978-3-99024-157-8 Kral Verlag www.kral-verlag.at

DAS GEWISSE KARO

——————————————————————

„Es geht um die große Zeitsehnsucht vieler Menschen und um Anregungen für mehr Zeitbewusstsein“, so der Marketingmanager und Autor. Das Buch bringt Tipps und Anregungen durch alle Jahreszeiten und Monate; der Autor holt den Leser dort ab, wo er gerade steht und seine Zeitsehnsucht ihn begleitet. Ob Arbeit, Karriere, Familie, Urlaub, Freizeit – für alle Lebens- und Zeitlagen sind Impulse dabei. Der Nutzen ist ganz klar: mehr Zeit für die Zeit. Wer sehnt sich nicht nach Entschleunigung, Auszeit, Zeit für sich selbst? Das Buch bietet Hilfe mit praktischen Beispielen, einen Zeittest, Zeitlyrik, philosophische Gedanken und spielerische Elemente.
/

AUGENWEIDE

——————————————————————

Joachim Brocks: Natur im Garten EUR 24,90 ISBN 9783901392313 Stein Verlag www.steinverlag.at Seit mehr als zehn Jahren sorgt die Aktion „Natur im Garten“ dafür, dass Gärten vielfältiger, ökologischer und naturnäher werden. Weit über 100.000 Gartenfreunde folgen in Niederösterreich der Aktion, mehr als 10.000 Gärten wurden bereits mit der Plakette für ihre ökologische Gestaltung und Pflege ausgezeichnet. Die Schaugärten von „Natur im Garten“ locken weit über drei Millionen Besucher an. Dieser Bildband ist eine Augenweide – man meint, die Blüten zu riechen, greift zu den sonnendurchleuchteten Beeren, es zirpt und raschelt. Es ist eine Bestätigung für all jene, die nach den Richtlinien der ökologischen Gartenpflege arbeiten. Und für die, die noch nicht Natur im Garten haben, eine unwiderstehliche Anregung. /

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

Kalmuck ist ein doppeltes Baumwollgewebe, welches mit jeweils zwei Kett- und Schussfadensystemen als zwei Gewebe miteinander gewoben und verbunden wird. Aufgrund seiner Robustheit wurden Jacken aus Kalmuck von Flößern und Schiffern getragen – so kam der Stoff in diesem typischen Karo in die Wachau und wurde von den Winzern übernommen. Der Kalmuck-Janker zählt seither zur traditionellen Wachauer Tracht. Der Stoff (Breite 150 cm) einer Tiroler Weberei ist in der Galerie der Regionen in braunem und blauem Karo erhältlich. Weiters gibt es Kalmuck jetzt zum Einwickeln. Das Geschenkpapier mit Kalmuckmuster einer Kremser Druckerei ist ein nette Aufmerksamkeit. Und vielleicht ist ja dann schon ein Kalmuck-Janker drinnen, noch besser samt diesem feschen Model … / Galerie der Regionen 3504 Krems-Stein, Donaulände 56 Tel. 02732 85015 15 Di–Fr, 10.00–12.00 und 15.00–18.00 Uhr, jeden 1. Sa im Monat 10.00–12.00 und 14.00–17.00 Uhr, an Konzerttagen bis 21.00 Uhr www.volkskultureuropa.org/galerie


Forschung / 32

Volkskunde

MUSEUM ZWISCHEN STADT UND LAND Die vielfältigen Beziehungen des Österreichischen Museums für Volkskunde zu Niederösterreich in der Zwischenkriegszeit.

Palais Schönborn in Wien, Gartenansicht, seit 1917 Österreichisches Museum für Volkskunde.

Seit 2010 beschäftigt sich ein Forschungsprojekt mit der wechselvollen Geschichte des Österreichischen Museums für Volkskunde in Wien. Der Forschungsschwerpunkt liegt dabei auf den Jahren zwischen 1930 und 1950, die für das Museum vielschichtige Veränderungen bedeuteten. Vom eher unterfinanzierten Liebhaber-Museum entwickelte sich das Haus in intensivem Austausch mit gesellschaftlichen wie (kultur)politischen Strömungen in Wien und Österreich zu einem zentralen und publi-

kumswirksamen Ort für „authentische“ Volkstumserlebnisse. Das Museum gewährleistete diese durch eine atmosphärisch dichte Mischung aus wissenschaftlichen Erkenntnissen und heimatpflegerischen wie volksbildnerischen Bestrebungen, die auch in die jeweiligen politischen Kulturauffassungen integriert wurden. Seit 1917 befindet sich das Volkskundemuseum in der Laudongasse im 8. Wiener Gemeindebezirk. Bis zu diesem Zeitpunkt

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

hatte es ein eher unauffälliges Dasein in einigen wenigen Räumlichkeiten in der Wiener Börse geführt. Für das damalige „k. k. Museum für Volkskunde“ signalisierte dieser Umzug in ein eigenes Gebäude ein Aufbruch in eine neue Zeit, die Ausrufung der Ersten Republik 1918 jedoch veränderte schlagartig die institutionellen Rahmenbedingungen wie auch die wissenschaftliche Ausrichtung: Hatte sich das Museum bislang in seinen Sammlungen im Wesentlichen an den Möglichkeiten des Vielvölkerstaates ori-


Forschung / 33

entiert, war nun die wichtige „politischwissenschaftliche Stütze des Staatsgedankens der Monarchie“ obsolet geworden. Die große Inflation brachte das nunmehrige Museum für Volkskunde in existenzielle Schwierigkeiten. Obwohl 1920 die meisten Schauräume eröffnet werden konnten, blieb die Situation angespannt und verschärfte sich erneut im Zuge der Weltwirtschaftkrise um 1930. Eine Verbesserung der Situation zeichnete sich für das Museum erst mit der Etablierung des austrofaschistischen Ständestaates 1933/34 ab, die eine staatliche Aufwertung von Volkskultur bedeutete: Erhöhte Subventionen des Bundes, der Stadt Wien oder auch der Kammer für Handel, Gewerbe und Industrie erlaubten dem Haus eine intensivere Ausstellungstätigkeit, führten zu größeren Infrastrukturmaßnahmen oder auch zu neuen volkskundlichen Unternehmungen.

Ort für Wissenschaft und Anwendung Das Volkskundemuseum hatte sich im Wien der Zwischenkriegszeit zum zentralen Ort volkskundlicher Wissensproduktion entwickelt – ein eigenes Universitätsinstitut für das Fach Volkskunde existierte bedeutungsvollerweise erst ab 1939. Hier herrschte ein intensiver Austausch, der zum einen Unterhaltungs- und Wissenselemente aus Stadt und Land aufnahm, aber auch über verschiedenste Veranstaltungen, Ausstellungen oder Vorträge wieder zurückwirkte. Professionisten und Laien gleichermaßen konzentrierten sich in der Laudongasse auf „Pflege und Erhaltung“ von „Volkskultur“. Vor allem Volkstanz, Lied und Spiel sowie die Förderung bzw. Belebung nationaler Hausindustrie und des Trachtenwesens nahmen einen breiten Raum in der Vermittlung von Inhalten des Museums ein und fanden auch Einzug in den Alltag der Wiener Bevölkerung. Als besonderes, weil jedes Jahr viele Besucher anziehendes Beispiel seien hier die Aufführungen des St. Pöltner Krippenspiels genannt. Dieses wurde ab 1931 jährlich in der Adventszeit bis in den Jänner in einem Nebenraum des Museums von der „Österreichischen Heimatgesellschaft“ aufgeführt, die 1927 von einem Mitarbeiter des Museums gegründet worden war. Bemerkenswert am St. Pöltner Krippenspiel ist, dass sich die

Wiener volkskundlichen Akteure bewusst für ein Spiel aus der niederösterreichischen Kleinstadt entschieden hatten. Auch so wurden der als gefährlich beschriebenen und vielleicht auch tatsächlich so empfundenen Großstadt anheimelnde Elemente aus der gediegenen Atmosphäre des Kleinstädtischen entgegengesetzt. Allgemein wandte sich die „Österreichische Heimatgesellschaft“ explizit an ein breites Publikum und versuchte dieses für die Belange und Ziele der Volkskunde zu gewinnen. Sie vermittelte zwischen der wissenschaftlichen Volkskunde und etwa den vielen Trachten- und Traditionsvereinen, die sich „Volkskultur“ auf ihre Vereinsfahnen geschrieben hatten. Diese Vereine, in denen sich viele „neue“ Wienerinnen und Wiener der ersten und zweiten Generation einfanden, stellten das Bindeglied zwischen der Großstadt und der „Provinz“ dar, so auch zum niederösterreichischen Umland. Allerdings, dies gilt es zu betonen, waren sowohl die Aktivitäten des Volkskundemuseums wie auch der Heimatgesellschaft schon vor 1933/34 in den Dienst einer zeitpolitisch bzw. sozial zu verortenden „Heimat“-Idee gestellt worden. Im Verlauf der 1930er Jahre jedoch mischten sich neben den nationalkonservativ bis völkisch eingestellten Verbänden nun auch kulturpolitische Organisationen des Austrofaschismus in die traditionalistische Heimatpflege des Museums und in dessen Ausstellungsprogramm. Die Reichweite des Museums gelangte weit über den lokalen, also den urbanen Wiener Handlungsraum hinaus. So etablierten der Direktor des Hauses, Arthur Haberlandt, und die „Österreichische Heimatgesellschaft“ das Volkskundemuseum als zentrale Anlaufstelle in allen Belangen der Tracht und der so genannten Trachtenpflege. Zahlreiche Anfragen aus ganz Österreich erreichten die ab 1935 offiziell am Museum eingerichtete „Trachtenberatungsstelle“, auf die Haberlandt und sein Mitarbeiter Antwort gaben. Dabei verstanden sie sich als Gutachter, die über die „richtige Tracht“ entschieden und etwa „verkitschte“ Neuschöpfungen kritisierten bzw. ablehnten. Für das Museum blieb das mächtige Bundesland Niederösterreich bis in die Zweite Republik ein optimaler Partner in der Ver-

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

„Heimatland“, 1936 – Zeitschrift der „Österreichischen Heimatgesellschaft“.

wirklichung der kulturpolitischen Ziele. Einer der ersten Ausstellungsräume des seit 1946 wirkenden neuen Sammlungsleiters und späteren Direktors Leopold Schmidt war dem Land Niederösterreich gewidmet. Das Museum hatte sich nun von der „großdeutschen“ Rhetorik gelöst und betonte das Österreichische, ganz im Sinne der neuen Staatsdoktrin. Dass dabei das Wien umgebende Bundesland eine zentrale Rolle spielte, zeigen auch personelle Verbindungen: So war etwa Franz Hurdes als neuer niederösterreichischer Volksbildungsreferent im wieder gegründeten Verein für Volkskunde in Wien als Funktionär tätig. Damit nahm er Verbindungen aus den 1930er Jahren wieder auf, als er im bäuerlichen Volksbildungsheim in Hubertendorf bei Amstetten federführend an der ständestaatlichen Umsetzung des Volkskulturgedankens beteiligt war. Bei den praktischen Ausbildungskursen und Volkskulturwochen waren viele der Volkskundler aus Wien gern gesehene Vortragende. Von diesen intensiven Arbeitsbeziehungen zeugen auch Kooperationen von bedeutender Größe wie die Gründung der Außenstelle des Museums auf Schloss Gobelsburg, wo 1966 die erste Sonderausstellung eröffnet wurde. / Text: Birgit Johler, Magdalena Puchberger Foto: Österreichisches Museum für Volkskunde


Thema: Gehen / 34

Wiener Typen

ÖLTRÄGER, GAIKRÄMER, RASTLBINDER Sie gingen singend und rufend von Haus zu Haus, waren in exotische Tracht gehüllt, was gleichzeitig Werbung für ihre Produkte war: Hausierer und Wanderhändler, dargestellt in Serien der „Kaufrufe“.

Johann Christian Brand, Salamiverkäufer, nach 1798 (Detail). Foto: Wien Museum

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013


Thema: Gehen / 35

Die Kaufruf-Darstellungen wurden im Rokoko modern, als die Bürger begannen, die Natur und mit frühem ethnologischen Interesse das „gemeine Volk“ zu entdecken. Johann Christian Brand (1722–1795) schuf eine berühmte Kupferstichserie mit etwa 40 Wiener Kaufrufen. „Im 18. Jahrhundert erlebte das Genre der Kaufrufe in Wien seinen Höhepunkt“, schreibt der Historiker Gerhard Milchram im Katalog zur Ausstellung „Wiener Typen – Klischee und Wirklichkeit“ im Wien Museum. Einige der Wanderhändler waren nach ihrer Herkunft benannt (welsche Salamimänner, Zwiefel’krawat oder Tiroler Teppichhändler), andere nach ihrem Produkt (Ölträger, Rastelbinder, Vogelfänger).

Tiroler Teppichhändler Wanderhändler legten oft große Distanzen zurück, so waren Tiroler Händler aus dem Westen der k. u. k. Monarchie bis in deren östliche Kronländer wie Galizien unterwegs. Die Tiroler Teppichhändler aus dem Defreggental setzten Tracht, Dialekt und Humor zur Geschäftsanbahnung ein und waren bekannt für ihr weit verzweigtes Handelsnetz. Sie waren sogar in Ägypten anzutreffen. Der Niedergang des Tiroler Teppichhandels setzte ab den 1820er Jahren ein. Kroaten und Slowenen finden sich in den Abbildungen als Ko’löffelkrawat, Zwiefel’krawat und Leinwandhändler sowie Rastelbinder. Die Rastelbinder aus der Slowakei stellten Drahtkörbe her und reparierten mit Draht zerbrochenes Geschirr. Als Ölträger verkauften sie selbsthergestellte ätherische Öle, Balsame und Pülverchen als Arzneien. Italiener sind als „welscher Figurenhändler“ und „welsche Würst-Krämer“ zu sehen. Viele kamen aus dem Friaul und gingen in Eilmärschen in nur acht bis neun Tagen nach Wien, das entspricht einem Durchschnitt von 50 Kilometer pro Tag. Die Salami hatten sie übrigens nicht im Gepäck – sie wurden unter ihrer Anleitung in Wien hergestellt. Jüdische Wanderhändler und Hausierer haben in den „Wiener Typen“-Serien ihren festen Platz. Als marginalisierte und häufig angefeindete Minderheit waren sie noch viel stärker von lokalen Faktoren und gesetzlichen Bestimmungen abhängig als ihre

Georg Emanuel Opitz, „Ein herrschaftlicher Jäger, mit einem Regensburger Dienstmädchen, und ein Tyroler Teppichhandler, in Wien. / Le Chasseur au Service, d’une haute Noblesse, avec une Servante de Ratisbonne et un Tyrolois, qui vend des Tapis de Vienne.“ (Detail). Foto: Wien Musuem

christlichen Kollegen. Vor allem waren sie in einem „viel stärkeren Ausmaß Einschränkungen bezüglich Niederlassung, Berufswahl und Mobilität unterworfen“, schreibt der Historiker Gerhard Milchram.

„Unnötige Ware“ und Handelspatente Das Verhältnis der Obrigkeit zu den wandernden Händlern war von tiefem Misstrauen geprägt: Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, Verleiten zum Ankauf unnötiger Ware, Liederlichkeit – um ein paar Schlagworte zu nennen. Unter Maria Theresia und Sohn Joseph II. wurden Handelspatente ausgegeben. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das Gesetz auch dazu genutzt, um der Bevölkerung bestimmter strukturschwacher Gebiete einen zusätzlichen Erwerb zu ermöglichen bzw. den Handel auf eine neue rechtliche Basis zu stellen. Im Hausierpatent von 1852 findet sich eine umfassende Liste mit solchen Gebieten und deren Bewohnern, etwa die Bewohner der Gottschee (Slowenien), die Untertanen des so genannten Bändelkrämerbezirks (Waidhofen/Thaya) und die böhmischen Glashändler, die wie bisher in Böhmen und Mähren hausieren und die kleineren Jahrmärkte und Kirchtage in Niederösterreich besuchen durften.

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

Der Versuch der gesetzlichen Regelungen des Wanderhandels im 18. und 19. Jahrhundert spiegelt auch eine soziale Realität in vielen ländlichen Gegenden dieser Zeit wider, in der die dörfliche Subsistenzwirtschaft nicht mehr funktionsfähig war, ungünstige Boden- und Klimaverhältnisse, Realteilung und Überbevölkerung Dörfer in ihrer agrarischen Existenz bedrohten und Menschen dazu zwang, sich andere Erwerbsformen zu suchen. Daher begannen die Einwohner, manchmal ganzer Landstriche, mit dem Hausierhandel, der oft die einzige Möglichkeit zur Einkommenssicherung bot. / Zusammenfassung des Beitrags: „Tiroler Teppichhändler, Italienische Figurenverkäufer, Zwiebelkroaten, Jüdische Trödler und Griechische Kaufleute“ von Gerhard Milchram in: „Wiener Typen – 
Klischees und Wirklichkeit“, Wien 2013

WIENER TYPEN

——————————————————— Klischee und Wirklichkeit Wien Museum 1040 Wien, Karlsplatz 8 Öffnungszeiten Bis So, 6. 10. 2013 Di–So und Feiertage 10.00–18.00 Uhr www.wienmuseum.at


Thema: Gehen / 36

Werkstatt

BLEIB BEI DEINEN LEISTEN Seitdem wir von den Bäumen herabgestiegen sind, begleiten sie uns das ganze Leben – die Schuhe. Ein Besuch in der Schusterwerkstatt von einst. Es riecht streng. Nach Leder und Schweiß, nach Schuhcreme und Staub. Wir Kinder gingen mit gemischten Gefühlen zum Schuster – Faszination und Furcht vor den strengen Blicken des Meisters: Massenware! Und: Wie konnte man bloß so lange zuwarten und die Absätze derart schief laufen? Bis kommende Woche? – Keinesfalls! Stellen wir uns die Werkstatt so vor. Ein paar Stufen führen hinunter in das Souterrain, die Tür quietscht. Es ist dunkel und kühl. Im hintersten Eck ein Regal mit den Leisten. Die Holzform ist die Nachbildung des Fußes: entweder als Maßleiste oder als Konfektionsleiste. Die Leistenform – ob Wiener oder Budapester, französischer oder englischer Leisten – ist Geschmacks- und Gewohnheitssache und eigentlich nur Thema bei Schuhmachern, die vorzugsweise auch noch „k. u. k. Hoflieferant“ als Titel tragen. Aber in einer kleinen Dorfschusterei waren solche Fragen kein Thema. Der Leisten wurde, wenn der Schuster geschickt war, selbst aus dem Rohling geformt oder vom Wagner hergestellt. Die Nähmaschinen Marke Singer oder Adler sind in einer alten Werkstatt die einzigen Maschinen. Darauf werden die Einzelteile des Oberteiles zusammengenäht. Dann nagelt der Schuster die Brandsohle auf den Leisten, zieht die zusammengenähten Teile des Oberteils mit der Ambosszange über den Schaft und vernäht sie mit der Brandsohle. Wie schon gesagt, es ist recht dunkel in der Werkstatt, die Schuster behalfen sich in früheren Zeiten mit der so genannten Schusterkugel, einer mit Wasser gefüllten Glaskugel, die das Licht verstärkte und so platziert wurde, dass der Lichtstrahl aufs Werkstück trifft.

Rahmengenäht, zwiefachgenäht Ein weiteres Hilfsmittel des Schusters kennen wir aus Nestroys „Lumpazivagabundus“. Die drei Handwerker in der Posse um Geld, Glück und Liebe tragen sprechende Namen: Leim, Zwirn und Knieriem. Mit dem Knieriem befestigt der Schuster, um beide Hände frei zu haben, den Schuh am Oberschenkel. Kehren wir zum halbfertigen Schuh zurück. Der Schaftteil ist mit Brandsohle vernäht, jetzt kommt der Rahmen auf den Schuh. Der Lederrahmen wird mit kleinen Holzstiften aus Pappelholz auf die Unterseite des Schuhs genagelt, danach werden die herausragenden Stifte mit einer Raspel abgeschliffen. Dann wird die Laufsohle angeklebt. Der Rahmen – Stichwort „rahmengenäht“ – verbindet Schuhschaft (Oberteil) mit der Sohle. Um den Zwirn haltbar und auch schlüpfriger zu machen, zieht der Schuster den Zwirn durch ein Wachs- oder Pechstück. Mit der Ahle fertigt er die Löcher im Rahmen an, anschließend näht er mit zwei Nadeln gleichzeitig – die eine führt er von oben, die andere von unten gleichzeitig durch das Loch. „Zwiefachgenäht“ festigt den Schuh und schont den Zwirn, der bei diesem Vorgang nicht durch ein zweites Nachnähen verletzt wird. Anschließend wurde die Naht verpecht. Um den Schuh haltbarer zu machen, wird die Sohle mit Eisen beschlagen. Dazu kommt der Schuh auf den Schusteramboss und die Stahlnägel werden eingeschlagen. Arbeitsschuhe hatten ein Leben lang zu halten, das andere Paar Schuhe – das Sonntagspaar – wurden so lange als möglich repariert. Und wenn ein

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

Peter Huber in der Schusterwerkstatt des Museumsdorfs Niedersulz.

Stiefel nicht mehr zu flicken ging, wurde der Stiefelschaft abgetrennt. Der Schaft wurde im Weinviertel mit Boden und Tragegurt versehen und fand als Kellerzegerl Verwendung. Ein paar Stufen führen hinunter in das Souterrain, die Tür quietscht. Es hat sich wenig verändert seit den ersten Besuchen in Kindheitstagen. Der alte Meister ist längst gestorben und der Sohn bereits grauhaarig. Er blickt kritisch auf die abgetragenen Sohlen. Wie konnte man bloß so lange zuwarten … / Text: Mella Waldstein

SCHUSTERWERKSTATT

——————————————————— Museumsdorf Niedersulz 2224 Niedersulz, Tel. 02534 333 www.museumsdorf.at


Museumsdorf Niedersulz / 37

Bibelgarten

GOTTES GARTEN Im kürzlich eröffneten Bibelgarten im Museumsdorf Niedersulz wachsen Pflanzen, die im Alten und Neuen Testament genannt sind. streichen gemeinsam mit den geschotterten Wegen den südlichen Charakter des Gartens. Außerdem stellen Trockenmauern ein wertvolles Naturgartenelement dar, wie es Teil der Richtlinien der Aktion „Natur im Garten“ ist, nach denen sich die ökologische Pflege des Grünraums orientiert. Einige kälteempfindliche Pflanzen wachsen in Holzgefäßen, wie das auch schon vor über 150 Jahren im Weinviertel üblich war, und überwintern in einem frostfreien, hellen Innenraum.

Pflanzen der Bibel Der Feigenbaum. Foto: z. V. g.

Granatäpfel, Ölbaum und Feigen verbreiten seit kurzem ihren südländischen Charme im Weinviertler Museumsdorf Niedersulz. Auf einem sonnigen Platz zwischen Täuferhaus, Lenneskapelle und Lutherischer Geheimkapelle wurde in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Bibelgesellschaft ein Garten errichtet, wie er in dieser Form einmalig in Niederösterreich ist. Es ist der Bibelgarten, der sich mit dem Thema „Pflanzen der Bibel“ und ihrem Stellenwert in der historischen Gartenkultur auseinandersetzt. Er ist Teil der Gartenausstellung „Kümmel, Koriander und Co.“, einer Kooperation mit der Niederösterreichischen Landesausstellung 2013, die sich den Pflanzen rund um Brot und Wein widmet. Auf dem an die 300 Quadratmeter großenAreal wurden Trockensteinmauern errichtet, um den Höhenunterschied auszugleichen. Sie sind für Pflanzen, die Trockenheit und Wärme lieben, eine gute Basis und unter-

Pflanzen spielen in der Bibel eine grundlegende Rolle. Vom Schöpfungspsalm an, in dem von Wein, Öl und Brot die Rede ist, über das Hohelied Salomos bis hin zu den vielen Gleichnissen Jesu. „Ein Lustgarten sprosst aus dir, / Granatbäume mit köstlichen Früchten, / Hennadolden, Nardenblüten, / Narde, Krokus, Gewürzrohr und Zimt, / alle Weihrauchbäume, / Myrrhe und Aloe, / allerbester Balsam.“ (Hohelied 4,12–14) Der Mensch wird in der Bibel als Gärtner bezeichnet, aber auch mit Pflanzen oder Samen verglichen, manche Stellen erscheinen wie eine Kulturanleitung. Gartenthemen, die auch heute im Mittelpunkt der Gartenkultur stehen, finden sich in der Bibel: Düfte und Heilwirkung, Paradies- und Nutzgarten, Blumen und Wein, Besinnung und Lust. Über allem aber steht immer der Symbolgehalt der Pflanzen.

Die etwa 110 in der Bibel erwähnten Pflanzenarten sind großteils in Israel, Palästina und Ägypten beheimatet oder kamen über Handelswege ins Land. Für den Bibelgarten im Museumsdorf wurden nach Möglichkeit an unsere klimatischen Verhältnisse angepasste Sorten ausgesucht. In vielen Fällen kann man eine historische Verwendung in den Gärten Niederösterreichs nachweisen. So finden sich die Madonnenlilien als Lilien des Feldes (Matthäus 6,28-29), der bei uns heimische Bocksdorn anstelle des europäischen Bocksdorns der Bibel oder der Flaschenkürbis, der im Weinviertel als Weinheber verwendet worden ist. Marien- und Benediktendisteln stellen die Disteln und Dornen dar, eine heimische Eiche steht für die Taboreiche Israels. Alle Pflanzen sind beschriftet und mit Hinweisen auf die entsprechenden Bibelstellen versehen. Diese sowie das dazugehörende Begleitheft wurden von der Bibelgesellschaft verfasst. / Text: Ulrike Nehiba

MUSEUMSDORF NIEDERSULZ

——————————————————— Museumsdorf Niedersulz 2224 Niedersulz Tel. 02534 333 Öffnungszeiten Bis Fr, 1. 11. 2013, tägl. 9.30–18.00 Uhr www.museumsdorf.at

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013


Museum / 38

St. Peter in der Au

DIE OPERETTE LEBT Das neue Carl Zeller-Museum im Schloss St. Peter in der Au macht Leben und Gesamtwerk des Komponisten der Operette „Der Vogelhändler“ unmittelbar erlebbar.

Bühnenbild zu Carl Zellers Operette „Der Vogelhändler“.

Als Carl Zeller am 17. August 1898 in Baden bei Wien starb, war er bereits als großer Meister der Operette anerkannt. Vergessen war zum Zeitpunkt seines Todes und viele Jahre danach aber seine Herkunft aus dem Mostviertel. Dies blieb auch so, bis in den 1920er Jahren der hier musikalisch engagierte Gemeindearzt Dr. Karl Wittwar St. Peter in der Au wieder weithin als Geburtsort des berühmten Operettenkomponisten bekannt machte. Carl Adam Johann Nepomuk Zeller wurde am 19. Juni 1842 als einziges Kind des Wund-

arztes Johann Zeller und seiner Frau Maria Anna Elisabeth (geb. Dierl) in St. Peter in der Au geboren. Ab Herbst 1849 besuchte Carl Zeller hier die Volksschule. Dort erteilte ihm der alte Schulmeister Josef Brandstetter den ersten Musikunterricht. Mit sieben Jahren spielte Carl Zeller bereits auf der Orgel der Pfarrkirche, erlernte verschiedene Orchesterinstrumente und sang bei Messen das Sopransolo. Im Alter von elf Jahren kam er zur Hofmusikkapelle nach Wien. In den vier Jahren als Sängerknabe genoss er den Klavier- und Kompositionsunterricht des hochgeachteten Musikpädagogen Simon Sechter,

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

der auch Lehrer von Anton Bruckner und Franz Schubert war. Ab 1860 besuchte Carl Zeller das Gymnasium des Stiftes Melk und legte dort im August 1861 die Matura ab. Ab 1862 studierte er an der Universität Wien Rechtswissenschaften und promovierte 1869 in Graz zum Doktor der Rechte.

Staatsdienst & Nebenberufskomponist Nach seiner Promotion war Carl Zeller zuerst an Gerichten tätig, ehe er 1873 in den Staatsdienst berufen wurde. Bedächtig kletterte er


Museum / 39

Das neu adaptierte Carl Zeller-Museum in St. Peter in der Au …

mit den Jahren die Karriereleiter im Ministerium für Cultus und Unterricht hinauf. Zeller war zuletzt Ministerialrat und leitete das Kunstreferat. Carl Zeller komponierte sein Leben lang nur nebenberuflich als Hobby. Trotzdem war er als Komponist Zeit seines Lebens als Meister des Operettenfaches anerkannt und geschätzt. Seine Musikerkarriere begann er mit Liederspielen und komischen Opern. Seinen musikalischen Höhepunkt erreichte er 1886 mit der Operette „Der Vagabund“. Wenn Zeller heute als Klassiker der goldenen Operettenära gesehen wird, so hat seine Meisteroperette „Der Vogelhändler“ den entscheidenden Anteil an dieser Wertschätzung. Das 1891 uraufgeführte Werk besticht in der meisterlichen Ausformung des Orchestersatzes und vor allem durch die kunstvollen Ensembles, die mit „Schenkt man sich Rosen in Tirol“ ihren Höhepunkt erreichen. Der Erfolg seiner nächsten Operette, „Der Obersteiger“, lag wieder in den volkstümlichen Ensembles und in der geschickten Verwendung von Bühnenmusik. Carl Zeller verlebte seine letzten Jahre als schwerkranker Mann. 1897 schied Carl Zeller aus seiner Stellung im Ministerium. Er zog sich aus allen gesellschaftlichen Kreisen zurück und war in einen bösen Erbschaftsprozess verwickelt. Am Abend des 17. August 1898 starb Carl Zeller in Baden bei Wien im Alter von nur 56 Jahren. Eine Nachlass-Operette mit dem Titel „Der Kellermeister“ wurde 1901 im Raimundtheater in Wien uraufgeführt. In seinem Geburtsort St. Peter

in der Au erinnern heute neben einer Gedenktafel am Geburtshaus noch der Vogelhändler-Brunnen, das Grab seines Vaters am Ortsfriedhof, einige Straßennamen, die nach ihm benannte Musikschule und das Carl Zeller-Museum an den berühmtesten Sohn dieser Marktgemeinde.

Schauen, Staunen, Mitmachen Das mit Unterbrechungen seit 1934 in verschiedenen Räumlichkeiten bestehende Carl Zeller-Museum wurde nun im Schloss St. Peter in der Au neu eröffnet. Als modernes Musikermuseum kann es jetzt dem interessierten Besucher Leben und musikalisches Gesamtwerk Carl Zellers unmittelbar erlebbar machen. Das Museum wurde so gestaltet, dass sowohl eine individuelle Besichtigung in Eigenregie als auch eine geführte Besichtigung möglich ist. Kleine Zusatzausstellungen zu Sonderthemen werden zu wiederholtem Besuch einladen. Projekte und Workshops mit den Schulen unter dem Motto „Schauen, Staunen, Mitmachen“ sollen den Komponisten auch für die jüngeren Altersgruppen interessant machen. Mittels mehrerer Multimedia-Stationen mit zahlreichen Audio- und Videobeispielen wird das gesamte Spektrum von Carl Zellers kompositorischem Schaffen gezeigt. Neben Gesamtaufnahmen von Bühnenaufführungen und Konzerten sind auch historische Aufnahmen von Sängern und Sängerinnen der Uraufführungen der Zeller-Operetten zu hören und zu sehen. So gibt es etwa den Operettenstar Alexander Girardi – er war der erste

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

... mit Multimediastationen.

Vogelhändler „Adam“ – in einem kurzen Stummfilm zu sehen, der dank vorhandener Schellack-Aufnahme und moderner Computertechnik vertont werden konnte.

Wiedergefundene Verwandtschaft Durch die Lage im Schloss, wo auch das Gemeindeamt untergebracht ist, gibt es für individuelle Besichtigungen regelmäßige Öffnungszeiten an den Wochentagen. Gruppenund Einzelführungen werden nach Vereinbarung angeboten. Das neue Carl Zeller-Museum im Schloss St. Peter in der Au wurde am 7. April 2013 neu eröffnet. Bei dieser Feier war der erst vor kurzem gefundene Urenkel von Carl Zeller, Ing. Gottfried Hecher, mit seiner Familie erstmals in St. Peter in der Au zu Besuch. / Text und Fotos: Thomas Gnedt

CARL ZELLER-MUSEUM

——————————————————— 3352 St. Peter in der Au Hofgasse 6 Tel. 07477 42111-0 oder 0680 2059678 Öffnungszeiten Mo 8.00–12.00 u. 13.00–18.00 Uhr, Di–Fr 8.00–12.00 Uhr und nach Voranmeldung www.carlzeller.at


Museum / 40

Hernstein

GLÜCK DURCH PECH Die Pecherei prägte im letzten Jahrhundert nicht nur ganze Landschaften, sondern auch die Menschen darin. Das Museum für Pecherei in Hernstein präsentiert die Geschichte dieses Berufsstandes.

Die Schwarzföhren geben ein qualitativ hochwertiges Pech.

Schon vor 2.000 Jahren verwendeten die alten Römer und Griechen Pech zum Abdichten ihrer Schiffe, als Zusatz für die Erzeugung des wertvollen Papiers und als Medizin. Die ursprüngliche volkswirtschaftliche Bedeutung der Pecherei war enorm: 1715 wurden laut Aufzeichnungen Schwarzföhren in Hernstein gepecht. Im Bannbuch von Grillenberg aus dem Jahre 1747 wird das „Kohlhaufen anlegen und das Pechbaum anhacken“ ebenfalls erwähnt. 1913 wurden

in der Region um Wiener Neustadt geschätzte 5.000 Tonnen Harz produziert, dem gegenüber stand allerdings ein geschätzter Importbedarf von etwa 40.000 Tonnen. Nicht nur die Lack-, Seifen- und Papierindustrie war von diesem Rohstoff abhängig, sondern auch bestimmte Bereiche der Kriegswirtschaft, und es wurden große Anstrengungen unternommen, um einerseits die Pecherei in Niederösterreich zu

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

forcieren und andererseits die Schwarzföhrengebiete in Bosnien und Herzegowina für die Harznutzung zu erschließen. Selbst in der jüngsten Vergangenheit waren von der Harzgewinnung ganze Industriezweige abhängig. Erst durch den Ersatz der Destillationsprodukte Kolophonium, Harzöl und Terpentinöl durch synthetische Stoffe um 1960 begann der Niedergang der Pecherei, bis dann Anfang der 1970er Jahre das endgültige „Aus“ kam.


Museum / 41

Das Pech wird in Kübeln gesammelt …

…. davor aber muss der Baum durch Schnitte verletzt werden.

Mit Leiter und Rutschfleck

Das Pechermuseum in Hernstein

Im Frühjahr begann die wichtigste Arbeit des Pechers. Die vorbereiteten Scharten auf den Stämmen der Schwarzkiefer wurden geplätzt oder gehobelt. In Abstand von wenigen Tagen wurde ein Stückchen Rinde mehr entfernt: Die Baumwunde – „Lachte“ genannt – wurde immer größer. Das Harz aus der Wunde tropfte in den darunter angebrachten Topf. Drei bis vier Mal pro Sommersaison wurde der Pechtopf in ein dafür vorbereitetes und im Waldboden vergrabenen Fass entleert. Auf der Baumwunde kristallisierte den Sommer über das Harz, welches im Herbst „abgescherrt“ wurde.

1989 wurde erstmalig das Pechermuseum in Hernstein eröffnet, wo die ehemaligen Pecherwerkzeuge ausgestellt und in Führungen präsentiert wurden. Das nun 2013 wieder eröffnete und völlig neu adaptierte Museum wurde an die modernen Richtlinien der Museumspädagogik angepasst. Hautnah und unterstützt durch multimediale Elemente kann ein intensiver Blick in eine vergangene Epoche geworfen werden. Nicht nur zahlreiche Werkzeuge sind ausgestellt, sondern auch echte Schaubäume, die auf Waldboden angesiedelt sind und ein tiefes Gefühl der Identifikation mit dem Lebensraum der ehemaligen Pecher vermitteln.

Neben den verschiedenen Hobeln und Äxten war die Leiter das auffälligste Werkzeug der Pecher. Sie wurde von ihnen selbst hergestellt und war bis zu sechs Meter lang. Der Pecher stieg am Tag mehrere hundert Mal hinauf, um mit dem Hobel den Harzfluss anzuregen. Hinunter rutschte er. Dazu benützte er an Oberschenkeln und Knien befestigte „Rutschfleck’n“ aus Leder. Nur in Hernstein, als einzigem Ort Österreichs, hat die Harzgewinnung im eingeschränkten Rahmen bis heute Bestand. Dem Niedergang der Pecherei folge auch, dass die Schwarzföhre zunehmend an Bedeutung verlor, in Vergessenheit geriet – vielen Menschen ist heute nicht mehr bewusst, wie sehr dieser Baum zur Entwicklung ganzer Regionen in Niederösterreich beigetragen hat.

1988 wurde ein Pecherlehrpfad angelegt, wo bei einem gemütlichen und barrierefreien Spaziergang durch die freie Natur die Arbeit der ehemaligen Pecher an lebendigen Bäumen studiert werden kann. Erweitert wird der Lehrpfad durch die architektonisch modern gestaltete Vinzenzkapelle, die auch gleichzeitig einen Hort der Ruhe und Besinnung ist und zum Verweilen einlädt.

Der Vorgang wird im Museum von Hernstein anschaulich präsentiert. Foto: Leopold Schneidhofer.

Die Bestrebung, die Pecherei zu bewahren, wurde 2011 auch von der UNESCO anerkannt und „Die Pecherei in Niederösterreich“ zum immateriellen Kulturerbe erklärt. /

——————————————————— 2560 Hernstein Pfarrgasse 2 Tel. 02633 47205 oder 0664 5568611 marktgemeinde@hernstein.gv.at

Text: Johannes Leitner Fotos: Manfred Horvath

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

PECHEREIMUSEUM

Öffnungszeiten Mai–Oktober, So 10.00–12.00 Uhr sowie gegen Voranmeldung


Weinviertel / 42

Brandung = Konfrontation = Begegnung

BRANDUNGSZONE Das Viertelfestival NÖ, heuer im Weinviertel zu Gast, präsentiert 69 Kunstprojekte: geologisch-kulturelle Grenzüberschreitungen im Weinviertel.

Küste in der Bretagne. So können wir uns die Eggenburger Granitküste vor 20 Millionen Jahren vorstellen – eine Brandungsküste. Foto: Thomas Hofmann

„Brandungszone“, das Motto des „Viertelfestival NÖ – Weinviertel 2013“, weckt Assoziationen an steile Küsten, Gischt, an Naturgewalten. In der sanften Hügellandschaft des Weinviertels wirken „Brandungszonen“ befremdlich. Im Lößland, dem Schauplatz des heurigen Festivals, gelten andere Gesetze. Es gilt tiefer bzw. unter den Löß zu blicken. Knapp unter der Bodenkrumme liegen hier die (Ge-)Schichten. Sie (er)öffnen Fenster in vergangene Welten, die man nicht vermuten würde. Den überzeugendsten Beweis liefert der Ort der Festivaleröffnung: das Austernriff von Stetten („Fossilienwelt Weinviertel“).

Wer im Viertel unter dem Manhartsberg mit dem „Blick zurück“ unterwegs ist, wird immer wieder auf Brandung, im Sinne von Begegnung(en) oder Konfrontationen, stoßen. „Brandungszone“ wächst hier allerorts über den naturwissenschaftlicher Ansatz hinaus, wird zur identitätsstiftenden Metapher für die Region. Begegnungen, Konfrontationen verschiedener Menschen, Kulturen, fremde Heere und Krieger, aber auch Arbeit suchende Familien, die seit Jahrtausenden Prozesse des Anbrandens, des Auflaufens bis hin zur Integration mitmach(t)en, präg(t)en das Weinviertel nachhaltig. Bezeichnend

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

dafür ist das Projekt der Schüler und Schülerinnen in Hohenau, die die Situation der hier neu An- bzw. Hinzugekommenen thematisieren „Brandungszone – in Hohenau angekommen! Von neuen und alten Hohenauern“.

Brandungszone Eiserner Vorhang Noch bis 1989 war die gesamte Grenze des Weinviertels eine Brandungszone, wenn man den einstigen Eisernen Vorhang so bezeichnen will – ein Aneinandertreffen zweier politischer Großmächte. Exakt am Schnittpunkt, der Grenze der einstigen Regime, deren Exis-


Weinviertel / 43

tenz vor 25 Jahren man heute an der Grünen Grenze nur mehr sehr vage erahnen kann, positioniert Michael Kos sein Projekt „HIN & HER – Ein Schiff wird kommen“. Konkret: eine Schiffschaukel, wie man sie von Kirtagen kennt. Sie lädt gleich neben der Straße von Ottenthal nach Mikulov/Nikolsburg „ähnlichem einem Metronom“ (Michael Kos) ein, hin und her zu schaukeln bzw. Grenzen im Sekundentakt zu wechseln. Einmal mehr möge der Standort der Schaukel zur Rückschau animieren. Der in der Nähe befindliche Kreuzberg bei Kleinschweinbarth war über Jahrzehnte den aus ihrer Heimat vertriebenen Südmährern ein Ausflugsziel, um wehmütig in ihre einstige Heimat rund um Mikulov/Nikolsburg zu blicken. Apropos Schiffe: Die passen gut in die Weinviertler Landschaft, denn alle geologischen Ablagerungen (Schichten) im Weinviertel (Löß und Granit ausgenommen) sind im Wasser entstanden. Zeitlich beginnt die aquatische Vielfalt vor 150 Millionen Jahren mit dem Ernstbrunner Kalk und reicht mit dem Marchsand und Donauschotter bis in unsere Tage. Die Geologie erzählt Geschichten von tropischen Lagunen, tiefen Meeren, weiten Seen oder breit strömenden Flüssen, wo sich überall buntes Leben tummelte. Auch die Ostgrenze des Weinviertels zur heutigen Slowakei ist Schauplatz eines grenzüberschreitenden Projekts: „MOLASSEMEER und MARCHKULTUR. Was blieb vom vielen Wasser“ von Reinhold Schwab ist in Marchegg angesiedelt. Diese Aktion beginnt und endet beim Zollwachedenkmal an der March, wo am 22. Juni 2013 gegen 22 Uhr 1.000 Kerzen entlang des Grenzflusses schwimmen. Diese Lichter gewinnen angesichts jener Menschen, die in Zeiten des Kalten Krieges die March durchschwommen haben, um dem kommunistischen Regime zu entfliehen, eine weitere Dimension. Neben Projekten, die direkt Bezug auf die einstige politische Grenz- bzw. Brandungssituation nehmen, greifen eine Reihe anderer Initiativen geologische Fakten auf, die ihrerseits Keimzellen künstlerischer Interventionen darstellen.

Geologisch inspirierte Interventionen Ganz im Westen des Weinviertels, wo vor rund 20 Millionen Jahren das Meer der Paratethys an den harten Maissauer Granit anbrandete, lebten in stillen Buchten rund

Die Urdonau – Schifffahrt in Hollabrunn, Fotomontage. Foto: Viertelfestival NÖ

um Eggenburg unzählige Seekühe. Allein ihr Name, Metaxytherium krahuletzi, ist Geschichte; 1895 benannte Charles Deperet die wenigen Knochen, die damals bekannt waren, nach dem umtriebigen Heimatforscher und Museumsgründer Johann Krahuletz (1848–1928). Rund 100 Jahre später gruben eifrige Paläontologen eine ganze Herde aus; ein Exemplar wurde als „Letzi“ zum Maskottchen und erlebt nun dank der Initiative von Tania Berger neue Ehren. „Letzi is back. Die Rückkehr der Seekühe“ erinnert in Form von Seekuhförmigen Windsäcken an die Fundorte und die einstigen Lebensräume der Seekühe rund um Eggenburg. Ebenfalls in Eggenburg und thematisch nahe verwandt ist das Projekt von Jochen Sengseis und Gregor Kremser: „Another Evolution. Was wäre wenn?“. So wird die Frage aufgeworfen, welche Gesteine und Lebewesen es gäbe, wenn die Evolution seit dem Eggenburger Meer anders verlaufen wäre. Konkret werden im Krahuletz-Museum „falsche“ Fundstücke ausgestellt werden. Weiters soll ein Blick in die Zukunft klären, was aus den 2010er Jahren in 1.000 Jahren gesammelt werden wird.

lischen Rahmen der urbanen Seereise. Auch Mistelbach unterwirft sich einer Zeitreise unter dem Motto „Bewegung verändert. Geologie und Wirtschaft in Mistelbach“. Das Archiv des Stadtmuseums Mistelbach zeigt einen Überblick über die Erd- und Wirtschaftsgeschichte der Stadt Mistelbach im östlichen Weinviertel. Neben paläontologischen Funden gibt es auch Rückblenden: Begegnungen mit der einstigen Zentralmolkerei Mistelbach und dem „Bienenvater“ Guido Sklenar (1871–1953). Zu guter Letzt noch ein brandaktuelles Thema. An sieben Orten gelangt „Schwarzer Veltliner – Das Schiefergas-Theater“ zur Aufführung: eine satirisch überhöhte Auseinandersetzung mit dem (Tabu-)Thema Schiefergas, das in der jüngeren Vergangenheit die Wogen hoch gehen ließ. Der Ankündigung ist zu entnehmen: „Wir schreiben das Jahr 2020. Weltweit herrscht Energieknappheit. Im Weinviertel wird deshalb nach Schiefergas gebohrt …“ Das mutige Aufgreifen dieses Themas zeigt einmal mehr, dass Kunst keine Konfrontationen scheuen darf. Das ist gut so und möge sich auch nicht ändern! / Text: Thomas Hofmann

In Hollabrunn erinnern sich Franz Stockinger und Robert Petschinka an die Urdonau, die vor rund elf Millionen Jahren auf der Höhe von Hollabrunn und Mistelbach quer durch das Weinviertel floss. Unter dem Titel „Die Urdonau – Schifffahrt in Hollabrunn“ positionieren sie eine neun Meter lange Zille an verschiedenen Orten der Stadt. Die Gruppe „4stimmig“ und das Theater Westliches Weinviertel (TWW) sorgen für den musika-

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

BRANDUNGSZONE

——————————————————— Viertelfestival NÖ im Weinviertel Bis So, 11. 8. 2013 69 Kunstprojekte vor der Haustür Tel. 02572 34234-0 viertelfestival@kulturvernetzung.at http://2013.viertelfestival-noe.at/


Museum / 44

Baugeschichte & Energie

WOHN(T)RÄUME Die multimediale Sonnenwelt in Großschönau zeigt die Geschichte des Wohnens in Hinblick auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit.

Das Mittelalter betritt der Besucher durch ein großes Holztor. Hier werden verschiedene Holzkonstruktionen und deren Verbindungen dargestellt; immer kombiniert mit weiterführenden Informationen auf Touchscreens und Medientischen, die für eine Balance von realer und virtueller Welt sorgen. Viele werden sich wohl in den nachgebauten vier Wänden eines Hauses aus den 1960er/70er Jahren wiederfinden. In der Zeit der Hausbaubooms – schön in Szene gesetzt durch passende großflächige Mustertapeten – gibt es wohl die größten Sünden im Wohnbau: einerseits durch fehlende Dämmungen, andererseits durch giftige Baustoffe.

Gegenwart & Zukunft Die Ausstellungsräume gruppieren sich auf zwei Ebenen um den zentralen runden Mittelteil. Hier wird dem Namen „Sonnenwelt“ Rechnung getragen. Eine Lichtsimulation taucht uns im Zeitraffer in einen Sonnentag.

Nachhaltig wohnen – Flächenverbrauch damals und heute. Foto: Sonnenwelt

Zu Beginn gibt’s eine kleine Einschulung. Der handliche Touchscreen, der mit einem Kopfhörer – aber nur einem – kombiniert ist, denn man will den Besuchern auch noch die Möglichkeit lassen, mit ihrer Umwelt analog zu kommunizieren, leitet durch eine spektakuläre Ausstellungarchitektur. Interaktiv ist hier das Stichwort. Und gleich nach der Begrüßung will der smarte elektronische Guide ein Bild von seinem Benutzer. Solcherart digitalisiert, taucht der Besucher als interaktive Figur in Erscheinung: als Mammutjäger, Römer oder Dienstmagd. Die Sonnenwelt – deren etwas irreleitender Name mit dem angrenzenden „Sonnenplatz“ im Zusammenhang steht – will die Besucher auf nachhaltiges Bauen, auf die Energieeffizienz, -reduktion bei Neubauten und bei Altbausanierung sowie auf die energieneutrale Bauweise von Passivhäusern aufmerksam

machen bzw. begeistern. Der „Sonnenplatz“ ist einerseits ein Forschungs- und Kompetenzzentrum für Passivhausbau, andererseits können Passivhäuser, die am Rande des Marktes Großschönau stehen, fürs Probewohnen gemietet werden.

Wohnen in der Vergangenheit

In der Gegenwart angelangt, zeigt die Sonnenwelt die Funktion eines Passivhauses. Mittels elektronischem Guide kann der Besucher selber wählen, wie weit er sich in die Materie vertiefen will. Es gibt weiterführende Expertentexte, es gibt eine Benutzeroberfläche für Kinder sowie für Erwachsene. Auf jeden Fall sollte man gut aufpassen, denn der Guide animiert mit Quizaufgaben zum Sammeln von Punkten. Am Schluss gibt es einen Klima- und Energiepass und praktische Tipps für den Haushalt. / Text: Mella Waldstein

Da es ums Wohnen geht, beginnt die Reise durch die Sonnenwelt beim Sesshaftwerden der Menschheit. In zwölf Zeithorizonten wird von der Urform des Wohnens bis in die Zukunft das Thema Wohnen & Energie dargestellt. Da geht es um das Nützen und Vermeiden von Sonneneinstrahlung, um Klimafaktoren, um Bauformen und Bautechniken. Ägyptische Windtürme versinnbildlichen angepasste Bautechnik und römische Bauten zeigen die Entwicklung des Bogens zum konstruktiven Element.

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

SONNENWELT

——————————————————— 3922 Großschönau, Sonnenplatz 1 Tel. 02815 77270 Öffnungszeiten Di–So 9.00–17.00 Uhr www.sonnenwelt.at


Ausstellung / 45

spielen & verspielen

ABENDLICHE HÄUSER Die Ausstellung „spielen & verspielen“ zeigt die Gesellschaftsspiele der adeligen Gesellschaft vom 16. bis ins 19. Jahrhundert.

Biedermeierliches Solitaire-Spiel.

„Von da geht man in eine cammer, so man woll einen saal nennen, worinen mehr alß 20 tisch stehen mit grünen sammetten tepichen mit golten franien, umb allerhandt spiel zu spillen.“ So berichtet Herzogin Elisabeth Charlotte von Orleáns an ihre Schwägerin, die Kurfürstin Ernestin von der Pfalz, im Jahre 1862 aus dem Schloss von Versailles. Schloss Greillenstein im Waldviertel ist nicht Versailles, deshalb haben keine 20 Spieltische Platz im Salon, aber das was Elisabeth Charlotte nicht verstand, wurde in Landschlössern allemal gespielt: „… undt wie mancherley spiel da gespilt werden ist nicht zu begreifen: lands knecht, tricktrack, piquet, reversi, lombre, …“ Lombre (oder l’hombre) ist ein Kartenspiel aus Spanien, das über den Hof von Ludwig XIV. – wo die eingangs zitierte Elisabeth Charlotte es kennenlernte – sich in den Salons von Europa verbreitete. Die eher komplizierten Spielregeln konnte man in Spielbüchern nachlesen, die selbstverständlich in französischer Sprache verfasst wurden und auch im Schloss Greillenstein zu finden sind.

Im Renaissanceschloss Greillenstein ist alles authentisch: das knarrende Parkett, die herumwuselnden Havaneser, der dunkle Plafond im Rauchsalon, die Führung mit der Hausherrin Elisabeth Kuefstein, die die Gesellschaftsspiele aus Laden und Truhen hervorgekramt hat. Die von ihr kuratierte Ausstellung, vom Historiker Manfred Zöllinger wissenschaftlich unterstützt, besticht durch ihre Integration in den Räumlichkeiten des Schlosses. In den Salons sind Spieltische aufgestellt, auf denen die Brett- und Kartenspiele liegen, als wären die Spieler gerade kurz in den Park gegangen. „Die Tische, manche mit integrierten Spielbrettern, Kartentische wiederum mit Ausbuchtungen, stammen aus unseren Depots“, so Elisabeth Kuefstein „ebenso die Gesellschaftsspiele vom 16. bis ins 19. Jahrhundert.“ Seit dem 16. Jahrhundert ist die Familie in Greillenstein ansässig.

Verteidigungsspiel Die Materialien der Spiele sind Holz und Elfenbein, Speckstein und Perlmutt, Knochen und Onyx. Aus Onyx sind die Steine eines besonders schönen Solitärspiels aus dem Biedermeier. Fuchs und Henne etwa erkannte der preußische König Friedrich der Große als nützliches Verteidigungsspiel, es wurde für adelige Buben empfohlen und unter dem Namen „Verteidigungsspiel“ gespielt. Die Motive am Kartenblatt waren bis ins 16. Jahrhundert regional sehr unterschiedlich, erst dann setzte sich das französische und das deutsche Blatt durch. Da man früher – auch in adeligen Häusern – ungleich sparsamer mit dem kostbaren Material

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

umging, gibt es auch eine Kartenpresse aus dem späten 19. Jahrhundert zu sehen. Das Spiel war in adeligen Häusern ein integraler Bestandteil der Abendgestaltung und gehörte zum guten Ton. Für große Runden und Familien eignete sich die „Romantische Reise um die Welt“ für zwölf bis 16 Personen. Die Damen saßen in den blauen, roten und grünen Salons und die Herren im Rauchsalon. Dieser ist in Greillenstein erstmals öffentlich zugänglich. „Er hat alles, was die Herren brauchen“, meint Elisabeth Kuefstein, „hier der Spiegel, damit man dem anderen ins Blatt sehen kann, und da die nackten Damen an der Wand.“ Der letzte Teil widmet sich dem Verspielen. Im Gerichtssaal des Hauses, in dem die Pflichten und Rechte einer Grundherrschaft dokumentiert sind, sind die Codices aufgeschlagen. 1696 wurde Basette verboten, ein Spiel, das manchen das Vermögen und später beim Duell auch das Leben gekostet hat. Ebenso wurde „Landsknecht“ untersagt, ein Glücksspiel aus dem Dreißigjährigen Krieg. / Text: Mella Waldstein Foto: Elisabeth Kuefstein

SCHLOSS GREILLENSTEIN

——————————————————— Spielen & verspielen Greillenstein, 3592 Röhrenbach Tel. 02989 8080-13 oder 0664 8576371 Öffnungszeiten: täglich 9.30−17.00 Uhr www.greillenstein.at


Thema: Gehen / 46

Stöcke

STOCK UND EHRE Der Stock – Machtsymbol, Accessoire, Gehilfe. Eine kleine Kulturgeschichte.

Arbeitsgerätschaft, wie etwa der Hirtenstab. Darauf stützen sich einerseits die Hirten beim stundenlangen Beobachten der Herde, andererseits zogen sie mit seinem Krummgriff das verlorene Tier aus dem Abgrund. Manche Hirten gingen auf Stelzen, um einen besseren Überblick zu haben, und der lange Hirtenstab diente ihnen als Stütze. Durch die Symbolik des „guten Hirten“ wurde der Hirtenstab zum Bischofsstab. Der Stock ist ein Sportgerät – vom Reifendrehen, übers Skifahren bis zum Golfspielen. Der Stock ist eine Gehhilfe. Und die Assoziation zwischen Alter und Stock führt wiederum zurück zum Statussymbol: In der patriarchalischen Gesellschaft sind es die weisen, alten Männer, die Ansehen und Macht haben.

Das Stockmachen Carl Spitzweg, Der Sonntagsspaziergang, 1841, Öl auf Leinwand, Museum Carolino Augusteum Salzburg.

„Die große Zeit war in den Wirtschaftswunderjahren. Da lieferten wir im Frühjahr bis zu 45.000 Stöcke nach Innsbruck“, erzählt der Stockfabrikant i. R. Dietrich Litschauer. Das war die Zeit, als ein Wanderurlaub in Österreich bei unseren deutschen Nachbarn obligatorisch war. Die Touristenstöcke mit Rundhaken waren aus Edelkastanie, Hasel oder Esche und hatten gerne ein geflammtes Edelweißmotiv und den Urlaubsort vermerkt. Dazu sammelte man gerne die Wandernadeln, jene bunten Blechmarken, die auf Hütten und in Souvenirläden zu bekommen waren.

Das Symbol Der Stock ist ein Machtsymbol. Das Zepter als Insignie des Herrschens ist ein Stock in seiner wertvollsten Ausformung. Der Stock ist eine Waffe – die erste, die unsere Urahnen in die Hand nahmen, um sich gegen wilde Tiere zu verteidigen. Manch harmloser Spazierstock barg im Inneren eine spitze Klinge. Dieser sehr beliebte Waffenstock wurde unter der Regentschaft Maria Theresias verboten – und ist es bis heute, erklärt Dietrich Litschauer, da er Harmlosigkeit und somit falsche Tatsachen vorspiegelt. Der Stock ist eine

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

Das Stockmachen hat sich über die Jahrhunderte kaum geändert. Stöcke werden aus dem Stockausschlag eines Baumes geschnitten. Damit die Stöcke keine Astlöcher haben, werden die Triebe am wachsenden Holz abgezwickt. Das obere Ende des Stockes wird über Dampf oder durch Erhitzen im Wasser gebogen, der Schuss wird geradegezogen. Danach kommt der Stock in die Trockenkammer. Hat er keinen Rundhaken, bekommt er einen Knauf, der geschnitzt sein kann, aus Silber, Edelstein, Horn, früher auch aus Elfenbein oder Teil des Wurzelstocks ist. Die Länge, genannt der Schuss, bietet auch viele Möglichkeiten der Verzierung; ob geschnitzt oder geflammt oder als „Kongostock“ – die Kastanienstocktriebe wurden beim Wuchs mit


Thema: Gehen / 47

einer Zange verletzt, sodass das Holz mit Noppen vernarbte. Die Unternehmerfamilie Litschauer hatte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Weichselplantagen in Sauerbrunn (Burgenland), wo sie Rauchwarenzubehör (Pfeifen, Zigarettenspitze) herstellten und die Fabrikation auf Stöcke erweiterten. Als die Produktion eingestellt wurde, hat Dietrich Litschauer die alten Maschinen alten Maschinen hat Dietrich Litschauer dem Stockmuseum in Lindewerra (Thüringen) vermacht, das als Stockmacherdorf in Deutschland bekannt ist. Bei einer Gehhilfe ist weder der Rundhaken noch der Knauf als Griff geeignet, sondern eine ergonomisch geformte Krücke. Da gibt es die englische Form „Derby“ – sie ist praktischer, weil sie so gebogen ist, „dass der Stock auf dem Arm hängen kann, z. B. wenn man in die Straßenbahn einsteigt“, so Herr Litschauer, oder die einfachere Form namens „Fritz“. Möglicherweise wurde der Fritzstock

Sa, 29. Juni | 20:00 | Wolkenturm Grafenegg TONKÜNSTLER ORCHESTER & BENJAMIM TAUBKIN, TATIANA PARRA, JONATHAN NASCIMENTO „The Girl From Ipanema” Sa, 6. Juli | 16:30 Einstieg Schiffsstation Krems-Stein TÖNENDE SCHIFFSFAHRT DURCH DIE WACHAU Sa, 13. Juli | 20:00 | Klangraum Krems Minoritenkirche MARTIN PTAK & ENSEMBLE feat. OKKYUNG LEE | A/USA/NL “River Tales” Do, 18. Juli | 20:00 | Schloß zu Spitz GEORG BREINSCHMID - BENI SCHMID - STIAN CARSTENSEN | A/N „Classic Impro“ Sa, 20. Juli | 19:00 | Ruine Aggstein BODO HELL, RENALD DEPPE & DIE WACHAUER PESTBLÄSER „Ritter, Räuber, Rutschpartien - Nemesis Divina und die ausgleichende Gerechtigkeit“ Mi, 24. Juli | 18:00 | Winzer Krems, Sandgrube 13 Piano Forte – Ein exquisiter Klavierabend von Norwegen bis Kuba

PAUL GULDA & GYPSY DEVILS | A/SK CHRISTIAN WALLUMRØD ENSEMBLE | N CHUCHO VALDÉS & AFROCUBAN MESSENGERS | CUB Do, 25. Juli | 18:00 | Winzer Krems, Sandgrube 13 Poesie Album – Songs aus drei Kontinenten

DAVID MOSS & MARINO FORMENTI | USA/D/A/I SAM LEE & FRIENDS | GB KEZIAH JONES TRIO | NGR So, 28. Juli | 17:00 | Winzer Krems, Sandgrube 13 Handgemacht – Seltsame Instrumente von Japan bis in die Neue Welt

CABEZAS DE CERA feat. FRANZ HAUTZINGER | MEX/A SENYAWA feat. KAZUHISA UCHIHASHI | IDN/J HERMETO PASCOAL & BAND | BRA

nach Friedrich dem Großen (1712–1786) benannt. Von ihm ist jedenfalls nach dem Siebenjährigen Krieg jener Ausspruch überliefert: „Mir ist nichts geblieben, außer Hut, Stock, Ehre und Porzellan.“ Der Stock hat an seinem Ende einen Eisenspitz, der Zwinge genannt wird, oder eine Gummikappe. Manche haben beides. Das sind die Alpen- oder Jagdstöcke. Sie haben eine Eisenspitze auf dem einen, die Gummikappe auf dem anderen Ende. Und wenn der Jäger etwa bei der Gamsjagd über Felsen steigt, dreht er den Spieß, also den Stock um und erzeugt keinen Lärm durch klapperndes Eisen. Manche Stöcke mussten fast gar nichts können – außer schön sein. Das war im 18. und 19. Jahrhundert, als der Stock ein Accessoire des bürgerlichen Herren wurde. Der Stock wurde jeweils passend zu Handschuhen und Hut gewählt. Besonders in Mode war das „Spanische Rohr“ mit Silberknauf, fein ziseliert und mit Monogramm. Manche Stöcke konnten mehr als Stocksein. Das

Die klassischen Touristenstöcke, auch „Haglstock“ genannt, auf einer Scheune. Foto: Willi Erasmus

waren die so genannten Systemstöcke. Sie ließen sich aufschrauben – da kamen alle möglichen und unmöglichen Dinge und Funktionen zu Tage: Die schon erwähnte Waffe, ein Besteck fürs Picknick, ein Schnapsglas samt dünner Glasviole für Hochprozentiges, eine Pfeife, eine Landkarte, Kompass, Brillen, Angelrute mit Haken und Fliege, Maßstab, Dirigentenstab, ja sogar Notenpulte und ganze Klari-netten. Nur eines konnte man nicht – telefonieren. / Text: Mella Waldstein


Kultur.Region / 48

Fortbildung REPARIEREN

——————————————————————

keine CHANCE DEM BURN-OUT

——————————————————————

tanz&MUSIKwoche

——————————————————————

Umgang mit Objekten aus Papier

So, 7.–Sa, 13. 7. 2013

Sa., 20. 7. 2013, 9.00–17.00 Uhr Brandlhof, Radlbrunn 24, 3710 Ziersdorf

3343 Hollenstein/Ybbs, LFS Unterleiten Wer sieben Tage lang „aufspielen, ansingen, drüberschlagen, zuwipassen und drahn“ möchte, ist im Sommer in Hollenstein richtig. Die tanz&MUSIKwoche lädt auch dieses Jahr wieder zum Mitmachen, Lernen und zum gemütlichen Beisammensein ein. Heuer erstmals im ehemaligen „Rothschild-Schloss“ und umgeben von der herrlichen Landschaft des oberen Ybbstals. Speziell für die Jüngsten gibt es Kindertanz, Spiel und Abenteuer.

Referentin: Mag. Ilse Mühlbacher Wie man bei Reparaturen von Buchseiten, Urkunden und alten Zeitungsausschnitten unansehnliche Klebebänder vermeidet, vermittelt dieser Grundkurs. Mit Hilfe von Japanpapier können kleinere Risse, abgetrennte Ecken und sonstige Beschädigungen fachgerecht gesichert und repariert werden. Anmeldung beim Museumsmanagement Niederösterreich erforderlich!

—————————————————————— Sammlungsbestände inventarisieren

Referent: Mag. Rocco Leuzzi

Haus der Regionen Donaulände 56 3504 Krems-Stein

Sa, 3. 8. 2013, 9.00–17.00 Uhr Brandlhof, Radlbrunn 24, 3710 Ziersdorf

Im Zentrum dieses Einzelkurses steht die Vermittlung der Grundlagen der Inventarisierung sowie die professionelle Erfassung von Museumsbeständen. Neben dem theoretischen Teil liegt der Schwerpunkt auf praktischen Übungen mit Objekten der Übungssammlung des Brandlhofs. Verwendet wird das EDV-Programm Imdas-Pro, welches von Joanneum Research in enger Zusammenarbeit mit Museologen und Kulturexperten entwickelt wurde.

in der reihe: hast du töne?

Absender:

Anmeldung & Information Museumsmanagement Niederösterreich Tel. 02732 73999 Fax 02732 73999 33 museen@volkskulturnoe.at www.noemuseen.at _

Vom Glück und der Zufriedenheit Mi, 12. 6. 2013, 18.00–21.00 Uhr BHW NÖ, 1030 Wien, Schimmelgasse 13–15

Anmeldung & Information Volkskultur Niederösterreich Tel. 02732 85015 23 (Birgit Bosch) birgit.bosch@volkskulturnoe.at www.volkskulturnoe.at

Referentin: Dr. Brigitte Krupitza Stress und Burn-out sind die Jahrhundertin der reihe: hast du töne? krankheiten. Vielfach setzen wir uns selbst tanz&Musikwoche unter Druck; dietänzer Stressfaktoren, denen wir für musikanten, und sänger uns hilflos Ortausgeliefert fühlen, sind oft hausgeFachschule Unterleiten für ökologische Land- und Hauswirtschaft macht. 3343 WirHollenstein/Ybbs, sind für uns – aber auch für Dornleiten 1 unsere Mitarbeiter, Kollegen und unsere terMin 7. Juli (18.00 Uhr) bis Sa 13. Juli 2013 (10.00 Uhr) FamilieSo – verantwortlich. Und nur wenn KörAnmeldeschluss: 7. Juni 2013 per, Geist und Seele in Balance sind, können kOsten pro Person: wir ein Seminarbeitrag erfülltes Leben führen. Und das ist _ Erwachsene: EUR 170,00 nicht nur für uns selbst gut,Niederösterreich: sondern für _ Mitglieder der Regionalkultur EUR 150,00 _ Erwachsene mit Ensemble oder Familie, Kinder/Jugendliche unser gesamtes privates und bis 17 Jahre und Studenten bis 27berufliches Jahre: EUR 110,00 _ Kinder bei Teilnahme mit Mehrkindfamilie: EUR 50,00 Umfeld. Es zahlt sich also aus, in uns selbst Nächtigung Vollpension pro Person: ein wenig Zeit zuEURinvestieren! Entwickeln Sie _ Erwachsene: 230,00 _ Jugendliche 12 bis 17 Jahre: EUR 170,00 Ihr persönliches Konzept für ein Leben in _ Kinder 3 bis 11 Jahre: EUR 110,00 BalanceErlagschein und lernen Sie Methoden zum Selbstwird zugeschickt. Preise inkl. 10% USt. coaching und zur Reflexion kennen, um nicht Für Familien mit NÖ Familienpass gibt es die Möglichkeit eines Urlaubszuschusses: Information www.noe.familienpass.at wieder in alte Fahrwasser zuaufkommen.

tanz& in der reihe: hast du töne?

Musik woche für musikanten, tänzer und sänger

7. bis 13. Juli 2013

Hollenstein / Ybbs Fachschule Unterleiten Mostviertel

oder unter Tel. 02742/9005-1-9005.

Information Eine Veranstaltung der Volkskultur Niederösterreich GmbH Kulturvernetzung NÖ – Büro Industrieviertel Für den Inhalt verantwortlich: Dorothea Draxler, Dr. Edgar Niemeczek 3452 Atzenbrugg, Schlossplatz 1, Tel.: 02275 4660, Fax: 02275 4660 27 Tel. 02639 2552 (Stephanie Brettschneider) office@volkskulturnoe.at, www.volkskulturnoe.at FN 308711m, LG St. Pölten, UID ATU64194589. Fotos: z.V.g. seminaranmeldung@kulturvernetzung.at Änderungen vorbehalten. www.kulturvernetzung.at Auch wenn im Text nicht explizit ausgeschrieben, beziehen sich alle personenbezogenen Formulierungen auf weibliche und männliche Personen. _ für musikanten, tänzer und sänger

INVENTARISIEREN

Volkskultur Niederösterreich GmbH

Bitte

frankieren

ausreichend

Anmeldung & Information Museumsmanagement Niederösterreich Tel. 02732 73999 Fax 02732 73999 33 museen@volkskulturnoe.at www.noemuseen.at _

MusiksCHuL management KULTUR . REGION NIEDERÖSTERREICH

TanzMusikWoche_2013.indd 1

22.03.13 07:17

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013


Kultur.Region / 49

INTERN IN MEmoriam

——————————————————————

Wir gratulieren

—————————————————————— Ihren runden Geburtstag feiern unsere Ehrenmitglieder: Abg. z. NR a. D. Bgm. a. D. Johann Kurzbauer (70), Neulengbach, 11. Juni Helmut Plessl (70), Wullersdorf, 12. Juni Seinen runden Geburtstag feiert unser Mitglied: Ing. Josef Kozisnik (60), Texing, 17. Juni _

90. Geburtstag Walter Deutsch

Foto: NLK / Schleich

——————————————————————

ORF 2 Wetter-Panorama täglich 7.30–9.00 Uhr Klingendes Österreich Sa, 1. 6., 20.15 Uhr:„Das große Land“ – Zwischen Wien und Grafenegg Mei liabste Weis Sa, 22. 6., 20.15 Uhr, aus dem Weinviertel _

ORF 3 Unser Österreich Sa, 17.00 Uhr; Mo, 12.00 Uhr _

aufhOHRchen, Di, 20.00–21.00 Uhr 4. 6.: Sing- und Musizierwochen in NÖ Gestaltung: Norbert Hauer 11. 6.: Volkskultur aus Niederösterreich Gestaltung: Dorli Draxler

Siegfried Ludwig stammte aus Südmähren. Am 14. Februar 1926 wurde er in Wostiz/ Vlasatice als Sohn einer bäuerlichen Familie geboren. Von 1981 bis 1992 war er Landeshauptmann von Niederösterreich. Mit der Einleitung der Diskussion über die Schaffung einer Landeshauptstadt und der Durchführung der ersten Volksbefragung in Niederösterreich setzte Ludwig einen besonderen Markstein der Landesentwicklung. Der Spatenstich zum neuen Landhaus am 13. September 1992 gehörte zu seinen letzten Aktivitäten als Landeshauptmann.

Siegfried Ludwig war Ehrenringträger der Volkskultur Niederösterreich. Durch seinen Tod verliert die Volkskultur Niederösterreich einen Förderer der ersten Stunde. _

———————————————————

RADIO NIEDERÖSTERREICH

Altlandeshauptmann Siegfried Ludwig ist am 16. April 2013 verstorben.

Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll: „Siegfried Ludwig hat diesem Land ein starkes Herz und ein neues Selbstbewusstsein gegeben. Denn die Entscheidung für eine eigene Landeshauptstadt war eine Weichenstellung, von der noch viele Generationen profitieren werden.“

VOLKSMUSIKSENDUNGEN DES ORF

18. 6.: Brot & Co. Gestaltung: Edgar Niemeczek 25. 6.: Volksmusikalische Kostbarkeiten Gestaltung: Walter Deutsch „vielstimmig“ – Die Chorszene Niederösterreich, Do, 20.00–20.30 Uhr 6. 6.: Gestaltung: Heinz Ferlesch 20. 6.: Gestaltung: Gottfried Zawichowski

Zu Ehren von Prof. Walter Deutsch wurde am 29. April im Haus der Regionen in KremsStein eine neue CD präsentiert. Die Lieder von Walter Deutsch nach Gedichten von Emil Breisach wurden von Agnes Palmisano, begleitet am Klavier von Clara Frühstück, vorgetragen. Im Bild: Jubilar Prof. Walter Deutsch mit Dorli Draxler und Edgar Niemeczek, Volkskultur Niederösterreich. _

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

G’sungen und g’spielt & Für Freunde der Blasmusik, Mi, Do, 20.00–21.00 Uhr Kremser Kamingespräche, Mi, 19. 6., 21.00 Uhr Musikanten spielt’s auf, Fr, 20.00–21.00 Uhr Frühschoppen, So, 11.00–12.00 Uhr _ Programmänderungen vorbehalten, Detailprogramme auf www.orf.at


Die letzte Seite / 50

2nd life Schon einmal ein Tor im 5. Gang aufgemacht? Wahrscheinlich nicht. Doch diese Garagentore eines Autohändlers lassen sich im Rückwärtsgang schließen. Wozu einen Riegel aus dem Baumarkt kaufen, wenn es eigene Qualitätsprodukte gibt? Hiermit beantwortet sich die Frage, welcher der längstlebende Teil eines Autos ist von selbst – der Knüppel einer Gangschaltung. Und Motorkundige wissen sicher, welches Auto er einmal bewegt hat – wir aber wollen keine Schleichwerbung betreiben … /

Landeinwärts

MAGNETISMUS DER NÄCHSTEN STRASSENECKE Das Gehen an sich ist selten geworden. Seitdem das Gehen als selbstverständliche Art der Fortbewegung beinahe ausgestorben ist, hat es sich – wie die übrige Welt – hochgradig spezialisiert: entweder spirituell gehen, also pilgern, oder mit einem Paar Stöcken powerwalken, entweder am Lehrpfad oder am Laufband. Das Gehen nicht gleich Gehen ist, zeigt die russische Sprache. Sie kennt über 100 Verben der Bewegung, vielleicht auch deshalb, weil das Land so riesig ist und die Fortbewegung von A nach B meist Thema eines Gesprächs ist. Und in Deutschland geht man allgemein ein Stückchen schneller als anderswo, man läuft nämlich. Unter der Woche heißt das Gehen hetzen, Haus-Arbeit-Einkauf-Haus,

am Wochenende spazieren, bummeln, joggen, laufen, wandern. Das Wandern als eine neue Art der Fortbewegung begann in der Zeit der Aufklärung, wo sich das Bürgertum vom Adel emanzipierte und wandernd die Welt durchaus kritisch erkundete. Die Romantiker nahmen dem Wandern den politischen Impetus und sahen die Natur als Spiegel ihrer Empfindung. Diese Einstellung haben wir übernommen und geben den Wanderwegen – die bis Ende des vergangenen Jahrhunderts noch nüchterne Zahlen trugen – klingende Namen wie etwa Alpannonia (Wechselgebiet Burgenland Ungarn), Adlerweg (Tirol), Welterbesteing (Wachau) sowie Genusswege, Sonnenpfade, Hexensteige etc.

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2013

Eine besondere Stellung gegenüber allen anderen Fußläufigkeiten nimmt das Flanieren ein. „Den Flanierenden leitet die Straße in eine entschwundene Zeit“, schreibt Walter Benjamin, der den Flaneur als Denker der Moderne in die Literatur einbrachte. Ihn treibt, so Benjamin, der „Magnetismus der nächsten Straßenecke“. Der Flaneur – und das auch im Gegensatz zum Spaziergänger, der ein Ziel verfolgt: nämlich wieder am Ausgangspunkt anzukommen – lässt sich treiben, schlendert ziellos umher, bewegt sich ins Ungewisse. / Mella Waldstein


Damit Visionen Wirklichkeit werden, ermöglicht Raiffeisen viele Kulturveranstaltungen durch seine regionalen und lokalen Förderungen. Denn Realisierung und Erfolg von Kulturinitiativen hängen nicht nur von Ideen, sondern auch von finanziellen Mitteln ab. Gemeinsam ist man einfach stärker. www.raiffeisen.at


Die Volkskultur Niederösterreich präsentiert

Das Weinviertel

Mehr als Idylle

Anlässlich der Niederösterreichischen Landesausstellung 2013 erscheint als Fortsetzung zu den Bänden Das Mostviertel, Das Waldviertel und Das Industrieviertel nunmehr der letzte Viertelsband Das Weinviertel. In 27 Kapiteln porträtieren Fachleute aus Wissenschaft, Forschung und Medien das Weinviertel, eine Region, die es zu entdecken lohnt. 304 Seiten, mit zahlreichen Bildern von Manfred Horvath.

Alle vier Viertelsbücher sind zum Paketpreis von EUR 84,70 bei der Volkskultur Niederösterreich erhältlich. Einzelpreis „Das Weinviertel. Mehr als Idylle“: EUR 32,90 (Preise zzgl. Versand)

Volkskultur Niederösterreich GmbH 3452 Atzenbrugg · Schlossplatz 1 www.volkskulturnoe.at


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.