kinki magazin - #26

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nr. 26 juni/juli 2010 chf 6.–

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erdmannpeisker

Von wegen dumme Kuh! Anne, Kuhtrainerin & RRive ivellu llut ution ion채rin

Schluss mit Vorurteilen. Jetzt das neue Rivella Gelb probieren. lang-lebe-anders.ch Rivella Gelb ist erh채ltlich bei Migros, Manor, Spar, Volg sowie in Tankstellen-Shops und auf LeShop.ch.


‹auftakt› make it mystical, not digital. Lieber Leser. Im Zeitalter von ‹Hyperlocality› und ‹Augmented Reality› bestimmen technische Geräte unseren Alltag und entscheiden über die kollektive und subjektive Wahrnehmung von Gegenständen und Ereignissen. Über die reale Welt haben sich längst mehrere digitale Informationsebenen gelegt, die nur anhand vordefinierter Nutzerprofile entschlüsselt werden können. Die sogenannte Synthetisierung des Alltags und der Gesellschaft hat das Bedürfnis nach einem übergeordneten sinnstiftenden Inhalt erschaffen, der über die persönliche formale Wahrnehmung hinausgeht – eine ‹neue› Sehnsucht nach Mystik und innerer Einkehr. Das Ziel: unmittelbares Einswerden mit einem objektiven Daseinsgrund, mit der Geschichte, mit Gott, mit der Welt, mit dem Selbst, und so weiter und so fort – je nach Laune. Anders gesagt: Schaff dir deine eigene Realität ganz ohne Google-Filter, dann geht’s dir besser. Bau dir eine Welt mit Fabelwesen, Helden und einem ewigen Regenbogen am Horizont. Einen, den man nicht wegretuschieren kann. Aber hey: Atmen nicht vergessen! Deine ziemlich transzendente kinki Redaktion

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Damaris Drummond | Performance Artist | Los Angeles | The : 10 people

10 cities at closed.com


Tim Barber | Photographer, Photo Editor, Curator | New York | The

: 10 people

10 cities at closed.com


[ LI F E A F T E R S KATE]


2010

We A cti v i s ts R AY B A R B E E & S A GE VA U GHN S HO T B Y C HE RY L D U N N www. we s c. co m




‹inhalt› Standard 03 10 12 20 108 110 114

Auftakt Inhalt Neuzeit Klagemauer Abo / Impressum Kopfkino Henry & Paul

Report 22 32 36 38 50

‹Romance Rest› von Daniel Tischler Digitale Nomaden Querschläger: Nella Martinetti Standleitung Wortlaut: Santiago Ziesmer

Musik 62 64 66 68 70

Interview: Die Sterne Vorspiel: Norman Palm Verhör Lieblingslieder: Aulay Fou Interview: Bodi Bill

Mode 40 72 78 80 82

‹Son of the silent age› von Filippo Del Vita ‹Spiel und Stil› Add a new dress Vertreter: Nike Air Max ‹I should be reading books› von Alice Rosati

Kunst Jaimie Warren: Don’t you feel better? 90 (Maga)Zines 96 Michael Willis: Cosmic Voyage 104 I’m here 106 Schauplatz: Collins Gallery, Glasgow 112 Up and away 52

kooabaisiert [ Ergänzungsmaterial kooaba ]

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‹zugabe›

Michael Willis

Carola Dorner

Michael Willis’ grafische Arbeiten mit Worten zu beschreiben, ist keine einfache Aufgabe und ebenso experimentell und interdisziplinär verhält es sich mit der OnlinePlattform ‹Panther Club›, auf welcher der Londoner sich zusammen mit Lindsay Gooden und verschiedensten anderen Künstlern in neue Design- und Illustrationsgefilde vorwagt. Und wenn der freischaffende Illustrator gerade mal nicht hinter dem Computer oder mit dem Stift in der Hand vor seinem Schreibtisch sitzt, so trifft man ihn wohl am ehesten auf Erkundungstour durch fremde Städte, Galerien und Landschaften oder – wie jeden guten Engländer – hinter dem Grill an. – S. 96

Carola Dorner ist freie Journalistin und schreibt am liebsten Geschichten über schräge Typen. Zum Beispiel über Leute mit komischen Geschäftsideen, merkwürdigen Berufsgeheimnissen und sonstige Skurrilitäten. Was sie immer wieder wundert, ist, dass es hinter dem Merkwürdigen so viel Konventionalität und hinter dem Normalen so viel Bizarres zu entdecken gibt. Zum Beispiel im Betahaus Berlin. Dort treffen sich 120 Freiberufler und benehmen sich wie Angestellte in einem Büro. Komisch. Carola lebt ‹normalerweise› in Bonn, ist aber auf ihrer Suche nach Merkwürdigkeiten viel unterwegs. Deshalb mietet sie sich auch regelmässig einen Schreibtisch im Betahaus Berlin … – S. 32

Daniel Tischler

Filippo Del Vita

Darf man einen Sommer verschwenden? Dieser Frage ging der Fotograf Daniel Tischler in seiner Arbeit ‹Romance Rest› an einem Musikfestival in Australien nach: ‹‹Dort wurde ich von den anwesenden Rockstars und dem allgegenwärtigen Mythos Woodstock an viele Klischees erinnert: Ihr seid alle hier, um euch zu vergnügen, hier habt ihr die beste Zeit eures Lebens, davon werdet ihr irgendwann einmal euren Enkeln erzählen, hier könnt ihr endlich mal nackt sein. Ich wurde aufgefordert Drogen zu nehmen und heute noch Sex im Zelt zu haben. ‹Sick!›, ‹Awesome!›, ‹Fun!›, hui … Der Sänger auf der Bühne fragte: ‹Do you like it?› Und ich hatte keine andere Wahl als zurückzuschreien: ‹Piss off!›.› – S. 22

Aller guten Dinge sind drei? Na, dann sind wir auf jeden Fall schon auf dem richtigen Weg. Schon zum zweiten Mal bescherte uns nämlich der gebürtige Italiener Filippo Del Vita für diese Ausgabe nicht nur eine wunderschöne Modestrecke, sondern auch gleich ein Covershot mit dazu! Der in New York wohnhafte Fotograf hat sich in den letzten Jahren nicht nur mit wunderschönen Modestrecken für unterschiedlichste internationale Magazine und Werbekampagnen für diverse Kunden einen Namen gemacht, sondern auch durch einige Preise, wie jenen am Festival of Light in Kaunas und der Biennale in Reus. Filippo arbeitet in ganz Europa und den USA und lebt – wenn er nicht gerade auf Achse ist – in Brooklyn, NY. – S. 40

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‹neuzeit›

the story told

Fanfaren, Posaunen und einen ordentlichen Trommelwirbel bitte: Die Gewinner des Red Bull Storytellers stehen fest! In unserer Aprilausgabe suchten wir zusammen mit Red Bull nach den kreativsten VJs und fantasievollsten Schreiberlingen und haben sie gefunden. Unter zahlreichen – und fast durchwegs genialen – Einsendungen poetischer Ergüsse und bewegter Bilder setzten sich das Video von Dominik Bauer und der Text von Corina Bosshard durch! Gemeinsam mit einem Freerunner aus Aarau interpretierte der Student der Medienund Kommunikationswissenschaften in seinem Videobeitrag das Thema ‹Up and away› gekonnt, setzte es passend mit zwei Kameras in Szene und überzeugte nicht nur mit viel filmerischem Können, sondern auch mit einem eigens fürs Video komponierten Soundtrack! Zu sehen gibt’s das Gewinnervideo und mehr Info zum kreativen Kopf, der dahinter steckt, diesen Monat auf kinkimag.ch! Textlich hat es uns die Geschichte von Corina Bosshard angetan: In den vielen Stunden,

die die Ethnologin während ihrer Zeit in Tel Aviv am dortigen Flughafen verbrachte, beobachtete sie nämlich ein aussergewöhnliches Phänomen, welches scheinbar alle Wartehallen der Flughäfen dieser Welt verbindet. Um was genau es sich dabei handelt, könnt ihr auf Seite 112 dieses Hefts nachlesen. Doch nun stellt sich natürlich noch die Frage, was genau die beiden denn nun nebst Ruhm und Ehre gewonnen haben. Red Bull schickt Corina und Dominik ‹up› und richtig weit ‹away›, und zwar zum Red Bull BC ONE Breakdance-Contest nach Tokio! Dort treten diesen November nämlich die 16 führenden B-Boys aus aller Welt im Yoyogi Stadion gegeneinander an, und stellen ihre Skills für einmal nicht innerhalb ihrer Gruppe, sondern ganz auf sich alleine gestellt im One-toOne-Battle-Modus unter Beweis! Und Corina und Dominik werden für uns an vorderster Front dabei sein und Impressionen vom Tanzparkett, den Teilnehmern und hinter den Kulissen für uns einfangen, welche natürlich in geschnittener und transkribierter Form auch euch nicht vorenthalten bleiben werden. Und wer die beiden nochmals persönlich – oder zumindest digital – beglückwünschen möchte, der findet, wie schon erwähnt, auf unserer Website Gelegenheit dazu. Sowohl Gewinnervideo als auch -text stehen dort einen Monat lang zum Kommentieren und Gratulieren bereit! (rb) redbullbcone.com

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06 10.06. – 17.07.

langstrasse verlängern! eine aktion des architektur­ forums zürich Brauerstasse 16, Zürich 11.06. – 11.07

abart wm bar

Hafenkneipe, Zürich 13.06. – 26.09

rodney graham – through the forest Museum für Gegenwartskunst, Basel 19.06.

vive la fête

Stall 6, Zürich 24.06. – 27.06.

openair st. gallen feat. the stro­ kes, biffy clyro, billy talent, tocotronic, kasabian und white lies Sittertobel, St. Gallen 24.06. – 03.07

festival belluard bollwerk Freiburg 25.06.

kid fresh

Club Bonsoir, Bern

07 01.07.

edition party no. 3 Elli Disco, München 02.07. – 04.07.

15. internationales literaturfestival Leukerbad 02.07. – 17.07.

edition no. 3 Dass kinki magazine auch ein Synonym für ausufernde Partys ist, gilt längst nicht mehr als gut gehütetes Geheimnis. Es hat sich offensichtlich auch schon herumgesprochen, dass bei der sogenannten Edition-Partyreihe, die vorerst nur in Deutschland stattfand, garantiert schöne und gut angekleidete Menschen eloquent zu frischer Discomusik tanzen, bis das Kondenswasser von der Decke tropft. Die

‹agenda›

dritte Auflage der Edition-Party fand Anfang Mai in Stuttgart statt, dann in Hamburg und Berlin. Jetzt ist München dran! Am 01.07. heisst es also: kinki magazine präsentiert Edition No. 3 in der Elli Disco, Elisenstrasse 3 / Ecke Luitpoldstrasse, direkt am Elisenhof. Oldschool, Disco, Dance! (ms) ellidisco.de myspace.com/editionparty

montreux jazz festival feat. sophie hunger, beach house, mumford & sons uvm. Montreux 03.07

ebony bones (uk)

Poolbar Festival Feldkirch 07.07.

patti smith & band Rote Fabrik, Zürich 07.07. – 09.07.

bread & butter Tempelhof, Berlin 08.07.

valient thorr Sedel, Luzern 14.07.

tori amos (usa) sunset festival Dolder Eisbahn, Zürich 15.07. – 18.07.

gartenfestival Café Kairo, Bern


heilige dreifaltigkeit

Tri, tra, trallala: Die frische Kollektion von ‹Trinitas› über­ zeugt durch Hip­ ness und Humor.

Das Modelabel Trinitas wurde 2009 vom deutschen Design- und Kunst-Kollektiv Nous Sommes Des Soleils gegründet. Die zentrale Idee hinter der Modelinie war, nicht einfach bloss T-Shirts herstellen zu wollen, sondern Kleidungsstücke, bei denen sich der zukünftige Besitzer sicher sein kann, dass

er etwas Einzigartiges erworben hat. Doch anstatt die Stücke zu horrenden Preisen auf den Markt zu werfen, entschieden sich die Macher von Trinitas dafür, die Shirts nur in stark limitierter Stückzahl zu produzieren und auf die Sammlerleidenschaft der Käufer zu vertrauen. Die T-Shirts erscheinen im Abstand

von zwei bis drei Monaten in Sets. Jedes Set besteht aus sechs Shirts, bedruckt mit verschiedenen Motiven, die sich in jedem Set einem anderen Thema widmen. Die begrenzte Stückzahl beträgt 25 per Motiv in jeder Grösse und einmal ausverkauft, werden die Shirts nicht mehr nachgedruckt. Alle Designs werden auf speziell angefertigte Oversized-T-Shirts gedruckt, die aufgrund ihrer Überlänge sowohl Frauen als auch Männern ausgezeichnet stehen. Trinitas steht unter dem Motto ‹Kontraste›. Alle Motive thematisieren in einer Form den Unterschied zwischen Gut und Böse, Hell und Dunkel, Schönheit und Hässlichkeit, Freude und Trauer. Mit den eher düsteren, monochromen und sehr minimalistischen Designs stehen die Shirts von Trinitas selber im Kontrast zu der bunten Massenware der letzten Jahre. Die T-Shirts können unter trinitas.soleils.org angesehen und erworben werden. (mm)

himanthalia elongata Wenn schon der Sommer bei uns nicht Einzug halten möchte, so kann er das doch zumindest auf unserem Haupt: Mit Sachajuans Ocean Mist kann auch in der meerlosen Schweiz echtes Beachhair gezaubert werden. Schwedisch schlicht und mit geheimnisvoll tönender Ocean Silk Technology kommen die Haarpflegeprodukte von Sachajuan daher. Mit so wohlklingenden Algen wie der Enteromorpha Compressa holen die schwedischen Produkte das Maximum aus jedem Haartyp. Zu bestellen gibt es Sachajuan bei lookfantastic.com oder direkt über die Homepage sachajuan.com. (am)

trinitas.soleils.org soleils.org

HAPPY MIT ŠKODA

TIPP N°09 ERÖFFNEN

SIE EIN SPAR-

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Ein neuer Wind im altehrwürdigen Zürcher Club: Gustave Der neue Škoda Fabia erfreut Ihr Sparkonto, denn für wenig Geld bietet er viel Auto: neues Design, Benzin- und Dieselvarianten von 1.2 l TSI bis 1.6 l TDIDie mitAgentur 86 bis 105 PS, allegestaltetedie das neue Konzept neuen Motoren in der Energieeffizienz-Kategorie A, 5-Gang-Schaltgetriebe oder 7-Gang-Automatikgetriebe und viele Ausstattungsoptionen. Wählen Sie die Marke, schon zum Kaufleuten Lounge. 10. Mal Preis-Leistungs-Sieger geworden ist. Und erkundigen Sie sich auch nach unserem attraktiven Leasing – dann freut sich Ihr Sparkonto noch mehr. für diewww.skoda.ch

New ŠkodaFabia Clever ab CHF 14’990.–* (netto) oder ab CHF 139.–**/Mt. * Škoda Fabia Limousine Clever, 1.2 l HTP, 70 PS/51 kW, 5 Türen. Empfohlener Verkaufspreis inklusive 7,6% MwSt. Abgebildetes Modell kostet CHF 21’320.–. Treibstoffverbrauch/CO2Ausstoss 1.2 l HTP: Gesamtverbrauch: 5.5 l/100 km, CO2: 128 g/km. Energieeffizienz-Kategorie: A. Mittelwert aller Neuwagenmarken und Modelle in der Schweiz: 204 g/km. ** Leasingbeispiel, Finanzierung über AMAG Leasing AG: Škoda Fabia Limousine Clever, 1.2 l HTP, 70 PS/51 kW, 5 Türen. Effektiver Jahreszins: 4,49% (Laufzeit: 48 Mte./10’000 km/ Jahr), Barkaufpreis: CHF 14’990.– (netto), Anzahlung 20%: CHF 2’998.–, Leasingrate: CHF 139.90/Mt. exklusive obligatorischer Vollkaskoversicherung. Alle Preise inklusive 7,6% MwSt. Änderungen jederzeit vorbehalten. Die Kreditvergabe ist unzulässig, falls sie zur Überschuldung des Konsumenten führt.

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paperboy Nun ist kinki definitiv 2.0, wenn nicht sogar 2.0.1! Ab sofort könnt ihr nämlich jeden Beitrag, der im Inhaltsverzeichnis mit dem kleinen Dreiecksymbol gekennzeichnet ist mit euerm iPhone fotografieren, und ihr erhaltet in Sekundenschnelle Hintergrundinformation, zusätzliche Inhalte wie Videos und Musik oder könnt die Artikel via Facebook und E-Mail an eure Freunde weiterempfehlen. Dazu müsst ihr euch lediglich die kostenlose App ‹kooaba Paperboy› runterladen und schon kann’s losgehen: Einfach die Paperboy-App installieren, in der Applikation ein Foto einer mit dem Dreiecksymbol gekennzeichneten Seite aufnehmen, und schon liefert euch Paperboy mittels Bilderkennungsprogramm automatisch digitale Extras für die betreffende Seite. Also löscht eure doofen ‹Feuerzeug›- und ‹Wasserwaage›-Apps und schafft Platz für eine Applikation, die wirklich Sinn macht! (ah) kooaba.com

augenschmaus auf japanisch Schau mir in die Augen, Kirschblüte. Die Design Festa ist ein japanischer Megaevent für Visualisten.

Normalerweise gehören Messen ja nicht unbedingt zu jener Art von Anlässen, die man mit viel Spass und Spannung erwartet: lauwarmer Kaffee und noch lauwarmeres Bier, gelangweilte Aussteller und fantasielose Stände … Ganz anders hält es da allerdings die Design Festa Kunstmesse in Tokio. Fernab des sterilen Art Basel- oder Art MiamiImages treffen sich hier halbjährlich Künstler, Kreative und Interessierte aus aller Welt, um zwei Tage lang der Kunst, dem Chaos und der

i spy with my little eye

Tiefe Einblicke in Model-Schränke.

Wer hat nicht schon mal in einer fremden Wohnung nur allzu gerne Mäuschen gespielt und genauestens den Kleiderschrank der dort le14

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benden Personen inspiziert? Oder wem hat es nicht schon mal wenigstens in den Fingern gejuckt, so zu tun? Ganz ohne Angstschweiss vom Erwischtwerden kann man in die Kleiderschränke von Supermodels und anderer schöner Menschen schauen. Möglich ist das auf der Internet-Modeplattform Modelinia. Unter der Rubrik ‹In Her Closet› gewähren hier Models wie Noot Seear oder Hanne Gaby Odele Einblick in ihre gutgefüllten Kleiderschränke. Bitte hierfür ein Taschentuch bereitlegen oder das Sauerstoffzelt aufstellen, denn so viele schöne und teure Designermode sieht man nicht alle Tage versammelt in einem einzigen Kleiderschrank. (am) modelinia.com

Freude, die dahinter steckt, zu frönen. 8500 geladene und etliche freie Künstler waren auch am 14. und 15. Mai dieses Jahres (bereits zum 31. Mal) wieder nach Tokio gepilgert, um ihre Filme, Performances, Theater, Bilder, Installationen und sonstigen Ergüsse an 2600 Ständen der interessierten und zahlreichen Besucherschar vorzustellen, Kontakte zu knüpfen und die Kunst – wie der Name schon sagt – ordentlich zu feiern. Das Sympathische an dieser Veranstaltung

ist sicherlich, dass das Kongresscenter sich während dieser zweimal zwei Tage im Jahr nicht in eine zu Tode strukturierte, langweilige Messehalle, sondern vielmehr in ein quirliges, punkiges Chaos aus Musik, Farbe und Spass verwandelt, zu welchem jeder Aussteller und Besucher seinen Teil beiträgt. Und darum geht es doch eigentlich in der Kunst, oder? Bilder und Impressionen zur vergangenen sowie Informationen zur nächsten Design Festa findet ihr unter designfesta.com. (rb)

vélo volé Endlich Sommer! Und so locken nicht nur Vögel mit ihrem Gezwitscher ins Freie, sondern auch milde Temperaturen. Gediegenen Fahrradtouren steht nichts mehr im Wege. Und da mittlerweile auch all jenen, die sich eigentlich lieber im Range Rover fortbewegen, aufgefallen sein dürfte, dass Fahrradfahren ein zeitloser Trend ist, locken seit einiger Zeit nicht nur kiffende Flohmarktverkäufer mit schnieken Damenrädern und Rennvelos, sondern auch die Luxuslabels rund um die 5th Avenue. Wer also trotz gutsituiertem Lifestyle gerne selber in die Pedale treten möchte, braucht sich nicht mit schnöder Durchschnittsware zufriedenzugeben, sondern kann sich bei Chanel für schlappe 17 000 Franken die Designerversion des Citycrui-

sers abholen. Und wer’s lieber klassisch (und etwas günstiger) mag, dem sei das Hermès Dutch Bike (ca. 3500 Franken) ans Herz gelegt, das mit seiner klassischen Eleganz besticht. Oder aber man holt sich an der Zürcher Bahnhofstrasse seinen Gucci Cruiser ab, der mit etwa 6500 Franken wohl im mittleren Preissegment liegt. Allesamt kommen mit eleganten Satteltaschen daher, die Stauraum für mindestens drei Blackberrys, AmEx-Karten und eine Flasche Crystal bieten. Allerdings solltest du die zweirädrigen Schmuckstücke vielleicht nicht allzu lange unbeaufsichtigt lassen, sonst muss dich Mutti am Ende doch noch mit dem Range Rover abholen. Weitere Informationen und Bilder gibt’s auf purseblog. com. (rb)


SCHÖNHEIT IST EIN GUTES GEFÜHL

SONNENSCHUTZ ODER BRÄUNE? JETZT GEHT BEIDES.

* Marktanteil Schweiz aus: Sonnenschutz/Nielsen 2009

NEU

DER ERSTE SONNENSCHUTZ, DER SCHNELL ZU NATÜRLICHER BRÄUNE FÜHRT. Aktiviert die hauteigene Melanin-Produktion mit zweifacher Wirkung: • Verbessert den Schutzmechanismus der Haut • Stimuliert den natürlichen Bräunungsprozess 100 % natürliche Bräune, 0 % Selbstbräuner Erhältlich mit Sonnenschutzfaktor 20 und 30. Weitere Informationen unter www.NIVEA.ch oder 0800 80 61 11 (Mo – Fr, 9 – 12 Uhr, gratis). LSF 20, 30


roadtrip to the inside

Auch wenn die hübsche Dame noch keinen Führerschein hat, darf sie für’s Foto wenigstens so tun.

Einen nur halbwegs fahrtauglichen, alten ‹Bad Boys-Bus›, ein paar begeisterte Surfer und Skater sowie einige Kisten Bier und jede Menge Lust auf einen Trip durch den kühlen Australischen Winter: Das sind die Zutaten, die das Modelabel insight für das Shooting des Fall / Holiday 2010-Lookbooks zusammengetragen hat. Entstanden ist die Dokumentation eines Roadtrips der besonderen Art, der die insightCrew von Sydney in das wunderschöne Surferparadies Byron Bay an der Australische Ostküste führte. Eine DVD, ein persönliches Tagebuch und der eigens zusammengestellte Soundtrack ergänzen die Bilder von unterwegs, die die Streetwear des Australischen Labels in das richtige Licht rücken. Die Fotos des Trips sind eine moderne Hommage an die Mode und

den Lifestyle der 60er-Jahre, ein retrospektives Würdigen des Lebens aus dem Koffer, ‹on the road› eben. Als roter Faden ziehen sich abgetragener Denim, Holzfällerhemden und Jacken aus Leder, Strick oder Jeansstoff durch die Männerkollektion. Die Damen stattet insight diesen Herbst ebenfalls mit verwaschenem Denim, traumhaftem Stücken aus Leder und LurexStrümpfen, die mit schweren Boots kombiniert werden dürfen, aus. Einen Eindruck vom insight-Roadtrip sowie die kompletten Kollektionen für den kommenden Herbst gibt es unter insight51.com zu sehen. Die Bilder machen so richtig Lust, sich gleich selber ins Auto zu setzen und nur mit dem Nötigsten im Gepäck in die allgemeine Richtung Süden zu entschwinden.

hinter glas Jetzt kann man sich endlich wieder ohne Jacke am Leib, ohne Schirm, Pulli und Kappe aufs Fahrrad schwingen und raus in die Nachmittagssonne düsen – der Sommer ist da. Doch ein Ding sollte jetzt immer mit dabei sein: die Sonnenbrille. Denn Pollen, Feinstaub (von Zeit zu Zeit auch Vulkanasche) und blendende Sonneneinstrahlung sind die Übel beim sommerlichen Ausritt mit dem Drahtesel und verlangen nach dem nötigen Augenschutz. Ausserdem haben die dunklen Gläser noch einen zusätzlichen Vorteil: Die Strapazen der letzten Partynacht und allfällige emotionale Tiefs befinden sich hinter einer Mauer aus Coolness. Natürlich kann das nicht einfach irgendein Sichtschutz sein, man will ja auch gut aussehen damit. Eine von vielen Möglichkeiten, die passende Brille zu finden, ist der Mykita-Shop an der Langstrasse in Zürich. Das Berliner Brillenlabel, das in einer Kindertagesstätte gegründet wurde – des-

halb ‹Mykita› – bietet viele Modelle, von extravagant bis Standard. Das Konzept definiert sich in erster Linie dadurch, dass an den Brillen keine einzige Schraube zu finden ist, was sie extrem leicht macht. Das Sortiment geht von zahlbaren Evergreens über redesignte RetroModelle bis hin zu abgefahrenen Varianten, die zu tragen schon etwas Mut verlangt. Von der Masse heben sich vor allem die Kollektionen ab, die in Zusammenarbeit mit Designern wie Herr von Eden, Marios Schwab oder Bernhard Willhelm entstanden sind. Wie wir schon auf unserem Blog angekündigt haben, verlosen wir jetzt eines der schicken Gläser. Und zwar nicht irgendeins, sondern das Modell ‹Franz›, das von Bernhard Willhelm für Mykita designt wurde. Schreibt einfach eine Mail an wettbewerb@kinkimag.ch mit dem Betreff ‹Mykita›, und mit etwas Glück sitzt das extravagante Teil bald auf eurer Nase. (ah) mykita.ch

Hinter der Glasfassade verbirgt sich ein stilbewusstes Antlitz – solange die Scheiben von Mykita kommen.

(mm)

versus versace Wie sollte eine Frau riechen? Gut natürlich, das ist klar – aber bekanntlich ja ein weiter Begriff. Vielleicht verführerisch, aber nicht aufdringlich. Ein bisschen kühn, und doch elegant, überraschend, und doch irgendwie klassisch … Auch wenn diese Beschreibungen noch so gegensätzlich klingen mögen, sollten die Vertreter des starken Geschlechts sich diesen Sommer darauf gefasst machen, ihrer olfaktorischen Traumfrau in all ihren kontrastreichen Facetten zu begegnen: Mit dem Duft ‹Versus› von 16

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Versace beweist das italienische Modelabel nämlich einmal mehr, dass Gegensätze sich anziehen, manchmal sogar auf kleinstem Raum – in einem Kristallflakon. Seit der Lancierung des Labels Versus vor nunmehr 21 Jahren steht dieser Name nämlich für kontrastreiche und energievolle Facetten, die nicht nur in Düften, sondern später auch in Brillen-, Mode- und Accessoire-Kollektionen umgesetzt wurden und auch dieses Jahr für die Sommerkollektion des traditionsreichen Modelabels spielen (und

zwar unter der Regie von Christopher Kane). Bleibt nur noch die Frage, wie denn die wohlriechende, vielseitige Dame aussehen soll? Mit Lara Stone, die der aktuellen Kampagne des Dufts ihr Gesicht leiht, dürfte wohl nicht nur die Männerwelt überzeugt sein … (rb) Versus von Versace ist erhältlich als Eau de Toilette, Bath & Shower Gel und Body Lotion. kinki verlost ein komplettes Set des Dufts im Wert von CHF 196.–: Einfach eine Mail mit Betreff ‹Versus› an wettbewerb@ kinkimag.ch schicken, und dem Weg ins Stammhirn des Angebeteten steht nichts mehr im Wege. versace.com


I am the fire, I am the flame. I am the one who stands strong. My fabric is tough, my heart is brave. My soul is also proudly made by each of you who wears me now and screams it loud,

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‹kinkimag.ch›

french horn rebellion Diesen Monat feiern wir auf kinkimag.ch Premiere: Es erwartet euch das erste professionelle Videointerview! Zusammen mit Martin Luchsinger und Daryl Hefti, den Masterminds der Videoproduktionsfirma Yeahh Productions, versorgen wir euch von nun an nämlich in regelmässigen Abständen nicht nur mit bebilderten und bewegenden,

crookers Bekannter als der Name des italienischen Musikerduos Crookers ist wohl ihr Remix der Kid Cudi-Single ‹Day ’n’ Nite›, mit welchem die beiden Herren in England bereits die Charts stürmten. Warum die Crookers trotz dieses Erfolgs keinen einzigen Cent an diesem Song verdient haben, warum sie vor Erscheinung ihres nächsten Albums schon an ihrem übernächsten arbeiten, warum sie von ihren Landsleuten strikt in Englisch angesprochen werden, und wie die beiden sich über eine allfällige WM-Niederlage ihres Heimatlands hinwegtrösten würden, verraten sie euch diesen Monat in einem ausführlichen Interview auf kinkimag.ch/magazines. Wir haben die Künstler in Basel getroffen und stellen sie und ihre Arbeit auf kinkimag.ch/magazines detailliert vor.

sondern neu auch mit bewegt-bebilderten Videointerviews mit verschiedensten internationalen Musikern. Den Anfang machen die gesprächigen Brüder Robert und David von der New Yorker IndieElectro-Band French Horn Rebellion, die mit uns über ihre Familie und ihre Kindheit in Milwaukee plaudern.

nina ahn

Die koreanische Fotografin Nina Ahn stellt diesen Monat eine Auswahl ihrer Bilder auf kinkimag.ch/art vor. Ahns Werke sind Momentaufnahmen, die gekonnt mit Licht und Schatten spielen – einerseits die unzähligen Neonlichter asiatischer Grossstädte, im Kontrast dazu das natürliche Licht, wie es etwa im Spiel mit den Blättern eines Baums Muster auf Hauswände malt.

Immer wieder Thema in Nina Ahns Bilderwelt ist das einfache, ungeschönte Leben abseits der pulsierenden asiatischen Metropolen. Faszinierende Naturbilder wechseln sich mit skurrilen Schnappschüssen, die nicht selten Ost und West aufeinanderprallen lassen, ab und verleihen den Bildern, der in Seoul lebenden Fotografin, eine ungekünstelte Lebendigkeit.

anhang vergessen? Natürlich nicht! Denn nebst exklusiven Interviews und jeder Menge Zusatzmaterial zu diesem Heft findet ihr auch diesen Monat natürlich zahlreiche News, Wettbewerbe, Kolumnen und Veranstaltungshinweise auf unserem Blog, die neus18

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ten Musikvideos, verschiedenste Künstlerporträts und natürlich Platz für all euern Unmut auf unserer Klagemauer. Also unbedingt dranbleiben im ‹Anhang›, ist auch bestimmt kein Virus mit drin.


★★★ ★★★

BEST BRANDS. BEST BUYERS. BEST BUSINESS. BEST BRANDS. BEST BUYERS. BEST BUSINESS.

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klagemauer Dein Meerschweinchen hat dich heute gebissen? Deine Freundin steht auf DJ Bobo? Die Welt ist böse? Zürich geht dir auf den Sack? Dein Lover hat deinen Geburtstag vergessen? Egal was dich gerade stresst oder nervt: Auf kinkimag.ch unter ‹Klagemauer› kannst du Dampf ablassen. Die besten Einträge werden hier veröffentlicht.

Macht weiter so Jungs, dann heirate ich meine beste Freundin. Anonymous | Meine Motivation rennt nackig mit ’nem Cocktail über die Wiese… Anonymous | wenn es tatsächlich einen gott gibt, der all das erfunden hat… dann haben wir definitiv nicht den gleichen humor. Lola | wieso spamt diese oberhässliche bohnenstange sein facebookprofil mit herzchen voll und macht mir meinen platz an seiner seite streitig?! monalisa weint | kino dienstag abend. an edu­ cation. schönes drama. 1 tüte flips 1 meter hinter mir und meinem ohr. krckkkkk nacnac krckkkk ähh nacnac. absolutes drama. CLARA | Verdammt, mein Martiniglas ist besoffen! NiGhtwoman | Hipsters! Im Besonderen diejenigen, die andere Hipsters hassen, weil sie Hipsters sind! Lächerlich!!!! Anonymous | ‹ooh - ooh - oooohhhhh - ohhhhhhhhhhhh!!!!! …j…jaaa …hh!!!› herrje. ich habe porno über mir. ohrstöpsel | Das war also jetzt die Liebe… wow, ich hatte echt extrem viel mehr erwartet. hoffentlich begegnet sie mir nie, nie mehr. Ofelia | Das ich mein Lebenlang kinki sammeln werde, und es mit auf die toilette mitgenommen habe. Ich liebe es, ich liebe zugar diesen Geruch. HOCH SOLL KINKI LEBEN, EIN HOCH FÜR KINKI MAGAZINE. Ichliebekinki | du hast das schloss und ich habe den schlüssel. aber im grunde nervt das nicht mich, sondern dich. thekey | an alle frauen die sich heimlich mit den rasier­ klingen der männer ihre beine rasieren. erstens: ey, die klingen könnt ihr imfall weg­ schmeissen. wenn man mit einem rasenmäher über eine hecke fährt, schneidet der auch kein feines gras mehr. zweitens: Ihr glaubt doch nicht im ernst das wir das nicht merken läuft inzwischen mit bart herum | axel-schweiss-ränder. axel du nervst Anonymous | …sonntag 10.15 an­ ruf vom meinungs-forschungsinstitut… arschlocke ichsagdirmeinemeinung | die kreatur die den staub erfunden hat, soll sich heute nachmittag in meiner wohnung blicken lassen. staub­ sauger steht bereit. staubiger staub stäubt am stäubigstens | ferien mit freund und dessen exfreundin bä | keine arbeit und kein internet. kann mir mal jemand sagen wie das gehen soll? Anonymous | Ich höre geräusche von verkokelnden insekten einer lampe, die ich nicht ausfindig machen kann. es bleibt nur abzuwarten bis der gestank des geschmürzels meine nase erreichen wird. bis dahin leises sterben und elend – und ekel. htzz pfffh fhhh | Ich seh ihn, er küsst mich, ich schreib ihm, er mir nicht. Wo bleibt da die Gerechtigkeit verfluchtnoch­ mal?! justizia | eine dame trägt ihre ringe nicht unter den augen sondern an ihren fingernhat meine oma mal gesagt Anonymous | zurück zu den Eltern ziehn!! mein lieber Scholli das wird vielleicht was!! wasserglas | dicke modelfotos. oh gott. karriereende. period Anonymous | 20

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das man in den medien kaum fotos von der öl­pest sieht. das stinkt doch zum himmel! wahrscheinlich ist die ganze brühe schon kurz vor europa … mach mal nen foto | maaan wieso muss ich um diese zeit noch hunger haben?! weiss genau das nix im kühlschrank ist muss nicht mal nachschaun … ich geh aber trotzdem mal nachschauen tschüss | Wiso chunt nach 3­4 sätz immer die frag bisch du single? nur wels bi fb nöd drin staht?!? zum choooooootze! Anonymous | dass ich dank facebook immer narzisstischer werde Anonymous | life is a fucking bitch! – und ich auch … ! Anonymous | ‹Na, hast du schon wieder dicke Eier?› Warum klingt dieser Satz meiner Freundin immer so abwertend? Max Fuchs | Darf ich hier anstatt genervter Sätze einmal was nettes sagen?? IHR SEID SPITZE!! ihr bringt mich jeden Tag zum schmunzeln – eure Aussagen könnte ich allesamt mitunterschrei­ ben! weiter so … oh du doofer Reissverschluss, musst du dich immer quer stellen? wasserglas | das *vergessen* nie bei den erinnerungen funktioniert die man vergessen will. zum beispiel unüberlegte küsse aus neugier. Lola ist immer noch Lola | ja will mich der tubel ei­ gentlich vernüsseln?! wieso muss eigentlich ein scheff auch immer ein arschloch sein? der kann mir mal an den ranzen hängen, ich mach jetzt feierabend Anonymous | dass mein abfalleimer stinkig ist. ich habe ihm ja gar nichts getan. ja gut, heute mittag hab ich wieder mal gekocht Anonymous | das jane alleine im jungel sitzt, ohne tarzan :( mausimrosenfeld |

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Freischaffende Wanderer proben die Grenzüberschreitung: Das Betahaus Berlin bekommt Zuwachs in Zürich. Text: Carola Dorner

Ein Café mit Flohmarkt-Charme.

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ch habe einen Schreibtisch in Berlin. Dort lebe ich nicht, aber gelegentlich habe ich da zu tun. Und dann brauche ich einen Arbeitsplatz. Mal für ein paar Tage, mal für zwei Wochen. In einer anderen Stadt zu übernachten, ist kein Problem. In einer anderen Stadt zu arbeiten schon. Zwar gehöre ich als freie Journalistin zu den Menschen, die theoretisch an jedem Platz arbeiten können, an dem sie ihren Laptop aufklappen. Tatsächlich brauche ich, wenn ich mehr als eine Stunde zu tun habe, kein Café mit WLan, sondern einen Ort und feste Strukturen. Und damit bin ich zum Glück nicht alleine. Etwa 120 digitale Nomaden, Soloselbstständige, Minifirmen, Gründer und Kreativarbeiter haben in Berlin einen Ort gefunden, der für uns beruflich Nichtsesshaften so etwas wie eine Heimat auf Zeit geworden ist.

Kreatives Obdach Das Betahaus ist ein Coworking Space. In drei Grossraumbüros in einem Kreuzberger Gewerbehof sitzen Selbstständige auf der Flucht vor der Einsamkeit, Durchreisende mit Wunsch nach einem Ruhepol, Doktoranden mit Bibliothekenabneigung. Manche bleiben ein paar Tage, andere Wochen oder Monate. Sie arbeiten allei-

Grüne Welle auf dem Weg ins Büro.

Einmal die Woche gibt’s ein ‹Netzwerkfrühstück›.

ne vor sich hin und lassen sich vom Geklapper der MacBook-Tasten einlullen oder sie suchen Anschluss, tun sich mit anderen Soloarbeitern für ein Projekt zusammen und ziehen irgendwann weiter. Die Idee des Coworking Space ist nicht neu. Sie stammt aus den USA und schwappt schon seit ein paar Jahren rüber nach Europa. In Deutschland ist das Betahaus zur Zeit das grösste und das gefragteste Projekt unter den freien Arbeitsorten. Darüber, dass das Haus mit der Vorläufigkeit im Namen so erfolgreich ist, wundern sich selbst die sechs Gründer. So geht es zumindest Madeleine von Mohl, die sich um Presseanfragen und Neuzugänge kümmert. ‹Wie haben wir es mit so einfachen Mitteln geschafft, den Nerv der Zeit zu treffen? Das frage ich mich immer wieder.› Die Mittel, aus denen die Studienabgänger, Designer und Web 2.0-Fans das spätere Erfolgsmodell bauten, waren tatsächlich schlicht und gut. Statt auf Werbung, setzte das Gründerteam auf Mundpropaganda und Social Media. Was digital funktionierte, schlug sich bald in der realen Welt nieder. Ein Gewerbehof in Kreuzberg, ein Café mit Flohmarktsofas, drei hallenartige Räume mit Tischen aus Böcken und Spanplatten und Mehrfachstecker, die von der Decke baumeln. Das gesamte Ambiente transportiert eine Mischung aus klarer Linie und Provi-

sorium. Die leichten Tische lassen sich innerhalb von Minuten zusammenklappen – wie die Laptops der User, wie die Betaarbeiter selbstverständlich genannt werden. Etwa ein Drittel der Nutzer hat sich inzwischen mittelfristig niedergelassen und einen festen Schreibtisch gemietet. Wer zum Fixtarif hier arbeitet, hat die Freiheit seinen Schreibtisch vollzumüllen, als wäre er zu Hause. Er kann Blumen aufstellen, Poster an die Wand hängen, hat seinen eigenen Hausschlüssel, einen Briefkasten, ein Schliessfach und kann Tag und Nacht arbeiten. Wer die grosse Freiheit, also Tages-, Wochen- oder Monatskarten vorzieht, ist an die Öffnungszeiten gebunden und muss am Ende des Arbeitstags seinen Schreibtisch blitzblank hinterlassen. So kann am nächsten Tag ein anderer Nomade den Platz einnehmen. Trotz aller Freiheit gibt es erstaunliche Kontinuitäten. Wir Betahaus-User halten uns für unkompliziert, international, cool und flexibel – und sitzen doch jeden Tag am selben Platz, trinken unseren Latte macchiato und fragen uns, wenn einer fehlt, ob er wohl Urlaub macht. Auch die Arbeitszeiten sind klassisch. Die meisten arbeiten ten to six. Sie werkeln bis zur Mittagspause, gehen runter ins Café, wo Suppen und Muffins angeboten werden. Gegen vier gibt es Kaffee und um sechs wünschen sich die wilden Kreativen einen schönen Feierabend. Die Arbeitsmoral der Freien ist für kinki 33


Ein Platz am Schreibtisch ab zehn Euro am Tag.

Aussenstehende erstaunlich. Eine ‹innere Kündigung› gibt es unter Selbstständigen nicht und die positive Stimmung steckt an. In den Büros wird kaum privat telefoniert, Anrufe werden gerne mit einem ‹ich kann grad nicht, bin im Büro› abgewürgt. Darüber, wie rigide sich die Freien an ihre eigenen Grenzen halten, wundert sich auch Madeleine immer wieder. ‹Manchmal denke ich, die Leute sind zwar frei, aber sie nutzen die Freiheit gar nicht. Die meisten kommen immer zur selben Zeit und sitzen immer an den gleichen Plätzen.›

Auf der Durchreise Offensichtlich geht’s gar nicht darum, eine Freiheit auszuleben, sondern der Freiberuflichkeit einen Rahmen zu geben. ‹Ich habe immer den Eindruck, wir sind die Verbindung aus Freiheit und der Sehnsucht nach einem Ort. Nach ‹Guten Morgen›, nach Kontakt, netten Kollegen und einer Infrastruktur. Wir sind so etwas wie die guten Seiten von einem Unternehmen. Die negativen Seiten, also der nervige Chef, und die Verpflichtung, das alles fällt weg. Du kommst, wann du willst und du gehst, wohin du willst.› In Zukunft können die Freien sogar den Ort wechseln und trotzdem auf die vertrauten Strukturen zurückgreifen. Weil der klassische Betahaus-User nicht nur ein kreativer Kopf, sondern auch noch ein Durchreisender ist, verbreitet sich die Idee Betahaus mit erstaunlichem Tempo in Europa. Immer mehr Teams machen sich in ihren Städten daran, weitere Häuser aufzuziehen, eigenständig, aber mit Betahaus-Beteiligung. Organisiert werden die neuen Häuser von den Teams vor Ort, die Berliner Gründer unterstützen mit Erfahrung, Software und Netzwerk. ‹Wir haben im letzten Jahr bewiesen, dass wir eine Idee haben, die funktioniert, Spass macht und die Zielgruppe trifft. Jetzt wollen wir zeigen, dass das auch an anderen Orten klappt›, erklärt Ma34

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Zusammen ist man weniger allein – Arbeiten im Betahaus.

deleine. Zum Teil sind die neuen Häuser noch in Planung, oder schon in der Probephase. Hamburg konzipiert gerade sein Haus im Schanzenviertel, in Lissabon läuft seit Mai die Probephase und in Zürich stehen etwa 30 potenzielle User Schlange und warten darauf, dass das Team Zürich eine geeignete Immobilie findet.

Neue Plätze für alle Mitinitiator des Betahaus Zürich ist Pascal Baumgartner. Pascal, von Beruf Ideenbeschleuniger, verkörpert genau den Typ, von dem die Betahaus-Idee lebt. Er ist selbstständig und lebt in Berlin und Zürich davon, dass er Geschäftsideen beschleunigt, indem er Einfälle, Kontakte, Patente, Erfindungen, Leute und eigene Erfahrungen zusammenbringt. Zusammen mit zwei Kollegen ist er auf der Suche nach der geeigneten baulichen Hülle für die digitale Bohème. ‹Wir suchen gerade mit aller Kraft eine Immobilie, die gut gelegen und bezahlbar ist, und gehen dann erst mal mit 20 bis 30 Usern rein.› Insgesamt will das Team Zürich etwa 80 Kreativ- und Wissensarbeitern einen Schreibtisch zur Verfügung stellen. Daran, dass die Möglichkeiten auch genutzt werden, hat der Ideenbeschleuniger nicht den geringsten Zweifel. ‹Wir haben ständig Anfragen in der Art ‹wann kommt ihr und wann kann ich einziehen?›. Die Zielgruppe will uns. Und Zürich ist der richtige Ort für ein Betahaus. Dort gibt es eine ausgeprägte Kreativszene und genau das brauchen wir, Kreativität und Interesse am Austausch.› Warum der neue Ort nicht irgendeine Plattform werden soll, sondern ein Projekt der Marke Betahaus, hat vor allem zwei Gründe: Zum einen transportiert das Haus in Berlin Werte, die offensichtlich den Nerv der Zeit treffen und zum anderen geht es darum, ein europaweites Netzwerk aufzubauen. Wer in Berlin seine Monatskar-

te zahlt, soll damit auch nach Zürich oder Lissabon gehen können. Der Betanomade der Zukunft arbeitet vielleicht eine Woche in Berlin, drei Tage in Zürich, zwei Tage in Lissabon und zwischendurch einen Tag in Hamburg. Das ist heute noch Zukunftsmusik, kann aber im nächsten Jahr genau so aussehen. Wie ähnlich die verschiedenen Häuser sich hinterher wirklich sein werden, weiss heute noch niemand. Da sind die Berliner Gründer selber gespannt, erzählt Madeleine: ‹Wir wollen rausfinden, was applizierbar ist. Was ist typisch Berlin und was wird typisch Zürich sein? Was können wir mitnehmen und was wird verändert? Zürich wird vielleicht etwas schicker eingerichtet, in Hamburg brauchen wir wahrscheinlich mehr fixe Plätze, weil es dort weniger Fluktuation gibt. Jetzt wird sich herausstellen, ob wir ein Produkt haben, das man kopieren und irgendwo hinsetzen kann, oder ob der Erfolg an den Personen oder an der Stadt hängt.› Ob die Marke Betahaus in Zürich, Lissabon und Hamburg funktioniert, wird sich bald zeigen. Daran, dass sich die Arbeitsform hält, haben weder die Gründer, noch die User der Coworking Spaces Zweifel. Journalisten, Programmierer, Anwälte, Unternehmensberater, Designer, Übersetzer, Soloselbstständige, Minifirmen, Coaches, Netzwerker und Ideenbeschleuniger wird es in Berlin, Zürich und in vielen anderen Städten immer und vermutlich immer mehr geben. Leute, die ihr Ding machen, die alleine, aber nicht einsam arbeiten wollen, sich zurückziehen und trotzdem den Smalltalk am Kopierer suchen. Und viele von ihnen werden auch in Zukunft ein wenig Struktur und einen Ort brauchen, an dem sie frei sind zu arbeiten, zu bleiben oder zu gehen. Ausserdem ist es einfach ein verdammt gutes Gefühl, sagen zu können, ich hab noch einen Schreibtisch in Berlin. Oder in Zürich, Hamburg oder Lissabon. Weitere Info unter betahaus.de. Fotos: Carola Dorner, Daniel Seiffert


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‹querschläger› Alles, ausser angepasst. Früher bekannt für ihr südländisches Temperament, ihre Liebhaber und ihre ungebrochene Fröhlichkeit, gibt Nella Martinetti sich seit ihrer Krankheit eher melancholisch und pessimistisch. Wir sprachen mit ihr über die Presse und das Böse.

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las, Gold und verschiedene Katzen in allen erdenklichen Formen und Farben empfangen einen, wenn man Nella Martinettis Wohnung in Jona betritt. Die eigene Katze namens Otto hat sich für unseren Interviewtermin allerdings verkrochen. ‹Er hasst Fotografen›, lacht Nella und führt uns durch ihre blitzblank aufgeräumte Wohnung, in der es stark, aber nicht aufdringlich nach Parfüm riecht. ‹Ich mag die Anarchie, allerdings nicht auf dem Boden›, erklärt Nella die Ordnung in ihrer WG, in der sie seit über 20 Jahren mit ihrer Freundin Sabine Schneebeli haust. An den Wänden und auf den kleinen Zierdecken auf den gläsernen Tischchen und Ablagen erzählen Bilder von Nellas 40-jähriger Karriere: eine Fotografie mit Céline Dion, für welche sie zusammen mit Atilla Sereftug 1988 den Siegertitel zum Grand Prix d’Eurovision geschrieben hatte, Bilder von Bekanntschaften und Weggefährten. Gezeichnet von ihrer letzten Chemotherapie, setzt sich der Tessiner Schlagerstar im Wohnzimmer in einen Sessel, direkt neben ihrer Prix Walo-Auszeichnung für ihr Lebenswerk und erzählt von ihrem Leben als Kindergärtnerin, Autorin, Journalistin und Künstlerin, welches stets von den Medien dokumentiert wurde und ihr in den letzten zehn Jahren nicht mehr leicht gefallen, geschweige denn Freude bereitet habe. Dazu kommt, dass die Karriere in Deutschland gezeichnet war von Betrug und ‹dieser kühlen Art und Weise der Deutschen. Ich mag sie nicht.› Als Nella mich von oben bis unten betrachtet, zeigt sie sich bestürzt und bietet mir sogleich einige übriggebliebene SchokoladenOstereier an. Dass ich schon zu Mittag gegessen habe, glaubt sie mir nicht, ‹du bist ja sooo dünn›.

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Auch unser Alter scheint die Grande Dame der Schweizer Volksmusik zu verwundern, hatte sie den Fotografen doch auf anfangs 20 und mich auf höchstens 17 geschätzt. Reichlich verwirrt, ob eine solche Aussage denn nun mit 28 schon ein Kompliment oder aber doch eher noch eine Unverfrorenheit ist, setze ich mich der müden Nella in ihren durchsichtigen Schuhen gegenüber. Mit ihren grossen Augen schaut sie mich an, und irgendwie fühlt es sich an, als könne man Nella alles fragen, was man will. kinki magazine: Frau Martinetti, glauben Sie an das Böse? Nella Martinetti: Ja! Das Böse gibt es. Wenn man das Gute und das Böse auf dieser Erde gegeneinander auf die Waagschale legen würde, bin ich mir sicher, das Böse hätte mehr Gewicht! Denken Sie denn, dass das Böse in jedem von uns schlummert? Ja, genau. Manche Menschen – du, ich – leben vielleicht in der jetzigen Situation an diesem konkreten Ort hier friedlich nebeneinander, würde jedoch ein Krieg oder etwas in der Art ausbrechen, so würde sich das schlagartig ändern. In uns allen steckt eine andere Seite. Zum Beispiel auch in Punkto Sexualität: Als ich mich im Spital im Delirium befand, hatte ich Träume, in denen ich Dinge erfahren habe über meine Persönlichkeit, verborgene Seiten meiner Seele … Allerdings basierte Ihr Erfolg vor allem darauf, dass man Sie als Frohnatur und Sympathieträger empfand. Wie erklären Sie sich, dass Sie durch diese Charakterzüge so erfolgreich wurden? Finden sie mich denn nicht sympathisch (lacht)?

Doch, doch. Eben das ist es ja: Ich finde Sie sehr sympathisch, weiss aber nicht warum. Was ist Ihr Geheimrezept? Vor einiger Zeit kam mal eine Journalistin zu mir, die meinte: Ich komme zu Ihnen um herauszufinden, ob es wahr ist, dass Sie eine Art Licht ausstrahlen. Als wir dann einige Zeit miteinander gesprochen hatten, sagte sie plötzlich: Moll, das Licht ist da! Irgendetwas scheine ich auszustrahlen, woher das kommt, oder was genau das ist, weiss ich aber genau so wenig wie alle anderen. Diesem Charisma habe ich wohl meine 40-jährige Karriere zu verdanken. Ich stehe überall irgendwie im Mittelpunkt, doch ich weiss nicht wieso: Ich bin nicht schön, ich bin nicht schlank, ich bin eine alte Zwetschge … (lacht). Wenn ich auf der Bühne stehe explodiere ich halt einfach wie ein Vulkan, auch wenn ich Schmerzen habe, oder sonst etwas nicht in Ordnung ist, ich glaube, ich verfüge einfach über eine gewisse Präsenz. Komischerweise kennen mich sogar die Kids. Vielleicht weil ich oft im Fernsehen auftrete, oder mit meiner Art zu denken manchmal anecke. Ich finde, ich verfüge über eine sehr moderne Denkart. Wenn auch immer verbunden mit einem Hauch Nostalgie und Melancholie. Sie waren ja auch für Ihr unbeschwertes Verhältnis zu Ihrem Körper und Ihrer Figur bekannt. Waren sie wirklich so zufrieden, oder war das vorgetäuscht? Das war nicht immer wahr. Als ich dick war – ich habe ja mittlerweile 20 Kilo abgenommen – war ich todunglücklich. Obwohl es meine Krankheit war, durch die ich soviel Gewicht verloren habe, freue ich mich doch darüber, etwas schlanker geworden zu sein. Ich versuche zwar, dieses Gewicht

nun zu halten, ich werde ja ein paar Reserven brauchen für den Krebs, aber ich fühle mich wirklich einiges jünger, und das wirklich wegen meines Körpers. Es gibt wohl wenig von Ihrem Privatleben, das nicht den Weg in die Medien geschafft hat. Haben Sie ein überdurchschnittlich grosses Mitteilungsbedürfnis, oder ist diese Seite einfach auch Teil Ihres Jobs? Das ist schon ein beidseitiges Verhältnis. Am Anfang kamen zwar die Medien auf mich zu, aber ich war es, die mit den Worten ‹Hey du, ich war schon in der Bildzeitung, warum machst du nicht für den Blick auch ein Foto von mir?› auf einen Blick-Journalisten zuging. Daraus entstand dann das legendäre Foto von mir mit der Brisago-Zigarre im Mund. Am Anfang half mir ein guter Freund bei der Pressearbeit – ich habe wirklich alles mitgemacht am Anfang. Mit der Zeit wurde die Presse für mich fast wie eine Art Familie, wir profitierten voneinander, denn ich wollte populär werden und die Medien waren froh um die Inhalte. Gibt es denn ein Thema, über das Sie mit der Presse noch nicht gesprochen haben und worüber Sie auch nie reden wollen? Ja, das gibt es, ein paar sogar. Aber darüber spreche ich auch mit dir nicht (lacht)! Nella Martinetti lebt in einem Terrassenhaus in Jona bei Rapperswil und mag keine Witze. ‹Ich bin doch selber ein Witz›, begründet sie ihre Meinung ohne ein Schmunzeln. Jenen Witz, den sie uns trotz allem erzählt hat, können wir hier leider nicht abdrucken … Text und Interview: Rainer Brenner Foto: Daniel Tischler


‹Irgendetwas scheine ich auszustrahlen … ›

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Was, wenn es auf einmal keinen Spass mehr macht, im Internet zu surfen? Dann wird professionelle Hilfe nรถtig.

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‹standleitung› Die Offlinebraut Kreativ und depressiv? Eine Discounthotline verspricht Hilfe. Was niemand weiss: Sie führt direkt in ein indisches Callcenter. Dort sitzt Rajiv Ratra und hört zu. Oder er greift sogar ein! Zum Beispiel in den überfüllten Mailaccount von Sabina. Sie führte ein geordnetes Leben. Dann wurde sie offlinesüchtig … Von Laurence Thio und Tin Fischer

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igentlich hätte Rajiv ‹Nein› sagen müssen. Nein, mit dem Thema Offlinesucht kennt er sich nicht aus. Da konnte die junge Frau am Telefon noch so viel flehen, dass er ihr hilft. Aber andererseits: Kannte er sich mit irgendeiner der psychischen Störungen aus, deretwegen er jeweils angerufen wurde? Mit Suizid? Oder mit Vaterkomplexen? Und trotzdem hatte er ihnen allen helfen können. Also gab Rajiv ‹Offlinesucht› bei Google ein. Ausser der Frage ‹Meinten Sie: Onlinesucht› fand er zwar nur Klamauk zum Thema. Aber immerhin, dachte sich Rajiv: Der Patient weiss bereits, woran er krankt. Das Schwierigste bei der Sucht ist ja das Eingeständnis der Sucht. Also wird sich auch dieses Problem lösen lassen. Und so erzählt ihm jetzt die junge Frau, Sabina heisst sie, von ihrer Sucht, die sie ruiniert. Das Internet und sie, sie seien quasi Eins gewesen, sagte sie, als würde sie von einer einst glücklichen Ehe erzählen. Das erste Mal online mit 11, die erste Flatrate mit 15. Das erste Mal Twitter dann mit 22. ‹kaue kaugummi›, habe sie getwittert. ‹@kauerbluemchen: welchen denn?› habe jemand zurückgeschrieben und sie: ‹so bio-dings›. Dass das jemand interessiere, habe sie auch überrascht. Und erst recht, als es bald so viele waren, dass sie das Rezensieren und Verkaufen von Kaugummi zum Geschäft machen konnte. Wann immer sie einen Kaugummi kaute, war sie online. Ihre KaugummiKurzrezensionen auf Twitter waren Kult geworden. Die Offlinesucht kam schleichend. – Es hat ganz harmlos angefan-

gen, schluchzt sie. Beim Mittagessen konnte ich keine Kaugummis kauen. Ich begann dann auch mein iPhone auszuschalten. Das war total der Flash! Dann wurden die Mittagspausen immer länger. Und wissen Sie was? Es fühlte sich frei an. Tage und Nächte bin ich dann durch die Stadt geirrt, immer auf der Suche nach neuen Netzlöchern. Immer öfter habe ich mein iPhone zu Hause vergessen. Ich war berauscht und total off … – Wie lange sind Sie schon offline?, fragt Rajiv routiniert. – Seit fast einem Jahr, sagt sie und lässt ein nervöses Junkie-Kichern hören. – Aber vielleicht ist ein Leben ohne Internet ja möglich, versucht Rajiv zu trösten, so richtig glaubt er selber nicht daran. Er geht weiter auf Ursachensuche. Was machen Sie denn, wenn Sie offline sind? Ist das tatsächlich so viel besser? – Ich mache dies und das. Ich lasse mir mehr Zeit, gehe viel spazieren.

‹Der ultimative Kick ist diese Unerreichbarkeit, die ich die ganze Zeit spüre.› Das schnelllebige, hektische Web, ich habe es einfach ausgesperrt aus meinem Alltag.

Man muss aufpassen an der Psychohotline, dass man nicht plötzlich neidisch wird auf das Leid seiner Patienten. Rajiv passiert das heute zum ersten Mal. Er schaut auf seinen Bildschirm und kann sich nicht daran erinnern, wann er zuletzt offline war. – Aber das ist sicher nicht nur positiv!, sagt er streng, eher zu sich selbst als zu ihr. – Am Anfang war es das pure Glück. Doch nach und nach bin ich immer mehr ins Aus geraten. Ich treffe meine Freunde weniger, ich werde nicht mehr zu Partys eingeladen. Vieles bekomme ich gar nicht mehr mit. Ich verziere stundenlang Briefe, nur um nicht meine Mailbox zu checken. Ich will nicht wissen, wie es da aussieht! – Sie müssen es behutsam angehen, versucht es Rajiv. Schauen Sie online mal das Wetter nach. – Ich kann nicht!, antwortet sie panisch. Ich habe das alles schon probiert. Es hat nichts gebracht! Ich habe mir sogar eine Selbsthilfegruppe gesucht, Slow Internet. Wir surfen mit gedrosselter Bandbreite, so ein Seitenaufbau kann schon mal zwei Minuten dauern. Zu Anfang dachte ich, das schlägt an. Aber durch das langsame Internet bin ich nun noch seltener online! Rajiv ist ernsthaft ratlos. – Wie soll ich Ihnen denn jetzt helfen?! – Räumen Sie meine Accounts bei Facebook, Twitter und Flickr auf, fleht Sabina. Rajiv zögert, eigentlich gehört das nicht in seinen Aufgabenbereich als Telefonseelsorger. – Das kann ich Ihnen nicht abnehmen. – Sie müssen! Wollen Sie, dass ich Pleite gehe? Seitdem ich nicht

mehr auf Twitter und Facebook Werbung mache, verkaufe ich keinen einzigen Kaugummi mehr. Sie schmatzt bekräftigend und gibt ihm Benutzernamen und Passwörter durch. Rajiv loggt sich ein. Was er sieht ist das digitale Äquivalent einer Junkie-Wohnung. Alles voller Spam, tausende ungelesene EMails. Allein schon die Betreffzeilen lassen Unheil ahnen: – ‹Re: Re: Re: Fwd: Fwd: Fwd: Re: Wann kommt endlich mein Kaugummi?!› Wäre dies eine Wohnung, Rajiv hätte auf der Stelle wieder umgedreht und sie verlassen. Stattdessen aber tut er etwas Seltsames. Von Aussen sieht es vielleicht nach Verzweiflung aus, so, als könnte er seinem Patienten einfach nicht helfen. Wie wild haut Rajiv auf seine Tastatur. Aber dann kopiert er ganz ruhig den eingehauenen Text und fügt ihn als neues Passwort ein. – Sabina, sagt Rajiv, hören Sie, Sie sind frei! Das Passwort kennt selbst er nicht, als er sich ausloggt. Illustration: Patric Sandri Unser indischer Freund Rajiv Ratra ist ein wahres Multitalent: Als Berater einer Baumarkt-Hotline und Telefonseelsorger kümmert er sich gleichermassen um defekte Möbel und Menschen. Den kinki Lesern bietet er dabei monatlich einen kleinen Einblick in seinen Berufsalltag.

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Son of the silent age Photography and Art Direction Filippo Del Vita Post Production Laura Garcia Serventi, both @ EFFELLEPHOTOGRAPHY Stylist Evren Catlin Hair & Make-up Melanie Harris using Kérastase and Givenchy Products Model Frey Mudd @ Red NYC Photographer’s Assistant Paul Nathan 40

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page 41 & 48 Necklace Chip Dillon page 42 Jacket & Pants V-Moda Longsleeve Shirt Stylist’s Own Necklace Chris Habana Boots Dr. Martens page 43 Leather Jacket Vintage Shirt Ugly Original page 44 Cardigan General Idea Leather Skirt Koos van den Akker Leggings Michael Calloway at Malin Landaeus Boots Dr. Martens page 45 Pants and Headband Michael Calloway at Malin Landaeus Suspenders American Apparel Jacket Prinz Peter page 46 Shirt Ugly Original Parachute Pants Issey Miyake Boots Neil Barrett for Palladium Sunglasses Mykita page 49 Sleeves Top Siki Im Necklace Chris Habana Pants General Idea

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‹wortlaut› Das 10 Minuten Interview.

kinki magazine: Herr Ziesmer, sind Sie bereit? Santiago Ziesmer: Ja, wir können loslegen.

Santiago Ziesmer: ‹Mich hört man überall raus.›

Wollen eigentlich viele Leute dieses ‹Ich bin bereit!› von Ihnen hören? (In der Stimme von SpongeBob:) Ich bin bere-heeeit! Ja, das ist natürlich schon zu einer Art Markenzeichen geworden, ist aber auch mein Motto, zumindest was die Arbeit betrifft. Wie sind Sie eigentlich von der Schauspielerei zur Synchronisation gekommen? Das ist schon ganz früh passiert: Im zarten Alter von elf Jahren hat ein Fernsehregisseur mich an der Schule entdeckt. Der ging damals durch verschiedene Schulklassen, um ein Kind für die Hauptrolle eines Fernsehfilms zu finden. Er wollte kein Kind irgendeiner Agentur, sondern eines, das noch nie vor der Kamera gestanden hatte. So kam ich nach etlichen Probeaufnahmen zur Hauptrolle dieses Fernsehfilms. Die Aussenaufnahmen des Films mussten nach dem Dreh dann im Studio nachsynchronisiert werden, das heisst, ich habe mich damals also selber synchronisiert. Anscheinend habe ich mich dabei ganz gut angestellt, die Leute vom Studio meinten jedenfalls, dass ich ziemlich begabt und musikalisch sei, weshalb mich die Synchronfirma in ihre Kartei aufnahm. Von da an riefen die mich dann an, wenn es etwas Passendes zu vertonen gab, den kleinen Jungen aus Bonanza zum Beispiel …

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er zwischen 12 und 18 Uhr seinen Fernseher einschaltet, kommt am kleinen gelben Schwamm aus Bikini Bottom einfach nicht vorbei: SpongeBob lacht sich Burger bratend durch sämtliche Fernsehkanäle, und das mit einer Stimme, die einem durch Mark und Bein geht. Gehören tut diese dem gebürtigen Spanier Santiago Ziesmer, der seit 1964 in Berlin lebt und bereits auf Kindsbeinen in die Welt der Schauspielerei eingestiegen ist. Doch die wenigsten Menschen kennen den 57-Jährigen heutzutage wohl aufgrund seiner Bühnenstücke oder seiner Film- und Fernsehrollen, sondern viel eher als die quiekige Stimme des Tollpatschs Steve Urkel aus ‹Alle unter einem Dach›, Steve Buschemis, den Pfefferkuchenmann aus ‹Shrek 2›, das

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Ferkelchen aus ‹Winnie the Pooh› – oder eben als SpongeBob. Santiago Ziesmer gehört mit seiner fast schon unüberblickbaren Liste von Cartoonfiguren und schrägen Typen, denen er seine Stimme lieh, mittlerweile zu den bekanntesten Synchronsprechern des deutschsprachigen Raums. Als der freundliche Mann mit der wirklich aussergewöhnlichen – und vor allem aussergewöhnlich jungen – Stimme denn das Telefon abnimmt, kommt es mir allerdings nicht vor, als telefoniere ich mit einem gelben Hohltier, das in einer Ananas wohnt, und auch nicht so, als sei es der kurzsichtige schwarze Junge mit den Hochwasserhosen, der mich da am anderen Ende der Leitung erwartet. Seine Stimme klingt sanft, melodiös, fast schon überdeutlich. Und irgendwie vertraut …

Sie sind in der Deutschen Fernsehlandschaft ja fast schon unersetzlich geworden … Ja, das stimmt, andererseits hat das natürlich seine guten und schlechten Seiten. Zwar wird man vielleicht öfter bei der Auswahl bedacht, viele sagen dann aber auch, wenn sie meinen Namen hören: ‹Ne, bloss den nicht, der ist schon so belegt, die Stimme ist zu bekannt.› Es ist also Segen und Fluch zugleich. Wie genervt ist man eigentlich nach 50 Folgen SpongeBob von diesem kleinen gelben Schwamm und seinem ewigen Lachen? Verfolgt er Sie nicht in Ihren Träumen? Ja, das kann natürlich schon etwas enervierend sein mit der Zeit. Allerdings ist der Vorteil ja, dass wir nicht 20 oder 40 Folgen

am Stück bearbeiten, sondern die Firma ruft mich an, wenn vier bis sechs Folgen fertig sind, die dann synchronisiert werden. Und auch diese werden nicht chronologisch, sondern nach Szenen geordnet. So finden die ganzen Dialoge mit Patrick oder Mister Krabs an verschiedenen Tagen statt. Über längeren Zeitraum aber acht Stunden am Stück daran zu arbeiten, das ginge gar nicht, das ist erstens eine grosse Belastung für die Stimme und ich denke, man würde auch sonst reichlich Schaden davon tragen (lacht). Wie würden Sie denn Ihre eigene Stimme charakterisieren? Oh, das ist schwierig zu sagen. Auf jeden Fall als nicht ganz alltäglich. Viele Leute in der Branche meinen, ich habe eine Cartoonstimme. Ich denke zwar, dass das bei meiner normalen Sprechstimme nicht der Fall ist. Aber man erkennt natürlich das Timbre sehr schnell. Wie schon gesagt, ist das natürlich Fluch und Segen: Ich habe einen hohen Wiedererkennungswert, falle aber dafür auch sehr auf. In der Musik würde man wahrscheinlich sagen, ich sei kein Chorsänger, man hört mich immer raus (lacht). Das ist übrigens auch bei Massenszenen in der Synchronisation der Fall, die schicken mich dann jeweils vor die Tür, weil man mich einfach zu sehr raushört. Nervt es Sie manchmal, dass Sie mit den Charakteren, die Sie synchronisieren gleichgesetzt werden? Ich kann mir vorstellen, dass Ihre Stimme für viele Leute nicht zu Ihnen selber, sondern zu irgendeiner Serien- oder Filmfigur gehört. Damit muss man sich arrangieren. Das geht den Kollegen, die mit ihrem Gesicht berühmt geworden sind natürlich nicht anders, auch sie werden mit ihrer Rolle in gewisser Weise gleichgesetzt. Man freut sich sicher auf eine Art darüber, wenn man auf so grosse Resonanz stösst mit seiner Arbeit, aber manchmal kann das vielleicht auch nervig sein kann. Doch das ist die Anerkennung für unsere Arbeit, deshalb denke ich, man darf darüber eigentlich nicht böse sein. Text und Interview: Rainer Brenner Foto: Promo



Jaimie Warren

Don’t

you feel

better? Das Leben ist eben doch ein Ponyhof. Zumindest wenn man sich in die Welt von Jaimie Warren begibt, sich auf farbenfrohe, experimentelle und kreative Bilder einlässt und selbst von doppeldeutigen Zeichen ein Lied singen kann. Ein Gespräch über einen ehrlichen Sinn von Humor, Wolldeckenvaginas, Roseanne Barr und mit vielen Ausrufezeichen. Text und Interview: Katja Alissa Müller 52

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enn ein Freddy Mercury-Double mit Frauenstimme singend auf einem Grabstein sitzt und im Hintergrund ein Tanzbär die Szenerie begleitet, der als Mitglied der Village People einen ebenso guten Eindruck gemacht hätte, befindet man sich in der ersten Folge ‹Whoop Dee Doo› der amerikanischen Künstlerin Jaimie Warren. Whoop Dee Doo ist eine Kindersendung für Erwachsene, bei der sich Jaimie, wie sie selber sagt, als Kind ausleben kann, was für sie auf der einen Seite mit der Angst verbunden ist, erwachsen zu werden und gleichzeitig in ihr auch seltsame und abstossende Gefühle weckt. Neben dem jungen Publikum erreicht der erlesene Humor gleichzeitig auch die Erwachsenen und bietet so eine perfekte Kombination aus Exzentrik, Verrücktheit und Peinlichem, bei der es Jaimie Warren vor allem darum geht, der Gesellschaft aufzuzeigen, wie verrückt sie eigentlich ist. Neben ihrem Flair für visuelle und auditive Reizüberflutung bei Whoop Dee Doo findet man bei ihren Arbeiten Bilder aus ihrem Umfeld und jede Menge Selbstportraits. Das Leben soll kein Ponyhof sein? Wenn man sich ihre Sicht auf das Leben zu Gemüte führt, drängen sich da schon etliche Zweifel auf.

‹It’s all real, baby!› Fragt man sie danach, wie dieser Hang zur Selbstinszenierung aufkam, und ob dies am Status des Einzelkinds liege, am narzisstischen Dasein, das durch die Muttermilch vererbt wurde oder an einem schlichten Zynismus der Welt gegenüber, lautet ihre Antwort, dass alles daraus resultiere, dass sie mit Naughty by Nature aufwuchs und andauernd ihre kleine Schwester und den Bruder verprügelte. Sie kämpfe seit jeher um Aufmerksamkeit und dafür, der Boss zu sein. Dies hat heute zur Folge, dass sie täglich zwischen null und zweihundert Fotos schiesst und diese nach etlichem Redigieren aufgrund der Farbenwelten und Themenkreise aussortiert, um eine ‹nette, geschmeidige Selektion von schönen, grotesken und lustigen Fotos› zu erhalten. Sie versucht ihre Bilder so ehrlich als möglich zu halten, aber stets so, dass ‹in Bezug auf den Inhalt Dinge, die eigentlich lustig sind, auch in einer ekelhaften, hässlichen, sexuellen oder verwirrenden Stimmung betrachtet werden können.› Unnatürlich gestellt und überinszeniert ist bei den Bildern aber nichts: ‹It’s all real baby! 100 %›. Und man kann sich Jaimie lebhaft dabei vorstellen, wie sie bei diesem Satz ihre blonde Haarpracht lachend zurück wirft, eine Grimasse schneidet und gleichzeitig wie Königin Jaimie von sich selber als authentisches Kunstprodukt spricht. Mit einem ehrlichen und unverfälschten Blick auf die amerikanische Kultur zeigt Jaimie uns eindrückliche Bilder aus ihrem privaten, engen und persönlichen Umfeld und erzählt uns dabei mühelos, wer wir selber sind, aber dennoch nie wirklich, wer sie selbst eigentlich ist. Akteure sind immer Menschen, die ihr nahe stehen und mit denen sie etwas verbindet. Fremde Personen könne sie nicht abbilden, da es für sie an Ausnützung grenze, und sie sich dabei alles andere als wohlfühle. Wer jedoch denkt, dass sie sich aus

lauter Spott ihres Umfelds bedient, täuscht sich gewaltig. ‹Für mich sind meine Fotos eine Dokumentation über mein engstes und sehr persönliches Umfeld. Ich lebe in einer kleinen Stadt, und der verrückte und peinliche Sinn für Humor, den ich dokumentiere ist ein Spiegelbild meiner Gesellschaft, bezogen auf ein D.I.Y.- und ‹mach deinen eigenen Spass›-Umfeld. Wir unterhalten uns ganz einfach selber.›

Food, Fuck, Faces Grosse Themen ihrer Arbeit sind Essen, Gesichter oder Sex. Fragt man sie nach weiteren Attributen, welche ihre Arbeit umschreiben, folgt als Erstes gleich noch einmal gross und fett angestrichen: ESSEN. Sie liebe halt Essen nun einmal. Abgesehen von Horrorfilmen und Limonade sowie Verkleidungen und schlechter Unterhaltung. Auf das Thema Sex bezogen könne sie selbst nur sagen, dass sie in der Realität wohl das unsexieste Leben der Weltgeschichte führe. Kaum zu glauben, schaut man sich ihre Bilder genauer an. Wie sonst kommt man als Künstler bitte auf die Idee, den Kopf zwischen Wolldecken herauszustrecken, um dabei die Assoziation zu einer Vagina zu evozieren? Dies habe jedoch nichts mit sexy sein zu tun, sondern lediglich damit, einen ehrlichen Sinn für Humor zu besitzen, sich gerne albern und lächerlich in der Welt zu bewegen und dabei die Hoffnung zu hegen, dass sich die Menschen in irgendeiner Weise damit identifizieren können. Schliesslich habe sie schon Selbstportraits von sich aufgenommen, lange bevor jemand auf sie aufmerksam gemacht habe. ‹Es ist eine Befreiung, aber grösstenteils eine Form von Unterhaltung. Ich werde immer verhalten bleiben. Falls ich doch mal explodieren sollte, wird es nicht ernst gemeint sein. Ich werde nie sexy sein und das macht mich glücklich. Ich finde sexy zu sein auf eine Art langweilig oder übertrieben, oder was in die Richtung.› Dennoch wirken ihre Fotos oft provokativ und hemmungslos und fordern den Betrachter doch mehrheitlich zur Selbstreflexion auf. Flüssiges zur Entstehung dieser hemmungslosen Stimmung brauche sie jedoch nicht. ‹Nüchtern ist der richtige Weg. Gut. Okay. Manchmal ist Alkohol im Spiel, aber das muss nicht zwingend der Fall sein.› Auf die Frage hin, wie viel Provokation sie selbst auf den Fotos ertragen könne und wann es für sie aufhöre, antwortet sie in burschikoser, unverfälschter und sehr typischer Jaimie-Manier: ‹Ich werde kotzen, furzen und scheissen. Ratten essen, Burger auskotzen und Bohnen in meine Haare stecken. Ich werde fluchen und schwitzen und all das zur gleichen Zeit. Es wird ein radikales Foto werden.›

Whoop Dee Doo, mache grosse Scheisshaufen aus Karton oder spiele den Film ‹Poltergeist› mit der lokalen Jugend nach. Oder ich bediene Tische in einem tollen Restaurant namens Succoash. Dann ziehe ich mich mit Freunden wie eine Verrückte an und gehe in die lokale Cowboy-Bar zum Feiern. Danach schreib ich Liebesbriefe an Flavor Flav und schlafe irgendwann mit einem Albtraum aus den Elm Street Filmen ein.› Es wundert also nicht, dass ihre Bilder experimentell, kreativ, lustvoll und gleichzeitig abstossend daherkommen und dem Betrachter eine neue und doch irgendwie bekannte Welt offenbaren, in der sich der verrückte Charakter der Jaimie Warren wiederspiegelt. Es passt also ins Bild, dass sie ihre Zukunftspläne leicht verdreht beschreibt und sich mit einer nötigen Prise Selbstironie betrachten kann. ‹Ich werde nackt am Strand liegen und / oder mit meinem zukünftigen Ehemann John C. Reilly den ganzen Tag Pferde reiten. Ich werde es Alison Dickey alles andere als leicht machen. ER GEHÖRT MIR! Ich möchte eines Tages bis an mein Lebensende für Whoop Dee Doo bezahlt werden, damit die Welt bereisen und immer ein abstossendes, kleines Kind sein, welches eine ungeheure Menge Geld besitzt und sich damit unnütze Dinge kaufen kann. Zum Beispiel einen Ozean. Oder eine ganze Fabrik im Wert von Twizzlers.› Was könnte man Jaimie denn abschliessend noch fragen ausser: ‹Don’t you feel better?›. ‹YAY!!!!› Das Cowgirl mit dem Hang zu tausend Ausrufezeichen hat gesprochen. Den Text in voller Länge findet ihr auf kinkimag.ch. Weitere Info zu Jaimie Warren und Whoop Dee Doo findet ihr unter: dontyoufeelbetter.com whoopdeedoo.tv

Scheisshaufen und Mädchenträume Aber wie soll man sich denn bitte einen Tag mit Jaimie Warren vorstellen? ‹Oh mein Gott. WAS FÜR EIN AUFREGENDES LEBEN ICH FÜHRE!!! Ich wache auf, gehe ins Fitnessstudio, schaue mich an und kaufe mir eine Diet Dr. Pepper, für ein wenig Energie. Dann arbeite ich an kinki 59


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Der Versuch, ‹eine entkörperte Vergeistigung› zu überwinden? Die Sterne können gleichzeitig denken und tanzen.

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Den ganzen Scheiss aushalten Frank Spilker singt gegen das ‹Versus› in Körper vs. Geist an. Mit dem neunten Album seiner Band Die Sterne beweist Spilker so eindringlich wie nie zuvor, dass in seiner Welt Tanzen und Denken kein Widerspruch sein müssen. Geholfen hat bei der ‹Rund-um-die-Uhr-Disco-Infizierung› von ‹24/ 7› Mathias Modica, den man von den Post-Punk-Funk-Baustellen Munk und Gomma Records kennt. Arno Raffeiner traf Sänger und Produzent zum gemeinsamen Interview.

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inki magazine: Mathias, Gomma und Die Sterne, Munich Machine und Hamburger Schule: Wie passt das zusammen? Warst du als Produzent vorher überhaupt mit der Musik der Sterne vertraut? Mathias: Ich kannte die Band natürlich. Aber zu meiner Schande muss ich sagen … Frank: Erzähl das ruhig! Ich finde das gut. Mathias: Mein Umfeld war immer so AntiHamburger-Schule. Alles rund um Blumfeld und Tocotronic war für uns eine No-go-Geschichte. Das galt als protestantisch verklemmte, sich selber viel zu ernst nehmende und gleichzeitig – ich bin etwas hart in meiner Wortwahl, aber so war das – sehr einfache Musik. Dieses Desinteresse hat sich über Jahre hingezogen, und dann habe ich zufällig diese schlimme Blumfeld-Platte gehört, ‹Diktatur der Angst›. Da hat’s mich so dermassen geschüttelt! Ich fand das so deutsch verkrampft. Umso lustiger war es, als sich die Möglichkeit bot, mit den Sternen zu arbeiten. Ich habe mich erst mal extrem gewundert, dann eingehend mit ihrer Musik beschäftigt und begriffen, dass Die Sterne zwar von aussen in diese HamburgerSchule-Trilogie hineingehören, eigentlich aber vollkommen anders sind. Viel offener, viel progressiver, viel musikalischer und auch textlich, jetzt sag ich mal: gar nicht so protestantisch. Wären dir denn katholische Texte lieber? Mathias: Ach wo. Es geht mir da eher darum, sich selber nicht zu ernst zu nehmen. Frank, Die Sterne waren doch immer schon beeinflusst von Soul und Funk. Musik mit intelligenten deutschen Texten, die aber auch zum Tanzen gedacht war. Frank: Unbedingt. Unsere Ansage war, dass wir uns als rumpelnde, nicht technisch versierte Post-Punk-Band erdreisten, uns diesen Funk-Sachen anzunähern, die eine gewisse Präzision erfordern. Das haben wir im Grunde schon mit der ersten Maxi gemacht, ‹Fickt das

System›. Das an sich ist ja nicht ohne Humor. Aber es gab tatsächlich immer ein Problem mit diesem Hamburger-Schule-Hype. Da passten wir rein – und auch nicht. Die musikalischen Ansätze waren von Anfang an sehr unterschiedlich. Tocotronic waren erklärtermassen eine Grunge-Band mit deutschen Texten. Grunge! Als ich darüber gestolpert bin, dachte ich: Okay, das ist genau das, was ich hinter mir lassen wollte. Deswegen haben wir uns dem Funk genähert.

‹Der Dancefloor ist keine Utopie, sondern ein Ventil.› Gab es bei den Aufnahmen des Albums denn Stücke, mit denen du nichts anfangen konntest, Mathias? Mathias: Nein, ich mag alle Stücke. Auch die zwei, drei, die mir eher fremd sind und die eigentlich vollkommen aus dem Rahmen fallen. ‹Himmel› zum Beispiel, diese 70er-Jahre Rocknummer, fand ich gleich total geil. Ich hätte es schade gefunden, daran irgendetwas zu ändern. Genau wie bei der Gitarrenballade ‹Ein Glück›. Ich hab die gehört und dachte: Die muss drauf! Und zwar so, wie sie ist.

ren Texten wird der Dancefloor immer hoch gelobt als Ort der Erholung. Aber gleichzeitig gibt es immer auch die andere Seite: Ich halte den Druck nicht aus, mein 9-to-5-Job ist scheisse und macht mich fertig. Das ist der Tenor von vielen Discotexten. Ich finde interessant, dass der Dancefloor eben nicht nur eine Utopie ist, sondern ein Ventil, das einen den ganzen Scheiss überhaupt aushalten lässt. Wie sieht’s aus mit Disco als ästhetischem Ausweg … Frank: … aus einer musikalischen Sackgasse? Ja, das klingt irgendwie richtig. Aber ich weiss gar nicht, ob das, was Die Sterne jetzt mit ‹24 / 7› gemacht haben, wirklich Disco ist, ob das in der gedachten Danceteria laufen würde oder nicht doch ganz andere Musik ist. Das ist ja nur Spekulation. Mich beschäftigt erst mal dieses Verhältnis Körper-Geist, dieser nicht existierende Widerspruch, der in der europäischen Kultur aber so eine grosse Rolle spielt. Da ist das Geistige immer entkörpert, und das Körperliche ist im Umkehrschluss entgeistigt. Das ist eine fatale kulturelle Logik, die Die Sterne immer schon überwinden wollten. Wir haben immer gesagt: Man kann auch tanzen und dabei denken. Die Sterne – ‹24 / 7› (Materie Records / Rough Trade) ist bereits erschienen. Weitere Info unter diesterne.de.

Der Song ‹Depressionen aus der Hölle› steht exemplarisch für die ganze Platte: ‹Wohin zur Hölle mit den Depressionen? Ich geh in die Disco, ich will da wohnen.› Die Disco als permanente Flucht? Frank: Als Überdruckventil, sage ich immer. Wir hatten in New York mal einen Tourbegleiter, der sozusagen in der Danceteria gross geworden ist, schwules New York auf Heroin. Alles, was Madonna beispielsweise präsentiert, hat ja damit zu tun. Sie verkauft diese schwule Kultur an ein Heteropublikum. Und in ih-

Foto: Promo

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‹vorspiel› Musiker erklären ihre Songs. Norman Palm : Shore To Shore

1.

EASY:

Das Rhodes (elektrisches Piano der Marke Fender) im Opener spielt unverkennbar Daniel Nentwig von Whitest Boy Alive. Die Aufnahme dauerte etwa 20 Minuten. Daniel kam ins Studio, hörte sich das Demo genau zweimal an, spielte dann nicht mehr als drei Takes, hörte einmal Probe und sagte uns, welche Teile wir verwenden sollen. Dann sprang er auf und meinte, er brauche eine Pizza und weg war er.

‹Easy› ist eines der Stücke, die ich auf der Akustikgitarre geschrieben und als Demo aufgenommen habe. Am Ende ist die Gitarre aus der Aufnahme rausgeflogen und der Song klingt schon fast etwas Trance-artig. Easy ist auf eine Art das Kernstück der Platte, der Titel ‹Shore To Shore› ja auch eine Zeile aus dem Song – es geht um das ganze Hin und Her zwischen den Kontinenten, wie ich es schon eine Weile lebe.

2.

SLEEPER:

SMILE: Eine frühe Version von Smile habe ich schon seit Langem als Demo auf meinem Rechner. Ich hatte den Song damals in meiner kleinen Pariser Wohnung aufgenommen, die viele schräge Decken hatte, und selbst mit meinem Laptop-Mikro noch einen tollen Klang produzierte. Die Wohnung war winzig, die Wände schimmelig, ich hatte aber einen tollen Blick auf den Eiffelturm!

3.

IMAGES: Auch die atmosphärischen Gitarren hatte ich schon mit dem Laptop aufgenommen und im Studio haben wir gemerkt, dass wir sie genauso übernehmen müssen. Manche Sounds lassen sich scheinbar nur mit schlechtem Equipment produzieren. Am Ende singt Mia von der tollen Band Le Corps Mince de Françoise mit mir den ‹karibischen Schlumpf-Chor›, was sicher der albernste Teil der Aufnahmen war.

4.

LANDSLIDE:

S

eine Version von ‹Boys Don’t Cry› berührte mich fast mehr als das Original und ‹Girls Just Wanna Have Fun› (natürlich auch ein Cover des Cindy Lauper-Klassikers) schaffte es sogar in den Blog von Perez Hilton. Doch der studierte Grafikdesigner und Wahlberliner Norman Palm kann auch eigene Musik machen. Norman ist genau das, was man sich unter einem Singer / Songwriter vorstellt: Ein etwas verträumter Typ, der durch die Welt reist und zwischen Mexico City, Paris und Berlin auf seiner Gitarre Melodien spielt, die unter die Haut gehen. Und er kann noch mehr. Sein erstes Album ‹Songs› umfasste nicht nur eine CD mit wunderschönen, reduzierten Popsongs, sondern auch ein 200 Seiten starkes Buch mit seinen Artworks und Grafiken, welches für einiges an

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Entzücken sorgte. Da das Teil in der Produktion aber extrem teuer wurde, fand er kein Label, das dieses Gesamtkunstwerk veröffentlichen wollte. Also gründete er mit ein paar Freunden kurzerhand ein eigenes Label namens Ratio Records, wo er sein Werk vertreiben konnte. Irgendwie scheint Norman ein grundsympathischer Typ zu sein, dem man sofort alles anvertrauen würde. Einfach gemütlich und authentisch. So wie seine Musik. Zusammen mit seinem Kumpel und Produzenten Janne Lounatvuori aus Finnland hat er jetzt seine zweite Platte ‹Shore To Shore› aufgenommen. Diesmal aber ohne teures Skizzenbuch – und nicht mal das Artwork stammt von ihm selber. Dafür gibt’s eine geballte Ladung guten Pop und Folk von Mister Palm höchstpersönlich.

7.

START/STOP:

‹Landslide› liegt mir besonders am Herzen, es ist eines der wenigen Stücke, die ich nicht in einem Guss geschrieben habe. Ich habe es ewig als Melodie mit mir herumgetragen und habe immer wieder Texte dazu geschrieben und erst nach Jahren eine endgültige Version verfasst. Ich wollte die Begegnung mit fremden Ländern als Bild für das Kennenlernen eines fremden Menschen darstellen. Es geht um Dinge, die man an einem anderen nur schwer versteht, wie ein Land, in dem man nicht weiss, wie es funktioniert. Björk sang einmal von ‹emotional Landscapes›.

5.

$ 20: Ich habe mit meinem Sidekick Janne Lounatvuori im letzten Jahr in Hamburg einen tollen Laden entdeckt, den Musikkeller. Der Laden hat eine irre Auswahl exotischer Instrumente. Wir haben eine Steel Pan aus Trinidad gekauft und sie noch am gleichen Abend bei unserem Hamburger Konzert verwendet. Das lange Solo am Ende spielt Janne auf genau dieser Steel Pan.

6.

WDYD?: WDYD steht für ‹What Do You Do?›. Im amerikanischen Englisch gibt es ja mittlerweile haufenweise solche Abkürzungen à la ‹What Would Jesus Do?› oder ‹Thank God It’s Friday›. Der Song ist nur 2:17 min lang, ich dachte, da sollte man auch den Titel etwas zusammenkürzen.

8.

Die Idee hinter Sleeper ist, dass man eine Menge verpennen kann im Leben, wenn man sich nicht traut, Wagnisse einzugehen. Frei nach den Smiths: ‹Shyness is nice, and Shyness can stop you from doing all the things in life you’d like to›. Darum: ‹Open your eyes and let it burn›.

9.

PHANTOM LOVER: Diesen Song habe ich selber auf dem Laptop vorproduziert. Er hat eine Kälte, die sonst ja nicht gerade mein Markenzeichen ist. Ich mag aber den zerbrechlich klaren Sound, denn er passt zu dem stilisierten Text, der schon diese Prince oder Grace Jones ähnliche Ästhetik auch inhaltlich aufgreift.

10.

GO TO SLEEP: ‹Go To Sleep› steht natürlich etwas im Widerspruch zu ‹Sleeper›. Die Idee dahinter: Manchmal ist es das beste sich einfach ins Bett zu legen und auf einen neuen Tag zu warten. Das ist eine Lebenshilfe mit der ich gute Erfahrungen gemacht habe. Toll finde ich, dass der Chor gleich am Anfang ganz allein ‹Go To Sleep› skandiert und es eher wie ein Weckruf klingt.

Norman Palm – Shore To Shore (City Slang) ist bereits erschienen. Text: Antonio Haefeli Foto: Promo


DER VIDEOCLIP ZUM RADIO-SONG LIVE AUF: WWW.105.CH RADIO 105 EMPFÄNGST DU AUCH IM KABELNETZ IN DER GANZEN DEUTSCHSCHWEIZ: BS 103.9, BE 105.6, LU 101.7, SG 105.3, ZH 105.1 ODER AUF UKW 93.0 FM


‹verhör› Essentielle Alben für jede Lebenslage. Unerbittliche Härte, sanftes Verständnis, rhythmisches Ausnahmetalent und ein Gehör wie ein junger Fuchs: diese Eigenschaften sind es, die der Nachfolger unseres berühmt berüchtigten Reviewnators mitbringen musste. Und siehe da, in Mathias Bartsch haben wir einen würdigen Kenner der schönen Künste und ehrlichen Worte gefunden, der euch von nun an an dieser Stelle monatlich mit akustischen Neuheiten ergötzen wird. pro-aging tipps aus toronto

Broken Social Scene: Forgiveness Rock Record

Okay, bei den Kanadiern von Broken Social Scene ging es schon immer in Sachen Bandmitglieder zweistellig zur Sache. Das Indien der Bands könnte man sagen, denn allein die Proben der Band sind oft Festivals der mittleren Grösse. Doch beim Produzieren der neuen Platte ‹Forgiveness Rock Record› stand die Studiotür anscheinend durchgehend sperrangelweit offen. Die Liste an Gastmusikern ist dabei so lang wie gut, von Leslie Feist und den Stars bis hin zu Metric und Tortoises. Alle durften sich am neuen Werk der ausgewiesenen Patchworker beteiligen und das nochmalige Aufstocken des Personals hat bestens funktioniert. Nein, es hat sogar als Ergebnis eine Platte, die wesentlich kompakter geworden ist, verglichen mit früheren Rabaukentagen. Natürlich ist die Musikergang um Brendan Canning immer noch eklektisch genug, damit 66

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sich auch diesmal eine Vielzahl von Genres entdecken lässt. So reihen sich Popperlen wie ‹Texico Bitches› an schwer rockende Stücke wie ‹Meet Me In The Basement›. Abgeschmeckt wird dabei noch mit Elektroklängen der Jetztzeit und Anleihen aus dem New Wave der 80s. Doch eine Veränderung ist zu hören. Die chaotischen Lo-Fi-Tage sind abgehakt, stattdessen sind die Arrangements gezielter und der Gesang harmonischer. Textlich geht es eher ernster zu Sache, Entschuldigungen werden, wie der Albumtitel schon andeutet, gleich reihenweise rausgeschickt. Die Adressaten sind Freunde und die Familien der Bandmitglieder, die durch den massiven Erfolg der Superband aus Toronto aus den Augen, doch anscheinend nicht aus den Herzen verloren gingen.

kick and rush!

Lombego Surfers: Still got the Night

Jetzt. Ich will es jetzt. So denkt man wieder und wieder, wenn man für etwas brennt. Wenn man zum Bei-

spiel die Musik, die man liebt, immer wieder spielen und voranbringen will. Wenn man all die verdammten Jahre, in denen man als Band auf den Autobahnen ganz Europa zerstückelt hat, schon nicht mehr zählen kann. Ein Lied davon – beziehungsweise mit ‹Still got the Night› nun schon die neunte LP – können die Punkrocker Lombego Surfers singen, die damit das Bandvermächtnis von über 20 Jahren weiter hochschrauben. Dass die jetzt erscheinende Scheibe unbedingt zu den besten Longplayern des Trios aus Basel gehört, bemerkt man bereits am ersten Stück ‹Don’t›. So wird hier mal eben exzellent die Definition des Garage Trashs neu aufgefrischt. Auch ansonsten rockt das Mehrgenerationenhaus beim Hören der Surfabilly-Platte, denn bei den Lombego Surfers trifft sich mittlerweile Jung und Alt. Auf der Platte finden sich neben dem psychedelisch um die Ecke biegenden Titelsong ‹Still Got The Night› vor allem grandios dreckige Gitarrenläufe, wie in den Instrumentals ‹What’s Buzzin’› oder ‹Speedball›. Zwölfmal wird auf der Platte hemdsärmelig am offenen Herzen des Rock ’n’ Roll operiert und herausgekommen ist ein treibender Mix aus 60s-Garage, Surf und Punk. Während andere Musiker nach zwei Dekaden Bandgeschichte meist nur noch zittrig die früheren Hits zum Greatest Hits-Sampler zusammenpuzzeln, weil die Tantiemen längst versoffen sind, geht hier der Blick fest nach vorn. Sowieso, noch immer explodieren Bass und Drumsound. In der

Tagcloud der Musik der Lombego Surfers sind dabei wieder unüberhörbar Namen wie Stooges, MC5 oder The Fuzztones zu finden. Jeder Song scheint aber auch zu fragen: ‹He, Julian Casablancas, was hast du eigentlich vor 20 Jahren gemacht? Eben!› Denn trotz des ‹Fast-Iggy-Pop-Alters› von Sänger und Bandbegründer Tony Thomas kann sich das Trio mit all den juvenilen ‹The-Bands› wie The Strokes oder The Hives, die in den vergangenen Jahren als Neo-Garage-Welle im Punkrockgenre auftauchten, noch mühelos duellieren.

back to the rock

Paul Weller: Wake up the Nation

Sich selber immer wieder neu zu erfinden ist eine Kunst, die schon für Normalsterbliche schwer genug und wichtig ist. Für einen Künstler ist sie aber überlebensnotwendig, um nicht irgendwann in der redundanten Irrelevanz unterzugehen. Ein Typ wie Paul Weller könnte deshalb eigentlich Seminare im Fach ‹musikalisches Update› geben,


wenn er nicht schon als Musiker seit Jahrzehnten tag- und nachtfüllend beschäftigt wäre. Seine schlangenartige Häutungsfähigkeit bewies er bereits in den 80er-Jahren, als er kurzerhand seine wegweisende Band The Jam in das politisch ambitionierte und extrem tanzbare Projekt The Style Council umwandelte. Nur kurze Zeit später riss er wieder alles hinter sich ein und begab sich auf nicht minder erfolgreiche Solo-Pfade. Der nun 52-jährige Modfather schaffte es dabei einen Britrock zu entwickeln, der in sich auch Soul oder Folk mühelos vereinte. Nach seinem letzten hoch umjubelten Album ‹22 Dreams› kommt nun mit ‹Wake Up The Nation› eine Platte in die Läden, die einen weiteren U-Turn darstellt. Denn so politisch und konsequent rockend hat man Paul Weller lange nicht mehr gesehen. Ob in dem titelgebenden Stück ‹Wake Up The Nation› oder auch in ‹7 + 3 Is The Striker’s Name›, hier hat jemand klar die Schnauze voll von verlogener Politik und lethargischen Zeitgenossen. Wohl dem Alter geschuldet, endet das hin und wieder auch mal in etwas ausgeleierter Medienkritik, beispielsweise, wenn er Textzeilen wie ‹Get your face out of Fa-

cebook› singt. Ansonsten finden sich auf der knapp 40-minütigen Platte auch Midtempo-Stücke wie ‹No Tears To Cry›, die seine anscheinend immer noch ungetrübte Vorliebe für den R ’n’ B aufzeigen. Relaxter geht es in ‹Aim High› oder auch ‹Up The Dosage› zu, die an selige The Style Council-Zeiten erinnern.

scotch & chablis – cheers!

Von Spar: Foreigner

Als echte Verweigerer, wie es die Jungs bei Von Spar nun mal sind, wird der sonst übliche Produktionszyklus neuer Platten von ein bis maximal zwei Jahren weiter galant umgangen. So wundert es wenig, dass eben wieder gut drei Jahre vergangen sind, bis mit ‹Foreigner›

nun die neueste LP der elektronischen Soundtüftler erscheinen wird. In ihrer Diskografie also nur konsequent, denn die beiden ersten Platten trennte eine ähnliche Zeitspanne. Marketingtechnisch natürlich ein Worst Case, denn der Erfolg beim Debüt 2004 war phänomenal und hätte sich sicher durch schnelleres Nachlegen steigern lassen. Doch nun müssen wieder neue Anhänger erobert werden, da die meisten Indiefans von damals heute wahrscheinlich längst selber in PR-Agenturen festsitzen, um fiese Verkaufsstrategien zu entwerfen. Auf der nun erscheinenden Scheibe gibt es vor allem wunderbaren Space-Pop auf die Ohren, der im Arrangement auf die 80er-Jahre und Bands wie New Order oder Pet Shop Boys verweist. Speziell in dem ersten Stück ‹Scotch & Chablis› lässt sich diese musikalische Sozialisation erkennen. So wie beim Titel des Tracks, kommen auf der Platte aber auch wieder musikalische Stile in Berührung, die sich normalerweise nur selten auf dem Floor antanzen. Denn neben Pink Floyd-Anklängen wie in ‹Collecting Natural Antimatter› lassen sich parallel auch kühle technoide Beats, unter anderem in ‹Daddy Long-

legs›, finden. Der Mut zum Experimentieren ist bei dem Trio aus Köln also ungebrochen, weshalb sich auch die meisten Elektro-Pop-Nummern auf dem Album schnell ins Ungewisse auflösen. In genresprengende Soundflächen, die an den deutschen Space-Krautrock der 70er-Jahre erinnern und in Sachen psychedelischer Wirkung (Achtung: Blasphemiealarm!) sogar an Heroen wie Kraftwerk heranreichen. Bestes Beispiel dafür ist der funkensprühende Synthie-Song ‹HyBoLT›. In ihrer Hit-Single von 2004 fragte die Band damals im Titel: ‹Ist das noch populär?› Und 2010 fällt die Antwort immer noch mit einem klaren Ja aus! Auch wenn es Von Spar wahrscheinlich egal ist. There’s a new kid in town! Unser fabrikneuer Reviewnator Mathias ‹The Judge› Bartsch wird sich ab sofort bei Gefahr als One-Man-SWATTeam furchtlos vor die Playtaste eurer Musikanlagen werfen. Oder euch bei echten CD-Hostien zurufen: Turn it up! Denn verräterische Silberlinge haben in der Vergangenheit bereits genug Unheil angerichtet. Keine Neuerscheinung im hörbaren Bereich ist jetzt noch sicher vor dem Urteil des final schwerstabhängigen Musik-Junkies. Stattdessen werden monatlich Tipps für jede emotionale Grosswetterlage geliefert.

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‹lieblingslieder› Helvetische DJs stellen ihre All Time Favourites vor. Aulay Fou

09:39

KLF – 3 A.M. ETERNAL

Es gibt kaum einen Produzent oder DJ, der bei mir in allen Sparten so viel punktet wie DJ Koze. Unberechenbar und jedes Mal eine Inspiration. Das ehemalige Fischmob-Mitglied hat mich schon fast zum Weinen gebracht, im Guten und im Schlechten. Mit dieser DoppelEP hat er mich damals so aus den Socken gehauen, dass ich bis heute keine mehr trage. Mein ehemaliger Mitbewohner hat mir mit dieser EP die Augen geöffnet. Danke Ricardo.

Ich war in der zweiten Klasse. Ein Freund hatte das Tape von KLF, ich nicht. Wir sangen: ‹K-L-F, aha aha a!› und wir waren einfach glücklich, unwissend und vooooll cool! Erst Jahre später erfuhr ich mehr über KLF, was mich nicht weniger beeinflusste. Ausserdem ist Sampling für mich bis heute ein wichtiger Bestandteil der Musikkultur. Der Sound in dieser Zeit hat bei mir sicher tiefe Spuren hinterlassen und mein Hörverhalten bis heute wesentlich beeinflusst.

12 :14

PUBLIC ENEMY – FIGHT THE POWER

Ich liebe Basslines. Insbesondere liebe ich diese Bassline. Das Stück besteht fast ausschliesslich aus dieser einen Bassline. Der Sound ist so roh, sooo sexy und dennoch zart, dass ich immer wieder davon träume. Echt! Dann befinde ich mich im Shelter und tanze mitten in den Leuten. Ich kann die Bassline, wann immer ich will, gedanklich abrufen. Ein ewiger Ohrwurm, könnte man sagen. Oder ist es Wahnsinn? Oldschool, I love you!!

Ich hatte zwar das KLF-Tape nicht, dafür das von Public Enemy – was natürlich auch voll cool war. Ich war zwar noch jung, aber ich wusste, dass dies meine Musik war. Ehrlich, kompromisslos und ein Gefühl, das mich süchtig machte. Der Groove, die Sounds, die Loops! Ich wollte immer mehr und mehr davon haben. Jeden Tag. Die Beschaffungsnot hält bis heute an! Von da an war ich musiksüchtig. Fight the power!

HERBIE HANCOCK – CHAMELEON

Dieses eine Stück hat mich in meiner Musikevolution weitergebracht. Als ich es zum ersten Mal hörte, hatte ich ein verdammt gutes Gefühl – und ich habe es immer noch. Zum Glück. Das Spezielle an diesem Stück ist, es fängt bei ca. 100 bpm an, kommt gemächlich zum Break und dann wechselt das Tempo auf ca. 120 bpm. Genau die richtige Platte, um beim Opening-Set mit zwei Tempi zu spielen.

Ich habe seit dem Kindergarten vor allem elektronische Musik gehört. Mein Vater beeinflusste mich zwar mit klassischem Rock ’n’ Roll, Blues und Jazz, aber der Funk, der fehlte mir. Ich habe meine erste bewusste Bekanntschaft mit Herbie Hancock erst mit 16 oder 17 Jahren gemacht. Die Musik erinnert mich heute an viele schöne Stunden auf dem Balkon meines Internats. In dieser Zeit lernte ich noch viel, für mich neue Musik kennen. Ohne diese Zeit hätte ich den Groove, die Wärme, die Harmonien und die Gelassenheit des Musikhörens nie kennengelernt.

04: 21

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15:41

TRUS’ME – WORKING NIGHTS

KID KOALA – VACATION ISLAND

darin liegt seiner Meinung nach die Kunst des DJs, eine Party unvergesslich zu machen. ‹Mit Leuten tanzen, lachen, Spass haben. Mal einfach nichts sagen und die Augen schliessen, oder die Hände in die Luft werfen und vergessen, dass man einen Drink in der Hand hatte. Sich beim Nachbarn entschuldigen und dann Arm in Arm weiterfeiern.› So stellt er sich eine gelungene Party vor. Aulay Fou ist aber keineswegs ‹nur› Plattendreher, auch eigene Produktionen gibt’s von ihm zu hören – und die strotzen nur so vor ‹Deepness› und dem Versprechen auf lange Clubnächte. In Zukunft hat Olaf übrigens noch so einiges vor: Mit drei Freunden arbeitet er an einem Live-Act, der House und Techno bis in die Poren der Partymeute einwirken lassen soll. Ausserdem arbeitet er mit dem Kollektiv Spazierklang aus Winterthur zusammen, das eine Sendung auf dem Radiosender Stadtfilter betreibt. Wir sind gespannt und freuen uns schon mal ob der tollen Playlist, die er für uns zusammengestellt hat.

03: 33

DJ SPRINKLES – DEEP INTO THE BOWEL OF HOUSE (MCDE BASSLINE DUB)

09: 45

as Veranstalter- und Produzenten-Kollektiv Göndmolchliab aus Luzern ist ein kreatives Nest, das die Grenzen zwischen House und Techno sprengt. Einer der Verrückten ist Aulay Fou, der quasi das Chamäleon der Truppe repräsentiert. Sei es ein Opening-Set in der Lounge, eine Afterhour in der Mittagsonne oder voll auf die zehn in der Peak Time: Der Sohn eines Mexikaners und einer Schweizerin ist stets daran interessiert, sein Publikum zu fordern. Mal fröhlich, mal düster, mal ungewohnter Minimal, mal freakiger House – neue Wege sind sein Ziel. Mit dieser Verwandlungstaktik schafft es Musikliebhaber Olaf Yarce immer überraschend zu bleiben und irgendwie die Energie seines Publikums in Glücksgefühle umzuwandeln. Um diese Glücksmomente zu erschaffen, lässt er das Publikum aber auch mal wie einen Fisch am Haken zappeln, staut die Energie, bevor er dem Druck freien Lauf lässt, um danach die Dämme zu brechen. Die Liebe zum Set, zum Beeinflussen von Stimmungen,

05: 55

DJ KOZE – BRUTALGA SqUARE

Bevor ich mich vor allem mit Techno und House auseinandergesetzt habe, gab es für mich hauptsächlich Warp, Ninja Tune und diverse Independent-Rap-Labels. Ich habe mich, als Stellvertreter dieser Zeit, für Kid Koala entschieden, weil er meinen musikalischen Werdegang am besten widerspiegelt. Seine Sample-Auswahl, der Umgang mit Vinyl, die Beats und die Wärme in seiner Musik werden mich immer begleiten. ‹Vacation Island› ist für mich der Soundtrack meiner Seele.

07: 45

FRANCO BIANCO – PLANCHETTE LATERAL Geht im richtigen Moment ab wie ein Güterschuppen auf Schienen!! In Erinnerung an ein ganz spezielles Fest. Und hier noch eine persönliche Liebeserklärung an einen Freund: Cabron, me abristes los ojos, muchas gracias! El futuro es nuestro! quedate como eres; loco, pinche y trastornado!

06:51

HOLLIS P. MONROE – I’M LONLEY Die Wighnomy Brothers haben dieses Stück letzten Sommer am ‹Nachtdigital› gespielt. Es war Morgen und alle waren gut drauf. Als sie dieses Stück spielten, hatte ich Dauergänsehaut. Ich habe damals geschrien vor Freude und bis heute erliege ich der süssen Melodie des Stücks mit den Daft Punk-artigen Sounds. Es war eines der schönsten Afterhour-Sets, die ich je gehört habe. Acht Stunden lang. Und jetzt haben sich die kurligen Brüder getrennt. Heul!!

BANG GOES UND STYRO2000 – SWISS VIEW Kennst du die Schweiz? Ich kenne sie mittlerweile gut, aber nur von oben und mit chilligem Sound unterlegt. Immer wenn ich von der Schule zum Mittagessen nach Hause kam, habe ich den Fernseher eingeschaltet und Swiss View geguckt. Die Musik und die Bilder haben mich immer sehr berührt. Danach verschwand es aus dem Tagesprogramm. Zum Glück hat mein lieber Mitbewohner die ganze Staffel auf DVD gekauft. Mit dem Original-Soundtrack, natürlich. Ich glaube Swiss View hat mich musikalisch weit mehr beeinflusst als MTV. Text: Antonio Haefeli Foto: Ondrej & Gabs (KUMqUAT) Weitere Info unter myspace.com/aulaypurabronca.


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BANG GOES UND STYRO2000 SWISS VIEW

‹lieblingslieder› Helvetische DJs stellen ihre All Time Favourites vor. 03: 33

PUBLIC ENEMY – FIGHT THE POWER

Aulay Fou Ich war in der zweiten Klasse. Ein Freund hatte das Tape von KLF, ich nicht. Wir sangen: ‹ K-L-F, aha aha a!› und wir waren einfach glücklich, unwissend und vooooll cool! Erst Jahre später erfuhr ich mehr über KLF, was mich nicht weniger beeinflusste. Ausserdem ist Sampling für mich bis heute ein wichtiger Bestandteil der Musikkultur. Der Sound in dieser Zeit hat bei mir sicher tiefe Spuren hinterlassen und mein Hörverhalten bis heute wesentlich beeinflusst.

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Ich hatte zwar das KLF-Tape nicht, dafür das von Public Enemy – was natürlich auch voll cool war. Ich war zwar noch jung, aber ich wusste, dass dies meine Musik war. Ehrlich, kompromisslos und ein Gefühl, das mich süchtig machte. Der Groove, die Sounds, die Loops! Ich wollte immer mehr und mehr davon haben. Jeden Tag. Die Beschaffungsnot hält bis heute an! Von da an war ich musiksüchtig. Fight the power!

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ch gemix

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KLF – 3 A.M. ETERNAL

Der ne ue to serv BAC AR DI Mo e. jito. Limett Einfach Eis is dazu Re a dy en und und mit M i n ze d e ko r i eren.

Wie fris

HERBIE HANCOCK – CHAMELEON

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Ich habe seit dem Kindergarten vor allem elektronische Musik gehört. Mein Vater beeinflusste mich zwar mit klassischem Rock ’n’ Roll, Blues und Jazz, aber der Funk, der fehlte mir. Ich habe meine erste bewusste Bekanntschaft mit Herbie Hancock erst mit 16 oder 17 Jahren gemacht. Die Musik erinnert mich heute an viele schöne Stunden auf dem Balkon meines Internats. In dieser Zeit lernte ich noch viel, für mich neue Musik kennen. Ohne diese Zeit hätte ich den Groove, die Wärme, die Harmonien und die Gelassenheit des Musikhörens nie kennengelernt.

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E–W

IN OR K

Kennst du die Schweiz? Ich kenne sie mittlerweile gut, aber nur von oben und mit chilligem Sound unterlegt. Immer wenn ich von der Schule zum Mittagessen nach Hause kam, habe ich den Fernseher eingeschaltet und Swiss View geguckt. Die Musik und die Bilder haben mich immer sehr berührt. Danach verschwand es aus dem Tagesprogramm. Zum Glück hat mein lieber Mitbewohner die ganze Staffel auf DVD gekauft. Mit dem original Soundtrack, natürlich. Ich glaube Swiss View hat mich musikalisch weit mehr beeinflusst als MTV.

usier M mein um ersin z h ic s es Anze ige hat m t. Als ich mmt gute tück h a um ine S ergebrac ein verd noch. Z es e s e r it h , s e e t ic ie w is m D tück hatte es im lution ch kevo al hörte, h habe diesem S gemächli f u ic ten M l – und zielle an , kommt Tempo a m h e n s Gefü . Das Sp 0 bpm a hselt da Plaatte u n. c 0 k Glüc bei ca. 1 dann we richtige zu spiele ie t fäng reak und Genau d ei Tempis B zum 20 bpm. Set mit zw ca. 1 Openingbeim ND I S LA TI O N A C und – VA ch n o r ALA it Te ab es fü O m K m g d KID r alle tzt habe, Tune un o v h e be h micanderges arp, Ninja . Ich ha id ic r l ür K Bevo e ausein hlich W p Labels eit, f a a c Hous haupts ä ndent R dieser Z en musik e ie r mich e indep vertrete er mein widersp g s il ll diver als Ste den, we besten r Umgan r , e e mich entschie gang am swahl, d e in sein ae Koala n Werd mple Au die Wärm iti en. Vac ie a e lisch Seine S eats und er begle track m d m gelt. yl, die B mich im er Soun in d mit V werden für mich ik Mus land ist Is tion eele ner S TE H ET AN C L P – CO üB I A NAT E R A L CO ein G L N A wie nerung FR b a t men !! In Erin r noch n ie n Mo htige Schiene t. Und h n einen ic r ga Fes hauf t im Geh huppen ezielles serklärun jos, muc e t o p tersc ganz s he Liebe istes los ! Queda in r an e persönlic n, me ab nuestro rnado! s eine d: Cabro futuro e y trasto e l n Freu acias! E o, pinch c r as g eres; lo o com S’M TR U

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DJ KOZE – BRUTALGA SQUARE Es gibt kaum einen Produzent oder DJ, der bei mir in allen Sparten so viel punktet wie DJ Koze. Unberechenbar und jedes Mal eine Inspiration. Das ehemalige Fischmob-Mitglied hat mich schon fast zum weinen gebracht, im Guten und im Schlechten. Mit dieser DoppelEP hat er mich damals so aus den Socken gehauen, dass ich bis heute keine mehr trage. Mein ehemaliger Mitbewohner hat mir mit dieser EP die Augen geöffnet. Danke Ricardo.

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DJ SPRINKLES – DEEP INTO THE BOWEL OF HOUSE (MCDE BASSLINE DUB) Ich liebe Basslines. Noch mehr liebe ich diese Bassline. Das Stück besteht fast ausschliesslich aus dieser einen Bassline. Der Sound ist so roh, sooo sexy und dennoch zart, dass ich immer wieder davon träume. Echt! Dann befinde ich mich im Shelter und tanze mitten in den Leuten. Ich kann die Bassline, wann immer ich will, gedanklich abrufen. Ein ewiger Ohrwurm, könnte man sagen. Oder ist es Wahnsinn? Oldschool, I love you!!

as Verans talter- un d Produz ‹Göndm e o n lc te h Nest, das liab› aus Luzern is n-Kollektiv Kunst de t ein krea die Gren sD z Js ti e v Techno s prengt. E n zwischen Hous es machen. ‹M , eine Party unverg e un iner it L es la e s y d d u lic F e te o h r n u V z h , ta e u a d rr b n er üc zen, lach e en, Spas pe repräs quasi das Chamä kten ist Au- ge n. Mal einfach nic s hts n sc leo en s h lie s s e der Loun tiert. Sei es ein O n der Trupn , oder die agen und die Auwerfen u ge, eine A pening-S Hände in nd verge et in fterh ne o die o s d L u s u e r e in ft r in n v , d o d d e ll e a r ss man Hand h e a Der Sohn auf die zehn in de r Mittagson- sc in tt e e . n S D ich beim rink huldigen r Peak Tim eines Me Nachba und xika e: Sc d h n r a w e e n rs n e n e tiz u rn A e n rm ri .› d n ist ste So ste einer in Arm llt ts w Publikum e d e r it s e ic rf h eine ge eivor. Aulay zu fordern aran interessiert, lungen Fou se .M m is e in a t a l P l a u a fr b n rty ö e g te h r e n w d o re h h n e te r, r Minimal, lich, mal düster, auch eige keineswegs ‹nur› House – Platmal fre von ih ne Pro neu m e d W u z u kti e h g e sind sein akiger Mit diese vor ‹Deep ören – und die str onen gibt’s Ziel. r Verwan ness› u otzen n Mu dlu s n ik n d g lie d la s e b ta n m h g k a e ti Versprec ur so k C s lu c b h n a ä ff ch schend z ber Olaf Yarce im t hen auf mer überr es u bleiben In Zukunft te. aund se h a in ir t e g O s e la g n P d e f u s w ü blikums brigens vor: Mit ie die E in n n d e o wand G re rg c lü i h ie F c so einire k e u n ln n e . d m U e m n L iv a diese Glü sgefühle umzue-Ac rbeitet er schaffen, cksmome an eidie Poren t, der House und läs nte T z d e u e e mal wie e st er das Publiku soll. Auss r Partymeute ein chno bis in m aber a rin Fisch a wirke erde uc m h die Ene n m H la a a k s rb e se n e ‹S rg z p a ie a p , z p ie b e e rk ln vor er de , staut lang› aus itet er mit dem Ko n läss, um m Druc llektiv Winte das da k e n rt in h e u r zu S e Liebe zum ach die Dämme z freien Lauf Stadtfilte ndung auf dem R sammen, u breche Set, zum adiose r betre n. D Be m u ie e n in g e fl fr u n s e , s darin lieg u en uns sc ibt. Wir sind gesp nder t seiner M en von Stimannt und hon mal o die er einun bd fü g r n u a n c s h z d usammen er tollen Playlist, ie gestellt h at. kinki 69


Der ganzheitliche Ansatz Mal wieder eine Band aus Berlin, mal wieder elektronisch (natürlich, was sonst), mal wieder irgendwie cool, hip und tanzbar. Doch auf eine eigentümliche Weise sind Bodi Bill anders als zeitgenössische Berliner Musikanten – nicht nur, weil ihre Musik ganz ungezwungen auch Folk, Indie und Songwriter-Elemente aufnimmt. Nein, die drei Jungs sind sogar richtig nett. Text und Interview: Antonio Haefeli ‹Wir arbeiten am ganzheitlichen Bodi Bill›: Alex, Anton und Fabian von Bodi Bill.

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nnert eineinhalb Jahren veröffentlichten Alex Amoon, Fabian Fenk und Anton K. Feist 2007 und 2008 zwei Alben, die sich direkt in die Herzen der Elektro-Indietronic-Fans bohrten. ‹No More Wars› und ‹Next Time› sprühen vor Experimentierfreude. Teile von kühlem Techno vermengen sich mit emotionalem modernem Songwriting und der frische Sound, der dabei entsteht, funktioniert im Club genauso gut wie auf der Platte. Heute füllt die Band grosse Clubs und spielt zusammen mit Why?, Zoot Woman oder Polarkreis18. Die Sets von Bodi Bill fordern das Publikum heraus: zum Mitmachen, Mittanzen, Mitdenken. Als die drei letzten Monat in Zürich Halt machten, nutzte kinki die Chance und traf die Jungs am Tag nach ihrem Konzert im Stall 6 zu einem Gespräch. Ein Gespräch, das sich trotz gemütlicher Katerstimmung als sehr fruchtbar für alle Beteiligten entpuppte. Wir fingen an bei J.D. Salingers ‹Der Fänger im Roggen› und landeten irgendwo zwischen Erwachsenwerden und Globalisierungskritik. kinki magazine: Ein Song von euch heisst ‹I like Holden Caulfield›. Warum mögt ihr Holden? Fabian: Ich mag J.D. Salinger total, ich mag seine Charakteren, die sind immer so lebendig. Holden Caulfield ist einfach ein Kumpel, schon seit Jugendtagen, obwohl es ihn natürlich eigentlich gar nicht gibt. Alex: Ich stell mir den Holden immer so vor wie eine ‹Weltliteratur-Beat-Generation-Figur›. Ein verlorener Typ, der durchs Leben wandert – so ein bisschen ‹Lost American Dream›mässig. Holden Caulfield macht sich in ‹Der Fänger im Roggen› viel Gedanken über die Verlogenheit der Gesellschaft. Seid ihr auch politisch? Alex: Also ich würde mich schon als gesellschaftlich interessiert betrachten. Politisch betrachtet geht’s mir vielleicht nicht unbedingt um Parteisysteme, sondern mehr um Orientierungen in Wertesystemen und so. Ich glaube, da sind wir alle wirklich auf der Suche. Heutzutage ist es ja auch wirklich schwierig geworden, ein sagen wir mal, ‹moralisches Leben› zu führen. Warum ist das schwierig geworden? Fabian: Alles, was du konsumierst, ist entweder verbunden mit Kinderarbeit, Umweltverschmutzung, Zerstörung oder Unterdrückung. Es ist wirklich sehr schwer. Ich muss hinzufügen, dass, als du gefragt hast, ob wir politisch seien, ich erst dachte: nein. Weil ich irgendwie mit dieser Politikverdrossenheits-Floskel aufgewachsen bin. Aber das ist ja gar nicht wahr, denn du hast ja Recht, es geht darum, sich um gesellschaftliche Themen zu kümmern. Alex: Also ich bin ein grosser FDP-Hasser. Das ist das eine, was ich wirklich sagen kann. Eine Gesellschaft so zu verleugnen als Gemeinschaft geht überhaupt nicht. Entweder man sagt, man ist eine Gesellschaft – dann trägt man auch die Verantwortung für die andern mit – oder man leugnet es. Aber dann sollen die auf eine Insel gehen und auch wirklich alleine leben. Fabian: Diese Politik ist teilweise wirklich ex-

trem darwinistisch. Die Schönen, Starken und Reichen gewinnen. Alex: Und wenn man mal ein paar Leute aus dieser Schicht kennengelernt hat, dann merkt man schnell, dass sich die wenigsten wirklich hochgearbeitet haben, sondern da reingeboren wurden und dann geht’s halt so weiter. Fabian: Oder man arbeitet sich hoch auf Kosten anderer, was ja auch oft passiert. Das stinkt einfach, das ist wirklich nicht okay. Zurück zu Holden. Der ist im Buch ja ungefähr 17 Jahre alt. Was sind denn aus eurer Sicht die drei schwierigsten Dinge in diesem Alter? Alex: Auf jeden Fall die Orientierung in einer nicht überschaubaren Menge an Informationen. Das verlangt eine unglaubliche Stringenz in sich selber. Fabian: Selbstsicherheit. Alex: Das mach ich, und da gehe ich jetzt lang. Fabian: Es braucht dann einfach so eine Ruhe. Also ich finde diese Zeit einfach sehr nervositätsfördernd. Ständig muss man multitasken, was eigentlich totaler Schwachsinn ist. Aber die gesellschaftliche Meinung sagt, man darf nicht ruhen. Anton: Man hat auch ständig das Gefühl, etwas zu verpassen.

‹Wir hoffen schon, dass bei den Leuten neben den Beinbewegungen auch immer noch Herz und Geist dabei sind.› Fabian: Ich finde einfach, wer wirklich produktiv sein will, der muss einen Weg finden, sich zu fokussieren. Also heutzutage stell ich mir das echt krass vor, mit den ganzen Reizen aufzuwachsen, ständig blinkt was auf oder es klingelt das Telefon. Alex: Das zweite grosse, wirklich grosse Problem ist das Wanken der Menschheit, gewisse Probleme anzugehen. Zum Beispiel das Umweltproblem, fehlende Gerechtigkeit oder die Globalisierung im weitesten Sinne. Es ist einfach wichtig, dass das gesellschaftlich so manifestiert ist. Anton: Es braucht einfach ein stabiles Wertesystem. Alex: Genau. Es gibt ja eigentlich ganz wichtige Dinge zu erledigen und die müssen ganz schnell erledigt werden. Und ich würde sagen, das dritte Problem ist die Gleichgültigkeit. Anton: Das musst du jetzt mal erklären (lacht). Alex: Ich würde das so erklären: Wer durch die Informationsflut überfordert ist und sich zu entscheiden hat, der hat es sehr schwer. Die Leute denken dann schnell: ‹Ach ja, irgendwie geht’s ja weiter, ob wir das nun so oder so machen, ist eigentlich auch egal, solange wir feiern können ist alles gut.›

Okay, vielleicht sollten wir doch mal noch ein bisschen über Musik reden. Fliessen denn solche Gedanken auch in eure Musik ein? Fabian: Wo es ganz klar einfliesst, ist in die Arbeitsweise. Zumindest meiner Meinung nach. Zum Beispiel sich zu entscheiden, dass weniger mehr ist, ist ein inhaltlicher Bezug auf die Tatsache, dass in der Welt so viel möglich ist. Das ist auch ein Ideal und schon vergleichbar mit einer gesellschaftlichen Vorstellung. Anton: Eigentlich eine Materialbegrenzung. Alex: Materialgewinnung und Materialbegrenzung. Aber teilweise schon auch thematisch. Es gibt von uns ja schon so ein paar Lieder die sich beispielsweise mit Aussenseitern beschäftigen. ‹Henry› ist zum Beispiel so ein Lied. Anton: Und trotzdem kannst du dich nicht dem Zeitgeist verschliessen. Das fällt mir dann auf, wenn wir live spielen, dann stellt sich auch immer die Frage, welche Titel wir an dem Abend spielen, wie spannen wir den dramaturgischen Bogen. Man kann dann natürlich eher ruhigere Stücke spielen, wo das Publikum auch mal ruhig sein und sich konzentrieren muss, um den Text zu verstehen, oder wir spielen die Knaller, zu denen die Leute halt feiern können. Und ich habe schon den Eindruck, dass die Leute gerade wirklich einfach feiern wollen. Wie in den 20ern, einfach nicht darüber nachdenken – Drogen. Fabian: Ich finde aber nicht, dass wir da einfach nur bedienen. Alleine schon durch die Art und Weise wie unser Live-Set die Möglichkeit zur Lücke, zur Pause oder sogar zum Loch lässt. Manchmal ist das auch nicht unbedingt gewollt und manchmal ist es nicht ideal, aber manchmal schätzt das Publikum auch, dass man immer mal wieder etwas Luft holen kann. Wir lassen die Leute auch immer wieder mit sich alleine. Alex: Das finde ich eigentlich auch das Schöne an Bodi Bill, es herrscht keine Leere. Fabian: Ja, und die Leute müssen unbedingt da mitmachen, jeder muss seinen Teil dazu beitragen. Alex: Wir hoffen schon, dass bei den Leuten neben den Beinbewegungen auch immer noch Herz und Geist dabei sind. Wir arbeiten am ganzheitlichen Menschen, am ganzheitlichen Bodi Bill (lacht)! Lange Arme, grosser Kopf, kräftige Beine und grosses Herz! Das Interview in voller Länge findet ihr auf kinkimag.ch. Weitere Info zu Bodi Bill gibt’s auf bodibill.de. Foto: Promo

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Spiel mit Stil

In hippen Zirkeln hat der grosszügige V-Ausschnitt lange genug tiefe Einblicke gewährt. Jetzt riskiert die urbane Style-Vorhut wieder Kragen und gibt sich im neuen Nike Sportswear GS Polo gerne stilvoll zugeknöpft. 72

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Seite 72 NTF 2010 Players (l.n.r.) Pierre ‹Le Lama› Emm, Paris (Dans Ta Gueule Puceau, Polo Team) Hugo Laguerbe, Paris (Dans Ta Gueule Puceau, Polo Team) Patrick Seabase, Bern, fixedgearswitzerland.com Romain Abeille, Paris, urbancycle.fr Seite 73 NTF 2010 Players (l.n.r.) Romain Abeille, Paris, urbancycle.fr Hugo Laguerbe, Paris (Dans Ta Gueule Puceau, Polo Team) Patrick Seabase, Bern, fixedgearswitzerland.com Pierre ‹Le Lama› Emm, Paris (Dans Ta Gueule Puceau, Polo Team) Seite 74 NTF 2010 Players (l.n.r.) Patrick Seabase, Bern, fixedgearswitzerland.com Pierre ‹Le Lama› Emm, Paris (Dans Ta Gueule Puceau, Polo Team) Nicola E. Stäubli, Bern, nicolafrombern.com Seite 75 Hugo Laguerbe, Paris (Dans Ta Gueule Puceau, Polo Team) Poloshirt Nike GS Polo Kapuzenpulli Nike AW77 Full Zip Hoodie Seite 76 Pierre ‹Le Lama› Emm, Paris (Dans Ta Gueule Puceau, Polo Team) Schuhe Nike iD ‹NTF 2010› by +41//DIY Bike GOrilla Hattara Fussball Nike Mercurial Magia Seite 77 Shorts Carhartt Gürtel Nike Red Shoelaces Poloshirt Nike GS Polo

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ienstag, der 4. Mai 2010. Im kalten Regen spielen auf der Freiluftplattform des Parkings Pfingstweid sieben Track Bike-Enthusiasten aus Frankreich, Italien und der Schweiz Radball. Ein alter, verstaubter Sport, der in der angelaufenen Fixie-Ära auf eine Renaissance in der kulturell bespielten Asphaltwelt hoffen darf. Die Spielleitung hat Schiedsrichter Patrick Peritz, graue Eminenz der Schweizer Streetwear-Szene und Inhaber der Boutique GRAND. Ein Spiel dauert zehn Minuten oder bis eine der Mannschaften fünf Tore erzielt. Schiessen und Passen darf man den Skill Ball ‹Grösse drei› mit dem Vorder- und Hinterrad. Als Pfosten für die zwei Meter breiten Tore dienen klassische Verkehrspylonen. Ansonsten wird nach den gängigen Hardcourt- beziehungsweise Bike Polo-Regeln gespielt. So wenig amtlich diese Veranstaltung in der Rückblende wirken mag, auf die richtige äusserliche Form wurde bewusst geachtet. Schliesslich haben sich auf besagtem Parkingdach in Zürichs ehemaliger Industriezone Mannen vom ästhetischen Fach zum Spiel getroffen. Darunter 76

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Pierre Emm, ein Kunstprofessor aus Paris; Andrea Schilirò, ein Mailänder Fotograf; oder Nicola E. Stäubli, ein Designer und Velokurier aus Bern. Alle trugen sie die Nike Sportswear GS PoloShirts, welche für den Anlass mit einem offiziellen Emblem – gestaltet vom Lausanner GrafikdesignStudio +41 // DIY – veredelt wurden. Gezeigt hat das Track Bike Football-Experiment, dass das zeitlos schlichte Polo, ein Nike-Klassiker, welcher für die Sommersaison 2010 neu aufgelegt wurde, kein hohles Fashion-Versprechen ist, sondern hohe Performance-Qualitäten mitbringt. Ein paar Impressionen dieses ‹Testspiels› in schwindelerregender Höhe hat die Fotografin Corinne Stoll mit der Kamera für uns eingefangen. Wen jetzt das Radballfieber gepackt hat, der erfährt auf fixedgearswitzerland.com, wie genau das alte Velo aufgerüstet, oder wo ein neues gekauft werden kann, mit dem man nicht nur von A nach B gelangt, sondern auch kicken kann. Fotos: Corinne Stoll, corinnestoll.com


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Add a new dress Die Kollektionen der jungen Designerin Andreea Vrajitoru kombinieren verspielte Formen und simple Farben mit raffinierten Schnitten und zarten Stoffen. In ihrem dritten Laden in der Weinmeisterstrasse erzählt uns die Berlinerin mit rumänischen Wurzeln von ihrem Mut zur Selbstverwirklichung, und warum dieser nichts mit wildem Austoben zu tun hat. Interview: Paula Kohlmann und Christina Fix

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inki magazine: Was hat dich dazu bewogen ein eigenes Label zu gründen? Andreea: Die Idee entstand 2001 nach meinem Praktikum bei Anna Sui. Dort ist mir bewusst geworden, was es bedeutet, bei einem Label angestellt zu sein: Die Kollektionen werden von Saison zu Saison nur minimal überarbeitet. Das hat nichts mit individuellen Ideen zu tun, sondern hat mich an Bandarbeit erinnert. Ich hatte das Bedürfnis nach neuen Formen, neuen Schnitten – jede Saison etwas anderes. Mir wurde klar: Die einzige Möglichkeit das zu erreichen, ist mein eigenes Ding zu machen. Woher hast du den Mut zu so einem Schritt genommen? Vor einigen Jahren, in der Zeit von Goya Goya und Designerama, gab es noch nicht diesen Boom an jungen Designern, der heute in Berlin herrscht. Ich habe damals diese Möglichkeiten genutzt. Ich bin mit meinen 23 Jahren allerdings völlig naiv an die Sache herangegangen, es war ein Sprung ins kalte Wasser. Aber irgendwie hat es funktioniert, ich habe erst einen kleinen Laden in der Rosa-LuxemburgStrasse eröffnet und überhaupt mal abgetastet, wie meine Sachen ankommen. Als ich dann auch ein Gefühl für die Positionierung bekommen hatte, bin ich nach zwei Jahren in die Weinmeisterstrasse 12 gezogen. Die Lage hier ist toll, nicht allzu abseits. Was inspiriert dich? Hier bekommt man tagtäglich Input. Ich sammle den ganzen Tag über. Wenn ich mich dann wirklich an eine neue Kollektion mache, ist das allerdings ein sehr striktes, technisches Programm: Ich setze mich hinter mein Pult und zeich-

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ne für mehrere Wochen. Es dauert lange, bis die konkreten Entwürfe stehen. Es ist nicht so, dass man den Ideen freien Lauf lässt. Es ist eher ein Kompromiss aus allen Forderungen von aussen, denen man gerecht werden muss, wenn man seine Sachen auch verkaufen möchte. Dazu kommt dann noch der eigene Wunsch nach selbstständigen Ideen. Ich bewege mich beim Arbeiten in einem Netz, das mir meine Grenzen zeigt, aber dennoch viele Ansprüche vereint. Diese Einschränkung und die Spannung, etwas Ästhetisches und Markttaugliches zu schaffen, ist für mich eine viel grössere Herausforderung, als sich beim Entwerfen einfach auszutoben.

Anders, aber ordentlich Haben deine Kollektionen eine Botschaft? Ich möchte den Menschen nichts aufzwingen. Sie sollen selber entscheiden, was sie von meiner Mode halten und selber nachdenken. In erster Linie geht es natürlich einfach darum, in meinen Kleidern schön auszusehen: sich von der Masse abzuheben und trotzdem natürlich und irgendwie ordentlich zu bleiben. Das sollen sie bewirken. Die ganze Fotostrecke der aktuellen adddress-Kollektion von Fotograf Dennis Fischer gibt es auf kinkimag.ch zu sehen. Foto: Dennis Fischer Produktion: Christina Fix adddress.de


‹Ich hatte das Bedürfnis nach neuen Formen, neuen Schnitten – jede Saison etwas anderes.›

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‹vertreter› Über die wichtigsten Schuhe von damals bis heute. Name: Nike Air Max Geburtsjahr: 1987 Typ: Laufschuh Besonderheit: Air-Pad

Viel mehr als heisse Luft: Tinker Hatfields Air Max ist ein architektonisches Meisterwerk für die Füsse. Und erst noch bequem.

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inker Hatfield wurde vom internationalen BusinessMagazin ‹Fortune› unter die ‹100 most influential designers of the 20th century› gewählt. Na und? Denn für was, so ist die Frage, hat er sich diesen Award verdient? Der Kopf beginnt zu rattern: Hat vielleicht ein Star schon mal seinen Namen auf dem roten Teppich genannt, wie etwa Tom Ford oder Karl Lagerfeld? Oder haben wir seine Mode in der Vogue gesehen? Vielleicht hat Sienna Miller seine Entwürfe getragen? Alles falsch, denn Herrn Hatfields Verdienst wird mit Füssen getreten: Seit 25 Jahren designt der inzwischen 58-Jährige Sportschuhe für Nike. Dort hat er sich vom ehemaligen Raumgestalter zum Vizepräsident der Abteilung ‹Special Projects› hochgearbeitet. Mit dem Basketballer Michael Jordan kreierte er den legendären Nike Air Jordan und hat im Jahr 1987 ein weiteres Prachtexemplar auf die Strasse gebracht: den Nike Air Max. Wer glaubt, dass sich seit den 50er-Jahren, als Jugendliche begannen, Sneaker als Symbol der Freiheit und Unabhängigkeit zu tragen, in der Geschichte des Turnschuhs nicht mehr viel getan hat, irrt sich gewaltig. Mit dem Nike Air Max revolutionierte Tinker Hatfield das Schuhdesign des grössten Sportartikelherstellers der Welt. Zum ersten Mal konnte man die neue Innovation eines Turnschuhs, den Air-Pad, nicht nur spüren, sondern auch sehen. Im Air-Pad wird innerhalb einer flexiblen Gummidichtung ein kleiner Überdruck erzeugt. Auf einer ausreichend glatten Bodenoberfläche kann nur ein kleiner Teil der Luft zwischen Bo-

den und Gummidichtung entweichen. So entsteht optimaler Laufkomfort. Dass wir aber nun bei dem flexiblen Sportschuh auch noch das typische durchsichtige Plastikpölsterchen sehen, haben wir einer bestimmten architektonischen Sehenswürdigkeit in Paris zu verdanken, von der sich Hatfield inspirieren liess.

‹Let the people see inside the shoe!› Wem der Zusammenhang von Schuh und Architektur nicht gleich logisch erscheint, braucht sich nicht zu sorgen. Die Erklärung folgt: Tinker Hatfield studierte nach einer kurzen Karriere als Leichtathlet Architektur und erst über Umwege landete er bei Nike als Produktdesigner. Eines Tages besichtigte er in Paris das Centre Pompidou. Das 1977 von den drei Architekten Renzo Piano, Gianfranco Franchini und Richard Rogers entworfene Kunst- und Kulturzentrum beherbergt unter anderem das Musée National d’Art Moderne und ein Zentrum für Industriedesign. Seine spezielle Architektur ist bis heute im alten Paris ziemlich auffällig, vor allem die nach aussen offene Stahlkonstruktion, deren komplette Infrastruktur wie Aufzüge, Rolltreppen und Versorgungsröhren nicht nur sichtbar, sondern sogar in bunten Farben hervorgehoben ist. Die ganze Funktionalität wird für alle Passanten deutlich. Das wollte auch Hatfield erreichen: ‹Let the people see inside the shoe!›, sagte er zu seinen Kollegen. Die hielten ihn anfangs für verrückt. Doch es gelang ihm ein erstes Modell herauszubringen, das den durchsichtigen Air-Pad zeigt und somit Funktionalität und Design verbindet. Inzwischen sind seine Laufschuhe längst Legende. Seit mehr als zwanzig Jahren werden sie von über einer Million Menschen getragen. Nicht mehr nur Sportler, sondern vor allem sogenannte Sneaker-Freaks stehen Schlange vor den Läden, wenn ein neues Modell herauskommt. Hatfield selber besitzt über 500 Paar Schuhe und bei jedem einzelnen hat Komfort oberste Priorität: ‹Ich würde niemals einen Schuh tragen, der nicht bequem ist!›. Text: Paula Kohlmann Illustration: Adrian Riemann



I should be reading books

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Blouse, Shorts Errerre Belt Hermès Necklace Wunderkind

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page 84 Shirt C.P. Company Necklace Schild Blouse Gant Trousers Jacob CohĂŤn Belt MAX&Co. Shoes Miu Miu page 85 Glasses Tom Ford Blouse Leitmotiv

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page 86 Glasses Tom Ford Jacket H&M Blouse Leitmotiv Shorts Diesel Bag Errerre page 87 Hat A.N.G.E.L.O Vintage Jacket Luigi Bianchi Mantova Necklace Louis Vuitton Blouse Stylist’s Archive Belt MAX&Co. Shorts P.A.R.O.S.H. page 88 Sunglasses Errerre Blouse Replay

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Photography Alice Rosati, alicerosati.com Styling Mariagiulia Riva Hair & Make-up Roula Lianou Model Lina Navickaite @ Next kinki 89


{Maga} Zines

Es gibt sie in allen Formen und Variationen. Kleine, von Hand kopierte Kunstbüchlein, farbige, in Eigenproduktion hergestellte Zines, aber auch mal Magazine, die ohne Anspruch auf Gewinn in grösserer Auflage erscheinen. Allen gemeinsam ist viel Herzblut und Schweiss der Macher und des Öfteren ein Bostitch, der ihren Inhalt zusammen­ hält. Wir haben einen Blick auf die vielleicht ursprüng­ lichste Form der geprinteten Mitteilung und ein paar ihrer interessantesten Verfechter geworfen. Text: Florence Ritter

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u bist, was du liest; nicht, was du isst. Schliesslich entnehmen wir dem Essen nur unsere Energie, dem Lesestoff aber unser Wissen, aus dem wir auch unsere Ansichten von dieser Welt basteln. Es gibt natürlich geistigen Grundnährstoff, den wir alle gemeinsam auf unserer Schulbank verschlungen haben. Heute gibt es Bücher, die als gesellschaftliche Pflichtlektüre gelten oder uns als Bestseller aufgedrängt werden. Täglich werden Informationshappen in den Zeitungen serviert, doch auch diese mögen nicht allen schmecken, es sei denn, sie werden als Fast-Food-Menü vorgesetzt. Es gibt Rätsel- und Auto-Magazine, die faszinieren oder ennuyieren oder auch Klatschmagazine, die manche nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit verschlingen. Offensichtlich ist: Die Auswahl des Lesestoffs ist ebenso vielfältig wie die der Nahrung, wodurch die persönliche Selektion umso wichtiger und determinierender wird.

Geklammertes für MainstreamVerweigerer Auch im Lesekonsum gibt es Mainstream-Verweigerer, die sich beispielsweise am Kiosk nur die Indie-Hefte rauskrallen, von deren Existenz nicht mal der Kioskbesitzer weiss. Ein noch grösserer Pool an veritablem, individuellem Lesevergnügen gibt es jedoch auf dem Internet, wo sich beispielsweise zahlreiche Zine-Anbieter breitgemacht haben. Denn Zines sind Heftchen, die nur in kleiner Auflage erscheinen und nur die eigene, oder zumindest die Interessen einer Minderheit behandeln. Als Abkürzung von Fanzine oder von Magazine greifen sie die identitätsgebende Selektivität ‹von Fans für Fans› gleich auf. Sie dienen als Medium und Plattform für die eigene oder die Kunst anderer, als Sammelbecken für Texte von Freunden oder Gleichgesinnten, für Trash oder schlicht für eigene Ideen und Interessen. Dem Layout sind keine Grenzen gesetzt, die Produktion läuft über Fotokopie oder Offsetdruck, die Zines werden einmalig in einer Auflage von 50 bis 5000 Stück produziert und zirkulieren in kleinen Szenen unter ‹Fans›. Die Definition von Zines ist sehr breit, so gibt es auch Hefte, die sich vom Aufbau her an kommerziellen Magazinen orientieren, sich inhaltlich aber jegliche Freiheiten nehmen. Da sie auch mal in höherer Auflage erscheinen, stehen sie im Grenzbereich zwischen Zine und etabliertem Independent Magazin, ihre Herangehens-, Gestaltungs- und Produktionsweise (manchmal auch der Vertrieb) geschieht aber weitgehend unabhängig. Auch sie sprechen ein ausgewähltes Publikum an. Da sie aber mehr oder weniger regelmässig erscheinen und somit auch für unsere Leser erreichbarer sind, als einmalige Auflagen in Miniproduktion, haben wir für unser Special solche (Maga)Zines, die zwischen Magazin und Fanzine oszillieren, aus dem internationalen Markt herausgepickt. Als einschränkendes Kriterium haben wir einzig das Vorhandensein von Bostitchs gewählt, die sie rein visuell von den grösseren, gebundenen Magazinen abheben.

Gymclass Magazine Auflage: #01 = 50 Exemplare, #05 = 500 Exemplare Herausgeber: Steven Gregor Stadt: London Erscheint: vierteljährlich Wo wird es vertrieben? Im Internet auf der Gym Class-Website, im ‹do you read me›Shop in Berlin, bald wird es auch im Buchladen ‹Athenaeum› in Amsterdam erhältlich sein. Was war die Idee hinter dem Magazin? Gym Class begann als Zine für Underdogs, für Geeks, Nerds und Weicheier; für Typen, die im Turnunterricht immer zuletzt gewählt wurden. Welche Themen werden behandelt? Es hat sich entwickelt, heute geht es darum, Leute zu zelebrieren, die unabhängig kreieren: Freelance Designer, Fotografen, Illustratoren, neue Bands, Filmemacher und Leute, die selber unabhängige Magazine kreieren.

Wer schreibt und kreiert? Verschiedene Autoren, je nach Ausgabe. Impression: Das Nerd-Zine erscheint in der altbackensten Form, nämlich als Zeitung mit Titeln in Fraktur-Schrift. Dahinter verbergen sich aber die heissesten News aus der Untergrundkultur und grössere Bilder und Illustrationen, als in jeder Tageszeitung. Für wen? Hipster, die sich zwar nerdig und unbeholfen geben, aber immer perfekt gekleidet und auf dem neusten Stand sind. gymclassmagazine.com

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Wo wird es vertrieben? Weltweit in auserwählten Geschäften. Was war die Idee hinter dem Magazin? Es ist Nakako Hayashis persönliches Projekt, ein Periodikum zwischen Buch und Zeitschrift. Welche Themen werden behandelt? Texte und Fotografien zu einem bestimmten Thema pro Heft zwischen Mode, Literatur, Kunst und Kultur. Wer schreibt und kreiert? Nakako Hayashi ist die Autorin, Kazunari Hattori ist der Art Director. Impression: Das Periodikum spielt mit seiner Erschienung, die teilweise ein wenig an gekonntes Anti-Design erinnert. Es treten eingefärbte Bilder und Texte auf, oder gleichfarbige Seiten. Die japanischen Schriftzeichen erscheinen für alle, die sie nicht verstehen, als fester Bestandteil des grafischen Layouts. Here and There ist eine Sammlung von Gedanken und Bildern, die sich zu Themen wie ‹House and Garden›, ‹The Lonliness›, ‹Unexpected Travelling› oder ‹Her Life› aneinanderreihen. Für wen? Intellektuelle und Kunstinteressierte, die ob gewöhnlichen Layouts gähnen und sich für Schnittstellen zwischen Japan und der westlichen Welt interessieren, oder ihr erlerntes Japanisch prüfen wollen. nakakobooks.com nieves.ch

here and there Auflage: ca. 1000 Exemplare Herausgeber: Nieves Stadt: Zürich Erscheint: jährlich

I love you Magazine Auflage: 12 000 Exemplare Herausgeber: E­Design+ Communication GmbH Stadt: Berlin Erscheint: vierteljährlich Wo wird es vertrieben? Seit der vierten Nummer wird ‹I love you› weltweit vertrieben, zu finden in ausgesuchten Kiosks, Shops, Boutiquen wie beispielsweise bei Colette in Paris, in Deutschland auch an grösseren Flughäfen und Bahnhöfen. Was war die Idee hinter dem Magazin? I love you beschreibt eine Emotion, ein Gefühl, es geht um die Visualisierung eines Lebensgefühls. Inspiriert wurde Christiane Boerdner von Fashionblogs, geleitet wird sie von der Frage nach Identifikation und Emotionen. Welche Themen werden behandelt? Mode, Fotografie, Kunst und Lifestyle gepaart mit Lebensphilosophien. Wer schreibt und kreiert? Nach aussen hin hauptsächlich Christiane Boerdner, da es um eine ganz persönliche Sicht geht, sie sammelt Ideen und findet ihre Autoren und Akteure meist auf Blogs. Mittlerweile sind

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schon fünf Leute fest im Team, die ihr viele Ideen zuspielen. Impression: Das Heft ist hochwertig produziert, langlebig und grossformatig, also konträr zu einem Modeblog, den es inhaltlich eigentlich verkörpert. In Wort, Bild und Schrift wird der grazilen Weiblichkeit gehuldigt und das Ganze mit Poesie, Zitaten und Interviews unterlegt. Für wen? Romantische Mädchen, die schöne Fotografien aus Modemagazinen rausreissen und der Vergänglichkeit von Modeblogs nachtrauern. iloveyou-magazine.com


Mousse Magazine Auflage: 40 000 – 45 000 Exemplare Herausgeber: Mousse Publishing Stadt: Mailand Erscheint: Museum Paper halbjährlich Auflage: 1000 Exemplare Herausgeber: Museum Studio Stadt: Stockholm Erscheint: vierteljährlich Wo wird es vertrieben? Weltweit.

Was war die Idee hinter dem Magazin? Das Mousse Magazine befasst sich mit zeitgenössischer Kunst und zeitgenössischen Themen. Es ist eine Boulevardzeitung, die langlebig sein soll. Die Herangehensweise orientiert sich am Inhalt. ‹Wir streben an, möglichst unprätentiös und so nahbar wie möglich zu sein.› Welche Themen werden behandelt? ‹(Wir bieten) Einblick in die Vorgehensweise zeitgenössischer Künstler, die den momentanen Diskurs prägen, greifen aber auch die Werke bekannterer Künstler wieder auf, zeigen Reportagen aus den Epizentren der Kunstszene, leisten Beitrag zu Kuratorien und Ausstellungen und sprechen allgemeine kulturelle Missstände an.›

Wo wird es vertrieben? In den USA, Australien, Deutschland, Schweiz, Japan, Südkorea, Frankreich, Skandinavien.

Wer schreibt und kreiert? Mousse wird von einigen der wichtigsten und originellsten Kunstkritiker, Autoren und Künstlern verfasst.

Welche Themen werden behandelt? Kunst, Fotografie und das Leben.

Impression: Typographie und Bild haben denselben Stellenwert, irgendwie italienisch und international zugleich. Für wen? Für Kunstinteressierte und solche, die es gerne werden wollen.

Was war die Idee hinter dem Magazin? ‹Wir wollten Arbeiten von Künstlern zeigen, die uns interessieren. Und wir wollten die ausgewählten Arbeiten in hoher Qualität auf hochwertigem Papier zeigen.›

Wer schreibt und kreiert? Museum Studio und Freunde.

Impression: Museum Paper erscheint tatsächlich wie ein Museumskatalog, der ebenso formvollendet und qualitativ daherkommt wie die gefeatureten Künstler. Originelle Fragen nach der letzten guten Sache, die einem passiert ist, oder ‹ob wir belogen werden, und falls ja, von wem›, bringen dem Leser die Künstler auf erfrischende Weise näher. Das Museum Paper verbindet den Fanzine-Stil mit der Produktionsqualität eines gewöhnlichen Kunstmagazins. Für wen? Leute, die mit den Fingern gerne über schönes Papier und Fotografien streichen und jedes reizende Leaflet aufbewahren. museumstudio.se

moussemagazine.it

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Wo wird es vertrieben? Weltweit in Buchläden, Museumshops, Musik- und Modeläden mit ausgesuchten Magazinen. Was war die Idee hinter dem Magazin? Das Konzept hinter mono.kultur ist so einfach wie schön: eine Ausgabe, eine Person, ein Interview. So widmet sich jede Ausgabe ganz exklusiv einer Persönlichkeit aus den unterschiedlichsten Bereichen der Kultur, nicht mehr – nicht weniger. Welche Themen werden behandelt? Die schönen Künste, Musik, Film, Literatur, Architektur, Design und Mode. Wer schreibt und kreiert? Hinter mono. kultur steht ein Team von ungefähr zehn Editoren, eine Mischung aus Journalisten, Fotografen, Designern, Kuratoren etc., die ihre Freizeit aufwenden, um das Magazin in Gang zu halten.

Impression: Klein und bündig wie ein Fanzine geht es inhaltlich ausführlicher in die Tiefe als jedes grosse Magazin: Text geht vor Bild. Das Papier changiert ebenso wie die dargestellten Personen: David Lachapelle, Michael Ballhaus, Dries van Noten, François Ozon und jüngst Tilda Swinton und Ai Weiwei vermögen durch ihre diversen Tätigkeitsbereiche immer wieder andere Leser anzusprechen. Für wen? Personen, die sich über die immer selben Interviewfragen ärgern und sich für das Werk sowie die unfiltrierten Ansichten und Gedanken einer im öffentlichen Interesse stehenden Person begeistern. mono-kultur.com

mono.kultur Auflage: 7000 – 10 000 Exemplare, je nach Ausgabe Herausgeber: Kai von Rabenau Stadt: Berlin Erscheint: vierteljährlich

Von Bis Auflage: 50 exqui­ site Exemplare Herausgeber: Johannes Willi, Thilo Mangold Stadt: Zürich, Basel Erscheint: So oft wie möglich, mindestens ein­ mal pro Monat Wo wird es vertrieben? Über Bekannte, Freunde, Fans, auf der Strasse, über die Gasse. Allerdings nicht gegen Geld, sondern im Austausch gegen kreative Geschenke. Was war die Idee hinter dem Magazin? Anleitung zum Anderssein, Plan fürs kommende Wochenende, Erlebnisbericht von experimentellen Ausflügen, Programm fürs Leben, Magazin ohne Sparte, Ideenspender für Gelangweilte, Forum der Gewissenlosen, Heftli für alle. Welche Themen werden behandelt? Die ideelle und kommerzielle Unabhängigkeit der Verantwortlichen steht für den potentiellen Wahnsinn in Inhalt und Form des Magazins. Von ‹Verantwortlichen› kann also eigentlich gar keine Rede sein. Das heisst: Es gibt keine Sparte, kein Thema, keinen dicken roten Faden. Ins Heft kommt, was einem übers Leben kriecht oder aus erklärlichen und unerklärlichen Gründen nicht in Ruhe lässt. Wer schreibt und kreiert? Johannes Willi und Thilo Mangold sowie Personen, die es aus verschiedensten Gründen verdient haben, den Anforderungen des Magazins gerecht zu werden. Impression: Viele Geschlechtsteile, viel Nonchalance und eine riesengrosse Portion Humor machen das Heft zur kurzweiligen und irgendwie vertrauten Lektüre. Für wen? Schwer zu sagen, aber definitiv lesenswert.

Wer sich für Zines in kleinster Auflage interessiert, schaut sich bei ttcgallery.com, mottodistribution.com, bei nieves.ch und caferoyalbooks.com um. Letztere zwei geben auch gleich selber Zines raus! Auf kinkimag.ch/magazines findet ihr diesen Monat eine Vorstellung und Verlosung des T-Post Magazines, dem tragbaren T-Shirt-Magazinprojekt.

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Up and away

Unter den Einsendungen der Texte für den Red Bull Storyteller fanden sich zahlreiche Ideen, wie das Thema ‹Up and away› umgesetzt werden könnte: von unglücklich beendeten Beziehungen über Kindheitserinnerungen bis hin zu Flugangst und Fernreisen war alles mit dabei. Am meisten überzeugt hat uns aber der poetische Blick nach oben, wie ihn Corina Bosshard in ihrem Siegertext an die Decke der Ankunftshallen dieser Welt richtete. So schrecklich leicht, dass gerade das Schwere irgendwie gut täte, das einen endlich mal herunterholen und ruhen lassen würde. Und wenn jemand die Schnur dann gut festhält, ist’s auch gerade noch so okay, aber der Drang nach dem ‹Auf und davon› ist immer da. Und wehe, der lässt die Schnur mal kurz los … Flupp. Und wehe er versucht, einen entgegen den Gesetzen der Physik nach unten zu drücken … Flupp. Nichts wie weg. Auf und davon.

Der Drang nach oben Helium oder Kerosin? Hauptsache, der Weg nach oben ist frei.

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chon mal in der Ankunftshalle eines Flughafens zur Decke hochgeguckt? Normalerweise ist der Blick ja nach vorn gerichtet, auf die Anzeige mit den gelandeten und erwarteten Flügen und auf die sich endlos auf- und zuschiebende Milchglastür, die den Blick auf die Ankommenden immer erst im letzten Moment preisgibt, was die Spannung und Konzentration der Wartenden auf ein Maximum treibt. Wenn all die Wartenden in den Ankunftshallen der Flughäfen der Welt den Blick mal wegreissen könnten von der Milchglastür und durch die Halle zur Decke hochgleiten liessen, würden sie Unerwartetes entdecken: Ballons. Unzählige Helium-Ballons. Rote herzförmige ‹I love you’s›, bunte ‹Welcome Back’s›, ‹Tweety› und Co. … Alle hängen sie da trotzig an der Decke. Denn weiter sind die Ausreisser in ihrem Drang aufwärts nicht gekommen. Das Gehirn versucht zu rekonstruieren: Vor Freude, die richtige Person hinter der Milchglastür auftauchen zu sehen, hat jemand den Ballon glatt losgelassen. Oder er stahl sich zwischen Umarmungen und Küssen, Koffern, Reisepässen und Kindern an den Händen unbe-

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merkt davon. Oder jemand hat nach stundenlangem Warten und Starren auf das erfolglose Auf und Zu der Milchglastür entmutigt kehrt gemacht und den Ballon sich selber überlassen. Wie auch immer es sich zugetragen haben mag: Die Ballons, zum Fliegen bestimmt, kleben nun an den Decken der Ankunftshallen der Flughäfen der Welt und kommen vorübergehend nicht weiter. Unbemerkt von den meisten versinnbildlichen sie diesen wunderschön-schrecklichen Drang nach dem ‹sich einfach Davonmachen›, der einen in Flughäfen, wo alles, oder zumindest eine ganze Hälfte aufs Wegfliegen ausgerichtet ist, immer überkommt. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, in jeder Ankunftshalle jedes Flughafens, durch den es mich verschlägt, einen kurzen Kontrollblick nach oben zu werfen. Immer wenn ich einen von ihnen an der Decke entdecke, schicke ich ein verschwörerisches Lächeln hoch. Und frage mich, da ich ja nun offensichtlich schon wieder durch einen Flughafen zottle, ob ich vielleicht auch irgendwie wie sie mit Helium gefüllt bin. Am liebsten schwerelos, aber manchmal vorübergehend an Ort und Stelle klebend.

Lieber wieder unterwegs sein. Denn im freien Flug ist’s einem doch noch am wohlsten. Sich um ein Handgelenk zu knoten, kann höchstens eine Zwischenlösung sein. Denn solange man unterwegs ist, hat man das Privileg, sich nicht auf ein Handgelenk, ja auf rein gar nichts festlegen zu müssen. Wie die Roulettekugel – solange sie in Bewegung ist, ist alles noch möglich. Wie man wohl mit den Helium-Ballons in den Ankunftshallen der Flughäfen der Welt verfährt? Ob die Putzequipen sich jeweils die Mühe machen, an die Decken zu klettern, um die Ballons runterzuholen. Was man dann wohl mit ihnen macht? Bringt man sie in die Geschäfte zurück? ‹Wegwerfen› kann man sie ja nicht. Vermutlich lässt man ihnen einfach ihren Drang nach oben und wartet, bis ihnen irgendwann das Helium ausgeht und sie ganz von allein runterkommen. Die Schaffhauserin Corina Bosshard hatte nicht nur während ihres Auslandaufenthalts in Tel Aviv Gelegenheit, die Wartehallen zu erkunden, sondern ist auch sonst weit gereist: zum Beispiel für Feldforschungen zum Phänomen der Müllsammler in Kairo. Die 27-Jährige studierte Ethnologie, Islamwissenschaften und Völkerrecht, arbeitet bei der HEKS und lebt in Zürich. Foto: Matthias Straub



‹schauplatz› Die besten Adressen für junge Kunst. Glasgow, die grösste Stadt Schottlands, ist nicht nur bekannt für ihre musikalischen Exportschlager, sondern hat sich auch im internationalen Kunstbetrieb längst ihren Platz gesichert. Ein Beispiel dafür ist die Collins Gallery in der Richmond Street.

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as schlechte Wetter, das die meiste Zeit auf die grösste Stadt Schottlands herunterfällt, hat den Boden scheinbar fruchtbar gemacht für so grossartige Bands wie Travis, Franz Ferdinand oder Glasvegas. Aber auch die Künste werden in Glasgow nicht vernachlässigt. Denn nur fünf Minuten vom Stadtzentrum und der Gallery of Modern Art entfernt, befindet sich die Collins Gallery. Man darf sich nicht von dem etwas unansehnlichen, fabrikartigen Bau abschrecken lassen, der, umgeben von den charmanten, typisch schottischen Bauten, rundum die Aufschrift ‹Collins Gallery› trägt. Denn hinter den Mauern, die zur University of Strathclyde gehören, befindet sich eine kleine, feine Galerie mit lichtdurchfluteten Räumlichkeiten. Die Galerie wurde 1971 von der Universität gegründet und ist seitdem Schnittstelle zwischen der akademischen Einrichtung und der Stadt Glasgow. Rund 40 000 Besucher verschlägt es

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jährlich in die Galerie, die meisten von ihnen Studenten und Kunstund Designinteressierte. Die Collins Gallery ist über die Jahre ein beliebter Ausflugsort für Studierende anderer britischer Kunsthochschulen und -universitäten geworden. Die insgesamt acht Ausstellungen, die über das Jahr verteilt in der Collins Gallery stattfinden, bieten eine bunte Bandbreite unterschiedlichster Kunstrichtungen: Ausgestellt wird sowohl Zeitgenössisches als auch Historisches. Aber auch bildende und angewandte Künste werden hier vereint mit Installationen und Multimediashows.

Künstler aus dem Iran und der Mongolei Unter den bisher ausgestellten Künstlern gilt es hier besonders den aus Glasgow stammende Pum

Dunbar zu erwähnen, der mit seinen Collagen vergangenes Jahr bereits in die Räumlichkeiten der Galerie Einzug hielt. Die Galerie beschränkt sich jedoch nicht nur auf britische Künstler, sondern zeigte in der Vergangenheit auch schon Arbeiten von Künstlern aus Australien, Finnland, dem Iran, der Mongolei oder Norwegen. Das Programm für dieses Jahr beschreiben die Kuratoren der Galerie als besonders divers in Bezug auf Inhalt und Ausrichtung. So fiebern sie bereits gespannt der skulpturalen Installation von Mhairi Killin entgegen und empfehlen unter anderem auch die sechswöchige Werkschau des schottischen Bildhauers Moray Hillary sowie die Performance der norwegischen Künstlerin Agnes Nedregard.

Links oben: Preview Card Image, Pum Dunbar Rechts unten: Agnes Nedregard

Text: Anja Mikula Fotos: Torben Paradiek Montag bis Freitag, 10 – 17 Uhr Samstag, 12 – 16 Uhr Collins Gallery University of Strathclyde 22 Richmond Street Glasgow G1 1XQ www.strath.ac.uk/collinsgallery/


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‹impressum› Juni / Juli 2010 Cover: Filippo Del vita reDAktionSAnSCHriFt kinki magazine Mööslistrasse 3, 8038 Zürich t +41 44 271 09 00 F +41 44 271 09 02 kinki MAGAZine BÜro ZÜriCH Mööslistrasse 3 8038 Zürich BÜro StuttGArt Falbenhennenstrasse 5 70180 Stuttgart BÜro Berlin Wissmannstrasse 2 12049 Berlin GeSCHäFtSFÜHrunG mark.mirutz@kinkimag.ch ProJektleitunG melania.fernandez@kinkimag.ch MArketinG cathrin.michael@kinkimag.ch MArketinG ASSiStenZ orlando.pitaro@kinkimag.ch ABoServiCe kinkimag.ch/abo | abo@kinkimag.ch online orange8 interactive ag, orange8.com AuFlAGe 60000 DruCk Werk zwei Print + Medien GmbH GeStAltunGSkonZePt raffinerie AG für Gestaltung, raffinerie.com einZelverkAuF /ABonneMent CHF 6 / 4 (pro Ausgabe) / CHF 58 / 50 (11 Ausgaben) vertrieB SCHWeiZ vAlorA AG, valora.com vertrieB internAtionAl stella distribution GmbH Frankenstrasse 7 20097 Hamburg

CHeFreDAktion matthias.straub@kinkimag.ch, (ms) Stv. CHeFreDAktion rainer.brenner@kinkimag.ch, (rb) reDAktion florence.ritter@kinkimag.ch, (fr) martina.messerli@kinkimag.ch, (mm) antonio.haefeli@kinkimag.ch, (ah) stefan.brenner@kinkimag.ch, (sb) mathias.bartsch@kinkimag.ch, (mb) katja.mueller@kinkimag.ch, (km) christina.fix@kinkimag.ch, (cf) paula.kohlmann@kinkimag.ch, (pk) Art DireCtion anja.mikula@kinkimag.ch helena.dietrich@kinkimag.ch FotoGrAFie Carola Dorner, ondrej & Gabs, torban Paradiek, Philippe, Alice rosati, Daniel Seiffert, Corinne Stoll, Matthias Straub, Daniel tischler, Filippo Del vita, Jaimie Warren, Dennis Fischer

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foto des monats um ihrem tristen Arbeitsalltag zu entfliehen, betreiben Cathrin Michael und Anja Mikula gerne den ihrer Schizophrenie frönenden Zeitvertreib des verkleidens. Die daraus resultierende innere Zerissenheit bezüglich ihres wahren Charakters hat Anja leider auf den besten Weg zur trinkerin gebracht. Foto: ellin Anderegg

Ausschneiden und ab damit an: kinki magazine Mööslistrasse 3 8038 Zürich kinki 109


‹kopfkino› Vom Umschlag bis zum Abspann. Frauen lesen Romane, Männer schauen Actionfilme. Dem ist nicht so, weshalb wir beim Bücher- und Filmgeschmack jegliche Gendergeneralisierungen frischfröhlich von uns stossen. Vielmehr ergeben sich Fronten wie Hollywood versus Low-Budget-Produktionen, Belletristik versus Sachbücher, Krimis und Komödien versus Art House. Wir sprechen uns gerne für ästhetische Bilder, Independent- und Dokumentarfilme, Kunst- und Designbücher aus und teilen dies mit Mann- und Weiblein.

Buch farbig

Viviane Sassen: Sol & Luna Die holländische Fotografin Viviane Sassen lebt und arbeitet in Amsterdam, ihre ausserordentlichsten Bilder fotografierte sie jedoch in Afrika, wo sie Bildstrecken wie ‹Ultra Violet›, ‹Flamboya›, ‹Die Son Sien Alles›, in denen förmlich das Leben wiegt, einfing. Stilvoll spielt sie mit der dunklen Hautfarbe ihrer Protagonisten, die meist im Kontrast zu den malerischen, pastellenen Szenerien steht. Neben dieser wunderschönen farblichen Allianz sind es auch die ungewohnten Posen, die überraschen und jeweils zu einem Lächeln verführen. Der zweite Teil ihrer Arbeit ist die Modefotografie, diese trägt eine weniger deutliche Handschrift – sie profitiert hie und da von der kontrastreichen AfrikaÄsthetik – begeistert aber vielmehr durch ihre Vielgestaltigkeit. Viviane publizierte unter anderem in namhaften Magazinen wie AnOther Ma110 kinki

gazine, Vogue France, Dazed & Confused, i-D Magazine, Pop und Purple. Auch Werbekampagnen schoss Viviane bereits für etliche bekannte und angesagte Labels. Das Projekt ‹Sol & Luna› entstand aus einer Zusammenarbeit mit dem schwedischen Männermodelabel Our Legacy und dem Verleger Libraryman Co., Ltd. und wurde an der Stockholm Fashionweek im Winter 2009 als begehrtes Objekt von Hand zu Hand gereicht. In der atemberaubenden schwarz-weiss Ästhetik dieses Buchs / Lookbooks finden sich Sassens stilistische Steckenpferde wieder, nämlich das Element des Versteckens und Präsentierens, das Schattenspiel, die Natur und die Nacktheit. Erschienen bei Libraryman Co., Ltd., ca. CHF 48.–

blumig

Nobuyoshi Hamada: Cherry Blossoms Ein ‹Mädchenbuch› wird mir manch ein ‹Auto, Motor und Sport›-Leser vorwerfen, tatsächlich zeigt ‹Cherry Blossoms – Traditional Pat-

terns in Japanese Design› auf ganzen 400 Seiten eine malerische Welt voller Blüten, Landschaften und Kimonos und ermöglicht dadurch einen tiefen Blick in die japanische Kultur. Das Buch gehört als vierter Band einer Serie an, die sich mit traditionellen japanischen Mustern befasst. Nachdem in vergangenen Bänden bereits Wellen, Wolken und Kiefern; Tiere, Vögel, Insekten und Fische; Blumen und Vögel behandelt wurden, widmet sich der neueste Band ganz der Kirschblüte – Skura. Schon im dritten Jahrhundert sollen in Japan Aristokraten, Sänger und Poeten unter den Blüten von Kirschbäumen ihre Feste abgehalten haben. Diese Tradition wurde beibehalten, sodass der Kirschblüte in Japan noch heute geradezu nationale Ehre beikommt. Über 200 Werke, vom achten bis ins zwanzigste Jahrhundert, von der Malerei über Textilien und Handarbeiten, dokumentieren in ‹Cherry Blossoms› die Beliebtheit der Kirschblüte als künstlerisches und dekoratives Motiv. Das Buch ist auch im Hinblick auf die Gegenwart spannend, denn die Geschichte der Kirschblüte schreibt sich heute auf der Haut zahlreicher Personen weiter. Das traditionelle Motiv erfreut sich nämlich grosser Popularität in der internationalen Tattoo-Szene. Erschienen bei PIE BOOKS, ca. CHF 50.–

mutig

Mark Siemons and Ai Weiwei: Ai Weiwei – So Sorry Im kinki magazine #22 berichteten wir bereits über das Architekturprojekt ‹ORDOS100›, das der chinesische Künstler Ai Weiwei betreute. Sein Buch ‹Ai Weiwei – So Sorry› deckt – wie die gleichnamige Ausstellung im Haus der Kunst in München – weitere Arbeiten, Gedanken und Facetten dieser faszinierenden Persönlichkeit auf. Die eingangs zitierte Aussage: ‹Liberty is about our rights to question everything› könnte als Leitmotiv des Künstlers gelten, der sich mit Kunst, Design, Architektur, Schreiben und Publizieren sowie als Kurator immer wieder für die Meinungs- und Pressefreiheit und für die Wahrung der Menschenrechte einsetzt. In Interviews und in seinem Blog übt er zudem direkte Kritik an der chinesischen Regierung aus. Seine Kunst befasst sich mit Repetition, Kopie, Massenanfertigung und reflektiert den Umgang der chinesischen Gesellschaft mit der


eigenen Tradition und der parallelen Absorption von westlichen Einflüssen. Die Arbeiten faszinieren durch ihre professionelle und traditionelle Produktionsweise und geben einen gedanklichen Anstoss, über China und die westliche Welt zu reflektieren.

DVD

zugedröhnt

Erscheinen bei Prestel, CHF 34.90

kantig Space craft2 More Fleeting Architecture And hideouts

R. Klanten, L. Feireiss: Spacecraft 2 Auch der zweite Band ‹Spacecraft 2› setzt dort ein, wo viele zeitgenössische Architekten zu träumen beginnen und die Grenzen der klassischen Architektur überwunden werden. Jedoch sind es nicht einzig Architekten, deren Projekte in diesem spannenden Kompendium aussergewöhnlicher Architektur gezeigt werden, sondern auch Entwürfe von Kreativen aus unterschiedlichsten Disziplinen. Die dargestellte Architektur dient nämlich nicht unbedingt der Wohnnutzung, vielmehr werden auch Interventionen und Installationen im öffentlichen Raum oder temporär genutzte Bauwerke und Verstecke gezeigt, kurz ‹Fleeting Architecture and Hideouts›. Bei dieser Form experimenteller Architektur wird spielerisch und innovativ mit dem Raumkonzept umgegangen. Im Kapitel ‹Let’s Play House› wird das archetypische Wohnhaus entfremdet oder künstlerisch erweitert. ‹Living in a Box› stellt kubische Designhäuser und Hideouts in die Natur. Und in ‹When Nature Calls› steht die Nachhaltigkeit im Vordergrund, während ‹Just Lose It› die vergängliche Architektur preist. ‹Spacecraft 2› findet wiederum eine sehr spannende, künstlerische und verspielte Herangehensweise an die Architektur, die von gebastelten und aufgeblasenen Installationen zu bewohnbaren Designobjekten reicht. Erschienen beim Gestalten Verlag, ca. CHF 80.– Wenn Florence Ritter nicht gerade Bücher liest, Magazine durchblättert oder ihre Internetsucht auslebt, ist sie gerade in Zentralamerika am Reisen.

Alice in Wonderland, Tim Burton Lange hatten wir alle darauf gewartet und wer dann letzten Endes keine Tickets mehr für die dauerausverkauften 3D-Vorstellungen ergattern konnte und stattdessen auf das oldschool 2D zurückgreifen musste, machte ein grosses Geschrei: ‹Alice in Wonderland› – von Tim Burton in Szene gesetzt – ist einfach nur enttäuschend. Viel mehr hatten wir erwartet vom quecksilbervergifteten verrückten Hutmacher Johnny Depp und der unproportionalen und herzlosen Herzkönigin Helena Bonham Carter. Serviert bekommen haben wir stattdessen Schlüsselfiguren, die ihre liebenswürdige Verschrobenheit an wahrhafte Psychosen verloren haben und eine in jeder Hinsicht blasse Alice, die nicht mehr Heldin unserer kühnsten Kindheitsträume ist, sondern nur noch nervige Emanze. Flashen kann einen der Film also nicht, aber mit ausreichend subtropischen Substanzen kann uns diese Inszenierung dann doch irgendwie gefangen nehmen. Und als Inspiration für die nächste Verkleidungsparty kann Burtons Ideenreichtum natürlich auch immer noch herhalten. Ab 15. Juli als DVD und Blu-ray erhältlich.

zukünftig

Mon Oncle, Jacques Tati Am Rande der Handlungslosigkeit gewährt Jacques Tatis konzeptuell durchgestylter Spielfilm von 1958 Einblick in die Welt des 10-jährigen Gerard Arpel, der mit seinen Vater – dem Direktor einer Gummischlauchfabrik – und seiner Mutter in einem abstrus modernistischen Haus lebt. Als Gegenstück

zur kopflosen Begeisterung der Familie Arpel für die fortschreitende Technik fungiert der tollpatschige Monsieur Hulot – Gerards Onkel und bester Freund. Da Gerard von den Ausflügen mit seinem Onkel, zum Missfallen von Frau Arpel, meist verdreckt nach Hause kommt, beschliesst sie ihren Bruder Hulot mit der Nachbarin zu verkuppeln. Gemeinsam mit Jacques Lagrange ist es Tati gelungen, ein visuelles Konzept auszuarbeiten, in dem die moderne und die alte Welt auch in Bildsprache und Farbdramaturgie aufeinandertreffen. Trotz Qualitätssiegel ‹Oscar›, wirkt Mon Oncle durch seine für unsere Verhältnisse langsame Erzählweise veraltet. Die absurd futurisch reduzierte Formensprache des Arpelschen Hauses und seines Innenlebens sind aber nichtsdestotrotz auch heute noch schön anzusehen. Als DVD erhältlich.

umzug

The Imaginarium of Doctor Parnassus, Terry Gilliam Na gut, die Geschichte in Terry Gilliams neuestem Werk ist keine Glanzleistung. Da verkauft mal wieder einer dem Teufel seine Seele – beziehungsweise seine einzige Tochter – und versucht dies irgendwie rückgängig zu machen. Der Höllenpakt ist dabei nur eine Sorge von Dr. Parnassus, der mit seinem Wandertheater, dem ‹Imaginarium› durch London zieht. Darin lässt er die Zuschauer durch einen Spiegel in die Welt ihrer eigenen Fantasie eintreten. Das Publikum hat jedoch nicht viel übrig für die altmodische Zirkusshow. Zeit für den Auftritt Heath Ledgers als verrückter und charmanter Marktschreier Tony. Nach dem tragischen Tod Ledgers während der Dreharbeiten, vervollständigten Johnny Depp, Jude Law und Colin Farrell die Rolle des Tonys, was der Handlung keinen Abbruch tut – Gilliams wundersames Talent, wirrste Vorstellungen in einen Film zu packen, kommt somit erst recht zur Geltung. Seit langem brilliert Gilliam endlich mal wieder mit kreativem Ideenreichtum und farbenprächtigen Fantasiewelten.

Kino zu gut

Micmacs à tire-larigot, Jean-Pierre Jeunet Nach zwei gescheiterten Filmprojekten kehrt Jean-Pierre Jeunet, Erfolgsregisseur von ‹Amélie›, zurück auf die Leinwand. Es scheint, als hätte er sich nach dem Misserfolg den ganzen Frust von der Seele gefilmt, sich dafür Frankreichs derzeit beliebtesten Schauspieler Dany Boon (‹Bienvenue chez les Ch’tis›) geschnappt und so richtig die Korken knallen lassen. Boon spielt Bazil, den Videoclub-Angestellten, der per Zufall eine Schrotkugel in den Kopf bekommt und nach einer Koma-Auszeit ohne Wohnung und Job dasteht. Leicht beschränkt durch seine Hirnverletzung, findet Bazil Anschluss an eine Gruppe von Randexistenzen, die in ihrer eigenen Welt auf dem Schrottplatz leben und wie Toy Story-Figuren alle mit einer Superkraft ausgestattet sind. Die Anti-Helden beschliessen vereint den Kampf gegen die gierigen Waffenhändler – Verursacher von Bazils Leiden – und so nimmt der absurde Racheplan seinen Lauf. Auch hier geht die Rechnung, eine simple Story durch fantasievolle Bilder, skurrile Figuren und surreale Settings wettzumachen, auf. Der Film setzt in améliescher Manier auf die poetische Kraft des visuellen Kinos, herzerwärmende Komik und zollt mit einem hervorragenden Boon stellenweise sogar Charlie Chaplin. Fünf kinki Sterne für Jeunet! Ab 15. Juli im Kino Auf der Suche nach dem ultimativen Kinoerlebnis lassen sich Cathrin Michael und Anja Mikula auch gerne mal von bewusstseinserweiternden Substanzen beeinflussen. Über Wirkung und Qualität des Films im nüchternen Zustand können die beiden daher leider keine relevante Angabe machen.

Ab 18. Juni als DVD und Blu-ray erhältlich

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I’m here

Eigentlich arbeitet der Roboter Sheldon tagein, tagaus in einer Bibliothek und fristet ein ziemlich langweiliges Dasein. Als er jedoch die schöne Roboterfrau Francesca kennenlernt, verändert sich sein Leben komplett.

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s rüttelt einen wach, dieses helle, schil­ lernde Lachen, was unserem Roboter­ helden an einem sonnigen Tag in Los Angeles entgegenschwebt und sein Leben fortan mit vielen neuen Erlebnissen füllt: Er lernt von der freidenkenden und lebensfrohen Francesca das Lieben, Träumen und Glücklich­ sein. Spike Jonze, einem der renommiertesten Regisseure weltweit (‹Being John Malkovich› / ‹Wo die wilden Kerle wohnen›) gelingt der Spa­ gat zwischen realer und imaginärer Welt so per­ fekt, dass man kaum glauben mag, dass unter den Masken wirkliche Schauspieler stecken. Der Film zeigt sehr deutlich auf, was die Liebe mit einem anstellen kann. Wie sie Einfluss auf den Alltag nimmt und unsere Prioritäten verschiebt. Und natürlich bleibt auch viel Raum für Gesell­ schaftskritik. So vermag zum Beispiel Francesca – gespielt von Sienna Guillory – lediglich durch den Aufkleber, den sie nachts an Strassenschil­ der klebt, auf sich und ihre Art aufmerksam zu machen, und vor allem aufzuzeigen, dass sie durchaus zu denken, fühlen und lieben imstan­ de ist.

Roboter sind auch nur Menschen Der 30­minütige Kurzfilm, der am Sundance Fes­ tival und der Berlinale debütierte, ist nun auch online zu sehen. Entstanden ist das Projekt als weitere Künstlerkooperation der Premiummarke Absolut Vodka, die auch in vergangenen Zeiten schon mit einigen interessanten Künstlern zu­ sammenspannte (Andy Warhol, Helmut Lang). Wer jetzt denkt, von Schleichwerbung im Film überschüttet zu werden, der irrt sich allerdings: Spike Jonze wurde volle künstlerische Freiheit gewährt, und entstanden ist dabei einer der schönsten Liebesfilme dieses Jahres. imheremovie.com Text: Rita Greulich Fotos: Promo

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Spike Jonze gibt liebeskranken Blechdosen wieder Hoffnung: There is still love in the air!


twilightsaga.ch

ascot-elite.ch Soundtrack out now


‹henry und paul› Die mit den vorgetäuschten Orgasmen. Und mit den Wrestlern. Und mit den Robotern.

Sir? Nicht jetzt, Henry. Ich führe mir Amateur-Pornos zu Gemüte. Nun … dann will ich nicht länger stören, Sir. Bleib ruhig da, Henry. Der Ablauf ist ja immer derselbe. Rein, raus, runter, rauf. Fertig. Immer dasselbe. Ich denke mir ja beim Sex immer lustige Sachen aus. Wie es wäre, Wrestler zu sein, und mit einer Wrestlerin im Bett zu sein. 114 kinki

Was wäre daran komisch, Sir? Nun Henry, sich mit einem ‹Full Body Hammer Slam Break dem Fuckin’ Bone Spin› von der Kommode auf die Bettpartnerin zu stürzen und ihr die muskulösen Haare wild schnaubend nach hinten zu ziehen, stelle ich mir durchaus amüsant vor. Muskulöse Haare? Ach, die haben doch überall Bizeps. Wahrscheinlich können Wrestler mit den Augäpfeln Nüs-

se knacken. Ach, egal. Jedenfalls ist auch der Orgasmus selbstverständlich Teil der Show. Ich frage mich: Spricht man sich als Wrestling-Paar eigentlich vorher ab? ‹Schatz, heute komm ich. Aber lass uns zehn Minuten so tun, als würdest du kommen, okay?› Ha. Henry, weisst du eigentlich, warum Frauen oft ihren Orgasmus vorspielen?

Da gibt es viele Gründe, Sir. Weil sie wissen, dass Männer sonst damit nicht umgehen können. Trotzdem ist es das Dämlichste, was ich jemals gehört habe. Was meinen Sie – das vorgespielte Stöhnen, Sir? Ich bitte dich, Henry! Bei mir kommen sie immer! Ja, Sir. Natürlich. Henry, das dämlichste ist die Tatsache, dass die Frauen zwar Lust verspüren, aber ihre gesamte Konzentration darauf verschwenden, eine möglichst perfekte Performance hinzulegen. Um den Mann zu schonen, Sir. Ist doch unnötig. Die meisten Männer interessiert’s ja doch nicht. Die Frauen könnten die Zeit aber sinnvoll nutzen. Singübungen! Musical! Aber was rede ich, in ein paar Jahren wird Sex unter Menschen sowieso überflüssig werden. Wieso meinen Sie? Weil wir perfekte Roboter haben, die uns die ganze Pein der Liebe abnehmen werden. Sir, Sie meinen, wir werden zu gefühlskalten Hüllen? Quatsch, Henry. Natürlich spüren wir noch etwas! Diese Roboter, sie werden perfekt sein. Einige wird man gar darauf programmieren können, dass sie den Orgasmus vorspielen. Sir, man könnte sie auch darauf programmieren, Wrestling-Sex zu imitieren. Aua, Henry. Text: Roman Neumann Foto: Philippe


Nie war es einfacher, grossartige Bilder zu machen.

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„Ich liebe die Perfektion der Geometrie.“ Chris Mettraux, Webdesigner, Schweiz



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