Legasthenie

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DPFA Akademiegruppe Fachschule für Sozialwesen der DPFA – Schulen gemeinnützige GmbH Fachrichtung Sozialpädagogik Staatlich anerkannte Ersatzschule

FACHARBEIT

Legasthenie und erworbene Lese-Rechtschreibschwäche im Hortbereich -eine Handreichung für Erzieherinnen und Erzieher-

Vorname, Name:

Friedemann, Juliane

Geburtsdatum:

17. September 1981

Geburtsort:

Frankenberg

Klasse:

E 09 B

Ausbildungsrichtung:

Erzieher/Erzieherin

Gutachter: Datum:


-2Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung

Seite 3

2

Lese-Rechtschreibschwäche und Legasthenie – Begriffsklärung

Seite 4

2.1

mögliche Symptome

Seite 5

2.2

mögliche Ursachen

Seite 7

2.2.1 Die Ursachen der Legasthenie

Seite 7

2.2.2 Die Ursachen der erworbenen LRS

Seite 7

2.2.3 Die sozialen Ursachen – Verstärker für LRS und Legasthenie

Seite 8

3

Die Sinneswahrnehmung in Zusammenhang mit Legasthenie

Seite 9

4

Die Entwicklung des Schriftspracherwerbs

Seite 11

5

begleitende Schwierigkeiten und mögliche Folgen einer

Seite 14

Legasthenie/LRS 6

Das erzieherische Verhalten

Seite 17

6.1

Der Umgang in der Hausaufgabensituation

Seite 19

6.2

Die Grenzen des Erziehers

Seite 20

7

Die Fördermöglichkeiten durch den Erzieher

Seite 21

8

Schlussbetrachtung

Seite 22

9

Quellenverzeichnis

Seite 23


-31

Einleitung

Legasthenie und Lese-Rechtschreib-Schwäche (nachfolgend nur noch als LRS bezeichnet) sind schon seit Jahren kein Tabuthema mehr. Es gibt bereits für alle Bundesländer Richtlinien und Erlässe, in denen der Umgang mit Legasthenikern oder Kindern mit LRS festgeschrieben ist. In Sachsen ist dies die „ Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Förderung von Schülern mit Lese-Rechtschreib-Schwäche“. Die ausführliche Vorschrift befindet sich im Anhang C. Diese Richtlinien sind vor allem für Lehrer und Lehrerinnen von Bedeutung, aber auch Erzieherinnen und Erzieher (nachfolgend nur noch als Erzieher bezeichnet) sollten einen Blick darauf werfen, damit sie über die Rechte des Kindes im Schulalltag Bescheid wissen. Trotz aller Richtlinien und Erlässe müssen Kinder und Jugendliche mit einer Legasthenie oder LRS immer noch gegen Vorurteile kämpfen. Grund für diese ist meist die Unwissenheit durch mangelnde Aufklärung. Viele Menschen setzen sich wenig mit diesem Thema auseinander. Vorschnelle Urteile sind da nicht selten und die betroffenen Kinder und auch ihre Eltern leiden darunter. Als Erzieher ist es deshalb wichtig sich umfassend mit dem Thema Legasthenie und LRS auseinanderzusetzen. Nicht nur um die Heranwachsenden adäquat unterstützen zu können, sondern auch um diese Vorurteile abzubauen. Gerade im Hortbereich ist dies von Belang, da auch viele Kinder mit einer LRS oder Legasthenie einen Hort besuchen und davon längst nicht alle eine spezielle Förderung im Schulbereich erhalten. Die Plätze in den sogenannten „LRS-Klassen“ sind begrenzt und somit befindet sich eine Vielzahl von Heranwachsenden, mit erheblichen Problemen des Lesens und Schreibens, in Regelklassen der Grundschulen. Diese Kinder benötigen meist positiven Zuspruch und eine intensivere Hausaufgabenbetreuung. Umso wichtiger ist es daher für den Erzieher einen genauen Einblick in die Problematik der Legasthenie und LRS zu erhalten. Im sächsischen Bildungsplan steht: „Fühlen sich Kinder ebenso wie Eltern und Erzieher/innen ernst-und angenommen, dann kann sich Wohlbefinden einstellen, das als Grundlage für ein eigenverantwortliches und interessengeleitetes Lernen angesehen wird, welches auf ein „inneres Ziel“ des Kindes ausgereichtet ist“.1 „Sie tragen jeden Tag dafür Sorge, dass Kinder nicht nur gut betreut, sondern auch ihren Neigungen entsprechend gefördert werden, um ihre Identität ausbilden und ihre Fähigkeiten entfalten zu können. Zusammenfassend kann die Rolle der Erzieher/innen in den kindlichen Aneignungsprozessen von Welt als partnerschaftlich, fördernd und begleitend beschrieben werden“.2 Aus diesem Grund habe ich mich schnell für das Thema „Legasthenie und erworbene LeseRechtschreibschwäche im Hortbereich“ entschieden. Ich möchte mit dieser Facharbeit eine umfassende Sichtweise ermöglichen. Diese Handreichung bietet mir zudem auch die Möglichkeit meine eigenen Gedanken und Ideen mit einzubeziehen. Nachfolgend soll deshalb ein Überblick ermöglicht werden, wie diese Kinder optimal gefördert werden können. Zudem möchte ich auch erreichen, dass das Verständnis für die Kinder geweckt wird.

1

Sächsisches Staatsministerium für Soziales, 2007, Seite 28

2

Sächsisches Staatsministerium für Soziales, 2007, Seite 30


-42

Lese-Rechtschreibschwäche und Legasthenie – Begriffsklärung

Lese-Rechtschreib-Schwäche (folgend als LRS bezeichnet) und Legasthenie werden oft für das Gleiche gehalten. Ganz so einfach ist es aber nicht. Es ist komplexer als man allgemein annimmt. Die LRS und die Legasthenie werden in verschiedene Arten unterteilt (Übersicht im Anhang A unter Punkt 4.1). Zum einen gibt es die kognitive LRS. Diese ist auf einen Intelligenzmangel zurückzuführen. Bei der intelligenzunabhängigen LRS wird wiederum zwischen zwei Formen unterschieden. Die erworbene LRS (LRS im Rahmen einer allgemeinen Lernstörung) und in die Legasthenie (spezielle LRS). Die erworbene LRS kann durch verschiedene Geschehnisse im Leben des Kindes ausgelöst werden. So kann zum Beispiel ein Lerndefizit aufgrund von zu wenig Übung der Auslöser sein oder aber auch ein Lehrerwechsel oder Schulwechsel. Auch durch Ereignisse in der Familie oder im sozialen Umfeld (Todesfall, Scheidung) kann eine LRS im Rahmen einer allgemeinen Lernstörung hervorgerufen werden. Die spezielle LRS, die sogenannte Legasthenie, ist nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen auf die biogenetischen Anlagen zurückzuführen und wird in zwei Bereiche unterteilt. Kinder, welche Schwierigkeiten im Erlernen von Lesen und Schreiben haben, aber trotz dieser Probleme keine psychischen Begleiterscheinungen aufzeigen haben eine Legasthenie ohne sekundäre allgemeine Leistungsstörung. Im Gegenzug dazu gibt es Kinder mit sekundär allgemeinen Leistungsstörungen. Diese weisen verschiedene Persönlichkeitsmerkmale, meist aufgrund von Misserfolgen und Herabsetzungen, auf. Die Legasthenie ohne sekundäre allgemeine Leistungsstörungen ist seltener zu beobachten, da eine Legasthenie oft erst erkannt wird, wenn das Kind immer größere Schwierigkeiten in der Schule hat. Somit sind meist schon psychische oder physische Probleme vorhanden. Im Anhang A unter Punkt 2 befinden sich weiterführende theoretische Grundlagen zu Auffälligkeiten als sekundäre Leistungstörungen. Bei einer Entwicklungslegasthenie handelt es sich um einen Reifungsrückstand. Dieser Rückstand sollte mit dem vollendeten achten Lebensjahr aufgeholt sein.1 „Von einer Legasthenie spricht man, wenn sich bei Kindern beim Erlernen des Schreibens und Lesens Probleme ergeben, welche durch differente Sinneswahrnehmungen hervorgerufen werden. Daraus folgt eine zeitweise Unaufmerksamkeit beim Schreiben und Lesen, die wiederum zu Wahrnehmungsfehler führen.“2 „Zum Unterschied von der Legasthenie wird die LRS erst durch verschiedene Ereignisse, die im Leben eines Kindes vorkommen können, erworben. D.h. die Ursachen, dass es zu einer LRS kommt sind in den gleichen Bereichen zu suchen, die eine Sekundärlegasthenie ausmachen. Der Unterschied zu LRS Kindern besteht lediglich darin, dass die Unaufmerksamkeit im Umgang mit Symbolen nicht so deutlich hervortritt und das keine Sinneswahrnehmungen differenziert sind.“3

1

Vgl.: Modul 1, 2006; Koop-Duller, 2003, Seite 16-19

2

Kopp-Duller, 2004, Seite 155

3

Modul 1, 2006


-5Legasthene Kinder haben demnach eine differenzierte Wahrnehmung und die Ursachen sind im biogenetischen Bereich begründet. Eine Legasthenie ist somit auch nicht heilbar. Im Gegensatz dazu ist eine Lese-Rechtschreib-Schwäche als vorübergehende und erworbene Problematik zu verstehen. Fakt ist allerdings, egal ob legasthenes Kind oder Kind mit einer erworbenen LeseRechtschreib-Schwäche, beide Typen haben Schwierigkeiten im Schriftspracherwerb. Als Erzieher ist es wichtig, das Kind immer individuell seiner eigenen Lernstrategie, seines Entwicklungsstandes, seines Reifungsprozesses und seiner spezifischen Problemlage zu fördern und zu unterstützen. Damit ein Erzieher eine mögliche erworbene LRS oder Legasthenie erkennen kann folgen nun im nächsten Abschnitt Symptome die eventuell darauf hindeuten könnten.

2.1

mögliche Symptome für eine Legasthenie

Bereits im Vorschulalter kann es vermehrt Anzeichen einer Legasthenie geben, aber erst beim Erlernen der Buchstaben und Wörter kann dies sicher festgestellt werden. Nachfolgend sind einige Anhaltspunkte benannt. Diese sind aber noch kein Beweis für eine Legasthenie. Im Vorschulalter sind legasthene Kinder meist bei konstruktiven Tätigkeiten und im Umgang mit technischen Geräten und Spielzeug sehr begabt. Ohne ersichtlichen Grund haben Kinder mit einer Legasthenie auffällig gute sowie schlechte Tage, ohne einen Grund dafür feststellen zu können. Viele Legastheniker krabbeln, laufen und sprechen später. Sie erfinden für Gegenstände oft eigene Wörter bzw. wählen eine falsche Bezeichnung dafür aus. Kinderreime und Kinderlieder zu erlernen bereitet ihnen viel Mühe, sie haben aber sonst eine sehr hohe Merkfähigkeit. Das Vorlesen genießen legasthene Kinder sehr, aber das Interesse für Buchstaben ist nicht vorhanden und sie beschäftigen sich auch nicht damit. Auch in der Motorik kann man Anzeichen feststellen. Die Feinmotorik (Schleifen binden, Knöpfe öffnen und schließen) bereitet Probleme und der Umgang mit Schere, Messer und Gabel funktioniert meist nicht wie gewünscht. Das Fangen eines Balles und das Seilspringen gelingt nicht oder nur mäßig. Ein weiteres Anzeichen kann sein, wenn das Kind beim Malen den Rand nicht einhält, also darüber hinaus malt. Häufig wird auch eine schlecht entwickelte Körperkoordination festgestellt. Das beim Treppensteigen Hilfsschritte genutzt werden und/oder die Reihenfolge beim Anziehen Probleme bereitet ist nicht ungewöhnlich. Auch Schwierigkeiten beim Erlernen des Fahrradfahrens oder Schwimmens sind möglich. Legasthene Kinder können sich Richtungen nur sehr schlecht einprägen, verschiedene Abläufe bereiten Probleme, wie zum Beispiel das Auffädeln von farbigen Perlen. Sie nehmen Spielregeln nicht wahr und haben eine ganz eigene Ordnung. Sie haben jedoch meist eine auffällig gute Fantasie und sind sehr kreativ.1 Nach Schuleintritt und mit dem Erlernen von Symbolen, Buchstaben und Zahlen kann es nun bei einem legasthenen Kind zu folgenden Merkmalen kommen. Es sind Ermüdungserscheinungen zu beobachten. Die Unterscheidung von links und rechts bereitet Probleme sowie das Ein1

Vgl.: Koop-Duller, 2003, Seite 19-21; Kopp-Duller, 2004, Seite 36/37; Modul 1, 2006


-6prägen von Reihenfolgen (Monate, Tage, Jahreszeiten,…).Das legasthene Kind wirkt unaufmerksam, die Gedanken schweifen ab. Es ist ablenkbar, hört und sieht alles, was in der Umgebung vor sich geht. Die Konzentration auf eine bestimmte Handlung oder einen bestimmten Gegenstand bereitet häufig erhebliche Probleme. Oft ist zu beobachten, dass der Heranwachsende umher blickt oder mit den Stiften oder ähnlichem spielt. Ein Legastheniker wirkt somit meist abwesend und verträumt. Jedoch kann sich ein legasthenisches Kind beim Spielen über einen längeren Zeitraum hervorragend konzentrieren. Die Unaufmerksamkeit und Unkonzentriertheit ist häufig nur in Zusammenhang mit Buchtstaben, Lesen, Schreiben vorhanden. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein legasthenes Kind über Sachen redet, die in diesem Moment gar nicht von Belang sind und nicht dazu gehören. Das Lesen und Schreiben bereitet dem Kind viel Mühe, nimmt viel Zeit in Anspruch und ist mit großen Schwierigkeiten verbunden. Das Kind wirkt verunsichert, entmutigt und verkrampft. Ein legasthener Heranwachsender vertauscht auch immer wieder Buchstaben und Zahlen und kann nur schwer links und rechts unterscheiden. Das Alphabet prägt sich oft nur mit Mühe ein und wird meist auch nicht behalten. Wenn ein legasthenes Kind liest fehlt ihm häufig das Leseverständnis das heißt, es versteht nicht was es liest. Dabei kann die Flüssigkeit beim Lesen durchaus gegeben sein. Es spricht auch die Wörter oftmals falsch aus, lässt Buchstaben aus oder fügen neue hinzu. Das Abschreiben von der Tafel oder aus Buch bereitet Probleme und ist mit vielen Fehlern behaftet. Der legasthene Heranwachsende wirkt zudem manchmal desorientiert, das heißt, er merkt sich den Schulweg nur in Bruchstücken oder gar nicht und in der Schule findet er sich oft nur schwer zurecht. In den Schulsachen herrscht meist Unordnung. Blätter sind nicht eingeheftet, einzelne Seiten von Heften und Büchern sind geknickt und Stifte liegen wahllos im ganzen Ranzen verstreut. Die Interessenlosigkeit ist häufig nur in Bezug auf das Lesen und Schreiben zu gegeben. Dinge die mit diesen Themen nicht in Verbindung stehen interessieren jedoch sehr. Dies kann sehr gut in der Hausaufgabensituation beobachtet werden. 1 Bei einer erworbenen LRS ist es allerdings so, dass die Kinder selten oder aber gar nicht unaufmerksam sind. Sie haben, anders als ein Legastheniker, keine differenzierte Sinneswahrnehmung. Allerdings machen sie, genau wie ein legasthenes Kind, häufig Fehler beim Lesen und Schreiben und diese lassen sich auch nicht in eine bestimmte Kategorie einteilen. Bei Heranwachsenden mit erworbener LRS sind häufig Flüchtigkeitsfehler, mangelndes Regelverständnis und Merkfehler zu beobachten. So ist es an dieser Stelle besonders wichtig zu beobachten und diese Beobachtungen möglichst detailliert zu dokumentieren um den Eltern genaue Auskunft darüber geben zu können welche Symptome sie bemerkt und gesehen haben. Des Weiteren sind diese Dokumentationen bedeutend für den Austausch mit der Schule und mit externen Fachkräften. Der Erzieher hat mit der Hilfe der Dokumentationen eine objektive Sicht auf das Kind. Haben verschiedene Erzieher das legasthene Kind oder das Kind mit erworbener LRS beobachtet, kann durch den Austausch der Informatio-

1

Vgl.: Astrit Duller, Verlag KLL, 2004, Seite 38/39; Koop-Duller, 2003, Seite 21/22; Modul 1, 2006


-7nen eine ganzheitliche Sichtweise auf das Kind gewährleistet werden. Dies hilft dem Erzieher sich in die Lage des Heranwachsenden hineinzuversetzen und so versteht er auch besser die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Auffälligkeiten. Die Bedürfnisse des Kindes können noch optimaler gefördert werden. Die Ursachen für eine Legasthenie oder erworbenen LRS sind vielfältig und werden im nächsten Abschnitt genau beschrieben. Im Anhang A befindet sich eine detaillierte Liste mit Symptomen und im Anhang C ist ein Beobachtungsbogen für den Einsatz im Hortbereich abgeheftet. 2.2

mögliche Ursachen

Wie bereits erwähnt geht man heute davon aus, dass bei einer Legasthenie die biogenetischen Faktoren ausschlaggebend sind und bei einer erworbenen LRS Ereignisse und Lerndefizite eine wesentliche Rolle spielen. Im weiteren Verlauf werden möglichen Ursachen näher beschrieben. 2.2.1 Ursachen für Legasthenie In der Forschung ist man sich darüber einig, dass bei Legasthenikern die Lern-und Informationsverarbeitungsprozesse beeinträchtigt sind. Dafür verantwortlich sind genetische Einflüsse, die sich auf die Entwicklung des Nervensystems auswirken. Nach den neuesten Forschungsergebnissen wird heute davon ausgegangen, dass eine Legasthenie durch genetische Ursachen hervorgerufen wird. Die Chromosomen 15 und 6 sind für die Vererbung der Legasthenie verantwortlich. Erforscht werden noch die Chromosomen 1,2,3 und 18. Diese sollen auch maßgeblich beteiligt sein. Die Forscher können diese Annahme aber noch nicht zufriedenstellend belegen. Auch neurobiologisch gibt es Erkenntnisse darüber, dass das Gehirn eines Legasthenikers anders arbeitet als das eines Menschen ohne Legasthenie. Bildgebende Verfahren haben Hirnregionen sichtbar gemacht, die für den Bereich der auditiven Wahrnehmung verantwortlich sind. Bei legasthenen Menschen ist dort eine deutliche Unteraktivierung zu verzeichnen. Eine Minderaktivierung bestimmter Hirnarenale hat man im Zusammenhang mit der visuellen Wahrnehmung feststellen können. Demnach ist die nervliche Steuerung der Augenbewegung anscheinend beteiligt.1

2.2.2 Ursachen der erworbenen Lese-Rechtschreibschwäche Handelt es sich um eine erworbene LRS, so können viele Ursachen möglich sein. Zum einen kann es sich um psychische Gründe handeln. ADHS, Aggressionen, Ängste und auch Konzentrationsstörungen sind hierfür zu nennen. Entwicklungsbedingte Ursachen wie der Reifungs-

1

Vgl.: Internetquelle 1


-8rückstand oder aber intelligenzabhängige Ursachen sind zudem möglich. Ein weiterer Grund für eine erworbene LRS kann neurobiologisch begründet sein. Vermindertes Seh-und/oder Hörvermögen, motorische Störungen und/oder Sprachstörungen werden in diesen Zusammenhang immer wieder benannt. Viele Kinder entwickeln auch eine Lese-Rechtschreib-Schwäche aus einem Ereignis heraus. Trennung, Scheidung, Umzug oder der Tod eines Menschen oder Tieres sind hier nur eine mögliche Auslöser. Die schulischen Bedingungen (Lehrerwechsel, Unverständnis des Lehrers, Lernbedingungen, Unterrichtsmethoden, Klassendynamik und einzelne Schüler) und psychosoziale Faktoren vermögen auch eine erworbene LRS zu begünstigen.1 2.2.3 soziale Ursachen – Verstärker für LRS und Legasthenie Die Ursachen der Legasthenie und der erworbenen LRS sind als primäre Gründe anzusehen. Die sozialen Ursachen das heißt, der soziale Hintergrund in den Familien, hat jedoch vielmals großen Einfluss auf die weitere Entwicklung des Lesens und Schreibens. Deshalb ist es wichtig an dieser Stelle die möglichen Einflussfaktoren zu beleuchten. Auch hierfür wurden viele Studien betrieben und heraus kam, dass die Armut die Möglichkeiten zur Entwicklung einengt. Demnach ist ein Kind aus einer Familie die in Armut lebt weniger intelligent und hat somit offenkundig Probleme im Lesen und Schreiben. Die Dauer des in Armut lebenden Kindes und der Umfang der schlechten ökonomischen Bedingungen sind jedoch entscheidend. Umso länger ein geringes, eingeschränktes Einkommen zur Verfügung steht und umso größer die Armut ist, desto größer ist der negative Effekt auf die kognitive Leistungsfähigkeit des Kindes. So sehen es einige Forscher. Armut allein führt jedoch nicht dazu, dass Kinder im Lesen und Schreiben Rückstände aufweisen, sondern die Faktoren die mit der Armut oft einhergehen. Diese Milieubelastungen gehen auf das Kind über, denn es lernt von den Eltern und seinem direkten sozialen Umfeld. Dabei spielt die Schulbildung der Eltern eine wichtige Rolle und die Nutzung von schriftlicher und gedruckter Sprache. Wird dem Kind wenig oder nicht vorgelesen, wird es kognitiv im Bereich der Schrift und der Sprache ungenügend oder gar nicht angeregt. Das Interesse für Schrift bleibt aus. Es wird angenommen, dass Eltern mit einer höheren Schulbildung ihr Kind besser kognitiv fördern können. Durch diese höhere Schulbildung wird davon ausgegangen, dass eine höhere Reflexionsfähigkeit und ein höheres sprachliches Niveau zur Verfügung stehen. Ein weiterer Punkt ist die Geschwisterzahl. Je höher die Geschwisterzahl und je später das Kind dann in die Geschwisterreihe geboren wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit von Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben betroffen zu sein. Auch ungünstige Wohnbedingungen sind nicht förderlich. Zu wenig Platz und eine von Lautstärke und anderen Personen gestörte Umgebung bremsen das Kind in seiner Lernbereitschaft. All diese Annahmen sind belegt und doch sind die wichtigsten Ursachen die Lebensumstände und die Interaktion in der Familie. Gibt es wenig Gespräche oder Vorlesesituationen so kann die Sprachentwicklung beeinträchtigt 1

Vgl.: Koop-Duller, 2003, Seite 17-19


-9werden. Wird das Kind häufig während des Übens und Lernens gestört und/oder hat es keinen eigenen Arbeitsplatz für seine Hausaufgaben und Übungen, dann kann es durchaus zu Problemen beim Erlernen des Lesens und Schreibens kommen. Wenn das Kind das Lesen erlernt ist es wichtig auch außerschulisch zu lesen. Es wurde festgestellt, dass ein Heranwachsender, der nicht oder nur sehr wenig liest seine Lesefähigkeit nicht trainieren kann und somit auch kognitiv in diesem Bereich stagniert. Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor ist die Freizeitgestaltung. Wenn ein Kind statt zu lesen die meiste Zeit vor dem Fernseher verbringt, erhöht sich das Risiko für Lese-Rechtschreibschwierigkeiten. Es kommt in dieser ganzen Zeit nicht oder nur ungenügend mit Schrift in Berührung.1 Zum besseren Verständnis ist eine Darstellung zu diesem Thema im Anhang A unter Punkt 4.2 „soziale Ursachen im Zusammenhang mit Millieuzugehörigkeit“ zu finden. Auch Verwöhnung, Beziehungsprobleme zwischen den Eltern oder zwischen Eltern und Kind, Verwahrlosung, wechselnde Erziehungsstile und Zweisprachigkeit können eine Legasthenie und erworbene LRS begünstigen. Wird das Kind zu sehr verwöhnt so werden ihm alle Probleme aus dem Weg geräumt. Kommt es in die Schule hat es somit Schwierigkeiten mit der Selbstständigkeit und kann aufkommende problematische Angelegenheiten nicht zufriedenstellend selbst überwinden. Bei dem Wechsel der Erziehungsstile verliert das Kind die Orientierung. Die Reaktionen der Eltern sind für das Kind nicht mehr vorhersehbar. Entweder ist der Heranwachsende von Verunsicherung und Angst begleitet oder aber die Situation wird zu seinen Gunsten ausgenutzt. In der Schule sind die konsequenten Anforderungen für das Kind verwirrend und es ist überfordert. Bei der Zweisprachigkeit kann die sprachliche Entwicklung in Mitleidenschaft gezogen werden. Gerade wenn ein Elternteil die Schulsprache nicht richtig beherrscht und nur gesprochen diese Sprache spricht. 2 Eine ausgiebige Lebensweltanalyse kann hier von Vorteil sein, um einen Einblick in die Welt des Kindes zu erlangen und somit dem sozialen Milieu im Rahmen des Erziehers positiv entgegenwirken zu können. 3

Die Sinneswahrnehmungen in Zusammenhang mit Legasthenie

Wie bereits in der Begriffsklärung zu lesen war, weichen die Sinneswahrnehmungen bei einem Legastheniker von der Norm ab. Die Verarbeitung der verschiedenen Reize funktioniert nicht richtig. Für das Lesen und das Schreiben benötigt der Mensch hauptsächlich das Sehen, das Hören und die Raumorientierung (Raumlage).Durch eine differenzierte Wahrnehmung kommt es bei legasthenen Kindern häufig zu einer Unaufmerksamkeit im Lesen und Schreiben. Die Sinneswahrnehmungen sind in verschiedene Bereiche eingeteilt. Im Sehen sind es die visuelle Differenzierung und das visuelle Gedächtnis. Beispiele für die Sichtweisen von Kindern mit visueller (optischer) differenzierter Wahrnehmung befinden sich im Anhang C unter Punkt 5. Beim Hören handelt es sich um die auditive Differenzierung und das auditive Gedächtnis. Die Raum1

Vgl.: Klicpera, 2010, Seite 189-195

2

Vgl.: Benz, 2002, Seite55/56


- 10 orientierung (Raumlage) und das Körperschema sind ebenso daran beteiligt. Die Intermodalität1 und die Serialität2 sind auch mit einzubeziehen. In einem, mehreren oder allen Bereichen findet bei einem legasthenen Kind die Verarbeitung anders statt. Um zu verdeutlichen wie komplex unsere Sinneswahrnehmungen arbeiten müssen folgt nun ein Beispiel von Frau Dr. Jitka Scharinger und Herrn Friedrich Scharinger. Diese haben eine sehr anschauliche Ausführung darüber gegeben, wie schwierig diese Aufgabe ist. In diesem Beispiel geht es um ein Kind, welches eine Ansage aufschreiben soll. „Zuerst muss das Kind die Stimme des Lehrers aus allen anderen Geräuschen genau herausfiltern können, die es so in der Klasse, vor der Klasse oder vor dem Fenster gibt. Diese Leistung hängt mit der akustischen Differenzierung zusammen. Weiters muss das Kind verstehen, was der Lehrer gesagt hat, und es sich genau merken. Das ist wiederum eine Leistung des akustischen Gedächtnisses. Nun wird der Satz in die einzelnen Worte und das Wort in die einzelnen Laute zerlegt, da spricht man von akustischer Serialität. Hier ist es wichtig, dass das Kind die ähnlichen klingenden Laute voneinander unterscheiden kann. Es folgt nun das Umdenken der Laute in die richtigen Buchstaben. Dabei dürfen ähnlich aussehende Buchstaben nicht miteinander verwechselt werden. Hierfür braucht das Kind die Funktionen der optischen Differenzierung und des optischen Gedächtnisses und der Raumwahrnehmung. Dann müssen die Buchstaben der jeweiligen Wörter in die richtige Reihenfolge gebracht werden. Dazu muss das Kind die richtige Schreibbewegung mit der Hand ausführen. Dafür braucht das Kind wieder die Funktionen der optischen Serialität und der Raumwahrnehmung. Schließlich muss das Kind die verschiedenen Bedeutungen, zum Beispiel Hauptwort oder Zeitwort, und die Beziehung der einzelnen Wörter im Satz erkennen, um problemlos schreiben zu können. Hier kommen die Sinneswahrnehmungen des optischen Gedächtnisses zum Tragen. Sollten alle dieser verschiedenen Funktionen beim Kind nun arbeiten, dann wird es eine fehlerfreie Ansage ins Heft schreiben!“3 An diesem Beispiel ist gut zu erkennen wie die Sinneswahrnehmungen funktionieren müssen um ohne Probleme bestimmte Aufgaben erledigen zu können. So muss das Kind in der visuellen Differenzierung sich ähnelnde und gleiche Symbole, Buchstaben oder Zahlen erkennen und unterscheiden können. Im visuellen Gedächtnis muss es sich diese haltbar einprägen. Die auditive Differenzierung ist verantwortlich dafür, dass das Kind ähnlich klingende Laute trennen kann und gleiche Laute als solche heraushört damit sie dann im auditiven Gedächtnis dauerhaft verankert werden kann. Im Bereich der Raumlage ist es für das Kind erforderlich mit der Einteilung des Raumes zurechtzukommen. Sämtliche Raum-und Zeitbegriffe fallen auch in diesen Bereich. Das Körperschema ist verantwortliche für die Differenzierung von links und rechts.4 Die Intermodalität ist dafür zuständig zwischen den verschiedenen Sinnen wechseln zu können. Das Kind ist hier in der Lage eine Beziehung zwischen dem was es gehört hat und dem was es gesehen hat herzustellen. Bei der Serialität handelt es sich um die räumliche und zeitliche Einteilung von Einzelwahrnehmungen. Sie findet immer im Zusammenhang mit dem Sehen und

1

Intermodalität=Wechsel zwischen den Sinnen

2

Serialität=räumliche und zeitliche Einteilung

3

Kopp-Duller, 2004, Seite 44-45

4

Vgl.:(1)Kopp-Duller, 2003, Seite 22-24


- 11 dem Hören statt.1 Symptome, welche auf Schwierigkeiten mit den Sinneswahrnehmungen hindeuten befinden sich im Anhang A unter „Eine detaillierte Liste der möglichen Symptome unter Berücksichtigung einer differenzierten Wahrnehmung“. Des Weiteren ist dort eine „Darstellung differenzierter Wahrnehmung in Zusammenhang mit Legasthenie“, unter Punkt 4.3, zum besseren Verständnis hinterlegt. 4

Die Entwicklung des Schriftspracherwerbs

Das Kind entwickelt schon sehr früh ein natürliches Interesse an der geschriebenen Sprache. Es erkennt schon bevor es des Lesens und Schreibens mächtig ist Schriftzüge, Markennamen und Logos. Es kritzelt Symbole und versucht die Buchstaben nachzumalen. Später mit dem Eintritt in die Schule wird das Kind meist mit Anderen verglichen. Die Leistungen der einzelnen Schüler innerhalb der Klasse werden gegenübergestellt und das obwohl Entwicklungspsychologen die individuellen Entwicklungsverläufe nicht zwingend an ein Alter binden. Zeitliche Verschiebungen in dem Verlauf der Entwicklung sind aber nicht ungewöhnlich. Diese sind beim Erlernen des Krabbelns, Laufens und Sprechens immer wieder zu verzeichnen. Beobachtungen in diesem Zusammenhang werfen nun die Frage auf, ob es entsprechende Unterscheide in Bezug auf Beginn und Dauer der Lernprozesse des Lesens und Schreibens gibt. Die Entwicklungslegasthenie legt dies nahe. Auch die Entwicklung im Bereich der kognitiven Veränderungen kann hier genannt werden. Die täglichen Erfahrungen eines Kindes mit der Schrift spielt eine wichtige Rolle (siehe hierzu soziale Ursachen). Die Überforderung eines legasthenen Kindes oder eines Kindes mit erworbener LRS macht es daher unwahrscheinlich, dass die Entwicklung in allen Bereichen nur zeitlich verlangsamt zu den Entwicklungsstufen verläuft. Das Entwicklungsmodell nach Günther (siehe folgende Seite) teilt die Entwicklung nicht in Stufen ein sondern in Verläufe. Er beschreibt das Entwicklungsgeschehen und zeigt Phasen, die ineinander übergehen. Einige Kinder durchlaufen einige Phasen schneller, andere Kinder benötigen mehr Zeit. Es wird hier auch bewusst auf eine Altersangabe verzichtet, da das Ausgangsniveau und das Tempo, mit dem jedes Kind diese Phasen durchläuft, unterschiedlich sind. Die Erfahrung hat allerdings gezeigt dass sich in etwa Angaben darüber machen lassen, wann der Großteil der Kinder bestimmte Phasen meistert. Diese Angaben sind aber nur als grober Richtwert zu sehen, da die Gesamtsituation und die Individualität des Kindes berücksichtigt werden muss. Zwei bis drei Monaten nach Schuleintritt beginnt das Kind mit der phonemischen Schreibung. Das heißt, es ordnet Grapheme2 den entsprechenden Phonemen3 zu. Es hat Kenntnisse über einige Lautwerte erhalten und kann somit eine Lautanalyse durchführen. Eine vollständige Analyse eines Wortes ist jedoch noch nicht möglich, da es noch nicht alle Buchstaben und deren 1

Vgl.: Modul 1, 2006

2

Grapheme= kleinsten bedeutungsunterscheidenden graphischen Einheiten des Schriftsystems

3

Phoneme= abstrakte Klasse aller Laute


- 12 Laute kennt. Somit sind auch nur sehr wenige Lernwörter vorhanden (Mama, Mimi,…). Nach sechs bis acht Monaten im ersten Schuljahr beginnt das Kind mit der entfalteten phonemischen Strategie. Hier sind Buchstabenauslassungen noch üblich. Die Kenntnisse einer ausreichenden Phonem-Graphem-Korrespondenz1 sind noch nicht gegeben. Das Kind ordnet die Laute hier den verschiedenen Buchstaben zu und so wird jedes Wort in vielen Einzelschritten gelesen und geschrieben. In diesem Bereich kommt es häufig zu Buchstabendopplungen und Buchstabenauslassungen. Die Mehrdeutigkeit der Phonem-Graphem-Korrespondenz (/f/ = <f>, <v>; Dialekt (lesn) = <lesen>)erschweren die orthographisch richtige Schreibung. Die meisten Buchstaben sind in dieser Zeit bereits bekannt und so ist eine bessere Bedingung zum Erlernen von Lernwörtern gegeben. Zu Beginn des zweiten Schuljahres ist eine voll entfaltete phonemische Strategie zu erwarten. Erste morphematische (Buchstaben mit grammatischer Funktion - Tische) und orthografische Bestandteile sind nun vorhanden. Das Kind schreibt nun nicht mehr „lesn“ sondern „lesen“. Die Erfahrung beim Lesen hat das Kind soweit gebracht, dies zu unterscheiden. Die ersten Regelmäßigkeiten werden von dem Kind als solche erkannt. Durch genaues Hinhören erkennt das Kind nun die Lautnuancen und kann diese auch schriftlich im Wort fixieren. Auch in diesem Bereich ist der Lernwortschatz noch sehr eingeschränkt. Am Ende des zweiten Schuljahres ist die phonemische Strategie voll entfaltet und das Kind erlernt weitere orthografische und morphematische Strukturen. Nun ist auch der Erwerb vieler Lernwörter möglich. Im dritten und vierten Schuljahr wird der Lernwortschatz sehr umfangreich und der orthografische und morphematische Aufbau wird komplexer erlernt. Am Ende des vierten Schuljahres ist bei dem Kind ein großer automatisierter Lernwortschatz vorhanden. Allerdings ist es möglich, dass phonemische und orthografisch/morphematische Fehler immer noch auftauchen.2 „Orthographische Strategie, d.h. die Fähigkeit, die einfache Laut-Buchstaben-Zuordnung unter Beachtung bestimmter orthographischer Prinzipien und Regeln zu modifizieren. Zu diesen orthographische Elementen gehören sowohl "Merkelemente", die sich der Lerner merken muss (z.B. Zahn, Vater, Hexe) als auch "Regelelemente", deren Verwendung hergeleitet werden kann (z.B. Koffer, stehen, Hand). Morphematische Strategie, d.h. die Fähigkeit, bei der Herleitung der Schreibungen die morphematische Struktur der Wörter zu beachten. Sie erfordert sowohl die Erschließung des jeweiligen Wortstammes wie bei Staubsauger und Räuber (morphosemantisches Bedeutungswissen) wie auch die Zerlegung komplexer Wörter in Wortteile wie bei Fahrrad und Geburtstag (morphologisches Strukturwissen)“.3 Im Entwicklungsmodell des Lesens und Schreibens nach Günther werden fünf Phasen beschrieben. Begonnen wird hier mit der Phase 0 der sogenannten präliteralen-symbolischen Phase. Laut Günther ist diese Phase die Vorbedingung zum Erlernen des Lesens und Schreibens. Das Kind ahmt in dieser Stufe den Schreibakt nach. Es hat noch kein bewusstes symbolisches Verhalten, kann aber bereits dreidimensionale Dinge und Symbole zweidimensional wie1

Phonem-Graphem-Korrespondenz=Laut-Buchstaben-Zuordnung

2

Vgl.: Naegele, 2003, Seite 47-60

3

Internetquelle 2


- 13 dergeben. Das Kind beachtet aber nicht die kommunikativen und gedächtnisstützenden Funktionen des Schreibens. Es hat in dieser Phase oft noch feinmotorische Schwierigkeiten, um die komplexe Schrift nachahmen zu können. Liegt eine visuelle und räumliche differenzierte Sinneswahrnehmung vor, ist der Schriftspracherwerb hier erschwert. Das Kind muss, um die nächste Phase zu erlernen, erst verstehen, wie das schriftsprachliche Material strukturiert ist und es muss erkennen, dass sich die Schrift von anderen graphischen Formen unterscheidet. Nun schließt sich die Phase 1 an. Diese wird logographemische Strategie genannt. Hier beginnt das Kind bereits Logos und Schriftzüge als Wortbilder zu identifizieren und orientiert sich somit an den charakteristischen Details. Nun versteht das Kind, dass Buchstaben im Zusammenhang mit Sprache stehen und die Buchstaben werden nun auch von Grafiken unterschieden. Es weiß allerdings noch nicht was ein Wort ist. Beim Schreiben vertauscht es Buchstaben oder lässt einige aus. Es ist noch keine Graphem-Phonem-Zuordnung vorhanden. In der 2. Phase, der alphabetischen Strategie, erlernt das Kind nun die Laut-Buchstabenzuordnung. Es ist nun in der Lage, unbekannte Wörter zu erlesen und Wörter allein zu schreiben. Das Selbstgeschriebene wird jedoch oft nicht wiedererkannt und ein sinnerfassendes Lesen ist in diesem Abschnitt noch nicht möglich. Die Phase 3, die orthografische Strategie, bedeutet das Loslösen von der Lautsprache. Das Kind eignet sich nun Regeln an. Diese Strategie wird erst beim Lesen und dann beim Schreiben angewendet und nimmt die längste Zeit in Anspruch. Hier ist die Entwicklung eigentlich beendet. Die Phase 4, auch integrativ-automatisierte Phase bezeichnet, ist nur noch zur Festigung vorhanden. Das Erreichte wird automatisiert. Ist eine Automatisierung erfolgt kann sich das Kind nun auf den Inhalt konzentrieren und sinnerfassend lesen.1 Der Erzieher sollte hier genau hinsehen, ob die verschiedenen Lernabschnitte adäquat durchlaufen werden. Diese können fließend sein. Es ist allerdings wichtig, dass die vorherige Phase und die damit verbundenen Lernschritte vom Kind verinnerlicht worden sind. Ist das nicht der Fall, zum Beispiel eine unzureichende Zuordnung der Laute zu den dazugehörigen Buchstaben, fällt dem Kind die nächste Phase sehr schwer. Es ist nicht oder nicht ausreichend in der Lage die nächsten Lernstufen zu verstehen und zu erlernen. Genaue Beobachtungen und gezieltes Nachfragen in der Hausaufgabensituation sind hier unumgänglich. Zur Veranschaulichung sind im Anhang C Schreibversuche von legasthenen Kindern und von Kindern mit erworbener LRS zu finden. Des Weiteren ist dort auch ein Selbsterfahrungstest für den Erzieher abgeheftet. Im folgenden Abschnitt wird nun näher auf die möglichen Folgen und begleitende Schwierigkeiten eingegangen.

1

Vgl.: Internetquelle 3


- 14 5

Begleitende Schwierigkeiten und mögliche Folgen einer Legasthenie/ Lese-Rechtschreib-Schwäche

Ein legasthenes Kind und ein Kind mit erworbener LRS haben mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Hauptproblematik ist zuerst das Lesen und Schreiben, aber nicht nur im Fach Deutsch wird es damit konfrontiert. Bald werden im Mathematik Sachaufgaben verlangt, im Sachkundeunterricht werden Informationen erlesen und aufgeschrieben und selbst in Ethik oder Religion kommt es zu Schwierigkeiten. Dann folgt die erste Fremdsprache, die es zu erlernen gilt. Ein Kind kann diese Fächer noch ganz gut kompensieren und sucht sich seinen Lernwillen in anderen Fächern wie Sport, Kunst oder Werken. Es kann die Misserfolge ausgleichen und holt sich die Bestätigung über andere Fächer und Hobbys. Ein anderes Kind resigniert. Leider wird Legasthenie und LRS oft immer noch als Krankheit oder Störung abgetan. Viele Menschen haben ihre eigene Sicht auf dieses Kind. Sie sehen nur die Unaufmerksamkeit und nicht den Grund. Somit wird ihm oft vorschnell eine Aufmerksamkeitsstörung zugeschrieben. Andere sind der Meinung das Kind übt einfach nicht genug, es ist faul oder hat kein Interesse am Lernen. Wieder andere Menschen sind immer noch der Ansicht, dass ein Legastheniker und ein Kind mit einer erworbenen LRS lernbehindert sind und sie eine geringere Intelligenz als der Durchschnitt aufweisen. Diese Einstellungen sind meist auf unzureichende Aufklärung und eine subjektive Wahrnehmung begründet. Mit diesen Vorurteilen müssen Kind und Eltern allerdings erst einmal zurechtkommen. Ein weiterer Punkt ist auch, dass es Lehrer gibt, die zu wenig über Legasthenie und LRS wissen (Darstellungen anhand von Diagrammen im Anhang A, Punkt 5). Auch die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Lehrer gestaltet sich in vielerlei Hinsicht schwierig. Zum einen sind die Termine für Gespräche eng bemessen. Zum anderen wissen Eltern und Lehrer meist nicht genau, was das Kind eigentlich für ein Problem hat und wie dem beizukommen ist. Einige Eltern sind auch der Ansicht, dass das Lesen und Schreiben lernen Sache der Schule ist. Manche haben auch keine Kenntnis darüber, wo sie sich hinwenden sollen oder schämen sich einen Schulpsychologen in Anspruch zu nehmen. Somit kommt es häufig vor, dass das Kind kein Verständnis für seine Lage erfährt.1 Es muss vermehrt üben aber es bessert sich nichts. Der Frust der Eltern, der Lehrer, des Kindes und auch des Erziehers im Hort ist meist vorprogrammiert. Das Kind erfährt oft negative Rückmeldung und keine Anerkennung für seine Leistungen, da das Ergebnis in den Augen des Betrachters keine Leistung ist. In manchen Fällen liegt der Fokus auch nur noch auf dem Bereich des Lesens und Schreibens. Andere Fächer oder Taten des Kindes rücken in den Hintergrund und werden nicht oder kaum wahrgenommen. Durch die Schwierigkeiten in der Schriftsprache fällt es immer weiter zurück. Beim Lesen zum Beispiel ist es vielmals so, dass das der legasthene Heranwachsende oder der Heranwachsende mit einer erworbenen LRS gerade in der ersten Klasse kurze Worte und kleine Texte meist vom Zuhören auswendig lernt und dann beim „Vorlesen“ nur noch aufsagt. Irgend1

Vgl.: Kopp-Duller, 2004, Seite 79-92


- 15 wann funktioniert diese Taktik nicht mehr. Das Kind beginnt Wörter zu überspringen und zu erraten. Beim Schreiben prägt es sich ganze Worte ein ohne die einzelnen Buchstaben und den damit verbundenen Laut richtig zu kennen. Werden die Worte länger und die Schreibweisen unterschiedlicher (lange und kurze Vokale, Doppelkonsonanten,…) ist ein adäquates aufschreiben nicht mehr zufriedenstellend möglich. Negativerlebnisse stellen sich ein und die Freude an der Schule ist nicht mehr gegeben. Die Folge davon ist, dass das Selbstwertgefühl des Kindes stetig sinkt. Es verkrampft sich Zusehens. Gerade bei Aufforderungen im Unterricht oder in der Hausaufgabensituation verspannt sich der Körper des Kindes, es presst die Lippen aufeinander oder beißt stark die Zähne zusammen. Eine Konzentration ist in so einen verspannten Zustand nur geringfügig oder gar nicht mehr möglich. Es ist nicht mehr in der Lage ausreichend denken und das eingeprägte Wissen ist nicht mehr oder nur in Teilen abrufbar. Meist ist die Legasthenie oder die erworbene LRS dann nicht mehr das Hauptproblem. Psychologische und/oder psychosomatische Auffälligkeiten und sogar Störungen können hinzukommen. Das Kind entwickelt eine Sekundärsymptomatik. Diese Sekundärsymptome lassen sich in vier Teile gliedern. Zum einen kann es zu Abwehr- und Ausweichmechanismen kommen. Das legasthene Kind beziehungsweise das Kind mit einer erworbenen LRS verweigert alles, was mit Lesen und Schreiben in Zusammenhang steht. Häufig kommt es vor, dass Schulhefte und Zettel verloren gehen. Die Hausaufgaben werden nicht ins Hausaufgabenheft eingeschrieben oder es wird nicht mitgeteilt das Hausaufgaben anstehen. Dies kann nach und nach dann von Deutsch auf alle Fächer übergreifen. Im Unterricht beteiligt sich das Kind nicht angemessen. Verlangte Aufgaben werden nicht oder nur teilweise erbracht und das nötige Material für den Unterricht ist vielmals nicht vorhanden. Des Weiteren kann es zu Kompensationsmechanismen kommen. Das Kind erfährt, dass es durch Leistungen im schulischen Bereich keine Anerkennung erfährt und kompensiert dies über ein anderes Verhalten um auch einmal im Mittelpunkt zu stehen, Aufmerksamkeit und Ansehen zu erlangen. Es wird eventuell plötzlich zum Klassenclown, ist dem Streiche spielen nicht abgeneigt, ist ausgesprochen wild und draufgängerisch oder es rühmt sich mit seinen Taten. Auch Feindseligkeit und Aggressivität kann für ein legasthenes Kind oder ein Kind mit erworbener LRS eine Reaktion auf dessen Überforderung sein. Es ist auf einmal sehr oft in einen Streit verwickelt und fordert diesen auch immer wieder heraus. Es verspottet oder hänselt andere Kinder und ist eigensinnig und extrem empfindlich gegenüber seiner Person und oft der Annahme, dass ihm Unrecht getan wird. Es kann dazu kommen, dass es andauernd stört, anderen Kindern gegenüber handgreiflich wird, unfolgsam und auch unvermittelt Schimpfwörter nutzt um Jemanden zu erniedrigen. Im Gegenzug dazu ist zu beobachten, dass ein Heranwachsender mit einer Legasthenie oder erworbenen LRS ängstlich wird und sich zurückzieht. Ein Kind mit dieser Reaktion ist schwerer zu identifizieren, da es weniger auffällig für Erzieher, Pädagogen und Eltern ist. Oft ist es so, dass sich ein Kind mit dieser Symptomatik in Tagträumen und/oder in eine Fantasiewelt zurückzieht, da es momentan keine Freude an Schule und Lernen hat. Das Kind ist allgemein sehr weinerlich, scheu, ängstlich und stimmungslabil. Es leidet


- 16 einsam, denn es gibt den Gefühlszustand nicht preis. Daraus kann sich eine neurotische Fehlentwicklung entfalten. Diese vier Reaktionen sind Fluchtverhalten und je nach sozialen Umständen und dem Charakter wählt das Kind eine dieser genannten, um die Überforderung und das unzureichende Verständnis für seine Situation zu kompensieren. Psychosomatische Reaktionen sind dabei nicht selten und äußern sich unterschiedlich in Kopf-Bauchschmerzen, Zittern, Erbrechen, Durchfall sowie Ess-und/oder Schlafstörungen. Durch die psychische Belastung ist das Kind häufig krankheitsanfälliger und kann Infektionskrankheiten nicht in dem Masse abwehren in dem es nötig wäre. Oft wird auch von legasthenen Kindern oder Kindern mit erworbener LRS berichtet, die ihren Status in der Klasse, beim Lehrer oder Erzieher nicht halten können. Es kommt häufig vor, dass das Kind eine Außenseiterolle in der Klasse einnimmt entweder durch die Klassenkameraden verursacht oder aber es zieht sich selbst aus der Klassengemeinschaft zurück. Dies ist vielmals dem sinkenden Selbstbewusstsein und dem geringen Selbstwertgefühl geschuldet.1 Langfristig kann dies zu Auffälligkeiten und Störungen führen. Diese sind im Anhang A unter „Auffälligkeiten im Zusammenhang mit erworbener LRS und Legasthenie“ zu finden. Da das Kind häufig eine Schulunlust entwickelt, ist es schwer, wieder den Spaß an der Schule zu wecken. Auf die Dauer kann das bedeuten, dass sich eine allgemeine Schulverweigerung einstellt. Das Kind schwänzt die Schule. Daraus folgt bei ungenügender Unterstützung dann meist, dass kein Schulabschluss erlangt wird. Somit sind die Chancen auf die gewünschte Lehrstelle eher gering. Bei einer guten Förderung kann die erworbene LRS abgelegt werden. Für Legastheniker gilt dies nicht. Legasthene Jugendliche ohne Unterstützung und Halt neigen dazu Drogen und Alkohol als Fluchtmittel zu wählen. Auch Kriminalität ist nicht selten. Laut einer internationalen Studie sitzen prozentual mehr Legastheniker in Haftanstalten ein als nicht legasthene Menschen.2 Der Würzburger Universitätsprofessor, Timo Grimm, gibt an, dass 40 Prozent der Legastheniker, welche nicht adäquat gefördert und behandelt worden sind, eine psychische Störung aufweisen. 24 Prozent davon werden kriminell.3 Auch die Arbeitslosigkeit stellt bei Legasthenikern ein großes Problem dar. Die Universität Mannheim hat eine Studie veröffentlicht. Bei dieser lag die Arbeitslosenquote bei 25jährigen Legasthenikern bei 26 Prozent. Die Kontrollgruppe erlangte vier Prozent. Da Legasthenie immer noch mit vielen Vorurteilen zu kämpfen hat, verheimlichen es viele Menschen gegenüber dem Arbeitgeber. Doch das hat zur Folge, dass die Betroffenen viel Kraft und Zeit mit dem Verheimlichen und Vertuschen verlieren. Die Arbeitsleistung ist somit geschwächt und führt dann vielmals zu einer Kündigung. Da das Selbstwertgefühl sich minimiert nehmen viele Legastheniker Arbeiten an, die nicht ihrer

1

Vgl.: Benz, 2002, Seite 44-46

2

Vgl.: Kopp-Duller, 2004, Seite 40

3

Vgl.: Internetquelle 4


- 17 Bildung und ihrem Niveau entsprechen.1 Um das Kind adäquat unterstützen zu können und um eventuelle Langzeitfolgen zu minimieren muss der Erzieher sehr sorgsam vorgehen und das Selbstbewusstsein des Kindes auf- und ausbauen. Der Fokus des Erziehers sollte nicht immer nur auf die schulischen Aspekte gelegt werden sondern die positiven Eigenschaften und die Stärken des Kindes sollten im Blick behalten werden. Im nächsten Abschnitt wird nun genauer auf das erzieherische Verhalten eingegangen. 6

Das erzieherische Verhalten

Die Beobachtung und Dokumentation ist bei allen Kindern wichtig, um aussagekräftig sein zu können, um das Kind zu verstehen und um zu erkennen, wenn es sich weiterentwickelt. Des Weiteren können so Änderungen des Verhaltens festgehalten werden. Wenn für das Kind noch keine Diagnose gestellt wurde aber durch Beobachtungen darauf zu schließen ist, dass das Kind Auffälligkeiten zeigt, muss eine Absprache im Team erfolgen um die Eindrücke darzulegen und zu erfahren welche Erfahrungen und Beobachtungen die anderen Teammitglieder gemacht haben. Mit den Eltern muss anschließend ein Gespräch stattfinden. In diesem Vier-Augen Gespräch werden die Beobachtungen mitgeteilt und auch die Eltern werden in diesem Zusammenhang angeregt ihre Gedanken und Meinungen zu äußern. Das Kind kann sich zu Hause eventuell ganz anders Verhalten als im Hort. Dazu ist es wichtig sich auszutauschen. Im Laufe dieses Gesprächs ist es notwendig die Eltern zu motivieren auch ein Gespräch mit dem Klassenlehrer/der Klassenlehrerin zu führen um eine ganzheitliche Sichtweise auf das Kind erlangen zu können. Eine Erlaubnis von den Eltern, um mit dem betreffenden Lehrer/der betreffenden Lehrerin selbst sprechen zu können, ist ratsam. So kann der Erzieher seine Beobachtungen auch mit dem Lehrer/der Lehrerin teilen. Gemeinsam mit den Eltern wird im Gespräch das weitere Vorgehen besprochen und der Erzieher stellt Adressen und Informationsmaterial für die Eltern zur Verfügung. Auch der Verweis auf eine Fachkraft sollte erfolgen um die Auffälligkeiten abklären lassen zu können Ist die Diagnose gestellt sind regelmäßige Gespräche mit Schule, Eltern und externen Fachkräften nötig um das Kind optimal fördern zu können. Das legasthene Kind oder das Kind mit einer erworbenen LRS hat, wie bereits beschrieben, oft mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen die weit über das Erlernen von Lesen und Schreiben hinausgehen. Darum ist es von größter Wichtigkeit eine stabile vertrauensvolle Beziehung zu dem Kind aufzubauen. Dies gilt genauso für das Kind mit einer erworbenen LRS. „Es ist sehr interessant zu beobachten, dass es für diese Kinder bei der Verteilung ihrer Zuneigung keinen Mittelweg gibt. Entweder sie entscheiden sich dafür eine Person anzuerkennen, oder sie lehnen sie ab....Hat der Lehrer einmal bei einem legasthenen Kind verspielt, ist es fast unmöglich nochmals eine Vertrauensbasis aufzubauen.“2

1

vgl.: Internetquelle 5

2

Kopp-Duller, 2004, Seite 94


- 18 Ein einheitliches Vorgehen und ein einheitlicher Wissensstand des Teams ist besonders wichtig um den Heranwachsenden durch gleichen Verfahrensweisen und Strukturen Sicherheit und Halt zu geben. Hierzu sollte eine Teamsitzung stattfinden. Dort kann über das Thema Legasthenie und erworbene LRS aufgeklärt und eine Strategie zum Umgang mit legasthenen Kindern und Kindern mit LRS entwickelt werden. Im Anhang C befinden sich dazu eine Grobplanung zu einer Teamsitzung und zudem auch ein Flyer mit kurzen Informationen zum Thema Legasthenie und erworbene LRS. Der Erzieher muss für Gespräche mit dem Kind offen sein und ihm in diesen auch signalisieren, dass er zuverlässig für das Kind da ist und er Vertrauen in die Fähigkeiten des Kindes hat. Zu bedenken ist auch der Umstand, dass das Kind mehrere Stunden des Tages mit seiner Schwäche konfrontiert wird. Überall befinden sich Buchstaben und Wörter die es zu erlesen gilt. Geborgenheit, Vertrauen und Sicherheit ist somit für einen Legastheniker und einem Kind mit erworbener LRS von besonderer Wichtigkeit. Ein Schutzraum, wo die schriftlichen und mündlichen Leistungen nicht im Vordergrund stehen und wo auf den Erzieher Verlass ist. Des Weiteren ist das Kind, falls nötig, in die Hortgruppe zu integrieren. Wie bereits erwähnt kann es dazu kommen, dass es in der Klasse eine Außenseiterrolle einnimmt. Auch in der Hortgruppe ist dies möglich. Das gilt es zu vermeiden. Eine allgemeine Aufklärung und Sensibilisierung, ohne das legasthene Kind oder das Kind mit erworbener LRS bloßzustellen, ist ratsam. Dies kann in einer entspannten und gemütlichen Runde geschehen. Die Kinder des Hortes sollten dabei selbst zu Wort kommen und erzählen was sie darüber wissen. Danach kann der Erzieher die Legasthenie und erworbene LRS mit einfachen Worten erklären. Der Gruppe sollte die Chance gegeben werden, Fragen bezüglich dieses Themas stellen zu können und ihre Meinung darüber zu äußern. So werden Vorurteile aus dem Weg geräumt. Der Legastheniker oder das Kind mit einer erworbenen LRS sollte kein Sonderstatus eingeräumt werden. Es hat genauso Rechte und Pflichten wie der Rest der Gruppe und benötigt den Sonderstatus nicht. Kleine Aufgaben im Alltag steigern das Selbstbewusstsein. Die Möglichkeit eigenständig kleine Pflichten zu erfüllen sollte jeder Heranwachsende bekommen. Darüber hinaus müssen immer wieder Anregungen geschaffen werden damit das Kind die Freude an Worten entdeckt beziehungsweise sie wieder erlangen kann. Mit kleinen Spielen rund um das Thema Buchstaben ist da schon ein großer Schritt getan. Auch Übungen und Spiele zur Sinneswahrnehmung sind wichtig und machen allen Kindern der Gruppe Freude. Gerade bei einem Kind mit Legasthenie und erworbener LRS ist Geduld gefragt und auch eine Portion Gelassenheit. Dies ist nicht nur in der Hausaufgabensituation von Belang sondern eben auch bei Beschäftigungen und Spielen. Da das Kind seine Stärken nicht in Zusammenhang mit Lesen und Schreiben finden kann, muss herausgefunden werden wo die Stärken und Kompetenzen des Kindes liegen. Über diese kann es dann wieder ein Selbstwertgefühl aufbauen und sich damit identifizieren. Dadurch kann der Erzieher Erfolgserlebnisse vermitteln. Im Allgemeinen benötigt ein Kind mit erworbener LRS oder Legasthenie viel Motivation und Lob. Nicht nur bei der Erledigung der Hausaufgaben sondern im gesamten Tagesablauf. Legastheniker und ein Kind mit erworbener LRS lernen durch


- 19 begreifen. Dies ist neben den Hausaufgaben auch in Spielsituationen, Ausflügen und Beschäftigungen zu beachten. Kommt das Kind von der Schule, benötigt es einen Ausgleich um die Anspannung und die eventuelle Überforderung hinter sich zu lassen. Wie dieser Ausgleich aussieht ist von Kind zu Kind verschieden. Der Erzieher sollte hier eine Auswahl an verschiedenen Möglichkeiten anbieten können, damit das Kind herausfinden kann, was ihm gut tut. Die Hausaufgabensituation stellt den Erzieher vor weitere Herausforderungen. Ein adäquates Handeln ist hier besonders wichtig um dem Kind das Lernen angenehm und stressfrei zu gestalten. 6.1

Der Umgang in der Hausaufgabensituation

In der Hausaufgabensituation gilt, nicht länger wie 25-30 Minuten. Danach ist die Konzentration einfach nicht mehr gegeben und Unlust und Frust stellen sich ein. Dies muss mit der Schule im Vorfeld abgesprochen werden. Die Schule muss wissen, dass es vorkommen kann, dass die Hausaufgaben nicht vollständig sind. Ist bereits bekannt wie das Kind am besten lernt so sollte diese Methode auch weitergeführt werden. Ansonsten ist es wichtig festzustellen wie das Kind am ehesten zurechtkommt. Das Zimmer, indem die Hausaufgaben erledigt werden, sollte ruhig gelegen und nicht mit zu vielen Plakaten, Bildern oder Spielsachen überhäuft sein. Sind, zum Beispiel, spielende Kinder am Fenster zu sehen, verwirrt es das Kind nur und lenkt es ab. Überladene Räume unterstützen die Konzentration nicht. Das Kind ist dadurch immer wieder ablenkbar, da es sich die vielen Plakate oder Bilder betrachtet. Auch bei der Hausaufgabenerledigung sind Motivation und Lob wesentlicher Bestandteil der Arbeit. Das Abschreiben von der Tafel ist für das legasthene Kind und das Kind mit erworbener LRS häufig problematisch. Wird die Tafel trotzdem genutzt ist es wichtig farbige Kreide zu nutzen und das Kind geradeaus zur Tafel zu setzen. Sind die Hausaufgaben umfangreicher so bietet es sich an diese in Abschnitte zu teilen um das Kind nicht mit der Fülle zu erschlagen, zu verwirren und es zu entmutigen. Es ist ratsam, Hilfsmittel einzusetzen. Ein Lesezeichen um die Zeile zu behalten, Schmierblätter um die Gedanken zu ordnen und um das wesentliche im Text aufzuschreiben sind kleine Helfer. Wenn es gilt Aufgaben oder eine Geschichte zu lesen, so muss der Erzieher sicherstellen, dass das Kind auch verstanden hat worum es geht. Nach dem Lesen ist es deshalb erforderlich nach dem Inhalt zu fragen, um sicher zu gehen, dass das Erlesene auch erfasst wurde. Ist das nicht der Fall wird der Text noch einmal vorgelesen. Gemeinsames Lesen ist wichtig. Ist der Abschnitt, der gelesen werden muss, sehr lang so kann abwechselnd gelesen werden. Einen Abschnitt oder einen Satz das Kind und einen der Erzieher. Fällt es dem Kind besonders schwer, so sollte in Silben gelesen werden. Da die Selbstachtung bei einem legasthenen Heranwachsenden und einem Heranwachsenden mit erworbener LRS nicht sehr hoch ist, sollte es nicht gezwungen werden vor den anderen Kindern laut vorzulesen. Auch der Vergleich mit den anderen Kindern ist zu unterlassen. Bei schriftlichen Arbeiten dürfen nicht alle Fehler angestrichen oder darum gebeten werden, die Fehler zu verbessern. Auch das andauernde Hinweisen auf


- 20 die unleserliche Schrift oder das nicht Einhalten der Zeilen ist nachteilig. Dies ist nur entmutigend. Der Erzieher muss sich darüber im Klaren sein, dass ein Kind mit Legasthenie oder erworbener LRS mehr Zeit benötigt. Trotzdem ist die Selbstständigkeit bei der Erledigung der Hausaufgaben wichtig. Hilfe muss stattfinden, genauso wie die Chance Fragen zu stellen, aber der Heranwachsende sollte auch die Möglichkeit haben, alleine an der Aufgabe zu arbeiten. Ist ihm anzumerken, dass er eine Pause nötig hat so sollte diese Möglichkeit gewährleistet werden. In der kleinen Pause kann das Kind sich wieder zu Ruhe und Konzentration verhelfen.1 Eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern ist auch bei der Erledigung der Hausaufgaben wichtig. Der Erzieher muss seine Arbeit den Eltern gegenüber transparent gestalten. Eltern sind für Anregungen häufig sehr dankbar. Gespräche darüber, wie die Hausaufgaben zu Hause erledigt werden, welche Mittel zur Hilfestellung dort genutzt werden und wie die Aufgaben im Hort gemeistert werden, sollten wichtige Bestandteile des Dialogs sein.

6.2

Die Grenzen des Erziehers

Leider sind aber auch dem Erzieher Grenzen gesetzt. Er kann nur im Rahmen seines Berufsfeldes tätig werden und ist kein Therapeut. Therapeutische Maßnahmen sind von erfahrenen Fachkräften wie Logopäden, Legasthenietrainern, Ergotherapeuten und/oder Psychologen durchzuführen. Diese haben spezielle, genau auf das Kind abgestimmte Verfahren, um die Legasthenie oder die erworbene LRS zu mildern oder, im Falle der erworbenen LRS, abzuwehren. Wenn Eltern und/oder Lehrer die Zusammenarbeit verweigern oder ein Desinteresse zeigen, hat der Erzieher nur noch bedingt Handlungsspielraum. Ohne Mithilfe und Zusammenarbeit kann er nicht in dem Maße fördern wie es angebracht wäre. Wollen die Eltern keine Zusammenarbeit oder sind sie an dem Verlauf der Entwicklung ihres Kindes nur mäßig interessiert, kann der Erzieher auch keine ausreichend nötige Hilfestellung bieten. Wichtige Informationen, welche für die Förderung des Heranwachsenden nötig sind, bleiben dem Erzieher verborgen. Sind die Lehrer nicht bereit Auskunft über das Verhalten des Kindes zu erteilen kann eine ganzheitliche Sichtweise auf das Kind nicht erfolgen. Ist die Schule nicht bereit die Diagnose der Legasthenie oder erworbenen LRS zu akzeptieren oder zu fördern, wird das Kind immer wieder in der Schule von seinen Misserfolgen gebremst. Wenn ein Heranwachsender sich verweigert, befindet der Erzieher sich nicht mehr ausreichend in der Lage eine adäquate Förderung durchzuführen. Ist das Kind zur Mitarbeit in der Hausaufgabensituation nicht bereit oder verschlossen und desinteressiert im Tagesgeschehen, ist eine Motivation dazu nur schwer oder gar nicht möglich. Akzeptiert es den Erzieher nicht, kann auch keine vertrauensvolle Beziehung entstehen und somit keine optimale Förderung von statten gehen. Bei Schulwechsel wird meist auch der Hort gewechselt. Das Kind ist es nicht mehr greifbar. Ein weitere Grenze sind Zeitund Geldmangel. Die Hortgruppe besteht aus vielen Kindern und damit ist der Zeitfaktor für ein 1

Vgl.: Modul 3, 2006; Meiss, 2008


- 21 Kind eingeschränkt. Des Weiteren verfügt der Träger bzw. der Verein, welcher die Hortgruppe unterhält, nicht über unerschöpfliche Finanzen. Neue Anschaffungen, die für das Kind notwendig wären, können nicht immer besorgt werden. Erzieher haben auch persönliche Grenzen. Es kommt vor, dass er die Situation des Kindes, gerade wenn es noch sekundäre Leistungsstörungen aufweist, nicht verkraftet. An dieser Stelle muss eine gründliche Selbstreflexion erfolgen um eine zu große psychische Belastung zu vermeiden. 7

Die Fördermöglichkeiten durch den Erzieher

Bei einem Legastheniker müssen die Aufmerksamkeit und die Sinneswahrnehmung gefördert werden und an den Symptomen im Lesen und Schreiben gearbeitet werden. Die Förderung bei einem Kind mit erworbener LRS beläuft sich nur auf die Symptomatik.1 Für beide ist es jedoch wichtig, Stärken zu entdecken, das Selbstbewusstsein aufzubauen und eventuelle Aggressionen abzubauen. Die Förderung im Bereich der Wahrnehmung erstreckt sich in die visuelle Wahrnehmung, die auditive Wahrnehmung, die Raumlage, die Intermodalität und die Serialität. Das Kind mit einer Legasthenie und auch das Kind mit einer erworbenen LRS benötigen viele Anreize um die Freude an Worten wieder zu erlangen oder zu entdecken. Oft sind sie abgeschreckt durch immer wiederkehrende Fehlschläge und negative Erlebnisse. Als Erzieher kann man jedoch auf eine Vielzahl von Ideen, Übungen und Spielen zurückgreifen die in Zusammenhang mit Buchstaben, Wörtern und Symbolen stehen. So lernen diese Kinder spielerisch ihre Scheu und Angespanntheit in Kombination mit der Schriftsprache abzulegen und entwickeln nach und nach Neugier und Freude in Bezug darauf. Der Auf-und Ausbau des Selbstbewusstseins und des Selbstwertgefühls bedarf ebenso der Förderung. Wie bereits erwähnt sinkt dieses im Verlauf immer mehr ab. Ein gesundes Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl ist jedoch wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung und das Wohlbefinden. Mit einem hohen Maß an Selbstvertrauen sieht ein Kind die vorliegenden Aufgaben gelassener und gibt nicht so schnell auf. Vielmals hat ein legasthenes Kind und ein Kind mit einer erworbenen LRS auch keine Ahnung wo seine Stärken liegen. Positive Erfolgserlebnisse bleiben demnach auch aus. Wenn diese herausgefunden werden, ist das Kind in der Lage auch Erfolgserlebnisse zu verbuchen und so die eher geringen Leistungen in Zusammenhang mit Worten und Symbolen zu kompensieren. Leider ist eine Kompensationsstrategie einiger Legastheniker und Kinder mit erworbener LRS aggressiv auf die Umwelt zuzugehen, da sich nicht anders zu helfen wissen. Meist haben diese auch nicht die Chance ihre angestaute Wut und Enttäuschung anders abzubauen. Im Anhang B befinden sich zu den Themen: „Aufbau und Stärkung des Selbstbewusstseins“, „Das Entdecken von Stärken“ und „Freude an Worten“ einige Ideen und Spiele. Diese sind nicht auf das einzelne Kind mit Legasthenie oder erworbener LRS zugeschnitten und können somit mit der gesamten Hortgruppe durchgeführt werden. So lernt ein Legastheniker oder 1

Vgl.: Internetquelle 6


- 22 ein Kind mit erworbener LRS in der Gemeinschaft viel dazu, ohne herauszustechen oder einen Sonderstatus zu erlangen.

8

Schlussbetrachtung

Jedes Kind, egal ob mit erworbener LRS oder Legasthenie, benötigt eine umfassende Förderung. Dabei sollte nicht nur das Augenmerk auf die Schriftsprache beschränkt sein. Das Selbsbewusstsein und das Selbstvertrauen müssen in den meisten Fällen ausgebaut und gestärkt werden. Des Weiteren ist es enorm wichtig diesen Kindern Erfolgserlebnisse zu verschaffen und sie zu motivieren. Ich hoffe, ich konnte mit dieser Facharbeit einen umfassenden Einblick in die Legasthenie und die erworbene LRS ermöglichen und einige Ideen und Handlungsstrategien nahe bringen. Ich bin im Laufe der letzten Monate immer weiter in diese Thematik eingedrungen und nach wie vor ist mein Interesse daran nicht verloren gegangen. Ich habe viele Fachbücher gelesen, unentwegt im Internet nach Informationen und Hintergrundwissen gefahndet und auch einige Gespräche mit Logopäden, Horterzieherinnen und Lehrern geführt. Dabei ist mir aufgefallen, dass es sehr viel Literatur und Fakten zu dieser Problematik gibt aber auch eine Vielzahl unterschiedlicher Meinungen dazu. In einigen Büchern ist Legasthenie und LRS das Gleiche in anderen wiederum sind große Unterschiede zu finden. Ich hatte somit große Mühe damit, die für mich relevanten Informationen aus dieser Menge zu filtern. Das Schreiben des Anhanges bereitete mir kaum Probleme. Der Theorieteil jedoch stellte mich vor nicht geahnte Herausforderungen. Es fiel mir sehr schwer, die vielen wichtigen und bedeutenden theoretischen Grundlagen auf so wenige Seiten zu kürzen. Zum Schluss ist es mir, meiner Meinung nach, gut gelungen die bedeutsamsten und für den Erzieher wesentlichsten Punkte herauszuarbeiten und prägnant zu formulieren. An meine Grenzen bin ich bei dem Zeitlimit gestoßen. Ich hätte gern noch viel mehr Ideen und Fördermöglichkeiten entwickelt und wäre auch gern näher auf die Bedeutung der Wahrnehmung eingegangen. Leider muss aber auch eine Facharbeit irgendwann einmal zum Ende kommen. Im gesamten Verlauf des Recherchierens und Schreibens habe ich viel über die erworbene LRS und die Legasthenie dazugelernt und gerade bei den sekundären Leistungsstörungen, die oft mit einer Legasthenie oder erworbenen LRS einhergehen, konnte ich meinen Horizont erweitern. Zum Schluss möchte ich hier noch einmal die Gelegenheit nutzen um meine Dankbarkeit auszudrücken. Ein besonderes Dankeschön geht an meine Kinder und an meinen Mann, weil sie mich in all meinen Phasen dieser Arbeit unterstützt haben und nie an mir und meinen Fähigkeiten zweifelten. Des Weiteren möchte ich meiner Mentorin, Frau Mauersberger; danken, dafür das sie sich meine vielen Ideen und Gedanken angehört und mich immer wieder daran erinnert hat nicht das Wesentliche aus dem Blick zu verlieren. Ein Dankeschön geht auch an den ersten österreichischen Dachverband für Legasthenie. Dieser ermöglichte mir die Nutzung ihrer Materialien, welche mir in jeder Hinsicht geholfen haben.


- 23 9

Quellenverzeichnis

Primärliteratur: Benz, Elisabeth, Praxisbuch Legasthenie – Lese-Rechtschreibschwäche, 9. Auflage 2002, Verlag Schubi Schaffhausen Firstcybertrade Inc DYSLEXIA RESEARCH CENTER DISTANCE LEARNING COURSES, EÖDL Erster österreichischer Dachverband Legasthenie, ADA Austrian Dyslexia Association, KLL Kärntner Landesverband Legasthenie, Modul 1, 2006 Firstcybertrade Inc DYSLEXIA RESEARCH CENTER DISTANCE LEARNING COURSES, EÖDL Erster österreichischer Dachverband Legasthenie, ADA Austrian Dyslexia Association, KLL Kärntner Landesverband Legasthenie, Modul 3, 2006 Klicpera/Schabmann/Gasteiger-Klicpera, Legasthenie-LRS, 3. Auflage 2010, Verlag Reinhardt UTB Köln, Weimar, Wien Koop-Duller, Astrid, Legasthenie und LRS, 1. Auflage 2003, Verlag HERDER spektrum Freiburg, Basel, Wien Kopp-Duller, Astrid, Der legasthene Mensch, 4. überarbeitete Auflage 2004, KLL-Verlag Klagenfurt Meiss, Ulrike, JAKO-O Familien-Kongress 2008, Praktische Tipps für die Hausaufgaben Naegele, Ingrid M., Valentin, Renate (Hrsg.), LRS-Legasthenie-in den Klassen 1-10 Band 1, 6. Auflage 2003, Verlag Praxis Beltz Weinheim, Basel, Berlin Sächsisches Staatsministerium für Sozialen (Herausgeber), Der sächsische Bildungsplan – Ein Leitfaden für pädagogische Fachkräfte in Krippen, Kindergärten und Horten sowie für Kindertagespflege, 2007, SV SAXONIA VERLAG, Dresden Internetquelle 1: http://www.lrs-portal.net/legasthenie/ursachen/, 12.10.2011 09.54 Uhr Internetquelle 2: http://www.peter-may.de/Komponenten/hsp.htm, 25.11.2011 9.57 Uhr Internetquelle 3: http://www.edu.lmu.de/lbp/personen/wiss_ma/eckerlein/seminare/sse_stufen.pdf, 21.10.201 14.06 Uhr Internetquelle 4: http://www.legasthenie-info.at/information.htm, 18.10.2011 11.39 Uhr Internetquelle 5: http://www.lernpsychologische-praxis.de/, 18.10.2011 11.34 Uhr Internetquelle 6: http://www.lrs-portal.net/legasthenie/unterschied/, 19.10.201 10.35 Uhr

Sekundärliteratur: Mayer, Andreas, Gezielte Förderung bei Lese-und Rechtschreibstörungen, Band 2010, Verlag reinhard München Basel Thomé, Günther, Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten (LRS) und Legasthenie, 2004, Verlag Pädagogik Beltz Weinheim und Basel


- 24 Anhang A - weiterführende theoretische Grundlagen 1

Auffälligkeiten im Zusammenhang mit erworbener

Seite 25

LRS und Legasthenie 1.1

Die Störung der Aufmerksamkeit und der Konzentration

Seite 25

1.2

Die Angst

Seite 28

1.3

Das aggressive Verhalten

Seite 30

1.4

Das kontaktscheue Kind

Seite 31

1.5

Die Frustrationstoleranz

Seite 31

1.6

Die Depression

Seite 32

2

Eine detaillierte Liste der möglichen Symptome

Seite 34

3

Eine detaillierte Liste der möglichen Symptome unter

Seite 35

Berücksichtigung einer differenzierten Wahrnehmung 4

Darstellungen und Übersichten

Seite 39

4.1

Arten und Formen der LRS

Seite 39

4.2

soziale Ursachen im Zusammenhang mit Milieuzugehörigkeit

Seite 40

4.3

Darstellung differenzierter Wahrnehmung in Zusammenhang

Seite 41

mit Legasthenie 5

Umfragen zur Legasthenie

Seite 42

1

Auffälligkeiten im Zusammenhang mit erworbener LRS und Legasthenie


- 25 Leider ist eine Legasthenie ohne sekundäre Leistungsstörungen eher selten. Vielmehr entwickeln Kinder in Zusammenhang mit einer Legasthenie oftmals sekundäre Symptome. Das Gleiche ist auch häufig bei einer erworbenen LRS der Fall. Durch längerfristige Überforderung, Unverständnis und immer weiter absinkendes Selbstwertgefühl entwickeln die Kinder Schwierigkeiten in der Persönlichkeitsentwicklung. Diese können dann zu Verhaltensauffälligkeiten oder sogar Störungen führen. Wenn legasthene Kinder oder auch Kinder mit einer erworbenen LeseRechtschreib-Schwäche über einen längeren Zeitraum ohne pädagogische oder psychologische Hilfe zurechtkommen müssen ist die Gefahr groß, dass sie diese entwickeln. Die im weiteren Verlauf genannten Auffälligkeiten wurden alle bei legasthenen Kindern und/oder bei Kindern mit erworbener LRS beobachtet. Diese Kinder benötigen meist therapeutische Hilfen von externen Fachkräften. 1.1

Die Störung der Aufmerksamkeit und der Konzentration

„Aufmerksamkeitsstörungen können hirnorganisch bedingt sein. Häufig sind sie aber Ausdruck einer allgemeinen Überforderung, wie sie etwa durch die Legasthenie oder Dyskalkulie entstehen kann. Auch auf psychosoziale Probleme wie der Verlust von Bezugspersonen, Trennungen oder gravieren-de Familienkonflikte reagieren Kinder häufig mit Aufmerksamkeitsstörungen.“1 Mit Aufmerksamkeits- oder Konzentrationsstörungen haben gerade Kinder zu kämpfen, welche eine serielle Teilleistungsschwäche oder auch eine auditive Differenzierungsschwäche aufweisen. Langenhorst (1978) teilt die Aufmerksamkeitsstörungen in drei Bereiche ein. Zum einen kann eine Aufmerksamkeitsstörung körperlichen Ursachen zu Grunde liegen. Das wären Blutarmut, ein zu hoher oder zu geringer Zuckergehalt im Blut, eine Überfunktion der Schilddrüse, eine eingeschränkte oder Fehlfunktion der Nebennierenrinde, Wucherungen im Rachenraum und Infektionskrankheiten über einen längeren Zeitraum mit leicht erhöhter Temperatur. Zum anderen sieht er Gründe für eine Aufmerksamkeitsstörung im familiären Bereich. Konflikte in der Familie, verschiedene oder falsch ausgewählte Erziehungsstile, die Verhaltensweisen der Eltern und Geschwisterrivalitäten sind hier zu nennen. Den dritten Bereich teilt er den schulischen Gründen zu. Dort erwähnt er die Überforderung und das Desinteresse, die Misserfolgserwartungen und die Ängste und das zerrüttete Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler. Merkmale für eine Aufmerksamkeitsstörung können sein:  Das Kind wird leicht durch Reize abgelenkt.  Es hat Probleme bei Aufgaben und Spielen die Aufmerksamkeit über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten.  Der Wechsel von einer Unternehmung, welche noch nicht beendet wurde zur nächsten.  Dem Kind fällt es schwer ruhig zu spielen.  Es erweckt den Anschein, als würde es nicht zuhören, wenn andere Menschen mit ihm sprechen. 1

Internetquelle 1


- 26  Gegenstände, welche für Aufgaben und Aktivitäten in der Schule oder für zu Hause notwendig sind gehen verloren.  Das Kind hat eine ungenaue Wahrnehmung. Das Kind, welches sich nicht ausreichend im Unterricht konzentrieren kann, ist eventuell in der Lage sich konzentriert zu zeigen, wenn es nicht mehr überfordert oder die Motivation verbessert oder gesteigert wird. Ein überfordertes und unkonzentriertes Kind sollte immer Mut gemacht werden. Vertrauen und Zuversicht spielen dabei eine wesentliche Rolle. Aus Beobachtungen wurde auch geschlossen, dass die Bekanntgabe des Stundenpensums (Was wollen wir im Unterricht heute alles tun.) eine bessere Disziplin mit sich brachte. Dies kann auch im Hort gut umgesetzt werden. 1984 probierte Wagner ein Trainingsprogramm aus, welches zur Förderung der Aufmerksamkeit im Unterricht dienen sollte. Er teilte das Programm in acht Lernstrategien ein. Im folgenden Teil sind diese acht Strategien kurz erläutert und können so auch im Hortalltag, gerade in der Hausaufgabensituation umgesetzt werden. Aufgabenanalyse Das Kind analysiert die gestellte Aufgabe noch einmal. Es formuliert mit eigenen Worten was es nun tun soll. Materialanalyse Hier stellt sich das Kind folgende Fragen:  Was habe ich alles schon?  Was benötige ich noch zum Arbeiten?  Auf was kann ich verzichten? Nun geht das Kind die Aufgabe nochmals durch und fragt sich folgendes:  Womit fange ich an?  Worauf muss ich besonders achten?  Gibt es wichtige Einzelheiten die ich nicht übersehen darf?  Gibt es Besonderheiten bei dieser Aufgabe? Zielanalyse Hier überlegt sich das Kind wo es in dieser Aufgabe hin will, wie es das erreichen kann und ob ein Umweg nötig ist.

Konfliktanalyse


- 27 Folgende Fragen sind bei stockenden Aufgaben ratsam:  Was stört mich jetzt?  Warum komme ich nicht weiter voran? Das Kind muss sich hier Gedanken machen, wie es die Aufgabe anders angehen kann um zu einen Ergebnis zu gelangen. Es muss sich eingestehen können, dass es sich geirrt hat oder auf dem falschen Weg ist und nach einem neuen Weg suchen. Formulierung von Teilzielen Es ist wichtig, dass das Kind mit Teilzielen arbeitet um die Übersicht zu behalten und kleine Erfolgserlebnisse zu schaffen. Hier ist es von Vorteil zu analysieren, was der nächste Schritt ist und was schon alles gelöst wurde. Des Weiteren ist die Überlegung zu treffen, was nun als Nächstes folgt. Bewältigung von Frustration Fehler können passieren und sind nicht schlimm. Das muss das Kind wissen und auch umsetzen. Nur dann kann es die Fehler verbessern und sorgfältiger arbeiten. Eine kleine Pause ist in diesem Stadium sinnvoll um kurz durchatmen zu können und um mit neuer Energie die Fehler zu finden und zu verbessern. Aufforderung zum Zeitlassen Das Kind muss lernen nicht so zu hetzen. Gerade in der Hausaufgabensituation. Wie weit die anderen Kinder sind ist nicht wichtig. Das Kind sollte auch die Gewissheit haben, dass es sich zeit lassen kann und mit seinem individuellen Lerntempo arbeiten darf. Eine Denkpause ist hier möglich und sollte zugelassen werden.  Hauptsache es wird richtig.  Ich habe genug Zeit.  Ich darf mir Zeit lassen. Bewertung von (Teil-) Zielen Mit den Sätzen wie:  Das habe ich gut gemacht.  Das andere kann ich auch noch schaffen.  Ich kann das wirklich gut.

sollte sich ein Kind motivieren können und selbst in der Lage sein sich zu loben und seine Ergebnisse mit Stolz zu betrachten.


- 28 Ein Kind kann diese acht Strategien nicht auf einmal umsetzen und schon gar nicht alleine. Hier hat der Erzieher eine wichtige Rolle. Von ihm geht diese Strategieabfolge aus und er leitet das Kind an sie aufzunehmen. Nach und nach kann das Kind dann diese Strategie in den Alltag aufnehmen und sich selbst motivieren und instruieren.1

1.2

Die Angst

„Angst ist eine lebensnotwendige Reaktion und Erfahrung; sie wird erlebt als ein unangenehmes Gefühl der Bedrohung.“…„Krankhafte Angst: unterscheidet sich von normaler Angst durch Intensität, Dauer und `Unangemessenheit` zum situativen Kontext, bisweilen auch von der Angstform als solcher (z.B. Panikattacke).“2 Angst wird als ein Kreislauf gesehen, der sich ohne Hilfe ständig wiederholt. Auslöser körperliche Symptome

Wahrnehmung

körperliche Veränderungen

Gedanken

Angst3

Folgende Angstsymptome können auftreten:  Das Kind muss vermehrt schlucken.  Es errötet oder erblasst.  Unsicherheit, verlegenes oder angstvolles Schweigen sind zu beobachten.  Das Kind zittert (Stimme, Hände, ganzer Körper).  Eine plötzliche Atemnot, Erstickungsgefühl oder Beklemmungsgefühl tritt ein.  Das Kind verliert die Stimme.  Es erstarrt plötzlich oder die Tränen beginnen zu laufen.  Das Klammern an die Mutter oder andere Bezugsperson ist auffällig.  Das Kind leidet unter Depersonalisation (Verlust bzw. Veränderung des ursprünglichen, natürlichen Persönlichkeitsgefühls).

1

Vgl.: Internetquelle 1; Modul 4, 2006

2

Internetquelle 2

3

Vgl.: Internetquelle 2


- 29  Ein plötzliches Hitze- oder Kältegefühl tritt ein.  Das Kind klagt über Herzklopfen, kribbeln, „weiche Knie“ oder Mundtrockenheit.  Abdominelle Beschwerden (Bauchschmerzen, Erbrechen, Reizdarm, veränderte Stuhlkonsistenz), Durchfall oder vermehrter Harndrang können ein weiteres Anzeichen sein.  Das Kind fühlt einen Verlust der Kontrolle („der Wille gleitet aus den Händen“). Laut Klasen sind abnorm ängstliche Reaktionen die häufigste beobachtete psychopathologische Erscheinung bei den von ihr beobachteten legasthenen Kindern. Die meisten Legastheniker werden durch ihre Angstreaktionen gehemmt und diese sind nur sehr schwer und langsam wieder aufzulösen. Zudem stört die immer währende Angst die Aufmerksamkeit und somit bremst es eine aktive Teilnahme am Lerngeschehen.1 Die Angst treibt die betroffenen Kinder meist soweit, dass sie in einen Kreislauf geraten, aus dem sie nur schwer wieder herausfinden. Sie haben Angst vor einer bestimmten Situation (Schule). Da sie wissen, dass diese Situation bei ihnen Angst mit den individuellen Reaktionen (Symptomen) auslöst entwickeln sie eine Angst vor der Angst. Sie versuchen alles um diese unangenehmen Reaktionen zu vermeiden und geraten so in einen sozialen Rückzug.

Angst

sozialer Rückzug

Erwartungsangst (Das Kind hat Angst vor der Angst)

Vermeidungsverhalten2

Die sogenannte Schulangst/Prüfungsangst ist somit bei Legasthenikern sowie bei Kindern mit erworbener LRS weit verbreitet. Dabei entwickelt sich die Angst immer weiter. Aus der Angst vor einer Deutscharbeit wird eine Angst vor Tests und Arbeiten im Allgemeinen. Meist ist nicht nur eine Ursache für diese Prüfungsangst zu verzeichnen. Es ist eher eine Ansammlung die sich gegenseitig beeinflussen. Die Überforderung ist ein Bestandteil dieser Ursachen. Auch die Reaktion der Eltern ist ausschlaggebend. Die Enttäuschung und die Vorwürfe wegen schlechter Schulnoten setzen das Kind unter Druck. Die Reaktion aus dem Schulumfeld ist ein weiterer 1

Vgl.: Modul 4, 2006

2

Vgl.: Internetquelle 2


- 30 wichtiger Faktor. Der Lehrer/die Lehrerin, die mehr erwartet hat oder die Schüler die das Kind wegen seiner schlechten Leistungen hänseln schüren die Angst.1 Aufgrund von Unsicherheiten im Selbstwertgefühl und durch die immer währende Angst des Kindes kommt es auch oft zu Abwehrhaltungen. Das Kind reagiert mit seiner Abwehr häufig unbewusst. Es versucht die Fehlschläge, den immer währenden Frust und die Attacken auf sein Selbstbewusstsein zu lindern. Es wendet sich von der Realität ab und verschließt sich gegen seine Versagenserlebnisse. Dabei drängt es auch das Erleben der eigenen Geringschätzung zurück. Es täuscht sich selbst um sein geringes Selbstwerterleben wieder aufzurichten. Dies äußert sich in Prahlen, zu hohe Selbsteinschätzung, irreale Zukunftserwartungen, Sarkasmus, Desinteresse oder Strebsamkeit oder widerstandslosen Gehorsam. 2

1.3

Das aggressive Verhalten

„Als aggressiv werden solche Verhaltensweisen bezeichnet, die sich als herausfordernd, widerspenstig, feindselig, heftig, störend, reizbar, verärgert, widersprechend, entwertend, herabsetzend, drohend usw. beschreiben lassen.“3 Klasen stellte in ihrer Studie fest, das 14,6 % der beobachteten legasthenen Kinder ein aggressives Verhalten zeigten. Sie definierte aggressives Verhalten im Sinne von aktiven Angriffen auf die Umwelt und/oder die Mitmenschen. Die Ursachen für ein solches Verhalten sind breit gefächert. Vor allem aber enttäuschte Liebeserwartungen, unbeantwortete Liebeszuwendungen, der ausbleibende Erfolg in den gewünschten Leistungen und eine eingeschränkte Bewegungsfreiheit sind hier zu nennen.4 Die Misserfolge, der Leistungsdruck, die Enttäuschung, die Verletzlichkeit und auch das immer weiter sinkende Selbstwertgefühl begünstigen aggressive Verhaltensweisen, da sich die Kinder dadurch abreagieren und ihrem Ärger sozusagen Luft machen. Es neigen jedoch auch einige Kinder dazu ihre Aggressionen zu unterdrücken, da sie wissen, dass diese Verhaltensweise nicht erwünscht ist. So kommt es nicht selten zu Aggressionsproblemen. Folgende Symptome können auf diese Aggressionsprobleme hinweisen:  Das Kind leidet unter Schlafstörungen. Es kann nicht oder nur mit Mühe einschlafen und schläft in der Regel nicht durch. Ein plötzliches Erwachen in der Nacht ist nicht selten und meist liegt es dann lange wach.

1

Vgl.: Internetquelle 3

2

Vgl.: Modul 4, 2006

3

Modul 4, 2006

4

Vgl.: Modul 4, 2006


- 31  Hautprobleme wie Ausschlag, Nesselsucht, Gürtelrose, Ekzeme und allergische Reaktionen sind ein weiteres Indiz. Dabei kann es auch vorkommen dass die Haut übermäßig trocken ist und Akne entsteht.  Plötzlicher Haarausfall und stumpfes, brüchiges Haar sin bei dem Kind zu beobachten.  Das Kind leidet an Magen-und/oder Darmproblemen wie Erbrechen, Übelkeit, Magenkrämpfe und Sodbrennen.  Ein Schwindelgefühl und das Gefühl ohnmächtig zu werden stellt sich oft ein.  Das Kind fühlt sich erschöpft, unwohl und hat keine Energie mehr.  Es klagt über Schmerzen im Rücken und an den Gelenken.1

1.4

Das kontaktscheue Kind

Durch eine Legasthenie oder eine erworbene LRS kann es vorkommen, dass ein Kind große Probleme damit hat Beziehungen einzugehen. Dieses Verhalten ist sogar ziemlich häufig zu beobachten. Meist äußert es sich so, dass das legasthene Kind bzw. das Kind mit erworbener LRS sehr wortkarg, ausweichend und eher passiv ist. Es vermeidet ein näher kommen. Es ist Beobachter aus der Entfernung und dabei meist ausdruckslos. Es scheint als würde es sich unbewusst abkapseln. Dies geschieht systematisch. So ist ein zwischenmenschlicher Austausch nicht möglich. Dabei ist es immer freundlich und nett aber entzieht jeglichen seelischen Offenbarungen. Ein kontaktscheues Kind wirkt auch so, als hätte es keine Wünsche, keine Abneigungen, keine eigene Meinung und keine eigenen Gefühle. Es kapselt sich von der Umwelt ab und zieht sich so weit zurück damit niemand seine Gefühle verletzt. Es ist auch nicht in der Lage sich irgendwem anzuvertrauen, da es Angst hat vor seelischen Verletzungen und Enttäuschungen. Die Gründe für solch ein Verhalten sind breit gefächert. Die häufigsten Ursachen sind jedoch meist:  Das Kind versagt in der Schule.  Das Kind spürt ein elterliches Missfallen.  Es wird bestraft aufgrund des schulischen Versagens.  Demütigungen, Herabwürdigungen und andere peinliche und/oder beschämende Reaktionen der Mitmenschen musste das Kind ertragen.2

1.5

Die Frustrationstoleranz

„Unter Frustration versteht man den Erlebniszustand, der als Folge von Versagen, von enttäuschter Erwartung, vom Nichterreichen eines angestrebten Ziels eintritt und die innere Unzu-

1

Vgl.: Internetquelle 4

2

Vgl.: Modul 4, 2006


- 32 friedenheit, Spannung, Mutlosigkeit, Unsicherheit und reduzierten Leistungswillen mit sich bringt.“1 Die Gründe sind klar. Misserfolge und Fehlschläge, Minderwertigkeitsgefühle und wenig Vertrauen in die eigenen Leistungen und wenig Freude an der Schule und am Tun. Die Merkmale einer geringen Frustrationstoleranz sind folgende:  Das frustrierte Kind meidet Situationen in denen es versagen könnte.  Aufgaben, Übungen und Tests gibt es schon vor Beendigung ab.  Oft handelt es vorschnell indem es bestimmte Aufgaben oder Situationen von vorn herein ablehnt (kann ich nicht, weiß ich nicht).  Der Versuch Lösungen zu finden wird nicht unternommen.  Das Material zum Lernen wird abgelehnt oder vermieden.2 Laut Klasen sind 31,2 % der legasthenen Kinder frustriert. Oft werden die Kinder als faul und desinteressiert beschrieben. Das trifft aber so nicht zu. Sie schützen sich eher vor noch mehr Misserfolgen. Wenn sie die Aufgabe nicht erledigen, können sie auch keine Fehler machen. Viele Kinder bauen sich eine coole Fassade auf und wollen damit den Eindruck erwecken, als ständen sie über den Dingen und es wäre ihnen egal. Leider wird selten dahinter geschaut.3

1.6

Die Depression

„Eine Depression (lat. "Niederdrückung") ist eine psychische Störung die durch die Hauptsymptome gedrückte Stimmung Interesselosigkeit beziehungsweise Freudlosigkeit und Antriebsstörung gekennzeichnet ist. Depression ist keine Traurigkeit sondern ein Zustand in dem die Empfindung aller Gefühle reduziert ist. Betroffene beschreiben dies auch mit einem "Gefühl der Gefühllosigkeit."4 Folgende Symptome können auftreten:  Das Kind kann sich nicht entschließen.  Es scheint ihm alles gleichgültig zu sein und es wirkt als hätte es nie zu etwas Lust.  Das Denken und die Gefühle kommen verlangsamt zum Ausdruck.  Ein depressives Kind wirkt meist schwermütig, freudlos, traurig, niedergeschlagen und hoffnungslos.5

1

Modul 4, 2006

2

Vgl.: Modul 4, 2006

3

Vgl.: Modul 4, 2006

4

Internetquelle 5

5

Vgl.: Modul 4, 2006


- 33  Oft ist zu beobachten, dass ein depressives Kind seine Freizeit nicht sinnvoll nutzen kann und sehr wenig spielt. Selten spielt es mit anderen Kindern ihres Alters und fällt dann meist durch aggressives Verhalten auf.  Das Kind lässt sich nicht mehr mittels interessanter Dinge begeistern und es kann sich auch nicht mehr motivieren. All diese Symptome könnten ein Anzeichen für eine Depression sein. Aber es kommt auch vor, dass das Verhalten gegenteilig ist. So zappelt das Kind eventuell oft herum, ist unruhig und versucht seine depressive Lage hinter einer Fassade aus Spaß und Clownerie zu verstecken.1 Häufig kommen auch körperliche Symptome wie Schlaflosigkeit, Tagesmüdigkeit, Appetitlosigkeit oder erhöhtes Hungergefühl und somit verbundene Gewichtsabnahme oder Gewichtszunahme, Kopfschmerzen, Infektionsanfälligkeit und Verspannungen hinzu. Die Gedanken an einen Suizid nehmen je nach Schwere der Depression und je nach Alter Gestalt an. Bei einem depressiven Kind muss deshalb dringend die Hilfe von externen Fachkräften (Psychologen, Therapeuten) erfolgen. Bei all den genannten Schwierigkeiten in der Persönlichkeitsentwicklung ist neben der therapeutischen und/oder psychologischen Hilfe auch die Arbeit des Erziehers sehr wichtig:  Zusammenarbeit mit Schule, Eltern und externen Fachkräften  einheitliche Vorgehensweise  Verständnis für die Probleme und Schwierigkeiten des Kindes nicht nur im schulischen Bereich  Verständnis für die psychologischen Belastungen  Akzeptanz vermitteln  entwickeln von NeugierWarum zeigt das Kind so eine Reaktion?  vertrauensvolle Bezugsperson  Gespräche anbieten  kleine Erfolgserlebnisse schaffen  Frustration mildern  Selbstwertgefühl stärken  keine überhöhten Erwartungen an das Kind stellen  Geduld, Zeit geben  Probleme des Kindes nicht in den Mittelpunkt stellen  weiterbilden im Bereich Legasthenie und/oder der auftretenden Verhaltensauffälligkeit  beobachten und dokumentieren (aussagekräftig seinEltern, Lehrer, externe Fachkräfte)

1

Vgl.: Internetquelle 6


- 34 2

Eine detaillierte Liste der möglichen Symptome  Oft ist ein schlecht leserliches Schriftbild zu beobachten. Die Größe der Buchstaben variieren, die Abstände zwischen den Buchstaben sind ungleich und das Kind hält die Zeilen beim Schreiben nicht ein. Des Weiteren werden die Worte am Ende der Zeile oder Seite zusammengedrängt.  Das Abschreiben aus Büchern und von der Tafel fällt schwer und die Abschrift ist mit vielen Fehlern behaftet. Oft verliert das Kind die Zeile und oft muss es auf das abzuschreibende Wort schauen.  Das Aufschreiben von Geschichten, Anweisungen und Aufgaben ist problematisch. Das Kind setzt mitten im Wort ab um zu überlegen.  Ähnlich klingende Laute und Zwielaute und ähnlich aussehende Buchstaben können nicht unterschieden werden. (m/n, h/k, g/k, b/p,…)  Buchstaben, welche sich aufgrund ihrer Lage unterscheiden werden häufig verwechselt (M/W, Z/N,…)  Buchstaben, Symbole und Zahlen werden gespiegelt aufgeschrieben (Spiegelschrift).  Es fällt dem Kind schwer Laute ihren Buchstaben zuzuordnen und umgekehrt.  Das Kind beachtet die Groß-und Kleinschreibung nicht.  Wortbilder werden oft nicht oder unzureichend abgespeichert.  Beim Schreiben von Wörtern werden Buchstaben und Silben weggelassen oder hinzugefügt (Belech)  Ganze Wörter werden nicht geschrieben. Die i-Punkte und die Striche über den Umlauten werden nicht gesetzt.  Anlaute werden verdoppelt (aaber).  Die Buchstabenverbindung ie-ei wird oft verdreht (lieb/leib).  Die Reihenfolge von Buchstaben wird verdreht (sehr/sher)  Das Kind hat große Probleme ein Wort richtig zu trennen.  Oft werden Wörter zusammengeschrieben die nicht zusammengehören und zusammengesetzte Wörter bereiten Probleme in Hinblick auf Schreibweise, erkennen des Sinns und Wortart.  Harte und weiche Konsonanten werden nicht unterschieden oder verwechselt (d/t, g/k, b/p).  Die Dehnung und Schärfung wird nicht beachtet oder verwechselt (kammen-kamen, zehrte-zerrte) und auch gleiche Laute werden vertauscht (v/f, r/ch)  Oft wird ein doppelter Buchstabe geschrieben wo er nicht hingehört (euuch).  Es wird meist stockend gelesen, wobei nicht oder oft falsch betont wird.  Das Erlernen des Alphabets und das Zusammenziehen der Buchstaben bereiten große Schwierigkeiten. Die Zuordnung von Buchstabe zu dem dazugehörigen Laut ist problematisch.


- 35  Beim Lesen bereitet es dem Kind Mühe die Zeile einzuhalten.  Das Kind errät oder erfindet Wörter die es lesen soll und oft werden Buchstaben beim Lesen hinzugefügt oder nicht mitgelesen.  Das Sinnverständnis ist beeinträchtigt. Das heißt, das Kind kann auf Fragen zum Text nicht antworten und das Gelesene nicht oder nur teilweise wiedergeben.1

3

Eine detaillierte Liste der möglichen Symptome unter Berücksichtigung einer differenzierten Wahrnehmung

visuelle Differenzierung:  Das Kind braucht um die optischen Eindrücke zu verstehen zusätzlich die sprachliche Unterstützung.  Unordnung, Ungenauigkeit und Oberflächlichkeit in der Arbeitsweise sind zu beobachten und das Kind schreibt unleserlich und unsauber.  Das Zeichen und Legen von Mustern bereitet Probleme.  Die Koordination von Hand und Auge ist mit Schwierigkeiten verbunden.  Die Buchstaben und Ziffern werden nicht richtig niedergeschrieben und die Größe der Buchstaben variiert.  Das Kind kann nur mit Mühe die Textaufgaben gliedern.  Das Erfassen von Mengen bereitet dem Kind Probleme, es zeigen sich Probleme bei der Zehnerüberschreitung und Buchstaben und Zahlen werden ausgelassen.  Die wichtigen Informationen aus einem Text können nicht separat herausgefiltert werden.  Zu erlernende Dinge müssen von dem Kind angefasst werden um begriffen zu werden.  Ähnliche und gleiche Dinge können nicht als solche erkannt werden, somit wird auch der Unterschied gefunden werden zwischen ähnelnden Buchstaben, Ziffern und Symbolen.  I-Punkte und Umlautzeichen werden nicht gesetzt und das Abschreiben fällt dem Kind schwer. Zudem spricht das Kind beim Schreiben mit.  Die Fähigkeit aus einem Gesichtsausdruck die Stimmung lesen zu können ist nur bedingt möglich. visuelles Gedächtnis  Die gesehenen Informationen werden vom Kind nicht im Gehirn abgespeichert. Das hat zur Folge, dass es sich Farben, Formen, Muster und Symbole nicht richtig merken kann. Daraus Folgt, dass das Kind Muster usw. nicht aus dem Gedächtnis zeichnen kann.

1

Vgl.: Modul 1 2006


- 36  Die Automatisierung der Lernwörter ist nicht oder nur bedingt gegeben, Buchstaben werden immer wieder verwechselt und die Stellen im Text können beim Lesen nicht gefunden werden. auditive Differenzierung  Das Wichtigste von dem was gehört wurde kann nicht ausreichend gefiltert und erfasst werden und so werden die Phoneme den falschen Graphemen zugeordnet. Zudem kann das Kind einzelne Buchstaben nicht aus dem Wort herausziehen.  Buchstaben, Wörter und Zahlen die sich im Gesprochenen ähneln werden nicht differenziert werden oder werden vertauscht. Die stimmhaften und die stimmlosen Konsonanten, Zwielaute und Umlaute sind nur erschwert zu unterscheiden und die Entscheidung ob etwas gleich oder ähnlich klingt ist nicht gegeben.  Auch bei der Dehnung und der Schärfung treten Probleme auf.  Vorher gehörte Worte (ob bekannt oder unbekannt) nachzusprechen kann zu Unsicherheiten führen. auditives Gedächtnis  Das Gehörte wird nicht abgespeichert und behalten. Daraus ergibt sich ein häufiges Nachfragen. Somit werden bei Rechenaufgaben die mündlich gestellt werden auch Teile ausgelassen und Buchstaben und Silben oder gar Wörter werden weggelassen.  Dadurch erreicht die Ablenkbarkeit des Kindes ein hohes Maß.  Das Kind weißt einen spärlichen Wortschatz auf und gerade in Aufsätzen nutzt es viel zu oft Wortwiederholungen. Darüber hinaus sind die Aufsätze meist sehr kurz gehalten. Raumlage  Bei Sing- und Bewegungsspielen sind Probleme im Ablauf zu beobachten. Zudem kann das Kind die Position in einem Raum nur unzureichend einschätzen und die Orientierung in einer unbekannten Umgebung ist dürftig.  Die Hampelmannbewegung, die Nachahmung rhythmischer Bewegungsabläufe und Konstruktionsspiele gelingen nur eingeschränkt.  Die räumliche Anordnung im Heft, das merken eines unbekannten Weges sowie das Erlernen der Uhr ist oft mit enormen Schwierigkeiten verbunden.  Entfernungen und Distanzen (Größen, Längen, Entfernungen, Gewichten) kann das Kind nur unzureichend einschätzen.  Oft ist zu beobachten das Kinder mit einer differenzierten Raumorientierung das Fahrradfahren und das Schwimmen spät erlernen. Des Weiteren kann das Anziehen ein Problem darstellen.  Seitenverkehrtes Schreiben und Verwechslungen von Zahlen und Buchstaben sind möglich.


- 37 Körperschema  Das Kind hat Schwierigkeiten mit der Unterscheidung und Nennung von rechts und links, oben und unten und vorn und hinten. Intermodalität  Die Verknüpfung der visuellen und auditiven Wahrnehmung ist nicht oder nur bedingt gegeben. Des Weiteren ist die Verbindung zwischen dem Gesehenen und dem nachfolgenden Abschreiben nicht fehlerfrei möglich, genauso wie die Übernahme des Gehörten ins Schriftbild mit Problemen einhergeht.  Das Kind durch die fehlende Vereinigung somit nicht den entsprechenden Laut mit dem dazugehörigen Schriftbild verbindet. So rät es beim Lesen.  Im Bereich Mathematik können sich hier auch Schwierigkeiten ergeben. Die Mengenerfassung und das Umsetzen der Rechensymbole sind oft mit Fehlern verbunden.  Die Einheitsbezeichnungen (kg, g, mm, m,…) sind für das Kind meist schwer zu erkennen und die Anwendung ist demzufolge mühsam.  Das Einhalten der Groß- und Kleinbuchstaben, der Wechsel zwischen Druck- und Schreibschrift und das Reagieren auf auditive Signale oder Bilder ist für ein legasthenes Kind schwer umzusetzen.  Das Kind hat eine Antipathie gegenüber dem lauten Lesen und das Zusammenspiel von Bewegung und Sprache ist nicht vorhanden.  Nacherzählungen sind mit Problemen behaftet, da das Kind inhaltliche Abläufe nicht oder kaum nachvollziehen kann. Somit werden Textaufgaben nicht richtig verstanden.  Das Kind wirkt ängstlich, angespannt, unsicher, aufgeregt, gestresst und kann sich nicht altersgemäß ausdrücken.  Verlangsamte Reaktionen, sowie eine geringfügige Verarbeitung von Informationen sind gegeben. Serialität  Das Kind liest stockend und langsam. Zudem stellen sich Schwierigkeiten beim Zusammenziehen der Buchtstaben ein und/oder die Buchstaben werden ausgelassen, hinzugefügt oder umgedreht. Des Weiteren werden Buchstaben verdoppelt und ganze Wortfolgen werden umgestellt.  Das Schriftbild wirkt unharmonisch und unleserlich. Die Zeilen werden nicht eingehalten, die Abstände zwischen den Buchstaben sind verschieden gewählt und die Wörter wirken unrhythmisch.  Buchstaben werden unterschiedlich groß geschrieben und Großbuchstaben befinden sich mitten im Wort.


- 38  In Aufsätzen oder beim Nacherzählen wird die richtige Reihenfolge nicht eingehalten und Dinge die nicht von Wichtigkeit sind werden ausgeschmückt und die eigentliche Handlung geht verloren.  Auch die richtige Reihenfolge von Zahlen, dem Ein-mal-Eins und von Textaufgaben kann nicht wiedergegeben werden.  Das Kind ist chaotisch, weist eine motorische Unruhe auf, hat wenig bis keinen Sinn für Ordnung und lässt sich leicht ablenken.  Die Nachahmung, das Beenden einer Tätigkeit, Die Erfassung und Struktur eines Handlungsablaufs, die Fähigkeit im Voraus zu planen und das Regelverständnis bereiten Schwierigkeiten.1

1

Vgl.: Modul 1, 2006


- 39 4

Darstellungen und Ăœbersichten

Um die theoretischen Grundlagen besser verinnerlichen zu kĂśnnen sind auf den folgenden Seiten Darstellungen zu finden, in denen die Theorie noch einmal visuell wiedergegeben wird. 4.1

Arten und Formen der LRS

1

1

Modul 1, 2006


- 40 4.2

soziale Ursachen im Zusammenhang mit Milieuzugehรถrigkeit

1

1

Internetquelle 8


- 41 4.3

Darstellung differenzierte Wahrnehmung in Zusammenhang mit Legasthenie

1

1

Internetquelle 8


- 42 5

Umfragen zur Legasthenie

Dieses Diagramm erschien am 21.03.2011 in der Printausgabe von „die Presse“, Österreich.

1

Bei den nächsten zwei Umfragen zeigt sich, dass eine LRS oder Legasthenie immer noch mit Vorurteilen behaftet ist. Diese Umfragen wurden in Deutschland durchgeführt.

2

1

Internetquelle 7

2

Internetquelle 9


- 43 -

1

1

Internetquelle 9


- 44 Anhang B – Fördermöglichkeiten Ideen, Spiele, Übungen 1

Das Entdecken von Stärken

Seite 45

2

Die Freude an Worten

Seite 46

3

Aufbau und Stärkung des Selbstbewusstseins

Seite 50

4

Kopiervorlagen

Seite 52


- 45 1

Das Entdecken von Stärken

Viele Kinder sind oft nicht in der Lage ihre positiven Eigenschaften zu benennen und es fällt ihnen häufig schwer zu sagen, was sie besonders gut können. Dies ist aber eine wichtige Voraussetzung um das Selbstvertrauen und die ICH-Stärke auf- und auszubauen. Ideen:

Kompetenzenbild Vorbereitung:

Blätter kopieren

Material:

Kopiervorlagen

Um den Kindern ihre Stärken und Kompetenzen bewusst zu machen empfiehlt sich eine Methode aus der visuellen Dokumentation. Jedes Kind bekommt dazu ein Blatt was es sich vorher selbst ausgesucht hat. Dort soll es nun hinein geschrieben werden, welche Eigenschaften, Interessen und Kompetenzen es hat. Das Blatt kann von dem Kind selbst ausgefüllt werden oder das Kind diktiert seine Wörter dem Erzieher oder einem anderen Kind wenn es noch nicht fähig ist dieses Blatt alleine zu beschriften. Eine andere Möglichkeit wäre, dass sich die Heranwachsenden gegenseitig positiv beurteilen und das Bild für ein anderes Kind beschreiben. Die fertigen Exemplare können im Gruppenraum aufgehangen werden. Eine weitere Idee ist die Bilder im Flur zu befestigen und sich somit als Gruppe vorzustellen. Dazu kann es mit dem Foto des jeweiligen Kindes ergänzt werden. Beispiel:

Einige Kopiervorlagen befinden sich auf den Seiten 52-56.


- 46 Pinnwand gestalten Vorbereitung:

Gruppen zusammenstellen

Bei dieser Idee ist es das Ziel, dass die Heranwachsenden neue Stärken an sich entdecken, ihre individuellen Kompetenzen einbringen und das sich die Kinder so einigen, dass die jeweiligen Fähigkeiten erfolgsbringend eingesetzt werden können. Der Flur/die Pinnwand/die Monatstafel sollen dafür so eingesetzt werden, dass immer eine Gruppe von Kindern (nicht mehr als vier Kinder) diesen Bereich gestaltet je nachdem wie das in dem jeweiligen Hort gehandhabt wird. Dabei sollen die Ideen von den Heranwachsenden selbst kommen und die Planung und Durchführung der Gestaltung sollte nur von wenigen Impulsen des Erziehers begleitet werden. Ist der Monat vorbei ist eine andere Gruppe an der Reihe. Beispiele:  Ferienangebot  Gestaltung nach den Jahreszeiten  Vorstellung der Hortgruppe  Rückblick auf den letzten Monat  Vorausschau auf die kommenden Wochen  Begrüßung der Schulanfänger  Verabschiedung der vierten Klasse

2

Die Freude an Worten

Wie bereits im Hauptteil erwähnt stellt sich bei einigen Legasthenikern und Kindern mit erworbener LRS nach einer gewissen Zeit Unmut und Frust ein wenn sie an das Lesen und das Schreiben denken. Sie wehren sich häufig dagegen und lassen oft nichts unversucht um das leidige Thema zu umgehen. Meist sehen sie nicht den Spaß und den Unterhaltungswert in Zusammenhang mit Buchstaben, Worten und Symbolen. Das Lernen wird somit immer schwerfälliger. Spielvorschläge:

Memory Auf den Seiten 57-60 befinden sich Kopiervorlagen für ein Memoryspiel, welches sich mit dem Merkwortschatz der ersten bis zweiten Klasse befasst. Die Silbenbögen erleichtern das Erlesen der Wörter. Ziel ist es, immer ein Paar zu finden. Diese bestehen aus dem Wort und dem dazugehörigen Bild. Die Kinder können in Gemeinschaftsarbeit die Karten selbst ausschneiden, ausmalen und laminieren. So ist es ihr eigens gestaltetes Spiel.


- 47 Wortsalat Dieses Spiel ist für Kinder ab der dritten Klasse geeignet und bezieht sich auf Zusammengesetzte Wörter. Auf den Seiten 60-64 sind Kopiervorlagen zu finden. Die einzelnen Wörter müssen ausgeschnitten werden. Ein Laminieren der zugeschnittenen Wörter wäre von Vorteil. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten die nun entstandenen Kärtchen zu verwenden. Beispiele:  Alle Karten werden auf dem Tisch verteilt und nun sollen die Heranwachsenden so viel wie möglich Wörter zusammengesetzte Wörter finden. Die gefundenen Wörter legt jedes Kind vor sich ab.  Alle Karten werden auf dem Tisch verteilt und nun sollen nur die Wörter herausgesucht werden, welche zu einem bestimmten Thema gehören (Wetter, Beruf, Tiere,…). Wieder werden die gefunden Wörter genommen und vor auf dem eigenen Platz abgelegt.  ‚Alle Karten werden auf dem Tisch verteilt. Die Kinder sollen nur die Wörter mit einem bestimmten Merkmal heraussuchen und eventuell mit einem anderen zusammensetzen (Doppelkonsonant, mit … Silben, mit ie).  Wer kann die besten Quatschwörter legen?  Jedes Kind wählt sich eine bestimmte Anzahl von Karten und nutzt diese um eine Geschichte zu erzählen. Alle Spielarten können erschwert gespielt werden indem man ein Zeitlimit setzt oder um Punkte spielt (einzelnes Wort = 1 Punkt, zusammengesetzt mit zwei Wörtern = 2 Punkte, zusammengesetzt mit drei Wörtern = 3 Punkte, zusammengesetzt mit einem Verb = extra Punkt,…). Eine weitere Möglichkeit ist, die Kinder, entweder einzeln gegeneinander spielen zu lassen oder aber Teams zu bilden (Mädchen gegen Jungs, paarweise jüngeres und älteres Kind,…). Sicherlich sind den Umsetzungsideen kaum Grenzen gesetzt. Die Heranwachsenden können auch eine ganz eigene Art des Spielens mit diesen Karten erfinden.

Pappdeckelbuchstaben Vorbereitung:

Pappdeckel mit Buchstaben bekleben (10xA, 10xB,…)

Material:

eventuell Merkwortliste, Pappdeckel, Spielfeldmarkierung (Seile oder ähnliches)


- 48 Dieses Spiel benötigt viel Platz und einen zweiten Erzieher oder Schiedsrichter. Die angefertigten Pappdeckel werden wahllos auf dem Boden verteilt mit den Buchstaben nach oben gerichtet. Nun gibt es auch hier unzählige Umsetzungsmöglichkeiten. Beispiele:  Die Gruppe wird in zwei Gruppen geteilt. Der Boden ist das riesige Meer. Ziel ist es das Meer zu überqueren ohne mit den Füßen im Wasser zu landen. Die Steine (Pappdeckel) sollen helfen darüber zu kommen. Aber einige Steine sind rutschig und nur auf den Steinen mit einem bestimmten Merkmal hat man sicheren Halt (Konsonanten, Vokale, Buchstaben eines bestimmten Wortes,…). Die Gruppe die zuerst über das Meer gekommen ist hat gewonnen.  Die Gruppe wird in Teams aufgeteilt oder die Kinder treten alle gegeneinander an. Alle sehen sich das Spielfeld an und sagen dann dem Erzieher auf welchen Weg sie das Meer überqueren wollen. Dabei muss ein vollständiger Satz entstehen. Haben alle ihren Satz an den Erzieher weitergegeben kommt das Startsignal. Dies ist auch als Staffelspiel möglich in Kombination mit einem Themenbereich.  Die Kinder springen auf den Steinen das Alphabet ab (rückwärts, vorwärts, beginnend ab einen bestimmten Buchstaben).  Die Heranwachsenden laufen durch den Raum und müssen dabei immer einen Deckel mit dem Fuß berühren (egal welche Buchstaben). Gibt der Erzieher ein Signal (optischTuch schwenken, Farbkarte hochhalten; akustisch- klatschen, pfeifen, bestimmtes Wort rufen) bleiben alle Kinder still stehen. Der Buchstabe den sie mit dem Fuß berühren sollen sie nun nennen. Der Erzieher sagt nun jedem Kind eine Zahl und eine Wortart und die Lage des Buchstabens (5 Adjektive Wortanfang, 3 Verben Wortmitte,…). Jetzt sollen alle ihre Aufgabe lösen indem sie den Buchstaben nutzen um die Wörter zu bilden.  Die gleiche Art und Weise wie das vorhergehende Spiel wird genutzt aber nun wird aus einem Themenbereich gewählt (Hobbys, Tiere, Berufe, Merkworte der ersten Klasse,…). Dies kann man auch gut mit den Kompetenzen des jeweiligen Kindes kombinieren oder damit sich die Kinder vorstellen.

Buchstabenbingo Vorbereitung:

eventuell Pappdeckel bereit legen,

Material:

eventuell Steine, Spielfiguren oder ähnliches, Pappdeckel

Dieses Spiel funktioniert wie ein normales Bingospiel. Entweder gestalten sich die Heranwachsenden selbst eine Bingofeld (5x5 Felder) oder sie Nutzen die Pappdeckel.


- 49 Beispiele:  Der Erzieher nennt nacheinander die Laute der Buchstaben. Welches Kind zuerst vier Buchstaben waagerecht, senkrecht oder diagonal abstreichen konnte gewinnt.1  Die Kinder legen die Pappdeckel als Feld aus und haben somit ein Riesenbingo. Hier werden die Pappdeckel nicht mit dem Stift abgestrichen sondern die genannten Buchstaben werden mit einer Spielfigur oder einem Stein markiert.  Die Gruppe legt ein großes Bingofeld. Der Erzieher ruft Laute und die Kinder selbst sind die Spielfiguren. Dazu muss die Gruppe sich einigen wer als nächstes seine Position einnimmt. Es können auch zwei Teams gebildet werden.

Rucki-Zucki (ähnlich Halli Galli) Vorbereitung:

Kopiervorlage vervielfältigen (eventuell zwei Mal Kleinbuchstaben und zwei Mal Großbuchstaben), Buchstaben ausschneiden und laminieren

Dieses Spiel wird zu zweit gespielt. Das Ziel ist am Ende die meisten Karten zu besitzen. Die Karten werden an die zwei Spieler verteilt. Ein Kind bekommt den Stapel mit den Großbuchstaben und zwei Joker (!) und das andere Kind bekommt die Kleinbuchstaben mit zwei Jokern. Nun werden die Karten gut gemischt. Die Kinder legen ihre jeweiligen Stapel mit der Vorderseite nach unten vor sich hin. Gleichzeitig spielen sie eine Karte aus. Stimmen die Buchstaben überein oder wird zum Buchstaben ein Joker gelegt muss Rucki-Zucki gerufen werden. Der Schnellere bekommt die gesamten Karten. Wenn gerufen wird obwohl die Karten nicht übereinstimmen muss eine Strafkarte an den anderen Spieler abgegeben werden. Die Kopiervorlagen hierzu befinden sich auf den Seiten 65-67.

Geheimschrift Für jeden Buchstaben werden Symbole gefunden. Der Erzieher schreibt den Heranwachsenden mit diesen Symbolen einen Brief. Die Aufgabe der Gruppe ist es nun mit Hilfe der Geheimschrifttabelle diesen Brief zu entschlüsseln.2 Ein Codierungsbeispiel ist auf Seite 68 zu finden. Beispiele:  Angaben zu einem Ausflug  Planung der kommenden Woche  Rätsel 1

Vgl.: Mayer, Seite 90

2

Vgl.: Mayer, Seite 127


- 50 Aufträge ausführen (für Kinder ab der zweiten Klasse) Vorbereitung:

Karten ausschneiden und laminieren

Material:

Auftragskarten

Bei diesem Spiel müssen die auszuführenden Aufträge erlesen werden. Der Erzieher zeigt eine Karte hoch und die Kinder müssen, ohne das Wort laut zu rufen, die Anweisung umsetzen. Um den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen geht derjenige aus dem Spiel, der diesen Auftrag zuletzt ausgeführt hat1. Karten hierzu befinden sich auf Seite 69-75.

3

Aufbau und Stärkung des Selbstbewusstseins

Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen sind wichtige Eigenschaften, die jedes Kind besitzen sollte. Leider sinken bei Kindern mit einer Legasthenie und bei Kindern mit einer erworbenen Lese-Rechtschreib-Schwäche diese meist stetig. Als Erzieher sollte man daher immer darauf bedacht sein die Kinder in ihrem Selbstbewusstsein und in ihrem Selbstwertgefühl zu bestärken, denn dann sind sie auch in der Lage sich zu motivieren und ihre Fehlschläge adäquat zu verarbeiten. Spielvorschläge:

Das ABC der Stärke Vorbereitung:

Blätter mit dem Alphabet untereinander

Material:

eventuell Plakat/ Tafel

Jedes Kind bekommt ein Blatt mit dem Alphabet. Die Aufgabe ist nun zu jedem Buchstaben ein Wort zu finden, welches das Kind in Zusammenhang mit Selbstbewusstsein, Stärken und Vertrauen bringt. Danach können die Ergebnisse verbal im Gesprächskreis, an der Tafel oder auf Beispiel:

A=abenteuerlich, B=beliebt, C= Chaos, D= danken, E= ehrlich,…2

Wortketten Vorbereitung:

keine

Material:

eventuell Plakat, Karteikarten

1

Vgl.: Mayer, Seite 116

2

Vgl.: Portmann, Seite 10-11


- 51 Wortketten bedeutet, dass ein Wort aufgeschrieben oder gesagt wird und das nächste Kind schreibt oder sagt ein neues Wort. Dieses Wort muss aber mit dem Buchstaben beginnen mit dem das vorhergehende Wort aufgehört hat. Um das Selbstbewusstsein zu stärken sollen so Wörter genutzt werden die mit dem Thema Selbstwerterleben, Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen, Erfolg usw. zu tun haben. Es kann auch so gespielt werden, dass man ein anderes Kind beschreibt. Dieses Spiel lässt sich in alle Themenbereiche übertragen. Zum Festhalten der Ergebnisse und um Gesprächsimpulse zu schaffen, können die Wortketten als Schlange im Hortzimmer angebracht werden oder als Plakat gestaltet werden. Beispiel:

Leistung-gut-talentiert-treffsicher-Rücksicht1

Sorgen/Schwächen loslassen Vorbereitung:

keine

Material:

je nachdem - Zettel/Steine/Luftballons

Grundidee ist, dass die Kinder ihre Sorgen, ihre Ängste, ihre Wut, ihre Schwächen usw. loslassen können. Diese schreiben sie mit wenigen Worten auf. Das kann auf einem Blatt Papier geschehen, das dann in der Faust so fest gedrückt wird, bis es ganz klein ist und dann in den Mülleimer geworfen werden kann. In der Natur finden sich noch ganz andere Möglichkeiten. Die Kinder bauen ein kleines Boot aus Rinde befestigen ihre Zettel darauf und lassen das Boot dann auf einem Bach oder Fluss davonschwimmen. Es können auch Zettel an Luftballons gebunden werden und so fliegen die Sorgen, die Schwächen usw. mit dem Luftballon weg. An einem Lagerfeuer können die Zettel und damit die Wut oder die Ängste ins Feuer geworfen werden und mit verbrennen. Ein beschriebener oder bemalter Stein kann weit weg geworfen werden oder in einem Bach oder See versenkt werden. Danach kann in einer gemütlichen vertrauensvollen Atmosphäre darüber reflektiert werden, wie sich jeder gefühlt hat.2

1

Vgl.: Portmann, Seite 13

2

Vgl.: Portmann, Seite 53


- 52 4

Kopiervorlagen

Kompetenzenbild


- 53 -


- 54 -


- 55 -


- 56 -


- 57 Memory


- 58 -


- 59 -


- 60 -

Wortsalat ďƒ siehe ab nächste Seite


- 61 -


- 62 -


- 63 -


- 64 -


- 65 Rucki-Zucki

a b

c

d

e

f

g h

i

j

k

l

m n o p q

r

s

t


- 66 -

u v w x y

z A B

C D E

F

G H

J

K

I

L M N


- 67 -

O P Q R S

T U V

W X Y !

Z

! Ü Ö

ä ü ö Ä


- 68 Geheimschrift

A

N

B

O

/

C

P

D

+

Q

E

R

F



S

G

T

H

U

I

V

J

W

K

X

L

Y

M

Z


- 69 Auftr채ge

h체pfen drehen legen stehen


- 70 -

hocken strecken sch端tteln winken


- 71 -

klatschen pfeifen summen schnipsen


- 72 -

lachen Grimassen nicken Huhn


- 73 -

Kniebeuge Br端cke stampfen Elefant


- 74 -

Vogel Fisch Katze Kuh


- 75 -

Auto


- 76 Anhang C – Team/Erzieher 1

Grobplanung Teamsitzung

Seite 77

2

Beobachtungsbogen Hort

Seite 80

3

Veranschaulichung – Schreibversuche

Seite 90

4

Selbsterfahrungstests

Seite 93

5

Mögliche Sichtweisen bei differenzierter optischer Wahrnehmung

Seite 96

6

Flyer für den Erzieher

Seite 99

7

Verwaltungsvorschrift des sächsischen Staatsministeriums

Seite 102

8

Erlaubnis für die Nutzung von Materialien von dem ersten

Seite 107

österreichischen Dachverband für Legasthenie 9

Quellenverzeichnis Anhang A-C

Seite 108


- 77 1

Grobplanung einer Teamsitzung

Eine Teamsitzung zum Thema „Legasthenie und erworbene LRS“ bringt für alle Beteiligten und die Kinder nur Vorteile. In dieser Besprechung sollte eine Aufklärung stattfinden. Des Weiteren ist es sinnvoll, gemeinsam zusammenzutragen, wie die legasthenen Kinder oder die Kinder mit einer erworbenen LRS unterstützt und gefördert werden können. Überlegungen in welcher Art und Weise die Zusammenarbeit zwischen Schule, Hort und Eltern verbessert werden könnte, sollte ein weiterer Punkt in der Tagesordnung sein. Ziele:  Sensibilisierung der Erzieherinnen und Erzieher zum Thema Legasthenie und erworbene LRS  Aneignung von Umsetzungsideen zur Förderung legasthener Kinder und von Kindern mit erworbener LRS  Ausbau einer einheitlichen Vorgehensweise des gesamten Teams in Hinblick auf Handlungsstrategien gegenüber Legasthenikern und Heranwachsenden mit LRS vor der Teamsitzung:  falls eine externe Fachkraft in der Teamsitzung sprechen soll: genaue Absprache mit dem Referenten, Terminfestlegung  genauen Ablauf der Teamsitzung planen  eventuell Überarbeitung des Themas und nochmaliges Einlesen  persönliche Einladung oder ein Aushang als Einladung (je nachdem, wie es in den jeweiligen Einrichtungen gehandhabt wird) einen Monat vorher übergeben bzw. aufhängen  Inhalt Einladung:

Ort, Datum, Uhrzeit (nach der Betreuungszeit) Themen eventuell mitzubringende Utensilien (Block und Stift,…)

am Tag der Teamsitzung:  Raum gut lüften  bequeme Sitzmöglichkeit bereitstellen (keine Kinderstühle)  angemessenes Licht  Störquellen beseitigen (Telefon, …)


- 78  Tische und Stühle stellen: Kleingruppen Halbkreisstuhlordnung

Tischgruppen

 eventuell Hilfsmittel bereitstellen (Flipchart, Stifte,…)  Tagesordnung an Flipchart oder Tafel gut lesbar anschreiben Ablauf: Wenn alle Kollegen da sind, kann die Besprechung beginnen. Um die Teamsitzung zu eröffnen, bietet es sich bei dem Thema Legasthenie und LRS an, ein kleines Brainstorming durchzuführen. Dies kann mit Hilfe von Metaplankärtchen, Flipchart oder Tafel erfolgen. Brainstorming:  Was sind Legasthenie und LRS? Mit dieser Methode lässt sich schon ein wenig der Wissensstand der Kollegen einschätzen und sie führt direkt auf das Thema dieser Besprechung hin. Im Anschluss folgen nun Informationen rund um das Thema:  Begriffsklärung 

Legasthenie=zurückzuführen auf biogenetische Anlagen, Definition, Wahrnehmung

erworbene LRS=ausgelöst aufgrund verschiedener Begebenheiten

 Symptome 

Schriftbild

Lesefähigkeit

Wahrnehmung

Motorik

Verhalten


- 79  Ursachen Legasthenie: 

biogenetische Faktoren, Chromosomen 6, 15, eventuell 1,2,3 und 18

neurobiologischUnteraktivierung von bestimmten Hirnregionen

erworbene LRS: 

psychosoziale/psychische Faktoren

Ereignisse im sozialen/familiären Umfeld (Scheidung, Umzug)

 begleitende Schwierigkeiten – Verhaltensauffälligkeiten 

sinkendes Selbstbewusstsein, Frustration, Vorurteile, psychosomatische Probleme, Abwehrmechanismen, Kompensationsmechanismen, sozialer Rückzug, Feindseligkeit, Schulunlust, Verhaltensauffälligkeiten/Störungen (Angst, Aggressionen, Frustrationstoleranz, Depressionen, Konzentrationsstörungen)

Diese Aufklärung kann auch durch einen Referenten erfolgen. Danach sollte Zeit zum Stellen von Fragen eingeräumt werden. Nun können grundlegende Hinweise in Hinblick auf die Förderung der Kinder (Hausaufgabensituation, erzieherisches Verhalten) gegeben werden und danach bietet es sich an, eine Ideensammlung zu erstellen. Dies kann wieder mit Hilfe von Metaplankärtchen, Flipchart oder Tafel erfolgen.  Ideen zur Hausaufgabengestaltung  Ideen zum Aufbau des Selbstbewusstseins der Kinder  Zusammenarbeit Schule-Hort-Eltern Diese Ideen und Überlegungen sollten unter Berücksichtigung der Umsetzbarkeit und der Vorund Nachteile besprochen werden. Die konkreten Ideen werden am Ende separat aufgeschrieben. Eventuell muss noch eine Aufgabenverteilung unter den Kollegen erfolgen (Besorgungen von Hilfsmaterial, …). Zum Schluss ist eine kurze Reflexion angebracht, um eine Rückmeldung zu erfahren und um die eigene Arbeit kritisch betrachten zu können.1

1

Vgl.: Internetquelle 1


- 80 2

Beobachtungsbogen Hort

Name der Einrichtung:

___________________________________________

Name des Beobachters:

___________________________________________

Name des Kindes:

___________________________________________

Alter des Kindes:

___________________________________________

Trifft vollkommen zu:

1

Trifft oft zu:

2

Trifft selten zu:

3

Trifft nie zu:

4


- 81 Datum:

Datum:

Datum:

Datum:

Datum:

_______ _______ _______ _______ _______ Aufmerksamkeit/Konzentration kann Aufmerksamkeit über längeren Zeitraum aufrecht erhalten bringt eine Arbeit/Aufgabe erst zu Ende bevor die nächste begonnen wird hört konzentriert zu lässt sich bei Aufgabenerledigung nicht ablenken lenkt andere Kinder bei Erledigung ihrer Aufgaben nicht ab Bemerkungen:


- 82 Datum:

Datum:

Datum:

Datum:

Datum:

_______ _______ _______ _______ _______ Hausaufgabensituation arbeitet zielstrebig und ergebnisorientiert erledigt Hausaufgaben selbstst채ndig ist bei der Erledigung sorgf채ltig und bestrebt sauber zu arbeiten bittet bei auftretenden Probleme um Hilfe nimmt die Hilfe von Erziehern oder von Gruppenmitgliedern an versteht die Arbeitsanweisungen teilt sich die Aufgaben ad채quat ein Bemerkungen:


- 83 Datum.

Datum:

Datum:

Datum:

Datum:

_______ _______ _______ _______ _______ Schriftbild hält die Zeilen beim Schreiben ein Schriftbild ist leserlich und sauber Seiten werden optimal genutzt Buchstaben und Zahlen werden richtig geschrieben Buchstaben und Zahlen haben die entsprechende Größe Groß-und Kleinschreibung wird beachtet das Schreiben erfolgt altersgemäß flüssig streicht sauber durch und unterstreicht ordnungsgemäß Bemerkungen:


- 84 Datum:

Datum:

Datum:

Datum:

Datum:

_______ _______ _______ _______ _______ Lesekompetenz Interesse an Büchern und Schriften besteht Sinn des Gelesenen kann wiedergegeben werden Zeile wird beim Lesen beibehalten Buchstaben-Lautzuordnung erfolgt fehlerfrei Das Lesen erfolgt altersgemäß flüssig Bemerkungen:


- 85 Datum:

Datum:

Datum:

Datum:

Datum:

_______ _______ _______ _______ _______ Sozialverhalten geht auf andere Kinder zu feste Freundschaften sind vorhanden geht auf andere Kinder ein (Wünsche, Fragen, Bitten,…) beteiligt sich am Gruppengeschehen handelt in Konfliktsituationen adäquat ist kompromissbereit erledigt kleine Dienste akzeptiert die Besonderheiten der Anderen wird von anderen Kindern abgewiesen weist bestimmte andere Kinder ab nimmt Rücksicht auf andere Kinder Bemerkungen:


- 86 Datum:

Datum:

Datum:

Datum:

Datum:

_______ _______ _______ _______ _______ emotionales Verhalten kann Gefühle zum Ausdruck bringen (Mimik, Gestik, verbal) ist in der Lage seine Gefühle zu kontrollieren wirkt fröhlich, entspannt und unbefangen kann sich in verschiedene Gefühlslagen hineinversetzen kann mit Misserfolg, Niederlage umgehen benötigt intensiven Körperkontakt ist auffällig oft weinerlich und zurückgezogen Bemerkungen:


- 87 Datum:

Datum:

Datum:

Datum:

Datum:

_______ _______ _______ _______ _______ Freizeitverhalten spielt selbstständig (Erzieher muss nicht immer dabei sein) nimmt an Angeboten der Erzieher teil spielt mit anderen Kindern ist häufig der Spielführer bringt neue Ideen in das Spiel ein sucht sich selbst eine Beschäftigung/ ein Spiel Spielregeln können eingehalten werden Bemerkungen:


- 88 Datum:

Datum:

Datum:

Datum:

Datum:

_______ _______ _______ _______ _______ Motorik Koordination von Auge-Hand ist gegeben Bewegungsabläufe verlaufen harmonisch und sind ausgewogen Kraftdosierung ist gegeben (Tube drücken, …) Feinmotorik erfolgt problemlos (z.B. Stifthaltung) Grobmotorik erfolgt problemlos (z.B. Körperspannung) Interesse an Bewegung besteht Bemerkungen:


- 89 Datum:

Datum:

Datum:

Datum:

Datum:

_______ _______ _______ _______ _______ Sprache Zusammenhängendes Erzählen erfolgt Äußerungen erfolgen spontan und unbefangen Flüssiges Sprechen ist gegeben Kind spricht verständlich (kein Stottern, Poltern,…) Bemerkungen:

1

1

Vgl.: Internetquelle 2, Internetquelle 3


- 90 3

Veranschaulichung – Schreibversuche


- 91 -

Das Schriftst端ck eines Kindes der 4. Klasse Volksschule.1

1

Internetquelle 4


- 92 -

1

1

Naegele, Seite200


- 93 4

Selbsterfahrungstests


- 94 -


- 95 „Set 1 Hier sollen sie in den Stand des Leseanfängers zurückgeführt werden, der die Buchstaben nicht kennt. Sie haben es jedoch viel leichter, denn Sie kennen die Strukturprinzipien der Buchstabenschrift (links-rechts-Folge, Entsprechung Zeichen/Buchstaben usw.) nach denen dieser Text gesetzt wurde. Set 5 Geschriebene Texte enthalten viele überflüssige Informationen (d.h., sie sind redundant). Auch ohne Vokale sind Texte lesbar. Es ist jedoch viel schwieriger, einen Text ohne Konsonanten zu lesen. Set 6 Wenn Sie länger als 70 Sekunden für die Lösung gebraucht haben, haben sie ein erhebliches Problem mit dem Leseverständnis.“1

1

Naegele, Seite 154-157


- 96 5

Mรถgliche Sichtweisen bei differenzierter optischer Wahrnehmung


- 97 -

1

1

Kopp-Duller, 2003, Seite 48.51


- 98 -


-2-

Das erzieherische Verhalten

weiterführende Literatur:  Dr. Astrid Kopp-Duller „Der legas-

 detaillierte Beobachtung und Do-

thene Mensch“, KLL Verlag

kumentation  Elterngespräche

 Dr. Astrid Kopp-Duller „Legasthe-

 Kontaktaufnahme Schule

nie und LRS“, Herder spektrum

 Sensibilisierung der Hortgruppe

Verlag

 einheitliches Vorgehen im Team  vertrauensvolle Bezugsperson

 Elisabeth Benz „Praxisbuch Le-

 Gespräche anbieten

gasthenie – Lese-

 Geborgenheit, Sicherheit und Ver-

Rechtschreibschwäche, Schubi

ständnis

Verlag

 Selbstbewusstsein aufbauen

Informationen im Internet:

 Erfolgserlebnisse vermitteln  Sinneswahrnehmung schulen

 www.lrs-portal.net

 Ausgleich schaffen  www.legasthenie.at

Hausaufgabensituation  www.legasthenie.com

 25-30 Minuten Arbeitszeit  Hausaufgaben in Abschnitte teilen

 www.legasthenie-ratgeber.de

 Hilfsmittel einsetzen

 www.lrs-online.de

 gezieltes Nachfragen um sicher zu Bild:1

stellen, dass das Gelesene verstanden wurde  Silben lesen

1

Internetquelle 5


-3-

Begriffsklärung

mögliche Symptome:

mögliche Folgen:

erworbene LRS

 schlecht leserliches Schriftbild

 Resignation

= eine allgemeine Lernstörung

 Zeileneinhaltung gelingt nicht

 Frustration

 ähnliche Buchstaben und Laute

 sinkendes Selbstwertgefühl

Eine erworbene LRS wird meist durch Ereignisse ausgelöst.  ungeeignete Lernbedingungen

werden vertauscht  Verwechslung von harten und weichen Konsonanten

 Lehrer oder Schulwechsel

 stockendes Lesen

 Geschehnisse im sozialen Umfeld

 fehlendes Regelverständnis

oder in der Familie (Todesfall, Scheidung, Umzug,…)

Symptome nur für Legastheniker:

 psychosomatische Probleme (Erbrechen, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen,…)  Abwehrmechanismen (keine Beteiligung am Unterricht,…)  Kompensationsmechanismen (auffälliges Verhalten,…)

 Sinnverständnis ist beeinträchtigt

 Aggressivität/Feindseligkeit

Legasthenie

 wirkt unaufmerksam

 sozialer Rückzug

= auf biogenetische und neurobiologi-

 Probleme beim Erlernen der Uhr-

 Verhaltensauffälligkeiten/

sche Ursachen zurückzuführen  Lern- und Informationsprozesse beeinträchtigt/ erblich bedingt  differenzierte Wahrnehmung Soziale Ursachen als Verstärker:  ökonomische Bedingungen  soziales Umfeld  Sprachentwicklung

zeit, Lage im Raum, Reihenfolgen

Störungen (Aufmerksamkeitsstö-

 Unordnung in den Schulsachen

rung, Angststörungen, Depressio-

 Desorientierung in ungewohnter

nen,…)

Umgebung  begabt in konstruktiven Tätigkeiten  Feinmotorik beeinträchtigt (Schleifen binden, Knöpfe schließen,…)  Zusammenspiel von Bewegung und Sprache ist problematisch

 Fernbleiben vom Unterricht  Schulverweigerung, -abbruch  Alkohol- und Drogenmissbrauch


- 102 7

Verwaltungsvorschrift des sächsischen Staatsministeriums

„Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Förderung von Schülern mit Lese-Rechtschreib-Schwäche (VwV LRS-Förderung) Az.: 34-6504.20/237 vom 29. Juni 2006 [Geändert durch VwV vom 23. Januar 2008 (MBl.SMK S. 284) mit Wirkung vom 6. Juni 2008] 1 Geltungsbereich Die Verwaltungsvorschrift gilt für alle öffentlichen allgemein bildenden und Berufsbildenden Schulen im Freistaat Sachsen. 2 Grundsätze Bei einer Reihe von Schülern in der Grundschule und in den weiterführenden Schulen ist der Schulerfolg durch besondere Schwierigkeiten im Lesen und in der Rechtschreibung stark beeinträchtigt. Die nachfolgenden Bestimmungen sollen dazu beitragen, diesen Beeinträchtigungen so weit wie möglich zu begegnen. Sie haben das Ziel, die vorhandenen Begabungen zu entwickeln, den Schülern eine ihrem individuellen Leistungsvermögen angemessene Schullaufbahn zu ermöglichen und die Lese-Rechtschreib-Schwäche im Laufe der Schulzeit durch entsprechende Hilfen zu mindern. 3 Begriffsbeschreibung Als Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) wird eine Teilleistungsschwäche verstanden, deren Hauptmerkmal eine ausgeprägte Beeinträchtigung der Entwicklung der Lese- und Rechtschreibfähigkeit ist, die nicht durch eine allgemeine intellektuelle Beeinträchtigung oder inadäquate schulische Betreuung erklärt werden kann. 4 Feststellung der LRS, Fördermaßnahmen und Bewertung der Schülerleistungen 4.1 Grundschule 4.1.1 Im Falle einer vermuteten LRS wird von der Schule geprüft, ob ein Feststellungsverfahren eingeleitet wird. Sofern von der Schule die Notwendigkeit der Durchführung eines Feststellungsverfahrens gesehen wird, stellt der Schulleiter mit Zustimmung der Eltern einen entsprechenden Antrag an die Sächsische Bildungsagentur. Dem Antrag sind folgende Unterlagen beizufügen: a) schriftliche Einverständniserklärung der Eltern zur Durchführung des Feststellungsverfahrens bei ihrem Kind, b) Übungen im freien Schreiben und Mathematikkontrollen mit Fehleranalysen, c) Rechtschreibkontrolle und Bilderliste, d) eine pädagogische Einschätzung der Schule zur Leistungsentwicklung des Schülers.


- 103 4.1.2 Die Feststellung der LRS für Schüler, bei denen dies vermutet wird, erfolgt durch ein von der Sächsischen Bildungsagentur berufenes Diagnostikteam. Diesem gehören jeweils an: a) zwei LRS-Lehrer, b) ein Schulpsychologe, c) ein Sprachheilpädagoge. Im Rahmen des Feststellungsverfahrens sind durch das Diagnostikteam folgende Bereiche zu diagnostizieren: a) intellektuelle Befähigung, b) Primärsymptomatik, Lesen, Rechtschreiben, mathematische Leistungen, sprachlicher Status, c) Sekundärsymptomatik, wie zum Beispiel Arbeitsweise, Motivation, Konzentration und Ausdauer, Sozialverhalten. In Auswertung des durchgeführten Verfahrens stellt das Diagnostikteam fest, ob beim Schüler eine LRS vorliegt. Darüber hinaus legt das Diagnostikteam für den Schüler einen begründeten Vorschlag zur weiteren Förderung vor. Den Eltern und dem den Antrag stellenden Schulleiter wird das Ergebnis des Feststellungsverfahrens schriftlich mitgeteilt. Das Diagnostikteam verweist, sofern dies als erforderlich angesehen wird, auf die Durchführung einer ärztlichen Untersuchung zur Erkennung von möglichen Besonderheiten der Sinneswahrnehmung, von psychischen oder neurologischen Erkrankungen. 4.1.3 Um Schüler mit festgestellter LRS im Unterricht ihrer Grundschule zu fördern, sind auf der Grundlage einer kontinuierlichen Analysetätigkeit Entwicklungspläne zu erstellen. Die Entwicklungspläne beinhalten konkrete Ziele der individuellen Förderung des Schülers für einen überschaubaren Zeitraum ausgehend von seinem aktuellen Entwicklungsstand. Darüber hinaus werden darin die vorgesehenen Maßnahmen zur Förderung, die beteiligten Personen und Zeitpunkte für Zwischenauswertungen aufgeführt. Gegebenenfalls notwendige außerschulische Fördermaßnahmen sind zu benennen. Der Entwicklungsplan ist Arbeitsinstrument aller Lehrer, die den Schüler unterrichten. Die Eltern sind über den Entwicklungsplan zu informieren. Es wird empfohlen, mit den Eltern über die beabsichtigte Förderung eine Bildungsvereinbarung zu schließen. 4.1.4 Die Eltern von Schülern mit festgestellter LRS können beantragen, die Benotung für Leistungen in Teilbereichen der Fächer Deutsch und/oder Fremdsprache gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 SOGS auszusetzen. Die Beantragung soll zu Beginn des Schuljahres erfolgen. Die Entscheidung über die Aussetzung der Benotung von Teilleistungen trifft die Klassenkonferenz. Die Nichtberücksichtigung von Lese- und/oder Rechtschreibleistungen in den Fächern Deutsch und/oder Fremdsprache wird auf dem Zeugnis oder der Halbjahresinformation vermerkt. Folgende Formulierung wird empfohlen: "Die Lese- und/oder Rechtschreibleistungen sind in der Note im Fach … nicht enthalten." 4.1.5 Ist trotz intensiver Förderung kein Lernzuwachs festzustellen, ist die gewählte Methode bzw. das Förderkonzept zu überprüfen. In Einzelfällen ist allerdings nicht auszuschließen, dass die Förderung durch die Schule an Grenzen stößt. In diesen Fällen sollen die Eltern auch über weitere Unterstützungs- und Therapiemöglichkeiten informiert werden. 4.1.6 Im Ausnahmefall ist auch eine Überprüfung gemäß § 30 SchulG in Verbindung mit § 13 SOFS auf sonderpädagogischen Förderbedarf notwendig.


- 104 4.1.7 Am Ende der Klassenstufe 4 unterbreitet die Grundschule schriftlich Vorschläge für die weitere Förderung ab der Klassenstufe 5. Dabei sind insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen: a) bisherige lehrplanbezogene Schwerpunktsetzungen b) Förderansätze und Differenzierungsformen c) geeignete Lehr- und Lernformen d) Grundsätze und Formen der Leistungsbewertung. Die Sächsische Bildungsagentur hält für die Grundschulen schriftliche Informationen über Angebote zur Förderung der Schüler mit LRS an den weiterführenden Schulen bereit. Diese werden den Eltern mit der Bildungsempfehlung der Grundschule für den Besuch einer weiterführenden Schule übergeben. 4.2 LRS-Klassen 4.2.1 Schüler, die nicht im Rahmen des Unterrichtes ihrer Grundschule im Lesen und im Rechtschreiben ausreichend gefördert werden können, werden mit Einverständnis der Eltern in den dafür eingerichteten LRS-Klassen unterrichtet. 4.2.2 Für Schüler, die nach der Klassenstufe 2 in eine LRS-Klasse wechseln, gilt die Stundentafel für die Grundschule LRS-Klasse. Die Dehnung der Beschulung erstreckt sich auf zwei Schuljahre und umfasst die Klassen 3/I und-3/II. Der Dehnungsbonus ist vor allem für die differenzierte Förderung der Schüler im Lesen und Rechtschreiben zu nutzen. Zur individuellen Förderung stehen bis zu drei Stunden zusätzlich zur Verfügung. 4.2.3 Die Schüler der Klassen 3/I erhalten zum Abschluss des ersten Schuljahres eine Mitteilung 3/I; die Schüler der Klassen 3/II erhalten zum Abschluss der Klassenstufe ein Zeugnis. Nummer 4.1.4 gilt entsprechend. Die Schüler der Klassen 3/I und 3/II erhalten zum Ende des Schulhalbjahres gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über Grundschulen im Freistaat Sachsen (Schulordnung Grundschulen – SOGS ) vom 3. August 2004 (SächsGVBl. S. 312), die zuletzt durch Verordnung vom 25. Juli 2006 (SächsGVBl. S. 453, 491) geändert worden ist, anstelle der Halbjahresinformation einen formlosen ausführlichen pädagogischen Entwicklungsbericht, in dem Aussagen zum erreichten Leistungsstand und zum Arbeits- und Sozialverhalten enthalten sind. Darüber hinaus sollen der individuelle Lernfortschritt und die Perspektiven für die Weiterentwicklung aufgezeigt werden. 4.2.4 Im 2. Schulhalbjahr absolvieren die Schüler der Klasse 3/II eine mindestens 14-tägige Adaptionsbeschulung in der zukünftigen Grundschulklasse. 4.2.5 Die aufnehmende Schule erhält ein Abschlussgutachten, welches Aussagen über die Entwicklung des Schülers im Lern- und Leistungsbereich enthält und Hinweise für die weitere Förderung des Schülers gibt. Im Rahmen der vorhandenen sächlichen und personellen Kapazitäten und im Einvernehmen zwischen der Sächsischen Bildungsagentur und dem Schulträger sowie dem Träger der Schülerbeförderung können die Schüler bis zum Ende der Grundschulzeit an der die LRS-Klasse führenden Schule verbleiben. 4.2.6 Soweit keine LRS-Klasse gebildet wird, sollen die Schüler an der Schule in anderer Weise, zum Beispiel durch Förderunterricht, angemessen gefördert werden.


- 105 4.3 Mittelschule 4.3.1 In Einzelfällen wird eine LRS erst nach dem Übergang in die weiterführende Schule deutlich erkennbar. Es sind daher, insbesondere im 1. Schulhalbjahr der Klassenstufe 5, Anhaltspunkte für das Vorliegen einer LRS besonders zu beachten. In diesen Einzelfällen stellt der Schulleiter mit dem Einverständnis der Eltern einen Antrag auf Feststellung einer LRS an die Sächsische Bildungsagentur. Für das Feststellungsverfahren finden Nummer 4.1.1 und 4.1.2 entsprechende Anwendung. Darüber hinaus gelten die Nummern 4.1.3, 4.1.5 und 4.1.6 entsprechend. 4.3.2 Schüler mit festgestellter LRS erhalten eine angemessene individuelle Förderung. Eine Förderung erfolgt vor allem im Rahmen des regulären Unterrichts. Bei Bedarf können gemäß § 18 Abs. 5 SOMIAP im Rahmen der sächlichen und personellen Voraussetzungen zusätzliche Fördermaßnahmen angeboten werden. Diese Fördermaßnahmen können auch parallel zum Regelunterricht der Klasse angeboten werden. Sie sollen sich vor allem auf die Fächer Deutsch und/oder Fremdsprache beziehen. 4.3.3 Bei schriftlichen Arbeiten oder Übungen kann der Fachlehrer gemäß § 20 Abs. 1 Satz 3 SOMIAP eine angemessene Arbeitszeitverlängerung gewähren und/ oder zusätzliche Hilfsmittel zulassen. Bei Abschlussprüfungen und Leistungsnachweisen der besonderen Leistungsfeststellung entscheidet der Prüfungsausschuss gemäß § 31 Abs. 5 SOMIAP, welche Maßnahmen und welche Hilfsmittel zur Anwendung kommen. 4.3.4 Bei Schülern mit festgestellter LRS, bei denen die Rechtschreibleistungen über einen nicht absehbaren Zeitraum „mangelhaft“ oder "ungenügend" bleiben, kann aus besonderen pädagogischen Gründen zeitlich befristet eine Aussetzung der Benotung der Rechtschreibleistungen in den Fächern Deutsch und/oder Fremdsprache gemäß § 20 Abs. 1 Satz 3 SOMIAP gewährt werden. In diesen Fällen werden die Rechtschreibleistungen in der Fachnote nicht berücksichtigt. Die Entscheidung über die Aussetzung der Benotung der Rechtschreibleistungen trifft die Klassenkonferenz. Die Aussetzung der Benotung der Rechtschreibleistungen ist jedoch nur mit dem Einverständnis der Eltern zu gewähren und setzt voraus, dass für den Zeitraum des Notenschutzes spezielle Fördermaßnahmen stattfinden. Die Fördermaßnahmen und der individuelle Lernfortschritt des Schülers sind zu dokumentieren und die Eltern in regelmäßigen Abständen zu informieren. Bei schriftlichen Arbeiten in Fächern, in denen die Aussetzung der Benotung der Rechtschreibleistungen gewährt wurde, werden die Rechtschreibleistungen verbal beurteilt. Die Nichtberücksichtigung der Rechtschreibleistungen in der Fachnote in den Fächern Deutsch und/oder Fremdsprache wird auf dem Jahreszeugnis oder der Halbjahresinformation vermerkt. Folgende Formulierung wird empfohlen: "Die Rechtschreibleistungen sind in der Note im Fach … nicht enthalten." 4.3.5 Die in den Nummern 4.3.2 bis 4.3.4 genannten Fördermaßnahmen kommen in Betracht für Schüler der Klassenstufen 5 und 6. In begründeten Fällen können Fördermaßnahmen auch in den nachfolgenden Klassenstufen angeboten werden. 4.4 Gymnasium Die Regelungen von Nummer 4.3 finden für Schüler des Gymnasiums sinngemäße Anwendung. Die Regelungen über die gymnasiale Oberstufe und die Abiturprüfung im Freistaat Sachsen bleiben hiervon unberührt. 4.5 Berufsbildende Schulen Auf Schüler mit festgestellter LRS muss auch an den Berufsbildenden Schulen besonders geachtet werden. Eine Förderung erfolgt im regulären Unterricht durch geeignete pädagogische, fachliche und fachdidaktische Hilfen und Unterstützungsmaßnahmen. Bei Bedarf informiert die Schule über weitere Unterstützungs- und Therapiemöglichkeiten. Schüler an Berufsbildenden


- 106 Schulen unterliegen den für die jeweilige Schulart geltenden Grundsätzen der Leistungsbewertung. Die Prüfungsbestimmungen der jeweiligen Schulart bleiben von dieser Verwaltungsvorschrift unberührt. 4.6 Förderschulen Die Verwaltungsvorschrift gilt für Förderschulen, soweit die Schulordnung Förderschulen keine anders lautenden Regelungen enthält. LRS-Klassen werden an Förderschulen in der Regel nicht eingerichtet. 5 Allgemeine Bestimmungen 5.1 Die Eltern sollen in Elternversammlungen und Elternsprechstunden über Probleme von Schülern mit LRS informiert werden. Dabei sind insbesondere Hinweise für häusliche Hilfen zu geben. 5.2 An jeder Schule ist dafür Sorge zu tragen, dass mindestens ein Lehrer in Fragen der LRS fortgebildet wird. Bei Bedarf kann dieser Lehrer bei Beratungsgesprächen mit Eltern und zu Klassen- bzw. Fachkonferenzen hinzugezogen werden. 5.3 Die Sächsische Bildungsagentur bestimmt im Einvernehmen mit den Schulträgern die Schulen, an denen differenziertere Maßnahmen zur Förderung von Schülern mit festgestellter LRS angeboten werden. Die in diesen Maßnahmen eingesetzten Lehrer erhalten eine vertiefte Fortbildung. 6 In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. August 2006 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Förderung von Schülern mit LeseRechtschreib-Schwäche (VwV LRS-Förderung) vom 19. Juli 2001 (MBl.SMK S. 189) außer Kraft. Dresden, 29. Juni 2006 Hansjörg König Staatssekretär“1

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Internetquelle 6


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Erlaubnis für die Nutzung von Materialien von dem ersten österreichischen Dachverband für Legasthenie

Diese Erlaubnis wurde mir per E-Mail zugesendet.

„Sehr geehrte Frau Friedemann, gerne verwenden Sie für Ihre Facharbeit unsere Veröffentlichungen. Es ist noch so viel Erklärung und Aufklärung notwendig. Unsere Gesellschaft ist noch immer nicht ausreichend über die Thematik informiert. Wie wichtig und notwendig die Feststellung und Intervention auf pädagogisch-didaktischer Ebene und damit die Rolle des Pädagogen ist, kann man nicht oft genug den Menschen vor Augen führen. Meistens wird auch heute noch die Sache zuerst als Schwäche, Störung, Krankheit oder gar Behinderung gesehen, obwohl die meisten Betroffenen lediglich eine besondere Informationsverarbeitung und damit verbunden eine besondere Lernfähigkeit aufweisen. Leider kommt von den Gesundheitsberufen aber wenig Hilfe, die Relevanz der pädagogisch-didaktischen Ebene als besondere Notwendigkeit herauszustellen. Unser Verband vergibt auch Stipendien für wissenschaftliche Arbeiten zum Thema. Wenn Sie die Arbeit fertiggestellt haben, dann könnten Sie mir diese senden, damit ich sie dem Vorstand vorstellen kann. Wenn immer Sie Fragen haben, schreiben Sie mir gerne. Vielen herzlichen Dank, dass Sie diesen besonderen Menschen helfen! Viel Kraft und Erfolg, Dr. Astrid Kopp-Duller Präsidentin des Ersten Österreichischen Dachverbandes Legasthenie“


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Quellenverzeichnis Anhang

Anhang A Primärliteratur: Firstcybertrade Inc DYSLEXIA RESEARCH CENTER DISTANCE LEARNING COURSES, EÖDL Erster österreichischer Dachverband Legasthenie, ADA Austrian Dyslexia Association, KLL Kärntner Landesverband Legasthenie, Modul 1, 2006 Internetquelle 1: http://www.legasthenie-zentrum-berlin.de/Aufmerksamkeits-shystoerung.68.0.html, am 6.11.2011 8.46 Uhr Internetquelle 2: http://www.uniklinikulm.de/fileadmin/Kliniken/Kinder_Jugendpsychiatrie/Praesentationen/sch_Angst_April2008.pdf, 5.11.2011 13.43 Uhr Internetquelle 3: http://arbeitsblaetter.stangltaller.at/EMOTION/Schulangst.shtml#Ursachen%20kindlicher%20Angst%20vor%20d; 5.11.2011 12.03 Uhr Internetquelle 4: http://www.binauralbeats.de/aggressionen/koerperliche-symptome-beiaggressionsproblemen, 6.11.2011 16.05 Uhr Internetquelle 5: http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Depression.html, 12.11.2011 15.36 Uhr Internetquelle 6: http://www.depressionen-depression.net/depressionen-bei-kindern/symptomenach-lebensalter.htm, 12.11.2011 15.53 Uhr Internetquelle 7: http://lehrer.diepresse.com/home/pflichtschulen/643370/Schule_Legasthenieals-grosse-Unbekannte 08.12.2011 19.49 Uhr Internetquelle 8: http://schulen.eduhi.at/vsgoisern/LRS.htm 08.12.2011 20.57 Uhr Internetquelle 9: http://www.legakids.net/uploads/RTEmagicC_l_umfrage_2_1.png.png 08.12.2011 21.21 Uhr

Sekundärliteratur: Benz, Elisabeth, Praxisbuch Legasthenie – Lese-Rechtschreibschwäche, 9. Auflage 2002, Verlag Schubi Schaffhausen Klicpera/Schabmann/Gasteiger-Klicpera, Legasthenie-LRS, 3. Auflage 2010, Verlag Reinhardt UTB Köln Weimar Wien


- 109 Anhang B Mayer, Andreas, Gezielte Förderung bei Lese-Rechtschreibstörungen, Band 4, 2010, Verlag reinhardt München Basel Portmann, Rosemarie, Die 50 besten Spiele fürs Selbstbewusstsein, 5. Auflage 2009, Verlag DON BOSCO MiniSpielothek München Portmann, Rosemarie, Die 50 besten Spiele für mehr Sozialkompetenz, 3. Auflage 2009, Verlag DON BOSCO MiniSpielothek München

Anhang C


- 110 Kopp-Duller, Astrid, Der legasthene Mensch, 4. 체berarbeitete Auflage 2004, KLL-Verlag Klagenfurt Naegele, Ingrid M., Valentin, Renate (Hrsg.), LRS-Legasthenie-in den Klassen 1-10 Band 1, 6. Auflage 2003, Verlag Praxis Beltz Weinheim Basel Berlin Internetquelle 1: http://www.pro-kita.com/team/teamsitzungen/7-schritte-fuer-eine-erfolgreichegestaltung-ihrer-teamsitzung/ 03.12.2011 14.31 Uhr Internetquelle 2: http://home.arcor.de/beobachtungsbogen-hort/beobachtungsbogen-hort1.pdf, 16.11.2011 10.19 Uhr Internetquelle 3: http://www.direkthomepage.de/cgibin/designs/n05_1/index.cgi?page=text&typ=&id=52682509&userid=20474032&var, 16.11.2011 10.41 Uhr Internetquelle 4: http://www.legastheniepraxis.at/legasthenie/original_beispiel2.html 05.12.2011 16.38 Uhr Internetquelle 5: http://www.vereburn.com/images/yqt.php?q=legasthenie-marelja 03.12.2011 15.53 Uhr Internetquelle 6: www.iflw.de/service/legasthenieerlass_sachsen.htm, 01.12.2011 20.03 Uhr

Eidesstattliche Erkl채rung


- 111 Ich erkl채re hiermit an Eides statt, das ich, Juliane Friedemann; die vorliegende Facharbeit selbstst채ndig und nur unter Benutzung der angegebenen Literatur angefertigt habe.

___________________________________ Ort, Datum

___________________________________ Unterschrift


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