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Investor

Mag. Alexander Hofer

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Abschaffung der kalten Progression

Der kalten Progression geht es an den Kragen, die schleichende Steuererhöhung wird rechtzeitig mit dem Einhergehen einer historisch herausragenden Inflation abgeschafft. Als kalte Progression wird die Erhöhung der Steuerlast, die auf die dem Steuersystem immanente fehlende Inflationsanpassung zurückzuführen ist, bezeichnet. Der progressive Einkommensteuertarif sieht zunehmende Steuersätze für höhere Einkommensteile vor. Die bislang starren Schwellenwerte bewirken, dass Einkommenserhöhungen aufgrund von bloßen Inflationsabgeltungen tendenziell höher besteuert werden. Wenn daher die Schwellenwerte selbst an die Inflationsrate angepasst werden, bleiben lediglich an die Inflation angepasste Einkommenserhöhungen mit dem gleichen Grenzsteuersatz besteuert. Die Grenzbeträge der untersten beiden Tarifstufen werden über die Inflationsrate hinaus angehoben. Waren bisher Einkommen bis zu € 11.000 steuerfrei, verschiebt sich diese Grenze 2023 auf immerhin € 11.693. Die Grenzbeträge der weiteren Tarifstufen werden um 1/3 der Inflationsrate erhöht. Auch andere Werte sind betroffen: Ab 1.1.2023 werden neben Alleinverdiener-, Alleinerzieher-, Unterhaltsabsetzbetrag, Pensionistenabsetzbeträge sowie Verkehrsabsetzbeträge auch verschiedene Sozial- und Familienleistungen entsprechend der jährlichen Valorisierungsautomatik angepasst. Fazit: Was als großer Wurf verkauft wird, ist in Anbetracht der aktuellen und nachhaltig zu erwartenden Inflationssätze gerade einmal selbstverständliche Pflichterfüllung der Verantwortlichen gegenüber den Bürgern.

Die Regierung bezuschusst die gestiegenen Energiekosten der Unternehmen in der ersten Phase mit 1,3 Milliarden Euro.

Energiekostenzuschuss für Unternehmen

Die Regierung unterstützt die energieintensiven Unternehmen mit einem Energiekostenzuschuss im Ausmaß von 1,3 Milliarden Euro. Unterstützt werden Unternehmen, deren Energiekosten mindestens drei Prozent des Umsatzes betragen. Für Unternehmen mit weniger als 700.000 Euro Umsatz entfällt diese 3-Prozent-Hürde.

Damit will die Regierung die Liquidität der Unternehmen aufrechterhalten. Betriebe, deren Energiekosten mindestens drei Prozent ihres Umsatzes betragen, können den Zuschuss beantragen. Für Betriebe, die weniger als 700.000 Euro Jahresumsatz machen, gilt diese Drei-Prozent-Hürde nicht, so Wirtschaftsminister Martin Kocher bei der Präsentation des nicht rückzahlbaren Zuschusses. Die Förderung sehe vier Förderstufen vor, wobei in der Basisstufe 1 die Preisdifferenz zwischen 2021 und 2022 mit 30 Prozent gefördert wird. Vorerst werden die Energie-Mehrkosten für den Zeitraum zwischen dem 1. Februar und dem 30. September 2022 gefördert. Sollte die EU-Kommission die Genehmigungsfrist über das Jahresende hinaus verlängern, ist die Verlängerung des Förderzeitraums angedacht. Abgewickelt werden soll der Zuschuss vom AWS (Austria Wirtschaftsservice). Unklar ist noch, welche Stelle Förderbeträge bis zu 2.000 Euro abwickeln wird, da eine Doppelförderung mit der Strompreisbremse vermieden werden soll. „Mit dem Energiekostenzuschuss unterstützen wir energieintensive Unternehmen mit einer Förderung von 30 Prozent ihrer Mehrkosten für Strom, Erdgas und Treibstoffe“, erklärte Wirtschaftsminister Martin Kocher. Besonderes Anliegen waren ihm aber auch kleine Unternehmen. Treffgenauigkeit sei aufgrund der Heterogenität der österreichischen Unternehmen schwer zu erzielen. Das gewählte System sei für die Übergangsphase gedacht, bis auf europäischer Ebene das Problem gelöst und ein Weg zur Preissenkung gefunden werde. Kocher rechnet mit mehreren 10.000 anspruchsberechtigten Unternehmen. Die Zahl der kleineren Unternehmen, deren Förderung 2.000 Euro nicht überschreiten werde, sei aufgrund der Abgrenzung zur Strompreisbremse schwer abzuschätzen, so Kocher. Er räumte ein, dass angesichts des Volumens und der Anspruchsberechtigten weitere Hilfen notwendig sein werden. Alle eingebrachten Anträge müssten bis Jahresende genehmigt werden, stellte er die damit verbundenen Schwierigkeiten dar.

Wegen der Dekarbonisierung prognostiziert die österreichische Energiewirtschaft bis 2040 die Verdoppelung des Stromverbrauchs. Eine Übergewinnsteuer würde die Anreize für die dazu erforderlichen Investitionen massiv gefährden.

Verdoppelung des Stromverbrauchs bis 2040 – Übergewinnsteuer gefährdet Investitionen

Die Dekarbonisierung wird den Strombedarf bis 2040 nahezu verdoppeln. Von dieser Prognose geht die Stromstrategie 2040 der österreichischen Energiewirtschaft aus.

Die Dekarbonisierung der Sektoren Raumwärme, Industrie und Verkehr: Das sind die großen Treiber des Strombedarfs in den kommenden Jahren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von „Oesterreichs Energie“, die Interessenvertretung der österreichischen E-Wirtschaft. Erneuerbare Energien benötigen überdies einen sicheren Netzzugang und starke Netze, zudem muss die erneuerbare Energielandschaft in der Lage sein, flexibel auf Verbrauch und Erzeugung zu reagieren und Sicherheiten in Form von Speichern beinhalten, so weitere Kernergebnisse.

Wind- und Sonnenenergie zu grünem Gas?

Beim Kongress der Energiewirtschaft betonte Peter Weinelt, Obmann des Fachverbands der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen, dass die Dekarbonisierung nur dann gelingen wird, wenn es möglich wird, Überschussenergie zu speichern. Die Herausforderung sei es, ein System zu entwickeln, um die Produktionsüberschüssen bei Energie aus Wind, Sonne und Wasser in grünes Gas umzuwandeln und in den Gasspeichern zu lagern. IHS-Direktor Klaus Neusser sprach sich dezidiert gegen eine Besteuerung von sogenannten Übergewinnen aus, weil eine übermäßige Besteuerung die Anreize für Investitionen senke: „Die Energiewirtschaft braucht aber Investitionen, um die Energiewende zu schaffen“, so Neusser.

Übergewinnsteuer als Investitionsbremse

Er hält es auch für keine gute Idee, die Steuern auf Übergewinne zweckzuwidmen, wie das etwa die Europäische Kommission plant, um die Bürger zu entlasten. Außerdem sei die Erwartung der EU, mit der Steuer 140 Milliarden Euro einzunehmen, völlig überzogen. „Nach ersten Schätzungen kann man sagen, dass es viel weniger sein wird. Denn natürlich versuchen Unternehmen, in einer solchen Situation ihre Gewinne zu reduzieren.“ Gas-Lobbyist Peter Weinelt wies in diesem Zusammenhang auch auf die volkswirtschaftliche Bedeutung von Investitionen der Energiewirtschaft hin. Ein Arbeitsplatz, den grüne Investitionen der Energiewirtschaft direkt schaffe, bringe vier weitere Arbeitsplätze in anderen Wirtschaftsbereichen, ähnlich sehe es bei der Wertschöpfung aus.

Sicher durch herausfordernde Zeiten

Die Welt ist in Bewegung und die kommenden Monate versprechen in vielerlei Hinsicht mit steigenden Energiepreisen, hoher Inflation und Leitzinserhöhungen turbulent zu bleiben. Eine weitere Zinserhöhung ist sehr stark abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung Europas. Es ist jedenfalls damit zu rechnen, dass die EZB bis Jahresende weitere Zinsschritte setzt. Dadurch steigen auch für Kreditnehmer die Zinsen, da viele von ihnen an den variablen Drei-Monats-Euribor gebunden sind, der mit der Erhöhung der Leitzinsen ebenfalls gestiegen ist. Diese Kunden haben schon seit 1. Oktober einen höheren Kreditzinssatz und müssen mit einem weiteren Anstieg ihrer Kreditzinsen

am nächsten Quartalsende rechnen. Anders verhält es sich mit Fixzinskrediten, da diese unverändert bleiben. Bei Fixzinskrediten, die neu abgeschlossen werden, muss man allerdings von höheren Konditionen ausgehen. Die FMA vertritt die Ansicht, dass Kreditvergaben an Privatpersonen zur Wohnraumschaffung zu freizügig erfolgten. Seit 1. August schreibt die FMA daher bei Wohnkrediten Mindeststandards für Banken vor. Diese Vorgaben sehen unter anderem 20 Prozent Eigenmittel und eine monatliche Rückzahlungsrate von maximal 40 Prozent des Nettoeinkommens vor. Ein an sich vernünftiger Wert, der nun zur Verordnung wurde. Betrachtet man hingegen die Veranlagungsseite, so haben Banken bereits den ersten Schritt gesetzt, indem die negativen Habenzinsen auf Girokonten gestrichen wurden. Sparer können daher optimistisch in die Zukunft blicken, wenn auch die zu erzielenden Erträge weiterhin eher bescheiden bleiben werden. Wir bieten rund um den Weltspartag neue, attraktive Sparprodukte und Wertpapieremissionen mit höheren Zinsen an. Mit Wertpapieren sind im Vergleich zur Spareinlage Mehrerträge zu erwarten. Obwohl die Digitalisierung auch im Bankgeschäft weiter voranschreitet und unsere Kunden das digitale Angebot der Bank Burgenland gerne nutzen, glauben wir fest an den Vertrieb über unsere Filiale im Herzen von Graz. Gerade in herausfordernden Zeiten zeigt sich, wie wichtig die persönliche und kompetente Kundenberatung vor Ort ist. Ob digital oder persönlich: Als verlässlicher Finanzpartner können und setzen wir auf beides.

Klaus Kranner ist seit Dezember 2021 Landesdirektor der Bank Burgenland für die Steiermark

Foto: Archiv Hollywood-Star und Ex-Mr. Universe Ralf Moeller mit den Merkur-Vorständen Ingo Hofmann (li.) und Christian Kladiva

»Gladiator« macht sich stark für vegane Ernährung

Der deutsche Schauspieler und ehemalige Bodybuilder Ralf Moeller ─ bekannt auch als Co-Star im Hollywood-Epos „Der Gladiator“ ─ nahm sich bei seinem Aufenthalt in Graz für das Foodfestival am 11. Oktober auch Zeit für ein Journalistentreffen in der Merkur Versicherung.

Der 63-jährige Schauspieler setzt seit knapp vier Jahren bewusst ausschließlich auf vegane Ernährung und fühlt sich dadurch wesentlich fitter und gesünder. Die vollständige Umstellung habe allerdings ihre Zeit gebraucht, räumt er ein. Nun gibt er zu dem Thema sogar ein eigenes Kochbuch heraus. Obwohl seine Titel schon einige Jahrzehnte zurückliegen, beeindruckt der 1,96 Meter große Hüne immer noch mit seinen Muskelpaketen. „Man hat man mir früher schon mal prophezeit, du wirst sehen, mit 55 Jahren hängt dir der Bizeps bis zu den Kniekehlen herunter.“ So weit sei es doch nicht gekommen, wenn man rechtzeitig auf seinen Körper achtet, ist er überzeugt ─ nicht umsonst wirbt er auch für vegane Produkte eines deutschen Diskonters: „Spätestens mit Ende 40, Anfang 50 sollte man darauf achten, was man zu sich nimmt. Es herrscht vielfach die Einstellung, dass wir unseren Körper wie ein kaputtes Bauteil einer Maschine austauschen könnte.“ Seine Philosophie hat er mit Timo Franke nun in Buchform gegossen: Das Kochbuch „Vegan Gladiator“ erscheint Anfang 2023 ─ eine Anspielung an seine wichtigste Filmrolle. Nächstes Frühjahr soll der durch die Pandemie unterbrochene Dreh von „King Fury 2“ beendet werden. Ein kleines Laster gibt aber auch das ansonsten vorbildliche Fitnessidol zu: Wie sein Vorbild und ihm inzwischen in jahrzehntelanger Freundschaft verbundener Schauspielerkollege „Arnie“ Schwarzenegger gönnt er sich hie und da eine mächtige Havanna-Zigarre und pafft diese in entspannten Momenten.

Richtige Ernährung ist der Schlüssel zu Gesundheit und Fitness im Alter, erklärt Ralf Moeller.

Gefeiert wurden 100 Lehrabschlüsse und die 20-jährige Partnerschaft der SPAR-Akademieklassen und der LBS Bad Radkersburg.

20 Jahre Kooperation SPAR mit LBS Bad Radkersburg

Alle Augen waren am 6. Oktober auf die 101 SparMitarbeiter und -Mitarbeiterinnen gerichtet, die nun ihren Lehrabschluss frisch in der Tasche haben. Gefeiert wurde auch ein Jubiläum: Vor 20 Jahren wurden die ersten SPAR-Akademie-Klassen in der LBS Bad Radkersburg gegründet.

Eine praxisnahe Lehrlingsausbildung war SPAR Steiermark schon damals ein Anliegen. Daher hat man in Kooperation mit dem Landesschulrat ein flexibles Ausbildungsprogramm erarbeitet. Die ersten drei Schulklassen, die ausschließlich von Jugendlichen mit einem SPAR-Lehrberuf besucht wurden, nahmen im Oktober 2002 ihren Unterricht auf. Mit Erfolg: Der Lehrberuf ist seitdem dank der Ausgewogenheit zwischen Ausbildung und Praxis aufgewertet, zahlreiche spätere SPAR-Führungskräfte haben die Ausbildung in Bad Radkersburg begonnen.

SPAR-Talente feierten Lehrabschluss

Hohes Niveau gilt auch für viele der 101 frischgebackenen Lehrabschluss-Kandidaten, die vom Unterricht in den SPAR-AkademieKlassen in Bad Radkersburg profitiert haben. Den 64 jungen Talenten, die ihre Lehre heuer und im Vorjahr erfolgreich abgeschlossen haben, war die Freude im Rahmen der Feierlichkeiten zu 20-JahreSPAR-Akademie-Klassen von Weitem anzusehen: Es gab tosenden Applaus, als SPAR-GF Christoph Holzer die Lehrabschluss-Zertifikate samt weiterer Auszeichnungen feierlich übergab. Im Rahmen der Jubiläumsfeier holte Holzer auch jene 37 Mitarbeiter auf die Bühne, die ihre Lehrabschlussprüfung nachgeholt haben. Möglich war das dank des internen Programms „Berufsausbildung@Spar“: Seit 2015 richtet sich diese Initiative an Quer- und Wiedereinsteiger. „Es ist Teil unserer SPAR-Kultur, auf unsere Mitarbeiter gut zu achten. Diese Ausbildung macht genau das, indem sie bestehende Mitarbeitende qualifiziert und ihnen einen anerkannten Berufsabschluss ermöglicht“, erklärt Holzer.

Arbeit und Gesundheit gehören zusammen!

Wir suchen steirische Betriebe, die uns mit innovativen Gesundheitskonzepten für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überzeugen!

© Foto Fischer Die heimischen Betriebe können nur dann erfolgreich sein, wenn die Unternehmerinnen und Unternehmer sowie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesund und motiviert sind. Mit ‚fit im job‘ holen wir seit mehr als 20 Jahren erfolgreiche Beispiele betrieblicher Gesundheitsvorsorge vor den Vorhang. Die Vielzahl an Projekten zeigt jedes Jahr, dass den heimischen Firmenchefs die geistige und körperliche Fitness ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Herzen liegt. Diese Beispiele sollen anderen Betrieben als Vorbilder dienen.

MMag.a Barbara Eibinger-Miedl

Landesrätin für Wirtschaft, Tourismus, Regionen, Wissenschaft und Forschung

© Foto Fischer Arbeit und Gesundheit gehören zusammen. Sie können sich nicht gegenseitig ausspielen. Erfolgreich sein heißt heute auch, Achtsamkeit sich, seinem Körper und seiner Umwelt entgegenzubringen. Genauso wie Gesundheit Disziplin und auch teilweise Anstrengungen erfordert. Danke den steirischen Unternehmen, den Kooperationspartnern von „fit im job“ und natürlich der Wirtschaftskammer für diese aktive Mitgestaltung einer gesunden und erfolgreichen Zukunft der Steiermark.

Dr.in Juliane Bogner-Strauß

Landesrätin für Gesundheit, Pflege, Sport und Gesellschaft

JETZT ONLINE EINREICHEN

BIS 15. NOVEMBER 2022

www.fitimjob-stmk.at

Sind wir noch zu retten?

Eine Klarstellung vorab: Wenn wir von daheim sprechen, dann haben wir allen Grund zu Freude und Stolz, allen Anlass für Demut und Dankbarkeit. Wir leben in einem traumhaft schönen Land mit vergleichsweise kleinen Problemen. Viel zu vielen ist der Blick auf diese Annehmlichkeiten verstellt – durch Begehrlichkeiten und Forderungen, durch Befindlichkeiten und Empfindlichkeiten. Auch für Wut und Irritation gibt es berechtigte Anlässe, aber unsere Sorgen möchten gewiss viele haben, wirklich mit uns tauschen wollen wohl wenige ... Der Befund ist milde, vielleicht naiv, aber er ist unbeirrt aufrecht zu erhalten: Wir leben hier in einer Hauptstadt der Lebensqualität. Viele, viele Österreicher/innen können das voll Überzeugung auch über ihren Heimatort sagen.

Von Nikolaus Lallitsch

Gerade daraus erwächst uns eine besondere Verantwortung. Das Fettgedruckte im Generationenvertrag ist wohl die Verpflichtung, unsere Dörfer und Städte, das Land, den Kontinent, den Planeten in gutem Allgemeinzustand zu hinterlassen. Wir haben die Daueraufgabe, sparsam und sorgsam mit den Ressourcen umzugehen. Wir sind Treuhänder/innen der nächsten Generationen und wir können uns nicht wahllos an dem bedienen, was wir weitergeben wollen. Hinter uns kommt hoffentlich nicht die Sintflut, sondern mit höherer Wahrscheinlichkeit folgen uns Kinder und Enkel mit ihren Träumen von Lebensqualität, intakter Natur und sozialem Frieden. Können wir diese Visionen erfüllen? Werden wir diesen Ansprüchen gerecht?

»Fehlentwicklung« ist ein mildes Urteil

Zwei Zahlen zeigen drastisch die Dramatik der Situation: Täglich verbauen wir 15 Fußballfelder (11,5 Hektar), um neue Gebäude, Straßen und Wege zu schaffen. Andererseits gibt es einen Gebäudeleerstand von rund 400 Millionen Quadratmetern. Jede(r) Österreicher(in) »besitzt« – statistisch betrachtet – irgendwo neben seinem Wohnsitz fast 50 m² Gebäudefläche, die (derzeit) ungenutzt brachliegt. Wir bauen, bauen, bauen also ökologisch wertvolle Grünflächen zu, errichten laufend neue Objekte mit immer kürzerer Nutzungsdauer und überlassen nicht mehr benötigte Häuser, Hallen, Ställe, Scheunen, Märkte, Werkstätten ihrem Schicksal als brache Zivilisationsruinen in der Landschaft. Es nur »Fehlentwicklung« zu nennen, ist eklatante Verharmlosung. Dabei liegen Lösungen auf der Hand. Sie können nicht mehr homöopathisch sein, aber sie kämen nicht zu spät. Wenn wir jetzt mutig handeln, statt zu beschwichtigen und uns in Diskussionen zu lähmen, kann eine Wende in der Raumordnung, in der Stadtentwicklung, in der Vitalisierung des ländlichen Raumes, in der Ortskernbelebung, in der Mobilitätsdebatte gelingen.

Vordringliche Handlungsfelder

Die Flächenwidmungspläne der Gemeinden können ohne neue Baulandausweisungen auskommen. Was heute »Grünland« ist, kann es bleiben. Keine Gemeinde muss ihren Siedlungsraum zulasten der Natur erweitern. Keine Gemeinde darf ihren Naturraum zugunsten neuer Verbetonierungen unwiederbringlich verringern. Es gibt genug Platz im derzeitigen Bauland-Gebiet. Im Einzellfall können überregionale Verbundlösungen Platz greifen, etwa in Form von gut erschlossenen Versorgungszentren mit entsprechender Infrastruktur. Nicht jede Mikrogemeinde braucht einen Megamarkt. Nachverdichtung, sofern sie aufgrund steigender Bevölkerungszahlen notwendig ist, kann über Umschichtungen der Bauland-Kategorien und/oder eine maßvolle Erhöhung der Bebauungsdichten erzielt werden. Besser höhere als großflächige Verbauungen. So können brach liegende Industriezonen in Kerngebiete umgewandelt werden, aus »reinen« Wohngebieten könnten »allgemeine« werden, landwirtschaftliche Nutzungen können in Gewerbeflächen übergeführt werden usw. Jedenfalls hat eine intelligente Nachverdichtung von innen nach außen stattzufinden. Die Verlagerung der Zentren vom Hauptplatz an den Kreisverkehr der Ortsumfahrungen führen zu sog. »Schwimmreifen-Orten«: Innen nichts und rundherum aufgebläht. »Glücksdörfer« haben dagegen einen belebten Kern und werden zu den Rändern hin dünner, grüner, beschaulicher. Die Wohnbauförderung hat sich der überkommenen Klientelpolitik aus dem alten Jahrhundert zu entziehen. Einerseits fördert man tatsächlich noch den Einfamilienhaus-Neubau im »Speckgürtel«, wo es ohnehin ein kaum bewältigbares Bevölkerungswachstum jenseits von 25 % gibt, und unterstützt mit Steuergeld die Verschwendung des wertvollen Grünraumes dort, wo sich Stadt und Land berühren. Im Gegenzug kriegt der soziale Wohnbau seine Fördereinheiten, etwa im Rahmen der durchschnittlich erfolgreichen Mietkaufmodelle, die vor allem Fördernomadentum mit sich bringen ... Ein Paradoxon, dass die teuersten Wohnungen in Graz jenseits der Millionen-Kaufpreise ausgerechnet von einem Genossenschaftsunternehmen auf den Markt gebracht werden ... Eine proportionale Folklore mit Steuergeld, dabei sollte die Wohnbauförderung ein effizientes Lenkungsinstrument auch der Raumordnung sein. »Sanierung vor Neubau« kann die Devise nur heißen. Die Vitalisierung innerörtlicher Bausubstanz ist arbeitsplatzintensiver, fördert das

heimische Handwerk und den regionalen Materialeinsatz, bietet also höhere Wertschöpfung als der Neubau auf der grünen Wiese.

Sanierung vor Neubau

Die Förderung von Sanierung, Modernisierung, Attraktivierung sollte zudem auf Regionen mit negativer Bevölkerungsentwicklung konzentriert werden, um den ländlichen Raum zu unterstützen, die Ortskerne zu vitalisieren, Junge zum Verbleiben zu ermutigen, Neuansiedlungen zu motivieren, Infrastrukturen zu stärken, etc. Knappe Budgets machen eine Konzentration der Maßnahmen notwendig, die gute, alte »Gießkandl« gehört ins Heimatmuseum. Gemeinden sollten sich zum Grundsatz der Versiegelungsflächen-Neutralität bekennen. Wird für ein neues Bauvorhaben Grünfläche (im Bauland) herangezogen, ist anderswo zu »entsiegeln« – also der Bebauungsgrad zu reduzieren, z.B. Asphalt abzutragen, Blech oder Welleternit gegen begrünte Dachflächen auszutauschen etc. Der Bebauungsgrad ist eine zunehmend wichtige Kennzahl für die Katastrophenresistenz unserer Umwelt. Je weniger undurchdringliche Bodenfläche es gibt, desto sicherer sind wir vor Überschwemmung, Flut, Muren und Co. (Übrigens wäre ein begrüntes »Kastner & Öhler«-Dach mit einem Stadthochgarten die bessere Antwort auf die wirklich drängenden Fragen unserer Zeit als die Entscheidung »Blech oder Bronze«...)

Die Wohnqualität zwischen den Gebäuden

Neue Siedlungsformen haben eine Nutzungsvielfalt sicherzustellen. Die »Pyjama-Siedlung«, in die man nach der Arbeit zur »Zeit im Bild« und zum Schlafen heimkommt und nach dem Frühstück von ihr wieder aufbricht, hat ausgedient. Ebenso das monokulturelle »Büro-Quartier« als klimatisierter Dienstort zwischen mittlerem Vormittag und halbem Nachmittag. Die Weiterentwicklung sind Stadtquartiere, wo es sich zu leben lohnt, und »leben« heißt wohnen, arbeiten, lernen, lehren, einkaufen, chillen, sporteln an einer Adresse. Orte hoher Lebensqualität sind Orte der kurzen Wege – mit sanfter Mobilität und nachhaltigen Energielösungen. Mit der Smart City Graz-Mitte haben wir einen Prototyp vorgelegt, dessen Rein-Form absolut zukunftsfähig ist. Dort entscheidet sich die Lebensqualität nicht nur in, sondern besonders zwischen den Gebäuden. Die Tücke liegt dort, wo Kosteneffizienz und Renditedruck die architektonische Eleganz, die baukünstlerische Einzigartigkeit und wohnkomfortable Qualitäten wegradieren. Leistbarkeit und niedere Leerstandsquoten sind ganz wichtige Projektziele. Der Taschenrechner und der »shareholder value« sind nicht die verlässlichsten Freunde der Wohnträume. Kommunen sollten verbindliche Bestandsflächen-Bilanzen erstellen. Wie viele Quadratmeter der Gebäude einer Gemeinde sind genutzt, wie viele sind vorübergehend leerstehend, wie viele brach und wie viele sind für immer verlassen und bröckeln und modern ihrem Ende der wirtschaftlichen und technischen Nutzungsdauer entgegen? Wo gibt es also Überhang und wo Mangel? Dieser Status ist ein wesentliches Fundament jeder effizienten Raumplanung.

Kurze Verfahren, Rechtssicherheit, Kostensparen

Die Behörden sind dringend angehalten, ihre Bauvorschriften zu entrümpeln, die Verfahren zu beschleunigen, die Abläufe transparenter und die Entscheidungen nachvollziehbarer zu gestalten, die Rechtssicherheit zu stärken, um so die Baukosten zu senken und die Leistbarkeit für Mieter und Erwerber sicherzustellen. Im Übrigen könnten Kommunen ihre Verkehrssünder und Falschparker ja auch zweckgewidmet zur Finanzierung von Baumpflanzungen verdonnern. Ein Wald aus Strafmandaten hätte in jeder Gemeinde Charme – wie auch die Pflanzung eines Baumes zum dankbaren Andenken an jede(n) Verstorbene(n) in einem »Friedenswald« oder – als »Zukunftswald« zur herzlichen Begrüßung neuer Erdenbürger(innen) auf unserem – trotz aller Widrigkeiten – wunderschönen Planeten. Die Vorschläge für eine ökologische Raum-NEU-Ordnung sind Beiträge zur Erhöhung der Wohn- und Lebensqualität. Sie haben das Potenzial den Immobilienmarkt zu verändern. Sie führen tendenziell zu einer Werterhöhung des Gebäudebestandes, in Sonderheit zu einer höheren Wertschätzung von Grund und Boden und zu einer neuen Achtsamkeit für das Regionale, Vertraute, Nahe. Die oft propagierte »Leerstandserhebung« zählt Wohnungen, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht auf den Markt gegeben werden. Aber dadurch wird das Wohnungsangebot nicht größer. Das »Bestellerprinzip« legt fest, wer den Mietenmakler bezahlen muss. Aber dadurch wird das Wohnen nicht leistbarer. Die »Bebauungsplanpflicht” definiert enge Regeln für den Neubau an gewissen Standorten. Aber dadurch wird die »Bauwut« nicht gehemmt. Dennoch dreht sich die öffentliche Diskussion um derartige »Orchideen-Themen«. Es ist Zeit für echte Maßnahmen!

Nikolaus Lallitsch

Nik Lallitsch ist Geschäftsführer von Raiffeisen Immobilien Steiermark und Sprecher von Raiffeisen Immobilien Österreich. Er ist auch allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Immobilien und für Liegenschaftsbewertungen.

Als ehemaliger Journalist schreibt der Jurist – abseits seines Brotberufs – gelegentlich Aufsätze zu relevanten Entwicklungen im Bereich Immobilien, Wirtschaft, Regional- und Stadtentwicklung. Hier ein aktueller Beitrag.

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