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Die Master-Thesis gilt als Krönung jeder Weiterbildung. In dieser Arbeit haben die Absolventinnen und Absolventen die Möglichkeit, das erlernte Wissen in Form einer praxisnahen Aufgabenstellung unter Beweis zu stellen. Der kommende Abschnitt präsentiert die vier Management Summaries der Studierenden mit Bestnote.

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Digital Afterlife Tobias Marrel

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Swiss Digital Infrastructure Christian Heimann

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Digitales Kaufgefühl Anna Katharina Arnold

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Regulatory Technology Alexander Klöppel

Digital Afterlife

Eine Auseinandersetzung mit digitalen Spuren, die nach dem Tod zurückbleiben

VON TOBIAS MARREL

Dass Verstorbene nach ihrem Tod digital weiterleben, mag vielleicht etwas nach Science-Fiction klingen, ist aber in mancherlei Hinsicht bereits Wirklichkeit. Der digitale Alltag im Internet durchdringt das Leben der Menschen immer stärker. Dabei werden zahlreiche Spuren hinterlassen, sei es in den sozialen Medien, der Online-Kommunikation mit Freunden und Familie oder anhand digital gespeicherter Dateien und Erinnerungen. Diese Daten existieren nach dem Tod innerhalb des Online-Universums weiter, werden zu neuem Leben erweckt und ermöglichen verstorbenen Personen ein durch Online-Gedenkseiten, digitale Nachlassverwaltung sowie digitale Avatars animiertes Digital Afterlife. Die vorliegende Masterthesis setzt sich vertieft mit diesem Thema und seinen Auswirkungen auseinander und geht nebst einer umfassenden theoretischen Aufarbeitung insbesondere der Frage nach, wie die Menschen hierzulande diesem Phänomen gegenüberstehen. Dazu wurde eine quantitative

Online-Umfrage durchgeführt, in welcher sich in der Schweiz wohnhafte Personen allen Alters zu ihren Erfahrungen und Empfindungen hinsichtlich des Digital Afterlife äussern konnten. Die Teilnehmenden wurden zur generellen Vertrautheit mit dem Thema Digital Afterlife, der Nutzung von Social Media im Zusammenhang mit Tod und Trauerverarbeitung sowie ihrer persönlichen Wahrnehmung von Tod im Internet befragt. Dabei wurde deutlich, dass das Digital Afterlife Phänomen mitsamt seinen bereits existierenden Dienstleistungen bei einer Mehrheit der Befragten bisher wenig Anklang findet. Der Kontext von Tod und Trauerverarbeitung passt für viele nicht mit der gefühlten Kurzlebigkeit und Oberflächlichkeit der Onlinewelt zusammen. Ethische Bedenken und Nutzungsrisiken scheinen auch eine Rolle zu spielen. Digital Afterlife lebt von der Existenz und Verfügbarkeit persönlicher Daten, deren Schutz und Integrität in den letzten Jahren stark in den Fokus der Öffentlichkeit geraten sind. Eine umfassende Recherche über das Geschäftsgebaren der Digital Afterlife Industry ergab allerdings, dass viele Anbieter bezüglich ihrer Vertrauenswürdigkeit und ihres Ethos bisher nicht über jeden Zweifel erhaben sind. Aus Sicht der OnlineDienstleister gilt es diesem Makel mit durchdachten Angeboten und zielgerichteten Informationskampagnen aktiv entgegenzutreten, um den Bedenken der Nutzerschaft hinreichend Rechnung zu tragen. Ob es einem gefällt oder nicht, das digitale Leben nach dem Tod betrifft heutzutage praktisch alle, die das Internet regelmässig nutzen. Obwohl sich viele Menschen diesem Thema gegenüber bisher eher unbeeindruckt und gleichgültig zeigen, steigt mit zunehmender Information und Kenntnis das Bewusstsein, dass es vielleicht doch besser wäre, sein digitales Vermächtnis nicht leichtfertig dem Zufall bzw. den kommerziellen Absichten der Online-Anbieter zu überlassen. Dort gilt es anzusetzen, um die weitere Entwicklung sowohl aus gesellschaftlicher, ethischer wie auch philosophischer Sicht in Zukunft aktiver mitzugestalten.

Tobias Marrel absolvierte 2008 einen Master in Management, Technology & Economics an der ETH Zürich. Seither arbeitete er in diversen Funktionen bei den Industrieunternehmen Siemens und SR Technics und leitete zahlreiche Projekte in den Bereichen Strategie, Product Management und Controlling. Durch die Corona-bedingte Krise in der Luftfahrt widmet er sich derzeit neuen Plänen wie zum Beispiel dem Aufbau einer digitalen Lernplattform zum Thema Mindset.

Swiss Digital Infrastructure

Die Entwicklung einer transparenten, offenen und nachhaltigen Governance von Basis-Diensten

VON CHRISTIAN HEIMANN

Eine wilde Landschaft, in der niemand den Durchblick hat und worin folgedessen auch keine klare Strategie entstehen kann – so wurde das aktuelle E-Government-Ökosystem der Schweiz in einer der Fokusgruppen bezeichnet. Unübersichtlichkeit, fehlende Durchsetzungsmöglichkeiten und die Komplexität des Föderalismus sind einige der Erklärungsversuche, warum die Schweiz im internationalen Vergleich im Bereich des E-Government einen Rückstand auf viele andere Länder Europas hat. Auch wenn viele Akteure an vielen Projekten arbeiten, ist die Situation derzeit nicht zufriedenstellend.

Im Frühjahr 2019 wurde eine Initiative mit dem Titel «Swiss Digital Infrastructure» von der SBB lanciert, um die Situation zu verbessern. Inspiriert durch die estnische X-Road und hoch oben in der Unternehmens-Agenda angesetzt, sollte die Grundlage für eine von staatlichen und privatwirtschaftlichen Akteuren gemeinsam erstellte digitale Infrastruktur entstehen; primär zusammengesetzt aus Geschäftsdiensten und Basis-Diensten. Während Basis-Dienste nicht-lukrativ, transparent und offen betrieben werden sollten, sind Geschäftsdienste in der Abgrenzung lukrativ, müssen keine totale Transparenz ausweisen und der Zugang kann vom Anbieter eingeschränkt werden.

Die ebenfalls im 2019 geführte, politische Diskussion über die Betreiberschaft der E-ID beeinflusste die Überlegungen zum Betrieb von Basis-Diensten in der Swiss Digital Infrastructure. Welche Dienste sollten von Anbietern aus der Privatwirtschaft stammen und welche Aufgaben sollten komplett vom Staat übernommen werden? Und in welcher Zusammensetzung wäre die Betreiberschaft allgemein akzeptiert? Dies führte zur Fragestellung dieser Arbeit, nach welchem Modell die Governance von Basis-Diensten aufgebaut sein soll.

In zwei durchgeführten Fokusgruppen, besetzt mit erfahrenen Personen aus verschiedensten Bereichen der Thematik, wurden Vorstellungen, Erfahrungen und Meinungen zum Thema eingeholt und diskutiert. Dabei wurde deutlich, dass die Aufgabenverteilung punkto Basis-Dienste klar ist: Der Staat soll sich auf Register- und Datendienste konzentrieren und vermehrt Schnittstellen für Dritte anbieten. Prozessdienste und – wo ebenfalls möglich – Datendienste sollen durch die Privatwirtschaft abgedeckt werden. Das Modell führt nebst dieser Trennung auch die folgenden Bausteine auf: Gemeinschaftssinn, Transparenz, Konnektivität, Offenheit und Zeit. Transparenz, Konnektivität und Offenheit widerspiegeln die Prinzipien der Talinn Declaration, einer europäischen Vereinbarung zur