REESEN 11 - Herbst 2023 - DE

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LUX E M B U R G S R E I S E MAGAZ I N

Baiersbronn Korsika

Tirol

Ljubljana

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Kreuzfahrt

Färöer

Island

Ägypten Mongolei

Armenien

Rajasthan

Miami

Ta s m a n i e n

DEUTSCHE AUSGABE

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NE

Entdecken Sie die pulsierende Hauptstadt Sloweniens

Luxemburg

Ljubljana

Hin- und Rückflug im Light-Tarif Ab

119€

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Hallo Ljubljana


E D I TO R IAL

Herbstimpressionen Der Herbst zieht ins Land und bringt uns stürmische Tage, kuschelige Abende und ... ein Magazin voller Entdeckungen. Bei REESEN streben wir danach, mehr als nur Reiseberichte zu liefern; wir möchten Geschichten erzählen, die berühren, inspirieren und ein Gefühl des „Dortseins“ vermitteln. In einer Welt, in der jeder Schnappschuss und jedes Erlebnis oft binnen Sekunden online geteilt wird, setzt REESEN auf Tiefe. Unsere Beiträge sind keine bloßen Berichte, sondern sorgfältig gestaltete Erzählungen – durch die Augen und mit den Herzen von denen, die sie erlebt haben. Unsere Journalisten sind nicht nur Beobachter, sie sind Teilnehmer und mehr als einmal auch die Protagonisten ihrer eigenen Geschichten. Kreuzfahrten erfreuen sich in Luxemburg seit jeher großer Beliebtheit. Dieses Gefühl, die Welt von einem schwimmenden Palast

aus zu erkunden, hat viele von Ihnen verzaubert. Wir haben Ihre Begeisterung gespürt und werden ab sofort regelmäßig dieses Thema in unserem Magazin aufgreifen. Von den rauen, windumtosten Küsten der Färöerinseln über das pulsierende Herz Miamis bis zur endlosen Weite der Mongolei – diese Ausgabe führt durch ein Kaleidoskop beeindruckender Landschaften und Kulturen. Mittendrin treffen wir Laura und Henrik wieder, unsere digitalen Nomaden, die sich in die kalte Schönheit Norwegens verliebt haben. Jede Geschichte und jedes Bild in diesem Magazin ist eine Einladung, die Welt mit anderen Augen zu sehen und sich von ihrer Vielfalt verzaubern zu lassen. Machen Sie es sich also gemütlich, vielleicht mit einer Tasse Tee oder Kaffee, und lassen Sie sich von uns in ferne Welten entführen. Bis zum Horizont und weiter!

Bibi Wintersdorf Chefredakteurin & Herausgeberin

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BÜCHER BAIERSBRONN TIROL LJ U B LJ A N A KO R S I K A T R A U M H OT E LS N O RW E G E N MSC EURIBIA E X P LO R A 1 FÄ R Ö E R I S LA N D ARMENIEN ÄGY P T E N R AJ A ST H A N MONGOLEI MIAMI IN ZAHLEN TA S M A N I E N


B Ü C H E R

Joscha Remus

Oliver Heilwagen

Carolina Amell

Gebrauchsanweisung für Australien

Spazierfahrt nach Syrakus

Abenteurerin

Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet die Australier den Eisschrank erfunden und einen Weltmeister im Snowboarden haben? Dass Bier einst nicht nur Währung, sondern auch Maßeinheit für Raum und Zeit war? Wir entdecken Australien als Surferparadies, in dem selbst Wolken und Felsen so tun, als seien sie riesige Wellen. Erkunden ein Land, in dem man Luftraum kubikmeterweise erwerben kann, und Sydney, die „Wohlfühlhauptstadt“ der Welt. Wir begegnen Tieren, die aussehen wie eine Mischung aus Biber und Schuhlöffel. Erfahren, wie Aborigines ihre Nahrung mit den Fußsohlen finden und wieso das Nationalgericht aus exakt sieben Gängen besteht. Weshalb die reichste Frau der Welt natürlich eine Australierin sein muss. Und dass putzige Koalas ziemliche Nervensägen sein können.

Mehr als zwei Jahrhunderte nach der legendären Wanderung von Johann Gottfried Seume nach Syrakus folgt Oliver Heilwagen in diesem unterhaltsamen Reisebericht mit dem Fahrrad dessen Spuren: Er radelt die gesamte Strecke von Grimma bei Leipzig über Tschechien, Österreich, Slowenien, Nord-, Mittelund Süditalien bis nach Sizilien. Heilwagen entwirft in seinem Buch ein Porträt des heutigen Italiens jenseits der Klischees und spürt den unzähligen italienischen Einflüssen auf unseren Kontinent nach, von der Küche über das Wirtschaftsleben bis zur Kultur. So wird die Frage nach dem Wesen Italiens zugleich diejenige nach dem Wesen Europas. Der Autor ist weder Radsportler noch OffroadBiker. Als Radwanderer fährt er eher gemächlich auf asphaltierten Straßen. Das Abenteuer seiner Reise ist ein anderes: der Versuch, vom Sattel aus das heutige Italien zu verstehen, indem er Beobachtungen und Erlebnisse wie ein Mosaik zusammensetzt. Dazu zählen Baudenkmäler und berühmte Kunstwerke ebenso wie Fundstücke und Begegnungen am Straßenrand. So erfährt der Leser etliches über Italien, was Kurzurlaubern verborgen bleibt.

224 Seiten Piper Verlag ISBN 978-3-492-27774-7

304 Seiten Knesebeck Verlag ISBN 978-3-95728-567-6

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Zwanzig Frauen und eine gemeinsame Leidenschaft: ihre Lust auf Abenteuer, auf weite Reisen, auf Erlebnisse in der freien Natur. Belén Castelló erkundet mit dem Fahrrad Europa, Nordamerika und Zentralasien; Gina Johansen fuhr alleine auf Skiern über 1.000 Kilometer vom Nordkap bis nach Schweden; Alienor Le Gouvello trekkte mit ihren Pferden quer durch Australien; Cal Major ist mit dem SUP rund um Großbritannien unterwegs, um auf die Verschmutzung der Meere aufmerksam zu machen: Sie und viele andere Frauen erzählen in diesem Buch, wie sie ihren Platz in der Outdoor-Welt gefunden haben, indem sie auf ihre innere Stimme hörten, sich Konventionen widersetzten und ihren eigenen Weg gingen. Atemberaubende Fotos zeigen ihre weltweiten Abenteuer auf Schweizer Alpenpässen, unter dem Sternenhimmel Hawaiis, auf den Lavafeldern Islands, tief im Dschungel Guyanas, in den Unterwasserhöhlen Mexikos oder unter den Mammutbäumen Kaliforniens. Ihre faszinierenden Geschichten machen Mut, den eigenen Träumen zu folgen – wohin sie auch führen mögen. 240 Seiten Prestel Verlag ISBN 978-3-7913-8919-6


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BAI E R S B R O N N

Nordschwarzwald: Nicht nur Not macht erfinderisch Text Susanne Freitag

Die Region im Nordschwarzwald zeigt sich überraschend innovativ, mit Spitzengastronomie und Schwarzwaldidylle.

Das Murgtal verdankt seine internationale Berühmtheit vor allem der Spitzengastronomie seiner Luxushotels rund um Baiersbronn und der wildromantischen Naturlandschaft mit top Wander- und Radwegen. Weniger bekannt ist dagegen, dass die Region bedeutende Erfindungen hervorgebracht hat und auch heute in einigen Bereichen Pionierarbeit leistet. Die Geburtsstätte der Champagnerflasche In Obertal-Buhlbach weisen unauffällige Holzschilder den Weg zum Kulturpark Glashütte. Wer die Schilder übersieht, ist schnell dran vorbeigefahren und hat leider etwas verpasst. Denn der kleine Ortsteil von Baiersbronn behei-

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matete im 18. und 19. Jahrhundert die größte und bedeutendste Glashütte des Schwarzwalds. Und nicht nur das: Der dort entwickelte „Buhlbacher Schlegel“ wurde damals in die ganze Welt exportiert. Sogar am Zarenhof in St. Petersburg erfreute man sich am Champagnergenuss aus der ersten druckfesten Flasche, deren dickwandiges Glas mit dem typischen eingewölbten Boden dem Innendruck standhielt, ohne zu zerbrechen. Mit dem Energiewechsel vom Holz zur Kohle ging es mit dem Erfolg der Glashütte allerdings zu Ende und 1909 stellte sie den Betrieb ein. Doch Not macht erfinderisch und so wechselte die Eigentümerfamilie flugs das Metier, stellte Knüpfstühle auf und


BAI E R S B R O N N Beliebtes Wanderziel: der Wildsee im Nationalpark.

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© Max Günter

Nachgestellte Arbeiterwohnung im Kulturpark Glashütte Buhlbach.

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© Susanne Freitag

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Von Buhlbach in die Welt: der Buhlbacher Schlegel.

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© Max Günter

Eine der regionalen Spezialitäten: geräucherte Forelle.

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© Max Günter

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BAI E R S B R O N N

Der Forellenhof ist ein Paradebeispiel für nachhaltige Forellenzucht. © Max Günter

beschäftigte bis 1945 rund 450 vor allem weibliche Arbeitskräfte zum Knüpfen von Orientteppichen „made im Schwarzwald“. Nach dem Zweiten Weltkrieg brach aber auch dieses Geschäft ein. Es folgten diverse Eigentümerwechsel und sogar Pläne für ein Luxushotel, die aus Gründen des Denkmalschutzes nicht verwirklicht wurden. So verrotteten die 35 Gebäude der einstigen Glashütte ganz unglamourös vor sich hin und gerieten nach und nach in Vergessenheit. Bis Dora-Luise Klumpp ins Spiel kam. 2003 landete ein Antrag auf Abriss der Gebäude auf dem Tisch der rührigen Gemeinderätin, die sich daraufhin mit dem Grundstück beschäftigte. „Ich konnte nicht mehr schlafen und begann damit, die Geschichte der Glashütte zu recherchieren“, erzählt sie. „Das Gelände sah aus wie eine Müllhalde, aber es hat mich fasziniert.“ Kurzerhand warb sie um Gleichgesinnte, gründete einen Förderverein und führte die ersten Besuchergruppen über das Gelände. „Zu sehen gab es noch nicht viel außer Müll und Ruinen“, erinnert sie sich. Mithilfe eines EU-Förderprogramms und der Unterstützung vieler Ehrenamtlicher wurde restauriert, aufgeräumt, saniert und der Kulturpark Glashütte Buhlbach schließlich 2013 eröffnet. Seitdem schickt Klumpp die Besucher in zwei restaurierten Gebäuden auf eine Zeitreise durch 250 Jahre Kulturgeschichte. In historischem Kostüm führt eine

„Zeitreisebegleiterin“ durch das Museum im ehemaligen Turbinenhaus, erklärt die Geschichte des Glasmachens in der nachgestellten Glasbläserwerkstatt und den Werdegang des „Buhlbacher Schlegels“, gespickt mit amüsanten Anekdoten über die vielen Besitzerwechsel. Nebenbei erfahren die Besucher auch, dass Ferdinand Oechsle, der Erfinder der Oechslewaage, in einem der Häuser auf dem Gelände geboren wurde und die Glashütte den Schriftsteller Wilhelm Hauff 1825 nach einem Besuch zur Geschichte „Das kalte Herz“ inspirierte. Viel Raum gewährt das Museum auch dem entbehrungsreichen Leben der rund 200 Glashütten-Arbeiter und ihrer Familien. Im Obergeschoss des „roten“ Hauses sind zwei ehemalige Arbeiterwohnungen mit historischen Möbeln und Alltagsutensilien ausgestattet. Zukunftsfähiges FischzuchtModell à la Bareiss Vom Kulturpark Glashütte sind es nur wenige Gehminuten bis zum Forellenhof, auf dem seit mehr als 100 Jahren Fische gezüchtet werden. 2017 übernahm Hotelier Hannes Bareiss, Inhaber des Luxushotels Bareiss in Baiersbronn, die Fischzucht und verwandelte sie in ein Paradebeispiel für maximal artgerechte und schonende Aufzucht von Forellen. Regenbogen-, Lachs- und Goldforellen sowie Saiblinge durchleben einen geschlossenen Wachstums- und

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BAI E R S B R O N N

Zuchtkreislauf vom Ei bis zur Schlachtreife. Dazwischen können sie in aller Ruhe wachsen und gedeihen, geschützt durch die Technik der modernen Aquakulturanlage und ausgebildete Fischwirte. Danach endet das beschauliche Leben der Forellen und sie landen fangfrisch auf den Tischen der beiden Gaststuben. Der Andrang ist groß und reserviert wird nicht. Wer einen Platz ergattert, kann sich auf die vielen Forellenvarianten freuen, die dem Haus eine rote Haube von Gault&Millau eingebracht haben. Und im „Forellenlädle“ gibt es den Fisch frisch aus dem Rauch zum Mitnehmen. Der einzige Nationalpark Baden-Württembergs Neben der Murg verbindet auch der Wald die Gemeinden vom Nordschwarzwald über die Schwarzwaldhochstraße bis hinunter ins Tal. Seit 2014 ist das Gebiet zwischen Baden-Baden und Freudenstadt innerhalb des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord als erster und einziger Nationalpark BadenWürttembergs ausgewiesen – und mit 10.000 Hektar auch der kleinste in Deutschland. „Wir haben wieder einen sesshaften Wolf und einen Luchs“, freut sich Ursula Pütz, Leiterin des Nationalparkzentrums auf dem Ruhestein. Vor allem Ersterer käme allerdings nicht bei allen Menschen in der Region gut an, ebenso wenig wie das Nationalpark-Motto „Natur Natur sein lassen“. „Wir arbeiten eng mit den angrenzenden Gemeinden zusammen und leisten viel Verbindungsund Vermittlungsarbeit“, erklärt sie. Der Nationalpark Schwarzwald ist ein Entwicklungsnationalpark, eine

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BAI E R S B R O N N Wandern mit Wildseeblick im Nationalpark.

OBEN

© Max Günter

LINKS Unterwegs im Nationalpark Nordschwarzwald.

© Max Günter

Der Huzenbacher See, ein eiszeitlicher See in Baiersbronn.

RECHTS

© Ulrike Klumpp

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BAI E R S B R O N N

Die Brücke der Wildnis im Nationalparkzentrum auf dem Ruhestein. © Susanne Freitag

Kategorie speziell für Schutzgebiete in dicht besiedelten und vom Menschen stark geprägten Landschaften. „Die Kernzone, in denen die Natur tatsächlich sich selbst überlassen wird, macht derzeit die Hälfte der Fläche aus“, so Pütz. In der Entwicklungszone seien bis 2044 noch Maßnahmen wie etwa die Renaturierung von Mooren möglich, danach soll diese mit der Kernzone verschmelzen. Etwa ein Viertel der Fläche bleibt sogenannte Managementzone, in der die Nationalparkmitarbeiter pflegend und schützend eingreifen können. Zu dieser Zone gehören auch die Grinden, die nahezu baumfreien, ebenen Hochflächen etwa auf dem

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Schliffkopf, wo neben Rindern und Schafen auch wieder Pferde weiden. Besucher des Nationalparks können nicht nur ausgeschilderten und oft von einem Ranger begleiteten Touren folgen, sondern sich auch im hochmodernen Nationalparkzentrum selbst ein Bild machen. Der nachhaltige Bau aus Holz, Stahl und Glas am Rande der Schwarzwaldhochstraße besteht aus verschiedenen Stäben, die sich, von oben betrachtet, wie Finger in den Wald strecken und wie Baumstämme übereinanderstapeln. Die Besucher wandeln auf unterschiedlichen Höhen durch die interaktive Dauerausstellung „Eine Spur wilder“ zu den Arten

und Lebensräumen des Nationalparks. Angenehmer Begleiteffekt: Die Schau verzichtet auf den erhobenen Zeigefinger und begeistert stattdessen mit menschlichen und tierischen Stimmen, emotionalen Bildern, Touchpads und interaktiven Aktionen. So können die Besucher etwa mit ihrem Körper den Flug eines Falken über den Nationalpark steuern oder Seiten riesiger Bücher umblättern, die sich passend zum Thema mit bunten Illustrationen füllen. Und wer der Brücke der Wildnis bis zum 34 Meter hohen Aussichtsturm folgt, ist auf einmal wirklich mittendrin im Nationalpark Nordschwarzwald.


Stuttgart

BAI E R S B R O N N

Breviarium

Gaggenau FRANKREICH

Gernsbach

Baiersbronn SCHWARZWALD BADEN-WÜRTTEMBERG

48° N 8° O baiersbronn.de

SCHWEIZ

Unbedingt Rund eine Stunde Autofahrt von Baiersbronn entfernt lohnt ein Besuch im Unimog-Museum von Gaggenau und eine Führung mit ehrenamtlichen Experten wie Carl-Heinz Vogler, der vor seiner Pensionierung viele Jahre als Konstrukteur und Sicherheitsingenieur beschäftigt war und diverse Bücher über das kultige Gefährt geschrieben hat. Zu den Höhepunkten gehört ein Prototyp, der zwischen 1945–47 gebaut wurde, und der U5023, ein riesiger, hochgeländetauglicher Unimog. Nicht verpassen sollte man eine Unimog-Fahrt auf dem Außen-Parcours. unimog-museum.com

Bloß nicht Es liegt sicher auch an der guten Lage direkt an der Schwarzwaldhochstraße, dass der Mummelsee so überlaufen ist. Die rund zehnminütige Seeumrundung zu Fuß ist leider alles andere als entspannt, weil die Besucher einander permanent ausweichen müssen. Immerhin, im obligatorischen Souvenirladen gibt es frisch gebackenes Holzofenbrot und Schwarzwälder Schinken. Kurzum: Wer gern einen Abstecher an einen idyllischen See machen möchte, ist etwa am Huzenbacher See im Nationalpark besser aufgehoben.

Geheimtipp Die beschauliche Altstadt von Gernsbach lockt mit Fachwerkhäusern und einer der vermutlich kürzesten gepflasterten Fußgängerzonen Deutschlands. An deren Ende steht das historische Alte Rathaus von 1617. Im Erdgeschoss befindet sich die Vinothek des Bioweingutes von Sara und Rainer Iselin. Wer Zeit hat, sollte sich eine Weinprobe mit dem charismatischen Winzer im Kreuzgewölbekeller nicht entgehen lassen. Während der Verkostung interessanter Weine unterhält er die Teilnehmer mit Geschichten von Wein, Land und Leuten. weingut-iselin.com

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T I R O L

Serfaus-Fiss-Ladis gilt alpenweit als Marktführer unter den Familien-Skigebieten.

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© Andreas Kirschner

Hier lernen Kinder das Skifahren von absoluten Profis.

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© Christian Waldegger

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T I R O L

Winterurlaub der Spitzenklasse Text Michaela Strassmair

Drei Dörfer, viele Höhepunkte und noch mehr Hochgefühle: Das Skigebiet Serfaus-Fiss-Ladis in Tirol trumpft nicht nur mit seiner schneesicheren Höhenlage auf, sondern auch mit einer Vielfalt an Aktivitäten und Überraschungen für die ganze Familie. Wir zeigen, was einen Winterurlaub dort so besonders und einzigartig macht.

Dieser Ausblick, ein Genuss. Auf die Zugspitze, Deutschlands höchsten Gipfel. Auf den Ortler, Südtirols höchsten Berg. Auf die 3.770 Meter hohe Wildspitze, Österreichs zweithöchste Bergspitze. Dazwischen ein Meer von schneebedeckten Hängen – und mittendrin die drei Tiroler Bergdörfer Serfaus, Fiss und Ladis. Sie liegen auf einem Hochplateau zwischen 1.200 und 1.400 Metern Seehöhe und reichen mit ihrem zusammengeschlossenen Skigebiet bis auf 2.828 Meter hinauf. Diese exponierte Lage garantiert Schneesicherheit und mehr Sonnenstunden als andernorts – sowie ein hochalpines Feeling. Apropos Superlative: Die kommende Wintersaison startet am Freitag, 8. Dezember 2023 gleich mit zwei Highlights: der Eröffnung der neuen Komperdellbahn mit ihren ultramodernen 10er-Gondeln und dem SnowArt-Genussfestival, bei dem sich alles um Kulinarik und

Live-Musik in diversen Bergrestaurants dreht. Nervenkitzel für den Nachwuchs Kreative Wege und gewagte Ideen haben die seit mehr als zwanzig Jahren zusammengeschlossenen Dörfer zu einer außergewöhnlichen Feriendestination gemacht: eine, die alle Altersklassen und die unterschiedlichsten Vorstellungen von Aktivitäten im Urlaub anspricht. Für kleine Kinder sind auf den Pisten eigene Kinderländer eingerichtet. Dort erlernen die Kids spielerisch den Skisport mit Maskottchen, Zauberteppichen und Erlebnisabfahrten und werden rundum von Profis betreut. „We are family!“ lautet auch der Werbeslogan, der auf die Familienfreundlichkeit des Gebiets hinweist. Für Jugendliche gibt es neben schwarzen Pisten und Funparks weitere Adrenalinkicks wie den „Fisser Flieger“, ein drachenfliegerähnliches Fluggerät, oder die Überschlagsschaukel „Skyswing“.

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T I R O L

Abseits der Pisten Wer es etwas ruhiger mag, kann sich abseits der Pisten vielfältig vergnügen: beim Langlauf auf über 30 Kilometer Loipen, beim Eislaufen auf dem Schlossweiher in Ladis oder beim Winter- und Schneeschuhwandern auf über 100 Kilometer Winterwanderwegen und Thementouren wie der Almpromenade oder dem Panorama-Genussweg. Nach dem gemeinsamen Abendessen ist noch lange nicht Schluss, das Angebot an Attraktionen geht weiter. Dienstagabend ist beispielsweise Staunen in der Nightflow-Arena in Fiss auf der Möseralm angesagt. Bei der Nightflow-Show katapultieren sich SkiAkrobaten über Schanzen in den schwarzen Nachthimmel, Schneesportlehrer der Skischule Fiss-Ladis fahren waghalsige Formationen mit blinkenden Stöcken und fluoreszierenden Anzügen. Mittwochabend steigt die Party in Serfaus bei der Adventure Night. Akrobaten des weltberühmten Cirque du Soleil führen teilweise die spektakulären Live-Acts auf. Und donnerstags heißt es „Magic Ladis“ direkt unterhalb der Burg Laudeck auf einem Marktdorf mit Live-Entertainment und leckeren Häppchen. Aber zurück auf die Pisten. Diese erstrecken sich 214 Kilometer entlang der weitläufigen und offenen Bergflanken zwischen dem Zwölferkopf im Osten und dem 2.828 Meter hohen Masnerkopf im Westen, dem höchsten Punkt des Skigebiets. Die geographische Ausrichtung birgt zwei Vorteile: Viele sonnenbeschienene Südhänge sowie das Masner-Gebiet und die Fisser Nordseite, wo auch im Frühjahr noch tiefster Winter herrscht. Dazwischen liegen Pisten für alle Könnerstufen, ein großer Teil davon setzt sich aus roten, also mittelschwierigen Abfahrten zusammen. 80 Prozent aller Pisten in Serfaus-

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T I R O L Auf die Bretter, fertig und los: Die Höhenlage zwischen 1.200 und 2.828 Metern bietet Schneesicherheit und traumhaftes Bergpanorama.

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© Sepp Mallaun

LINKS Wilder Ritt durch die Winterlandschaft auf dem Familiencoaster Schneisenfeger, der 1,5 Kilometer langen Ganzjahresrodelbahn.

© Andreas Kirschner

Noch ein Abenteuer mit Adrenalinkick jenseits der Piste: die Skyswing-Überschlagsschaukel.

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© Andreas Kirschner

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T I R O L

LINKS Unbedingt kosten: Auf der Zirbenhütte gibt es neben Kaiserschmarrn auch die heimische Spezialität Fisser Imperial Gerstlsuppe.

© Daniel Zangerl

Hoher Genussfaktor: Im Liegestuhl entspannen und die Bergwelt auf sich wirken lassen.

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© Daniel Zangerl

Abschnallen und abschalten heißt es an den vielen Wohlfühlstationen mitten im Skigebiet, die auch mit Hängeschaukeln und Strandkörben locken.

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© Andreas Kirschner

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T I R O L Fiss-Ladis sind übrigens beschneibar, was eine außergewöhnlich lange Skisaison von Anfang Dezember bis Mitte April ermöglicht. Wohlfühlstationen und regionaler Whisky Kurze Pause gefällig? Vielleicht in einer Hängematte, in einem Strandkorb oder auf einem Liegesack unter dem Dach einer kleinen, urigen Holzhütte? Das mag ein bisschen verrückt klingen, heißt hier aber Wohlfühlstationen. Das Motto der unterschiedlich gestalteten Entspannungsplätze lautet „Abschnallen, abschalten und genießen“. Diese befinden sich am Rande etlicher Pisten, sind frei zugänglich und eignen sich auch als Picknickorte und Treffpunkte. Ebenso gemütlich geht es in den vielen bewirtschafteten Berghütten zu. Beispielsweise in der Zirbenhütte, die auf 2.100 Metern auf der Fisser Nordseite liegt. Hier werden heimische Spezialitäten kredenzt wie die Fisser Gerstlsuppe. Sie ist aus einem Urkorn, der Fisser Imperial Gerste, gekocht, welche als eine der ältesten kultivierten Getreidesorten der Welt gilt – und erst seit einigen Jahren vor Ort wieder angebaut wird. Aus der Fisser Imperial Gerste wird ebenfalls der Tiroler Single Malt Whisky namens „Fissky Imperial” destilliert. Doch Achtung: Auch, wenn es mit der U-Bahn in Serfaus – der kleinsten, höchstgelegenen auf Luftkissen schwebenden U-Bahn der Welt – öffentliche Verkehrsmittel gibt, so empfiehlt sich die Verkostung des „Fissky Imperial” eher für das Ende des Wintersporttages. Schließlich ist auf dem Rückweg noch einiges zu bestaunen, wie diesen 360-Grad-Blick über die Alpen. Einfach atemberaubend. Ein Genuss. serfaus-fiss-ladis.at

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LJ U B LJANA

Kultur, Kulinarik und Charme Text Roberto Maffei

Dort, wo sich Europa und der Balkan begegnen, liegt Ljubljana, eine Stadt mit einer langen Geschichte: von der einfachen paläolithischen Wohnstätte zur römischen Stadt, von der mittelalterlichen Hauptstadt Krains hin zur Hauptstadt des heutigen Sloweniens.

Ljubljana ist eine moderne Stadt, die alles bietet, was Touristenherzen begehren: Museen und Galerien, historische Sehenswürdigkeiten, saisonale Events, Natur und Sport. Mit diesem vielseitigen Angebot ist Ljubljana eine perfekte Destination für ein Wochenende (oder mehr, wenn Sie auch die Umgebung erkunden wollen). Dank dem neuen Luxair-Direktflug ab Luxemburg rückt die slowenische Hauptstadt in greifbare Nähe. Unterwegs Die meisten Sehenswürdigkeiten von Ljubljana können bequem zu

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Fuß erreicht werden. Für etwas abgelegenere Orte bietet sich das Bike-Sharing-System oder das Busnetz an (v. a. im kalten Winter). Wer sich noch weiter ins Umland wagen möchte, dem stehen Mietautos oder Fernbusse zur Verfügung. Kunst und Architektur Wenn ein Gebäude in Ljubljana sofort ins Auge springt, dann die Burg, die majestätisch über der Stadt thront. Sie ist nicht nur eine mittelalterliche Festung, sondern beherbergt auch temporäre Ausstellungen und einen Jazzclub. Unterhalb des Burghügels gibt es


LJ U B LJANA Luftaufnahme der Burg von Ljubljana und des Stadtzentrums. Hinter der Burg, leicht links, sind der Prešeren-Platz und der Nebotičnik zu sehen.

OBEN

Die Dreifachbrücke über die Ljubljanica in der Mitte ist ein Wahrzeichen der Stadt, ebenso wie die Drachenbrücke (Zmajski most), die Metzgerbrücke (Mesarski most) und die Fischbrücke (Ribja brv). Links die rosafarbene Fassade der Franziskanerkirche auf dem Prešeren-Platz.

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LJ U B LJANA

LINKS Luftaufnahme des Kongressplatzes. Im 19. Jahrhundert war die Stadt Schauplatz einer der vielen internationalen Konferenzen zur Wiederherstellung der kontinentalen Ordnung.

Robba-Brunnen auf dem Stadtplatz, inspiriert von Berninis Fontana dei Quattro Fiumi in Rom. Es ist eine Nachbildung, das Original ist in der Nationalgalerie zu sehen.

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Der Drache ist zusammen mit der Burg das Symbol von Ljubljana und im Wappen der Stadt abgebildet.

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LJ U B LJANA auf dem Stadtplatz (Mestni Trg) den barocken Robba-Brunnen zu bestaunen. Wenige Schritte weiter, Richtung Nordosten, befindet sich die Kathedrale mit ihrer grünen Kuppel. Wandern Sie von dort aus weiter zum Flussufer und besuchen Sie Spezialitätenläden, Wochenendmärkte oder ein saisonales Event. Etwas weiter von der Burg entfernt schlängelt sich der Fluss Ljubljanica durchs Stadtzentrum. Spazieren Sie am Ufer entlang, wo Sie bezaubernde Brücken bestaunen und in einem der zahlreichen Cafés eine Pause einlegen können. Überqueren Sie den Brückenkomplex Tromostovje (Drei Brücken) und betrachten Sie das PrešerenDenkmal auf dem gleichnamigen Platz, das in Richtung seiner geliebten Julija in einer nahegelegenen Straße blickt. Nur wenige Gehminuten entfernt erwartet Sie die bezaubernde Jugendstilfassade der Genossenschaftsbank. Von dort geht es weiter zur Terrasse des in den 1930er-Jahren errichteten Nebotičnik (Wolkenkratzer), wo Sie die atemberaubende Aussicht auf die Stadt bei einem Glas lokalen Wein genießen können. Kunstliebhaber müssen einen etwas weiteren Weg zurücklegen, doch ein Besuch der Nationalgalerie oder des alternativen Kunstzentrums Metelkova lohnt sich allemal. Unterkunft Perfekt gelegen, zwischen dem Prešerenplatz im Stadtzentrum und dem Tivoli-Park im Westen, sind, unter anderem, das Best Western und das City Hotel. Ob Sie lieber im Hotel oder im Bed & Breakfast schlafen: An

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LJ U B LJANA

Das alternative Kulturzentrum Metelkova befindet sich in einer ehemaligen österreichischungarischen Kaserne, die seit der Auflösung des kommunistischen Jugoslawiens von Künstlern wieder in Besitz genommen wurde und in der regelmäßig Musikveranstaltungen und Kunstausstellungen stattfinden.

Unterkünften mangelt es in Ljubljana nicht. Treffen Sie Ihre Wahl ganz nach Vorliebe und Verfügbarkeit. Falls Sie mit Luxair fliegen, lohnt es sich, einen Blick auf etwaige Sonderangebote zu werfen. Mitteleuropäische Küche mit einer Prise Balkan Auch wenn die beste Köchin Sloweniens nicht in der Stadt ist, finden Sie ausgezeichnete Restaurants an jeder Straßenecke. Wenn Sie die lokale Küche kosten möch-

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ten, besuchen Sie das Restaurant Julija. Falls Sie eher Richtung Balkanküche tendieren, sollten Sie sich im Restaurant Sarajevo’84 Ćevapčići gönnen. Ein absolutes Muss sind Spezialitäten wie traditionelle Štruklji (die besten gibt es im Moji štruklji) und Gibanica. Sind Sie im September oder Oktober in Ljubljana? Dann gehört ein Besuch des Festivals Odprta Kuhna („offene Küche“), das freitags auf dem Pogačar-Platz stattfindet, auf Ihre To-do-Liste.

Seit September 2023 bietet Luxair zwei Direktflüge pro Woche nach Ljubljana an!


LJ U B LJANA

UNGARN

ÖSTERREICH

ITALIEN

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Bled SLOWENIEN

Triglav Nationalpark

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Idrija

Ljubljana

KROATIEN

46° N 14° O visitljubljana.com

Rund um Ljubljana

1 Bled Bled ist nicht nur bekannt für seinen See und seine mittelalterliche Burg, sondern auch für „Kremna Rezina“ (Cremeschnitten). Der hübsche Ort diente während des 20. Jahrhunderts den jugoslawischen Herrschern als Sommerresidenz.

2 Idrija Idrija wurde im 15. Jahrhundert als Bergarbeiterstadt gegründet (das Quecksilberbergwerk kann besichtigt werden) und ist Heimat der traditionellen „Idrija žlikrofi“ (gefüllte Maultaschen). Zudem ist die Stadt für ihre feine Spitze bekannt.

3 Nationalpark Triglav Sein Hauptgipfel ist auf der Staatsflagge abgebildet. Er ist ein Symbol des Landes und findet sich in Kunst und Kultur wieder. Im Park sind zahlreiche Aktivitäten möglich, vom Wandern bis hin zum Kajakfahren unter Tage.

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KO R S I KA

In Korsika erheben sich die Berge direkt aus dem Meer.

OBEN

Das Bergdorf Cervione liegt in der Castagniccia und besitzt sogar eine Kathedrale.

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KO R S I KA

Korsische Kastanien Text & Fotos Annette Frühauf

Die Kastanien der Castagniccia verwandeln im Herbst den Nordosten Korsikas in einen rot-orangenen Urwald.

Zwischen Bastia und Aléria – im Nordosten der französischen Mittelmeerinsel – liegt die „Kornkammer“ Korsikas. Statt Getreide wachsen in der Mikroregion knorrige Kastanienbäume. Ihre kleinen, stacheligen Früchte werden heute wieder von zahlreichen Unternehmen zu Mehl verarbeitet. Einst waren sie das Hauptnahrungsmittel der Korsen – darum werden sie auch das „Brot der Korsen“ genannt. Die Bäume wurden im zweiten Drittel des 16. Jahrhunderts auf Befehl der vorherrschenden Genuesen angepflanzt. Mit dem Anbau von Getreide gerieten sie aber immer mehr in Vergessenheit. Inzwischen werden wohl wieder mehrere 100 Tonnen Mehl jährlich produziert. Die getrockneten und geschälten Kastanien (Châtaignes) werden

dazu meist leicht angeröstet und handverlesen in einer speziellen Mühle gemahlen, beispielsweise mit einem Granit- oder Feuerstein, um die besondere Feinheit zu garantieren. Die Verordnung Corse AOC (Appellation d’Origine Contrôlée) gibt die Regeln für die Herstellung vor. Am Morgen liegt eine feine Nebelschicht über der farbenprächtigen Castagniccia, die zum Parc Naturel Régional de Corse gehört und deren Ausläufer fast bis zur Küste, zur Costa Verde, reichen. Nicht umsonst heißt der Abschnitt grüne Küste, denn sanft überziehen die Hügel das Hinterland. Im Herbst verwandelt sich die Region allerdings in ein flammendes Meer und die rötlichen, gelben und orangefarbenen Blätter der Kastanien rascheln im Herbstwind. Er hilft,

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KO R S I KA

den feinen Nebelschleier zu lichten. Die Luft ist am Morgen noch frisch. Wer zu Fuß unterwegs ist, kann den halbwilden schwarzen Schweinen begegnen, die auf der Insel frei herumlaufen. Korsische Schweine mögen übrigens ebenfalls Kastanien, die dem Schinken sein ganz besonders gutes Aroma verleihen sollen. Immer wieder ist der Ruf eines Milans zu hören, der über der mystisch anmutenden Szenerie kreist. Über den Kastanienselven, so nennt man die Kastanienhaine der Insel, thronen ein paar kleine Bergdörfer – wie Cervione, das man über die D71 erreicht. Kurzlebiges Königreich In der einstigen „Hauptstadt“ residierte 1736 für wenige Monate Korsikas erster und zugleich letzter König und zwar im ehemaligen Bischofspalast des Dorfes. Theodor von Neuhoff war ein westfälischer Baron aus Deutschland. Er baute die Wirtschaft und die Infrastruktur aus und ließ seine eigenen Münzen drucken. Nach einigen militärischen Erfolgen gegen die Genueser, die rund fünf Jahrhunderte die Herrschaft auf der Insel hatten, unterlag die provisorische korsische Armee jedoch vor Bastia und der König musste die Insel verlassen. Der Blick vom Aussichtspunkt oberhalb von Cervione – in über 600 Meter Höhe – ist grandios und schweift über die Kastanien bis zum Meer und zu den Inseln Elba und Monte Cristo. Die Strände unterhalb der Ortschaft laden zu Spaziergängen im feinen, weißen Sand ein. Auf einigen Speisekarten der Strandrestaurants findet sich Polenta aus Kastanienmehl, beispielsweise mit Figatelli, eine korsische Wurstspezialität aus Schweineleber. Die korsische Nationalfrucht hat heute wieder kulinarische Bedeutung und ist Teil des Naturerbes

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KO R S I KA In Bastia, der größten Hafenstadt der Insel, kommen die Fähren an.

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LINKS Von der Terrasse des Café de l‘avenue in Cervione schweift der Blick über die Kastanien bis aufs Meer.

Ein Milan kreist über den dichten Kastanienhainen.

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KO R S I KA Zwischen den langen, schlanken Blättern verstecken sich die Kastanien, gut geschützt in ihrer stacheligen Hülle.

Kastaniencreme schmeckt besonders gut auf einer frischen Brioche oder Baguette.

der Insel. Das zeigt sich auf der jährlich stattfindenden Kastanienmesse (Fiera di a Castagna) in Bocognano. Am ersten Dezemberwochenende stellen rund 150 Produzenten ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse aus. Neben Kastanienmehl gibt es auch gegrillte Kastanien, das korsische Bier Pietra, dem die Kastanien einen leicht süßlichen Abgang verleihen, Sablés Corsica, Kastanienmehlkekse, und verschiedene andere korsische Spezialitäten wie den Brocciu. Der Käse besteht aus Ziegen- oder Schafmilch und ist sowohl als süße als auch als sal-

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zige Variante beliebt. Besonders gut schmeckt er mit Feigenmarmelade. Erst seit 1996 gibt es korsisches Bier auf der Insel – dank Dominique Sialellis, der mit einer Mischung aus Malz und Kastanie den Biermarkt eroberte. Die Brauerei Pietra kann in den Sommermonaten in Furiani besichtigt werden und braut neben Kastanienbier inzwischen auch Weizenbier und verschiedene andere Sorten. Im Herbst ist eine Wanderung oder eine Radtour durch die Castagniccia ein magisches Erlebnis – geprägt vom üppigen Farbenspiel der Kastanienblätter. Dabei fallen einem

die „stacheligen Igel“ quasi direkt vor die Füße. Oft sitzen die Kastanien noch fest in ihrem Kokon. Hat man sie befreit, liegen sie glänzend und satt in den Händen. Kastanien gibt es nicht nur in diesem Teil der Insel. Bereits seit der Jungsteinzeit, lange vor ihrer Kultivierung im 16. Jahrhundert, wuchsen Kastanienbäume auf Korsika und so sind sie beispielsweise auch im Norden, im Hochtal von Niolu, und in der Region von Evisa, an der Westküste, zu finden. Die rustikale Küche mit Kastaniensuppe, Kastanienpüree und -pudding passt perfekt zum Herbst und zum Ausflug ins Reich der Kastanien.


KO R S I KA

Breviarium

Bastia Furiani

KORSIKA Cervione

Evisa

42° N 9° O

Parc naturel régional de Corse

Bocognano

visit-corsica.com

Ajaccio Niolu

Porto-Vecchio

Unbedingt Eines der zahlreichen Kastaniengerichte probieren. Dabei darf ein Pietra nicht fehlen!

Bloß nicht Allzu schnell auf den schmalen Straßen unterwegs zu sein, die sich durch die Castagniccia winden. Denn hier kann so manche Überraschung hinter einer Kurve lauern – in Form von Schweinen, Ziegen oder Schafen.

Geheimtipp Neben Kastanien gibt es viele weitere korsische Spezialitäten. Auf der Route des Sens am Cap Corse kommt man an zahlreichen kleinen Produzenten wie Winzern, Bauern und Handwerkern vorbei, bei denen sich ein Besuch lohnt. gustidicorsica.com

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T RAU M H OT E LS

Hotel de Rome Historisches Luxusjuwel am Bebelplatz

Le Bristol Paris Palasthotel in neuem Glanz

Berlin

Paris

Das Hotel de Rome, ein RoccoForte-Hotel, ist im restaurierten ehemaligen Hauptsitz der Dresdner Bank von 1889 untergebracht. Es ist einzigartig in seiner Kombination aus denkmalgeschützter Architektur und zeitgenössischem Design, gepaart mit höchstem Komfort und persönlichem RoccoForte-Service. Als eines der wenigen Luxushotels in einem original historischen Gebäude reflektiert das Fünf-Sterne-Superior-Hotel in besonderer Weise die Metropole. Mit 145 Zimmern und Suiten und seiner einzigartigen Lage am historischen Bebelplatz ist es ein architektonisches Juwel im Herzen Berlins und garantiert private Atmosphäre. Das Hotel de Rome gehört zu den „Leading Hotels of the World“.

Le Bristol Paris ist das einzige Pariser 5-Sterne-Palasthotel in europäischer Hand. Seit 2021 erstrahlen nach einer umfassenden Renovierung alle Zimmer und Suiten in neuem Glanz. Die Geschichte des Palasthotels Le Bristol Paris beginnt 1758, als ein Baumeister Ludwigs XV. dem Charme eines großen Gemüsegartens erliegt, der an die Königlichen Baumschulen grenzt. Im Lauf der Jahrhunderte wird gebaut, vergrößert, hinzugekauft, verändert; 1925 entsteht ein Hotel, das zu Ehren des 4. Grafen von Bristol, einem für seine hohen Ansprüche bekannten Reisenden, dessen Namen trägt. Im Jahr 1978 erwarb die Oetker-Gruppe das Anwesen.

bit.ly/hotelderomeberlin

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bit.ly/lebristolparis


T RAU M H OT E LS

The Mark Ultimativer Komfort im Herzen Manhattans

The Balmoral Luxuriöses Wahrzeichen an der Princes Street

Manhattan

Edinburgh

Das Mark Hotel ist der Gipfel des kühnen Luxus, der das Beste an persönlichem Service, avantgardistischem Design und altmodischem Komfort im Herzen von Manhattans Upper East Side vereint. Das Hotel liegt an der Ecke Madison Avenue und 77th Street, nur wenige Schritte vom Central Park und einigen der weltbesten Museen, Galerien und Boutiquen entfernt, und ist zu einem Ziel für Reisende geworden, die auf der Suche nach wirklich außergewöhnlichen Erfahrungen sind. Das Hotel verfügt über 106 Gästezimmer und 47 Suiten, darunter die größte Hotel-Penthouse-Suite in Nordamerika. The Mark hat im Laufe der Jahre zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhalten, 2023 wurde es in die Gold List des Condé Nast Traveler aufgenommen.

Viele Hotels behaupten, Wahrzeichen vor der Haustür zu haben, aber nur wenige können von sich behaupten, dass ihre Haustür ein Wahrzeichen ist. The Balmoral ist ein großes Eisenbahnhotel an Edinburghs prestigeträchtigster Adresse, Nr. 1 Princes Street. Es wurde 1902 als großes Eisenbahnhotel eröffnet und verfügt über 187 moderne Zimmer und opulente Suiten. Das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Restaurant „Number One“ und die ganztägig geöffnete Brasserie „Prince“ bieten eine hervorragende Küche. Nachmittagstee wird im „Palm Court“ serviert und das Hotel verfügt über eine Sammlung von über 500 Single Malt Whiskys im SCOTCH. bit.ly/thebalmoral

bit.ly/themarkmanhattan

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N O RW EG E N

Überwintern in Nord-Norwegen Text & Fotos Laura Lichter & Henrik Hoffmann

Zum Überwintern zieht es die Menschen in den Süden, wo es warm ist und sie der nassen Kälte Deutschlands entfliehen können. Aber wie wäre es, einmal genau das Gegenteil zu wagen und den Winter im hohen Norden Norwegens zu verbringen?

Seit 2017 sind mein Partner Henrik und ich, Laura, mit Online-Business in der Welt unterwegs. Vor der Pandemie fuhren wir per Anhalter von Vietnam nach Indien, kauften uns dort ein Motorrad und reisten damit 35.000 Kilometer nach Deutschland. Wir bauten einen Kastenwagen zu einem autarken Eigenheim um und fuhren im Sommer nach Norwegen. Ein Freund erzählte uns davon, im Winter als Hundeschlittenführer zu arbeiten. Henrik war Feuer und Flamme für die Idee: Ein Kulturschock der anderen Art als jener, den wir im indischen Varanasi oder im pakistanischen Peshawar erlebt hatten, reizte ihn unendlich. Ich sah uns jedoch an den warmen Stränden Portugals und nicht im hohen

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Schnee Norwegens – mit Wollsocken in Winterstiefeln, die drei Nummern zu groß sind! Nach dem obligatorischen Besuch am Nordkap war unser letzter Stopp vor der Weiterreise in den Süden bei einem australischnorwegischen Paar in der Nähe von Kirkenes. Dort erfreuten wir uns nicht nur an den vielen Elchen, die auf dem Grundstück unserer Couchsurfing-Gastgeber nach Futter suchten, sondern auch an der liebevollen Gastfreundschaft unserer neuen Freunde. Diese schafften, was Henrik in langen Diskussionen, die oft mit Tränen geendet hatten, nicht gelungen war: Sie überzeugten mich davon, meine Ängste zu überwinden und dem Winter in Norwegen eine Chance zu geben.


N O RW EG E N Besteigung des Øretoppen, mit 465 m einer der höchsten Gipfel der Gegend.

OBEN

LINKS Besuch des Varangerhalvøya Nationalparks, den man zu Fuß und mit Ski durchqueren kann.

Eisfischen – eine der beliebtesten Winteraktivitäten in Nord-Norwegen.

RECHTS

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N O RW EG E N

LINKS Morgen- und Abendstunden in Norwegen begeistern durch ein einzigartiges Licht.

Zelten unter Nordlichtern im Pasvik Nationalpark.

RECHTS

Mit Pulka auf Skiexpedition in den Wäldern rund um Kirkenes.

UNTEN

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N O RW EG E N Am Ende Europas Wir mieteten eine Wohnung im Pasvik-Tal. Im Westen begrenzt von Finnland und im Osten von Russland, erstreckt es sich ca. 100 Kilometer von der Barentssee im Norden bis zum Dreiländereck im Süden, wo Norwegen, Finnland und Russland zusammentreffen. Dieses kann man im Sommer zu Fuß und im Winter mit Ski erreichen. Die Gegend liegt 400 Kilometer nördlich des Polarkreises und ist der Beginn der sibirischen Taiga, dem größten Waldgebiet der Erde. Von November bis Januar geht hier die Sonne nicht mehr auf und die Temperaturen sinken an manchen Tagen auf unter –30 °C. Als Entschädigung leuchten die Nordlichter kräftiger und bei Vollmond reflektiert der Schnee das Licht des Mondes. Nordlichttouren bieten die Möglichkeit, mit Hundeschlitten, Schneemobil oder Bus dieses Naturspektakel zu bestaunen. Die dunklen Nächte haben ihren eigenen Charme und ließen uns die Rückkehr der Sonne umso mehr wertschätzen. Unvergessliche Aktivitäten Durch glückliche Zufälle erhielten wir eine Anstellung als „On-Call“Hundeschlittenführer im Snowhotel Kirkenes, das Besucher mit einem Hotel aus Eis 365 Tage im Jahr begeistert. Neben 140 alaskischen Huskys runden Rentiere das einmalige Wintererlebnis ab. Mit Touristen aus aller Welt glitten wir mit Hundeschlitten durch die

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N O RW EG E N

Eislandschaft und entdeckten die umliegenden Wälder. Wir lernten stetig dazu und waren schließlich auch als Schneeschuh- und Schneemobilführer sowie Königskrabbenfischer tätig. Mit Gästen fuhren wir mit Schneemobilen in vier Stunden an die russische Grenze oder auf den zugefrorenen Fjord, wo wir die berühmten Königskrabben aus dem Eis zogen. Die Königskrabbe ist die größte essbare Krabbe der Welt und die kulinarische Delikatesse der Region. Dank unseres wachsenden Netzwerks lernten wir einen Dänen kennen, der mit seiner Firma Arctic Outlaws Skiexpeditionen im Pasvik-Tal anbietet. Er zeigte uns, wie wir uns mit Ski und Pulka – einem Schlitten, den man in einem Geschirr hinter sich herzieht – im Schnee fortbewegen und uns richtig für körperliche Aktivitäten kleiden. Wir lernten mit anderen Anfängern, wie wir ein Zelt aufbauen und mit Schnee in diesem eine Mahlzeit zubereiten. Die Touren finden von Januar bis April statt und eignen sich für Anfänger und Fortgeschrittene. Mit unseren neu erworbenen Fähigkeiten machten wir uns bald selbst auf Tour. Ob mit Zelt unter den Nordlichtern oder in den unzähligen offenen Hütten, die der Pasvik National Park zu bieten hat – das Abenteuer blieb nie aus. Über Fefo.no mieteten wir auch Hütten vom norwegischen Staat, die mit Saunas, Generatoren

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N O RW EG E N OBEN LINKS Hunde in Norwegen sind oft Begleiter beim Skifahren und Jagen.

Vorbereitung zum Fischen mit Netz unter dem Eis bei -32 °C.

OBEN RECHTS

Die offenen Hütten in Pasvik sind stets mit Feuerstellen und Feuerholz ausgestattet.

MITTE

LINKS Hundeschlittenfahren durch eine traumhafte Winterlandschaft.

Zelten bei -20 °C und 20 km/h Wind: Gefühlte Temperatur unter -30 °C.

RECHTS

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N O RW EG E N

Der letzte Sonnenuntergang auf Spitzbergen vor Beginn der Mitternachtssonne.

und Gas ausgestattet sind und dank der gemütlichen Inneneinrichtung zum Verweilen einladen. Wir fischten auf zugefrorenen Seen, lernten die „runde Hitze“ der norwegischen Sauna lieben und durften die einzigen Ureinwohner Europas, die Samen, beim Rentiertreiben unterstützen. Die europäische Arktis – ein besonderes Reiseziel Bestärkt durch die Erfahrungen des ersten Winters beschlossen wir, im folgenden Jahr zurückzu-

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Erkundung der Felsschluchten auf Spitzbergen.

RECHTS

kehren, um unsere Kenntnisse zu vertiefen. Der Winter hatte mir gezeigt, dass es sich immer lohnt, sich auf etwas Neues einzulassen und die eigenen Ängste zu bezwingen. Den norwegischen Winter erlebt man am besten zwischen Februar und März, wenn die Tage wieder länger und wärmer werden und Nordlichter noch die Nächte erhellen. Kirkenes ist in zwei Stunden von Oslo mit dem Flugzeug erreichbar. Wer es gerne langsamer angeht, kann mit den Hurtigruten, den traditionellen Postschiffen, in

sechs Tagen von Bergen bis zum Wendepunkt an der russischen Grenze fahren. Diesen Sommer brachen wir unsere Zelte in Norwegen vorläufig ab. Henrik fuhr per Anhalter durch Russland zurück und besuchte die Gegend, auf die wir zuvor tagtäglich geblickt hatten. Ende dieses Jahres streben wir ein neues Abenteuer an: Mit dem Segelboot von Europa in die Karibik. Doch es ist nur ein Abschied auf Zeit, denn Norwegen ist unsere neue Heimat geworden.


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K R E U Z FAH RT 44

Wind, Wellen und kulinarische Entdeckungen


K R E U Z FAH RT Text Bibi Wintersdorf

Kreuzfahrten sind weit mehr als nur eine Reise auf dem Wasser – sie sind der Traum von fernen Ländern, der Hauch von Abenteuer und oft ein Tanz mit den Launen der Natur. Doch was passiert, wenn die mächtigen Naturgewalten beschließen, uns einen Strich durch die Reise zu machen? Wenn wogende Wellen und stürmische Winde das Ruder in die Hand nehmen? In diesem Kapitel nehmen wir Sie mit auf zwei außergewöhnliche Schiffsreisen, auf denen nicht immer alles nach Plan verlief. Zunächst entführt uns Marie Tissier an Bord der MSC Euribia, MSCs Vorreiter in Sachen Ökologie und nachhaltige Seefahrt. Mit dem Ehrgeiz, den Umwelteinfluss zu minimieren und dennoch Luxus und Komfort zu bieten, markiert die MSC Euribia den Beginn einer neuen Ära der Kreuzfahrten. Marie, unsere mutige Berichterstatterin, hat das Glück, auf dieser Jungfernfahrt dabei zu sein, und nimmt uns mit auf ihre Erkundungstour. Sie erzählt von den technologischen Neuerungen, den bezaubernden Veranstaltungen und den Momenten des Staunens, die nur eine solch innovative Reise bieten kann. Doch was wäre das Leben (und unser Magazin) ohne Kontraste? Es folgt meine eigene Erfahrung mit der Explora 1. Ab Glasgow steuerten wir Richtung Norden. Doch Wind und Wellen stellten uns auf die Probe: Nicht alle Ausflüge konnten wie geplant stattfinden, doch wenigstens blieb ich (entgegen einiger meiner Mitreisenden) von der Seekrankheit verschont. Dennoch bot die Reise unvergessliche Eindrücke: Die atemberaubenden Anblicke der Orkney und Färöerinseln und ein exklusives Interview mit dem Head of Culinary von Explora Journeys. Zum Abschluss dieses Kapitels entführt uns Philippe Bourget in die raue Schönheit der Färöerinseln und nach Island. Mit Philippes scharfem Auge und geschliffener Feder entdecken wir diese nordischen Juwelen in all ihrer Pracht. Lehnen Sie sich zurück, lassen Sie sich von den Erzählungen mitreißen und spüren Sie das pulsierende Herz der Kreuzfahrtwelt.

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E U R I B IA M S C

Die Mitgliedschaft im MSC Yacht Club bietet Zugang zu den PremiumDienstleistungen, die u. a. die besten Kabinen und die Nutzung exklusiver Angebote vorsehen.

OBEN

© Ivan Sarfatti

An der 112 Meter langen Innenpromenade gibt es die verschiedensten Geschäfte, Bars und Restaurants.

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© Anthony Devlin

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Klimaneutrale Kreuzfahrt Text Marie Tissier

Sie ist das neueste Prunkstück der MSC-Flotte: Die MSC Euribia ist nicht nur eins der größten Kreuzfahrtschiffe der Welt, sondern auch die Vorreiterin der klimaneutralen Kreuzfahrt. Grund genug für uns, bei ihrer Jungfernfahrt und ihrer Taufe in Kopenhagen dabei zu sein – die von niemand anderem als der großen Sofia Loren durchgeführt wurde.

Die Reise beginnt: Nur drei Tage nach ihrer Inbetriebnahme am 3. Juni 2023 empfängt die MSC Euribia ihre ersten Passagiere für ihre Jungfernfahrt. Das neue Flaggschiff der MSCFlotte startet von der Schiffswerft Chantiers de l’Atlantique in SaintNazaire und steuert den Hafen von Amsterdam an, wo die Passagiere an Bord gehen werden. Es soll „die weltweit erste Kreuzfahrt mit NettoNull-Emissionen“ werden. Mit 331 Meter Länge und neunzehn Decks ist die MSC Euribia eins der größten Kreuzfahrtschiffe der Welt. Auch rein optisch hat es einen hohen Wiedererkennungswert. Auf dem Rumpf ist die Flora und Fauna der Meere – ein Werk des deutschen Künstlers Alex Flämig – sowie der Hashtag #SaveTheSea abgebildet. Ein sauberes Schiff Save the Sea (Rettet das Meer), das ist auch das Leitmotiv dieses Meeresgiganten. „Das Hauptziel bei der Entwicklung der MSC Euribia war es, die Effizienz zu optimieren und

die Umweltbelastung zu reduzieren. Sie ist das energiesparendste Kreuzfahrtschiff, das jemals gebaut wurde, und das zweite Schiff der Flotte von MSC Cruises (Anm. d. Red.: nach der MSC World Europa), das mit Flüssigerdgas (LNG), dem saubersten und effizientesten Treibstoff betrieben wird, der derzeit kommerziell erhältlich ist“, erklärt Frank Van den Steen, General Manager Benelux bei MSC Cruises. Die Idee dahinter: Kreuzfahrten mit Netto-Null-Emissionen. Das bedeutet, dass über den Treibstoff hinaus alles darangesetzt wird, die Umweltauswirkungen zu verringern. So verfügt die MSC Euribia über ein ultrafortschrittliches Wasseraufbereitungssystem: Das Kreuzfahrtschiff bereitet Meerwasser auf, um es trinkbar zu machen, und reinigt das Abwasser an Bord, bevor es ins Meer abgelassen wird, um lokale Ökosysteme zu schonen. Selbst der Rumpf des Schiffs ist mit einer speziellen, umweltfreundlichen Farbe beschichtet. An Bord ist alles auf Nachhaltigkeit ausgelegt: vom Mülltrennsystem in den Kabinen über die intelligenten

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E U R I B IA M S C

Klimaanlagen und Heizungen bis zur Reduzierung der Plastikabfälle und der Nutzung von LED-Systemen. Eine Promenade als leuchtendes Beispiel Das Highlight der Promenade der Euribia ist ein gigantischer LED-Himmel, der aus Millionen von LEDs besteht. „Der längste LED-Himmel auf See“, ergänzt Frank Van den Steen. Wir verweilen, um einem riesigen Wal dabei zuzusehen, wie er über unseren Köpfen vorbeizieht, oder um die Lichter dabei zu beobachten, wie sie sich bei großen Events in eine Diskothek verwandeln. Anlässlich der Taufe der Euribia an diesem Donnerstag, 8. Juni, legt DJ Bob Sinclar für die Passagiere auf. Der Innenbereich der Euribia ist ein Ort voller Leben, ein Ort der Begegnungen, 112 Meter und zwei Brücken lang, ausgestattet mit Restaurants und Boutiquen. Wer jedoch Lust auf eine ausgiebige Shoppingtour hat, muss einen Landgang abwarten: Abgesehen von Uhren und Schmuck bieten die Geschäfte an Bord nur das Nötigste an. Aktivitäten in Hülle und Fülle In Sachen Unterhaltung ist das genaue Gegenteil der Fall. Vom Kasino bis zu modern ausgestatteten Spielhallen, von der Bowlingbahn bis zum riesigen Theater, auf dessen Bühne jeden Abend Veranstaltungen stattfinden: Zeit für Langeweile bleibt hier nicht. Wer es ganz entspannt mag, ist im Spa MSC Aurea richtig, in dem ein Thermalbereich, ein Friseur- und ein Schönheitssalon und sogar ein Barbier zur Verfügung stehen ... Eine Kreuzfahrt ist immerhin die beste Gelegenheit, sich selbst etwas Gutes zu tun. Auch die fünf Hallen- und Freibäder laden zum Entspannen ein, zudem sind zahlreiche kleine Jacuzzis mit Blick aufs Meer auf den Decks des Schiffs verteilt.

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An die jüngeren Kreuzfahrtgäste wurde ebenso gedacht. Das Schiff verfügt über einen der größten und ausgefeiltesten Wasserparks auf See, zu dem sogar eine Art Kletterpark gehört. An dieser Stelle ein Hinweis an alle Eltern: Ihre Teenager werden hier die besten Ferien ihres Lebens verbringen, denn es gibt alles, was das Teenie-Herz begehrt: Spielekonsolen, riesige Bildschirme, Fernseher, 3D-Brillen, Gesellschaftsspiele, einen Fußball- und Basketballplatz, Tischfußball ... und sogar das erste Jugendzentrum der MSC Foundation, das Aktivitäten rund um das Thema Nachhaltigkeit anbietet. Für die Allerkleinsten gibt es zwei gesonderte Spielbereiche, in denen der Nachwuchs bei geschulten Betreuern in besten Händen ist. Kurz gesagt: Sie dürfen sich auf eine entspannte Reise freuen. Luxuriös reisen Last, but not least: Wenn Sie sich auf diesem gigantischen Schiff zu eingeengt fühlen, wenn seine sechs Restaurants und rund 20 Bars nicht nach Ihrem Geschmack sind, dann bleibt Ihnen immer noch der MSC Yacht Club. In diesem luxuriösen Teil des Schiffs befinden sich die besten Kabinen, ein exklusiver Mitgliederbereich, ein Restaurant und spezielle Salons, ein großes privates Schwimmbad mit Solarium und Whirlpool – und als Sahnehäubchen ein Butler-Service, der rund um die Uhr zu Diensten ist. Was will man mehr? Bis April 2024 bietet die MSC Euribia Kreuzfahrten ab Zeebrugge im Rahmen des Programms „Die Perlen des Nordens“ an. Diese Kreuzfahrten mit 7 Übernachtungen steuern die Häfen in Hamburg, Rotterdam, Le Havre an, um die Normandie zu besuchen, und Paris und Southampton, um London zu erreichen.

Die 89-jährige Schauspielerin Sofia Loren taufte die „MSC Euribia“ im Rahmen einer Zeremonie am 8. Juni 2023 in Kopenhagen. © Marie Tissier


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Die erste Kreuzfahrt? Dieses Kreuzfahrtschiff ist in jeder Hinsicht gigantisch: 19 Decks (d. h. 19 Etagen) auf 331 m Länge – das entspricht einem Spaziergang vom Großherzoglichen Palast zum Place d’Armes in Luxemburg-Stadt. Einige Tipps für das Leben an Bord: Machen Sie sich mit dem Deckplan vertraut, am besten bereits vor Ihrer Abreise. Schauen Sie, wo die Bereiche liegen, die Sie gerne schnell erreichen möchten (Selbstbedienungsrestaurant, Ihr Restaurant für das Abendessen, die Etage des Spa, der Empfang ...) und wo die Aufzüge in der Nähe Ihrer Kabine sind. Bitte beachten Sie, dass es in der Mitte des Schiffs nicht dieselbe Anzahl an Etagen gibt wie auf den Seiten. Wenn Sie zum Deck 19 hinauffahren, achten Sie darauf, dass Sie den Aufzug auf der richtigen Seite des Schiffes nehmen. Planen Sie voraus: Die Wege auf dem Schiff sind lang, daher sollten Sie für Ihre Termine einen gewissen Zeitpuffer einplanen, um auch ganz sicher pünktlich zu sein.

DJ Bob Sinclar brachte die ganze Galerie bei der Taufparty im Hafen von Kopenhagen zum Tanzen. © Anthony Devlin

An Bord werden alle Kabinenkategorien angeboten, von der Innenkabine bis zur königlichen Suite. Hier die Deluxe Balcony Aurea.

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© Ivan Sarfatti

Auf hoher See einkaufen: Möchten Sie ein Souvenir mit nach Hause nehmen? Dann warten Sie nicht bis ganz zum Schluss. Wenn das Schiff am Kai anliegt, müssen die Boutiquen an Bord geschlossen bleiben. Dies hat mit den jeweiligen lokalen Steuern zu tun. Kein Bargeld: Denken Sie daran, Ihre Zimmerkarte aufzuladen, denn Sie ist an Bord auch Ihr Zahlungsmittel! 49


J O U R N EYS E X P LO RA

Von Glasgow nach Reykjavik auf der Explora 1 Text Bibi Wintersdorf

Wenn man von einer Luxuskreuzfahrt spricht, stellen sich viele schimmernde Ozeane, sonnenverwöhnte Decks und exquisite Gourmetküche vor. Doch meine Reise an Bord der Explora 1 war ein stürmisches Abenteuer, das all diese Vorstellungen übertraf.

Explora Journeys, eine neue Luxusmarke der MSC Group, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kreuzfahrten neu zu definieren. Die Vision ist lebendig und kosmopolitisch: ein entspannter, europäischer Luxus, der auf den Meeren der Welt umgesetzt wird. An Bord der Explora 1 entdecken Reisende auf ihren Routen nicht nur die bekannten Highlights, sondern auch bezaubernde Geheimtipps. Das Schiff selbst ist das Ergebnis moderner Ingenieurskunst und stilvollen Designs. Mit einer beeindruckenden Länge von 248 Metern und einer Bruttoraumzahl von 63.900 GT bietet sie ihren Gästen eine besondere Art von Luxus. Die 461 Suiten bieten alle einen

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atemberaubenden Meerblick, von der eleganten Owner’s Residence über die opulenten Ocean Penthouses bis hin zu den geräumigen Ocean Terraces und Grand Terrace Suites. Jede Suite strahlt Eleganz aus und rückt das Meer in den Mittelpunkt – dank raumhoher Fenster und privater Sonnenterrassen. Achtzehn verschiedene Restaurants, Bars und Lounges bieten alles, von regionalen und nachhaltigen Köstlichkeiten bis hin zu kultiviertem Entertainment. Drei Außenpools und ein beeindruckender Innenpool mit Kinoleinwand laden zum Verweilen ein, während das ganzheitliche Wellness- und Fitnessangebot für Körper und Geist guttut.


J O U R N EYS E X P LO RA Explora 1 ist das erste von insgesamt 6 geplanten Schiffen der ExploraJourneys-Flotte.

OBEN

© Marco Leiter

Das Glasdach des zentralen Pools lässt sich je nach Wetterlage öffnen oder schließen.

UNTEN

© Ivan Sarfatti

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J O U R N EYS E X P LO RA

LINKS Klein aber fein: der Wellnessbereich der Explora 1, mit Sauna, Dampfbad und eigenem Warmwasserbecken.

© Ivan Sarfatti

Edles Understatement und viel Licht in den Suiten.

RECHTS

Das beeindruckende Herzstück des Schiffes: die Lobby Bar.

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J O U R N EYS E X P LO RA

Doch was die Explora 1 besonders herausragend macht, ist ihr Engagement für Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Mit innovativen Technologien wie hybridfähigen Energielösungen, Abfallentsorgung und energieeffizienten Geräten setzt das Schiff neue Standards in der Kreuzfahrtindustrie. Die Reduzierung von Unterwasserrauschen, das fortschrittliche Abwassersystem und die LED-Beleuchtung zeigen, dass Nachhaltigkeit für Explora Journeys mehr als nur ein Schlagwort ist. Zwischen Sturmwolken und kulturellen Juwelen Als ich an Bord ging und in meiner Suite eine gekühlte Flasche Champagner auf mich wartete, wusste ich, dass dies keine gewöhnliche Kreuzfahrt werden würde. Die kommenden Tage sollten jedoch nicht nur von Luxus und Entspannung geprägt sein, sondern auch von Abenteuer und Entdeckung. Leider musste Kapitän Serena Melani aufgrund stürmischen Wetters das Programm ändern und unsere geplanten Stopps in Fort William und Stornoway (Isle of Lewis) absagen und direkt Kurs auf die Orkneyinseln nehmen. Das unerwartete Umsteuern eröffnete jedoch die perfekte Gelegenheit, das umfangreiche Wellness-Angebot der Explora 1 ausgiebig zu nutzen. Auch das herausragende kulinarische Angebot sorgte für Kurzweil und Genuss (zumindest für die, die nicht unter Seekrankheit litten). Die beiden verbleibenden Landausflüge an Tagen mit weniger hohem Seegang führten zuerst nach Kirkwall (Orkneyinseln) und dann nach Tórshavn (Färöerinseln). Einen ausführlichen Artikel über die Färöerinseln finden Sie nachfolgend. Auch der Besuch von Lerwick (Shetland Islands) fiel leider dem hohen Wellengang zum Opfer.

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Die St. MagnusKathedrale in Kirkwall auf den Orkneyinseln, auch „Licht des Nordens“ genannt, ist die nördlichste Kirche Großbritanniens.

In die schottischen Orkneyinseln habe ich mich sofort verliebt und werde mit Sicherheit zurückkehren. Auch wenn wir nur knapp sechs Stunden dort verbringen durften, war die Besuchstour per Bus wunderbar organisiert und erlaubte uns, sowohl die unglaubliche 5.000 Jahre alte Siedlung Skara Brae in Stromness zu entdecken als auch den Ring of Brodgar, beides magische Orte, deren Faszination durch das raue Klima, das wilde Meer und die robuste Vegetation noch unterstrichen wird. Zum Abschluss konnten wir das Städtchen Kirkwall mit seiner imposanten Kathedrale St. Magnus aus dem 12. Jahrhundert erkunden, bevor es zurück zum gediegenen Luxus der Explora 1 ging. Nachhaltigkeit auf dem Teller Kulinarisch ließ die Reise absolut nichts zu wünschen übrig. Wir entdeckten jeden Abend ein anderes der exklusiven Restaurants, vom Anthology mit Gerichten regelmäßig wechselnder internationaler Sterneköche über das asiatisch inspirierte Sakura, den Marble & Co. Grill für Steakliebhaber, das französisch orientierte Fil Rouge bis zum

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vielfältigen Emporium Marketplace mit achtzehn Kochstationen, das rund um die Uhr für Gaumenfreuden sorgt. Ein besonderes Highlight am vorletzten Tag auf See war der gemeinsame Kochkurs, bei dem wir unter Anleitung von Chef David Baruthio lernten, vegetarische Köfte zuzubereiten. Ein toller und vor allem sehr unterhaltsamer Kurs, mit superleckerem Resultat. Das Interview mit Franck Garanger, Head of Culinary von Explora Journeys, war ebenfalls sehr aufschlussreich und unterstrich den nachhaltigen Ansatz der Flotte. Franck Garanger setzt auf den Kauf von lokal angebauten und produzierten Zutaten, wann immer das Schiff einen Hafen anläuft. Diese Praxis verringert nicht nur den KohlenstoffFußabdruck durch den Verzicht auf den Transport von Lebensmitteln über weite Strecken, sondern unterstützt auch lokale Bauern und Gemeinschaften. Erstklassige, frische, saisonale und nachhaltige Produkte, kombiniert mit der Reduzierung der Portionen und möglichst vielen „à la minute“ zubereiteten Speisen, vermindern zudem den Nahrungsmittelabfall an Bord. Besonders inter-

essant war seine spontane und sehr begeisterte positive Reaktion auf die Frage, ob er sich in naher Zukunft ein rein vegetarisches Restaurant an Bord vorstellen könnte. René Mathieu wird’s freuen! Franck Garangers Ansichten unterstrichen eine wesentliche Botschaft: Explora Journeys hat nicht nur das Ziel, ein erstklassiges Reiseerlebnis zu bieten, sondern möchte dies auf eine Art und Weise tun, die sowohl für die Passagiere als auch für die Umwelt respektvoll und verantwortungsbewusst ist. Diese Reise hat gezeigt, dass Kreuzfahrten mehr zu bieten haben als Luxus und beeindruckende Destinationen; im Vordergrund steht vielmehr das umfassende Erlebnis und unsere Verantwortung als Reisende in einem größeren globalen Zusammenhang. Die Kreuzfahrtindustrie ist im Wandel – in Richtung einer bewussteren und verantwortungsvolleren Form des Reisens. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich diese Branche in den kommenden Jahren weiterentwickelt. explorajourneys.com


RECHTS UNTEN Das AnthologyRestaurant überrascht mit feinster Sterneküche.

© Bibi Wintersdorf

© Ivan Sarfatti

J O U R N EYS

LINKS UNTEN Der Ring von Brodgar, ebenfalls auf Orkney, entstand wahrscheinlich um 2700 v. Chr.

© Eric Vitale

© Bibi Wintersdorf

RECHTS OBEN Das SakuraRestaurant serviert asiatische Spezialitäten.

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LINKS OBEN Die jungsteinzeitliche Siedlung Skara Brae auf Orkney wird auf 5.000 Jahre geschätzt.

Nach dem italienischen Sternekoch Mauro Uliassi konnte Sterneköchin Emma Bengtsson des Restaurants Aquavit in NYC als zweite Gastköchin für das Restaurant Anthology (Foto oben) an Bord der Explora 1 gewonnen werden. Sie wird den Gästen auf den Reisen der Explora 1 nach Nordamerika und in die Karibik ihre unverwechselbare Küche präsentieren.

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FÄR Ö E R

Gourmetreise in ein Märchenland Text & Fotos Philippe Bourget

Eine einzigartige Küche, die Köstlichkeiten aus dem Meer und vom Land vereint, dramatische Landschaften, eine unvergleichliche Lebensart ... Das und vieles mehr macht Ihr nächstes Reiseziel aus: die Färöer. Auf dieser Inselgruppe mitten im Atlantik ist nichts so wie anderenorts.

Wenn es ein Restaurant gibt, das Sie sich auf den Färöern auf keinen Fall entgehen lassen sollten, dann ist es Ræst in der Hauptstadt Tórshavn. Für rund 120 € stellt dieses Feinschmeckerrestaurant im rustikalen Holzhausambiente die Grundlage der lokalen Küche ins Rampenlicht: Freiluftfermentation („ræst“ auf Färöisch). Diese Trocknungstechnik für Fisch und Fleisch ist eine Tradition aus längst vergangenen Zeiten, als es nötig war, Lebensmittel für die langen Wintermonate haltbar zu machen. Skerpikjøt, luftgetrockneter Schafsschinken Die Färinger hingen – und hängen! – Fischereierzeugnisse und Schafsfleisch an Häuserfassaden oder

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in kleinen, natürlich belüfteten Holzhütten zum Trocknen auf. Nach mehreren Wochen nehmen diese Lebensmittel einen unvergleichlichen und, für manche Gaumen, überraschenden Räuchergeschmack an. Das Degustationsmenü von Ræst verbindet frische (Wal, Langustine, Seeigel und Eissturmvogel) und fermentierte Produkte, wie Skerpikjøt, einen am Knochen geschnittenen Schafsschinken. Dazu werden ebenfalls fermentierte Frucht- oder Gemüsesäfte (Karotten, Quitten ...) gereicht. Unterwegs mit dem Auto wird schnell klar, welche Grundnahrungsmittel auf den Färöern eine absolute Vorrangstellung genießen. Rund 80.000 Schafe und Lämmer streifen frei über die Berghänge des Archipels. In den Fjorden liegt


FÄR Ö E R Wildbach im Dorf Haldórsvík.

OBEN

Traditionelle Häuser im Dorf Tjørnuvík auf der Insel Streymoy.

UNTEN

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FÄR Ö E R

LINKS Verkostung von Eissturmvogelspießen, einem Seevogel, im Restaurant Ræst in Tórshavn.

Fisch und Fleisch, getrocknet und fermentiert, ein absolutes Muss der färöischen Küche. Hier im Restaurant Ræst in Tórshavn.

MITTE

Rhabarber, ein Kultprodukt des Archipels, in Tórshavn.

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Der mythische Wasserfall Múlafossur auf der Insel Vágar.

UNTEN

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FÄR Ö E R eine hochmoderne Fischereiflotte (Küstenfischereiboote und Fabrikschiffe) vor Anker, zudem sind Lachsfarmen dort angesiedelt. Ob frisch oder fermentiert: Zahlreiche Fischarten landen hier ebenso auf dem Teller wie geschmortes oder gebratenes Lamm- oder Schafsfleisch, das sich durch eine unvergleichliche Zartheit auszeichnet. Auch das Land ist den Färingern wohlgesonnen: Hervorragende Kartoffeln und Rhabarber werden hier gezogen und stehen auf der Zutatenliste vieler lokaler Gerichte. Geheime Fjorde Auch wenn die Küche der Färöer so manche Überraschung bereithält, so kommen die meisten Besucher doch hierher, um die außergewöhnlichen Landschaften zu bewundern. Hier fallen Felsen dramatisch zum Meer hin ab, kleine Bergstraßen winden sich über die Basaltreliefs und bieten eine atemberaubende Sicht auf geheime Fjorde, und winzige Dörfer klammern sich an ein von Regen und Nebel getränktes Land ... Zu den absoluten Highlights zählt der Weiler Gásadalur auf der Insel Vágar. Am Ende eines kurzen Weges, der zu hohen Klippen führt, verschlägt einem das gebotene Spektakel die Sprache. Der riesige Wasserfall Múlafossur stürzt sich von einer grünen Hochebene, auf der sich eine Handvoll Häuser aneinanderreihen, tosend in den Ozean. Das alles unter den zerfurchten Hängen einer feuchten Berglandschaft. Ein Ort von atemberaubender Schönheit. Die nördlichen Inseln sind besonders spektakulär. Von Tórshavn aus führt ein Tunnel unter dem Meer zur Insel Eysturoy. Nach

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FÄR Ö E R

Einer der beiden Helikopter von Atlantic Airways, hier beim Abflug in Tórshavn.

einer Fahrt entlang der Fjorde Skálafjørður und Funningfjørður endet die Straße im Dorf Gjógv. Dort findet man romantische Holzhäuser mit grasbewachsenen Dächern (eine lokale Isolationstechnik), die berühmten, an den Fassaden hängenden Trockenfische und diese unvergleichliche Atmosphäre, in der die vom Ozeannebel umhüllte Landschaft gerade einmal die smaragdgrüne Spitze des 601 Meter hohen Miðdagsfall preisgibt. Ein weiterer Höhepunkt erwartet Sie auf der Insel Streymoy. Die Straße entlang des Fjords Sundini führt zum größten Wasserfall der Inselgruppe, dem beeindruckenden Doppelwasserfall Fossá. Gleich dahinter befindet sich das winzige Dorf Tjørnuvík. Es liegt an einem grauen

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Strand, an dem die Färinger gerne Algen als Beilage für ihre Mahlzeiten sammeln, und ist umringt von einem spektakulären Amphitheater von mit Flüssen durchzogenen Bergen. Auf Mykines, der westlichsten der achtzehn Färöer-Inseln, bietet sich Besuchern der faszinierende Anblick von Papageientauchern, die sich dort zu Tausenden tummeln. Färöisch ist nicht Dänisch Doch wie leben die 54.000 Einwohner der Färöer eigentlich? Mitten im Nordatlantik, zwischen Schottland und Island gelegen, verfügt die Inselgruppe, die zu Dänemark gehört, über eine große Autonomie und hat sich entschlossen, nicht der EU beizutreten. Die fischreichen Färöer verteidigen mit

Vehemenz ihre Sprache – Färöisch ist nicht gleich Dänisch! – und ihre Identität: Der Wunsch nach einer tatsächlichen Unabhängigkeit wird immer wieder laut. Im Alltag haben sich die Färinger mit dem rauen Klima und ihrer Abgeschiedenheit arrangiert. Heimablídni, eine herzliche Gastfreundschaft, wird hier gut und gerne praktiziert. Unterseeische Tunnel, Fähren und Helikopter verbinden die Inseln untereinander. Einen der regelmäßigen Helikopterflüge zu einer der isoliertesten Inseln zu unternehmen, wie es beispielsweise die Einwohner von Svínoy oder Fugloy tun, ist übrigens eine perfekte Gelegenheit, in das authentische Leben der Einwohner dieses entlegenen Archipels einzutauchen.


FÄR Ö E R

Breviarium

KUNOY

VIÐOY

FUGLOY

KALSOY SVÍNOY

STREYMOY

MYKINES

BORÐOY

EYSTUROY

VÁGAR

Tórshavn KOLTUR

NÓLSOY

HESTUR

FÄRÖER INSELN

61° N 6° W

SANDOY

SKÚVOY

visitfaroeislands.com

STÓRA DÍMUN LÍTLA DÍMUN

SUÐUROY

Unbedingt Um von Insel zu Insel zu springen, ist ein Auto unerlässlich. Wanderungen sind die beste Art, um die Schönheit der Inseln zu entdecken. Jede Insel verfügt über ein eigenes Netz von Wanderwegen. Rundwege sind selten, die Rückkehr sollte daher mit dem Bus oder Taxi erfolgen. Von der Hauptstadt Tórshavn nach Kirkjubøur führt eine zweistündige Wanderung durch das Basaltgebirge, die einen herrlichen Blick auf die Inseln Hestur und Koltur bietet. In Kirkjubøur befindet sich außerdem eines der wenigen Relikte des Archipels: St. Magnus, die Ruine einer Kathedrale aus dem 14. Jahrhundert, Sitz eines ehemaligen Bischofs.

Bloß nicht Auf den Färöerinseln gibt es Traditionen, die Umweltorganisationen schockieren. Dazu gehört der Grindwalfang. Aufgrund der begrenzten Landwirtschaft mussten die Bewohner früher diese Art der Jagd betreiben, um ihren Nahrungsbedarf im Winter zu decken. Im 21. Jahrhundert ist die Lebensmittelversorgung das ganze Jahr über gesichert, aber die Tradition hält an ... Wenn eine solche Jagd stattfindet, wenn man vor Ort ist, kann man auf das blutige Spektakel verzichten.

Geheimtipp In Tórshavn kann man das Viertel Reyn mit seinen alten Holzhäusern mit bunten Türen erkunden. Halten Sie in Haldorsvik an, um die erstaunliche achteckige Kirche oder die Kirche Christianskirkjan in Klaksvík zu sehen. Sie ist die größte der Färöerinseln, hat einen bemerkenswerten Holzrahmen und ein riesiges Fresko im Chor. Ausgefallen: der Unterwasserkreisverkehr zwischen den Inseln Streymoy und Eysturoy und das „coolste Gefängnis der Welt“ auf der Insel Streymoy, mit seinem Grasdach und dem Blick auf einen Fjord ...

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I S L AN D

Der 70 m hohe Wasserfall Skógafoss in der Nähe von Skógar.

OBEN

Der Vogelfelsen von Búðir auf der Halbinsel Snæfellsnes. Eine eisige Atmosphäre.

UNTEN

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I S L AN D

Begegnung mit der großen, weißen Wüste Text & Fotos Philippe Bourget

Im Sommer ist Island ein beliebtes Reiseziel, doch auch im Winter hat es einiges zu bieten. Zwischen Schnee und Stürmen werden die Reisenden in eine geheimnisvolle, hypnotische, makellose Welt versetzt. Inmitten der eisigen Landschaften leben die friedlichen, herzlichen Isländer ihre Leidenschaft für Schönheit und Nachhaltigkeit aus.

Im Sommer kann sich Island vor Touristen kaum retten. Doch auch im Winter ist die Insel eine Reise wert. Wer Dämmerlicht, gespenstische Landschaften und das vollkommene Abschalten liebt, das die erstarrte Eis- und Schneelandschaft heraufbeschwört, für den ist der Winter die perfekte Reisezeit. In ihr Winterkleid gehüllt, erstrahlen die isländischen Landschaften in einem märchenhaften Glanz. Inmitten der unberührten Landschaften und der nahezu unwirklich erscheinenden Berge gleitet das Leben langsam dahin. Zumal die ruhigen und höflichen Einwohner einen nachhaltigen, naturnahen, entschleunigten Lebensstil pflegen. Zwischen Wasserfällen und Geysiren, Wanderungen auf Gletschern, Bädern in heißen Quellen, kulinarischen Entdeckungen

und festlichen Abenden in Reykjavík ist dieser Roadtrip ein Erlebnis der ganz besonderen Art. Der Winter in Island ist gleichbedeutend mit langen Monaten langer Nächte. Die Sonne zeigt sich gegen 11 Uhr – und auch nur dann, wenn sich die Wolkendecke öffnet – und verabschiedet sich bereits 3 bis 4 Stunden später wieder. Wenn es das Wetter zulässt, tauchen abends Polarlichter den Himmel in ein geheimnisvolles Grün. Auf der Insel, wo das Wort Stress keine Bedeutung zu haben scheint – die wenigen international tätigen Topmanager in Reykjavík ausgenommen –, ist der Winter ein wirksames Gegenmittel gegen Müdigkeit, eine Wohltat für den Biorhythmus. Island ist anders, mysteriös, verdichtet durch Stille und Kälte.

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I S L AN D

Berge ohne Bäume Doch was gibt es hier im Winter eigentlich zu tun? Wenn Sie mit einem Mietwagen mit Winterreifen unterwegs sind, dürfte sich Ihre Erkundungstour auf den Süden und den Westen der Insel konzentrieren. Der Zugang zum Zentrum von Island ist unmöglich: Schnee blockiert die Wege, die im Sommer mit Geländewagen befahren werden können. Den Norden und Osten über die Ringstraße 1 zu erreichen, die am Vatnajökull-Gletscher vorbeiführt, ist indes gefährlich. Unter dem rußfarbenen Himmel, durch den sich die Sonnenstrahlen gerade so einen Weg bahnen können, gehen elfenbeinfarbene, baumlose Berge in schneebedeckte Lavafelder über. Wo sind die Straßen, wo die Menschen, wenn der Südoststurm weht? In der Ferne hebt sich eine Kirche ab, ein Bauernhof gibt inmitten des Weiß den Blick auf sein Festzelt frei, glitzernde Lichter kündigen ein Dorf, ein Gewächshaus oder ein Erdwärmekraftwerk an ... Fisch: gegrillt, geräuchert, mariniert Die Reise durch das Land, das zahlreiche Fantasy-Sagas inspiriert hat, ist ein wahres Abenteuer, vor allem die Umrundung der Halbinsel Snæfellsnes im Westen. Die Fahrt führt über vereiste Straßen, unweit des grauen, ungastlichen Meers, vorbei an den bei -6 °C erstarrten Fischereihäfen Búðir und Ólafsvík. Fahrzeuge sind hier nur vereinzelt unterwegs ... Zeit, sich eine Unterkunft zu suchen! Falsch machen kann man bei der Auswahl nichts: Die isländischen Unterkünfte bieten alle einen urgemütlichen Komfort, ein schlichtes Design und einen freundlichen Empfang durch die Gastgeber. Was das Essen betrifft, so kommt jeder auf seine Kosten – sofern er die Kosten nicht scheut (mindestens 40 bis 50 € für ein Abendessen). Gegrillter, geräucherter,

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I S L AN D Wanderung auf dem Gletscher Sólheimajökull, ein authentisches Outdoor-Erlebnis im isländischen Winter.

OBEN

LINKS Erstarrtes, winterliches Ambiente rund um den Gullfoss-Wasserfall, der zu den größten Islands zählt.

Blue Lagoon, Islands bekanntestes Thermalfreibad. Ein unvergessliches Erlebnis mitten im Winter.

RECHTS

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I S L AN D

Wenn Sie sich für ein gehobenes Restaurant entscheiden, ist die isländische Küche ein köstliches Erlebnis.

RECHTS

LINKS Das Restaurant des Bauernhofs Friðheimar, das in einem Tomaten-Gewächshaus eingerichtet wurde. Ein originelles Tourismuskonzept im Süden Islands.

marinierter, gekochter Fisch, frisches Gemüse (der Erdwärme sei Dank!), Frischkäse, Bier und Hochprozentiges machen die Wetterexzesse schnell vergessen. Nach einer wohlverdienten Verschnaufpause könnte man sich sogar den Luxus gönnen, von Grundarfjörður aus einen Ausflug aufs Meer zu machen, um Delfine und Schwertwale zu sehen. Thingvellir, ein Riss in der Landschaft Auch rund um Reykjavík gibt es viele spektakuläre Orte zu bestaunen. Weniger als 140 km von der Hauptstadt entfernt, in einem großen, mit zahlreichen Gipfeln gespickten Talkessel, erwartet die überraschten Reisenden Thingvellir: ein tektonischer Graben zwischen Europa und Amerika. Auch die Wasserfälle von Hraunfossar bieten einen imposanten Anblick, und der berühm-

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te Wasserfall Gullfoss sowie der Große Geysir sind ebenfalls einen Schnappschuss wert. Ein Highlight für viele Touristen sind die angenehmen heißen Bäder in natürlichen geothermischen Lagunen. Die berühmteste ist die Blue Lagoon. Kaum hat man den Flughafen Keflavík verlassen, kann man es sich dort mit einem Bier in der Hand gut gehen lassen. Für ein ganz und gar authentisches Erlebnis sollten Sie sich jedoch zu heimeligeren Quellen aufmachen. Hierfür bietet sich ein Besuch der Gamla Laugin in Flúðir, im Süden der Insel, an. Diese „Quelle auf dem Bauernhof“, die passenderweise den Namen Secret Lagoon trägt, verfügt über einen natürlichen Geysir. Feststimmung in Reykjavík In Island klingen die Tage häufig in der Wärme eines Cafés oder Restaurants aus. In dieser Kategorie

kann Reykjavík glänzen. Dass es sich hier um eine Landeshauptstadt handelt, mag man fast nicht glauben. Ministerien und andere offizielle Gebäude sind zur Straße hin geöffnet – ohne Schutzpersonal, das in unseren Breitengraden an solchen Orten gerne seine Aufwartung macht. Die Winteratmosphäre verleiht der Stadt eine gewisse Festlichkeit, die durch die allsamstägliche Ausgelassenheit noch unterstrichen wird. In den Straßen Laugavegur, Austurstræti und Aðalstræti sowie in ehemaligen, sanierten Hafenlagern reihen sich Lounge-Bars und Brasserien aneinander und machen bis zum frühen Morgen die Nacht zum Tag. Island ist teuer, das stimmt: Die Isländische Krone ist stark und der Lebensstandard einer der höchsten Europas. Doch das Land im Winter zu erleben, so viel steht fest, ist es das allemal wert.


I S L AN D

Breviarium

ISLAND

Ólafsvík Snæfellsnes

Grundarfjörður Búðir

Thingvellir

Hraunfossar Geysir

Reykjavík

Gullfoss

Vatnajökull

Flúðir

Keflavík

64° N 19° W visiticeland.com

Unbedingt Eine beliebte Winteraktivität ist das Gletscherwandern auf dem Solheimajokull-Gletscher, etwa zwei Stunden südöstlich von Reykjavik. Mit Steigeisen, einem Gurt und einem Pickel ausgerüstet, kann man hier eine 2,5-stündige Wanderung in einer faszinierenden Umgebung genießen. Das Eis mischt sich mit schwarzer Lavaschicht, die Kälte steigt aus dem Boden empor, und kleine Spalten können überwunden werden. Obwohl der Gletscher wie viele andere Opfer des Klimawandels schrumpft, bleibt diese Exkursion ein besonderes Erlebnis.

Bloß nicht Obwohl der Alkoholkonsum bei Jugendlichen in den letzten zwanzig Jahren aufgrund öffentlicher Maßnahmen erheblich zurückgegangen ist, sind die „Saturday Nights“ in Reykjavik gelegentlich noch von Exzessen geprägt. Entlang der Laugavegur-Straße erhöhen die Reihen von Bars die Versuchungen, und man begegnet immer noch betrunkenen Feiernden. Hat man selber dem Alkoholgenuss etwas zu sehr gefrönt, sollte man auf keinen Fall Auto fahren, denn in Island gilt null Toleranz für Alkohol am Steuer!

Geheimtipps Island im Winter verspricht unvergessliche Überraschungen. Auf der Halbinsel Snaefellsnes kann man beispielsweise in warmen und wasserdichten Anzügen an Bord gehen, um das Spektakel der Orcas bei der Jagd nach Heringen zu beobachten. Ein weiteres Highlight ist der Besuch einer Islandpferdezucht. Auf der Friðheimar Farm in Reykholt kann man eine Vorführung des Pferdedressursports erleben und die berühmte fünfte Gangart des lokalen Pferdes, den Tölt, entdecken.

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ADV E RTO R IAL

Abenteuer & Luxus Offroader-Erlebnis: Unterwegs im Defender mit Bartel Van Riet Der Luxus von heute misst sich nicht mehr in Karat oder Preisen. Er lässt sich erleben, fühlen, schmecken. Er ist ein Roadtrip auf unwegsamem Gelände, eine Sternschnuppe am nächtlichen Firmament, ein Zwei-Sterne-Dinner in trauter Zweisamkeit inmitten der Natur. Das ist es, was Land Rover in seinem neuen Erlebnis verspricht: eine Reise an Bord eines Defender mit integriertem, ultramodernem Zelt. Ein Abenteuer à la Bartel Wir haben den berühmten belgischen Outdoor-Profi Bartel Van Riet auf einem solchen zweitägigen Kurztrip begleitet und dabei das geschäftige Brüssel gegen den ländlichen Charme der Somme-Bucht eingetauscht. Mit dem Defender 110 in „Tasman Blue“ über das Gelände des Domaine du Marquenterre zu fahren, ist ein Genuss: Jede Düne, jede Kurve zeigt die Küste aus einem neuen Blickwinkel. An diesem Abend kehrt Bartel in La Grenouillère ein, einem Restaurant, das ebenso wie der Defender perfekt Tradition und Moderne vereint. Nach einem exquisiten Abendessen verbringt er die Nacht nur wenige Meter entfernt ... im Autohome-Dachzelt des Defender. Eine neue Definition von Luxus Einen adrenalingeladenen Offroader-Ausflug mit der Eleganz eines Gourmet-Dinners zu vereinen, ist für Bartel der Inbegriff von Luxus. Hoch oben, im innigen Kontakt mit

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der Natur zu schlafen und doch jedweden modernen Komfort, wie LED-Leuchten und eine bequeme Matratze, zu genießen – das ist das Markenzeichen von Defender. „Ein authentischer Luxus. Man kann vollkommen abschalten“, erklärt Bartel und spielt darauf an, dass es im gesamten Naturschutzgebiet keinen Handyempfang gibt. Das Sahnehäubchen dieses Kurztrips. Ein Abenteuer ganz nach Ihrem Geschmack Bartels Abenteuer ist nur ein Bruchteil dessen, was die Land Rover Experience Defender-Besitzern bieten kann. Mit dem Defender als treuem Begleiter kann jeder seine eigene Definition von Luxus kreieren: eine maßgeschneiderte Reise, einen Solotrip, einen Ausflug mit Freunden oder der Familie. Und für alle, die an ihrer Fahrtechnik feilen möchten, sind darüber hinaus entsprechende Kurse im Angebot. Ein wichtiger Hinweis Auch wenn das Domaine de Marquenterre unvergleichliche Panoramen und Erlebnisse für Defender-Besitzer bietet – Campen ist dort verboten. So kann dieser Ort geschützt und für kommende Generationen erhalten werden. Ob Sie Abenteurer im Herzen sind oder sich einfach eine luxuriöse Auszeit gönnen möchten: Ein Ausflug mit dem Defender – mit oder ohne Autohome-Zelt – ist ein Erlebnis, das seinesgleichen sucht. Die Welt ist groß und der Defender ist Ihr idealer Reisebegleiter.


ADV E RTO R IAL Eine lange Tradition Seit er aus der Taufe gehoben wurde, ist der Defender mehr als ein Auto. Er ist eine Ikone. Als Symbol für Abenteuer trotzt er jedwedem Gelände und hat sich als beste Wahl für die größten Entdecker bewährt. Seine Strapazierfähigkeit wird durch modernste Technologie unterstützt und positioniert ihn als ultimatives Fahrzeug für alle rastlosen Reisenden. Der Defender steht für Freiheit, Abenteuer und als Plug-in-Hybrid nun auch für Nachhaltigkeit. Jedes Modell ist das Ergebnis von 75 Jahren Expertise, die zukunftsorientiert aus der langjährigen Tradition von Land Rover schöpft. Komfort trifft Abenteuer Land Rover Experience bietet Ihnen ein Rundum-Erlebnis: eine Reise ins Unbekannte und den unvergleichlichen Defender-Komfort. Selbst an den entlegensten Orten bietet Ihnen seine luxuriöse Innenausstattung absolute Seelenruhe. Sind Sie bereit, dieses Erlebnis zu wagen? Dann tauchen Sie ein in eine Welt des Abenteuers und des Luxus, wie nur der Defender sie Ihnen bieten kann.

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AR M E N I E N

Die Ursprünge des AchtalaKlosters im äußersten Norden Armeniens reichen bis ins 10. Jahrhundert zurück.

OBEN

Garik Papoyan ist Kunstschmied in siebter Generation. Das alte Schwarzweißfoto an der Mauer zeigt ihn mit seinem Vater und Großvater.

UNTEN

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AR M E N I E N

Armenien: Gastfreundschaft ohne Ende Text & Fotos Laurent Nilles

Nicht alle Engel haben Flügel. Manchmal haben sie stattdessen einen Bierbauch, tragen Sechstagebart und fahren eine dreißig Jahre alte Mercedes E-Klasse mit 500.000 Kilometern auf dem Buckel. Mein Retter in der Not, der mich von der georgisch-armenischen Grenze in die nächste Stadt mitnimmt, ist so einer.

Nachdem ich meinen georgischen Fahrer wegen dessen Ausweisproblemen am Grenzübergang habe zurücklassen müssen, dann fast eine Stunde lang versucht habe, eine alternative Transportmöglichkeit zu finden, fällt mir ein Stein vom Herzen, als Samvel mir einen Platz auf der Rückbank seines Wagens anbietet. Es ist der vielversprechende Beginn einer einwöchigen Reise. Meine ersten Eindrücke sammele ich in Gyumri, einem beschaulichen Städtchen, wo alte sowjetische Ladas durch die von

dunklen Tuffsteinfassaden gesäumten Alleen tuckern, junge Armenier bei der Bäckerei Punchik-Monik für einen mit Schokolade gefüllten Donut Schlange stehen und in den Hinterhöfen Kunsthandwerker ihrem Beruf nachgehen. So auch Garik Papoyan, ein Schmied in siebter Generation, der gerade die Brüstung der nach dem Erdbeben von 1988 wiederaufgebauten Kathedrale fertiggestellt hat, oder Vahan Jamakochyan, der sich auf die Herstellung von Muschurbas, Bechern, die beim Trinken einzigartig gluckern, spezialisiert hat.

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AR M E N I E N

Christliches Kulturerbe Spuren ihres Talents haben ebenfalls die Steinmetze hinterlassen, deren Arbeiten seit Jahrhunderten die Mauern der zahlreichen armenischen Kirchen und Klöster zieren. Ob die Kathedrale Etschmiadsin oder die Klöster Tatew und Norawank, die christlichen Bauten sind allesamt sehenswert. Östlich der Hauptstadt Eriwan befindet sich das wohl prachtvollste Beispiel. Eindrucksvoll in den Felsen gehauen und detailreich geschmückt, sind die dunklen Kapellen des Klosters Geghard aus dem 12. Jahrhundert nicht zu Unrecht UNESCO-Weltkulturerbe. Hier befinden sich auch zahlreiche antike Chatschkaren, armenische Kreuzsteine. Die präzise gearbeiteten Monolithen sind Geschenke an das Kloster und manche erinnern an wichtige Ereignisse der armenischen Geschichte. Heute führen Handwerker wie Bogdan Hovhannisyan die jahrtausendealte Tradition fort. Er schaffe durchschnittlich drei Stelen pro Jahr, erzählt er, während er der Bestellung eines Geschäftsmanns, der einen traditionellen Chatschkar für seine letzte Ruhestätte in Auftrag gegeben hat, den letzten Schliff gibt. Tatsächlich finden die Monolithen auch als Grabsteine Verwendung – mehr als neunhundert davon ragen allein auf dem mittelalterlichen Friedhof von Noratus am Sewansee in den Himmel. Umstrittenes Gebiet Eine lokale Legende besagt, dass im 14. Jahrhundert beim Einmarsch der Streitkräfte des muslimischen Heerführers Tamerlan die armenischen Verteidiger sich hier versammelten und Helme über die Grabsteine stülpten, um ihre Armee mächtiger erscheinen zu lassen. Dank dieser List hätten die Eroberer sich zurückgezogen und

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AR M E N I E N LINKS Bogdan Hovhannisyan fertigt die Chatschkaren, die typisch armenischen Kreuzsteine, in detailverliebter Handarbeit.

Die in den Felsen gehauenen dunklen Kapellen des Klosters Geghard gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe.

RECHTS

Der atmosphärische mittelalterliche Friedhof von Noratus wird noch heute für Bestattungen benutzt.

Das Kloster Tatew liegt besonders reizvoll auf einer kleinen Anhöhe in den Sangesur-Bergen im Süden des Landes. Die Klosteranlage kann man seit 2010 mit der längsten Seilbahn der Welt erreichen.

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AR M E N I E N


Auf den Märkten werden armenische Spezialitäten feilgeboten, darunter auch zahlreiche Käsesorten.

RECHTS

Lavash, das typisch armenische Fladenbrot, wird in besonderen Steinöfen gebacken.

UNTEN

AR M E N I E N

LINKS Der heilige Berg Ararat, Nationalsymbol der Armenier, liegt auf türkischem Staatsgebiet. Vom Kloster Khor Virap ist die Aussicht auf den schlafenden Vulkan dennoch am besten.

eine blutige Schlacht konnte vermieden werden. Dennoch gerät das kleine Land spätestens seit dem 16ten Jahrhundert zum Spielball der regionalen Großmächte. Perser, Ottomanen und Russen wechseln sich als Besatzer ab. Seit 1991 ist das Land wieder unabhängig, doch Teile des Grenzverlaufs sind noch immer umstritten. Viele der einstig armenischen Gebiete und Bauten liegen nun auf dem Territorium der Türkei und Aserbaidschans. Besonders der Konflikt um Bergkarabach, einem mehrheitlich von Armeniern bewohntem Gebiet innerhalb der Grenzen Aserbaidschans, eskaliert regelmäßig und fordert auch immer wieder Menschenleben. Kurz nach meinem Besuch startete die aserbaidschanische Armee eine kurze Militäroperation in der Region, in deren Folge die international nicht anerkannte Republik Artsach sich gezwungenermaßen auflöste und zehntausende Einwohner nach Armenien flüchten mussten. Auf den Friedhöfen wehen armenische Flaggen über den Gräbern der gefallenen Soldaten im Wind und erinnern daran, dass dauerhafter Frieden auch im 21. Jahrhundert noch keine Selbstverständlichkeit ist. Großzügige Gastgeber Schade, denn mir begegnen die Armenier als joviale Lebemenschen, deren Gastfreundschaft ihresgleichen sucht. Nachdem ich den Sonnenaufgang am wunderschön vor dem heiligen Berg Ararat gelegenen Kloster Khor Virap fotografiert habe, lädt mich Manvel, der gerade eintrifft, um seinen Stand mit armenischen Spezialitäten am Straßenrand aufzubauen, nicht nur zu einem heißen Kaffee ein, sondern besteht auch darauf, mir einen Teller mit frischen Erdbeeren,

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AR M E N I E N

Der größte jesidische Tempel der Welt wurde 2019 in dem kleinen Dorf Aknalitsch eingeweiht.

Trockenfrüchten, Wurst und Käse zuzubereiten, alles zusammen mit einem Glas des lokalen Weißweins (wohlgemerkt um 7:30 Uhr morgens). Er lehnt jegliche Bezahlung ab und gibt mir sogar Geschenke für unterwegs mit. Einmal ist keinmal, doch ähnliche Erfahrungen mache ich immer wieder. Wo auch immer ich hinkomme, finde ich einen reich gedeckten Tisch mit schmackhaftem Käse, Lavash, dem typischen Brot, frischen Salaten, Dolma, den gefüllten Weinblättern, selbstgemachtem Wein, armenischem Cognac und vielen anderen Köstlichkeiten. Als ich eine jesidische Familie besuche, werden mir bis spät in die Nacht ununterbrochen Speisen und Getränke serviert,

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erst lange nach Mitternacht erlaubt man mir, mich zu verabschieden. Seit der Flucht ihrer Vorfahren vor den osmanischen Schergen im Ersten Weltkrieg sind die rund 40.000 armenischen Jesiden die wichtigste Minderheit des Landes. Heute beherbergt das Dorf Aknalitsch sogar den größten, 2019 eingeweihten, jesidischen Tempel der Welt. Die Jesiden bräuchten eigentlich keinen Tempel, um ihre Religion auszuüben, erklärt mir Otar, der Vater der Familie. Da ihre nomadischen Vorfahren immer unterwegs waren, verwahren stattdessen einige angesehene Familien eine über Generationen weitergegebene heilige Reliquie, die zu besonderen Anlässen hervorgeholt wird. Er erweist mir eine große Ehre und

zeigt mir das verehrte Objekt: eine antike Metallschale mit arabischer Inschrift. Leider weiß die Familie nicht, was die Zeichen bedeuten oder wie die Reliquie in ihren Besitz gelangt ist. Die traditionell lebenden Jesiden lernen weder lesen noch schreiben – ihre Religion beruht allein auf mündlicher Überlieferung. In etwa so groß wie Belgien ist Armenien leicht zu bereisen. In nur einer Woche kann man tausendjährige Architektur, beeindruckende Gebirgslandschaften und vielfältiges Handwerk erleben. Die jährliche Diät verschiebt man allerdings besser auf die Zeit nach der Reise, zu verlockend sind die armenischen Köstlichkeiten, zu stark verwurzelt die Tradition der Gastfreundschaft.


AR M E N I E N

Breviarium

GEORGIEN

Gyumri

ARMENIEN

Artsvakar Aknalitsch

ASERBAIDSCHAN

Eriwan

Ararat

40° N 45° W

TURKEI

armeniatravel.am ASERBAIDSCHAN

IRAN

Unbedingt Die Armenier sind stolz auf ihren Wein und das zu Recht. Unbedingt sollte man während der Reise verschiedene Weine aus den lokalen Traubensorten und auch unterschiedlicher Kellereien probieren, um die besten Tropfen ausfindig zu machen. Besonders gut geschmeckt hat es mir in der familiengeführten Old Bridge Winery. oldbridgewinery.com

Bloß nicht Auch wenn der Großteil des Landes vollkommen friedlich und sicher zu bereisen ist, bleibt die außenpolitische Situation angespannt. An der Grenze zu Aserbaidschan kommt es immer wieder zu Schusswechseln. Tausende Familien haben in den Kriegen 1992 und 2020 Angehörige verloren. Erst im September 2023 flüchteten zehntausende Menschen aus Bergkarabach, einem mehrheitlich von Armeniern bewohntem Gebiet innerhalb der Grenzen Aserbaidschans, nachdem die aserbaidschanischen Streitkräfte das Gebiet unter ihre Kontrolle brachten. Ein heikles Gesprächsthema also, dem man sich als Gast nur mit sehr viel Fingerspitzengefühl nähern sollte.

Geheimtipp In Artsvakar unweit des Sewansees stellt die Familie Mikayelyan in Handarbeit einen einzigartigen Käse her. Besonders beliebt ist der in alten Weinfässern gelagerte tiefrote Käse, doch mich hat vor allem der CognacKäse vom Hocker gehauen. Während mehreren Monaten wird hier Tag für Tag bester armenischer Cognac per Hand in den Laib massiert. Unbedingt ein wenig Zeit für das fantastische Tasting einplanen. facebook.com/MikayelyanFF

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ÄGYPT E N

Der ewige Nil Text Martine Carret

Fotos Alice Boursini

Ausflüge zu pharaonischen Bauwerken und Begegnungen mit Einheimischen: Die Luxuskreuzfahrt von Lazuli Nile bietet ein Rundumerlebnis der Extraklasse. Auf dieser außergewöhnlichen Reise geht es über den Nil, vorbei an 4.000 Jahren Geschichte, von Luxor bis Assuan.

Ein gespenstischer Morgennebel liegt über dem Nil, diesem mystischen Fluss, der Ägypten in den unendlichen Weiten der Wüste das Leben schenkt. Ohne ihn würden hier weder Plantagen noch Häuser existieren. Kein Mensch könnte hier überleben. Die Worte des Geschichtsschreibers Herodot aus dem Jahr 450 v. Chr. treffen auch heute noch zu: Ägypten ist wahrhaftig ein „Geschenk des Nils“. Die Sonne, der altägyptische Gott Re, lässt nicht lange auf sich warten. Auf ihren kleinen Booten beginnen die Fischer, ihre Netze auszuwerfen, um Tilapia, Barsche oder andere für den Verzehr geeignete Fische zu fangen.

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An Bord unserer Dahabije, die noch am Ufer liegt, herrscht vollkommene Stille. Es ist noch sehr früh, erst 05:30 Uhr, aber diese Morgenröte ist ein Erlebnis für sich. Barfuß wandere ich an der Reling entlang und bewundere die Landschaft, die sich plötzlich abzuzeichnen beginnt. Ob ich mich wohl in die Sofakissen kuscheln, es mir auf einer Chaiselongue bequem machen oder mich doch lieber unter den Baldachin legen sollte? Während sich die Hitze langsam bemerkbar macht, verschwindet der graue Dunst und die Ufer des Flusses treten deutlicher in Erscheinung. Die Landschaft ist in warme Goldtöne getaucht. In einer


ÄGYPT E N Im Gegensatz zu den großen klassischen Booten, die mit TGV-Geschwindigkeit auf dem Nil vorbeiziehen, kann die wendigere Dahabije überall anlegen.

OBEN

Die Lazuli-Nile-Crew sorgt für eine angenehme Reise.

UNTEN

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ÄGYPT E N

LINKS Raffinierte Dekoration in jeder Kabine, jedem Bad und jedem Schlafzimmer.

Die Bettwäsche ist komfortabel. Im Sommer ist die Klimaanlage unverzichtbar.

RECHTS

Der große Salon auf dem Hauptdeck ist der gemeinsame Lebensraum. Sessel, Sitzsäcke, Kissen ... Man legt sich hin oder setzt sich, um die Landschaft gelassen zu genießen.

UNTEN

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ÄGYPT E N Stunde werden Mannschaft und Passagiere wach sein. Eine Bootstour auf dem Nil ist wie eine Reise in die Vergangenheit, eine Begegnung mit der Geschichte der Pharaonen, während drumherum das Leben des 21. Jahrhunderts tobt. Tag und Nacht geben den Rhythmus vor – Uhren haben hier keine Bedeutung mehr. Was zählt, sind die Bewegung der Sonnenstrahlen und der glänzende Mondschein, der uns in einen entspannenden Schlaf gleiten lässt. Die Dahabije: ein altehrwürdiges Boot Im Gegensatz zu den Kreuzfahrtschiffen, die mit 200 bis 300 Passagieren an Bord die Verbindung zwischen Luxor und Assuan sicherstellen, bietet die Dahabije nur für rund zwölf Reisende Platz. Ein purer Luxus. Dahabijen sind Boote mit flachem Boden und geringem Tiefgang (60 cm), die von einem Schlepper gezogen über das Wasser gleiten. Sobald der Wind weht, kann die Dahabije ihre schönen weißen Segel setzen. Größtenteils jedoch wird die Reise mithilfe des kleinen Schleppers absolviert. Der frankophile ägyptische Unternehmer Wally Aziz hat die Fahrten auf diesem traditionellen Boot der heutigen Zeit angepasst. Als Leiter der Gruppe Lazuli Nile Cruises besitzt er mittlerweile acht solcher Boote, darunter die Luxor, auf der wir uns befinden. Die Ausstattung des Oberdecks ist gepflegt, ebenso wie der Empfang durch die Besatzung. Jedes Crewmitglied hat seinen ganz eigenen Aufgabenbereich. Da gibt es den Kabinenchef, den Küchenchef, den Kapitän des Schleppers und den der Dahabije, den auf antike Geschichte spezialisierten Reiseleiter, den Leiter des Oberdecks, auf dem Tee, Kaffee und

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ÄGYPT E N

Karkadeh (ein lokales Getränk aus Hibiskusblüten) serviert werden und wo sich der Wasserspender befindet ... Sie alle wachen mit besonderer Sorgfalt über das Wohlergehen der Passagiere und sorgen für ein erlesenes Erlebnis. Klassisches Besichtigungsprogramm Der Besuch der Sehenswürdigkeiten in Luxor verläuft klassisch. Wir besichtigen den Karnak-Tempel, dessen Eingang durch einen markanten Obelisken geschmückt wird. Sein Zwilling thront seit 1836 auf dem Place de la Concorde in Paris. Die ägyptischen Behörden sind dabei, die Farbe der Säulen des imposanten Hypostyls auf natürliche Weise zu restaurieren. Die Arbeiter legen minutiös jeden Farbton frei. Auf einer Fläche von 100 Hektar verzaubert die dem Gott AmunRe gewidmete Tempelanlage von Karnak ihre Besucher mit Schönheit, Maßlosigkeit, 24 Meter hohen Säulen, einem heiligen See und Konstruktionen, die 2.000 Jahre lang die königlichen Dynastien haben kommen und gehen sehen. Am Westufer des Nils zeichnet sich das berühmte Tal der Könige mit seinen in den Bergen verborgenen Grabstätten ab. Wir besuchen drei von ihnen. Sie sind sehr gut erhalten und vor allem sehr farbenprächtig. Dem Flusslauf folgend Mit der Dahabije ist es möglich, an weniger bekannten archäologischen Sehenswürdigkeiten anzuhalten, wie dem Speos (Felsentempel) des Generals Haremhab, dem Sandstein-Steinbruch Dschabal as-Silsila oder den Felsengräbern von el-Kab. Unsere Reise hält auch Überraschungen bereit, wie den Besuch des Dorfes Basaw, in dem die

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ÄGYPT E N Die Besichtigungen sind immer atemberaubend. Die Größe und Schönheit der Denkmäler machen die Besucher fassungslos.

OBEN

LINKS Hut und Sonnencreme sind keine Accessoires, sondern ein Muss.

Ägyptische Reiseführer teilen gerne ihr Wissen über das Kulturerbe.

RECHTS

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Neben den acht Dahabijen, die friedlich auf dem Nil schippern, bietet Lazuli Nile nun auch eine Fahrt auf dem Nassersee zu den Tempeln von Ramses II. in Abu Simbel an.

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ÄGYPT E N Frauen Brot in einem traditionellen Ofen zubereiten und wir die Männer zum Fischen begleiten. In der Stadt Daraw spazieren wir durch Straßen, in denen sich unter freiem Himmel Teppich- und Altmetallhändler neben Metzger reihen. Hier, abseits der Touristenströme, lernen wir das authentische Ägypten kennen mit seinen farbenfrohen, lärmenden und geschäftigen Straßen, mit seinen Rikschas, die hupen, um Fußgänger oder Esel zum Weitergehen anzutreiben. Unsere Woche verläuft ganz entspannt zwischen Grillabenden, Musik am Flussufer, Baden im Nil, Ausflügen zu Plantagen und den Tempeln von Edfu (dem Falkengott gewidmet) und Kom Ombo (dem Krokodilgott gewidmet). In Assuan besichtigen wir den Isis-Tempel auf der Insel Philae, bevor diese außergewöhnliche Reise zu Ende geht. Eine Reise, die den Wunsch geweckt hat, eines Tages an diesen magischen Fluss zurückzukehren.

Gut zu wissen 8 Dahabijen Kreuzfahrten ganzjährig, 6 Tage/5 Nächte. lazulinil.com

Unser Tipp Verbringen Sie Zeit in Kairo und Luxor, bevor Sie an Bord der Dahabije gehen. Ab Assuan fahren Sie an den Ufern des Nassersees entlang und besuchen die Tempel von Ramses II. in Abu Simbel. Buchen Sie keinen Tagesausflug, sondern verbringen Sie eine Nacht vor Ort.

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RAJAST HAN

1899 vom Maharadscha von Jodhpur in Auftrag gegeben ist der Kenotaph Jaswant Thada komplett aus weißem Marmor gefertigt. Im Hintergrund verschwindet das mächtige, über der Stadt wachende Fort schon in der Dunkelheit.

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Die Havelis wurden im 19. und 20. Jahrhundert von zu Wohlstand gekommenen Händlern erbaut.

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RAJAST HAN

Im Land der Rajputs und Rabaris Text & Fotos Laurent Nilles

Rajasthan – ein Name wie ein Versprechen! Die Bezeichnung des indischen Wüstenstaats bedeutet nichts weniger als „Land der Könige“ und beschwört Bilder längst vergangener Zeiten herauf, als allmächtige Rajas und Fürsten in prachtvoll dekorierten Palästen und Forts Hof hielten.

Verloren die adligen Herrscher nach der Unabhängigkeit des Landes in den 40er- und 50erJahren des 20. Jahrhunderts beinahe alle ihre Privilegien, so zeugen die mächtigen Prunkbauten ihrer ehemaligen Residenzen noch immer von dem Reichtum und der glorreichen Vergangenheit ihrer Königreiche. Die imposanten Wehrforts der Städte wie zum Beispiel in Jaipur, Jaisalmer oder Jodhpur finden sich längst auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO, doch es sind vor allem die ländlichen Gegenden, in denen die Traditionen noch lebendig, die Vergangenheit noch greifbar ist. In Mahansar, einem Dorf im scheinbaren Nirgendwo zwischen Neu-Delhi und Bikaner, nächtige

ich als Gast von Maheshwar Singh, dem Enkel des letzten Rajas, in dessen 1768 erbauter Residenz. Heute von der Welt vergessen, war die Region im 19. Jahrhundert Wohnsitz zahlreicher wohlhabender Händler, deren Havelis, mit farbenfrohen Fresken dekorierte Wohnhäuser, die Straßen säumten. Wie die meisten dieser langsam verfallenden, doch nach wie vor bewohnten Gebäude, hat auch Herr Singhs Palast seine besten Jahre lange hinter sich, doch genau diese Authentizität, gepaart mit aufrichtiger Gastfreundschaft, macht den Charme der Region aus. Der Stolz auf das eigene kulturelle Erbe ist besonders bei den Rajputs, der Kriegerkaste, aus denen auch die früheren Herrscher

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RAJAST HAN

hervorgegangen sind, unübersehbar. Als ich bei einer Familie zum Chai, dem beliebten indischen Gewürztee, eingeladen bin, zeigt man mir als Beweis ihrer edlen Abstammung ein altes Tulwar-Schwert. Seit Generationen im Familienbesitz sei das Erbstück noch immer so scharf wie am ersten Tag, sagt der Großvater Dhan Singh mit unverhohlenem Stolz und besteht sogar darauf, sich mit dem Relikt ablichten zu lassen. Vererbte Lebensweisen Wie in früheren Zeiten verdienen andere Kasten auch heute noch ihren Lebensunterhalt: Die Kumhars sind Töpfer, die unter anderem Diyas, kleine Ölleuchten, und Bhars, traditionelle Becher, für die Chai-Verkäufer fertigen. Der Beruf wird von Generation zu Generation weitervererbt, genau wie bei den Kalbelias, die als Gaukler und Schlangenbeschwörer bekannt sind. Sindhi Nath, ein Angehöriger dieser Zunft, begegne ich auf dem alljährlichen Kamelmarkt in Pushkar, wo er mit seiner Kobra mehr schlecht als recht ein paar Rupien zu verdienen versucht. Wegen eines Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche war bis zum letzten Moment unsicher, ob die Veranstaltung stattfinden würde, und so sind viele Besucher gar nicht erst angereist. Nach zweijähriger Zwangspause wegen Corona ein erneut harter Schlag, nicht nur für den Fakir mit seinem Reptil, sondern auch für die Kamelzüchter, die vom Handel mit den Tieren abhängig sind.

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RAJAST HAN Der Schlangenbeschwörer ist auf die Großzügigkeit seines Publikums angewiesen. Reich wird man mit der Tätigkeit nicht.

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LINKS Aus der Kriegerkaste der Rajputs sind die früheren Herrscher der Region hervorgegangen.

Die Töpfer aus der Kaste der Kumhars stellen nicht nur Ölleuchten, sondern auch Wasserbehälter und Kochtöpfe her, selbstverständlich in Handarbeit.

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RAJAST HAN

Manche der antiken Stufenbrunnen, wie hier in Jodhpur, werden noch heute benutzt.

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Fast schon klischeehaft perfekt präsentiert sich Sindhi Nath mit Schnurrbart, goldenen Ohrringen und farbigem Turban.

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RAJAST HAN

LINKS Die Rabari sind die wohl berühmtesten Viehzüchter Rajasthans.

Das Turbanwickeln will gelernt sein. Bis zu neun Meter lang ist die typische Kopfbedeckung der Rabari in entknotetem Zustand.

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Die Kamele sind aus dem Straßenbild in Rajasthan noch nicht wegzudenken, auch wenn ihre Bedeutung langsam, aber sicher abnimmt.

UNTEN

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RAJAST HAN Einige Dutzend haben sich dennoch eingefunden in der Hoffnung, für die mitgebrachten Tiere einen guten Preis zu erzielen. Viele Käufer scheinen allerdings nicht unterwegs zu sein, und die wenigen Angebote werden als unverschämt niedrig abgelehnt. Waren die Kamele bis vor einigen Jahren noch als Zugtiere gefragt, verlieren sie mit dem Bau besserer Straßen zunehmend an Attraktivität, was natürlich auf die Preise drückt. Im Einklang mit der Natur Sogar die Rabari, die mit ihrer unverwechselbaren Tracht wohl berühmtesten Viehzüchter Rajasthans, sind, trotz der für sie mythologischen Wichtigkeit der Trampeltiere, mehrheitlich auf andere Nutztiere umgestiegen: „Laut hinduistischer Legende wurde der erste Rabari vom Gott Schiwa als Hüter für die von dessen Frau Parvati erdachten Kamele erschaffen“, erzählt Fateh, ein junger Hirte, als er mir ein paar Tage später seine Heimat im Umland der Aravalli-Gebirgskette zeigt: „Unser Lebensunterhalt sind seit jeher die Tiere. Die Kühe geben Milch, die Schafe sind wegen ihrer Wolle beliebt, die in dicken Ballen an Großhändler verkauft wird.“ Ganz in Weiß gekleidet, mit dem roten Turban und dem mächtigen Schnurrbart, erkennt man die Männer schon von weitem. Doch auch die Rabari-Frauen heben sich mit einzigartigen Accessoires hervor. Besonders auffällig sind die zahlreichen hellblauen Armringe, die von den Schultern bis unter die Ellbogen reichen und an

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RAJAST HAN

Über offenem Feuer bereitet eine Rabari-Frau Chai, den traditionellen Gewürztee zu.

denen man verheiratete Frauen erkennen kann. Heute meistens aus billigem Plastik hergestellt, bestand dieser Schmuck früher aus Elfenbein oder Knochen. Tattoos traditioneller Symbole als Zeichen der Zugehörigkeit zieren die Hände oder gar Gesichter der älteren Generation, doch bei den jüngeren Frauen verliert diese Praxis sich nach und nach. Auch die angestammte vollnomadische Lebensweise ist beinahe ganz verschwunden – heute leben die meisten Rabari sesshaft und bauen sogar Hirse und anderes

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Getreide für den Eigenverbrauch an. Zäune oder sonstige Begrenzungen sieht man trotzdem keine, die Hirten leben, so weit es geht, im Einklang mit der Natur. In ihrem Kernland rund um Bera konnte sich sogar eine kleine Population an freilebenden Leoparden erhalten. Obwohl die Raubkatzen sich ab und zu ein junges Schaf schnappen, lassen die Hirten die gefleckten Jäger gewähren. „Wir betrachten das als Opfer an Schiwa, der im Gegenzug die Herden vor anderem Unglück schützt“, erklärt Phuda Ram, ein älterer Schä-

fer, während er den Tabakrauch seiner nachmittäglichen ChillumPfeife einatmet. Die Leoparden ziehen auch zunehmend Touristen an, was den Rabari eine willkommene neue Einnahmequelle beschert hat. Ob dieser Wirtschaftszweig allerdings so nachhaltig sein wird wie die alten Lebensweisen oder sich, im Gegenteil, mit den steigenden Zahlen nicht immer rücksichtsvoller Besucher als Gefahr für das empfindliche Gleichgewicht erweisen wird, wird erst die Zukunft zeigen.


RAJAST HAN

AFGHANISTAN

Breviarium

CHINA

PAKISTAN

Neu-Delhi

NEPAL

Mahansar Pushkar Jaipur Jodhpur

BHUTAN

BANGLADESH

MYANMAR

INDIEN

SRI LANKA

26° N 73° O

tourism.rajasthan.gov.in

Unbedingt Nicht versäumen sollte man es, in den historischen Havelis zu übernachten, die man (fast) überall im Wüstenstaat findet. Ob perfekt renoviert oder mit viel Patina – für jeden Geschmack und jeden Geldbeutel lässt sich etwas finden. In Jodhpur kann das Purn Haveli (über booking.com) mit der besten Aussicht auf das mächtige Fort punkten. Mit weniger Komfort, aber umso mehr Charme nächtigt man im Narayan Niwas Castle als Gast des Enkels des letzten Rajas. mehansarcastle.com

Bloß nicht Die touristischen Hauptattraktionen in Rajasthan sind gut besucht. Das Fort von Amber in Jaipur kann an guten Tagen bis zu 5.000 Besucher anziehen. Wer die Menschenmassen vermeiden will, ist gut beraten früh aufzustehen, um vor den Touristenbussen anzukommen. Auch die Leoparden von Bera sind leider kein Geheimtipp mehr. Hier sollte man versuchen, bei einem verantwortungsbewussten Camp zu buchen. berasafarilodge.com

Geheimtipp Das Dhanna Ram Ki Dhani Village Homestay auf halbem Weg zwischen Jaisalmer und Jodhpur eignet sich perfekt, um während einer Nacht in einer freundlichen Gastfamilie authentisches indisches Dorfleben zu erfahren. Die Zimmer sind funktional und sauber, das leckere Essen ist hausgemacht und der Sohn der Familie fungiert als Übersetzer und Guide. osianvillagesafari.com

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M O N G O L E I

Farbenspiel in Blau Text & Fotos Laurent Nilles

Mit nur zwei Einwohnern pro Quadratkilometer hat die Mongolei die niedrigste Bevölkerungsdichte der Welt. Auf ihren endlosen Ebenen leben Nomadenvölker, die sich seit den Zeiten der Großen Horde und Dschingis Khans einen autarken, an die Härten extremer Wetterbedingungen angepassten Lebensstil bewahrt haben.

Weißer Rauch steigt gen Himmel und verrät die Anwesenheit eines Gers, das bescheidene Wohnzelt der mongolischen Nomaden, das sich in den unendlichen Weiten der schneebedeckten Landschaft verliert. Trotz strahlendem Sonnenschein ist es bei Temperaturen um die −30 Grad bitterkalt, doch im Innern des fensterlosen Zelts verbreitet ein altertümlicher, gusseiserner Ofen wohlige Wärme. Als der Schamane nach dem morgendlichen Ritual zu Ehren der Vorfahren durch die Eingangstür tritt, ist seine Frau bereits dabei, Wasser für den traditionellen, leicht gesalzenen Milchtee aufzukochen. Auf dem Tisch in der

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Mitte des Gers stapeln sich gekochtes Schafsfleisch, Flaschen importierten Schnapses und eigens für Tsagaan Sar, das mongolische Neujahr, gekaufte Süßigkeiten. Alles ist bereit für den Empfang der Gäste, die zur Feier des Tages in ihrem schönsten Kleidungsstück erscheinen: dem Deel, einem langen, fein verzierten Mantel aus satiniertem Stoff. Während des jährlichen Festes zum Winterende scheint alles wie im Zeitlupentempo abzulaufen. Die Stadtbewohner besuchen ihre Familien in den Dörfern, Gläubige pilgern zu buddhistischen Klöstern und schamanistischen Stätten, kulturelle Festivals ziehen Scharen von Schaulustigen an.


M O N G O L E I Bei ihren Trancen tragen Schamanen heilige Gewänder, die ihr Gesicht verhüllen. Die Identität des Schamanen spielt keine Rolle mehr, wenn die Ahnen von seinem Körper Besitz ergreifen.

OBEN RECHTS

OBEN LINKS Anlässlich des Eisfestivals hat dieser Schlittenfahrer sich besonders in Schale geworfen.

Nach dem Ritual lässt sich der Schamane von seiner Frau Tabak und Pfeife reichen.

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M O N G O L E I

OBEN LINKS Heute leben wieder dreißig Mönche in Amerbayasgalant, nachdem die Klosteranlage während des Kommunismus dem Verfall überlassen worden war.

Anlässlich des Neujahrfests tragen die Mongolen ihr bestes Kleidungsstück: den Deel.

OBEN RECHTS

Das Kloster Amerbayasgalant liegt mitten im Nirgendwo, bis in die nächste größere Siedlung sind es mehr als sechzig Kilometer oder fast drei Stunden mit dem Geländewagen.

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M O N G O L E I Spirituelles Erbe In Amerbayasgalant, einem der wenigen von den stalinistischen Säuberungen der 1930er-Jahre verschonten Tempel, schallt der Gesang der buddhistischen Mönche über das historische Gelände und vermischt sich mit dem Knarren der Gebetsmühlen. Einige der Gläubigen, die zu den TsagaanSar-Zeremonien angereist sind, haben als Opfergabe einen blauen Seidenschal, Khata genannt, mitgebracht. Die Farbe Blau bezieht sich auf den ewigen Himmelsgott Tengri, der bereits zur Zeit von Dschingis Khan angerufen wurde, lange bevor sich Siddhartha Gautamas Philosophie bei den Nomaden der mongolischen Steppe ausbreitete. Diskret findet sich das spirituelle Erbe der Vorfahren so in den buddhistischen Praktiken wieder, doch auch die Ovoos, heilige Monumente in Form von pyramidenartig aufgestellten Holzzweigen oder runden Steinhaufen, zeugen noch heute von dem starken schamanischen Einfluss. Sie stehen am Straßenrand, meist auf einem Hügel oder Berg, und Reisende halten dort für ein kurzes Gebet und eine kleine Opfergabe, um den Schutz der Vorfahren und der Götter zu erbitten. Rentiere in der Taiga Noch immer tief verwurzelt ist die schamanistische Verehrung des ewigen blauen Himmels in den Waldgebieten der Taiga im äußersten Norden des Landes. Die abgelegene Region wird von den DukhaNomaden bewohnt, die auch als Tsaatan bekannt sind, was so viel bedeutet wie „die, die Rentiere besitzen“. Ganbaa, der informelle

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M O N G O L E I LINKS Auch einen Adlerjäger habe ich auf dem beliebten Eisfestival angetroffen.

Ovoos sind schamanische Gebetsstätten, wo Reisende ein kleines Opfer darbringen, um den Schutz der Vorfahren zu erbitten.

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M O N G O L E I

Anführer einer kleinen Gemeinschaft, die im Winter ein Lager am Waldrand teilt, erklärt: „In der Kälte gedeihen die Rentiere, aber zu hohe Temperaturen vertragen sie nicht. Wir müssen daher vor allem im Sommer Gebiete meiden, in denen es zu warm ist.“ Die Rentiere ziehen frei umher, doch sie kehren regelmäßig aus eigener Initiative ins Lager der Dukha zurück, denn nur hier können sie von den Hirten Salz ergattern, ein wertvolles Mineral, das die Tiere im Winter dringend benötigen. In regelmäßigen Abständen wird die gesamte Herde, die aus mehr als hundert Tieren besteht, jedoch auch von den Dukha zusammengetrieben, sozusagen zur Inventur. Sogar die älteste Frau der Gemeinschaft, das Gesicht über Jahrzehnte von Wind und Wetter gegerbt, macht sich bei dieser Gelegenheit auf den Weg, um höchstpersönlich die Herde zu begutachten und ihre Rentiere auszumachen. Die Paarhufer verbringen die Nacht angebunden in der Nähe des Lagers und sind so vor möglichen Angriffen von Wölfen, den gefährlichsten Jägern des Gebiets, gut geschützt. Am nächsten Morgen werden sie wieder freigelassen, abgesehen von einigen männlichen Tieren, die den Nomaden in den nächsten Tagen zum Reiten dienen werden. Es werden immer andere dabehalten, um die Arbeitslast gut zu verteilen. Auf diese Weise können die Tiere ihr Leben in relativer Freiheit genießen, allerdings müssen die Reiter sich mehrmals im Monat mit einem neuen Reittier vertraut machen.

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M O N G O L E I In der Kälte fühlen die Rentiere sich am wohlsten und leben weitgehend eigenständig. Sie kehren dennoch gerne zu den Menschen zurück, um sich bei den Hirten das begehrte Salz zu holen.

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UNTEN LINKS Um Inventur zu machen, wird die Herde zusammengetrieben.

Einen Kühlschrank brauchen die Dukha nicht. Hier holt eine Frau gerade gefrorene Milch aus ihrer Freiluft-Vorratskammer.

UNTEN RECHTS

Das beinah unwirkliche Blau des meterdick gefrorenen Khuvsgulsees alleine war die Strapazen der Reise schon wert.

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M O N G O L E I

Die berühmten Pferdeherden der Mongolen leben halbwild.

Nur wenn ein Reittier benötigt wird, bedienen die Nomaden sich mit dem Lasso in der Herde.

Unterwegs auf meterdickem Eis Die mongolischen Schlittenfahrer des Khuvsgulsees verfolgen mit ihren Pferden denselben Ansatz. Mit dem Lederlasso wählen sie aus einer Herde von etwa fünfzig halbwilden Pferden einige Tiere aus, die während des Eisfestivals an Rennen teilnehmen oder Besucher über das tiefblaue Eis ziehen sollen. Das Festival zieht jedes Jahr Hunderte Teilnehmer an, die sich in typischen und aty-

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pischen Wettbewerben messen: im Bogenschießen auf dem Eis, im Schlittenrennen, aber auch bei einer Art mongolischem Pétanque, bei der goldene Tierknochen anstelle von Stahlkugeln verwendet werden. Das tiefgefrorene, klare Wasser, das in der Wintersonne in allen Blautönen leuchtet, ist mit seiner unwirklichen Schönheit jedoch der unbestrittene Star. Das fast zwei Meter dicke Eis trägt Autos und

Lastwagen und wird in der kalten Jahreszeit zur Autobahn für den Transport von Personen und Gütern. Die weißen Risse, die sich wie Adern über die blaue Eisfläche des Sees ziehen und die durch die ständige Bewegung des Eises entstehen, erinnern jedoch an die Risiken einer solchen Fahrt. Unter der Pracht des Naturwunders, so erzählt man sich, soll der tiefe Grund des Sees mit mehr Autowracks als Schiffen übersät sein ...


M O N G O L E I

Breviarium

46° N 103° O visitmongolia.com

Taiga

RUSSLAND

Khuvsgulsee Amerbayasgalant Ulaanbaatar

MONGOLEI

CHINA

Unbedingt Da die Straßen im Winter nicht immer gut zu befahren sind und es in der Mongolei keine kurzen Distanzen gibt, sollte man unbedingt genug Zeit einplanen und flexibel bleiben. Dazu kommt, dass man z. B. für den Besuch der Dukha in der Grenzregion Russlands einen Permit von den örtlichen Behörden braucht, und das kann schon mal dauern. Ansonsten sollte man unbedingt versuchen, bei der einen oder anderen Nomadenfamilie einen Stopp einzulegen (oder gar zu übernachten) – Gastfreundschaft wird hier noch großgeschrieben.

Bloß nicht Eine Reise im Winter in die Mongolei ist nicht zu unterschätzen. Mit Temperaturen bis zu −30 Grad nachts und frühmorgens ist das oberste Gebot, sich ständig warm zu halten. Auch in den Gers kann es nachts, wenn das Feuer im Herd erloschen ist, bitterkalt werden. An der Ausrüstung sollte man also nicht sparen, auch wenn die spezialisierte Polarkleidung schnell ins Geld gehen kann. Manches kann man vor Ort ausleihen, auch wenn man dann meistens billige (und weniger warme) Chinakopien bekommt.

Geheimtipp Die mongolische Küche auf dem Land ist, besonders im Winter, wenn es kein Gemüse und keine Früchte gibt, recht eintönig. Gewürze finden nur sehr wenig Verwendung und es gibt meistens nur ein einziges einfaches Gericht. Wer die besten Rezepte probieren will, die das Land zu bieten hat, sollte deshalb unbedingt einem der beliebten Restaurants von Modern Nomads einen Besuch abstatten. modernnomads.mn

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M IAM I

Miami Vibes Text & Fotos Stefanie Bisping

In Miami wird mehr Spanisch als Englisch gesprochen, die Palmen wachsen hoch wie Häuser. Neben den kulturellen und kulinarischen Einflüssen aus Lateinamerika macht eine vitale Street-Art-Szene den Reiz der Metropole aus.

„One dollar, one dollar!“, ruft Francesco. Seit 34 Jahren verkauft der „Grandfather of Little Havana“, wie man ihn hier liebevoll nennt, an der Calle Ocho als fliegender Händler Lose. Hinter ihm sitzen im 1963 gegründeten Domino Club Männer und Frauen in leicht vorgerücktem Alter plaudernd und debattierend unter einem Sonnendach beim Dominospiel. Touristen drängen sich in ein Zigarrengeschäft, um einem „Master Cigar Roller“ bei der Arbeit zuzuschauen. Andere halten an der Ventanita, dem Fensterchen der Bar mit dem schlichten Namen „El Pub“, auf einen winzigen Kaffee, der fünf Mal so viel Koffein enthalten soll wie ein normaler Espresso. Kubaner zu sein, war eben noch nie etwas für Mutlose. Und so bestellt Armando Gonzalez zum

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Kaffee auch gleich saftige Beef-Empanadas, mit Rindfleisch gefüllte frittierte Teigtaschen. „Wir lieben Gebratenes und wir lieben Rum“, so umreißt er die kulinarischen Gepflogenheiten des Landes, in dem er vor 21 Jahren geboren wurde. Heute führt er bei der „Cuban Food Tour“ Besucher durch Little Havana. Hier sieht es fast aus wie in der kubanischen Hauptstadt – wenn man vom Autoverkehr, der mit karibisch-bunten Fliesen geschmückten McDonald’s-Filiale und dem großen Wandgemälde absieht, das die in Havanna geborene und in Miami heimische Sängerin Gloria Estefan und ihren Mann zeigt, den Musikproduzenten Emilio Estefan. Als „Miami Sound Machine“ schuf das Paar einst den Soundtrack zur Stadt.


M IAM I Der Hahn hat das Sagen in Little Havanas Calle Ocho. Denn er gilt unter Exilkubanern als Symbol für Wohlstand und Freiheit.

OBEN

© Bibi Wintersdorf

Der Stoff, aus dem die Badeträume sind: Weiß wie Puderzucker sind die Strände von Miami Beach.

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M IAM I

LINKS Ikonen Little Havanas: Gloria und Emilio Estefan schufen als „Miami Sound Machine“ den Soundtrack zur Stadt.

Die farbenfrohe Fassaden bestimmen den Art-Déco-District im Süden von Miami Beach.

RECHTS

Geht es schöner? Am Morgen haben Strandläufer die ganze Pracht des South Beach für sich.

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80.000 Menschen leben hier auf knapp vier Quadratkilometern, sagt Armando und reicht Empanadas herum – eine gute Grundlage für die erfrischenden Mojitos, die beim nächsten Stopp in der TapasBar „CubaTa“ warten. Später wird es noch allerhand süße Teigwaren geben. Die Straßen des Viertels seien der beste Ort in Miami, um Küche und Kultur Kubas zu erleben, erklärt er. Er weiß, wovon er spricht: Er wuchs in Havanna bei Eltern und Großeltern auf, bevor er mit zehn Jahren in die USA kam. Er hatte das Glück, hier eine Schule zu besuchen, in der er neben dem High-School-Abschluss auch ein spanisches Abitur machen konnte. Weil er dank eines in Spanien geborenen Großvaters neben dem amerikanischen auch einen spanischen Pass besitzt, kann er in Europa studieren. Zunächst aber muss er nach Kuba reisen, um seinen kubanischen Pass verlängern zu lassen. „Mit der Präsidentschaft von Trump hat sich die Lage dort stark verschlechtert“, sagt er. „Das verschärfte Embargo hat den Tourismus als Einkommensquelle dramatisch eingeschränkt. Und dann noch die Pandemie! Dabei ist es ein so schönes Land.“ Er glaubt, dass die meisten Exilkubaner zurückgehen würden, wenn die Lage dort besser wäre. „Ich hoffe, dass ich das noch erlebe.“ Etwa 70 Prozent der Bewohner Miamis sprechen Spanisch. Neuankömmlinge aus Lateinamerika geben die Sprache an ihre Kinder weiter. Die meisten sprechen Englisch so fließend wie Spanisch; zugleich beherrschen hier auch viele Amerikaner ohne hispanisches Erbe die Sprache – erstaun-

lich genug in einem Land, dessen Bildungssystem dem Fremdsprachenerwerb wenig Bedeutung beimisst. Die ausgeprägte LatinoKultur trägt zur Faszination der Stadt ebenso bei wie die tropische Vegetation und die weißen Strände von Miami Beach. So verlieren selbst uramerikanische Szenarien wie unkontrollierte Hochhaus-Wucherungen und Stadtautobahnen auf Stelzen einen Teil ihres Schreckens. Wesentlich sind die lateinamerikanischen Einflüsse auch für den Geschmacksinn: Die Gastronomie der von einem amerikanischen Magazin zur „Food City of the Year“ gekürten Stadt wurde von den Testern des Guide Michelin jetzt mit elf Sternen bedacht. Viele gingen an japanische Restaurants und an Steakhäuser, einer strahlt über der kolumbianischen Küche von „Elcielo Miami“, ein anderer über der mexikanischen von „Los Félix“. Unterhalb des SterneNiveaus sind kubanische, karibische und südamerikanische Bars und Restaurants sogar nahezu allgegenwärtig – wobei Gloria und Emilio Estefan ein kubanisches Restaurant betreiben. Gonzalo Lanao, Chefbäcker bei „Zak the Baker“, wurde in Peru geboren, Desiree di Falco, die Konditorin des Hauses, in Venezuela. Küchenchef Cleophus Hethington und Inhaber Zak Stern stammen hingegen aus Miami. Die Bäckerei mit angeschlossenem Café ist auf koschere Backwaren spezialisiert; dafür hatten die Tester des Guide Michelin im Land des geschmacksneutralen Weißbrots ein „Bib Gourmand“ für ein gutes Preis-Leistungsverhältnis übrig. Mandel- und Schokoladencroissants, Avocado-

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LINKS Bei „Zak the Baker“ ist die Fassade fast so attraktiv wie die Backwaren im Geschäft.

Toast, mit Käse oder Lachs gefüllter Blätterteig sowie Suppen und Salate locken selbst an einem Dienstagvormittag so viele Menschen nach Wynwood, dass die Schlange der Wartenden bis vor die Tür reicht. Wie fast jede Fläche in dem industriell geprägten Stadtteil ist auch die Fassade des Flachbaus ein buntes Kunstwerk. Zaks Nachbarn sind ein Parkhaus mit kunstvoll grau und schwarz gestalteter Fassade, ein Selfie-Museum und das Wynwood Walls Museum of Graffiti schräg gegenüber, das 22 farbenprächtige Wandbilder von Künstlern aus den USA, aber auch aus Brasilien, Japan, Italien und Deutschland zeigt – im Freien und mit einer Lebensdauer von durchschnittlich drei Jahren. Dann werden sie durch neue Arbeiten ersetzt. „Ich möchte Kunst und Künstler voranbringen. Ich liebe es, einen Künstler anzurufen und ihm oder ihr zu sagen, dass wir eine Arbeit wollen“, erklärt Museumsleiterin Jessica Goldman Srebnick. „Künstler zu sein, erfordert so viel Zeit und so viel Mut, und unser Museum kann sie weiterbringen.“ Zehn Künstler lädt sie jedes Jahr ein, für viele bedeutet ihr Anruf den Beginn einer internationalen Karriere. Die einzige Vorgabe ist das jährlich wechselnde Motto. „Fear Less“ war eines, „Human Kind“ ein anderes – auch Wortspiele machen Jessica Spaß. Ein Ort der Freude soll das Museum sein, hoffnungsvoll und inspirierend. Und tatsächlich vermag die sengende Mittagssonne die Faszination der originellen Gemälde nicht

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zu schmälern. Auch von den Fassaden der umliegenden Gebäude leuchten Wandbilder. „Die Stadt wächst nicht mehr in der Breite, sondern in die Höhe, und die Graffitis mit ihr“, so Goldman. Das war nicht immer so. „Das Viertel lag zu Beginn des Jahrtausends im Sterben, es wohnte eigentlich niemand mehr hier“, erzählt sie. „Wo wir jetzt stehen, war ein Schotterparkplatz.“ Zudem gab es viele fensterlose Lagerhäuser – ideal für Graffiti. „Viele Leute sehen es als Vandalismus, wir sehen es als Leinwände mit Street Art“, so Jessica. Heute gibt es in Wynwood mehr als siebzig Galerien und Museen, darunter das Rubell Museum mit einer herausragenden privaten Sammlung zeitgenössischer Kunst – dazu Restaurants, Bars und Menschen, die gerne hier leben. Jessicas Vater Tony begründete das Wynwood Walls Museum im Jahr 2009; die Eröffnung markierte einen Meilenstein in der Wandlung des Stadtteils vom verfallenden Standort abwandernder und insolventer Textil- und Schuhmanufakturen zum Trendviertel. Der Immobilieninvestor Tony Goldman hatte sich in den siebziger Jahren schon des New Yorker Stadtteils Soho angenommen. Dort kaufte er achtzehn Gebäude und lockte mit schicken Restaurants ein junges, solventes Publikum in den Süden Manhattans; eine Dekade später kaufte er im von Kriminalität geplagten Miami Beach achtzehn Monate lang jeden Monat einen der heruntergekommenen Art-Déco-Bauten. Er erhielt die

Es grünt so grün: Wynwood ist heute ein Dorado für Street Art.

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Eine Leinwand mit Street Art: Graffiti-Kunst im Wynwood Walls Museum.

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Zeitreise in die späten Dreißiger: Art-Déco-Fassaden am Ocean Drive in South Beach.

Häuser mit ihren Art-DécoInterieurs und beteiligte sich so an der Wiedergeburt von South Beach als Touristenmagnet und teure Wohngegend. Als Nächstes richtete er sein Augenmerk auf Wynwood, wo er seine Liebe zur Street Art auslebte. 2012 starb Goldman mit 68 Jahren, seinen Kindern Jessica und Joey hat er eine Botschaft hinterlassen: „Es ist wichtig, einen positiven Fußabdruck auf dem Planeten zu hinterlassen. Macht etwas Erstaunliches!“ Das Museum bietet dazu Gelegenheit. Rafael Cuenca kennt Miami Beach in- und auswendig. Auch die Geschichte vom HäuserShopping-Streifzug Tony Gold-

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mans hat er im Repertoire. Der gebürtige Ecuadorianer reist selbst für sein Leben gerne. In Europa hat ihm Istanbul am besten gefallen – gerade, weil die türkische Metropole nicht wirklich europäisch sei, erzählt er. Am liebsten ist er aber in Lateinamerika unterwegs. Seine Heimat Ecuador habe derzeit mit viel Kriminalität zu kämpfen, die Verhältnisse seien denen im Miami Beach der achtziger Jahre nicht unähnlich. Cuenca besitzt enzyklopädisches Wissen über die knapp tausend Art-Déco-Bauten in South Beach und über die Geschichte der Insel von ihrer Zeit als Mango- und Avocado-Plan-

tage im 18. Jahrhundert über den frühen Tourismus in den 1930erJahren bis zur Ermordung des Designers Gianni Versace vor seinem Haus am Ocean Drive vor 25 Jahren. Er zeigt seinen Gästen das „News Café“, in dem Versace jeden Morgen italienische Zeitungen kaufte. Am 15. Juli 1997 blieb der Modeschöpfer nicht wie sonst auf einen Kaffee, sondern kehrte sofort zu seiner Villa zurück. Sein Mörder erschoss ihn, als er sein Grundstück betreten wollte. Versaces Villa, die Casa Casuarina, ist heute ein Fünf-Sterne-Hotel, und, so Cuenca, das meistfotografierte Gebäude in den USA nach dem Weißen Haus.


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1 The Setai Hotel Strandlage, Außenpools und asiatisch geprägte Interieurs bietet das Fünf-Sterne-Hotel The Setai in Miami Beach. Es besteht aus einem Hauptgebäude aus den dreißiger Jahren mit Art-DécoSuiten sowie einem neuen Turm mit Ocean-Suiten (sensationeller Meerblick). Die Nacht kostet hier für zwei Personen ab 500 Euro.

thesetaihotel.com

4 Zak the baker In Wynwood lohnt sich neben der Kunst auch ein Frühstück bei Zak, dem Bäcker. Abends wird auch ein Falafel-Service angeboten.

zakthebaker.com

2 Mayfair House Hotel Das Mayfair House Hotel in Coconut Grove besitzt große Zimmer mit Balkons, die im Stil der 1930er-Jahre eingerichtet sind – bis zum in eine Schreibmaschine gespannten Willkommensbrief oder einer türkisfarbenen Fußbadewanne. Pro Nacht zahlt man ab 250 Euro.

mayfairhousemiami.com

5 Miami Culinary Tours Die Food- und Kultur-Tour durch Little Havana findet fünf Mal am Tag statt und kostet inklusive Verkostungen 69 US-Dollar pro Person.

miamiculinarytours.com

3 Restaurant Sexy Fish Ein Fest auch für die Augen ist ein Besuch im Restaurant Sexy Fish im Finanzviertel Brickell, das farbenprächtig mit Meeresgetier sowie Kunstobjekten von Damien Hirst und Lampen von Frank Gehry dekoriert ist. Im HerrenWC steht eine lebensgroße Nachbildung von Daniel Craig alias James Bond.

sexyfishmiami.com

6 Restaurant Makoto Im japanischen Restaurant Makoto im Luxus-Einkaufszentrum Bal Harbour Shops werden Shakira und Gisele Bündchen gelegentlich beim Lunch gesehen.

makoto-restaurant.com

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Z AH L E N I N

Zwischen Authentizität und Verantwortung Tourismus ist seit jeher ein bedeutender Wirtschaftszweig, der Menschen unterschiedlicher Kulturen verbindet und den Austausch von Traditionen und Erfahrungen ermöglicht. Doch während das Reisen die Welt für viele zugänglich macht, bringt der Massentourismus auch ökologische und soziale Herausforderungen mit sich. Hier setzt der nachhaltige Tourismus an: Er strebt danach, negative Auswirkungen auf die Umwelt und die lokale Bevölkerung zu minimieren und gleichzeitig den Reisenden ein authentisches Erlebnis zu bieten.

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10 %

nahm der Ökotourismus im vergangenen Jahr zu.

87 % aller Touristen wollen nachhaltig reisen.

70 %

der Reisenden weltweit sind bereit, für umweltfreundliche Unterkünfte mehr zu bezahlen.

Z AH L E N I N

2.000 Millionen Reisende weltweit werden als Ökotouristen angesehen.

30 %

Senkung des CO2-Fußabdrucks, wenn Reisende umweltfreundliche Unterkünfte auswählen.

15 %

der globalen Hotelketten bieten inzwischen umweltfreundliche Unterkünfte an.

333 Milliarden Dollar werden jährlich weltweit für den Ökotourismus ausgegeben.

80 %

der Reisenden sind der Meinung, dass Unternehmen mehr nachhaltige Reiseoptionen anbieten sollten.

52 %

der Reisenden entscheiden sich eher für ein Reiseunternehmen, das sich für nachhaltigen Tourismus einsetzt.

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Länder haben Kriterien für nachhaltigen Tourismus eingeführt.

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TA S M A N I E N

Der Tasmanische Giant Freshwater Crayfish, der auch Tasmanian Giant Freshwater Lobster genannt wird.

OBEN

© Adam Gibson

Auf dem Weg zu den Philosopher Wasserfällen in Waratah geht es durch atemberaubenden Urwald.

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© Jess Bonde

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TA S M A N I E N

Eine Reise ins kulinarische Elysium Text Joscha Remus

Wer ganz Australien bereist hat und erst am Schluss nach Tasmanien kommt, wird sich sicherlich ärgern, denn er hätte es einfacher haben können! Freundliche Menschen, eine überschaubare, nicht zu heiße Insel mit neunzehn Nationalparks, schattigen Wäldern, überwiegend leeren Stränden, vor allem aber mit köstlichem, exzellentem Essen.

In Australien gibt es Orte, die klingen so, als seien sie aus einem Märchen oder aus einem Fantasy-Roman frisch auf die Landkarte gepurzelt: die Schlucht der Regenbogenschlange, der Berg der Wolkenwälder, das Tal der flüsternden Bäume. Auf der traumhaft schönen Insel Tasmanien steigert sich das Ganze dann noch einmal. So findet man dort sowohl einen Garten Eden als auch einen Ort namens Paradies. The Garden of Eden liegt südlich von Devonport. Schottische Pioniere gaben der Küstenebene und einem kleinen Fluss einst diesen Namen. Gleich daneben gründeten sie einen Ort

namens Promised Land. Das versprochene Land. Wer Tasmanien besucht, wird ihnen sicher recht geben. Die sauberste Luft der Welt Tasmanien ist ein entspannter und perfekter Ort zum aktiven Erholen. Come down for air – runterkommen und durchatmen. Mit diesem Spruch wirbt Tasmanien um Besucher. Kein Wunder, schließlich hat die Insel die sauberste Luft der Welt und natürlich auch den saubersten Regen, der hier von einem Mineralwasseranbieter liebevoll Cloud Juice, Wolkensaft, genannt wird. Die fehlende Verschmutzung ist auf die Lage

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Tasmaniens im Südpolarmeer zurückzuführen. Denn die Insel liegt weit entfernt von anderen Landmassen. Tasmanien, die kühle Schöne, deren Regenwaldseen einst von Gletschern gespeist wurden und deren antarktische Seeluft nicht nur den Äpfeln – und natürlich dem Cider – eine ganz besondere Würze verleiht. Im Sommer weht eine kühle Brise über das Land, und im Süden kann man auf einer einzigen Bootsfahrt entlang der schroffen Steilküsten Wale, Albatrosse und Seeadler sehen. Am Straßenrand stehen Schilder, die man in Australien eigentlich nicht erwarten würde. „Bei Frost bitte langsam fahren“ zum Beispiel. Im Winter zeigt sich die sphärische Aurora Australis, das südliche Polarlicht, das wie ein zarter, leuchtender Vorhang am nächtlichen Himmel tanzt. Tasmaniens feuchtes, grünes Herz Ich folge dem sanften Rauschen des Nelson River flussaufwärts in Tasmaniens grünes, feuchtes Herz. Sattgrüne, tropfende Riesenfarne mit einem Schopf aus wippenden Wedeln. Alles ist hier lebendig. Die mit Moos bedeckten Felsen, die Pinien und Eukalypten, die in schwindelerregende Höhen wachsen. Der Nelson Falls Track führt direkt zu den bläulich schimmernden Kaskaden des breit gefächerten Nelson Wasserfalls. Das Wasser scheint zu singen, während es in die Tiefe stürzt. Der Wasserfall sieht aus wie ein

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LINKS Die Champagner-Wasserfälle, umgeben vom dichten Regenwald in Moina, nahe dem Cradle Valley.

© Sarajayne Lada

Kayaking am Cape Pillar in den Roaring 40s im Südosten der Insel.

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© Sean Scott

Russell Falls, 70 Kilometer nordwestlich von Hobart. Der beliebteste Wasserfall Tasmaniens.

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© Jason Charles Hill

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Die Bay of Fires, die Feuerbucht, bekam ihren Namen aufgrund der Farbenpracht der Felslandschaft am Meer. © Sean Scott

Das Bennetts Wallaby, eine der vielen Känguruarten auf Tasmanien.

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© Blake Lisk

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LINKS Der hübsche Tüpfelbeutelmarder gehört zu den beliebtesten Fotomotiven Tasmaniens. Aus gutem Grund.

© Rob Burnett

Meeresfrüchte in einer Weinbar in Bellerive, einem hübschen Vorort der Hauptstadt Hobart.

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© Remi Chauvin

Der Kratersee am Cradle Mountain, dem beliebtesten „Geheimtipp“ Tasmaniens.

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© Jason Charles Hill

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TA S M A N I E N Brautschleier, schießt es mir durch den Kopf. Hochzeitspaaren müsste bei dieser Location das Herz aufgehen. Für die Flora und Fauna Tasmaniens hatte die Isolation der Insel zweifellos ihre Vorteile. Wie auf einer gigantischen Gondwana-Arche überlebten hier die höchsten Laub- und Hartholzbäume des Planeten. In den Eukalyptus- und Regenwäldern finden sich uralte Baumgiganten. Die ersten Besucher waren von der Natur so überwältigt, dass sie die höchsten Berge Tasmaniens den griechischen Göttern und Mythen widmeten. Nicht wundern also, wenn neben dem Hades auch Mount Olympus, Mount Pegasus, The Acropolis, ein Narcissus River und Lake Eros auf den Landkarten auftauchen. Jakobsmuschel-Pastete in der Weinglasbucht Man denke sich eine abgelegene, fruchtbare Insel im Südpolarmeer und füge dann die reinste Luft und das reinste Wasser der Welt hinzu. So erhält man Aromen, die man schwerlich sonst auf der Erde findet. Das absolute Muss für Feinschmecker ist die tasmanische Jakobsmuschel-Pastete. Für die Einwohner Tasmaniens, die Tassies, ist sie ein Grundnahrungsmittel. Frische tasmanische Jakobsmuscheln werden in einer cremigen Currysauce gekocht und sanft von köstlich butterigem und knusprigem Gebäck umhüllt. Das absolute Highlight sind die Jakobsmuscheln, die aus der Jakobsmuschelfischerei in Bicheno, einer entspannten Küstenstadt, stammen und dann in der Bakery 31 im Ort Ross liebevoll zubereitet werden.

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Die Wineglas Bay im Freycinet Nationalpark an der Ostküste Tasmaniens.

Natürlich ist die Insel im Südpolarmeer der perfekte Ort, um fast überall exzellente Meeresfrüchte zu genießen. Ich fahre entlang des Entrecasteaux-Kanals nach Süden, um direkt aus dem Meer gepflückte Flusskrebse und Abalone zu probieren. Von Austernhütten über Fish-and-Chip-Stände am Meer bis hin zu Gourmetrestaurants, Meeresfrüchte spielen auf den Speisekarten Tasmaniens immer eine Hauptrolle, meist mit wunderbaren Begleitern wie wildem Spargel oder Pilzen. Wie wäre es also mit einem Meeresfrüchteturm aus Austern, Garnelen, Hum-

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mer und Muscheln? Dazu ein Glas eisgekühlten Cider! Viele der Ortsbezeichnungen Tasmaniens lassen bereits den kulinarischen Zauber der Insel erahnen. Häufig sind es die Sehnsüchte des Gaumens, die hier verewigt sind. Ich stelle mir durstige Entdecker vor, die heiße Wüsten durchquert haben, dann mit dem Schiff nach Tasmanien übersetzten und ihre kulinarischen Gelüste auf die dortige Bergwelt projizierten. So wohl geschehen mit den Milkshake Hills. Ähnlich ist wohl auch der Name der Wineglas Bay auf der Cygnet-Halbinsel südlich von Hobart zustande gekommen.

Die Bucht, so erklärte man mir, habe eben die runde Form eines Weinglases. Und der traumhafte Peppermint Grove Beach wurde nach dem Pfefferminzbaum benannt. Lecker: Iced Peppermint-Tea am Strand. Abschließend geht es zurück ins Küstenstädtchen Bicheno. Die Früchte des Meeres locken. Kristallkares Wasser, TraumStrände und das mit Sicherheit beste Hummerbrötchen Tasmaniens. Elysium hat einen Namen: Tasmanien! Und das Hummer-Wunder hat eine Adresse: The Lobster Shack, 40 Waubs Esplanade, Bicheno. Schöne Reise und bon appétit.


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Breviarium

Devonport

Bay of Fires

TASMANIEN The Acropolis

41° S 146° W

Nelson Falls

Bicheno Mount Olympus

discovertasmania.com Hobart Cygnet Mount Pegasus Entrecasteaux-Kanal

Unbedingt Wer auf die andere Seite der Welt reist, wird vielleicht nicht unbedingt auf die Idee kommen, ein Museum zu besuchen. Im Fall eines Urlaubs in Tasmanien sollte man das aber unbedingt tun. Denn das MONA, das Museum of Old and New Art in der tasmanischen Hauptstadt Hobart, ist einmalig auf der Welt. Es handelt sich um die skurrile Privatsammlung des exzentrischen Kunstmäzens David Walsh. Es ist die größte Privatsammlung auf der südlichen Hemisphäre und ist spektakulär unterirdisch in einen Berg gebaut.

Bloß nicht Ja, Australien ist heiß, im Sommer der Südhalbkugel sogar sehr sehr heiß. Aber Tasmanien ist eben nicht gleichzusetzen mit dem Kontinent der Gluthitze. In Tasmanien herrscht ganzjährig ein angenehmes Meeresklima. Der Mount Wellington ist im südlichen Winter – also in den Monaten Juni bis August – meist schneebedeckt und es kann im tasmanischen Winter auch durchaus Minusgrade geben. Das bedeutet, man sollte auf keinen Fall darauf verzichten, einen oder mehrere warme Pullover mit auf die Reise zu nehmen. Australiens einziger Inselstaat ist gerade einmal 3.000 Kilometer von der Antarktis entfernt.

Geheimtipp Wer einen wirklichen Geheimtipp möchte, sollte einen Besuch einer Insel auf der Insel Tasmanien machen, nämlich eine Reise nach Maria Island. Was es dort gibt? Jedenfalls keine Autos, keine Geschäfte und kaum Touristen. Das einzige Geräusch, das man auf der Insel vernehmen kann, ist das des Windes, der einem hier auch mal wirklich wild durch die Haare rauschen kann. Ein traumhafter Robinson-Ort mit völlig leeren und atemberaubend schönen goldgelben Sandstränden. Maria Island ist wie ein tiefer, erholsamer Atemzug reine, pure Natur.

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2024 geht die Reise weiter Verpassen Sie keine Ausgabe – abonnieren Sie REESEN! abo@reesenmag.lu

Herausgeberin & Chefredakteurin Bibi Wintersdorf Art Direktor Marc Dostert Grafiker Enia Haeck Lektorat Myriam Welschbillig Journalisten Susanne Freitag, Michaela Strassmair, Roberto Maffei, Annette Frühauf, Laura Lichter, Henrik Hoffmann, Marie Tissier, Bibi Wintersdorf, Philippe Bourget, Laurent Nilles, Martine Carret, Stefanie Bisping, Joscha Remus Digital Content Manager Yannick Burrows Finance & Operations Maurizio Maffei Druck johnen-print Luxembourg

Das Magazin REESEN und die Webseite reesenmag.lu sind Informationsmedien, die von dem nachstehenden Verlagshaus herausgegeben werden. © Luxe Taste & Style S.à r.l. 50% im Besitz von Bibi Wintersdorf (allgemeine Leitung) und 50% im Besitz von Maurizio Maffei (tägliches Management). Firmensitz 4a, rue de Consdorf - L-6230 Bech Operativer Hauptsitz 11, Um Lensterbierg - L-6125 Junglinster Redaktion redaktion@tasty.lu Anzeigen sales@tasty.lu Vollständige Informationen auf der Webseite www.tasty.lu ISSN: 2658-977X Die periodische Veröffentlichung wurde ordnungsgemäß bei der Nationalbibliothek von Luxemburg (BnL) gemäß den gesetzlichen Bestimmungen hinterlegt. © Alle Rechte vorbehalten. Jegliche Reproduktion oder Übersetzung, vollständig oder teilweise, ist strengstens untersagt, ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Herausgebers.


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