Schaufenster Kultur.Region Juni 2014

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Nachrichten aus der Kultur.Region Niederösterreich . Juni 2014

schaufenster

KULTUR.REGION aufhOHRchen 2014 in Sieghartskirchen Haus der Regionen / Belgien . Theater am Brandlhof / Interview mit Felix Mitterer

P.b.b. · Vertragsnummer 10Z038552S · Erscheinungsort: 3452 Atzenbrugg · Verlagspostamt: 3451 Michelhausen · DVR: 0933 295

Museum Neulengbach / Die Landschaftsmaler


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www.noevers.at

Tur l u k s Volk

Wir schaffen das.

WIEN NORD

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EinBlick / 3

aufhOHRchen und mehr!

POSITIVE ZWISCHENBILANZ Das Bundesland Niederösterreich profiliert sich mehr und mehr auch als ausgewiesene Kulturregion. Die Entwicklung und der Ausbau dieses Profils ist gleichermaßen Zweck und Anliegen der Kultur.Region.Niederösterreich.

Die Kultur.Region.Niederösterreich-Bilanz des ersten Halbjahres 2014 kann sich sehen lassen! Ob wir nun an den Trachtenball in Grafenegg oder an das große „aufhOHRchen“ im Festspielhaus St. Pölten zurückdenken, ob wir den jungen Musikerinnen und Musikern zu ihren Erfolgen bei „prima la musica“ gratulieren oder an das beeindruckende Fest zum Jubiläum zehn Jahre Haus der Regionen in Krems-Stein denken: Wie Perlen in einer Perlenkette reihen sich die vielen Initiativen und Veranstaltungen aneinander. Jedes Mal geht es um die Darstellung besonderer Leistungen und die Vermittlung spezieller Inhalte. Die Zielvorgabe lautet dabei, nicht bloß kurzlebigen Effekten nachzulaufen, sondern vielmehr auf durchdachte Konzepte, Ausdauer und Fleiß, Identifikation und Engagement, Wissen und Erfahrung sowie Gründlichkeit und Liebe auch zum Detail zu bauen. Nachhaltiges Wirken mit vielen und für viele Menschen lautet die Devise. Der Mehrwert für jede und jeden soll sich in mehrfacher Hinsicht einstellen: Die Bandbreite reicht von Freude und Erbauung bis zur Bildung oder vom Erleben eines Gemeinschaftsgefühls bis zum Erwerb nützlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten. Sollten einem so hohen Anspruch dann auch die entsprechenden Resultate folgen, kann der sogenannte „Elch-Test“ oder die Nagelprobe als bestanden bewertet werden. Die Aufzählung solcher von Erfolg belohnter Projekte im Wirkungsfeld der Kultur.Region.Niederösterreich ergibt, so meinen wir, ein schönes und vielfältiges Bild und reicht allein im

ersten Halbjahr 2014 vom NÖ Museumstag bis zum international besetzten Lehmbausymposion im Museumsdorf Niedersulz, von Konzerten im Haus der Regionen bis zum Volksmusikwettbewerb, von Festen am Brandlhof bis zu unseren zahlreichen Publikationen und Kulturvermittlungsangeboten. Auch für die zweite Halbzeit ist einiges in Vorbereitung: Schon bald erscheint unsere aufwändig gestaltete Jahrespublikation unter dem Titel „Sonntagberg. Vom Hirtentraum zum Wallfahrtsort“. Im Haus der Regionen bieten wir aus gegebenem Anlass ein „Best of “ aus den Programmen der vergangenen zehn Jahre. Das Weinviertler Museumsdorf freut sich auf das vom ORF NÖ gedrehte Porträt in der Reihe „Erlebnis Österreich“ sowie auf spezielle Thementage wie den „Tag der Wäsche“ oder das Naturgartenfest. Dazu kommen das „Wir sind Bühne“-Musical „Ab in den Wald“ kommenden Sommer im Waldviertel, der Dirndlgwandsonntag im Rahmen von „Wir tragen Niederösterreich“ und vieles, vieles mehr. Jetzt aber geht’s auf zum 22. NÖ Volksmusikfestival „aufhOHRchen“, das vom 12. bis 15. Juni die Gemeinde Sieghartskirchen zum Podium und Treffpunkt vieler musikalischer Begegnungen macht. Das sollte man nicht versäumen!

Dorli Draxler, Edgar Niemeczek

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Top-Termine / 4

Juni 2014

TOP-TERMINE

VOM HIRTENTRAUM ZUM WALLFAHRTSORT —————————————————— Foto: ORF Di, 3. 6. 2014, 19.30 Uhr Basilika Sonntagberg, 3332 Sonntagberg Buch- und Filmpräsentation —————————————————— Seit fast 300 Jahren thront die barocke Wallfahrtskirche auf dem weithin sichtbaren Sonntagberg im westlichen Niederösterreich, aber schon seit über 500 Jahren kommen Wallfahrer zum Dreifaltigkeitsheiligtum auf den heiligen Berg. Eine kleine Kapelle steht am Beginn der Geschichte der Wallfahrt auf den Sonntagberg, die der Seitenstettner Abt Benedikt 1440 erbauen ließ. Das Buch „Vom Hirtentraum zum Wallfahrtsort“ führt durch die Geschichte des Sonntagbergs. Buch: Sonntagberg – Vom Hirtentraum zum Wallfahrtsort Film: Aus dem ORF Landesstudio NÖ über die Wallfahrtskirche Sonntagberg (Sendetermin: Pfingstmontag, 9. 6. 2014, 17.30 Uhr, ORF 2)

AB IN DEN WALD KREMSER KAMINGESPRÄCHE —————————————————— Mi, 11. 6. 2014, 18.00 Uhr Haus der Regionen 3504 Krems-Stein, Donaulände 56 —————————————————— Zum Abschluss der aktuellen Reihe zum Thema Gerechtigkeit befassen sich die Kamingespräche mit Ungleichheiten in der Verteilung von Rechten und Pflichten in unserer Gesellschaft. Vor dem Hintergrund der absehbaren demografischen Entwicklungen erhält der Aspekt der Generationengerechtigkeit besondere Brisanz. Damit stellt sich die Frage, wie ein faires Miteinander von Jung und Alt aussehen kann. Die zukünftige Finanzierung von Pensionen, die Ressourcenknappheit und der Zustand unserer Umwelt stellen Herausforderungen für den Generationenvertrag dar. ————— Frauen.Männer.Generationen

————— Information Volkskultur Niederösterreich Tel. 0664 820 8594 (Claudia Lueger) www.volkskulturnoe.at

Mag. Klaudia Tanner, Prof. Dr. Bernd Marin Eintritt frei, Anmeldung erbeten! Tel. 02732 85015 www.volkskultureuropa.org

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—————————————————— Fr, 13., Sa, 14., So, 15., Mo, 16. 6. 2014: Vereinshaus Horn Fr, 20., Sa, 21., So, 22. 6. 2014: HLUW Yspertal —————————————————— Die Region Waldviertel, konkret die Veranstaltungsorte Horn und Yspertal, werden im Juni 2014 zum Schauplatz des einzigartigen Musicalprojekts des Musikschulmanagement Niederösterreich. Im Rahmen der Initiative „wir sind bühne.musical“ haben musicalbegeisterte Musikschüler die Möglichkeit, gemeinsam mit Profis ein Stück zu erarbeiten. Unter der künstlerischen Leitung von Luzia Nistler wird im Juni 2014 das Musical „Ab in den Wald“ von Steven Sondheim in sieben Aufführungen auf die Bühne gebracht. ————— Karten in allen oeticket-Verkaufsstellen und auf www.oeticket.com Information Musikschulmanagement Niederösterreich Tel. 02742 90666 6110 sandra.stini@musikschulmanagement.at www.musikschulmanagement.at/ wir-sind-buehne


Inhalt / 5

Juni 2014

INHALT Haus der Regionen Belgien

6 /

Rohrendorf Generationenprojekt

9 /

Vortrag Reif fürs Museum

—————— Donau

Trachtenschiff, ahoi!

—————— Kulturlandschaft

12 / Landmarken

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aufhOHRchen Das Festival-Programm

14 /

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Volkstanz Åuftanz

15 /

in „Garten Tulln“

—————— Nachschau

16 / Zehn Jahre

Haus der Regionen

——————

Chorszene Niederösterreich Die Volksmessen von

18 /

Haydn und Schubert neu arrangiert ——————

Kreativ Akademie Zeit Punkt Lesen

20 /

——————

23 /

——————

Museum Neulengbach Plankenberger Malerkreis

36 /

—————— Gedenkraum Kierling

——————

Mostviertel 20. Volksmusi-Treff

Museum Kautzen

——————

Museum Waidhofen/Ybbs Hing’schaut –

24 /

——————

26 /

Klein-Eibenberg ——————

Mostviertel Bildungszentrum Gaming,

27 /

Trachtenbörse

38 / 90. Todestag Franz Kafka 40 / Adalbert Stifter 41 /

Porträts aus dem Depot ——————

Keramikmuseum Scheibbs Freistädter Keramik

—————— Weinviertel

Museumsdorf Niedersulz

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Kultur.Region

28 / Renaissance des Hintaus ——————

Brandlhof Interview mit Felix Mitterer

30 /

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Weinviertel Musikfest Jedenspeigen

32 /

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Kultur.Region Fortbildungen

33 /

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Auslage Bücher, CDs & feine Ware

34 /

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42 /

——————

44 / Waschtag! 47 / Intern &

Zwischen Himmel und Erde ——————

Musikschulen Junge Meister

48 /

——————

50 / Die letzte Seite

——————

IMPRESSUM Herausgeber: Prof. Dr. Edgar Niemeczek, Dorothea Draxler. Chefredakteurin: Mella Waldstein. Redaktionsteam: Mag. Michaela Hahn, Mag. Katharina Heger, Mag. Marion Helmhart, Mag. Andreas Teufl, DI Claudia Lueger, Dr. Freya Martin, Dr. Veronika Plöckinger-Walenta, Mag. Ulrike Vitovec, Mag. Anita Winterer, Mag. Eva Zeindl, Michaela Zettl, Mag. Doris Zizala. Mitarbeiter dieser Ausgabe: Dr. Andrea Euler, Karin Graf, MA, Mag. Thomas Hofmann, Mag. Carina Rausch, Mag. Christian Stadelmann, Dr. Helga Maria Wolf. Produktionsleitung, Marketing, Anzeigen und Beilagen: Mag. Marion Helmhart. Eigentümer/Medieninhaber: Volkskultur Niederösterreich GmbH, 3452 Atzenbrugg, Schlossplatz 1, FN 308711m, LG St. Pölten. Tel. 02275 4660, office@volkskulturnoe.at, www.volkskulturnoe.at. Geschäftsführung: Dorothea Draxler, Mag. Dr. Harald Froschauer. Sekretariat: Tina Schmid, Carina Stadler. Grafik/Layout: Atelier Olschinsky Grafik und Design GmbH, 1060 Wien. Druck: good friends Druck- und Werbeagentur GmbH. Verlagspostamt: 3451 Michelhausen. Versandpostamt: Postamt 3112 St. Pölten. ISSN 1680-3434. Copyrights: Kultur.Region.Niederösterreich GmbH, 3452 Atzenbrugg. Artikelübernahme nur nach Vereinbarung mit dem Herausgeber. Fotos: Wenn nicht anders angegeben, Bildarchiv der Volkskultur Niederösterreich GmbH. Ziel der Zeitung: Information und Berichterstattung über Kunst und Kultur und ihre gesellschaftlichen Bedingtheiten mit besonderer Berücksichtigung der Regionalkultur im Bundesland Niederösterreich, Beiträge aus Wissenschaft und Praxis, Ankündigungen und Hinweise. Alle in der Zeitschrift verwendeten Begriffe, Personen- und Funktionsbezeichnungen beziehen sich ungeachtet ihrer grammatikalischen Form selbstverständlich in gleicher Weise auf Frauen und Männer. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers und der Redaktion widerspiegeln. Cover: Familienmusik Zehetner. Foto: Helmut Lackinger

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Haus der Regionen / 6

Belgien / Wallonien

SCHMELZTIEGEL DER KULTUREN Keine Stadt Europas schafft es so oft in die Medien wie Brüssel. Wer kennt jedoch Belgien und seine Hauptstadt wirklich – abseits der Europäischen Union und des Europaviertels?

Tapis des fleurs an der Grand-Place in Brüssel. Foto: WBT/J. P. Remy

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Haus der Regionen / 7

Atomium – errichtet für die Weltausstellung 1958.

Als Sitz der Europäischen Union ist Belgiens Hauptstadt Brüssel jedem ein Begriff. Beinahe täglich finden sich Bilder von Politikern oder Reportern vor den modernen Verwaltungsgebäuden der Europäischen Union in Brüssel in den Abendnachrichten oder den Tageszeitungen wieder. Keine andere Hauptstadt Europas ist so präsent in den Medien. Wenige kennen jedoch das Königreich Belgien abseits des Europaviertels. Wer sich auf eine Reise einlässt, um das Land und seine Kultur näher kennen zu lernen, wird staunen, welche Vielfalt an Sehenswürdigkeiten es in Belgien zu entdecken gibt.

Brüssel

Königreich Belgien

Nirgends in Belgien kommen Flamen und Wallonen so eng zusammen wie in Brüssel. Offiziell ist die Stadt zweisprachig, was man auch als Tourist an den Straßenschildern, Speisekarten und Fahrplänen erkennen kann. Auf den Straßen Brüssels sind jedoch, abgesehen vom Französischen und Flämischen, auch noch viele weitere Sprachen zu hören: Nicht verwunderlich, bedenkt man, dass ein Viertel der Einwohner Ausländer sind – einerseits bei den internationalen Organisationen Beschäftige, andererseits Gastarbeiter und Zuwanderer aus Afrika. Dies ist auch an den zahlreichen exotischen Läden und Restaurants erkennbar.

Das Gebiet des heutigen Belgiens ist wegen seiner Vergangenheit als eine der wichtigsten Kulturlandschaften Europas überaus reich an Schätzen. Mit dem keltisch-germanischen und dem römisch-mediterranen haben sich hier zwei der bedeutendsten Kulturkreise des Kontinents berührt und Geschichte geschrieben. Persönlichkeiten und geistige Vorreiter aus allen Epochen wie Karl Marx, Victor Hugo, Alexandre Dumas, Charles Baudelaire, Auguste Rodin und viele andere fanden hier Zuflucht. Seine zentrale Lage in Europa, seine Mehrsprachigkeit, seine politischen, sozialen und religiösen Freiheiten haben zum kosmopolitischen Charakter dieses Landes beigetragen, welcher besonders in der Hauptstadt spürbar ist.

Jede Sightseeing-Tour durch Brüssel schließt eine Besichtigung der Grand-Place ein, zumal der Platz mit seiner Mischung aus gotischen und barocken ehemaligen Zunfthäusern als einer der schönsten der Welt gilt. Im 11. Jahrhundert aus einem Sumpfgebiet entstanden, entwickelte er sich über die Jahre zum wirtschaftlichen und sozialen Mittelpunkt der Stadt. Seit 1998 ist der Platz übrigens in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen. Auch der kleine Manneken Pis stellt ein viel fotografiertes Motiv dar. Der urinierende Knabe ist tatsächlich nur 61 Zentimeter groß. Zu besonderen Anlässen wird die Statue verkleidet. Bei Fußball-Länderspielen trägt er beispielsweise das Trikot der belgischen National-

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Dinant an der Maas: Stiftskirche Notre-Dame und Zitadelle. Foto: WBT/J. P. Remy

mannschaft. Alle Kostüme (mehrere hundert Stück) sind im Brüssler Stadtmuseum ausgestellt. Abgesehen vom Manneken Pis ist das 102 Meter hohe Atomium das bekannteste Wahrzeichen Brüssels. Die Stahlund Aluminiumkonstruktion des Architekten André Waterkeyn wurde für die Weltausstellung von 1958 erbaut und stellt die 165-milliardenfache Vergrößerung eines Eisenmoleküls dar.

Moules et frites Genuss wird in Belgien großgeschrieben. Im ganzen Land verbreitet ist die vielleicht etwas befremdende Kombination von Miesmuscheln und Fritten (frz. „moules et frites“). Schwer fällt die Wahl bei der Vielzahl an belgischen Biersorten – die Angebotspalette reicht von nach alten Rezepten traditionell gebrauten Bieren bis zu modernen Sorten wie Erdbeer- oder Himbeerbier. Aber auch Naschkatzen kommen in dem Land auf ihre Kosten. Jean Neuhaus entwickelte 1912 in Brüssel das Verfahren zur Herstellung von Pralinen. Größter Umschlagplatz der Welt für Schokolade ist übrigens der Brüssler Flughafen.

Wallonien Der südliche, überwiegend französischsprachige Teil Belgiens, Wallonien, lockt mit majestätischen Wäldern, romantischen Flusstälern und Dörfern sowie historischen


Haus der Regionen / 8

Havelange. Foto: z. V. g.

Schlössern. Das grüne Herz der Region bilden die Ardennen, ein Mittelgebirge, das nach Norden in die Parklandschaft des Herver Lands ausläuft. Im Westen folgen die Weizenfelder des Hennegaus, den Osten prägt das Hohe Venn – ein in Europa einzigartiges Hochmoor. Im Süden schlängelt sich die Maas vorbei an Schlössern und Parks durch ihr anmutiges Tal. Legendäres Ardennen-Panorama und Postkarten-Flair bietet sich Besuchern der Stadt Dinant, in der Provinz Namur gelegen. Auf einem monumentalen Steinfelsen, 120 Meter über der Maas, thront eine mächtige Zitadelle. Die im gotischen Stil rekonstruierte Stiftskirche Notre-Dame aus dem 12. Jahrhundert schmiegt sich unterhalb vor die steinerne Steilwand. Das Jahr 2014 widmet Dinant Adolphe Sax (1814–1894), dem Erfinder des Saxhorns und des Saxophons. Anlässlich seines 200. Geburtstags finden in seiner Geburtsstadt, aber auch in Brüssel zahlreiche musikalische Veranstaltungen statt. In den Straßen Dinants zeugen 28 Riesen-Saxophone in den Farben der Mitgliedstaaten der Europäischen Union von dem Jubiläum. Einblicke in die Welt der wallonischen Musik geben im Juni zwei Gastgruppen im Haus der Regionen: das Trio Havelange und der Akkordeonvirtuose Didier Laloy mit seinem Trio S-Tres.

Didier Laloy. Foto: Liewe Boussa

Havelange Das Trio Havelange spürt der Musik des alten Wallonien mit besonderer melodischer Sensibilität nach. Angeführt von Marinette Bonnerts, Akkordeon, beschwören Julien Biget und Gabriel Lenoir zwischen Folk und Alter Musik ein Lebensgefühl herauf, dem sich auch heute niemand verschließen mag. Der Konzertabend bietet ein Klangerlebnis voller Zärtlichkeit und Kühnheit: Drei verhexte Instrumente – Akkordeon, Bouzouki und Geige – führen gemischt mit Gesang ein intensives, aber höfliches Gespräch und geben die Tanzleidenschaft und Heiterkeit zahlreicher Feste und Kirtage wieder.

Didier Laloy & S-Tres Seit der Belgier Laloy mit 13 Jahren in Berührung mit dem Akkordeon gekommen ist, hat er sich zu einem Ausnahmekönner auf dem Instrument und zu einem der aktivsten Vertreter der Renaissance des diatonischen Akkordeons in Europa entwickelt. Das Trio S-Tres ist ein Kulminationspunkt der kreativen Wege des berühmten Akkordeonvirtuosen. Hier lässt er mit Frédéric Malempré (Perkussion) und Pascal Chardome (Gitarre, Piano) seine Kompositionen sprechen, die das ganze emotionale Spektrum eines reichen Musik(er)lebens widerspiegeln. Es ist raue, spontane und sehr direkte Musik, spannungsgeladen zwischen

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Stille und Explosion – Musik, die nach Freiheit klingt. / Text: Karin Graf

BELGIEN / WALLONIEN IM HAUS DER REGIONEN

——————————————————— Do, 5. 6. 2014, 19.30 Uhr Musique de Wallonie Havelange Fr, 13. 6. 2014, 19.30 Uhr L’Accordéon Didier Laloy & S-Tres Kat. I: VVK: EUR 16,00; AK: EUR 18,00 Kat. II: VVK: EUR 14,00; AK: EUR 16,00 Kombi-Karte für beide Konzerte: Kat. I: VVK: EUR 29,00 Kat. II: VVK: EUR 25,00 Tipp: Genießen Sie vor den Konzerten ab 17.30 Uhr ein dreigängiges Menü im Restaurant Blauenstein inkl. Konzerteintritt um insgesamt EUR 34,00. Information und Kartenbestellung Haus der Regionen 3504 Krems-Stein, Donaulände 56 Tel. 02732 85015 ticket@volkskultureuropa.org www.volkskultureuropa.org


Donau / 9

Schifffahrt

AHOI, SCHÖNBRUNN! Die Geschichte der Dampfschifffahrt auf der Donau.

Die Schönbrunn – letztes Dampfschiff auf der Donau.

Die weißen Schiffe zogen, eine ungeheuer schwarze Rauchwolke hinter sich herziehend, stromaufwärts. Am Ufer winkten Wäschermädel, bevor sie das Blütenweiße vor dem niedergehenden Ruß in Sicherheit brachten. Vielleicht können wir uns das so vorstellen. Oder, dass die Menschen am Donauufer zusammenliefen und die schwimmenden Dampfrösser bestaunten, so wie sie das Schauspiel der Schiffszüge beobachtet hatten, die von Pferden gezogen wurden und mit

lautem Hü und Peitschenknall einer komplizierten Choreografie zwischen Wasser und Land folgten. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren auf den Seen bereits kleine dampfbetriebene Boote im Einsatz. Für die Donau, dem mächtigen Handelsweg durch die k. u. k. Monarchie, stellten sich vorerst noch Hindernisse in den Weg. Denn die Donau hatte vor allem im Bereich des Strudengaus und der Wachau

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Wildwassercharakter. Die Strömungsgeschwindigkeit verhinderte den Einsatz der ersten dampfbetriebenen Motoren. Die „Erste Donaudampfschiffgesellschaft“ wurde 1823 gegründet und bald danach auch wieder aufgelöst. Einen weiteren Anlauf unternahm man sechs Jahre später mit der „Ersten privilegierten Donaudampfschiffahrtsgesellschaft“ – übrigens ein Wort, das, mit einem „Kapitän“ hinten angehängt, Generationen von Kindern im Schnellaufsagen übten …


Donau / 10

Im Maschinenraum die Heißdampf-Compoundmaschine …

Größte Binnenreederei der Welt In einer eigens dafür errichteten Werft am Donauspitz in Floridsdorf wurde 1830 der Dampfer „Franz I.“ vom Stapel gelassen. Das sogenannte Volldampfschiff mit Schaufelrad und Takelage verkehrte zwischen Wien und Budapest. Der Aufstieg der DDSG nahm seinen Lauf; 1879, im 50. Jahr nach der Gründung, war die DDSG die größte Binnenreederei der Welt: eine Schiffswerft in Obuda/Ungarn, 10.000 Beschäftigte und an die 2.500 Kähne und Boote, davon 100 Passagierdampfer, wie etwa der erste Langstreckendampfer „Franz Josef I.“ mit Kabinen an Bord. Schnell wurde der Tourismus, neben Handel und Personenbeförderung, als lukratives Geschäft entwickelt. Den Ausbau der Donau und das Sprengen gefährlicher Felsen im Osten bei der Passage des „Eisernen Tores“ wurde von Ungarn finanziert, im Gegenzug verpflichtete sich Österreich zur Errichtung des ArlbergEisenbahntunnels als „Tor zum Westen“. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts und mit dem Ende der Monarchie hatte die DDSG ein Streckennetz von beinahe 5.000 Kilometern, das sich über die Donau und ihren schiffbaren Nebenflüssen erstreckte.

Planeten-Klasse Nach dem Ersten Weltkrieg waren zwei Drittel der Schiffe verloren, ein neuer Aufbruch wurde mit Salondampfern der sogenannten „Planeten-Klasse“ versucht. Der „Jupiter“, die als „Franz Josef I.“ gebaut

wurde, folgten die Schwesternschiffe „Uranus“ und „Helios“. Die „Jupiter“ wurde 1936 auf Ölfeuerung umgerüstet. Programmatisch der Name des Schiffes, das noch als Dampfer 1927 in Auftrag gegeben wurde: der Zugdampfer „Österreich“. Eine Dekade später gab es dieses Österreich nicht mehr – die DDSG schipperte Kriegsmaterial und KdF-Passagiere auf der schönen blauen Donau. Nach dem Krieg und dem Staatsvertrag 1955 war die Aufbruchsstimmung groß, ein Neubauprogramm wurde in der Werft von Korneuburg in Auftrag gegeben. „Die Hälfte des Warenaustauschprogrammes mit den Oststaaten besorgte die DDSG“, schreibt Gerald Böhm in „175 Jahre Donaudampfschifffahrt im Raum Ybbs“. Für den langen Niedergang der DDSG ist hier auf diesem Raum kein Platz. Nur so viel: Die letzte Fahrt eines Passagierschiffes unter der Flagge der DDSG fand 1995 statt.

„Schönbrunn“ Die „Schönbrunn“ ist einer der allerletzten Schaufelraddampfer und einer der letzten Zeugen aus dem Zeitalter der Dampfmaschine, aber noch immer unterwegs. Gebaut in der DDSG-eigenen Werft in Budapest zur selben Zeit wie ihre Schwesterschiffe, die „Wien“ und die „Budapest“ im Jahre 1912/13, war die „Schönbrunn“ das letzte Raddampfschiff auf der Donau, und während die „Wien“ sank und die „Budapest“ in Korneuburg abgewrackt wurde, diente die „Schönbrunn“ bis Mitte der 1980er Jahre als fahr-

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… und ein kühles Lüftchen am Bug der Schönbrunn.

planmäßiges Linienschiff zwischen Wien und Passau, um 1988 endgültig aus dem regelmäßigen Schiffsverkehr gezogen zu werden. Die Österreichische Gesellschaft für Eisenbahngeschichte erwarb 1995 von der DDSG das alte Dampfschiff. Die ÖGEG setzte sich als Ziel, die „Schönbrunn“ zu erhalten und restaurierte das Nostalgieschiff in unzähligen, unentgeltlichen Arbeitsstunden. Heute liegt die „Schönbrunn“ in Linz vor Anker und wird gemäß dem neuen Konzept der ÖGEG fortan nur noch für Nostalgiefahrten und Sondereinsätze herangezogen.

Herz des Dampfers Die „Lisl“ so heißt ihre Maschine, ist eine schrägliegende Heißdampf-Compoundmaschine mit einem Hoch- und einem Niederdruckzylinder – sie ist das Herz eines echten Dampfers und noch immer in jenem Zustand, indem sie 1912 eingebaut wurde. Die Seitenräder mit einem Durchmesser von ca. vier Metern haben je acht Stück, drei mal 0,7 Meter große gebogene Schaufeln, die durch einen Excenter so eingestellt werden, dass jeweils die drei eintauchenden Schaufeln senkrecht zur Wasseroberfläche stehen. Für die Bewegung der beiden Balanceruder sorgt eine kleine zweizylindrige Dampfmaschine. / Text: Mella Waldstein, Andreas Teufl Fotos: Georg Mantler


Donau / 11

Schifffahrt

MIT DAMPF & TRACHT Am Sonntag, den 22. Juni legt der „Trachtendampfer Schönbrunn“ in Krems-Stein ab.

Mittanzen und Mitsingen animieren, sondern mit ihnen auch basteln und letztendlich Luftballons steigen lassen, auf die jedes Kind seine Adresse schreiben kann. Zusätzliche Stimmung während der Schifffahrt bieten die Strohhuatbuam. Diese fünf jungen Blasmusiker aus der Waldviertler Marktgemeinde Schönbach unterhalten an Bord mit traditionell österreichischen Liedern, böhmischen Polkas, aber auch mit ihrem „Strohhuat-Musikanten-Marsch“, der eigens für die Jungmusiker von Richard Wagner komponiert worden ist. Für das leibliche Wohl der Gäste sorgt der Chefkoch der „Schönbrunn“. / Die Wachauer Volkstanzgruppe Arnsdorf. Foto: z. V. g.

Die Volkskultur Niederösterreich lädt in Kooperation mit der Österreichischen Gesellschaft für Eisenbahngeschichte zu einem einzigartigen Dampf-Erlebnis ein, welches kein anderes Donauschiff bieten kann. Am 22. Juni startet die „Schönbrunn“ zu einer unterhaltsamen Nostalgiefahrt. Unter dem Motto „Wir tragen Niederösterreich“ legt der „Trachtendampfer Schönbrunn“ in Krems-Stein ab und fährt nach Spitz. Eingeladen sind Kinder sowie Erwachsene, womöglich alle in Tracht, damit das Nostalgieschiff „Schönbrunn“ bei dieser Fahrt der Bezeichnung „Trachtendampfer“ gerecht wird. Schon vor der Abfahrt gibt es bei der Einstiegsstelle Krems-Stein Volksmusik und Volkstanz zu erleben. Das Rahmenprogramm gestalten die Wachauer Volkstanzgruppe Arnsdorf, die Kinder- und

Jugendvolkstanzgruppe Rohrendorf sowie die Schönbacher Strohhuatbuam. „Aus Freude am Volkstanz den Mitmenschen mit dem Volkstanzen Freude bereiten“, das ist das Motto der Wachauer Volkstanzgruppe Arnsdorf. Dem wollen die Arnsdorfer Volkstänzer bei der Schifffahrt am „Trachtendampfer“ mit ihren Darbietungen gerecht werden.

Text: Andreas Teufl Fotos: Georg Mantler

TRACHTENDAMPFER „SCHÖNBRUNN“

——————————————————— So, 22. 6. 2014 Schiffstation Krems-Stein

Tanz am Schiffsdeck

12.30 Uhr: Tanz & Musik vor dem Schiff 13.00 Uhr: Abfahrt

Die mitreisenden Gäste werden ebenfalls das Tanzbein schwingen und „Volkstanzen“ erspüren können. Mit an Bord ist die Kinderund Jugendvolkstanzgruppe Rohrendorf bestehend aus 19 Mädchen bzw. einer vierköpfigen Musikantengruppe. Am „Trachtendampfer“ wird die Kinder- und Jugendvolkstanzgruppe nicht nur andere Kinder zum

Erwachsene: EUR 32, 00 Kinder 6–15 Jahre: halber Preis Gruppenpreis ab 15 Personen und Volkstanzgruppen: 10 % Ermäßigung

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Information Volkskultur Niederösterreich Tel. 0664 8223963 (Andreas Teufl) andreas.teufl@volkskulturnoe.at


Kulturgeschichte / 12

Markierte Landschaft

VON MARTERLN UND MEILENSTEINEN Die Orientierung in der Landschaft ist durch Meilensteine, Wegkreuze, Marterln und Grenzsteine mit Geschichte und Legenden verwoben.

dann auch auf einen weitschichtigen Irrweg geraten.“ 360 Jahre nach der abenteuerlichen Pilgerreise hat der österreichische JakobswegExperte Peter Lindenthal die Publikation – überarbeitet, kommentiert und illustriert – herausgegeben. Er lächelt über „die Jakobspilger des 21. Jahrhunderts […] die erwarten, dass sich jede Wegmarkierung in Sichtweite der vorhergehenden befindet […] und sich beschweren, wenn dem nicht so ist“. Lindenthal war es auch, der um die Jahrtausendwende den rund 800 Kilometer langen Hauptast des österreichischen Jakobsweges festgelegt hat, von dem mehrere Etappen durch Niederösterreich führen. Touristisch interessant geworden, hat man sie im Rahmen von regionalen öffentlichen und privaten Projekten beschildert, an Literatur und Wanderkarten herrscht kein Mangel mehr. Freilich gibt es „den“ Jakobsweg nicht, vielmehr handelt es sich um ein Wegenetz, das teilweise historischen Fernverbindungen folgt.

Distanzsäulen Marterl mit Tabernakelaufsatz.

Anno 1654 begann der Wiener Neustädter Prälat Christoph Guntzinger (1614–1673) seinen Pilgerweg nach Santiago de Compostela. Nach fast einem Jahr und 6.000 Kilometern Reise durch sechs Länder gestaltete sich seine Rückkehr – an die, wie er schreibt, „kaum jemand glaubte“ – zu einem Fest. Die „wohlehrwürdige Priesterschaft und viele andere redliche Bürger“ empfingen ihn.

Guntzinger hat seine Erfahrungen in einem Büchlein festgehalten, demnach hat er sich – mangels Markierungen – des Öfteren verirrt. Er freute sich, in einsamen Gegenden bewohnte Häuser zu finden, wo er nach dem Weg fragen konnte. „Denn auf der Straße waren nit immer Leute unterwegs, sodass man manchmal, wenn man falsch ging, mühsam wieder zurück musste. Einmal sind wir

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Vor allem bedeutsam waren die gepflasterten Römerstraßen, die sich durch ihre massive Bauart von den zuvor üblichen Naturwegen unterschieden. Die Limesstraße verlief entlang des befestigten Grenzweges durch Europa. Die als Bernsteinstraße bekannten Handelswege führten von der Ostseeküste, u. a. durch das Marchfeld, zum Mittelmeer. „Römische Bernsteinstraße“ bezeichnet die winterfeste Verbindung zwischen Carnuntum, der Hauptstadt der Provinz (Ober-) Pannonien, und Aquilea in Italien.


Kulturgeschichte / 13

zelne ihrer Angehörigen, wie Bäcker oder Tischler, stifteten Bildstöcke (z. B. Bäckerkreuze). Auch Einzelpersonen dankten mit Votivsäulen für himmlische Hilfe. Häufig versammelten sich die Katholiken bei Freiplastiken, besonders solchen des hl. Johannes Nepomuk oder in Marienkapellen, zu Andachten. Sie schmückten die Heiligenfiguren mit Blumen und entzündeten Kerzen.

Grenzfrevel

Grenzstein.

Zur Orientierung standen – seit dem 3. vorchristlichen Jahrhundert – Distanzsäulen (Milaria) an den Römerstraßen. Die bis zu drei Meter hohen, halbmeterdicken Steinsäulen trugen Orts- und Entfernungsangaben. Kaiser und Statthalter nützen sie auch zu Propagandazwecken. Archäologen schätzen die Zahl der erhaltenen Meilensteine auf 7.000 bis 8.000. In Niederösterreich fand man Milaria z. B. in Gemeinlebarn, einer Katastralgemeinde von Traismauer (aus den Jahren 217/218 und 313 n. Chr.), Klosterneuburg (244–249, 249–251), Schwechat (Mitte des 3. Jahrhunderts) und Tulln (235/239). Straßen, Flüsse, Städte und Landmarken waren auf einer Karte verzeichnet. Ihre mittelalterliche Kopie, die Tabula Peutingeriana aus dem 12. Jahrhundert, in der Österreichischen Nationalbibliothek zählt zum UNESCO-Weltdokumentenerbe.

Dank & Bitte Entlang römischer Straßen befanden sich Votivsteine, Altäre und Grabmäler. Der Gedanke des Erinnerns, das Motiv „Dank und Bitte“ viel später, findet sich auch bei den Marterln oder Bildstöcken. Sie waren in unverbauten Gegenden kleine Landmarken

Hl. Nepomuk.

und Orientierungspunkte. Ihre Entstehungszeit reicht von der Gotik bis in die Gegenwart. Bildstock im engeren Sinn bezeichnet einen Pfeiler oder eine Säule mit „Tabernakel“ zur Aufnahme eines Lichtes. Dessen Außenseiten können mit Reliefs und/oder Schrift versehen sein. Darüber befindet sich meist ein Dach mit einem Kreuz. Im weiteren Sinn zählen auch andere Freiplastiken (mit Heiligenstatuen, Marienbildstock), Breitpfeiler (mit rechteckigem Grundriss und einer Nische für Figuren bzw. Bilder), Kapellen, Wegsäulen, Kreuze und Lichtsäulen dazu. Oft stehen sie an Unglücksstellen, an den Ortsrändern oder Gemeindegrenzen. Anlässe für die Errichtung gab es viele. Die Gläubigen dankten Gott für das Erlöschen von Seuchen wie Pest oder Cholera. Das Ende kriegerischer Ereignisse, wie Kuruzzeneinfälle oder Türkenkriege, wurde festgehalten und der Opfer gedacht. 1598 ließ Kaiser Rudolph II. in Niederösterreich (z. B. Korneuburg, Leobendorf, Harth) eine Reihe von Bildstöcken errichten, die an die Rückeroberung der Festung Raab (Györ, Ungarn) am 29. März erinnern: „Sag Gott dem Herrn Lob und Dank, dass Raab wieder kommen ist in der Christen Hand.“ Ganze Zünfte oder ein-

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2014

Andererseits haftete den Markierungen in der Landschaft oft etwas Unheimliches an. Zahlreich sind die Gespenstergeschichten, die von Kreuzen an Weggabelungen und Grenzsteinen erzählt werden. Grenzfrevel galt im Mittelalter als schweres Vergehen – die Verrücker sollen nach ihrem Tod so lange keine Ruhe gefunden haben, bis sie den Stein an die ursprüngliche Stelle zurückbrachten. Voraussetzung war aber, dass jemand dem „feurigen Mann“ oder schwarzen Hund den richtigen Platz zeigte. Aus Lunz am See wird von einem Wilderer berichtet, der mit dem Teufel im Bunde war und mit seinen unfehlbaren Kugeln auf ein Marienmarterl schoss. Das Blut der Muttergottes soll ihn gerettet haben. Ein Bild auf dem Marterl zeigte die Begebenheit. In Gunersdorf bei Aschbach stand am Ortseingang ein hölzernes Pestkreuz. Nach der Überlieferung erinnert es an die Seuche von 1679. Ein Fuhrmann brachte die Toten auf seinem Wagen zur außerhalb des Dorfes gelegenen Pestgrube. Auf der holperigen Straße bemerkte er nicht, dass er einen Mann verloren hatte. Auf dem Rückweg fand er ihn an jener Stelle lebend wieder. / Text: Helga Maria Wolf Illustrationen: Magdalena Steiner

BUCHTIPP

——————————————————— Peregrinatio Compostellana anno 1654 Die abenteuerliche Pilgerreise des Christoph Guntzinger von Wiener Neustadt nach Santiago, wiederentdeckt von Peter Lindenthal. Tyrolia-Verlag, Innsbruck–Wien 2014 ISBN 978-3702233037


Volksmusikfestival / 14

Das Programm

aufhOHRchen 2014 Das größte niederösterreichische Volksmusikfestival aufhOHRchen gastiert heuer von 12.–15. Juni in Sieghartskirchen. VORPROGRAMM

—————————————————————— Fr, 6. 6. 2014, ab 19.00 Uhr Wirtshausmusik s’Wirtshaus Huber: 16er Buam – Rutka·Steurer; Gasthof „Zur Riederberghöhe“: Wilhelmsburger Tanzlmusi, Sieghartskirchner Pfeiferlmusi’

DONNERSTAG, 12. JUNI 2014

—————————————————————— 18.30 Uhr: Musikalische Begrüßung Musikverein Sieghartskirchen (Kulturpavillon Sieghartskirchen) 19.00 Uhr: „Heimvorteil“ – Entwicklungsperspektiven in Sieghartskirchen Runder Tisch mit Friedrich Zibuschka, Eva Roßkopf, Rudolf Berger, Theres FriewaldHofbauer, Johann Höfinger Moderation: Robert Ziegler (Kulturpavillon Sieghartskirchen)

FREITAG, 13. JUNI 2014 —————————————————————— 9.00 Uhr: Mit allen Sinnen – Schulprojekte Volksschule und Musik-Volksschule Sieghartskirchen, Neue Mittelschule Sieghartskirchen (aufhOHRchen-Bühne im Rathauspark) 14.00 Uhr: Musikalische Pferdegespannfahrten Jagdhornbläsergruppe Abstetten, Sieghartskirchner Pfeiferlmusi’, Holzbläserquartett des Jugendblasorchesters Sieghartskirchen, Stubenmusik Rauchengern (Waldkapelle Rappoltenkirchen; Tirolersiedlung)

15.00 Uhr: Orchesterkonzert der Musikschule Sieghartskirchen Jugendsymphonieorchester Wienerwald, Sinfonisches Blasorchester Sieghartskirchen, Pig Band Sieghartskirchen

15.00 Uhr: Tanz mit! Tanzworkshop für Jung & Alt Streichfähig, Tanzforum der Volkskultur Niederösterreich, Volkstanzgruppe der Landjugend Bezirk Tulln

(Kulturpavillon Sieghartskirchen)

(Stadl Röhrenbach)

19.00 Uhr: Präsentation der Wirtshausmusik

16.00 Uhr: Sternmarsch und Großkonzert der Blasmusik Musikverein Sieghartskirchen, Blasmusik Tullnerbach, Musikverein Michelhausen, Musikverein Würmla

(Rathauspark Sieghartskirchen) 20.00 Uhr: Wirtshausmusik Gabi’s Dorfgasthaus: Aubichimusikanten; Wirtshaus Die kleine Post: Hybridbradler; Gasthaus Klaghofer: Terz Sterz; Gasthof Sulzer Stub’n: Klosterneuburger Geigenmusik & NoHau; Gasthof Schmid: Die Zuckerrüben & Die Maibaummusikanten; Heuriger Familie Kienberger (ab 17.00 Uhr): Quadrophonie; Heuriger Familie Frumen (ab 17.00 Uhr): Tulbinger Weissbacher Musikanten; Kaffee-Konditorei Kadlec: Ron & Mika

SAMSTAG, 14. JUNI 2014

—————————————————————— 11.00 Uhr: Preisträgerkonzert des Volksmusikwettbewerbs der NÖ Musikschulen (Kulturpavillon Sieghartskirchen) 13.00 Uhr: Chöretreffen und Offenes Singen Allrounders, Bäuerinnenchor Amstetten, Chor St. Severin, Gesang- und Musikverein Großweikersdorf, Kirchenchor Sieghartskirchen, Leobendorfer Viergesang, Singkreis Kapelln, Sing-Mit-Runde Wiener Neudorf, Tullnerfelder Bäuerinnenchor, Vokalensemble Pressbaum (Stadl Röhrenbach)

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2014

(Röhrenbach) 17.00 Uhr: Kranzlstechen – Traditioneller Reiterbrauch Jagdhornbläser Abstetten (Festwiese Röhrenbach) 19.00 Uhr: Abendmesse mit musikalischer Gestaltung Allrounders (Pfarrkirche Sieghartskirchen) 20.00 Uhr: Lange Nacht der Musik – Konzert in drei Teilen: Amadeus Brass, Frauenkompott, Hybridbradler Moderation: Christof Spörk (Stadl Röhrenbach)

SONNTAG, 15. JUNI 2014

—————————————————————— Messen mit musikalischer Gestaltung 8.00 Uhr: Pfarrkirche Ried am Riederberg: Sieghartskirchner Pfeiferlmusi’; Filialkirche Kogl: Wienerwald Viergesang 9.15 Uhr: Pfarrkirche Ollern: Gesang- und Musikverein Großweikersdorf 9.30 Uhr: Pfarrkirche Sieghartskirchen: Kirchenchor Sieghartskirchen; Pfarrkirche Abstetten: Mostviertler Landlpfeifer


Tag der jungen Tracht / 15

Jugendvolkstanzwettbewerb Åuftanz

TAG DER JUNGEN TRACHT Jugendvolkstanzgruppen stellen ihr Können beim Wettbewerb bei „Die Garten Tulln“ unter Beweis. 11.00 Uhr: ORF Radio Niederösterreich Frühschoppen Musikverein Sieghartskirchen, Ybbstal Streich (aufhOHRchen-Bühne im Rathauspark) 12.00 Uhr: Platzkonzert des Musikvereins Sieghartskirchen (aufhOHRchen-Bühne im Rathauspark) 12.30 Uhr: Miteinander aufhOHRchen – Sänger- und Musikantentreffen Allrounders, Anzbacher Tanzgeiger, Die Zuckerrüben, Familiendreigesang Knöpfl, Jagdhornbläsergruppe Abstetten, Kirchenchor Sieghartskirchen, Leobendorfer Viergesang, Mostviertler Landlpfeifer, Saitenmusik Kremser Stadtmusikanten, Sing-Mit-Runde Wiener Neudorf, Tullnerfelder Bäuerinnenchor, Vokalensemble Pressbaum, Volkstanzgruppe Tulln, Wienerwald Viergesang (aufhOHRchen-Bühne im Rathauspark) _

aufhOHRchen 2014

——————————————————— 22. NÖ Volksmusikfestival Do, 12.–So, 15. 6. 2014 Sieghartskirchen Informationen & Karten (Festkonzert) Volkskultur Niederösterreich Tel. 02275 4660 0 aufhohrchen@volkskulturnoe.at www.aufhOHRchen.at

Landjugend bei „Die Garten Tulln“. Foto: z. V. g.

Der Tag der jungen Tracht, das Treffen der niederösterreichischen Jugendvolkstanzgruppen, wird heuer zum ersten Mal in der „Garten Tulln“ ablaufen. Ein abwechslungsreicher Tag ganz im Zeichen von traditionellem Volkstanz, Musik und Natur wartet auf alle Besucher und teilnehmenden Gruppen. Das tolle Ambiente der Gartenanlage lädt zum Entspannen in den zahlreichen Gärten ein – nebenbei kann traditioneller Volksmusik gelauscht werden. Ebenso stehen Volkstanz- und Schuhplattlerworkshops zum Reinschnuppern und Mitmachen am Programm. Den kleinen Besuchern wird ein riesiger Spielplatz sowie Kindervolkstanz zum Mitmachen geboten. Beim „Åuftanz“ – dem Jugendvolkstanzwettbewerb der Landjugend Niederösterreich, in Zusammenarbeit mit der Volkskultur Niederösterreich – können die Volkstanzgruppen zeigen, was sie drauf haben. Junger Volkstanz

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ist ganztägig auf der Hauptbühne der Garten Tulln zu bestaunen. Volkstanzgruppen aus ganz Niederösterreich werden ihr Können präsentieren und sich einer fachkundigen Jury, bestehend aus Tanzreferenten des Tanzforums der Volkskultur Niederösterreich, stellen. /

TAG DER JUNGEN TRACHT

——————————————————— Jugendvolkstanzwettbewerb Åuftanz „Die Garten Tulln“ So, 22. 6. 2014 3430 Tulln, Am Wasserpark 1 10.30 Uhr: Begrüßung und Aufmarsch der Volkstanzgruppen
 17.00 Uhr: Siegerehrung Åuftanz www.noelandjugend.at www.volkskulturnoe.at www.diegartentulln.at


Nachschau / 16

Haus der Gastfreundschaft

10 JAHRE HAUS DER REGIONEN Rund 500 Gäste feierten den 10. Geburtstag dieses einmaligen Kulturprojekts in Krems-Stein.

Wo sonst Künstler und Musikanten aus den kleinräumigen, in ihrer Vielfalt oft wenig bekannten Regionen den Festsaal zum Klingen bringen, trafen sich am 29. April kulturell interessierte Besucher, um auf den Erfolg des Haus der Regionen anzustoßen. „Das Haus der Regionen steht für Weltoffenheit und Internationalität. Es ist ein Kristallisationspunkt, um Kontakte zu knüpfen, um das sogenannte Fremde kennenzulernen, um Grenzen abzubauen, sowohl geografische als auch Grenzen zwischen den Menschen“, so Landeshauptmann Erwin Pröll.

Paul Lendvai wies in seiner Festansprache auf die Bedeutung kultureller Bande und zwischenmenschlicher Beziehungen zur Überwindung politisch und historisch geschlagener Wunden hin: „Leider erleben wir auch die neuen Wunden in Folge der Kulmination des entfesselten großrussischen aber auch des ukrainischen Nationalismus. Das Gift an dem Europa schon einmal zu Grunde gegangen ist wirkt fort und droht den Kontinent erneut zu verseuchen.“ Deshalb sei es wichtig, so Paul Lenvai ist seiner Festrede, dass es Institutionen wie das Haus der Regionen gibt. „Es beweist, dass Werte gegen Kanonen verteidigt werden können.“

Torte anschneiden mit Justizminister Dr. Wolfgang Brandstetter, Prof. Paul Lendvai, Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll, Dorli Draxler, Dr. Edgar Niemeczek und Sepp Forcher (v. l. n. r.).

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„Nach zehn Jahren können wir sagen, dass sich das Haus sehr solide etablieren konnte und die verlässliche und persönliche Atmosphäre vom Publikum sehr geschätzt wird“, ziehen Dorli Draxler und Edgar Niemeczek ein zufriedenes Resümee. Als traditionsreiches Haus mit einer zukunftsweisenden Vision etablierte sich das Haus der Regionen in seinem zehnjährigen Bestehen als Treffpunkt der regionalen Volkskulturen und als Kristallisationspunkt in der Kunstmeile Krems. / Fotos: Helmut Lackinger

Die Gastgeber Dr. Edgar Niemeczek und Dorli Draxler.


Nachschau / 17

Musik ist von Beginn an Schwerpunkt im Haus der Regionen. Das Heanzenquartett begleitet die Feier.

„Das Haus der Regionen steht für Weltoffenheit und Internationaliät“, so Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll.

„Kulturelle Bande zur Überwindung historischer Wunden“ wünscht sich Professor Paul Lendvai.

Peter Ilcik, Botschaftsrat der Slowakischen Republik, Brigadier Mag. Rudolf Striedinger, Militärkommandant von Niederösterreich, Sepp Forcher, Heli Forcher und Prof. Norbert Gollinger, Landesdirektor ORF NÖ.

Sissi Pröll, Präsidentin Hilfe im eigenen Land, und Bürgermeister Dr. Reinhard Resch.

Rund 500 Gäste feierten gemeinsam das Jubiläum.

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Für das leibliche Wohl sorgte das Restaurant Blauenstein.


Chorszene Niederösterreich / 18

Volksgesangsmessen

FÜR JEDEN SONNTAG Das „Deutsche Hochamt“ von Michael Haydn und die „Deutsche Messe“ von Franz Schubert: Hans-Peter Manser hat die beiden Messen mit Rücksicht auf die tatsächlichen Besetzungsmöglichkeiten von Blasmusikkapellen und auf die Singbarkeit für den Kirchenbesucher arrangiert. Arrangement

Das „Deutsche Hochamt“ von Michael Haydn und die „Deutsche Messe“ von Franz Schubert, die sogenannten Volksgesangsmessen im Gotteslob, gehören zu den wenigen kirchlichen Volksgesängen der Klassik, die sich bis heute zu Recht ungebrochener Beliebtheit erfreuen. Heinz Ferlesch, Koordinator Chorszene Niederösterreich: „Das ‚Deutsche Hochamt‘ von Michael Haydn und die ‚Deutsche Messe‘ von Franz Schubert – beides Kompositionen im Geiste der Aufklärung – sind zum katholischen Gemeingut geworden. Beide Werke weisen ihre Schöpfer als subtile und feinfühlige Komponisten aus, die einerseits praktikable und gut singbare Messkompositionen schafften, andererseits aber Kunstwerke von tief empfundener Religiosität und ausgeprägtem Wort- und Tonverhältnis.“

Seit mehr als zehn Jahren besteht der Wunsch nach einem Arrangement der beiden Messen mit Rücksicht auf die tatsächlichen Besetzungsmöglichkeiten unserer Blasmusikkapellen und auf die Singbarkeit für den Kirchenbesucher. Hans-Peter Manser erhielt in diesem österreichweit einzigartigen Projekt von der Chorszene Niederösterreich in Kooperation mit dem NÖ Blasmusikverband den Auftrag, eine solche Fassung zu erstellen. Die im Kliment-Verlag erschienenen Noten werden allen Mitgliedskapellen des Blasmusikverbandes kostenlos zur Verfügung gestellt. Dorli Draxler, Geschäftsführerin der Kultur. Region.Niederösterreich: „Die entstandene CD und die Notenausgabe sind eine Bereicherung für den Gemeindegesang im Gottesdienst, aber auch für alle Blasmusikkapellen und Chöre. Endlich konnte das lange gewünschte Projekt umgesetzt werden. Unser Dank gilt allen Beteiligten.“ Die im Zuge des Projekts entstandene CD „Volksgesangsmessen im Gotteslob“ stellt die Originalkompositionen Michael Haydns und Franz Schuberts den neu arrangierten Fassungen der Messen für Blasorchester gegenüber. Diese CD ergeht an alle Niederösterreichischen Kirchenchöre und Blasmusikkapellen. Gottfried Zawichowski, Koordinator Chorszene Niederösterreich: „Beide Werke haben wir in ihren Bläseroriginalfassungen eingespielt – quasi als Referenz vor den Meistern Franz Schubert und Michael Haydn. Das Neuarrangement für Blasorchester hat sich einerseits möglichst genau an diese Vorlagen gehalten, andererseits hat Hans-Peter Manser

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darauf geachtet, eine Besetzung vorzugeben, die von möglichst vielen Blasmusikkapellen umsetzbar ist.“ / Text: Michaela Zettl

HAYDN 710 (801) / SCHUBERT 711 (802)

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Volksgesangsmessen im Gotteslob Haydn 710 (801) · Schubert 711 (802) Original- und Gebrauchsfassungen

zene Chors musik as und Bl iederin N ch ei österr

Original- und Gebrauchsfassungen (Arrangement: Hans-Peter Manser) CD und Noten erhältlich bei: Chorszene Niederösterreich 3100 St. Pölten, Neue Herrengasse 10 Tel. 02742 90666 6117 michaela.zettl@volkskulturnoe.at Niederösterreichischer Blasmusikverband 3311 Zeillern, Schlossstraße 1 Tel. 07472 66866 office@noebv.at Musikverlag Johann Kliment 1090 Wien, Kolingasse 15 Tel. 01 317 5147 0 office@kliment.at


Blasmusik / 19

Musikverlag Kliment

SCHRITT HALTEN „Mit im Schritt“ ist nicht allein der Titel einer Komposition von Hans Kliment, sondern seit bald 90 Jahren der Leitgedanke in Österreichs größtem Blasmusikverlag Johann Kliment.

Im Verlagshaus Kliment. Foto: z. V. g.

„Mit im Schritt“ war und ist man mit den jeweiligen Entwicklungen und Bewegungen im Blasmusikbereich. Nach dem Ende der Donaumonarchie galt es einerseits, den oft kleinen und leistungsschwachen Musikkapellen vielseitig verwendbares Spielgut zu liefern, andererseits Meisterwerke der Tradition, Militärmärsche und Musik der StraußÄra, in geeigneten Bearbeitungen zugänglich zu machen. Seit der Verlagsgründung 1928 war und ist dem Musikverlag Kliment die Zusammenarbeit mit den jeweils aktuellen und wichtigen Komponisten ein besonderes Anliegen. Die ländliche Blasmusik hatte jetzt auf einmal ihren eigenen Musikverlag, der bereit sein wollte, mit den Bedürfnissen dieser Kapellen Schritt zu halten.

„Konservatorium Europas“ „Aus dem „Konservatorium Europas“ stammend, also aus Böhmen, wurde die Familie Kliment bald zu echten Wienern. Vater Johann leitete eine Knabenhortmusik in Wien-Döbling. Sohn Hans (Jahrgang 1906 – verstorben im 100. Lebensjahr) war fast bis zu

seinem Tode musikalisch aktiv und Seele des Verlages. Als er in jungen Jahren bei Richard Maux Komposition studierte, stellte dieser anerkennend fest, dass bei Kliment immer „ein Walzer“ herauskomme. Walzer in der Strauß-Tradition hat denn auch Hans Kliment in beachtlicher Zahl komponiert und immer wieder Niederösterreich gewidmet, dem Land an der Donau, dem Wienerwald, dem Waldviertel und der Wachau. Auch in den Märschen lebt die Heimat musikalisch auf, im „Waldviertler Marsch“, im „Waltersdorfer Marsch“, in „Gruß an Krems“ und „Aus der Babenbergerstadt“, Mödling gewidmet. Jahrzehntelang lernten junge Musiker in Österreich nach den Bläserschulen von Hans Kliment. Eifrig wurde für kleine Besetzung bearbeitet, man hat also für das heutige „Spiel in kleinen Gruppen“ und „Weisenblasen“ früh schon vielerlei angeboten. Niederösterreich war immer wichtig für den Verlag Kliment. In der Zwischenkriegszeit konnte Robert Pensch, dessen Marsch „Frisch auf “ zum Landesmusikfest 1928 in Laa komponiert

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2014

wurde, gewonnen werden, zu dieser Generation gehören auch Hans Weber, der Spitzer Karl Mühlberger, der Ländlerspezialist Josef Strouhal und später der Dürnsteiner Karl Plaschko. Erwähnenswert sind sicher auch Karl Pauspertl und der Badener Franz Reinl mit seiner Tondichtung „Die Wachau“. Selbst jahrelang in Baden wohnend, verschaffte Hans Kliment den namhaften Pfaffstättner Komponisten Anton Hofmann und Johann Österreicher eine verlegerische Heimat, dazu kamen Herbert König und Gerhart Banco, Gründerväter des Nieder-österreichischen Blasmusikverbandes, später Otto Hampel aus Gutenstein und Otto Schwarz aus Wimpassing. Derzeit verlegt auch Landeskapellmeister Manfred Sternberger im Musikverlag Kliment. „Mit im Schritt“ war der Musikverlag Kliment, als er Pionierarbeit leistete und in der gelungenen Bearbeitung von Hans-Peter Manser die „Deutschen Messen“ von Michael Haydn und Franz Schubert in auch für den Volksgesang geeigneten Ausgaben publizierte. / Text: Thorsten Reinau

INFORMATION

——————————————————— Musikverlag Johann Kliment 1090 Wien, Kolingasse 15 Tel. 01 317 5147 0 office@kliment.at www.kliment.at


NÖ Kreativ / 20

Aktion „Zeit Punkt Lesen“

ACHTUNG, FERTIG, LIES! „Zeit Punkt Lesen“ bietet einzigartige Programme, die selbst den größten Lesemuffeln Lust auf die Welt der Buchstaben und Zeichen machen.

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2014


NÖ Kreativ / 21

Blumige Rätselrallye auf der „Garten Tulln“.

Seit fünf Jahren ergänzt die Landesaktion „Zeit Punkt Lesen“ mit einem vielfältigen Angebot dort, wo die Schule an die Grenzen ihrer Möglichkeiten kommt. Spielerische Ansätze, fundierte Konzepte und eine altersgerecht ansprechende „Verpackung“ zeichnen die Leseförderungs-Aktivitäten aus, die sich vor allem an die Fünf- bis 15-Jährigen richten. Landeshauptmann-Stellvertreter Wolfgang Sobotka hat die Aktion, die von der NÖ Kreativ GmbH betreut wird, ins Leben gerufen. „‚Zeit Punkt Lesen‘ ist Partner der Schulen und der Eltern, wenn es um das Lesen lernen geht. Einerseits geht es um Bewusstseinsbildung für die Bedeutung des fundierten Lesen lernens, andererseits um ganz praktische Unterstützung durch Lernmaterialen, Spiele und Veranstaltungen“, erklärt er die Zielsetzung.

Lesen als Alltagsbegleiter Wenn wir vom Lesen reden, denken wir meist an Bücher und Geschichten. Doch Lesen ist so viel mehr: Überall im Alltag begegnen uns Zeichen, Buchstaben und Worte, die wir fast automatisch entschlüsseln: Wegweiser, SMS, Plakate, Bedienungsanleitungen, das Fernsehprogramm oder die Notiz am Kühlschrank. Lesen begleitet uns durch das ganze Leben. Darum sind auch die Angebote von „Zeit Punkt Lesen“ so vielfältig. „Das bloße Lesen von Büchern ist für Lesemuffel nicht genug Anreiz, um Gefallen am Lesen zu finden. Ganz im Gegenteil: Damit sind die Kinder oft überfordert“, bestätigt auch der Geschäftsführer

Kinder staunen und lachen bei den Theatervorstellungen des „Team Sieberer“ in den Volksschulen.

der NÖ Kreativ GmbH, Rafael Ecker, der gemeinsam mit seinem Team die Aktion aufgebaut hat. „Zeit Punkt Lesen“ geht daher einen anderen Weg: Das pädagogische Kindermusiktheater „Leo & Lea“ beispielsweise vermittelt Lesespaß von der Bühne aus. Seit letztem Jahr tourt es durch die Volksschulen und ist völlig ausgebucht. Ähnliches gilt für die Lesespiele, die den Volksschulen zur Verfügung gestellt werden: Ob das „BücherEi“ oder das Lesepuzzle „Achtung, Fertig, Lies!“ – bei den überdimensional großen Spielen steht die Freude am Erraten und Entschlüsseln im Vordergrund, das Lesen passiert ganz nebenbei.

Partner der Schulen Diese Angebote sind wie viele andere „Zeit Punkt Lesen“-Aktionen genau auf die Bedürfnisse der Schulen zugeschnitten. „Pädagoginnen und Pädagogen sind die Experten für die Lesevermittlung – ihnen fehlen im schulischen Alltag oft nur die passenden Instrumente. Da setzt ‚Zeit Punkt Lesen an‘“, so Landeshauptmann-Stellvertreter Wolfgang Sobotka. Als Partner der Schulen konnte die Aktion über die Jahre viel Erfahrung sammeln, was sich in den Schulalltag gut integrieren lässt, was den Kindern gefällt und womit sie die besten Erfolge erzielen. Von Leseanimation bis Lesetraining reichen die Angebote. Das zahlenmäßig erfolgreichste: Leos Lesepass. Dabei werden Kinder animiert, Bücher und Geschichten zu lesen und in einen Pass einzutragen. Von den Lehrerinnen und Lehrern bestätigt geht dieser dann an

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2014

„Zeit Punkt Lesen“, wo unter allen Teilnehmern Preise verlost werden. 20.000 Kinder der niederösterreichischen Volksschulen haben im letzten Jahr an der Aktion teilgenommen. Unter dem Titel „LOL“ (kurz für „Loslesen“) wurde das Angebot jetzt auch auf die Sekundarstufe 1, also Hauptschulen und Gymnasien, erweitert.

Angebote im ganzen Land Lesen lernen ist nicht nur Sache der Schulen. Kinder lernen in allen Bereichen des Lebens am besten durch Nachahmung – das gilt auch für das Lesen. Wenn also Eltern und Geschwister gerne zum Buch greifen, werden auch die Kleinen damit etwas Positives und Freudvolles verbinden. Die Familie ist also ein besonders wichtiges Vorbild. Je mehr Kinder im Alltag mit dem Lesen in positivem Umfeld konfrontiert werden, desto einfacher werden sie es lernen. Darum geht „Zeit Punkt Lesen“ genau dorthin, wo die Familien sind: Auf der „Garten Tulln“ wurde beispielsweise das Blütenmeer, eine Rätselralley, installiert. Mit den „Lesedocks“ in den Kinderabteilungen der NÖ Landeskliniken sorgt „Zeit Punkt Lesen“ für sinnvolle und nicht minder spannende Ablenkung für die kleinen Patienten. Mit Buttons und Spielen ist „Zeit Punkt Lesen“ immer wieder bei Veranstaltungen präsent und präsentiert die Welt der Zeichen in freudvoller Umgebung. Genauso kooperiert „Zeit Punkt Lesen“ aber mit der Basisbildung des Bildungs- und Heimatwerk Niederösterreich und stellt Lernmaterialien für leseschwache


NÖ Kreativ / 22

ZEIT PUNKT LESEN

——————————————————— Die wichtigsten Angebote im Überblick Theaterstück Leo & Lea Das Team Sieberer eröffnete Volksschulkindern mit seinem Musiktheaterstück „Leo & Lea“ fantastische Lesewelten. Allein im Jahr 2013 erreichten die 51 Vorstellungen fast 12.000 Besucher.

„Leo & Lea“ entführt Volkschüler in fantastische Lesewelten.

Jugendliche und Erwachsene zur Verfügung. „Ein buntes Angebot, dass wir ständig erweitern und verbessern. Denn wichtig ist uns, möglichst viele – auch bildungsferne Menschen – anzusprechen und für das Abenteuer Lesen zu begeistern“, so Geschäftsführer Mag. Ecker.

Lesen als Grundlage des Erlebens Nur wer lesen kann, kann sich weiterbilden und Wissen aneignen. Und natürlich eröffnet uns das Lesen auch die Tore in die Welt der Geschichten. Wer liest, erlebt mehr und weiß auch mehr. Und nur wer lesen und Informationen in Kontexte setzen kann, kann sich in der Welt orientieren. Kaum vorstellbar also, sich ohne diese Fähigkeit durchs Leben zu schlagen. Aus vielerlei Gründen hat sich eine nicht zu unterschätzende Zahl an Kindern und Jugendlichen aber Schwierigkeiten dabei, das Lesen richtig zu lernen. Richtig – das bedeutet, dass Worte und Sätze nicht nur gelesen, sondern auch verstanden werden. Dieses sinnerfassende Lesen lernen viele Schüler nicht einmal bis zum Ende der Pflichtschule. Zu wenig Unterstützung aus dem Elternhaus, schlechte Sprachkenntnisse, zu wenig individuelle Fördermöglichkeiten im Schulunterricht sind – neben vielen anderen Faktoren – schuld daran. „Lesen ist eine so grundlegende Kulturtechnik. Wer nicht lesen kann, hat schlechtere Zugänge zu Informationen und Wissen und

natürlich schwierige Voraussetzungen für eine gute Ausbildung und den Einstieg in die Arbeitswelt. Daher brauchen wir zusätzliche, außerschulische Angebote, damit wir schon früh dort ansetzen können, wo die Schule alleine nicht mehr helfen kann. Wir brauchen einfach wieder mehr Bewusstsein für die Bedeutung des Lesens – als Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben“, bestätigt Landeshauptmann-Stellvertreter Wolfgang Sobotka die Bedeutung der Initiative „Zeit Punkt Lesen“. / Text: Carina Rausch Fotos: Zeit Punkt Lesen

BUTTERBLUMENGELBE WIESEN

——————————————————— Butterblumengelbe Wiesen, sauerampferrot getönt, – o du überreiches Sprießen, wie das Aug’ dich nie gewöhnt! Wohlgesangdurchschwellte Bäume, wunderblütenschneebereift – ja, fürwahr, ihr zeigt uns Träume, wie die Brust sie kaum begreift. Zum 100. Todestag des großen Lyrikers Christian Morgenstern, dessen feinfühlige und manchmal ebenso komische Gedichte uns bis heute ein Begriff sind. Mit einem dieser Gedichte wünscht „Zeit Punkt Lesen“ Ihnen einen schönen Sommer mit hoffentlich vielen Lesestunden!

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2014

Leos Lesepass Mit einem Lese-Sammelpass fördert Zeit Punkt Lesen gezielt das Lesen in der Familie. Im vergangenen Jahr wurden fast 20.000 Pässe mit fast 100.000 gelesenen Büchern eingesendet. LOL – Loslesen! Zeit Punkt Lesen ruft auch die Sekundarstufe I zu einem Lesegewinnspiel auf. Unter dem Titel LOL. Loslesen! werden Schüler eingeladen, zu lesen, was sie lesen möchten. Im ersten Jahr wurden über 11.000 Sammelpässe mit 55.000 gelesenen Büchern und Texten eingesendet. BücherEI Das neue Lern- und Lesespiel ist seit September 2013 in den niederösterreichischen Volkschulen unterwegs. Es animiert, in die Welt der klassischen deutschsprachigen Kinderliteratur einzutauchen. auserlesen Zeit Punkt Lesen fördert seit Herbst 2013 Autorenlesungen in Schulen. Die Förderungen in der Höhe von EUR 150,00 stehen Volksschulen und Klassen aus der Sekundarstufe I zur Verfügung, wenn ein entsprechender Antrag gestellt und bewilligt wird. DIE BOX Zeit Punkt Lesen entwickelte 2011 mit und für die Basisbildung NÖ ein modulares Lern- und Lesesystem für die Zielgruppe Jugendliche ab 16 Jahren und junge Erwachsene, das an drei Stationen der Basisbildung eingesetzt wird. www.zeitpunktlesen.at


Rohrendorf / 23

Generationenprojekt Jung & Alt

JA, GEMEINSAM Jenseits von „Früher war alles besser“ versuchen Generationenprojekte einander auf Augenhöhe zu begegnen. Die Dorferneuerung Rohrendorf erhielt gemeinsam mit der Volksschule den Preis für soziale Dorferneuerung.

In Omas Küche: Seniorinnen und Volksschüler kochen gemeinsam nach alten Rezepten.

Wenn eine Seniorin ihre ehemalige Schule betritt, dann werden die Kinder eine besondere Schulstunde erleben: „Wie war es früher? Gab es schon Licht? Oder Handys? Musste man Aufgaben machen?“ In den Projektwochen „JA – Jung & Alt“ gab es gemeinsam mit den 4. Schulstufen der Volksschule Rohrendorf einen Erzähltag, bei dem Senioren von der Schule anno dazumal berichteten, ein gemeinsames Kochen nach alten Rezepten mit Seniorinnen, einen Geschichtewandertag und einen Hinterglasmalerei-Workshop. Beim „Tag des Handwerks“ wurde die Funktion der Kirchenorgel erklärt, auf einem Bauernhof wurde die Getreideernte vor 60 Jahren geschildert, inklusive praktischer Arbeit am Dreschflegel. Das Generationenprojekt wurde im Rahmen der niederösterreichischen Dorf- und Stadterneuerung organisiert. Die Dorf- und Stadterneuerung hat das Ziel, das Dorf und den ländlichen Raum in ihrer kulturellen Eigenart zu erhalten und zu erneuern. Die nachhaltige

Die Dorferneuerung Rohrendorf und die Volksschule Rohrendorf wurden von Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll persönlich mit einer Urkunde geehrt.

Dorferneuerung umfasst soziale, kulturelle und ökologische Aspekte eines Ortes und ist bestrebt, die Bereitschaft der Bewohner wachzurufen, mit ihren eigenen Kräften eine Verbesserung der Lebensqualität im Ort anzustreben. Alle zwei Jahre werden Projekte im Rahmen eines Wettbewerbs prämiert. Teilnahmeberechtigt sind Dörfer, Gemeinden und Städte in Niederösterreich sowie Dorferneuerungsvereine und sonstige öffentliche Projektträger. Für die Kategorie Ganzheitlichkeit sind auch Kleinregionen teilnahmeberechtigt. Die Dorferneuerung Rohrendorf unter ihrem Obmann Rudolf F. Zettl beteiligte sich im Jahr 2012 an der Aktion „Jahr der Generationen“ des Landes Niederösterreich mit dem Ziel, den Dialog zwischen den Generationen zu intensivieren, in gemeinsamen Gesprächen und Veranstaltungen Geschichten auszutauschen, von vergangenen Zeiten zu erzählen und so sicherzustellen, dass die Bräuche des Ortes auch zukünftigen Generationen erhalten bleiben.

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2014

Soziale Dorferneuerung Die eingereichten Projekte werden nach ihrer Originalität, dem Grad der Bürgerbeteiligung und ihrer Nachhaltigkeit bewertet. In der Kategorie 1 („Soziale Dorferneuerung“) erhielt die Dorferneuerung Rohrendorf gemeinsam mit der Volksschule Rohrendorf eine besondere Würdigung für die durchgeführte Projektwoche „Alt & Jung“, sie wurden von LH Dr. Erwin Pröll persönlich mit einer Urkunde ausgezeichnet. Die überaus erfolgreiche Woche bereitete sowohl den Kindern wie auch den Senioren große Freude. Viele Bürgerinnen und Bürger stellten sich freiwillig zur Verfügung. Und Ideen für die Fortführung in den nächsten Jahren wurden schon vorgebracht. /

www.dorf-stadterneuerung.at http://sozialprojekte.noe-lak.at www.rohrendorf.at


Kulturvermittlung / 24

Intergenerative Projekte

REIF FÜRS MUSEUM Mag. Eva Kolm von KulturKontakt Austria referierte im Haus der Regionen in Krems über Kulturvermittlung mit Senioren und intergenerative Projekte mit jungen und alten Menschen. Soziale Netzwerke knüpfen

Kein zahnloses Zebra: Kulturvermittlung im Essl Museum, Klosterneuburg. Das Präparat „Die Löwin – als Raubtier – ertarnt sich die begehrte Beute“ ist von Deborah Sengl. Foto: Roman Schanner

Zu Beginn statistische Zahlen: Im Jahr 2010 waren in Österreich 23,9 Prozent der Menschen über 60 Jahre alt, 2030 werden über 34 Prozent im sogenannten dritten Lebensabschnitt stehen. Ein Potenzial, das zum Wohl aller in das Kulturgeschehen eingebunden werden kann. Doch haben Senioren oft keinen selbstverständlichen rezeptiven oder gar aktiven Zugang zu (institutionalisierter) Kultur, sei es aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen oder wegen unterschiedlichen Einschränkungen, die das Alter mit sich bringt. Welche Maßnahmen können Kultureinrichtungen treffen, um die bisher wenig vertretene Besuchergruppe bewusst zu inkludie-

ren? Als erfolgreicher Weg hat es sich erwiesen, professionelle Ressourcen in den Institutionen mit ehrenamtlichem Engagement von Vertretern jener Zielgruppe, die erreicht werden soll, zu bündeln. Das sind sogenannte Keyworker, in unserem Falle ehrenamtlich engagierte Seniorinnen und Senioren, die zwischen der Institution und „ihrer“ Gruppe vermitteln. Charakteristisch für die Arbeit der Keyworker ist, dass sich fachliche Voraussetzungen (Wissen und Kenntnis der Kulturvermittlungsarbeit) mit der Verankerung in einer spezifischen Personengruppe verknüpfen. Sie besitzen den Schlüssel, um in ihrem eigenen Umfeld in adäquater „Sprache“ und Form kulturelle Inhalte zugänglich zu machen.

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2014

Was sind die Motivationen für ältere Menschen, sich im Kulturbereich zu engagieren? An erster Stelle steht die Entfaltung kreativer Potenziale – das Verwirklichen von Interessen, für die im Erwerbsleben kein oder wenig Platz war. Weiters unterstützt die ehrenamtliche Arbeit Sinnfragen, baut neue soziale Netze auf, und das soziale Engagement wird insofern immer wichtiger, da das nachberufliche Leben durch steigende Lebenserwartung immer länger wird. Doch es ist nicht so einfach, diese Zielgruppe der Senioren zu erreichen. Geringe Schulbildung steht an erster Stelle der ungünstigen Faktoren, oft fehlt die Selbstmotivation, oft hat die Allgemeinheit und hat auch der ältere Mensch selbst ein negatives Bild vom Alter und traut sich zu wenig zu. Eine deutsche Studie zeigt, dass bei ehrenamtlichen Tätigkeiten potenziell ein Drittel der Generation 50+ für Kulturarbeit zu gewinnen wäre. Früher waren Menschen mehr in Vereinen tätig und hielten diesen auch lebenslang die Treue, heute ist es so, dass die Verbundenheit zu einem Verein abnimmt, dass man mehr ausprobieren möchte und kreative, künstlerische Aktivitäten im Alter verwirklichen will. Museen sind ein idealer Ort für lebenslanges Lernen, einige Beispiele zeigen, wie dies umsetzbar ist. Das Engagement für eine Kulturinstitution erfolgt in Stufen: „Ich für mich“ ist der Beginn, der dann auf „ich zusammen mit anderen und für andere“ ausgeweitet wird. Im zunehmenden Alter kommt es dazu, dass „andere für mich“ tätig werden.


Kulturvermittlung / 25

„Ausstellung ausstellen“ im Pensionistenwohnhaus. Foto: Fotokollektiv Ausstellung

Kultur auf Rädern Eines der Projekte von KulturKontakt Austria, die Mag. Eva Kolm präsentierte, war „Kultur auf Rädern“ mit der Idee, dass nicht nur Essen, sondern auch Kultur ins Haus geliefert werden kann. Gemeinsam mit Senioren wurden Museen besucht und Projekte entwickelt, die sie zu Keyworkern machten. In einem Wiener Pensionistenwohnhaus entstand das Gangmuseum. Nach einem Kunstgespräch im MUMOK wurde der Gang des Pensionistenwohnhauses, inspiriert vom Künstler Yves Klein (der für das nach ihm benannte Blau bekannt ist), mit blauer Farbe gestaltet. Daniel Spoerri lieferte mit seinen „Fallenbildern“ die Idee für einen Berufesetzkasten, wobei die Assemblagen im Wohnhaus mit persönlichen Alltagsgegenständen bestückt wurden.

Stift im Koffer Für Menschen, die nicht oder nur schwer das Haus verlassen können, wurde das Stift Klosterneuburg „in einen Koffer gepackt“: Mit kleinen Objekten aus dem Stift und kulinarischen Grüßen aus Klosterneuburg begaben sich die ehrenamtlichen Mitarbeiter auf Hausbesuch und anhand der kleinen Objekte wurde ein imaginärer Rundgang durchs Stift Klosterneuburg begangen. Dabei waren Gespräche, mitgebrachte Musik und Bücher, die ausgeliehen werden konnten, ein wichtiger Bestandteil. Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt (oder kommen kann), dann eben der Berg zum Propheten. Getreu diesem Motto wurde

Kultur auf Rädern: Das Stift im Koffer brachte Klosterneuburg zu Menschen, die das Haus nur schwer verlassen können. Foto: Katharina Brandes

eine Ausstellung ausgestellt. Senioren fotografierten – unter der Anleitung eines professionellen Fotografen – eine Schau von Oswald Oberhuber in der Wiener Secession und gestalteten damit eine Ausstellung in einem Pensionistenwohnhaus.

mix@ges Mit mix@ges präsentierte Mag. Eva Kolm ein europäisches Projekt, wobei in einem intergenerativen Setting junge und ältere Menschen, unterstützt von Künstlern und Kulturvermittlern, gemeinsam gestalterisch mit digitalen Medien arbeiteten. Erstens konnte auf die Erfahrung der jungen mit elektronischen Medien aller Art zurückgegriffen werden, zweitens sollte der „digital gap“ zur älteren Generation überwunden werden. Vor allem aber ging es um einen Austausch zwischen den Generationen. In Slowenien machten Senioren das, was ansonsten Jugendliche tun, nämlich Selfies, das sind mit dem Handy aufgenommene Selbstporträts. Beide Generationen lernten den Umgang mit einen Mobiltelefon jenseits von Telefonieren. Im LENTOS Kunstmuseum in Linz arbeitete eine Gruppe von Schülern der HBLA für Künstlerische Gestaltung Linz und Senioren gemeinsam multimedial zur Ausstellung „Der nackte Mann“. Performances und Interviews wurden mit Video aufgenommen, außerdem wurde fotografiert, getextet und Audiomaterial aufgezeichnet. Die Workshop-Teilnehmer generierten so Inhalte für eine Web-App, die von den Ausstellungsbesuchern auf dem eigenen Handy

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oder auf einem Tablet abgespielt werden können. Kultureinrichtungen, so das Resümee der Vortragenden Mag. Eva Kolm, sind für nonformales Lernen gut geeignet. Sie sind neutrale Orte – im Gegensatz zu Pensionistenwohnhäusern oder Schulen –, die vielfältige Anregungen zulassen. Begegnungen, die mehr als verbale Kommunikationen ermöglichen, wirken sich für alle Beteiligten, für Kulturvermittler und Keyworker, für junges und älteres Publikum, anregend aus. Denn es ist nie zu spät, reif fürs Museum zu sein … / Zusammengefasst von Mella Waldstein

TIPPS

——————————————————— mix@ges.eu Kompetenzzentrum für Kultur und Bildung im Alter im Institut für Bildung und Kultur e. V., Deutschland ibk-kubia.de _ Kim de Groote: „Entfalten statt liften!“ Eine qualitative Untersuchung zu den Bedürfnissen von Senioren in kulturellen Bildungsangeboten. Schriftenreihe Kulturelle Bildung, Bd. 34, München 2013 ISBN 978-3-86736-334-1 EUR 18,80


Mostviertel / 26

Jubiläum in Klein-Eibenberg

MUSIZIEREN NACH LUST UND LAUNE Der 20. Volksmusi-Treff in Klein-Eibenberg bringt wieder Musikanten, Sänger und Tänzer zusammen.

bläser aus St. Georgen am Reith, die Familienmusik Fuchsluger oder Ybbstal Streich aus Opponitz.

Drei Stammtische im Jahr

Die „Hauskapelle“: Franz Kerschbaumer, Sepp Ritzinger und Franz Fuchsluger.

Das Wirtshaus ist die Hochschule der Volksmusik“, sagte der Musikwissenschaftler Prof. Dr. Franz Eibner (1914–1986) – das haben sich die Ybbsitzer Musikanten Sepp Ritzinger und Franz Fuchsluger zu Herzen genommen, als sie 2009 den VolksmusiTreff beim Mostheurigen Klein-Eibenberg in Ybbsitz ins Leben gerufen haben, nicht ahnend, dass diese Musikantenstammtische so erfolgreich über die Bühne gehen und so gut besucht werden. Am Sonntag, den 15. Juni findet der 20. Volksmusi-Treff statt. Sänger und Musikanten, Interessierte und Besucher – jeder ist eingeladen, sein Instrument mitzunehmen, bei anderen Gruppen mitzuspielen oder mitzusingen. Immer wieder gelingt es im schönen Ambiente des

Mostheurigens der Familie Hönickl, für ein paar Stunden ein abwechslungsreiches Programm aus Volksmusik, Mundartgedichten und -geschichten gemeinsam zu erleben, zu hören und zu genießen. Es gibt keinen fixen Ablauf, nur einen roten Faden, der durch den Abend gezogen wird, musiziert wird alles, was von den Musikanten gerne gespielt wird. In geselliger Atmosphäre wird nach Lust und Laune mehrstimmig gesungen und in verschiedenen Besetzungen gespielt und Volksmusik lebendig gemacht. Es darf auch spontan getanzt werden. Viele Musikgruppen, Sänger und Musikanten haben am Volksmusi-Treff teilgenommen, unter anderem das Haselgraben Trio, die Wieselburger Stammtischmusi, Jagdhorn-

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Das Besondere an diesen Stammtischen ist, dass jeder der drei Termine im Jahr (Juni, August und Oktober) ein Thema hat – zum Beispiel Frühlingserwachen, Sommerbeginn oder die Jagd. Dazu singen Elisabeth aus Scheibbs oder Christl Fallmann aus Ybbsitz mit allen Besuchern Lieder zum Thema. Ein großer Dank gebührt auch der Familie Hönickl vom Mostheurigen KleinEibenberg. Bernadette und Josef Hönickl waren von Beginn an begeistert von der Idee des Volksmusi-Treffs und versorgen die Musikanten mit Jause und Getränken. Alle Sänger und Musikanten und Interessierte sind herzlich eingeladen, am 20. Volksmusi-Treff teilzunehmen, mitzusingen und zu musizieren. / Text: Claudia Lueger Foto: z. V. g.

VOLKSMUSI-TREFF

——————————————————— So, 15. 6. 2014, 18.00 Uhr Mostheuriger Klein-Eibenberg, Josef Hönickl 3341 Ybbsitz, Haselgraben 14 Tel. 07443 86346 Weitere Termine: So, 17. 8.; So, 19. 10. 2014


Wir tragen Niederösterreich / 27

Landwirtschaftliche Fachschule Gaming

GRÜNES HERZ AM RECHTEN FLECK Die LFS Gaming ist neuer Partner im Netzwerk „Wir tragen Niederösterreich“. Porträt einer Schule mit Schwerpunkt auf sozialen Berufen in Verbindung zur Landwirtschaft.

Innovation und Tradition: Bildungszentrum und Landwirtschaftliche Fachschule Gaming.

„Wir haben einen der schönsten Arbeitsplätze“, schwärmt Direktorin Daniela Fux. Die Landwirtschaftliche Fachschule Gaming liegt inmitten grün schwellender Natur mit einem Blick erste Reihe fußfrei auf den Ötscher. Vor 55 Jahren wurde die erste landwirtschaftliche Berufsschule mit Internatsbetrieb in Gaming gegründet. Mit einem neuen Schulprofil, das nicht mehr ausschließlich auf land- und hauswirtschaftliche Schwerpunkte setzt, hat die Schule in Gaming seit den 1990er Jahren ein innovationsfreudiges Klima geschaffen. Die Richtungen sind eine Fachschule für ländliches Betriebs- und Haushaltsmanagement sowie eine Schule für Sozialbetreuungsberufe im Ländlichen Raum (wie Altenarbeit, Behindertenarbeit, Familienarbeit). Schülerinnen – und auch Schüler – werden zu Pflegehelfern, in der Hauskrankenpflege, als medizinische Büroassistentin, Betriebsdienstleisterin, Green-Care-Assistentin und Ähnliches mehr ausgebildet. Ein Projekt der LFS Gaming (gemeinsam mit einer deutschen und zwei französischen Bil-

Schülerinnen lernen neben landwirtschaftlichen und sozialen Schwerpunkten das Nähen von Trachten.

dungseinrichtungen) war die Arbeit mit Demenzkranken. Die „Pflege“ dieser Gruppe unterscheidet sich deutlich von der traditionellen Pflege. Ganzheitliche Alltagsbegleitung, Versorgung und Betreuung sind bei Dementen erheblich bedeutsamer als Pflege. Pflege scheint eher nachrangig zu sein, personenbezogene hauswirtschaftliche Dienstleistungen in Verbindung mit zielgruppenbezogener Betreuung scheinen eher vorrangig. „Betreuung und Begleitung“ als Nahtstelle zwischen Pflege, Versorgung und ganzheitlicher Alltagsbegleitung ist eine neue Kategorie, die im Zusammenhang mit Demenzkranken erheblich an Bedeutung gewinnen wird.

„Social farming“ Im kommenden Schuljahr wird ein weiterer Schwerpunkt angeboten. „Green Care“ oder „Social Farming“ ist ein aus Holland stammendes Modell, bei dem Alten-, Behinderten- oder Jugendbetreuung nicht mehr in Tagestätten und anderen Institutionen stattfindet, sondern auf Bauernhöfen. „Wir sind

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ein Abwanderungsgebiet, aber die Aufrechterhaltung der kleinen Landwirtschaften ist uns ein Anliegen“, so die engagierte Direktorin. Die Verschränkung von Landwirtschaft und sozialen Berufen ermöglicht so ein Überleben kleiner Landwirtschaften wie auch einen innovativen und individuellen Ansatz der Betreuung. Das Interesse ist groß und die Anmeldung für das kommende Schuljahr zahlreich. – Last but not least die Tradition. Die LFS Gaming ist eine der wenigen Schulen in Niederösterreich, in der noch das Nähen von Trachten gelehrt wird! / Text: Mella Waldstein Fotos: LFS Gaming

VERANSTALTUNGSTIPP

——————————————————— So, 15. 6. 2014, 9.00–17.00 Uhr Schulpräsentation & Mostviertler Honigfest So, 15. 6. 2014, 9.00–17.00 Uhr Gaminger Trachtenbörse Bringen Sie nicht mehr passende Trachtenteile! Sie legen den Preis fest – wir verkaufen die Trachtenteile für Sie. Annahme: Fr–Sa, 13. 6.–14. 6. 2014, 9.00–16.00 Uhr Abholung: So, 15. 6. 2014, 17.00–18.00 Uhr; Mo, 16. 6. 2014, 9.00–12.00 Uhr Bildungszentrum Ötscherland Modellschule Green Care 3292 Gaming, Ötscherlandstraße 38 www.lfs-gaming.ac.at www.greencare.at


Weinviertel / 28

Stadeln

DIE RENAISSANCE VON HINTAUS Sie unterscheiden sich durch unterschiedliche Typen, sind wesentliche architektonische Elemente eines Dorfes und heute weitgehend funktionslos. Neuerdings wird ihnen vermehrt Aufmerksamkeit gewidmet.

Scheunen sind der bäuerliche Schutzwall an der Rückseite der Dörfer.

„Mit 13 Stadeln ist im Weinviertler Museumsdorf Niedersulz die ganze Vielfalt der Stadel vereint“, schwärmt Richard Edl, jahrzehntelang wissenschaftlicher Begleiter von Niederösterreichs größtem Freilichtmuseum, wenn es um seine jüngste Leidenschaft geht: die Scheunen. Zusammen mit dem umtriebigen Hannes Rieder aus Poysdorf, Autor des Weinviertler Kellergassenbuches

(Verlag Winkler-Hermaden, 2012), rief er jüngst die „Weinviertler Stadelakademie“ ins Leben. Konkret wird in sechs Modulen das Grundwissen über Scheuen und deren Umfeld im weiteren Sinn vermittelt, organisatorisch ist die Initiative bei Agrarplus in Laa/Thaya bei Michael Staribacher angesiedelt.

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„Stadel und Schüttkästen sind in der modernen Agrarwirtschaft zu weitgehend funktionslosen Relikten einer vergangenen Welt geworden“, so Edl und Rieder in der Infobroschüre. Konkret geht es ihnen darum, ähnlich wie dies in den letzten Jahr(zehnt)en mit den Kellergassen geschah, ein Bewusstsein für den Wert und die Einzigartigkeit der anonymen bäuerlichen Kultur zu schaf-


Weinviertel / 29

Typisch für das Weinviertel: der Längsstadel.

fen. Apropos Einzigartigkeit: Hier hat das Weinviertel mit den Längsstadeln ein Alleinstellungsmerkmal, das bislang so gut wie unbekannt ist. In einem Fachartikel (Jahrbuch für Landeskunde) aus dem Jahr 1938 bringt es der bekannte Architekt, Siedlungsplan- und Bauforscher Adalbert Klaar (1900–1981) auf den Punkt: „In den planmäßig gefügten Straßen- und Angerdörfern des unteren Manhartsbergviertels, insbesondere im eigentlichen Weinviertel, gehört die Scheune zu den besonderen Merkmalen dieser, an sich stark ausgeprägten Siedlungslandschaft. […] Diese Stadeln sind als Längsscheunen zu bezeichnen. Der Ausdruck besagt, dass die Tenne der Länge nach das Bauwerk durchzieht und daher die Scheunentore giebelseitig angeordnet sind.“

Die vielfältige Welt von Hintaus Wer neugierig geworden ist, möge Weinviertler Dörfer von hinten entdecken. Anders als Kellergassen, die eigenständige, oft weit außerhalb der Siedlungen liegende Ensembles bilden, sind Scheunen eng an die Gehöfte gebunden. Meist bilden sie deren rückwärtigen Abschluss und eröffnen eine eigene Welt: das Hintaus. Dieser unbekannte Kosmos, der – was Gebäude betrifft – in erster Linie aus Scheunen besteht, wurde 2012 mit dem „Hintaus-Fest“ in Ameis erstmals bewusst gemacht. Hier, in dieser stillen Welt, wo Traktore heimkehren, Mähdrescher kurz abgestellt werden und manchmal noch Hollerstauden wuchern, zeigt sich die

Die Konstruktionen sind Holzständerbauten, die eine große bauliche Variationsbreite zeigen.

wahre Vielfalt der Scheunen. Meist sind sie aus Holz, manchmal haben sie Ziegelmauern, immer jedoch große Tore. Die Redewendung „Groß wie ein Stadltor“ ist ein ungenormte Weinviertler Maßeinheit, sie garantierte, dass einst ein voll beladener Pferdewagen mit Garben oder Heu durchfahren konnte. Heute genügen die Dimensionen der beiden geöffneten Torflügel auch breiten Kippern mit Getreide oder Zwiebeln. Wenn man da oder dort Schiebetore sieht, so sind dies nachträgliche Neuerungen. Im Original handelt es sich um sogenannte Holzständerbauten, die eine große bauliche Variationsbreite zeigen. Klaar ortet in den Leiser Bergen ein Kerngebiet der Verbreitung von Längsscheunen, die im Westen bis zum Schmidatal und im Süden bis ins Marchfeld reichen, wo sie durch T-förmige Typen abgelöst werden, und er ergänzt: „Der ganze Nordosten Niederösterreichs zwischen March und Thaya bis Laa und ein Teil des unteren Pulkautales ist ausschließlich von Längsscheunen erfüllt.“ Eine ganze Reihe von heute vielfach schon vergessenen Spezialausdrücken existiert rund um die Welt der Scheunen. So ist das „Viertel“, das als „Viadl“ gesprochen wird, keineswegs ein Glas Wein, sondern bezeichnet das zweite Hauptschiff des Längsstadels, neben dem „Tenn“ (= Tenne) gelegen. Es dient zur Lagerung und mag wohl von der Vierschiffigkeit des Längsstadels abgeleitet

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2014

sein. Die Tenne wiederum ist der Bereich zwischen den Toren, sprich die Durchfahrt, jene freie Fläche, wo früher Getreide gedroschen wurde. Wer bei Hintaus-Spaziergängen offene Scheunentore sieht, möge einen Blick in die meist menschenleere Welt hineinwerfen. Wurde einst Heu und Stroh gelagert, werden im 21. Jahrhundert vielfach modernste Maschinen geparkt. „In mühevoller Kleinarbeit mussten wir alle Begriffe erheben und haben es zu einem Glossar zusammengetragen“, so Edl, der die Weinviertler Längsstadel erforscht hat. Die Stadelakademie, die an verschiedenen Orten – meist in Stadeln – stattfindet, hat den Getreideanbau, den Bauernstand (soziale Struktur), den Stadel in der Siedlung wie auch seine Konstruktionen sowie die Welt (Biologie) rund um Scheunen zum Inhalt. Dass alle Teilnehmer auch firm in der Vermittlung sind, dafür sorgt das 6. Modul („Die Kunst der guten Erzählung“). Wer alle Module absolviert und eine Arbeit über mindestens drei Stadel/Schüttkästen verfasst hat, bekommt im Herbst 2014 das Zertifikat „StadelmeisterIn“ überreicht. / Text und Fotos: Thomas Hofmann


Brandlhof / 30

Theater

JÄGERSTÄTTER Die Bühne Weinviertel bringt im Juli das Drama um den Innviertler Bauern. Der Brandlhof ist die passende Kulisse dafür.

wurde einerseits als lebensfroher, geselliger Mensch geschildert, ein Brief, den er als knapp 30-jähriger schrieb, zeigt aber auch einen sehr nachdenklichen, religiösen und belesenen Mann..

Franz Jägerstätter (1907–1943). Foto: Erna Putz

Franz Jägerstätter, vielen ist der Name nicht unbekannt, gilt er doch als die Gallionsfigur des katholischen Widerstands gegen das nationalsozialistische Regime. Nicht zuletzt durch die Seligsprechung im Jahr 2007 wurde sein Handeln – Wehrdienstverweigerung – rehabilitiert. Vom „einfachen“ Bauern ist vielfach die Rede, der sich bis zuletzt konsequent geweigert hatte, der Einberufung Folge zu leisten. Geboren wurde Franz Jägerstätter als unehelicher Sohn der Dienstmagd Rosalia Huber am 20. Mai 1907. Die ersten Lebensjahre ist er bei der Großmutter mütterlicherseits aufgewachsen. 1917 heiratete seine Mutter den Bauern Heinrich Jägerstätter aus St. Radegund, von dem Franz auch als Adoptivsohn angenommen wurde. Da die Ehe kinderlos blieb, wurde er somit auch zum Hoferben. Jägerstätter

Am 9. April 1936 heiratete er Franziska Schwaninger in den frühen Morgenstunden, um anschließend mit ihr – entgegen der ortsüblichen Gepflogenheiten – eine Pilgerreise nach Rom anzutreten. Drei Mädchen hatte das Paar, der erhalten gebliebene Briefwechsel zeichnete das Bild eines liebevollen Vaters und Ehemanns. Neben der kleinen Landwirtschaft versah Franz Jägerstätter in der Kirche St. Radegund das Amt des Mesners. Er lehnte sich gegen die neuen Machthaber auf, denn er beobachtete die Dinge, die ringsum geschehen genau. Er weigerte sich, für den „Anschluss“ Österreichs an Deutschland mit „Ja“ zu stimmen, er weigerte sich auch, finanzielle Unterstützung des neuen Staates anzunehmen, er verweigerte wiederum seine Unterstützung bei den zahlreichen Sammlungen – und schlussendlich weigerte er sich, für diesen Staat in den Krieg zu ziehen. Denn was dieser Staat propagierte, war mit seiner religiösen Überzeugung nicht vereinbar.

Ganz und gar unheldisch Axel Corti widmete Franz Jägerstätter nicht nur eine Spieldokumentation, sondern auch ein „Schalldämpfer“-Radio-Feature, in dem er die Entscheidungsfindung auf den Punkt brachte: „Und er zog seine Konsequenzen. Nicht leichtfertig. Nicht fanatisch. Nicht ohne Skrupel, nicht ohne Angst, nicht ohne

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Verzweiflung, nicht ohne Unsicherheit. Ganz und gar unheldisch.“ Franz Jägerstätter hat sich informiert, hat den Staat hinterfragt, sich mit den Glaubensgrundsätzen der katholischen Kirche auseinandergesetzt. Und er hat eine Entscheidung auf Leben und Tod getroffen. Am 9. August 1943 wurde er im Zuchthaus Brandenburg bei Berlin hingerichtet. Franz Jägerstätter ist unbequem für uns. Sein Handeln, seine Konsequenz erinnert uns daran, dass auch wir täglich aufs Neue Dinge hinterfragen sollten. Wir stehen heute Gott sei Dank nicht vor der Entscheidung auf Leben und Tod, aber sein Handeln sollte uns motivieren, genau hinzusehen, Position zu ergreifen, dem eigenen Gewissen zu folgen. / Text: Eva Zeindl

JÄGERSTÄTTER

——————————————————— Von Felix Mitterer 3710 Radlbrunn 24, Brandlhof Fr, 11. 7. 2014, 20.00 Uhr: Premiere Weitere Termine: Fr, 18., Sa, 19., Fr, 25., Sa, 26., So, 27. 7. 2014, 20.00 Uhr Karten in allen Raiffeisenkassen VVK: EUR 17,00, AK: EUR 19,00 Kinder 6–14 Jahre: EUR 10,00 www.volkskulturnoe.at/brandlhof www.buehneweinviertel.at


Brandlhof / 31

Theater

MOTORRAD & KINDERWAGEN Die Bühne Weinviertel spielt „Jägerstätter“. Schaufenster Kultur.Region traf den Autor Felix Mitterer und den Regisseur Josef Newerkla am Brandlhof.

Christoph Stich als Franz Jägerstätter – ab 11. Juli am Brandlhof.

Im Juli wird „Jägerstätter“ am Brandlhof gespielt. Nach der Uraufführung in Haag und der Inszenierung in der Josefstadt im vergangenen Jahr, erstmals eine Produktion mit einem engagierten Amateurtheater. Wie kam es dazu? Felix Mitterer: Als ich vor einigen Jahren ins Weinviertel gezogen bin, wurde ich vom Landeshauptmann Erwin Pröll zur Künstlerweihnacht auf den Brandlhof eingeladen. Damals lag viel Schnee, die Turmbläser spielten, die Fackeln brannten und ich kam mir vor wie bei einer Tiroler Bergweihnacht (lacht). Es freut es mich ganz besonders, dass ein Stück von mir in meiner Nachbarschaft gespielt wird. Noch dazu auf einem Bauernhof, wohin das Stück über den Bauer Jägerstätter auch gehört.

Wie kam es, dass Sie als Tiroler, der 15 Jahre in Irland gelebt hat, ins Weinviertel gezogen sind? Mitterer: Die Winter wurden schwierig. Irland ist schön, aber durchgehend ziemlich nass und nebelig, und ich dachte mir, Sonne und Wein rundum könnten nicht schaden. Franz Jägerstätter, ein Bauer aus St. Radegund in Oberösterreich, verweigerte aus Gewissens- und Glaubensgründen, als Soldat der deutschen Wehrmacht in den Krieg zu ziehen. Wie kamen Sie zu diesem Thema? Mitterer: „Schreibst du mir zum Abschied ein Stück über den Jägerstätter?“, hatte Gregor Bloéb, damals Intendant der Sommer-

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2014

Autor Felix Mitterer und Regisseur Josef Newerkla (r.).

bühne Haag, gefragt. Bis zum Film „Der Fall Jägerstätter“ von Axel Corti mit Kurt Weinzierl in der Hauptrolle wurde Jägerstätter tot geschwiegen. Man wollte nichts davon wissen und wartete, dass die Wunden verheilen, die bekanntlich nicht heilen, wenn man etwas verdrängt. Man wollte die Weltkriegssoldaten nicht mit einem Kriegsdienstverweigerer beleidigen – insofern war der Film von Corti unglaublich wichtig. Ich hätte aber, wenn Gregor Bloéb mich nicht gebeten hätte, nichts schreiben wollen. Ich versteh’ den nicht, diesen sturen, katholischen Menschen, der sich den Kopf abschlagen lässt, der seine junge Frau und drei Töchter im Stich lässt. So gesehen war ich nicht hellauf begeistert. Dann habe ich zu recherchieren begonnen und Franziska (Frau von Franz Jägerstätter, 1913–2013)


Weinviertel / 32

Das Ensemble Bühne Weinviertel bei der Probe.

kennengelernt und habe mich eines Besseren belehren lassen. Ich hatte eine falsche Vorstellung über ihn. Das Bild über Jägerstätter war bis zu Ihrem Bühnenstück das eines ernsten, weltfernen, tiefreligiösen Mannes. So wird es transportiert. Von wem und warum? Mitterer: Das ist eine Tradition seit Kriegsende – dass man von ihm nichts wissen will, weil Jägerstätter ein Spinner und eigentlich ein Selbstmörder ist. Es hat uns allen gefallen, ihn so zu sehen. Wir wussten nicht, dass er ein froher junger Mensch war, dass er gar nicht so fromm und heilig war. Wie alle Dorfburschen hatte er seine Wirtshausraufereien. Er ist im Ort das erste Motorradl gefahren und er hat als Erster den Kinderwagen geschoben, das muss man sich erst einmal vorstellen – als Mann und Bauer in einem Dorf in den 1930er Jahren! Jägerstätter war anders, wie ich mir ihn vorgestellt hatte, und seine Frau Franziska hat einen unglaublichen Eindruck auf mich hinterlassen. Ich dachte, ich treffe eine 99-jährige Frau, die verbittert ist. Denn 50 Jahre musste sie sich anhören, dass sie Schuld daran sei, dass ihr Mann so geworden ist. Die Uraufführung in Haag und die Inszenierung an der Josefstadt waren ein großer Erfolg. Eine Herausforderung für eine Amateurtheatergruppe?

die Josefstadt nicht kopieren kann. Einen weiteren Druck, den ich mir auferlegt habe, ist, dass ich in St. Radegund war. Ich befreie mich jetzt davon. Ich möchte keine umfassende Dokumentation über Jägerstätter machen, sondern ganz einfach dieses großartige Stück umsetzen.

IM WEINVIERTEL DRIN

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Neben den Darstellern gibt es bei „Jägerstätter“ einen Sprechchor. Welche Bedeutung hat dieser Chor? Newerkla: Er ist wie in den altgriechischen Tragödien die Stimme des Volkes und Kontrapunkt zu den Hauptdarstellern. Bei mir wird der Chor geteilt – es gibt Aussagen, die Frauen machen, und Bemerkungen von Männern, manches wird gemeinsam gesprochen. Manchmal setze ich diese Stimmen gegeneinander. Damit wird der Chor lebendig. Franz Jägerstätter wurde 2007 seliggesprochen. Ist er nun ein Held oder ein Heiliger? Mitterer: Mit dem Wort „Held“ kann ich nicht viel anfangen und ein Heiliger ist auch ein schwieriger Begriff – somit trifft es das „selig“ eigentlich schon gut. / Interview: Mella Waldstein Fotos: Fritz Damköhler

Das Musikfestival auf Schloss Jedenspeigen bietet ein Spektrum von poppig bis böhmisch. Am Freitag, den 13. Juni sorgt der Musikverein Jedenspeigen-Sierndorf (im Bild oben) unter der Leitung von Kapellmeister Michael Müllner für ein Klangerlebnis der etwas anderen Art. Bei „Dirndl. Pop – Lovestory im Blasmusiksound“ wird Blasmusik nicht in der klassischen Form präsentiert. Den Besuchern wird vielmehr eine Liebesgeschichte erzählt, die, von romantischen und beschwingten Blasmusiktönen begleitet, auch schauspielerisch dargestellt wird. Am Samstag, den 14. Juni machen beim Fest der Chöre Gesangsvereine aus nah und fern Jedenspeigen einen Abend lang zur Chormetropole des Weinviertels. Der „Böhmische Kirtag“ am Sonntag wird von mitreißenden Blasmusikensembles begleitet: u. a. mit dem MV Prellenkirchen, den Weinbergmusikanten, den Weinviertler Solisten und den Wieselburger Braumusikanten. Fr, 13.–So, 15. 6. 2014 Im Weinviertel drin 2264 Jedenspeigen, Schloss Jedenspeigen www.mv-jedenspeigen.at

Josef Newerkla: Der Erwartungsdruck ist groß für mich. Doch das gesamte Ensemble steht hinter dem Stück. Mir ist klar, dass ich

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Kultur.Region / 33

Kurse & Seminare

FORTBILDUNG Angebote zur Weiterbildung aus dem weiten Spektrum der Kultur.

AKM – WIE MUSIKSCHAFFENDE ZU IHREN TANTIEMEN KOMMEN

—————————————————————— Di, 3. 6. 2014, 18.00–21.00 Uhr
 Hotel Steinberger, Hauptstraße 52, 3033 Altlengbach Referenten: Gerhard Grabner, Mag. Ingrid Waldingbrett Die große Frage, die sich für alle Musiker stellt: Wie kann ich mit meiner Musik Geld verdienen? Die AKM spielt dabei eine Schlüsselrolle. Fragen zu Mitgliedschaft, Werkanmeldung, Programm-Meldung, Lizenzierung von Musiknutzungen bis hin zur Tantiemenverteilung werden in diesem Seminar behandelt. Anmeldung & Information Kulturvernetzung NÖ – Büro Industrieviertel 2721 Bad Fischau-Brunn, Wiener Neustädter Straße 3 Tel. 02639 25 52 (Stephanie Brettschneider) seminaranmeldung@kulturvernetzung.at www.akm.at
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EINSTIEG IN DIE PC-ARBEIT IM MUSEUM

—————————————————————— Fr, 13. 6. 2014, 9.00–17.00 Uhr Brandlhof, 3710 Ziersdorf, Radlbrunn 24 Referent: Mag. Rocco Leuzzi An diesem Tag werden speziell die Grundkenntnisse am Computer mit dem Inventarisierungsprogramm und der Digitalfotografie besprochen und geübt. Anmeldung & Information Museumsmanagement Niederösterreich Tel. 02732 73999 18, fortbildung@noemuseen.at www.noemuseen.at _

INVENTARISIEREN MIT IMDAS

FORTBILDUNGSWOCHE 2014

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Sa, 14. 6. 2014, 9.00–17.00 Uhr Brandlhof, 3710 Ziersdorf, Radlbrunn 24 Referent: Mag. Rocco Leuzzi

So, 24.–Fr, 29. 8. 2014 Schloss Zeillern, 3311 Zeillern, Schlossstraße 1

Im Zentrum steht das Inventarisieren mit EDV (Planung, Ausrüstung, Objekte bearbeiten); Inventarfotografie (Licht, Fotoplatz, Technik); praktische Übungen mit Objekten, Fotografieren, Eingabe in IMDAS; Umgang mit Daten (Sicherheit, Langzeitarchivierung) und Internetrecherche (Umgang mit Quellen, Kommunikation).

Die Fortbildungswoche des Musikschulmanagement Niederösterreich bietet den niederösterreichischen Musikschulpädagogen jeden Sommer eine gute Gelegenheit, sich fachlich weiterzubilden. Von Dirigieren bis Selbstmanagement, von piccolini&brassini bis stomp2gether haben wir Referenten mit erprobten Unterrichtsprogrammen und hoher künstlerischer Qualität geladen. Mittendrin zweieinhalb Tage das Jazz Band Project (professionelle Ensemblearbeit in der Musikschule), dieses Jahr unter der Leitung von Christoph Cech. Die Fortbildungswoche ist auch für externe Teilnehmer geöffnet.

Anmeldung & Information Museumsmanagement Niederösterreich Tel. 02732 73999 18, fortbildung@noemuseen.at www.noemuseen.at _

INTEGRIERTES SCHÄDLINGSMANAGEMENT UND -BEKÄMPFUNG IN MUSEEN

—————————————————————— Sa, 28. 6. 2014, 9.00–17.00 Uhr Brandlhof, 3710 Ziersdorf, Radlbrunn 24 Referent: Dr. Pascal Querner Der Kurs wendet sich an alle, die ihre Objekte (Möbel, Teppiche etc.) langfristig vor Schädlingsbefall schützen wollen. Folgende Themen stehen im Mittelpunkt: Erkennen eines Befalls und der wichtigsten heimischen Schädlinge; Schädlingskontrolle mit Fallen; giftfreie Bekämpfungsmethoden; Prävention. Anmeldung & Information Museumsmanagement Niederösterreich Tel. 02732 73999 18 fortbildung@noemuseen.at www.noemuseen.at _

schaufenster / Kultur.Region / Juni 2014

Anmeldeschluss: Di, 10. 6. Nachmeldungen für stattfindende Seminare sind bis Di, 5. 8. möglich. Anmeldung & Information Musikschulmanagement Niederösterreich Mag. Elisabeth Kriechbaumer Tel. 02742 90666 6112 elisabeth.kriechbaumer@musikschulmanagement.at www.musikschulmanagement.at _


Bücher, CDs & feine Ware / 34

AUSLAGE HÖRBARIUM

SCHAU MA MAL

FANTASTIA

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Spafulda CD, EUR 17,00 Erhältlich über: www.progressive-folk.at

Norbert Schneider CD, EUR 12,60 Erhältlich über: www.norbertschneider-music.com

Michael Krenn: Saxophon Eugenia Radoslava: Klavier Erhältlich über: office@classitone.at, im Einzelhandel und über www.gramola.at

Und plötzlich muss es Rotwein sein. Bei Norbert Schneiders letztem Album, „Medicate My Blues Away“, ging man noch wie ferngesteuert gleich an den Kühlschrank, Bier holen, jetzt also: in den Keller. Lieber gleich nach den besseren Tropfen suchen, könnte ein langer Abend werden. Und ein herrlich unberechenbarer. Denn dieser Schneider, dessen bislang fünf in wechselnden Besetzungen eingespielten Alben dem Blues zuzurechnen waren, klingt plötzlich ganz anders. Hatte er bislang seine Songs allesamt englisch gesungen, singt er jetzt auf einmal – deutsch. Oder besser: österreichisch.

„Fantastia“ – die CD-Neuerscheinung ist Produkt der Zusammenarbeit zweier herausragender Musiker. Die für klassisches Saxophon und Klavier aufgenommenen Werke – gespielt von Michael Krenn und Eugenia Radoslava – sind in dieser Besetzung allesamt Ersteinspielungen für Österreich, manche sogar weltweit. Dabei spannt sich der Bogen von Werken des französischen Komponisten Francis Poulenc über Heitor Villa-Lobos bis hin zu Claude Debussy. /

Spafudla sind vier leidenschaftliche Musiker, die von Kindheit an in der Volksmusik beheimatet sind: Eine in vielen BarockmusikEnsembles erprobte Stimmführerin an der ersten Geige, eine auf die Gruppenharmonie achtende Psychologin an der zweiten Geige, ein diplomierter Jazz-Komponist und -Schlagzeuger an Gitarren, Marimba sowie noch ein gelernter Jazz-Trommler an Kontrabass und Marimba, der auch noch der Bruder der beiden Geigerinnen ist. In der neuen CD „Hörbarium“ zur Hörbetrachtung ausgestellt: 17 sorgfältig ausgewählte Wildwüchse akustischer Art, liebevoll aus weitum gesammelter Saat gezogen, geerntet und auf CD gepresst. Garantiert be- und ebenso entschleunigendes Wachstum. Mehrjährige Pflanzen! /

NEUE ALTE DORFCHRONIK

—————————————————————— Alfred Schultes, Martin Strohl: Sierndorf an der March Eigenverlag, EUR 20,00 Erhältlich über: Gemeindeamt Jedenspeigen, gemeinde@jedenspeigen.gv.at 1949 publizierte Oberschulrat Alfred Schultes, damals noch Volkschuldirektor in Sierndorf an der March eine Dorfchronik. Nur wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg war das Werk in schlechter Druckqualität im Eigenverlag entstanden. Trotzdem fand man die Chronik in vielen Haushalten der Ortschaft. In den letzten zehn Jahren hat es sich Mittelschullehrer Martin Stohl, Enkel von Alfred Schultes und Kustos des Heimatmuseums Sierndorf an der March, zur Aufgabe gemacht, dieses Werk zu überarbeiten und zu ergänzen. /

Und wer ihn auf dem neuen CD-Cover so sitzen sieht im kleinen Gasthaus Ubl, der ahnt, woher solche Lyrik stammt. /

ZEITGESCHICHTE NIEDERÖSTERREICHS

—————————————————————— Stefan Eminger, Ernst Langthaler: Niederösterreich. Vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart Haymon Verlag, EUR 12,95 ISBN 978-3-85218-863-8 www.haymonverlag.at Die Zeitgeschichte Niederösterreichs – kompakt, informativ und anschaulich. Stefan Eminger und Ernst Langthaler präsentieren die wichtigsten Ereignisse und Fakten aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft. Sie zeigen den Wandel des Bundeslandes seit dem Ersten Weltkrieg: vom Kronland über die Diktatur des Zweiten Weltkrieges, die Besatzungszone danach und das Dasein im Schatten der Großstadt Wien bis hin zur modernen Europaregion. / schaufenster / Kultur.Region / Juni 2014

So, 22. 6. 2014, 11.00 Uhr CD-Präsentation Augustinussaal, Stift Klosterneuburg 3400 Klosterneuburg Eintritt: EUR 15,00, Kinder und Schüler frei www.classitone.at

AUSFLÜGE IN DIE ANDERSWELT

—————————————————————— Rudolf Bulant: SonnenWende Verlag Berger, EUR 14,90 ISBN 978-3-85028-526-1 Erhältlich über: www.verlag-berger.at Rudolf Bulant ist Nachrichtentechniker und Physiker. In seinen Büchern aber betritt er eine ganz andere Welt. Dabei verlassen seine Personen die Orte im Wein- und Waldviertel und finden sich unvermittelt in den fernen Zeiten der Flugdrachen oder in Heurigenlokalen wieder, deren Besucher bereits längst verstorben sind. Die Erzählungen von Rudolf Bulant könnte man auch als moderne Märchen bezeichnen. Im Buch sind sieben Erzählungen enthalten, die in der Thematik einen Bogen von der Sommer- zur Wintersonnenwende spannen. /


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DIE VERMESSUNG DES WALDVIERTELS

ZEITGESCHEHEN

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Matthias Cremer: 25 Jahre DER STANDARD Edition Lammerhuber, EUR 100,00 ISBN 978-3-901753-62-6 http://edition.lammerhuber.at Wolfgang Kühn (Hg.): Mein Waldviertel Texte von Cordula Bösze, Isabella Breier, Josef Haslinger, Bodo Hell, Robert Kraner, Wolfgang Kühn, Roman Marchel, Andreas Nastl, Gabriele Petricek, Thomas Sautner, Bernadette Schiefer, Mella Waldstein und Andreas Weber. Mit Illustrationen von Linde Waber. Literaturedition Niederösterreich, EUR 20,00 ISBN 978-3-902717-20-7 www.literaturedition-noe.at Zwölf Autorinnen und Autoren haben ihr ganz persönliches Waldviertel beschrieben; wenig überraschend – es sind ganz unterschiedliche Waldvierteln dabei zutage getreten: hochpoetische Innenschauen, musikalisch Durchwobenes, nostalgische Kindheitserinnerungen oder eine lapidare Durchwanderung des Waldviertels (das ist der Beitrag Ihrer Redakteurin vom „schaufenster Kultur.Region“). Den Wenigsten erschließe sich das Waldviertel beim ersten Mal, heißt es an einer Stelle des Buches, ganz selten sei es Liebe auf den ersten Blick – obwohl auch das schon vorgekommen sein soll. Diese Anthologie wurde geschrieben von Zugezogenen, Weggezogenen und solchen, die immer „dort“ geblieben sind. In allen Beiträgen ist ein spezieller Bezug zu spüren, nicht selten ist es, um Heimito von Doderer zu zitieren, die Kindheit, die jeder wie einen Eimer über den Kopf gestülpt bekommt. „Später erst zeigt sich, was darin war. Aber ein ganzes Leben lang rinnt das an uns herunter, da mag einer die Kleider oder auch Kostüme wechseln wie er will.“ /

SIEBENSCHLÄFERTAG UND ANDERE LOSTAGE

Wenn ein Fotograf, Lois Lammerhuber, ein Buch über einen anderen Fotografen, Mathias Cremer (Fotograf des Jahres 2013), verlegt, darf man auf das Ergebnis gespannt sein. Das Resultat, „25 Jahre DER STANDARD“, eine großformatige Augenweide, ist ein hochqualitativer chronologischer Bilderbogen durch ein Vierteljahrhundert österreichischer Zeitgeschichte. Ergänzt werden die Bilder mit Texten von Oscar Bronner, Gregor Auenhammers und Wolfgang Weisgram. Cremer hat als Pressefotograf Maßstäbe gesetzt. Fotos wie etwa jenes, das den graumelierten Bundeskanzler Faymann vor dem Adler der Republik zeigt, haben Kultcharakter; andere wie die Vogelschauaufnahme jener 200.000 Menschen, die im Jänner 1993 das „Lichtermeer“ bildeten, sind Meilensteine in Österreichs Geschichte. Matthias Cremer ist Garant für eine weitere Dimension in der Bildwelt. / (Thomas Hofmann)

Waltraud Ferrari: Alte Bräuche neu erleben Stocker Verlag, EUR 24,90 ISBN 978-3-7020-1443-8
 
 www.stocker-verlag.at In jüngster Zeit erleben Veranstaltungen rund um Bräuche enormen Zulauf. In vielen ländlichen Regionen werden fast vergessene Bräuche wiederbelebt, in den Großstädten entstehen durch die Bewegungen wie „Urban Gardening“ und „Transition Town“ dorfähnliche Strukturen, die Bräuche wieder aufgreifen und weiterentwickeln. Das Buch ist, wie viele seiner Vorgänger, im Zyklus des Jahresablaufs gegliedert und erklärt Unbekanntes wie etwa den Siebenschläfertag am 27. Juni, eingestreut im Buch sind Rezepte, Sagen oder Basteltipps. Es wirft bei einzelnen Festen auch den Blick über die Grenzen. Es erläutert die verschiedenen Bedeutungsebenen der Feste, die Rolle, die Pflanzen, Tiere, Symbolik und Mythologie bei Bräuchen spielen, und erklärt die dahinterstehende geistige Welt. /

SCHLAF GUT!

———————————————————————————————————————————— Ein kühles, frisches Bett fühlt sich im Sommer gut an. Zum Beispiel mit Bettwäsche aus der Webfabrik Haslach. Die Webfabrik ist eine der letzten TextilProduktionsstätten der ehemaligen Webereihochburg Haslach im Mühlviertel. Erfolgreich wehrt sich die Produktionsstätte mit Textilien nach Maß gegen die Billigware aus Niedriglohnländern. Eine Jahresproduktion von ca. 100.000 Metern Stoff gibt Auskunft über die Dimension der Fabrikation. Einen Teil davon nimmt Bettwäsche aus reinem Leinen, Halbleinen (50 Prozent Leinen, 50 Prozent Baumwolle) sowie aus nicht behandelter Baumwolle ein, die auch für Allergiker geeignet ist. In der Galerie der Regionen ist die Halbleinenbettwäsche erhältlich (EUR 85,00–95,00). Galerie der Regionen, 3504 Krems-Stein, Donaulände 56 Di–Fr, 10.00–12.00 u. 15.00–18.00 Uhr, jeden 1. Sa im Monat 10.00–12.00 und 14.00–17.00 Uhr, an Konzerttagen bis 21.00 Uhr

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Museum Region Neulengbach / 36

Die Malschule auf Schloss Plankenberg

SEHNSUCHT NACH DEM PARADIES Emil Jakob Schindler, Vertreter des österreichischen Stimmungsrealismus, versammelte auf Schloss Plankenberg Schülerinnen wie Olga Wisinger-Florian oder Marie Egner um sich. Das Museum Region Neulengbach zeigt Originale des Plankenberger Malerkreises.

Hugo Darnaut (1851–1937):
„Blick Richtung Schloss Plankenberg aus nördlicher Richtung“ (Ausschnitt), 1901, Öl auf Holz, Privatbesitz.
Foto: Peter Korrak

Das Tal der Großen Tulln ist regelrecht gespickt mit Stationen in der Landschaft, die an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zu Motiven für Gemälde wurden. Sie sind vor allem dem österreichischen Stimmungsrealismus zuzuordnen, und nicht wenige davon werden von der Kunstgeschichte hochgeschätzt. Auch lassen sich bemerkenswerte Vergleiche zwischen dem gegenwärtigen Erscheinungsbild der Gegend und dem seinerzeit sinnlich inspirierten Blick ins

Land anstellen. So erstaunt es eigentlich, dass in einer Zeit, in der allüberall versucht wird, Kulturlandschaft touristisch zu vermarkten, nicht längst eine Themenroute für Radfahrer oder Wanderer dazu angelegt worden ist. Aber wie kommt es dazu, dass die westlichen Ausläufer des Wienerwaldes zu solch einem Tummelplatz für eine ganze Reihe wichtiger Malerinnen und Maler einer österreichischen Kunstepoche geworden sind? Es war wohl das Zusammenspiel

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einiger Besonderheiten von Zeit und Gegend: Die Freilichtmalerei war en vogue geworden, die Maler verließen also ihre Ateliers und suchten das offene Gelände als Ort für die Ausübung ihrer Kunst aus. Dass sie dazu Farben in Tuben verwenden konnten und diese nicht mehr selbst anmischen mussten, war eine Voraussetzung dafür. Mit der Bahn wurde der westliche Wienerwald für Sommerfrischler leicht erreichbar. Auch Künstler entdeckten die Landschaft als


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aus der Erinnerung heraus so: Die Stunden in Plankenberg waren „voll Erkenntnis, Natureindringen und inniger Freude. Aber es war auch manches ‚beunruhigende‘ Unbefriedigte mit dabei, – es kamen Zwiespältigkeiten – und meine Unrast und Ungeduld wurden wieder rege und mächtiger. Kurz, ich fuhr ab.“

Anna Schindler mit ihren Töchtern Grete (r.) und Alma nach dem Tod Emil Jakobs, um 1893. Van Pelt-Dietrich Library, University of Pennsylvania, USA

Idylle vor den Toren der Stadt. Einer von ihnen war Emil Jakob Schindler (1842 bis 1892), ein Maler, der eine besondere Meisterschaft darin entwickelte, sinnliche Wahrnehmung und landschaftliche Stimmung in einem Gemälde wiederzugeben.

„Die schlanke, vertikale Linie der Pappel“ Die „malerische“ Geschichte von Schloss Plankenberg – auf halbem Weg zwischen Neulengbach und Tulln gelegen – beginnt, als Schindler das Anwesen 1885 anmietet. Damit erfüllt er sich seinen Jugendtraum, ein Schlossherr zu sein, und zieht mit Familie und Anhang dort ein. Bewegte Jahre hatte Schindler hinter sich: In den 1870ern, als er noch um seine Reputation als Maler rang, war Tina Blau (1845–1916) seine Malerkollegin und Weggefährtin. Sie teilten ein Atelier miteinander und unternahmen auch gemeinsame Reisen. Die enge Zusammenarbeit endete, als Schindler die Sängerin Anna Bergen (1857–1938) kennenlernte. Das war Ende des Jahres 1878. Bereits im Februar 1879 heirateten die beiden, und im August desselben Jahres kam die Tochter Alma (1879–1964, verheiratete MahlerWerfel) auf die Welt. Die finanzielle Situation der Familie war zu dieser Zeit noch prekär. Emil Jakob Schindler gab Privatunterricht, und den nahmen vor allem Frauen in Anspruch. Denn Malerinnen waren zu dieser Zeit weder zum Studium an der Akademie der bildenden Künste noch als Mitglieder im Künstlerhaus zugelassen. Wollte eine Frau eine gediegene

Ausbildung erhalten, so musste sie die Kunst privat erlernen. Olga Wisinger-Florian (1844–1926) und Marie Egner (1850–1940) lernten bei ihrem „Meister“, wie sie Schindler apostrophierten und wie er sich auch selbst bezeichnete. Als Lehrer war er eine charismatische Persönlichkeit. Er verstand es tatsächlich meisterhaft, die Motive in der Landschaft zu interpretieren, impressionistisch zu deuten und dies auch in Worte zu fassen. Eine Straße war für Schindler eine „mathematisch und perspektivisch unanfechtbare Linie“. Sie galt ihm als „wichtiger Behelf für die Landschaftsmalerei“, als „beinahe immer naturgemäß vom Terrain bedingte, schön geschwungene Kurve“. Er suchte „violettgraue, samtartige Strohdächer“ als den passenden „Hintergrund für blühende Bäume“, „die schlanke vertikale Linie der Pappel“ war ihm der „Kontrast zur horizontalen Ebene“.

Carl Moll (1861–1945), ebenfalls ein Schindler-Schüler, behielt zeitlebens ein verklärtes Andenken an die Plankenberger Zeit. Und auch Alma Mahler-Werfel erzählte in ihren 1960 erschienen Lebenserinnerung von einer schönen Kindheit, die sie dort verlebt hatte. Ihren Vater bezeichnete sie als ihren „Leitstern“. Der aber fiel 1892 vom Himmel – Emil Jakob Schindler starb infolge einer Blinddarmentzündung. Die Familie musste das Schloss aufgeben.

Nachfolger Hugo Darnaut Dessen Geschichte als Ort der österreichischen Malerei war damit noch nicht zu Ende. Der spätere Präsident des Wiener Künstlerhauses, Hugo Darnaut (1850–1937), übernahm Schloss und Schule. Sein Lehrstil war allerdings akademisierter und ökonomischer orientiert als der Schindlers. Über das soziale Leben, das in den folgenden beiden Jahrzehnten dort herrschte – bis 1912 war Darnaut in Plankenberg –, wissen wir nichts, aber auch in dieser Zeit entstanden in der Umgebung viele bemerkenswerte Kunstwerke. / Text: Christian Stadelmann

Das Schauen lehren Schindler lehrte seine Schülerinnen und Schüler das Schauen, und diese nahmen seinen Blick als Maß für den ihren und orientierten sich an ihm. Alle waren sie auch auf jeweils unterschiedliche Art emotional verbunden mit ihm. Aber insbesondere Olga Wisinger-Florian und Marie Egner emanzipierten sich auch von ihm – jede auf ihre persönliche Weise. Die eine entwickelte ihren Stil mit viel kräftigeren Farben als Schindler, die andere wandte sich dem Aquarell zu, was Schindler suspekt war. Und das geschah just in jener Zeit, als Schindler Schloss Plankenberg zu seinem Domizil erklärt hatte. Egner beschreibt dies

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DER PLANKENBERGER MALERKREIS

——————————————————— Museum Region Neulengbach 3040 Neulengbach, Hauptplatz 2 Tel. 02772 52105-52 (Stadtgemeinde Neulengbach) Öffnungszeiten: Fr 14.00–18.00 Uhr; Sa, So, Fei 11.00–17.00 Uhr www.neulengbach.gv.at


Museen / 38

Franz Kafka Studien- und Gedenkraum Kierling

„ES IST KEINE NOT“ Franz Kafka starb vor 90 Jahren, am 3. Juni 1924, in Kierling bei Klosterneuburg. Die Österreichische Franz Kafka Gesellschaft hat den Gedenkraum im ehemaligen Sanatorium Hoffmann neu gestaltet.

„Lieber Max, weil dieses fortwährende Kranksein schmutzig ist, schmutzig dieser Widerspruch zwischen dem Aussehen des Gesichtes und der Lunge, schmutzig alles.“ Franz Kafka an Max Brod.

„Es ist 25 Minuten von Wien. Der Arzt wird zur Behandlung hinkommen. Ich war heute dort, ein prachtvolles Balkonzimmer im Süden gewonnen. Es ist eine Waldgegend, liegt wunderbar. Ab Sonnabend Adresse: Sanatorium Dr. Hoffmann. KlosterneuburgKierling.“ Das schrieb Dora Diamant, Kafkas Freundin, im April 1924 an seine Eltern

in Prag. Das Sanatorium des Doktor Hoffmann ist ein kleiner, wie eine Pension geführter Betrieb mit wenigen Zimmern. Franz Kafka: „Heute wieder ein schöner Tag, ich liege auf dem Balkon und habe es recht gut. Morgen soll der große Lungenarzt, der König der Wiener Lungenärzte, zu mir kommen, ich habe große Angst vor ihm.“

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„Patient auf Nummero 12“ Franz Kafka leidet unter einer Tuberkulose, die sich von der Lunge auf den Kehlkopf übertragen hatte. In den Jahren zuvor hatte er schon eine Reihe von Aufenthalten in Sanatorien hinter sich, etwa in Meran, in der Hohen Tatra und an der Ostsee. Der Schrift-


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„Dem Spucken anderer kann ich nur mit Ekel zusehen und habe selbst doch auch kein Spuckfläschchen wie ich es haben sollte. So schmutzig ist alles.“ Franz Kafka an Max Brod.

steller und Versicherungsjurist lebte seit 1923 mit Dora Diamant in Berlin. Als er einen schweren Rückfall erleidet, wird das Sanatorium Wienerwald in Ortmann bei Pernitz ausgewählt. Als sich Franz Kafkas Zustand verschlechtert, ist Ortmann dann doch zu abgelegen, er kommt ins Allgemeine Krankhaus nach Wien in die Station von Professor Hajek, dem damals anerkanntesten TBC-Spezialisten. Die gut erfundene Anekdote überliefert das so: „Da schreibt mir ein gewisser Werfel, ich soll etwas für einen gewissen Kafka tun. Wer Kafka ist, das weiß ich, das ist der Patient auf Nummero 12. Aber wer ist Werfel?“ Im Krankenhaus liegt der Schriftsteller mit drei weiteren Tuberkulosepatienten in einem Zimmer. Als der Schuhmachermeister Schrammel aus dem Waldviertel, mit dem sich Kafka angefreundet hatte, stirbt, will er der Krankenhausatmosphäre entfliehen. Hajek erstellt die Diagnose, dass sich die Lebenserwartung nur mehr auf wenige Wochen beläuft. Die Wahl fällt auf das Sanatorium Hoffmann in Kierling. Es ist nah von Wien, somit verkehrsgünstig gelegen und preisgünstig. Der Lungenspezialist Hajek hatte zugesagt, den Patienten weiterhin zu betreuen. Im letzten Stockwerk des Sanatoriums können Angehörige wohnen und auch für ihre Patienten kochen. Dora Diamant ist an Franz Kafkas Seite, später auch sein Freund Robert Klopstock. Noch ist es möglich, Ausfahrten zu machen, etwa in die Gastwirtschaft zum Grünen Baum. Er bekommt viel Besuch: seine Lieblingsschwester Ottla, sein Onkel

Sigmund Löwy, der Schriftsteller und Freund Max Brod. Seinen Eltern schreibt er, dass sie derzeit nicht kommen bräuchten, sondern erst, wenn ihm besser gehe. Dann würde man auf ein Bier gehen …

Gesprächszettel Der völlig zerfressene Kehlkopf macht es Kafka unmöglich, in den letzten Tagen seines Lebens zu sprechen. Es entstehen die sogenannten Gesprächszettel. Diese finden sich im neu gestalteten Gedenkraum wieder: als Faksimile, die einen Lampenschirm bilden. Das gestalterische Konzept von Michael Balgavy geht sparsam mit der Örtlichkeit um, man kann es auch den einzig erhaltenen Originalschauplatz nennen. Der erste Raum behandelt den letzten Lebensabschnitt Kafkas in Wien und Kierling. Briefe, Fotografien von Freunden, wenige erhaltene Dokumente wie eine Fieberkurve, ein Krankenbett aus jener Zeit sowie medizinische Geräte. Der zweite Raum wird von einer Trennwand dominiert, in der eine kleine Tür angebracht ist. Diese verschlossene Tür symbolisiert das rätselhafte, groteske – später kafkaeske genannte – in Kafkas Werk. Hinter dieser Trennwand ist eine Bibliothek, eine rundumlaufende Sitzbank. Hier ist der Platz, wo das Nachleben, die Literatur und Rezeption des Schriftstellers Raum findet. Bis zum Schluss arbeitet Franz Kafka an den Korrekturen für die Erzählung „Der Für-

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sprecher“, die wenige Monate nach seinem Tod im August 1924 erschien. Daraus der letzte Satz: „Findest du also nichts hier auf den Gängen, öffne die Türen, findest du nichts hinter den Türen, gibt es neue Stockwerke, findest du oben nichts, es ist keine Not, schwinge dich neue Treppen hinauf. Solange du nicht zu steigen aufhörst, hören die Stufen nicht auf, unter deinen steigenden Füßen wachsen sie aufwärts.“ / Text: Mella Waldstein Fotos: Nadja Meister

Die Österreichische Franz Kafka Gesellschaft ist eine der ältesten der Welt und blickt auf eine lange Tradition zurück: Jahrelang war sie Veranstalterin der Klosterneuburger Kafka-Symposien, der von ihr vergebene Franz-Kafka-Preis zählte zu den am höchsten dotierten und angesehensten Literaturpreisen des Landes. Preisträgerinnen und Preisträgern waren u. a. Elias Canetti, Peter Handke, Ilse Aichinger, Stanislaw Lem, Christoph Ransmayr, Slawomir Mrozek und Herta Müller.

FRANZ KAFKA STUDIEN- UND GEDENKRAUM KIERLING

——————————————————— 3400 Kierling, Hauptstraße 187 Besichtigung derzeit nur mit Anmeldung möglich Tel. 01 533 8159 info@franzkafka.at www.franzkafka.at


Museen / 40

Adalbert Stifter

ERZÄHLER DER WELTLITERATUR Der Museumsverein Kautzen präsentiert in Zusammenarbeit Regionalmuseum Český Krumlov die Sonderausstellung „Adalbert Stifter – wenig Bekanntes“.

Jugendbildnis Adalbert Stifters, Öl/Leinwand, vor 1820.

Adalbert Stifters Name wurde in seinem Heimatland Böhmen lange Zeit beinahe totgeschwiegen. Das Stigma der deutschen Herkunft und der deutschen Muttersprache ließ ihn und eine ganze Reihe bedeutender Persönlichkeiten (Kafka, Rilke, Schiele, Freud, Mahler) nach dem Zweiten Weltkrieg für den Zeitraum von zwei Generationen verschwinden. Bei Stifter war die ihm über so lange Jahre hinweg erwiesene Ignoranz ein mehrfach nicht zu entschuldigender Umstand. Er war ein Dichter, der seine böhmische Heimat geliebt hat und literarisch immer wieder in sie zurückgekehrt ist. Wie kaum ein anderer österreichischer Schriftsteller hat er sich intensiv mit der tschechischen Geschichte beschäftigt, er hat den aufkommenden Nationalismus strikt abgelehnt und „Grenzen“ nicht akzeptiert.

Um Rehabilitierung bemüht Erst vor 25 Jahren, seit dem November 1989, hat sich die Einstellung zur großen Tradition

Stifters Handschrift: Witiko-Manuskript, vor 1865.

deutschsprachiger Künstler und Wissenschaftler, die in den Ländern des heutigen Tschechiens gelebt oder gewirkt haben, glücklicherweise grundlegend geändert. Das Regionalmuseum von Český Krumlov/ Krumau mit seiner Nebenstelle, dem Adalbert-Stifter-Geburtshaus in Horní Planá/ Oberplan, waren von der ersten Stunde an um volle und notwendige Rehabilitierung bemüht. Die international renomierte Kooperationsausstellung „Adalbert Stifter – Schrecklich schöne Welt“, welche zwischen 1990 und 2000 mit großem Erfolg auf 18 Stationen in Tschechien, Österreich (Linz, Schloss Weitra, Waidhofen an der Thaya), Deutschland, Belgien, Holland, Italien, Polen und Russland gezeigt wurde, bewies nicht nur das anhaltende Interesse am literarischen Werk Adalbert Stifters, sondern vermag auch einen wesentlichen kulturpolitischen Beitrag zur Wiederannäherung von Nachbarn zu leisten.

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Die heurige Sonderausstellung „Adalbert Stifter – weniger Bekanntes“ im niederösterreichischen Heimatmuseum Kautzen bietet neben interessanten Facetten innerhalb der Biographie des Böhmerwalddichters auch einen Einblick in die vielfältigen Tätigkeitsbereiche Stifters, besonders in die Malerei. Aus den reichhaltigen Sammlungen und dem Archiv des partnerschaftlichen Regionalmuseums Český Krumlov/Krumau in Südböhmen werden zahlreiche und bis jetzt weniger publizierte Dokumente, Fotos und Originalgegenstände präsentiert. „Stifter ist einer der merkwürdigsten, heimlich kühnsten und wunderlich packendsten Erzähler der Weltliteratur“ (Thomas Mann). Davon, dass seine Werke auch heute auf der ganzen Welt gelesen werden, überzeugt in der Ausstellung eine umfangreiche Auswahl von Stifter-Übersetzungen aus fast allen Ländern Europas wie auch die Übersetzungen in die japanische, koreanische und hebräische Sprache. /

ADALBERT STIFTER – WENIG BEKANNTES

——————————————————— Heimatmuseum Kautzen 3851 Kautzen, Waidhofner Straße 9 Tel. 02864 2890 od. 2901 od. 2773 Öffnungszeiten: Bis So 10. 8. 2014, So u. Fei 9.00–12.00 u. 14.00–16.00 Uhr www.kautzen.com


Museen / 41

Musealverein Waidhofen/Ybbs

HING’SCHAUT & AUNG’SCHAUT Gesichter erzählen. Der erstaunlich große Schatz an Porträts wird in einer Sonderausstellung zugänglich gemacht und erzählt Stadtgeschichte lebendig.

in einem meistens realen Umfeld dargestellt. Man erfährt nicht nur, wie die Menschen ausgesehen haben, sondern durch Frisur, Kleidung und Accessoires auch einiges über die damalige Lebensweise. So wird in dem zweiten Sonderausstellungsraum vor allem auf die verräterischen Details und Accessoires eingegangen. Porträts, über die es keine gesicherten Informationen gibt, laden uns zur Spekulation und Zwiesprache ein.

Ludwig Halauska gemalt von Ernst Lafite.

Der Waidhofner Musealverein besitzt eine große Fülle an Objekten, doch nur ein kleiner Teil ist im Museum ausgestellt. Porträts werden nun in der Sonderausstellung gezeigt und erzählen Stadtgeschichte. Ein Augenpaar leitet als Wegweiser durch die Ausstellung. In jedem Element-Bereich des 5-ElementeMuseums im Rothschildschloss wird ein passendes Thema behandelt. So begegnet man zum Beispiel im Ausstellungsbereich Element Metall dem Gewerkenpaar derer von Reichenau oder im Ausstellungsraum, der dem Thema Holz zugeordnet ist, einem Künstler und Entwickler von Holzspielzeug. Der Landschaftsmaler Ludwig Halauska, dessen Ybbs-Ansichten man im Element-Bereich Wasser bewundern kann, wurde von Ernst Lafite gemalt. Der wunderschöne Rahmen wurde anlässlich dieser Sonderausstellung restauriert. Einige weitere Rahmen und Gemälde erstrahlen ebenfalls durch die Unterstützung von Sponsoren in neuem Glanz. Nicht nur wichtige Herren ließen sich für die Nachwelt abbilden, der Musealverein

Ausstellungswand gestaltet mit „barocker Hängung“.

besitzt auch eine erstaunlich große Anzahl von Frauenbildnissen, die für das Selbstbewusstsein der Waidhofner Bürgerinnen sprechen.

Intime Blicke, verräterische Details Doch ein Bildnis soll nicht nur eine Person abbilden, sondern auch als Bild, als Kunstwerk wirken. Bei einigen Bildnissen ist es offensichtlich, dass es sich um Liebhaberoder Amateurmalerei handelt. Umso intimer wirken diese Porträts, denn sie wurden wohl von dem Modell nahestehenden Personen verewigt. Hinter all den Gesichtern stehen Lebenserfahrungen und Schicksale. Ihre Hände erzählen von einem arbeitsreichen Leben, ihre Kleidung von hart erworbenem Wohlstand. Der erste Sonderausstellungsraum widmet sich diesen Themen. Das Porträt erlaubt uns einen direkten Blick in die unmittelbare Vergangenheit, denn hier werden Menschen, die wirklich gelebt haben,

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Das wertvollste Original will von den Interessierten hinter einem Vorhang selbst entdeckt werden. Im Stiegenhaus können Kinder ihre soeben verfertigten Zeichnungen zu den Porträts einer Schulklasse hängen. Via facebook können die Bilder auch zu Hause angeschaut und kommentiert werden. Von einem Porträt – egal ob von einer Berühmtheit, einer dem Betrachter selbst bekannten oder völlig unbekannten Person – geht eine Faszination aus, der man sich kaum entziehen kann. Die Gesichter entführen in eine faszinierende Vergangenheit und laden zur Reflexion ein. / Text und Fotos: Gudrun Huemer

GESICHTER ERZÄHLEN

——————————————————— 5e Museum im Rothschildschloss Waidhofen/Ybbs Bis So, 2. 11. 2014 Öffnungszeiten: Di–So 10.00–17.00 Uhr 3340 Waidhofen/Ybbs, Schlossweg 1 Tel. 07442 53657 www.5e-museum.at


Keramikmuseum Scheibbs / 42

Freistädter Keramik

OBERÖSTERREICHISCHES ORANGE Keramik aus St. Peter bei Freistadt ist eine expressive, kraftvolle und farbenfrohe Kunst. Das Keramikmuseum Scheibbs zeigt Teile der Sammlung von Rosa Schmalzl und Herbert Reikersdorfer.

Oberösterreichische Keramik aus der Sammlung von Rosa Schmalzl und Herbert Reikersdorfer, der in diese Manufaktur hineingeheiratet hatte und deren Erbe er nun bewahrt.

St. Peter bei Freistadt ist ein idyllisches Dorf im Mühlviertel. Auf einem Bergrücken thront die Kirche, umgeben von einigen wenigen Häusern. In einem davon eröffnete der Rainbacher Gemeindearzt Josef Zeman mit seiner Frau Adelheid 1925 einen Kera-

mikbetrieb. Allerdings hatten hier schon einige Firmen davor irdenes Gebrauchsgeschirr produziert. Nun sollte ansprechende Kunstkeramik hergestellt und verkauft werden. Also engagierte man Johann Zimmermann als einen technisch versierten Kera-

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miker, der nicht nur das nötige Wissen bei der Firma Schleiß in Gmunden erworben hatte, sondern auch einige Modeln von seiner Verlobten Maria Beck mitbrachte.


Keramikmuseum Scheibbs / 43

Oberösterreichische Keramik Wann und warum dieser als Teilhaber die „Oberösterreichische Keramik“ wieder verlassen hat, entzieht sich unserer Kenntnis, aber als Leiter organisierte Max Walter ab 1927 die Produktion. Auch er stammte aus Gmunden aus der Werkstätte Schleiß, dürfte also Kollege von Maria Beck und Johann Zimmermann gewesen sein. Die nun in St. Peter entstehenden Arbeiten können ihre künstlerische Herkunft aus dem Gmundner Umfeld nicht leugnen. Manche der Keramiken sind beinahe ident, unterscheiden sich genaugenommen erst, nachdem man die Marke am Boden der Keramik begutachtet hat, ob es sich um den dreieckigen Gmundner Stempel handelt oder die Raute mit den beiden schnäbelnden Vogerln auf einem Herz, das Zeichen der „Oberösterreichischen Keramik“. Genau die so gemarkten Keramiken zieren noch zahlreiche Freistädter Wohnungen, auch wenn die Zuordnung zu Kunst oder Kitsch je nach Ansicht des Betrachters unterschiedlich ausfallen dürfte. Zu ihrer Entstehungszeit jedenfalls schätzte man die Figuren, Weihbrunnkessel, Buchstützen und vor allem Schalen und Schüsseln, die in unzähligen Varianten, Farben und Größen, Applikationen und Dekoren angefertigt und bevorzugt mit einer Fülle von Trauben, Brombeeren, Äpfel, Birnen, Zwetschken, Kirschen oder Pfirsichen geschmückt wurden. Ob die Schale auf z. B. drei Erdbeeren steht oder die durchbrochene Wandung aus Blüten und Früchten besteht oder Blumen an Vasen garniert wurden, die Vielfalt scheint grenzenlos, vor allem boten selbst gleiche Formen durch die Wahl der Glasurfarben weitere Variationsmöglichkeiten.

Orange & Blau & Braun Die Farbe schlechthin ist bei der Oberösterreichischen Keramik das wunderbare, matte Orangerot. Es kommt von der auf Grund des hohen Gehalts an Blei- und Uranoxid immer wieder als giftig bezeichneten Uranglasur. Allerdings strahlt sie tatsächlich, doch die geringe Betastrahlung ist unbedenklich. Als weitere erwähnenswerte Farbe wäre Blau zu nennen, denn es gibt sie in vielen, vielen Schattierungen, die die ineinanderlaufenden

Farben in Kombination mit der Glasur schillernd erzeugen. In den 1940er und 1950er Jahren war die Modetrendfarbe Braun. Die oft mit anderen Farben kombinierten Lauf- oder Schüttglasuren kennen wir ja auch von anderen österreichischen Betrieben wie Gollhammer, Radstädter oder Liezener Keramik aus einer Zeit, als die modernen Accessoires bei Zierkeramik Enzian, Edelweiß und Seidelbast waren. Alpenblumen symbolisierten so etwas wie Heimat, zur Identitätsfindung der neu entstandenen „Alpenrepublik“ nach dem Zusammenbruch der Monarchie und nach dem Zweiten Weltkrieg. In St. Peter scheint die sogenannte „Alpenblumenkeramik“ erst spät ins Angebot genommen worden zu sein. In der Ära Zeman sucht man sie jedenfalls vergeblich. Dieser Zeitraum unter der maßgeblichen Leitung von Adelheid Zeman dauerte im Wesentlichen von der Gründung 1925 bis zum Jahr 1929, als der Gemeindearzt seine Ausbildung zum Zahnarzt beendet hatte und eine Ordination in Linz eröffnete. Zwar pendelte die Familie noch an den Wochenenden ins Mühlviertel, wo Keramiken in Kisten zum Abtransport gepackt und in der Firma nach dem Rechten gesehen wurde. Dennoch benötigte der Betrieb eine neue Führung – und die fand das Ehepaar Zeman dann rasch. Denn schon bisher hatte Juliane Bartel, eine Wiener Geschäftsfrau, Porzellan, Glas und Bleikristall bei Messen neben dem Stand der „Oberösterreichische Keramik“ Keramik verkauft. Sie führte ab 1934 den Betrieb in St. Peter mit ihrem Mann weiter, kehrte aber nach der kriegsbedingten Produktionsunterbrechung und der Trennung von ihrem Mann nach Wien zurück. Herr Bartel hingegen heiratete eine Mitarbeiterin aus der Keramikfirma und blieb mit der Familie im Betriebsgebäude wohnen, auch nachdem die „Oberösterreichische Keramik“ 1959 wegen der billigeren Konkurrenz und auch wegen des geänderten Geschmacks hatte schließen müssen. Zurück blieben im ehemaligen Betriebsgebäude diverse Arbeitsgeräte, eine Töpferscheibe, Modeln, mit deren Hilfe Figuren, Schüsseln und Schalen oder Weihbrunnkessel hergestellt worden waren, Dutzende von Gefäßen als Rohlinge, ca. 50 Aquarelle mit einer Auswahl der Produkte und wohl

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„Alpenblumenkeramik“ wurde erst spät ins Angebot aufgenommen.

etliche fertig glasierte Keramiken. Das dürfte bei den Nachfahren von Johann Bartel die Sammelleidenschaft entfacht haben, sodass im Laufe der Jahre weitere Erzeugnisse erworben wurden und in St. Peter bzw. in Niederösterreich zwei umfangreiche Sammlungen entstanden. Die Ausstellung in Scheibbs zeigt Objekte aus letztgenannter Privatsammlung. / Text: Andrea Euler Fotos: Hans Hagen Hottenroth

KERAMIKMUSEUM SCHEIBBS

——————————————————— Freistädter Keramik Bis So, 26. 10. 2014 Öffnungszeiten: Mi–So 10.00–12.00 u. 14.00–17.00 Uhr 3270 Scheibbs, Erlafstraße 32 Tel. 07482 42 267 www.keramikmuseumscheibbs.at


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100 Prozent Muskelarbeit

WASCHTAG „Zeigt her eure Füße, zeigt her eure Schuh’, und schauet den fleißigen Wäscherinnen zu …“

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Die Waschrumpel.

Wäsche sortieren, in die Waschtrommel geben, Tür’l zu, Waschmittel in die Dosierlade und zwei Stunden später – fertig! In früheren Zeiten hingegen war das Waschen ein akribisch geplantes, einem bestimmten Ablauf folgendes Wochen-Ereignis, das Frauen und oft auch Kinder verrichteten … Was wie etwa im Museumsdorf Niedersulz beim „Waschtag“ entzückend und romantisch wirkt –, war anno dazumal mit Schwerstarbeit verbunden, bei der es mitunter auch zu schmerzhaften Verbrennungen und Verbrühungen kommen konnte. Hundert Prozent Handarbeit und vor allem voller Körpereinsatz, bei dem die Wäschestücke teilweise auch mit nackten Füßen getreten wurden, um die letzten Schmutzpartikelchen aus den Stoffteilen zu entfernen. Schrumpelige, gebleichte Hände durch die scharfen Seifenlaugen und das Verwenden von Soda verursacht, aber auch Abschürfungen durch die Waschrumpeln und Bürsten waren ebenfalls Begleiterscheinungen dieser schweißtreibenden Tätigkeit.

„Süße Wäschermädel“ In den Großstädten waren die „Wäschermädel“ bis Anfang des 20. Jahrhunderts eine unentbehrliche Institution mit „waschechter“ Tradition, die nur allzu oft das Klischee par excellence erfüllten – meist jung, hübsch, fröhlich und lebenslustig wuschen sie den gutbürgerlichen und vornehmen adeligen Damen die Kleider – und mit den feinen Herren kokettierten sie. Nicht umsonst wurde das „Wäschermädel“ zur Type und Sujet und bot dankbaren Genre-

Sonnenlicht sorgt für gewollten und ungewollten Bleicheffekt.

Stoff in Operetten um die Jahrhundertwende oder in der goldenen Zeit des österreichischen Heimatfilms der 1950er Jahre. De facto waren früher viele Arbeitsschritte beim Wäschewaschen notwendig, die einige Tage lang dauern konnten. Am Vortag wurde die schmutzige Wäsche bereits eingesammelt und nach Farbe und Material vorsortiert, danach wurde stark Verschmutztes in eine Aschenlauge eingelegt. Feine Holzasche – meist aus Buchenholz – wird dabei mit heißem Wasser abgebrüht, über Nacht stehengelassen und am Morgen das klare Laugenwasser abgeschöpft – es diente sozusagen als Weichmacher für das Wasser. In den größeren Städten gab es dafür den Aschenmann – wie wir ihn durch Ferdinand Raimund kennen. Am nächsten Tag ging es zeitig los: Das Waschwasser musste am Herd erhitzt werden, danach wurde auf den Waschbrettern oder -rumpeln gebürstet und geschrubbt. Besonders hartnäckige Flecken wurden extra mit Kernseife eingerieben und mit einer Bürste bearbeitet oder mit dem Wäschebleuel – einem Holzstück mit breiter, flacher Schlagfläche – geschlagen. Später erleichterte ein Wäschestampfer diese Arbeit, ein zirka ein Meter langes Handgerät, bei dem durch Stampfen Luft durch den siebartigen, federnden Oberteil in das Waschwasser und die Wäsche gedrückt wurde. Diese Prozedur musste mehrmals wiederholt werden. In früheren Zeiten ging man zum Ausschwemmen der Wäsche an Flüsse oder Bäche. Später hatte man eigene Schwemmbottiche dafür; auch hier gab es mehrere

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Spülgänge. Zum „letzten“ Schwemmwasser wurden häufig Essig oder das sogenannte Wäscheblau zugegeben, um dem Gelbstich bei weißer Wäsche vorzubeugen. Danach wurde die Wäsche auf langen Wäscheleinen zum Trocknen in der Sonne aufgehängt, wobei das Sonnenlicht einen zusätzlichen Bleicheffekt hatte.

„Kratzen statt waschen!“ Eng verbunden mit der Geschichte des Wäschewaschens ist die Geschichte der Hygiene. Gehörte in den antiken Metropolen vor allem Körperpflege respektive die Badekultur noch zum guten Ton und war Teil des gesellschaftlichen Lebens und Tagesablaufs, kam es im Mittelalter und der Renaissance zu einer radikalen Zäsur: Der Schmutz war immer und überall! Abfall und Fäkalien wurden auf die offene Straße geleert, Waschen per se galt als ungesund – eine der interessantesten Theorien und Erklärungsversuche dabei war beispielsweise, dass Wasser, durch die Hautporen absorbiert, die lebensgefährlichen Krankheitserreger übertragen würde! Was natürlich zur Folge hatte, dass sich Epidemien aufgrund der mangelnden hygienischen Um- und Zustände nur allzu leicht verbreiten konnten. Vor allem im Barock und Rokoko schminkte, puderte und parfümierte man sich lieber, als sich zu waschen: „Kratzen statt waschen!“ – so das „Reinheitsgebot“ jener Tage. Erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich langsam wieder ein neues, „aufgeklärtes“ Verständnis in punkto Hygiene – parallel dazu auch die ersten Erfindungen von Waschapparaten.


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maschine legen – dunkle Wäsche wird wieder farbintensiver und wie neu!

In das Bügeleisen wurde ein am Herd erhitztes Eisen eingeschoben.

Wunderding Waschmaschine Die Idee zu einer Optimierung und damit Mechanisierung des Waschens von Wäsche datiert bereits Ende des 17. Jahrhunderts – ein erstes Patent für eine handbetriebene Waschmaschine erhielt der englische Ingenieur John Tyzacke. 1797 ließ sich der Amerikaner Nathaniel Briggs eine Maschine patentieren, die ein Waschbrett mit Kurbel darstellte, bei dem Walzen den Schmutz aus der Wäsche quetschten. Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelten der Amerikaner Alva J. Fisher die erste elektrische und der Deutsche Karl Louis Krauß eine mechanische Waschmaschine mit einer gelochten Waschtrommel – eine Revolution für die geplagten Frauen und Dienstmädchen. Erst in den 1960er und 1970er Jahren wurden Trommelwaschmaschinen zum leistbaren Standard für das normale Haushaltsbudget.

Altes Hausmittelwissen: Seifenkraut & Efeu Auch das so unentbehrlich gewordene Vollwaschmittel ist heute nicht mehr aus dem Alltagsgebrauch wegzudenken. Zu Großmutters Zeiten mühte man sich noch mit der traditionellen, aber oft zu teuren Schichtoder Kernseife ab, insofern sie nicht in Eigenregie aus Schlachtabfällen wie Knochen, tierischem Fett und Holzasche hergestellt wurde. „Detergentien“ heißt das Zauberwort und bezeichnet Stoffe in Wasch-

und Reinigungsmitteln, die den Reinigungsprozess wesentlich erleichtern. Vereinfacht erklärt setzen diese Detergentien die Grenzflächenspannungen zwischen der zu reinigenden Oberfläche, dem Schmutz und dem Lösemittel, sprich Wasser, herab, was bewirkt, dass Schmutz- und Fettpartikel leichter losgelöst werden. Pflanzliche Alternativen, auf die auch schon in früheren Zeiten zurückgegriffen wurde, sind beispielsweise das Seifenkraut (lat. Saponaria officinalis) oder die Scharlachlichtnelke, auch Brennende Liebe (lat. Lychnis chalcedonica) genannt. Beide gehören zur Gattung der Nelkengewächse und haben als wichtigsten Inhaltsstoff das Saponin. Mit den Jungtrieben des Seifenkrautes stellt man einen sogenannten Kaltauszug her, bei dem sie mit kaltem Wasser übergossen und über Nacht stehengelassen werden, und der sich hervorragend zum Waschen von Wäsche – nicht nur für Handwäsche – eignet. Aber auch die rübenartigen Wurzeln des Seifenkrauts können getrocknet und abgekocht und ebenfalls als stark schäumendes, effizientes Waschmittel eingesetzt werden. Auch heute noch werden Seifenkrautlösungen etwa zum Waschen von wertvollen Seidenstoffen, historischen Möbelstücken und Textilien oder einfach aus einem nachhaltigen Umweltbewusstsein heraus verwendet. Ein Tipp für schwarze oder dunkle Kleidungsstücke sind Efeublätter: Ein paar Blätter herkömmlichen Efeus in die Wasch-

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Vielfältig ist die Palette, die uns die Natur bietet: Sogenannte Wäschekräuter waren und sind Kräuter oder Duftpflanzen, die nicht nur zum Beduften der Wäsche in den Kästen dienten, sondern auch gegen Ungeziefer, vor allem gegen die ungeliebte Motte, eingesetzt wurden. Heiligenkraut, Marienbalsam, Alantwurzel, Eberraute und natürlich der am besten bekannte Lavendel sind dabei zu nennen. Die gelb blühende, mächtige Staude des Alant beispielsweise, früher in fast jedem Bauerngarten zu finden, verbirgt ihr Geheimnis unterirdisch. Denn die Wurzeln überraschen mit einem betörenden, intensiven Duft und wurden schon anno dazumal im Herbst oder Frühjahr ausgegraben, in Scheiben geschnitten und getrocknet. Zwischen die einzelnen Wäschestücke in den Kästen gelegt, wehrten sie dort die gefürchteten Motten ab. Auch der immergrüne Strauch des grauen Heiligenoder Zypressenkrauts ist als Kleider- und Wäschekraut bereits seit Jahrhunderten bekannt: Die starke Duftaromen wirken ebenfalls als Mottenschutz, was dem Kraut den Beinamen „Garderobe“ (= frz.: auf die Kleidung aufpassen) eintrug. / Text: Freya Martin

TAG DER WÄSCHE

——————————————————— Sa, 21. 6. 2014, 13.00–18.00 Uhr Museumsdorf Niedersulz www.museumsdorf.at

MUSEUMSDORF IM ORF

——————————————————— So, 29. 6. 2014, 16.30 Uhr, ORF 2 Erlebnis Österreich: „Alte Höfe, neues Leben – Das Weinviertler Museumsdorf Niedersulz“


Kultur.Region / 47

Zwischen Himmel und Erde

GOTTES ZUSAGE Die Jahreszeiten sind ein Hinweis, dass Gott Vielfalt und nicht Einfalt haben will.

Zu den schönen Dingen zwischen Himmel und Erde gehört, dass es vier Jahreszeiten gibt. Künstler sind davon inspiriert. Sie haben großartige musikalische, literarische und bildnerische Werke geschaffen. Menschen kommen immer noch ins Staunen, wenn die Natur zu neuem Leben erwacht und Auge und andere Sinne erfreut. Aber auch das Zurücktreten, das grau und eintönig werden, hat seinen Sinn und seinen Platz. Für mich sind die Jahreszeiten ein Hinweis, dass Gott die Vielfalt und nicht die Einfalt haben will. Dass in der Schöpfung Gottes das Werden und Vergehen als ein Prinzip des Lebens angelegt ist und damit für uns seinen Platz hat. Wenn jetzt der Sommer beginnt, dann ist für viele damit auch die Ferien- und Urlaubszeit verbunden. Für andere steht die Erntezeit bevor und damit eine ganz besonders arbeitsintensive Zeit. Vom Säen über das Wachsen bis zum Ernten – das ist der Rhythmus, der alles Leben auf unserer Erde bestimmt. Im Werden und Vergehen besteht dieses Leben neben allem Schönen, Positiven und Bunten eben auch aus Trauer, Enttäuschung, Krankheit, Schmerz, Leid und Tod. Beide Seiten, und auch die Schattierungen dazwischen, gehören zum Leben in seiner Ganzheit. Leben hat viel mit lieben zu tun. Wer liebt, der steht nicht über den Dingen, sondern ist mit Leidenschaft dabei. Der christliche Glaube will Sie in diesem Leben begleiten. Seine Botschaft sagt Ihnen, dass Sie durch das Werden und Vergehen gehalten und getragen sind von der Liebe Gottes. Dass es Sinn macht, im Kreislauf der Jahreszeiten zu leben und sich mit den jeweils notwendigen Aufgaben einzubringen. Das, was zählt im Leben aller Menschen, ist die Erfahrung der Treue und Gnade Gottes, die in der Zusage gipfelt: „So lange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht“ (1. Buch Mose 8,22). Im Kreislauf des Werdens und Vergehens leben wir alle von Gottes Zusage, dass er die Erde und uns bewahrt. / Superintendent Paul Weiland

Kultur.Region.Niederösterreich

INTERN WIR GRATULIEREN! Ihren runden Geburtstag feiern unsere Ehrenmitglieder: Anton Durst (70), Hainfeld, 2. Juni Harald Wittig (80), Krems an der Donau, 14. Juni Erich Spindelegger (95), Hinterbrühl, 19. Juni Dir. Dr. Wolfgang Ulrich (75), Laab im Walde, 19. Juni Wolfgang Juterschnig (50), Enzenreith, 23. Juni Pavel Cip (70), Zubri, Tschechische Republik, 24. Juni Ihren besonderen Geburtstag feiert unser Mitglied: Hildegard Gludovacz, Payerbach, 4. Juni

NEUES MITGLIED Unterstützendes Mitglied: Andrea Hummelbrunner, Wiener Neustadt

VOLKSMUSIKSENDUNGEN DES ORF ORF 2 Wetter-Panorama, täglich 7.15–9.00 Uhr

ORF 3 Unser Österreich, Sa, 16.55 Uhr

RADIO NIEDERÖSTERREICH aufhOHRchen, Di, 20.00–21.00 Uhr 3. 6.: „Jodler und Juchaza“ mit Norbert Hauer 10. 6.: „Volkskultur aus Niederösterreich“ mit Dorli Draxler 17. 6.: „Das Weinviertel. Mehr als Idylle“ mit Edgar Niemeczek 24. 6.: „Volksmusikalische Kostbarkeiten“ mit Walter Deutsch „vielstimmig“ – Chorszene Niederösterreich, Do, 5. 6.; Do, 19. 6., 20.00–20.30 Uhr G’sungen und g’spielt & Für Freunde der Blasmusik, Mi, Do, 20.00–21.00 Uhr Musikanten spielt’s auf, Fr, 20.00–21.00 Uhr Frühschoppen, So, 11.00–12.00 Uhr Kremser Kamingespräch, Mi, 18. 6., 21.00 Uhr Programmänderungen vorbehalten Detailprogramme: www.orf.at

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Musikschulen / 48

Festspielhaus St. Pölten

TAG DER JUNGEN MEISTER Einen Tag voll Musik gestalteten Musikschüler aus ganz Niederösterreich am 26. April 2014 im Festspielhaus St. Pölten. Das Landespreisträgerkonzert prima la musica, ein Konzert des Jugendsinfonieorchester Niederösterreich und Kostproben aus dem Musical „Ab in den Wald“ boten einen Querschnitt durch das Schaffen Niederösterreichs größter Talente.

Ausgangspunkt für die Gründung des Ensembles 4formore bildete ein Konzert des dänischen Fiddlegeigers Harald Haugaard. Dessen Stück „The King arrives“ präsentierte das Ensemble beim Preisträgerkonzert 2014.

Selina Pilz mit dem Adagio in C-Dur von Zoltán Kodály.

Die Darsteller des Musicalprojekts „Wir sind Bühne.Musical“ präsentierten bei einem Flashmob Ausschnitte aus dem Musical „Ab in den Wald“, das im Juni in Horn und Yspertal unter der künstlerischen Gesamtleitung von Luzia Nistler zur Aufführung kommt.

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Musikschulen / 49

NACHRUF

——————————————————— Gerald Schwertberger (1941–2014) Komponist, Arrangeur, Pädagoge

Julian Groller (J.-G.-Albrechtsberger-Musikschule der Stadt Klosterneuburg) glänzte mit der Sonate Nr. 30 op. 109 in E-Dur von Ludwig van Beethoven.

Andreas Felber, Gabriel Kefer und Jonathan Lechner – kurz AnJoGa – präsentierten „Stubernic“, ein Werk des amerikanischen Marimba-Spezialisten Marc Ford.

Der Musikerzieher und Komponist Gerald Schwertberger ist Anfang Februar 2014 nach längerer Krankheit im 72. Lebensjahr verstorben. Seine Verdienste um die Musikpädagogik können nicht genug gewürdigt werden: Zahlreiche Bände mit Werken für den Instrumentalunterricht gingen um die ganze Welt, die Stücke – leicht spielbar und lateinamerikanisch sowie auch durch Jazz oder die klassische Moderne beeinflusst – prägten mehrere Generationen junger Musiker.

Julia Maurer vom Ensemble Kla4 & Wir.

In seiner Festrede zeigte sich LandeshauptmannStellvertreter Mag. Wolfgang Sobotka begeistert von der hohen Qualität der Darbietungen.

Seine Kindheit verbrachte der gebürtige Grestener in Niederösterreich, maturierte am BRG St. Pölten. Schwertberger studierte in weiterer Folge Deutsch und Geschichte sowie Klavier, Blockflöte, Gitarre, Gesang und Tonsatz an der heutigen Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Neben seiner Unterrichtstätigkeit war Schwertberger in mehreren Jazz- und Tanzbands als Bassist tätig. Acht Jahre verbrachte der Komponist in Guatemala, wo er an der Österreichischen Schule unterrichtete und auch einen wesentlichen Beitrag zur Aktualisierung des Musikunterrichts dieses Landes leistete. Zugleich erwies sich diese Zeit als prägend für sein kompositorisches Schaffen, das viele Einflüsse aus der Musik des zentral- und südamerikanischen Raums erfuhr.

Das Jugendsinfonieorchester Niederösterreich unter der Leitung von Martin Braun präsentierte Antonín Dvoráks Ouvertüre zur Oper „Vanda“ und die Symphonie Nr. 8 sowie den „Russischen Marsch“ von Johann Strauß.

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Schwertberger hat sich als Pädagoge, Schulbuch-Autor, Vortragender zum Thema Musikerziehung sowie als Komponist und Arrangeur einen Namen gemacht. /


Die letzte Seite / 50

2nd LIFE Die dazugehörigen Flaschen sind ein Kapitel für sich und werden im schaufenster Kultur. Region eigens eine Hommage à PET finden. Die Verschlüsse der Plastikgebinde finden seltener Platz in einem weiteren Leben. Hier sind sie eine wirklich günstige Varietät in Sachen Griffe und Knöpfe in der Kücheneinrichtung. Man trennt das Gewinde des Flaschenhalses fein säuberlich von der Fla-

sche, montiert diesen mit passender Beilagscheibe und Schraube an die Küchenkastltür

und schraubt dann den Verschluss des Lieblingsgetränks darauf. /

Landeinwärts

GANZ EINFACH ALT geraumer Zeit wird in Lebensläufen, die in Publikationen erscheinen, nicht mehr unser Geburtsjahr erwähnt. Das ist bei Frauen prinzipiell diskriminierend – einmal ist man zu jung, um dieses und jenes zu können, und dann schlagartig zu alt.

Der von mir hochverehrte Großkolumnist Harald Martenstein von der „Zeit“ musste von Berlin bis nach Wien fahren, um sich zu trauen. Ausgerechnet in der Kapuzinergruft wagte er erstmals den Satz: „Seniorenkarte, bitte.“ Warum gerade dort, da müssten wir Sigmund Freud bemühen. Auch ich bereite mich auf etwaige Möglichkeiten vor. Früh übt sich, wer Meister werden will; in diesem Fall Meister des Altwerdens. Bei den Kosmetikprodukten sind wir Frauen schon seit jungen Jahren – sprich: ab dem Absetzen von Antiwimmerltinkturen – an den Zusatz „für reifere Haut“ gewöhnt. Manchmal sind wir alterslos, denn seit

Der Eiertanz, den wir bei Umschreibungen ausführen, ist nahezu grotesk. Ein Lied davon wissen behinderte Menschen zu singen. Da viele befürchten, allein mit dem Wort „Behinderung“ zu beleidigen oder zu stigmatisieren, hat sich eine Reihe von beschönigenden Alternativausdrücken etabliert, etwa „besondere Bedürfnisse“ oder „andersfähig“. Wie man damit „normal“ umgeht, zeigt die Internetseite leidmedien.de. Ein absolutes No-go ist jedenfalls, so lesen wir, „an den Rollstuhl gefesselt sein“ zu sagen. Auch „Menschen mit Handicap“ ist wieder passé. Alt zu sein ist auch nicht ganz einfach. Alt ist out. Man ist ein älterer Mensch oder in den besten Jahren (doch diese werden nur Männern zugestanden). Bestenfalls ist man ein Best Ager. Hat man den Digital Gap über-

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wunden und sitzt mit grauen Haaren am Computer und ist auf facebook aktiv, ist man ein Silversurfer. Oder man tritt in das nachberufliche Leben ein, was als besonders politisch korrekte Art gilt, das Wort „alt“ zu umschiffen. Allerdings ist diese nachberufliche Phase bei Pensionen, die Projektbeschäftigte, Freiberufler, Selbständige, Werkvertragsarbeiter erwarten, fast unmöglich. Man kann sich auch im dritten Lebensabschnitt wähnen, der sich vom vierten Lebensabschnitt (ab 75) dadurch unterscheidet, dass man noch nicht hochbetagt ist. In Deutschland heißt das übrigens hochaltrig. Da wünscht man sich dann doch, hochbetagt zu sein. Schwule haben das einzig Richtige gemacht. Sie haben aus dem Wort schwul die Beleidigung herausgenommen. Indem sie sich selbst so bezeichnet haben, wie sie zuvor beschimpft wurden. Bevor „alt“ zu einem abschätzigen Adjektiv wird – selbst verwenden. I’m old and I’m proud – schließlich hat man viel geschafft, oder? / Mella Waldstein


Damit Visionen Wirklichkeit werden, ermöglicht Raiffeisen viele Kulturveranstaltungen durch seine regionalen und lokalen Förderungen. Denn Realisierung und Erfolg von Kulturinitiativen hängen nicht nur von Ideen, sondern auch von finanziellen Mitteln ab. Gemeinsam ist man einfach stärker. www.raiffeisen.at

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Eine Initiative des Landes Niederösterreich.

Halten Haltenwir wirNiederösterreich Niederösterreichsauber: sauber: Aus Ausreiner reinerLiebe Liebezum zumLand. Land. Wussten Sie, dass Jahr für Jahr 2.500 Tonnen Mist an unseren Straßenrändern landen? Das ist Tag für Tag so viel wie der gesamte Müll von mehr als 2.000 Haushalten! Sparen wir uns allen das Geld für die Entsorgung – und den Ärger über den Anblick gleich dazu! Mist gehört in den Mistkübel und nicht einfach raus durchs Autofenster.


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