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The Ban is here

The Ban is here!

Der Atomwaffenverbotsvertrag tritt 2021 in Kraft

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Kurz vor Redaktionsschluss konnten wir die Korken knallen lassen! Denn Ende Oktober wurde der lang ersehnte Atomwaffenverbotsvertrag zum 50. Mal ratifiziert und tritt damit am 22. Januar 2021 in Kraft. Nun strahlt er wie ein helles Licht am Horizont einer aufrüstenden Welt. Ein Kommentar von unserer ehemaligen Studisprecherin Antonia.

Es ist der 25. Oktober 2020. Ich gehe mit Kopfhörern in den Ohren aus dem Haus, höre Radio, wie so oft am Morgen auf meinem Weg in die Stadt. Die Nachrichten. Ich höre nur so halb zu und dann: „Der aus dem Jahr 2017 stammende Vertrag über ein Verbot von Atomwaffen ist nun von insgesamt 50 Staaten ratifiziert worden und kann deshalb in Kraft treten. Wie ein Sprecher der Vereinten Nationen in New York mitteilte, hat Honduras als 50. Land dem Abkommen rechtskräftig zugestimmt. Der Vertrag werde nun nach einer Frist von 90 Tagen in Kraft treten.“ DLF am 25. Oktober 2020, acht Uhr.

Als hätte ich in der Zeitung gelesen, dass eine Freundin von mir ein Kind bekommen hat. Ich freue mich riesig, möchte es allen erzählen und wundere mich, dass ich es über die ganz offiziellen Nachrichten höre und nicht schon „vorab“ über einen Anruf oder eine Nachricht im Mailverteiler.

Manchmal gehen Wünsche eben doch in Erfüllung, wenn man sie laut ausspricht. In Büchel, vor vier Monaten, haben wir den dritten Geburtstag des Atomwaffenverbotsvertrages ganz gebührend gefeiert, mit Torte und allem drum und dran. Ich durfte dort, zusammen mit Josi aus der Düsseldorfer Studigruppe, am 7. Juli 2020 eine Geburtstagsrede halten, an deren Ende wir drei Wünsche äußerten:

» Eine Ratifizierung des Vertrags pro Monat (zu diesem Zeitpunkt fehlten nämlich noch zwölf Ratifizierungen).

» Keine Atomwaffen mehr in Büchel!

» Eine atomwaffenfreie Welt. Je früher, desto besser.

Als ich an diesem Morgen also höre, dass unser erster Wunsch in Erfüllung gegangen ist, merke ich, wie ich mich ganz persönlich freue – und auch, dass ich ein bisschen überrascht bin.

Doch der Nachrichtensprecher ist leider noch nicht fertig. Hätte die Meldung mal lieber aufgehört mit dem vorletzten Satz: „Es handele sich um einen Sieg für die Menschlichkeit“. Denn das, was danach kommt, macht mich ganz schön wütend:

„Da der Vertrag von den Atommächten boykottiert wird, hat er vor allem symbolischen Charakter.“ Das wird einfach so als letzter Satz stehen gelassen. Kommentarlos und in einer Reihe mit den vorherigen Sätzen, die im Unterschied dazu aber Fakten sind oder eben markiert als Zitate von Menschen.

„Symbolisch“, das klingt wie Deko. Und ja, der Vertrag wird von den Atommächten boykottiert, aber daraus den resignierten und, meiner Meinung nach falschen Schluss zu ziehen, der Vertrag sei hübsch, aber nutzlos, finde ich vielleicht noch ok, wenn es die Meinung oder der Eindruck von jemandem privat ist. Aber nicht, wenn es im Radio wie eine unumstößliche Wahrheit klingt.

Nehmen wir das Beispiel der Landminen. Die Internationale Kampagne für das Verbot von Landminen wurde von 40 Ländern unterzeichnet und ratifiziert und konnte 1999 als Vertrag in Kraft treten. 15 Jahre später: Der Landminen-Report von 2014 verzeichnet so wenig Landminen-Opfer wie nie zuvor.

Der erste Teil der Story hat nicht zufällig große Ähnlichkeit mit der bisherigen Geschichte des Atomwaffenverbotsvertrages. Dieser wurde nämlich daran angelehnt ins Leben gerufen.

Und wenn auch nur ein Menschenleben durch einen solchen Vertrag gerettet wird, wovon ich überzeugt bin, dann ist er auf jeden Fall mehr als ein bloßes Symbol. Er ist ein reales politisches Element.

So überrascht, wie ich an dem Morgen die Erfüllung unseres ersten Geburtstagswunschs vernommen habe, wünsche ich mir, dass die Welt ihn als mehr als nur symbolisch versteht. Und dass auch die beiden anderen Wünsche schneller als erwartet in Erfüllung gehen werden!

Die Autorin: Antonia Klier, 7. Semester, Tübingen, ehem. Studierendensprecherin der IPPNW.

Von wegen symbolisch!

Mit der Aufnahme des Verbotsvertrages in das Völkerrecht wird Atomwaffen die Legitimität entzogen. Ein Umdenken im Hinblick auf Atomwaffen wird zwar nicht über Nacht geschehen, aber es ist nicht mehr aufzuhalten. Dazu war es notwendig, dass die Staaten, die nicht auf nukleare Abschre ckung setzen, ihre Interessen formulieren. Der Vertrag schreitet trotz des Widerstandes der Atomwaffenstaaten voran. Seine Befürworter haben erfolgreich eine neue völkerrecht liche Basis für die künftige Norm geschaffen: Atomwaffen sind inakzeptabel. Der Vertrag hat die Abrüstungsdebatte bereits verändert und wird seine Wirkung mit dem Inkrafttreten weiter verstärken. Mehr dazu auch im Interview mit Dr. Klaus Renoldner ab S. 28 und hier: www.icanw.de/publikationen/hintergrundinkrafttreten-atomwaffenverbotsvertrag

Titelfoto: Happy Birthday! Der Atomwaffenverbotsvertrag wird 3 Jahre alt. Fliegerhorst Büchel, Juli 2020.