Magazin #11

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MAGA ZI N SEPTEM B ER – NOVEM B ER 2016

#11 Seite 4: MODERN TIMES 2016

„AUFBRUCH“

Seite 8: Komponistenportrait

ROBERT SCHUMANNPREISTRÄGER 2016: ARIBERT REIMANN

Seite 18: Saisonauftakt

START FÜR DAS LUMA-FLEX-PAKET

HERZLICH WILLKOMMEN ARIBERT REIMANN


Konzertkalender Editorial

LIEBE FREUNDE DER STAATSPHILHARMONIE, ich freue mich sehr, Sie mit dieser Ausgabe unseres MAGAZIN zum Auftakt der kommenden Saison 2016/2017 einzuladen. Einer Spielzeit, die mit „Aufbruch“ für unser Festival MODERN TIMES und mit „Mehr Poesie, mehr Ausflüge in unbekannte Gefilde“ zu unserem Komponistenportrait für Aribert Reimann zwei wichtige Überschriften mit sich trägt – Überschriften, die für eine Reihe bedeutender Komponisten aller Zeiten stehen, die wir aber auch für die spannende und anregende Begegnung mit der Musik insbesondere der Zeit seit dem aufbrechenden 20. Jahrhundert gewählt haben. Was mit MODERN TIMES beginnt, setzt sich im Portrait für Aribert Reimann fort, wenn Sie dessen Werke mit denen von Mozart, Mendelssohn Bartholdy, Schumann, Beethoven, Dvořák und Mahler hören können. Dank dem Zusammenspiel mit unseren Veranstaltungspartnern können Sie die Musik von Aribert Reimann in 12 Konzerten in Kaiserslautern, Karlsruhe, Ludwigshafen, Mainz, Mannheim und Worms hören. Und auch unser Artist in Residence, der erst vierundzwanzigjährige Frank Dupree, gibt im Herbst seine ersten Konzerte in Karlsruhe, Mainz und Mannheim mit der Staatsphilharmonie. Dabei wird er als Solist und Dirigent zu erleben sein und sein großes Können unter Beweis stellen. Selten habe ich einen jungen Künstler erlebt, der mit so großer Ernsthaftigkeit und zugleich so großer Freude an der Musik das Publikum für sich einzunehmen vermag. Ich bin sehr sicher, dass Sie begeistert sein werden und wir mit ihm – insbesondere bei CONNECT IT! im Capitol Mannheim – auch das jüngere Publikum für die Klassische Musik gewinnen! Ich will aber – mit Blick auf unser Projekt „Lieder aus der Fremde“, das wir ab Herbst für Schulen anbieten und das durch Vertreter der AfD in Misskredit gebracht werden soll – auch noch einmal auf den Satz zurückkommen, den unser international gefeierter Chefdirigent Karl-Heinz 2

Steffens zu den Werken von Aribert Reimann gesagt hat: „Mehr Poesie, mehr Ausflüge in unbekannte Gefilde“ formuliert für uns auch den Auftrag, für ein unvoreingenommenes Kulturangebot einer Einrichtung wie der unseren einzutreten. Wir dürfen es uns nicht vorschreiben lassen, wie vor national-egoistischen Betrachtungen die Musik beschaffen sein müsste, die wir spielen dürfen. Wir treten dafür ein, dass sich die Gesellschaft nicht von auf Diskreditierung ausgerichteten Parolen vorschreiben lässt, was sie unter Kunst und Kultur zu verstehen hat. „Kultur“, schreibt Matthias Heine in einem bemerkenswerten Artikel in der Zeitung Die Welt Kompakt, „Kultur war auf der deutschen Rechten eben nie etwas, das freundlich zur Teilhabe einlud, sondern ein Abgrenzungsbegriff.“ Dass wir daraus ganz bewusst einen Einladungsbegriff machen, dafür steht Ihre Staatsphilharmonie ein. Im Kennenlernen der Unterschiede von Herkunft, Wertvorstellungen und Normen und im Dialog zwischen den Kulturen liegt die Chance, mit klarer Stimme für unsere Vorstellung einer humanen Zivilgesellschaft einzutreten und dafür neue Freunde zu gewinnen. Im Rahmen von Modern Times laden wir Sie zu einem fulminanten Spielzeitauftakt ein, denn das Metropolregion Sommer-Musikfest verspricht auch in diesem Jahr zu einem ersten Höhepunkt der neuen Konzertsaison zu werden – wir wollen aber auch nicht den Blick auf die weiteren attraktiven Höhepunkte im Herbst verstellen. Ich würde mich freuen, wenn wir Sie möglichst oft bei unseren Konzerten begrüßen können.

Prof. Michael Kaufmann Intendant der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz


Konzertkalender Inhalt

DER BESONDERE KONZERTTIPP

Judith Schor Presse- und Öfffentlichkeitsarbeit

Ich empfehle Ihnen sämtliche Konzerte der Reihe MODERN TIMES, die zwischen dem 23. September und dem 2. Oktober an den verschiedenen Spielorten in Ludwigshafen und Mannheim stattfindet. Bei MODERN TIMES 1 interessieren mich besonders die Kompositionen von Richard Galliano. Bei MODERN TIMES 2 gefällt mir die mutige Dramaturgie: Purcell und Ellington gegenüberzustellen ist eine spannende Idee und Karl-Heinz Steffens auch als Klarinettisten zu erleben ist sicher ein besonderes Highlight. Bei MODERN TIMES 3 wird es eine kleine Sensation geben, denn Aribert Reimann, dem das diesjährige Komponisten-Portrait gewidmet ist, hat es nach umfangreicher Recherchearbeit geschafft, die originalsprachlichen Texte der Marie Stuart ausfindig zu machen und diese dann auch den entsprechenden Liedern zugrunde gelegt. MODERN TIMES 4 ist mit „Sacre du Printemps“ natürlich das Herzstück der Konzertreihe, doch auch MODERN TIMES 5 blicke ich mit Spannung entgegen. Nicht umsonst ist dieses Konzert mit „Testament“ betitelt, gilt Mahlers 9. Sinfonie doch als Abschiedssinfonie und als sein Vermächtnis an die Welt. Aber sorgen Sie sich nicht, dass das Konzert zu einer traurigen Angelegenheit wird, es wird vielmehr eine bombastische Angelegenheit, denn Komponieren hieß für Mahler „mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln eine Welt bauen.“

INHALTSVERZEICHNIS Seite 4

Titelgeschichte: MODERN TIMES 2016

Seite 8

Komponist im Portrait: Aribert Reimann

Seite 10 Metropolregion: Rainer Kern im Gespräch mit Charles Landry Seite 12 Artist in Residence: Frank Dupree mit CONNECT IT Seite 13 Spielort: Wörth am Rhein Seite 14 KONZERTKALENDER: SEPTEMBER BIS NOVEMBER 2016 Seite 16 Das besondere Konzert: Zu Gast beim Festival Euroclassic Seite 17 Das besondere Konzert: Auftakt Philharmonische Konzerte Seite 18 Das besondere Konzert: Auftakt Mannheimer Meisterkonzerte Seite 19 Das besondere Konzert: REBELLION IM QUADRAT Seite 20 Neuigkeiten und Meldungen Seite 22 Das besondere Konzert: Tan Dun in Ludwigshafen Seite 23 Das besondere Konzert: Heidelberger Meisterkonzert mit Sabine Meyer Seite 24 Das besondere Konzert: Krabbelkonzerte + AD.AGIO Seite 25 Begegnungen der Kulturen: Lieder von Wien bis Istanbul Seite 26 Kolumne: „Modern Times vor 700 Jahren“

Igor Strawinsky

DEUTSCH E STA ATSP H I LHAR MON I E R H EI N L AN D-P FALZ

2016 2017

Aribert Reimann

ORCHESTER DES JAHRES

Start für das LUMA-FLEX-Paket Frank Dupree

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Modern Times

Igor Strawinsky, Gemälde von JacquesEmile Blanche (1915, Paris, Musée d’Orsay) darunter „Le Sacre du Printemps“ in einer Karikatur von Jean Cocteau

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Modern Times

AUF BRUCH UND REISE 1941,

in persönlich wie historisch schwieriger Zeit, vollendete der 64-jährige Hermann Hesse sein Gedicht Stufen. Dem breiten Publikum ist es vor allem wegen einer Zeile bekannt: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“. Diese Botschaft ist nicht falsch. Doch aus dem Poem herausgelöst klingt sie zu harmlos. Immerhin verknüpfte Hesse den Satz mit einer eindringlichen Mahnung – mit dem Appell nicht stehen zu bleiben, da andernfalls geistige Lähmung drohe: Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen; Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Die Verse mögen old fashioned klingen. Aber sie sind – richtig gelesen – ein wunderbares Motto für die MODERN TIMES 2016! Eine Aufforderung zum Tanz gewissermaßen, sich in neue, unbekannte Räume zu wagen, um dort Impulse für Geist und Seele zu empfangen. Geradezu vitalisierend dürfte beispielsweise Richard Gallianos La valse à Margaux wirken. Denn das Akkordeon des französischen Ausnahmemusikers verzaubert schlechthin. Es begehrt auf durch kräftige Akkordstöße, flüstert uns dann zärtliche Geheimnisse ins Ohr und reißt im nächsten Moment alles und jede(n) in seine Klangstrudel hinein. Also: Wer sich nicht in Gefahr begibt und das Konzert Gallianos (MODERN TIMES 1) besucht, das „Poème l’amour“, der wird zweifelsohne etwas versäumen.

Vom Zauber eines jeden Anfangs erzählt auch die Veranstaltung „Shakespeare in Love“ (MODERN TIMES 2). Sie eröffnet mit einer Suite aus The Fairy Queen, einer sogenannten Semioper, mit der Henry Purcell 1692 das als reserviert geltende Publikum Londons in Ekstase versetzt hat. Das Bühnenwerk des genialen Komponisten basiert auf Shakespeares Komödie Ein Sommernachtstraum und schildert mehrere Liebesepisoden, etwa jene, während der sich die Elfenkönigin Titania in den eselsköpfigen Weber Bottom vernarrt. Wahrhaftig, eine grenzüberschreitende Liebe, die ihre Existenz allein dem erotischen Potenzial der Musik verdankt, dem magischen Sound von Henry Purcell. Ihm steht Duke Ellington kongenial zur Seite, mit dem sinnlichen Bigband-Klang seiner 1957 vollendeten Shakespeare-Suite Such Sweet Thunder. Ellingtons „liebliches Gewitter“ (der Titel zitiert einen Vers aus dem Sommernachtstraum) bezeugt auf eindrucksvolle Weise, wie spannend es ist, sich nicht mit dem vertrauten Bild des vor 300 Jahren verstorbenen Dichters zu begnügen, sondern ihn und seine Welt immer wieder neu zu entdecken.

Duke Ellington

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Modern Times

Alexandra Petersamer, Richard Galliano und Juliane Banse (v. l.) gehören zu den Stars der diesjährigen MODERN TIMES

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Die Stimme, konkret der vielbewunderte Sopran von Juliane Banse, steht im Mittelpunkt des Konzerts „Nachtmusiken“ (MODERN TIMES 3). Doch nicht nur die Strahlkraft der international gefragten Sopranistin macht diesen Konzertabend zu einem besonderen Erlebnis, denn Aribert Reimann, dem die Staatsphilharmonie in dieser Spielzeit das Komponisten-Portrait widmet, ist es gelungen nach ausgiebigen Recherchen die Originaltexte der Maria Stuart ausfindig zu machen. Dass Aribert Reimann diese nun seiner Bearbeitung der SchumannKomposition zugrunde legt, ist eine kleine Sensation. Im Zuge von Reimanns Nachforschungen konnte offengelegt werden, dass nicht alle Texte von Maria Stuart stammen. So ergibt sich ein „ganz polyglotter Zyklus, der entsprechend unserer Zeit nicht nur die Figur der Maria Stuart, sondern auch die Musik von Robert Schumann in ein ganz neues Licht rücken wird“, so Reimann, dem am

3. November der Robert-Schumann-Preis der Akademie der Wissenschaften und Künste Mainz verliehen wird und der zu den bedeutendsten Gegenwartskomponisten zählt. Zu singen bedeutet zu atmen. Der Atem sorgt für Frischluftzufuhr – ein Bild so ganz im Sinn der Moderne. Nicht zufällig legte Arnold Schönberg dem Sopran, der sein zweites, 1908 vollendetes Streichquartett zum Quintett aufstockte, einen entsprechenden Vers in die Mund: „ich fühle luft von anderem planeten“. Von einer derartigen Sehnsucht nach Öffnung und Weite, nach der Vermählung des einzelnen Menschen mit dem kosmischen Ganzen kündet auch sein hochromantisches Streichsextett Verklärte Nacht nach dem gleichnamigen Gedicht von Richard Dehmel: „o sieh, wie klar das Weltall schimmert!“ schwärmt hier ein Liebender, der trotz eines Fehltritt seiner Geliebten zu einem neuen Anfang bereit ist.

Jean Cocteau, Pablo Picasso, Igor Strawinsky und die Ballerina Olga Chochlowa, Picassos erste Ehefrau, in Antibes, 1926

Einen eben solchen markieren auch die Komponisten der nächsten Veranstaltung, „Avantgarde“ überschrieben (MODERN TIMES 4). Der Franzose Henri Dutilleux, dessen Geburtstag sich 2016 zum einhundertsten Mal jährt, legte 1964 mit dem Orchesterwerk Métaboles ein beeindruckendes Monument seiner Zeit vor, das dem musikalischen Ausgangsmaterial gleichsam wie in einer Glühe, einer Metallschmelze, immer wieder neue Formen abtrotzt. Und Igor Strawinskys Dauerbrenner Le Sacre du printemps steht dem in nichts nach. Man denke nur an den Tanz der jungen Männer und seine stampfenden, krass verschrägten Akkorde, die 1913, bei der Pariser Uraufführung, dem Publikum so in die Seidenkleider und Fräcke fuhr, dass es sich unsittlich berührt fühlte – eine Wirkung, die denen des Techno nicht unähnlich ist.


Modern Times

Frank Peter Zimmermann gehört zur Weltelite der Violinisten und wird bei MODERN TIMES das Bartók-Violinkonzert spielen.

Wie aber passt der Titel der fünften Konzerts, „Testament“ (MODERN TIMES 5), zu dem Konzept eines verheißungsvollen Beginns? Hier können wir erneut auf Hesses Gedicht Stufen zurückgreifen. Dessen Schlusssentenz lautet: Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden, Wohlan denn Herz, nimm Abschied und gesunde! An diesen Gedanken des Dichters kann man mit der üblichen Deutung von Gustav Mahlers neunter Sinfonie im Sinne einer Abschiedssinfonie mühelos anknüpfen, mit einer Sichtweise, für die der große niederländische Mahler-Dirigent Willem Mengelberg ergreifende Worte gefunden hat: „Mahlers Seele singt ihren Abschied! Es singt sein ganzes Inneres. Seine Seele singt – singt – zum letzten Abschied: ‚Leb wohl!’ Sein Leben, so voll und reich – ist jetzt bald beendigt!“ Mahlers Neunte könnte man folglich sagen, erleichtert selbst jenen Abschied, der den Menschen am schwersten fällt. Welch hohe Kunst, welch humanes Anliegen! Text: Matthias Henke

MODERN TIMES 1 23. September 2016 Ludwigshafen, Konzertsaal im Pfalzbau POÈME DE L’AMOUR Karl-Heinz Steffens, Dirigent Alexandra Petersamer, Mezzosopran Richard Galliano, Akkordeon Claude Debussy Prélude à l’après-midi d’un faune, orchestriert von Maurice Ravel Ernest Chausson Poème de l’amour et de la mer Jacques Ibert Escales (Ports of Call), Suite für Orchester Richard Galliano La valse à Margaux Ä Petite suite française Claude Debussy La mer MODERN TIMES 2 25. September 2016 Mannheim, Capitol SHAKESPEARE IN LOVE Karl-Heinz Steffens, Dirigent und Klarinette Jazz and the Philharmonic Henry Purcell The Fairy Queen, Suite für Orchester Duke Ellington Such Sweet Thunder

MODERN TIMES 5 MODERN TIMES 3 28. September 2016 2. Oktober 2016 Ludwigshafen, Friedenskirche Ludwigshafen, Konzertsaal im Pfalzbau NACHTMUSIKEN Karl-Heinz Steffens, Dirigent Juliane Banse, Sopran

TESTAMENT Karl-Heinz Steffens, Dirigent

Luigi Dallapiccola Piccola musica notturna

Gustav Mahler Sinfonie Nr. 9 D-Dur

Richard Strauss Drei Lieder der Ophelia, op. 67, bearbeitet für Sopran und 12  Instrumente von Aribert Reimann

Oben: Titelbild zum Programmheft der Uraufführung von Vaslav Arnold Schönberg Sextett für zwei Violinen, zwei Nijinskis Ballett zu „Prélude à l’après-midi d’un faune“ Violen und zwei Violoncelli vom russisch-französischen op. 4, „Verklärte Nacht“ Maler und Bühnenbildner Robert Schumann Léon Bakst (1912). Gedichte der Maria Stuart op. 135, instrumentiert für Mezzosopran und Kammerensemble von Aribert Reimann Bernd Alois Zimmermann Stille und Umkehr MODERN TIMES 4 29. September 2016 Mannheim, Rosengarten, Mozartsaal AVANTGARDE Karl-Heinz Steffens, Dirigent Frank Peter Zimmermann, Violine Béla Bartók Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 Henri Dutilleux Métaboles für großes Orchester Igor Strawinsky Le Sacre du printemps

MODERN TIMES wird gefördert durch die Stiftung Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz.

Eine Kooperation der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz mit der LUKOM und dem Stadtmarketing Mannheim.

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Das besondere Konzert

Komponisten-Portrait: Aribert Reimann

MEHR POESIE, MEHR AUSFLÜGE IN UNBEKANNTE GEFILDE „Ist es notwendig, dass ich komponiere?“ Als sich der 22-jährige Aribert Reimann diese Frage stellte, war er sich längst sicher, ein Leben mit Musik führen zu wollen, und steckte doch mitten in einer Krise.

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eit 1955 studierte er in Berlin bei Otto Rausch Klavier, bei Ernst Pepping Kontrapunkt und bei Boris Blacher Komposition. Blacher nun brachte Reimann mit der Aufgabe, eine Sonate für Flöte und Bratsche zu schreiben, fast dazu, hinzuschmeißen. Nach dem misslungenen ersten Satz, den Blacher mit den Worten „das ist Musik der 20er Jahre, interessiert keinen Menschen“ quittierte, folgten Monate des Zweifelns. Reimann ging 1958 nach Wien, kaprizierte sich auf sein Standbein – das Begleiten von Sängern – und studierte Musikwissenschaften. Doch lange währte diese Phase nicht. Die Antwort darauf, ob das Komponieren für ihn notwendig sei, kam um die Ecke. Der Choreograf Marcel Luipart wünschte sich von Reimann eine Musik für das Ballett „Die Stoffreste“ nach einem Libretto von Günter Grass. Zur gleichen Zeit suchte der Sänger Dietrich Fischer-Dieskau einen Begleiter wie ihn, der als Korrepetitor an der Städtischen Oper Berlin Erfahrung im Umgang mit Sängern gesammelt hatte. So kehrte Reimann im Sommer 1958 zurück nach Berlin. Mit einem gelungenen zweiten Satz zum misslungenen ersten der Flöten-BratschenSonate im Gepäck und mit dem Entschluss: Ja, beides ist notwendig: Korrepetieren und Komponieren.

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Überhaupt hat die Karriere Reimanns, der zu den meistgespielten lebenden Tonschöpfern zählt und in dieser Spielzeit „Composer in Residence“ der Staatsphilharmonie ist, als „Jasager“ begonnen. In dieser Schuloper von Bertold Brecht und Kurt Weill sang Reimann im Mai 1946 die Hauptrolle. Damals schrieb er auch, dünn und unterernährt wie viele Kinder nach Kriegsende, erste eigene Lieder. Die Grundlagen dafür hatte er von den Eltern gelernt: von der Mutter, einer Konzert- und Oratoriensängerin, den Umgang mit Sängern; vom Vater, ein Kirchenmusiker, das Singen im Chor. So wurde das Lied eine Hauptgattung in seinem Schaffen. Seit 1947 spielte Reimann auch intensiv Klavier. „Du brauchst einen zweiten Beruf“, riet ihm die Mutter. „Vom Komponieren kannst du die ersten 20 Jahre nicht leben.“ Lange Zeit wirkte Reimann parallel als Liedbegleiter, bis er 1983 eine Professur für Zeitgenossisches Lied übernahm und fortan nur komponierte – in Berlin, wo er bis heute lebt. Trotz der Orientierung an Anton von Webern und Alban Berg fand Reimann seine eigene Tonsprache über die Distanzierung von der seriellen und elektronischen Musik. Gleichwohl komponiert er kaum tonal. Mit dramatischen Sujets entwickelte er sich zu einem der fantasievollsten und innovativsten Opernkomponisten. Die stärkste Breitenwirkung erreichte er mit der 1978 in München uraufgeführten Oper „Lear“. Der Komponist war schon 1965

in Kiel mit „Ein Traumspiel“ und 1971 in Schwetzingen mit „Melusine“ erfolgreich gewesen, als Fischer-Dieskau ihn um den „Lear“ bat. Reimanns Fähigkeit, im Gesang wie auch im Orchester die Spannung innerer Vorgänge zu schaffen, brachte ihm 2011 den Ernst von Siemens-Musikpreis ein, als „unumstrittener Meister der Vokalmusik“. Über 30 Produktionen erreichte „Lear“ bis heute, die wie viele Opern Reimanns im flammenden Inferno endet. Tief hat sich jene apokalyptische Nacht kurz vor Kriegsende, in der Potsdam bei einem Bombenangriff zerstört wurde, in sein Unterbewusstsein gefräst. Reimann fühlt sich der Romantik mit all ihren Abgründen und Nachtseiten sehr nahe. Hier knüpft die Staatsphilharmonie im ersten Konzert an. In „Modern Times 3 – Nachtmusiken“ singt Juliane Banse Lieder, die Reimann neu instrumentierte: Drei Lieder der „Ophelia“ von Richard Strauss und Gedichte der Maria Stuart von Robert Schumann, für Reimann der einzige „echte“ Romantiker. Text: Isabel Steppeler

Aribert Reimann ist einer der wichtigsten zeitgenössischen Komponisten im deutschsprachigen Raum. Zuletzt wurde er mit dem Schumann Preis für Dichtung und Musik 2016 ausgezeichnet.


Das besondere Konzert

Aribert Reimann in der Spielzeit 2016-2017 28. September 2016 Ludwigshafen, Friedenskirche MODERN TIMES 3 – NACHTMUSIKEN Karl-Heinz Steffens, Dirigent Juliane Banse, Sopran Luigi Dallapiccola Piccola musica notturna Richard Strauss Drei Lieder der Ophelia op. 67 bearbeitet für Sopran und 12 Instrumente von Aribert Reimann Arnold Schönberg Sextett für zwei Violinen, zwei Violen und zwei Violoncelli op. 4 „Verklärte Nacht“ Robert Schumann Gedichte der Maria Stuart op. 135, instrumentiert für Mezzosopran und Kammerensemble von Aribert Reimann Bernd Alois Zimmermann Stille und Umkehr 8. Oktober 2016 Mannheim, Rosengarten 1. MANNHEIMER MEISTERKONZERT 9. Oktober 2016 Worms, Das Wormser John Fiore, Dirigent Sophie Pacini, Klavier Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Klavier und Orchester Nr. 23 B-Dur, KV 488 Aribert Reimann Zeit-Inseln für Orchester Antonín Dvořák Karneval, Konzertouvertüre A-Dur, op. 92 Antonín Dvořák Sinfonie Nr. 8 G-Dur, op. 88 „Die Englische“

28. Oktober 2016 Karlsruhe, Konzerthaus 30. Oktober 2016 Mainz, Rheingoldhalle 1. MAINZER MEISTERKONZERT Frank Dupree, Dirigent und Klavier Aribert Reimann Nahe Ferne Ludwig van Beethoven Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-Moll, op. 37 Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 7 A-Dur, op. 92 10. Februar 2017 Mannheim Rosengarten 3. MANNHEIMER MEISTERKONZERT Clemens Schuldt, Dirigent Jörg Widmann, Klarinette Richard Strauss Tod und Verklärung op. 24 Aribert Reimann Cantus für Klarinette und Orchester Antonín Dvořák Sinfonie Nr. 9 e-Moll, op. 95 „Aus der Neuen Welt“ 11. März 2017 Mannheim, Rosengarten 4. MANNHEIMER MEISTERKONZERT 12. März 2017 Mainz, Rheingoldhalle 3. MAINZER MEISTERKONZERT Karl-Heinz Steffens, Dirigent Katharina Ruckgaber, Sopran Aribert Reimann Hölderlin-Fragmente für Sopran und Orchester Gustav Mahler Sinfonie Nr. 5 cis-Moll

21. April 2017 Kaiserslautern, Fruchthalle 22. April 2017 Ludwigshafen, Konzertsaal im Pfalzbau 3. PHILHARMONISCHES KONZERT Alejo Pérez, Dirigent Frank Dupree, Klavier Aribert Reimann Sieben Fragmente für Orchester in memoriam Robert Schumann Edward Grieg Konzert für Klavier und Orchester a-Moll, op. 16 Ernest Chausson Sinfonie Nr. 1 B-Dur, op. 20 23. April 2017 Ludwigshafen, Philharmonie SO UM 5 SONDERKONZERT FÜR ARIBERT REIMANN Katharina Ruckgaber, Sopran Frank Dupree, Klavier Mitglieder der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Werke von Aribert Reimann, Robert Schumann u. a. 14. Juli 2017 Mannheim, Rosengarten SONDERKONZERT SHAKESPEARE 401 Karl-Heinz Steffens, Dirigent Hansgünther Heyme, Sprecher Seam You, Sopran Angela Shin, Sopran Michael Nagy, Bariton Damen des Beethovenchor Ludwigshafen Aribert Reimann Fragmente aus „Lear“ für Bariton und Orchester Felix Mendelssohn Bartholdy Ein Sommernachtstraum op. 21 und 61

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Metropolregion

Rainer Kern und Charles Landry im Dialog

STÄDTEPLANUNG MIT MUSIK Charles Landry (*1948) ist ein britischer Städteforscher und Publizist. Bereits in den 1970er Jahren beschäftigte er sich mit der Thematik, welchen Einfluss die Faktoren Kultur und Kreativität auf die künftige Entwicklung der Städte nehmen. Im weltweiten Transformationsprozess der klassischen Wirtschaftsund Standortfaktoren, misst er dem kreativen Potential von Städten eine besondere Bedeutung für deren Überlebensfähigkeit bei. Städte und Regionen, die auch in Zukunft erfolgreich und lebenswert sein wollen, müssen in der Lage sein, kreatives Potential auszubilden, anzuziehen und zu halten. Seine Kulturberatungsagentur Comedia, berät weltweit Städte bei der Entwicklung ihres kreativen Potenzials und hat bis heute ca. 450 Projekte in 35 Ländern realisiert. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt dabei in der Revitalisierung von Stadtgebieten durch Kultur. Rainer Kern (RK): Charles, du hast Ende der 90er Jahre (2000) mit deinem Buch „The Creative City: A Toolkit for Urban Innovators“ weltweit eine neue Art über Städte und deren Zukunft nachzudenken eingeleitet. Seit einiger Zeit und immer mehr rücken nun Metropolregionen in den Fokus. Ist das ein Widerspruch und verlieren Städte an Bedeutung?

Charles Landry (CL): Nein, ganz im Gegenteil – Städte verlieren nicht an Bedeutung, sie gewinnen immer mehr an Bedeutung. Regionen rücken ja immer mehr in den Fokus und gewinnen selbst an Bedeutung, weil sich Regionen natürlich um Städte herum ausbilden. Städte sind deshalb die Treiber von Regionen.

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RK: Welche Rolle spielt die Kultur bei der Formierung von Regionen als Orte der Identifikation?

CL: Die Kultur ist dabei das Wichtigste von allem – ob es um Städte geht oder um Regionen. Mein Fokus der letzten 30 Jahre war ja das kulturelle Denken in die Städteplanung zu integrieren. Leider gibt es nach wie vor nur wenige Orte, in denen das gelingt und Kultur ist immer noch zu selten in die Gesamtplanungen eingebettet. Wenn man alles durch eine kukturelle Linse betrachtet, verändert das die Perspektive im positiven Sinne und man kann so bessere Orte schaffen. Orte, in denen Menschen glücklicher, gesünder und lieber zusammenleben. Zu oft denken wir leider noch in alten Paradigmen and Strukturen, anstatt in wirklich neuen Strategien. Natürlich hat dabei jede alte Kultur – auch Denkkultur – ihre Berechtigung, wir müssen aber genug Raum für die anderen Kulturen lassen, sodass die sich entwickeln können und Neues entstehen kann. Die Welt hat sich historisch betrachtet nicht durch das Beharren auf Altem weiterentwickelt, sondern durch das Öffnen zum Neuen hin. Auch wenn das manchmal schwer erscheint, gibt es keinen Weg daran vorbei.


Metropolregion

“I like sitting outside the Speicher hotel in Mannheim with my feet up looking at the boats floating along the canal.”

RK: Was kann ein Orchester wie die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz dazu beitragen?

CL: Als Organisation können Orchester als ihre Mission die Region fokusieren. Das heißt aber auch, sie müssen das eigene Haus verlassen und sich in der Region zeigen. Es ist am besten, die Aktionen und Aktivitäten des Orchesters in die Region auszuweiten. So kann ein Orchester ein starker Botschafter für die Region sein und das ist völlig unabhängig von der Musik, die das Orchester spielt. Die Region wird durch das Orchester näher zusammengebracht, wenn es nicht nur mit einem Ort identifiziert wird. Die Staatsphilharmonie mit ihren zahlreichen Spielorten in der gesamten Region ist ein fantastisches Beispiel für genau diese Botschafter-Rolle. RK: Warum denn überhaupt noch in physikalisch örtlichen Zusammenhängen denken – Stadt, Region, Land – wenn ich mir meine Bücher vom Internet downloade, meine Supermarkt-Einkäufe im Internet erledige und zu mir nach Hause bringen lasse, die Met (Metropolitan Opera, New York) kommt zu mir in den virtuellen Konzertraum auf meinen Flatscreen im Wohnzimmer und Freunde treffe ich sowieso nur noch im Chatroom?

CL: Je virtueller die Welt wird, desto mehr spielen reale Orte eine immer größere Rolle. Die soziale Verankerung an reale Orte – das

Soziale wenn man so will – ist ein neurologisches Bedürfnis und kann von der digitalen Welt nicht befriedigt werden. RK: Ist die Ausweitung der räumlichen Einheiten von der Stadt in die Region eine Hinwendung zur Welt und damit auch zum Fremden im Sinne einer positiven Interpretation von Diversität oder nur eine Vergrößerung des Marktes?

CL: Ein großer Treiber ist sicher zunächst die Ökonomie: Transportsysteme werden effizienter, Infrastruktur kann gemeinsam günstiger, aber auch ressourcenschonender genutzt werden und so weiter. Das ist zunächst weder gut noch schlecht, aber wenn es zum Guten der Menschen gewendet wird, dann macht es ja Sinn und trägt zu der nachhaltigen urbanen Entwicklung der gesamten Region bei, was natürlich den Städten wieder zugute kommt. RK: Was bedeutet Urbanität eigentlich genau?

CL: Urbanismus ist das Wissen, was Städte sind und wie sie arbeiten oder funktionieren. Urbanität ist das Sein in Städten – die Kunst des Zusammenlebens in Städten. RK: Wie kann ein Sinfonieorchester dabei helfen, Kultur und kulturelles Denken mehr in den öffentlichen Fokus zu rücken?

CL: Es sollte verschiedene Bereiche verbinden und offen für neue Formen der Präsentation sein. Zum Beispiel könnte ein Orchester an ungewöhnlichen Orten wie in Schulen oder Cafés spielen. Die Verbindung von Musik mit anderen Bereichen, wie zum Beispiel Gesundheit spielt dabei eine wichtige Rolle. Das Wirken von großen Kulturinstitutionen sollte mit der Lebensrealität der Menschen zu tun haben und nicht als unberührbarer Satellit über allem schweben. Letztendlich geht es um Flexibilität in der Einstellung und Denkweise.

„Städteplanung mit Musik“ ist für die Staatsphilharmonie ein wichtiges Thema, dessen sie sich ab der Saison 2016/2017 in besonderer Weise auch mit dem Angebot LUMA-FLEX annimmt. Abonnenten erhalten hier die Möglichkeit sich zwischen dem Konzertangebot in Ludwigshafen und Mannheim ihre Konzerte frei auszuwählen. Damit der Weg über den Rhein nicht zum Hindernis für diese Städteverbindung wird, gilt das Ticket auch als Fahrkarte für den ÖPNV.

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Artist in Residence

Beethoven lebt

FRANK DUPREE AUF DEN SPUREN BEETHOVENS Von der unerschöpflichen Vielseitigkeit Ludwig van Beethovens geht ein ungebrochener Reiz aus, der zuweilen vergessen lässt, dass der Komponist vor bald 200 Jahren starb. Facettenreich wie wenige andere, war er ein gefeierter Klaviervirtuose, ein versierter Dirigent, ein begnadeter Komponist. Mindestens so bunt wie sein Charakter war seine Musik: intim und majestätisch, zart und schroff, melodiös und hochkomplex.

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rund genug, dass sich Frank Dupree – der Gewinner des Deutschen Musikwettbewerbs 2014 – zum Auftakt seiner dreijährigen Zusammenarbeit mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz ausgerechnet Ludwig van Beethoven vorgenommen hat. Die Mischung aus Beethovens Musik und Duprees Interpretation verspricht Aufregendes, denn auch Dupree ist alles andere als eindimensional: Gerade 24 Jahre alt, tritt der gebürtige Rastatter längst nicht nur als erfolgreicher Pianist in Erscheinung. Er wurde außerdem am Schlagzeug ausgebildet und dirigiert seit Neustem auch vom Klavier aus. Über Beethoven sagt er, dieser sei „der eigentliche Erfinder des Jazz“. Wie sehr der berühmte Bonner groovt, stellt Dupree in der Saison 2016/2017 vor allem bei der eigens für ihn konzipierten Konzertreihe CONNECT IT! im Mannheimer Capitol unter Beweis. Dupree dirigiert in diesem Rahmen alle fünf Klavierkonzerte Beethovens vom Klavier aus. Nach dem umjubelten Auftakt der Konzertreihe im April 2016

geht es am 31. Oktober weiter mit Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 sowie der fünften Sinfonie. Dupree spielt gemeinsam mit dem Jan Prax Quartett ein musikalisches Programm, das zwischen Jazz und Klassik oszilliert – und zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Das Wechselspiel zwischen Früher und Heute ist schon im Eröffnungsprogramm der Deutschen Staatsphilharmonie zur Saison 2016/2017 angelegt: Am 28. Oktober 2016 treffen Dupree und Beethoven im Rahmen des 1. Meisterkonzerts im Karlsruher Konzerthaus auf einen weiteren musikalischen Tausendsassa: den 1926 geborenen Berliner Komponisten, Pianisten und Musikwissenschaftler Aribert Reimann. Dessen Orchesterwerk Nahe Ferne wird neben Beethovens Sinfonie Nr. 7 von Frank Dupree dirigiert und ist eng an Beethovens Klavierstück in B-Dur WoO 60 angelehnt. Dazu spielt Dupree als Solist Beethovens drittes Klavierkonzert. Abermals zu erleben ist dieses farbenreiche, rhythmisch pulsierende Programm im Rahmen des 1. Mainzer Meisterkonzerts in der Rheingoldhalle am 30. Oktober 2016. Wie gesagt: Beethoven lebt. Text: Carolin Krahn

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Artist in Residence 2016/2017: Frank Dupree – Konzertüberblick 28. Oktober 2016 Karlsruhe, Konzerthaus 1. KARLSRUHER MEISTERKONZERT 30. Oktober 2016 Mainz, Rheingoldhalle 1. MAINZER MEISTERKONZERT Frank Dupree, Dirigent und Klavier Werke von Aribert Reimann und Ludwig van Beethoven 31. Oktober 2016 Mannheim, Capitol CONNECT IT! „Revolution“ Frank Dupree, Dirigent und Klavier Ä Jan Prax Quartett Werke von Ludwig van Beethoven und Jan Prax 30. März 2017 Pirmasens, Festhalle 31. März 2017 Worms, Das Wormser Manuel López-Gómez, Dirigent Frank Dupree, Klavier TSCHAIKOWSKY & RIMSKI-KORSAKOW Werke von Peter I. Tschaikowsky und Nikolai Rimski-Korsakow 21. April 2017 Kaiserslautern, Fruchthalle 22. April 2017 Ludwigshafen, Konzertsaal im Pfalzbau 3. PHILHARMONISCHES KONZERT Alejo Pérez, Dirigent Frank Dupree, Klavier Werke von Aribert Reimann, Edward Grieg und Ernest Chausson

23. April 2017 Ludwigshafen, Philharmonie SONDERKONZERT SO UM FÜNF FÜR ARIBERT REIMANN Katharina Ruckgaber, Sopran Frank Dupree, Klavier Mitglieder der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Werke von Clara Schumann, Johannes Brahms/Aribert Reimann, Felix Mendelssohn Bartholdy/Aribert Reimann und Robert Schumann 11. Juni 2017 Mainz, Rheingoldhalle ORCHESTERGIPFEL RHEINLAND-PFALZ In Kooperation mit dem Landesmusikrat Rheinland-Pfalz Frank Dupree, Dirigent 18. Juni 2017 Mannheim, Capitol CONNECT IT! „Like a bird“ Frank Dupree, Dirigent und Klavier Olivia Trummer Trio Werke von Arthur Honegger, Olivier Messiaen und Ludwig van Beethoven 7. Juli 2017 Weilburg, Schloss WEILBURGER SCHLOSSKONZERTE I Frank Dupree, Dirigent und Klavier Werke von Wolfgang Amadeus Mozart und George Gershwin 8. Juli 2017 Weilburg, Schloss WEILBURGER SCHLOSSKONZERTE II Frank Dupree, Dirigent Arabella Steinbacher, Violine Werke von Peter I. Tschaikowsky, Camille Saint-Saëns Maurice Ravel, Pablo de Sarasate und Sergei Rachmaninow


Spielort

Im Blickpunkt:

WÖRTH AM RHEIN Rathaus, Hafen, Innenstadt

Grete und Helmut Pircsak strahlen. Erstmals seit vielen Jahren können sich die Musikfreunde auch in Wörth wieder an „ihrem“ Orchesterkonzert vor Ort erfreuen. Das verdanken sie der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, die wie auch die kleine Stadt mit bedeutender Industrie zur Metropolregion Rhein-Neckar gehört. Damit wollen die Verantwortlichen in Wörth an die früheren Angebote anknüpfen und diese weiterentwickeln.

S

chließlich hat die Kultur hier einen beachtlichen Stellenwert. Schon vor dem Krieg hatte man in dem damaligen Dörfchen, obwohl von Hochwasser und Stechmücken gepeinigt, trotzdem oder gerade deshalb für Kultur viel übrig. So gehörte Wörth zu den regelmäßigen Gastspielorten des Pfalztheaters. Noch aufgeschlossener zeigten sich die Wörther gegenüber Malerei: Heinrich von Zügel, ein bedeutender Impressionist, hatte den Ort wegen der Lichtverhältnisse in den Rheinauen für seine Sommerakademie ausgewählt. Einige Jahrzehnte später verschafften die Wörther dem Künstler Volker Krebs sogar die Möglichkeit, zum Jahrtausendwechsel eine monumentale Skulpturenreihe im Bürgerpark zu errichten. Doch auch die darstellenden Künste hatten in der Gemeinde einen hohen Stellenwert. Dreißig Jahre lang wurde ein Theaterabonnement veranstaltet. Wegen der Generalsanierung der Festhalle wurde das Angebot ebenso eingestellt wie die regelmäßigen Frühjahreskonzerte. Sie hatten die Konzertveranstaltungen der Mobiloil bis zu deren Raffinerieschließung ergänzt. Die Festhalle hatte Heinz Martin Brüns für klassische Orchesterkonzerte entdeckt. Bis hin zur Staatsphilharmonie und den Bamberger Symphonikern als Höhepunkt war es für angesehene Klangkörper jahrelang eine Selbstverständlichkeit, in der akustisch hervorragenden Wörther Festhalle ihre Visitenkarte abzugeben.

Mittlerweile sind sich die Stadtväter jedoch über die Einbußen in puncto Lebensqualität sowie dem Imageverlust, der mit der selbstauferlegten Kulturdiät einherging, bewusst geworden. Deshalb hat man sich zu einem Neustart mit erstklassigen Künstlern wie Suzanne von Borsody, Sharon Kam oder Fazil Say entschlossen. Für die Pircsaks ist damit ein besonderer Reiz verbunden. Sie können beim Konzert mit der Staatsphilharmonie endlich Christof Prick vor der Haustür erleben. Jahrelang waren die beiden Wörther dem ehemaligen Karlsruher Generalmusikdirektor zu den Konzerten und Aufführungen in München, Wien und vor allem Dresden nachgereist. Fast 20 Jahre dient das Wohnhaus in Wörth dem Maestro als Basis, um überall auf der Welt Aufführungen mit den bekanntesten Orchestern und an den größten Häusern zu leiten. Bis hin zur Metropolitan Opera, an der er viele umjubelte Aufführungen dirigierte, ist der aktuelle Chefdirigent des Bonner Beethovenorchesters ein immer wieder gern gesehener Gast.

22. Oktober 2016 Wörth am Rhein, Festhalle Christoph Prick, Dirigent Sharon Kam, Klarinette Otto Nicolai Ouvertüre zu „Die Lustigen Weiber von Windsor“ Carl Maria von Weber Konzert für Klarinette und Orchester Nr. 1 f-Moll, op. 73 Gustav Mahler Sinfonie Nr. 1 D-Dur

„Ich gehe täglich Schwimmen“ erklärt Prick, um sich fit zu halten, beste Voraussetzungen in den Wörther Bädern. Der Stadtverwaltung drängte sich deshalb die Frage auf, ob Prick in Wörth nicht nur schwimmen, sondern auch dirigieren wolle. Für Prick war das ebenso eine Selbstverständlichkeit („ich mache Ihnen das“) wie für Professor Michael Kaufmann, der den Maestro aus einer früheren Tätigkeit kannte. Von der Stadtverwaltung über dessen Wohnsitz gerade einmal wenige Kilometer rheinaufwärts aufgeklärt, stand einem Konzert mit der Staatsphilharmonie nicht mehr viel im Wege. Das so arrangierte „Heimspiel“ Pricks lässt die Pirczsaks noch mehr strahlen als andere Musikfreunde. Text: Klaus Ritter 13


Konzertkalender

TERMINE SEPTEMBER BIS NOVEMBER 2016

MODERN TIMES 2016 MI Ä 28. SEPTEMBER 2016 Ä 19:30

Ludwigshafen, Friedenskirche MODERN TIMES 3 NACHTMUSIKEN Karl-Heinz Steffens, Dirigent Juliane Banse, Sopran Karl-Heinz Steffens

FRIEDBERGER MUSIKSOMMER

Alexandra Petersamer

DO Ä 8. SEPTEMBER 2016 Ä 19:30

Friedberg, Stadtpfarrkirche St. Jakob FRIEDBERGER MUSIKSOMMER Karl-Heinz Steffens, Dirigent Alexandra Petersamer, Mezzosopran Richard Galliano, Akkordeon Claude Debussy Prélude à l’après-midi d’un faune, orchestriert von Maurice Ravel Ernest Chausson Poème de l’amour et de la mer Jacques Ibert Escales (Ports of Call), Suite für Orchester Richard Galliano La valse à Margaux Ä Petite suite française Claude Debussy La mer FR Ä 9. SEPTEMBER 2016 Ä 19:30

Friedberg, Rothenberghalle FRIEDBERGER MUSIKSOMMER Karl-Heinz Steffens, Dirigent Ralph Vaughan Williams Fantasie für zwei Streichorchester über ein Thema von Thomas Tallis Anton Bruckner Sinfonie Nr. 5 B-Dur (WAB 105) SA Ä 17. SEPTEMBER 2016 Ä 20:00

Speyer, Dom zu Speyer INTERNATIONALE MUSIKTAGE DOM ZU SPEYER Markus Melchiori, Dirigent Andreas Scholl, Countertenor Roland Kunz Der Seele Ruh Oratorium nach Worten von Meister Eckhart SO Ä 18. SEPTEMBER 2016

Ludwigshafen, Philharmonie TAG DER OFFENEN TÜR Eintritt frei

Richard Galliano

Luigi Dallapiccola Piccola musica notturna Richard Strauss Drei Lieder der Ophelia op. 67, bearbeitet für Sopran und 12 Instrumente von Aribert Reimann Arnold Schönberg Sextett für zwei Violinen, zwei Violen und zwei Violoncelli op. 4 „Verklärte Nacht“ Robert Schumann Gedichte der Maria Stuart op. 135, instrumentiert für Mezzosopran und Kammerensemble von Aribert Reimann Bernd Alois Zimmermann Stille und Umkehr

DO Ä 22. SEPTEMBER 2016 Ä 20:00

Neustadt a. d. Weinstraße, Saalbau FR Ä 23. SEPTEMBER 2016 Ä 19:30

Ludwigshafen, Konzertsaal im Pfalzbau SA Ä 24. SEPTEMBER 2016 Ä 19:00

SA Ä 8. OKTOBER 2016 Ä 19:30

Mannheim, Rosengarten, Musensaal 1. MANNHEIMER MEISTERKONZERT SO Ä 9. OKTOBER 2016 Ä 20:00

Worms, Das Wormser John Fiore, Dirigent Sophie Pacini, Klavier Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Klavier und Orchester Nr. 23 B-Dur, KV 488 Aribert Reimann Zeit-Inseln für Orchester Antonín Dvořák Karneval, Konzertouvertüre A-Dur, op. 92 Ä Sinfonie Nr. 8 G-Dur, op. 88 „Die Englische“

Pirmasens, Festhalle FESTIVAL EUROCLASSIC MODERN TIMES 1 POÈME DE L’AMOUR Karl-Heinz Steffens, Dirigent Alexandra Petersamer, Mezzosopran Richard Galliano, Akkordeon Claude Debussy Prélude à l’après-midi d’un faune, orchestriert von Maurice Ravel Ernest Chausson Poème de l’amour et de la mer Jacques Ibert Escales (Ports of Call), Suite für Orchester Richard Galliano La valse à Margaux Ä Petite suite française Claude Debussy La mer SO Ä 25. SEPTEMBER 2016 Ä 20:00

Mannheim, Capitol MODERN TIMES 2 SHAKESPEARE IN LOVE Karl-Heinz Steffens, Dirigent und Klarinette Jazz and the Philharmonic Henry Purcell The Fairy Queen, Suite für Orchester Duke Ellington Such Sweet Thunder

Frank Peter Zimmermann

DO Ä 29. SEPTEMBER 2016 Ä 19:30

Mannheim, Rosengarten, Mozartsaal FR Ä 30. SEPTEMBER 2016 Ä 20:00

Kaiserslautern, Fruchthalle MODERN TIMES 4 AVANTGARDE Karl-Heinz Steffens, Dirigent Frank Peter Zimmermann, Violine Béla Bartók Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 Henri Dutilleux Métaboles für großes Orchester Igor Strawinsky Le sacre du printemps (nur Mannheim) Robert Schumann Sinfonie Nr. 4 d-Moll, op. 120 (nur Kaiserslautern) Das Konzert am 30. September wird von SWR2, dem Kulturkanal des Südwestrundfunks, aufgezeichnet.

SO Ä 2. OKTOBER 2016 Ä 19:30

Ludwigshafen, Konzertsaal im Pfalzbau MODERN TIMES 5 TESTAMENT Karl-Heinz Steffens, Dirigent Gustav Mahler Sinfonie Nr. 9 D-Dur

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Jon Fiore

Tan Dun

MI Ä 12. OKTOBER 2016 Ä 20:00

Ludwigshafen, BASF-Feierabendhaus KONZERTREIHE DER STADT LUDWIGSHAFEN UND DER BASF SE – 1. SINFONIEKONZERT Tan Dun, Dirigent Li-Wei Qin, Violoncello Bedřich Smetana Die Moldau aus dem sinfonischen Zyklus Mein Vaterland Tan Dun Intercourse of Fire and Water für Violoncello Tan Dun Passacaglia: Secret of Wind and Birds (DE) Benjamin Britten Four Sea Interludes op. 33a


Konzertkalender

DO Ä 13. OKTOBER 2016 Ä 20:00

SO 23. OKTOBER 2016 Ä 17:00

Ludwigshafen, BASF-Feierabendhaus Tan Dun, Dirigent Yingdi Sun, Klavier Siqing Lu, Violine

SA Ä 29. OKTOBER 2016 Ä 15:00

Ludwigshafen, Philharmonie

Ludwigshafen, Philharmonie

SO UM 5 – Kammermusik sonntags um 5 „HUMOR & SEHNSUCHT“ Nikolaus Boewer, Violine Marcus Diehl, Violine Karoline Markert, Viola Florian Barak, Violoncello Wolfgang Güntner, Kontrabass Julius Kircher, Klarinette Cong Gu, Horn Antonia Zimmermann, Fagott

AD.AGIO: BEGEGNUNG DER KULTUREN Haydn und die mystische Musik aus Persien Farzaneh Joorabchi, Gesang Andrea w, Konzept und Leitung

Sergej Prokofjew Die Liebe zu den 3 Orangen, Sinfonische Suite op. 33a Tan Dun Farewell my Concubine für Klavier, Peking Oper Sänger und Orchester (DE) Tan Dun Out of Peking Opera für Violine und Orchester Sergej Prokofjew Auszüge aus Romeo und Julia op. 64a

Jean Françaix Oktett für Klarinette, Fagott, Horn und Streicher Franz Schubert Oktett für Klarinette, Fagott, Horn und Streicher, D 803 MI Ä 26. OKTOBER 2016 Ä 15:00 MI Ä 26. OKTOBER 2016 Ä 16:30

Worms, Das Wormser KRABBELKONZERT Andrea Apostoli, Konzept und Leitung

FR Ä 4. NOVEMBER 2016 Ä 19:30

Ludwigshafen, Konzertsaal im Pfalzbau 1. PHILHARMONISCHES KONZERT

SA Ä 15. OKTOBER 2016 Ä 20:00

FESTIVAL EUROCLASSIC Divertimento Euroclassico: Pour votre plaisir! Jesko Sirvend, Dirigent Maia Cabeza, Violine Michael Quast, Moderator Leonard Bernstein Ouvertüre zu „Candide“ Otto Nicolai Ouvertüre zu „Die Lustigen Weiber von Windsor“ Jacques Offenbach Ouvertüre zu „Orpheus in der Unterwelt“ Richard Strauss Till Eulenspiegels lustige Streiche op. 28 George Gershwin Cuban Overture Maurice Ravel Tzigane Johann Strauß Pizzicato-Polka Igor Strawinsky Zirkus Polka, Sinfonische Fassung für Orchester Leonard Bernstein Divertimento for Orchestra SA Ä 22. OKTOBER 2016 Ä 19:30

Wörth am Rhein, Festhalle Christoph Prick, Dirigent Sharon Kam, Klarinette Otto Nicolai Ouvertüre zu „Die Lustigen Weiber von Windsor“ Carl Maria von Weber Konzert für Klarinette und Orchester Nr. 1 f-Moll, op. 73 Gustav Mahler Sinfonie Nr. 1 D-Dur

LIEDER VON WIEN NACH ISTANBUL Necip Gülses, Künstlerischer Leiter Melihat Gülses, Sopran Paul-Armin Edelmann, Bariton Instrumentalsolisten Mitglieder der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Werke von evki Bey und Franz Schubert

MO Ä 7. NOVEMBER 2016 Ä 20:00

„50 JAHRE WORMSER“ Francesco Angelico, Dirigent Tianwa Yang, Violine Friedrich Gernsheim Sinfonie Nr. 1 g-Moll, op. 32 Rudi Stephan Musik für Geige und Orchester in einem Satz Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 7 A-Dur, op. 92

FR Ä 28. OKTOBER 2016 Ä 19:30

Zweibrücken, Festhalle

DO Ä 27. NOVEMBER 2016 Ä 11: 00

Ludwigshafen, Philharmonie

Worms, Das Wormser

Claudio Bohórquez

Karlsruhe, Konzerthaus Michael Quast

SA Ä 26. NOVEMBER 2016 Ä 19:30

MI Ä 30. NOVEMBER 2016 Ä 20:00

SO Ä 30. OKTOBER 2016 Ä 19:30

DO Ä 1. DEZEMBER 2016 Ä 20:00

Mainz, Rheingoldhalle

Ludwigshafen, BASF-Feierabendhaus

1. MAINZER MEISTERKONZERT Frank Dupree, Dirigent und Klavier

KONZERTREIHE DER STADT LUDWIGSHAFEN UND DER BASF SE – 2. SINFONIEKONZERT

Aribert Reimann Nahe Ferne Ludwig van Beethoven Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-Moll, op. 37 Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 7 A-Dur, op. 92

Landau, Jugendstil-Festhalle Karl-Heinz Steffens, Dirigent Claudio Bohórquez, Violoncello

FR Ä 2. DEZEMBER 2016 Ä 20:00

Sabine Meyer

DI Ä 22. NOVEMBER 2016 Ä 19:30

Heidelberg, Stadthalle 1. HEIDELBERGER MEISTERKONZERT Karl-Heinz Steffens, Dirigent Sabine Meyer, Klarinette Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Klarinette und Orchester A-Dur, KV 622  Ä Konzert-Arien (arr. für Sabine Meyer) Peter Iljitsch Tschaikowsky Sinfonie Nr. 1 g-Moll, op. 13 „Winterträume“ Frank Dupree

MO Ä 31. OKTOBER 2016 Ä 19:30

Mannheim, Capitol CONNECT IT! „REVOLUTION“ Frank Dupree, Dirigent und Klavier Jan Prax Quartett Ludwig van Beethoven Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-Moll, op. 37 Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 5 c-Moll, op. 67 Jan Prax Stücke aus „Keepin‘ A Style Alive“

Maurice Ravel La valse Alberto Ginastera Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 2 op. 50 Maurice Ravel Rapsodie espagnole Ä Pavane pour une infante défunte Ä Alborada del gracioso Ä Boléro Das Konzert am 30. November wird von SWR2, dem Kulturkanal des Südwestrundfunks, aufgezeichnet.

SA Ä 26. NOVEMBER 2016 Ä 19:30

Karlsruhe, Hochschule für Musik, Wolfgang-Rihm-Forum SO Ä 27. NOVEMBER 2016 Ä 19:30

Ludwigshafen, Friedenskirche REBELLION IM QUADRAT MANNHEIMER & KARLSRUHER SCHULE Christoph-Mathias Mueller, Dirigent Cong Gu, Horn Johann B. Vanhal Sinfonie g-Moll Wolfgang Rihm Chiffre V Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Horn und Orchester Nr. 2 Es-Dur, KV 417 Jan Václav Voříšek Sinfonie D-Dur, op. 24

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Das besondere Konzert

Ein Konzert und 50 junge Elefanten in rosa Tutus

DIVERTIMENTO EUROCLASSICO Jesko Sirvend

Dass ein klassisches Konzert keineswegs ein Synonym für einen vergnügungsfreien Abend ist, beweist das Divertimento Euroclassico. Pour votre plaisir! in der Festhalle Zweibrücken am Samstag, dem 15. Oktober 2016, ab 18:00 Uhr. 15. Oktober 2016 Zweibrücken, Festhalle FESTIVAL EUROCLASSIC Divertimento Euroclassico: Pour votre plaisir! Jesko Sirvend, Dirigent Maia Cabeza, Violine Michael Quast, Moderator Leonard Bernstein Ouvertüre zu „Candide“ Otto Nicolai Ouvertüre zu „Die Lustigen Weiber von Windsor“

D

ie Deutsche Staatsphilharmonie RheinlandPfalz gestaltet unter der Leitung von Jesko Sirvend gemeinsam mit der Violinistin Maia Cabeza ein abwechslungsreiches musikalisches Programm. Durch das facettenreiche Konzert führt der Komiker Michael Quast. Den Ausführenden zur Seite stehen einige berühmte Komponisten des 19. und 20. Jahrhunderts, die raffinierten Witz und hochwertige Klänge miteinander zu verbinden wussten.

Jacques Offenbach Ouvertüre zu „Orpheus in der Unterwelt“ Richard Strauss Till Eulenspiegels lustige Streiche op. 28 Emmanuel Chabrier España Maurice Ravel Tzigane Johann Strauß Pizzicato-Polka Igor Strawinsky Zirkus Polka, Sinfonische Fassung für Orchester Leonard Bernstein Divertimento for Orchestra

Maia Cabeza

Den Auftakt machen gleich drei schwungvolle Ouvertüren: Zunächst jene von Leonard Bernstein zur Operette Candide von 1956, dann die vom Gründer der Wiener Philharmoniker Otto Nicolai aus seiner komisch-fantastischen Oper Die Lustigen Weiber von Windsor und schließlich eine dritte vom „Erfinder der Operette“ persönlich: das Eröffnungsstück aus Jacques Offenbachs Orpheus in der Unterwelt. Anschließend tritt mit Richard Strauss’ Tondichtung Till Eulenspiegels lustige Streiche op. 28 eine Figur auf den Plan, die sich den Schalk zum Lebensmotto erkoren hat – und am Ende daran zugrunde geht. Diesem bizarren Schicksal setzt die pulsierende OrchesterRhapsodie España von Emmanuel Chabrier Melodien

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in lebendigem Kolorit entgegen, mit denen der französische Künstler „typisch spanische“ Musik komponierte. Auch sein Kollege Maurice Ravel spielte gern mit Klischees, zum Beispiel solchen von „Zigeunermusik“ in seiner beliebten Tzigane, die zunächst nur von der Violine vorgetragen wird, bis dann das ganze Orchester das Solo umhüllt. Mit der Pizzicato-Polka des Wiener Walzer-Erben Johann Strauß junior führt das Orchester daraufhin einen luftigen Tanz über gezupfte Saiten vor. Konterkariert wird diese geschmeidige Grazilität gleich danach von Igor Strawinskys Circus Polka in der Fassung für Orchester. Die originelle Choreographie zu dieser rhythmisch brausenden Ballettmusik entwickelte der gefeierte russische Choreograph George Balanchine 1944; sie ist nicht allein für 50 Ballerinen bestimmt, sondern auch für 50 junge Elefanten in rosa Tutus. Der Abend mündet mit Leonard Bernsteins Divertimento for Orchestra in einen orchestralen Höhepunkt: Ob Fanfaren, Michael Quast Walzer, Foxtrott, Blues oder Samba, diese Musik läuft bis zum Schluss zur Hochform auf. Sie verschmilzt Bewegung mit Stille, Klassik mit Pop, breiten Orchestersound mit feinsten Melodien und Ausgelassenheit mit Innigkeit. Musikalisches Vergnügen vorprogrammiert! Text: Carolin Krahn


Das besondere Konzert

Spannung, Ausdruck, Farbe

DIE WUNDER VON WORMS Ludwig van Beethoven, Rudollf Stephan und Freidrich Gernsheim

DAS WORMSER feiert! 50 Jahre Wormser Theater (Spiel- und Festhaus) und 5 Jahre Kulturund Tagungszentrum. Höhepunkt des Jubiläumsprogramms wird das Konzert der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz am. 7. November sein, die das Eröffnungskonzert aus dem Jahr 1966 wiederaufführen wird.

D

ie Bombenangriffe auf Worms im Frühjahr 1945 legten auch große Teile des Wormsers in Schutt und Asche. Es sollte gut 20 Jahre dauern, bis das beliebte Spiel- und Festhaus feierlich wiedereröffnet wurde. uf dem Programm des Einweihungskonzertes 1966 standen seinerzeit zwei Komponisten, mit denen nur Musikkenner etwas anfangen konnten: Friedrich Gernsheim wurde 1839 in Worms geboren, 1887 kam ebendort Rudolf Stephan zur Welt. Gernsheim bescherte der Nachwelt einige Orchesterwerke, darunter immerhin vier Sinfonien sowie Konzerte, und reichlich Kammermusik. Dass Stephans Werkverzeichnis etwas überschaubarer ausfällt, lässt keineswegs Rückschlüsse auf dessen Schaffensdrang zu. Im Gegenteil: Er galt als vielleicht größte deutsche Hoffnung der tondichtenden Zunft seiner Generation. Der Erste Weltkrieg allerdings machte diese Hoffnung zunichte, Stephan fiel im Alter von nur 28 Jahren bei Chodaczków Wielki in der heutigen Ukraine. Immerhin hatte der renommierte Schott-Verlag zu diesem Zeitpunkt bereits einige Werke von ihm verlegt, unter anderem die 1913 vollendete einsätzige „Musik für Geige und Orchester“. Diese sowie Friedrich Gernsheims „Sinfonie Nr.1 g-Moll, op.  32“ und Ludwig van Beethovens siebte Sinfonie erklangen 1966 zur konzertanten Einweihung des Wormsers. Und mit exakt diesem Programm gratuliert die Staatsphilharmonie vor Ort im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten Anfang November. Musikfreunde in Ludwigshafen können die so

gut wie vergessenen Klänge ebenso kennenlernen (4. November 2016). Beethovens Siebter muss natürlich nicht auf die Sprünge geholfen werden, sie ist aus dem Orchesterrepertoire rund um den Globus nicht mehr wegzudenken. Uraufgeführt wurde das gern auch als „Sinfonie gegen Napoleon“ interpretierte opus 92 in A-Dur sechs Wochen nach der Völkerschlacht von Leipzig. Tatsächlich setzte Beethoven seine ablehnende Haltung gegenüber dem einstmals verehrten französischen Tyrannen unüberhörbar und eindrucksvoll in Töne, sei es im heiter stilisierten Trauermarsch oder auch im furiosen, beinahe entfesselten Finalsatz, der Triumph sowie Siegestaumel in sich vereint. Als Friedrich Gernsheim 1874 an seinem sinfonischen Erstling arbeitete, eilte dem Brahms-Freund zumindest im ab 1870 in Berlin erscheinenden Musikalischen Conversations-Lexikon bereits ein durchaus vielversprechender Ruf voraus. Es lobte die „Plastik und Klarheit seiner Tonschöpfungen und die ihnen inne wohnende Poesie und Frische“. Der Verfasser hatte zwar, was die musikalische Qualität von Gernsheims Werken angeht, einen guten Riecher. Hinsichtlich ihrer Halbwertszeit – das Lexikon prophezeite zudem Popularität und Anerkennung lag er hingegen falsch. Heute kennt, völlig zu Unrecht, kaum jemand dessen spätromantisches Vermächtnis. Das gleiche Schicksal teilt auch Rudolf Stephan, wobei dieser zumindest in vielen Nachschlagewerken wenigstens kurz erwähnt wird. Das liegt zweifels-

ohne auch darin begründet, dass Stephan, anders als sein eher traditionell-konservativ komponierender Wormser Kollege, sich nicht ausschließlich dem Regelwerk des Musiklebens seiner Zeit verpflichtet fühlte und immer wieder über die musikalischen Gepflogenheiten seiner Zeit hinwegsetzte. Seinen Werken liegen keine außermusikalischen Programme zugrunde, vielmehr sind sie gekennzeichnet durch eine unmittelbare Wirkung von Spannung, Ausdruck und Farbe. Dabei finden sich in Stephans Tonsprache tonale Bezogenheit ebenso wie impressionistische oder auch freitonale Entwicklungen. Das hat ihm in der Musikgeschichte einen Platz – wenn auch eher in der hinteren Reihe als Mit-Wegbereiter jener Stilwende gesichert, die zu Beginn des 20.  Jahrhunderts einsetzte und in der sogenannten Wiener Schule um Arnold Schönberg, Anton Webern und Alban Berg ihren nachhaltigen Niederschlag fand. Text: Gert Deppe 7. November 2016 Worms, Das Wormser „50 JAHRE WORMSER“ Francesco Angelico, Dirigent Ä Tianwa Yang, Violine Friedrich Gernsheim Sinfonie Nr. 1 g-Moll, op. 32 Rudi Stephan Musik für Geige und Orchester in einem Satz Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 7 A-Dur, op. 92

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Das besondere Konzert

Saisonauftakt in Mannheim und Ludwigshafen

NATUR, LEBEN UND LIEBE Sophie Pacini

Mit nicht alltäglichen Konzertprogrammen eröffnet die Deutsche Staatsphilharmonie in Mannheim und Ludwigshafen die Konzertsaison 2016/17. Es gibt ein Wiederhören mit den im vorletzten Jahrhundert in Worms geborenen Komponisten Rudi Stephan und Friedrich Gernsheim. Aus der Gegenwart sendet Aribert Reimann Klanggrüße von seinen „Zeit-Inseln“. Und obendrein kann für beide Konzertorte das LUMA-FLEX-Paket gebucht werden.

E

r zählt zweifelsohne zu den bedeutendsten deutschen Komponisten der Gegenwart, in einem Atemzug zu nennen mit Karlheinz Stockhausen und Hans Werner Henze. Sein Werk ist so umfangreich wie die Liste der Preise und Auszeichnungen lang. Am 4. März wurde Aribert Reimann 80 Jahre alt, und da der in Berlin geborene Tonkünstler nicht müde wird, seine musikalischen Ideen aufs Notenpapier zu bringen, erweist ihm die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz die Ehre als ihr diesjähriger Composer in Residence. Zum Auftakt der Mannheimer Meisterkonzerte steuert sie Reimanns 2004 uraufgeführten „Zeit-Inseln“ an, ein Orchester-Auftragswerk der Salzburger Festspiele. Reimann spielt darin auf höchst kunstvolle Weise mit (Hör-)Erwartungen und hebelt die Gesetzmäßigkeiten musikalischer Einfälle und Entwicklungen immer wieder aus. Mit dem Vokabular der Musik formuliert der Komponist in „Zeit-Inseln“ eine letztlich zentrale philosophische Frage: Was ist das Wesen der Kontinuität und ist sie tatsächlich alternativlos? Eingerahmt wird dieser durchaus schwergewichtige Exkurs unter der Leitung von John Fiore von Werken Mozarts und Dvořáks. Etwas unmittelbarer als Reimann beschäftigte sich Antonín Dvořák in seiner Konzertouvertüre „Carneval op. 92“ mit den Spielarten des Lebens. 1891 komponierte er in relativ kurzer Zeit die KonzertouvertürenTrilogie op. 91, 92 und 93. In der Mitte dieses mit „Natur, Leben und Liebe“ überschrie18

benen Zyklus steht das in Töne gesetzte karnevalistische Treiben, Inbegriff überschwänglichen Lebens per se. Und dem gibt sich Dvořák auch durchaus hin, was schon in der üppigen Besetzung des Schlagwerks mit Pauken, Becken, Tamburin und Triangel, aber auch durch eine immer wieder hektisch-bewegte Rhythmik und pulsierende Melodik zum Ausdruck kommt. Gleichwohl mischen sich in dieses Stelldichein der guten Laune zwischendurch auch nachdenkliche Töne, als wolle der Komponist bei aller lebensfrohen Ausgelassenheit die ganze Bandbreite irdischen Daseins abbilden – inklusive Tod und Vergänglichkeit. Dass Dvořák achte Sinfonie in G-Dur den Beinamen „Die Englische“ trägt, ist so irreführend wie der Umstand dieser Namensgebung kurios. Der böhmische Komponist besaß in England eine beachtliche Fangemeinde, nicht zuletzt wegen seiner begeistert aufgenommenen Vokalwerke. 1891 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Cambridge University – als Dissertation erkannten die Gelehrten jene Achte an. Fortan hieß sie, bar jeglichen englischen Kolorits und vielmehr inspiriert von den landschaftlichen Reizen der Sommerresidenz des Tondichters im tschechischen Vysoká, „Die Englische“. Einzig betrübt haben könnte Dvořák, dass sein Freund und Förderer Johannes Brahms mit der Sinfonie nichts so recht anzufangen wusste. „Alles fein, musikalisch fesselnd und schön – aber keine Hauptsachen“, fiel Brahms‘ Urteil ziemlich eindeutig und ernüchternd aus.

Sein „Klavierkonzert Nr. 23 A-Dur, KV 488“ hat Mozart im Frühjahr 1786 vollendet, während er zeitgleich der Partitur von „Le Nozze di Figaro“ den letzten Schliff verlieh. Mozart selbst formulierte einmal den Anspruch, in seinen Konzerten Kenner ebenso wie Liebhaber zufriedenstellen zu wollen; mit seinem A-Dur-Konzert löste er diesen Anspruch meisterhaft ein. Der tiefgründige langsame Mittelsatz in Moll lässt zum einem in Mozarts von diversen Rückschlägen gezeichnetes Seelenleben blicken, zum anderen stellt er ein Zeugnis dar, wie sehr sich dessen Tonkunst inzwischen von der ästhetischen Tradition eines einheitlichen Affekts emanzipiert hatte. Ein Konzert also wie gemacht für die junge deutsch-italienische Pianistin Sophie Pacini, die als Interpretin von Werken gerade der Wiener Klassik immer wieder auf sich aufmerksam macht und nun zum wiederholten Mal mit der Staatsphilharmonie zu erleben ist. Text: Gert Deppe 8. Oktober 2016 Mannheim, Rosengarten, Musensaal 1. MANNHEIMER MEISTERKONZERT John Fiore, Dirigent Sophie Pacini, Klavier Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Klavier und Orchester Nr. 23 B-Dur, KV 488 Aribert Reimann Zeit-Inseln für Orchester Antonín Dvořák Karneval, Konzertouvertüre A-Dur, op. 92 Ä Sinfonie Nr. 8 G-Dur, op. 88 „Die Englische“

4. November 2016 Ludwigshafen, Konzertsaal im Pfalzbau 1. PHILHARMONISCHES KONZERT Francesco Angelico, Dirigent Tianwa Yang, Violine Friedrich Gernsheim Sinfonie Nr. 1 g-Moll, op. 32 Rudi Stephan Musik für Geige und Orchester in einem Satz Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 7 A-Dur, op. 92


Das besondere Konzert

Rebellion im Quadrat

AUF NACH WIEN! Wolfgang Amadeus Mozart, Christoph-Mathias Mueller, Cong Gu, Johann Baptist Vanhal, Kevin Griffiths und Jan Václav Voříšek

Auch in der neuen Spielzeit erklingen in der Konzertreihe REBELLION IM QUADRAT wieder Werke der legendären Mannheimer Schule sowie vom Karlsruher Wolfgang Rihm. Und gleich zu Beginn lädt die Staatsphilharmonie musikalisch sogar zur Visite der Musikmetropole Wien ein!

S

chon immer wurde den Böhmen eine außergewöhnliche Musikalität nachgesagt. Nur was war der (Noten-)Schlüssel dafür, dass dieser Landstrich stets mit namhaftesten Komponisten und Solisten gesegnet war? Der englische Musikhistoriker Charles Burney kannte die Antwort. So verriet er in seinen 1773 veröffentlichten Musikreisen-Erinnerungen, „dass nicht nur in jeder großen Stadt, sondern auch in allen Dörfern, wo nur eine Lese- und Schreibeschule ist, die Kinder beiderlei Geschlechts in der Musik unterrichtet werden.“ Wie erfolgreich sich diese frühkindliche Musikförderung auszahlen sollte, bewies Johann Baptist Vanhal. Der Sohn leibeigener Bauern war anscheinend derart für die Musik geboren, dass sein Schullehrer ihm prompt bedeutende Musiklehrer vermittelte. Und aus dem Naturtalent sollte bald einer der einflussreichsten Komponisten des ausgehenden 18. Jahrhunderts werden, der in seiner Wahlheimat Wien schon mal gemeinsam mit Haydn und Mozart Streichquartett spielte. Unter Vanhals riesigem Schaffen, das sage und schreibe 1.300 Werke umfasst, ragen auch seine rund 80 Sinfonien mit ihrer mitreißenden Sturm-und-Drang-Haltung heraus. Und mit einer seiner damals ungemein bewunderten Moll-Sinfonien eröffnet jetzt die Staatsphilharmonie das Konzert zur dritten Ausgabe von REBELLION IM QUADRAT. Wie es sich zum sehr guten Ton dieser 2014 ins Leben gerufenen Konzertreihe gehört, treffen dabei nicht nur Komponisten der Mannheimer Schule auf Wolfgang Rihm als klanggewaltiger Spiritus Rector der Karlsruher Schule. Zugleich begegnet man Komponisten des 18. Jahrhunderts, die etwas aus dem Blickfeld geraten sind. Vanhal ist immerhin im Zuge der historischen Aufführungsbewegung zu neuen Ehren gekommen. Doch

wer kennt Jan Václav Voříšek heute noch, diesen mit bereits 26 Jahren verstorbenen Landsmann von Vanhal? Immerhin war Voříšek in Wien nicht nur Schüler von Johann Nepomuk Hummel, sondern wurde auch von keinem Geringeren als Beethoven gelobt! Seine wohl 1823 und damit zwei Jahre vor seinem Tod geschriebene D-Dur-Sinfonie rundet nun das erste REBELLION IM QUADRAT-Konzert ab, für das Christoph-Mathias Mueller als Gastdirigent gewonnen werden konnte. Schon seit vielen Jahren sorgen die Staatsphilharmonie und Mueller für musikalische Sternstunden eben auch abseits des Repertoire-Mainstreams.

26. November 2016 Karlsruhe, Hochschule für Musik, Wolfgang-Rihm-Forum

Neben den beiden Böhmen Vanhal und Voříšek, die ihr berufliches Glück in Wien finden sollten, lädt auch Mozart zu einem Besuch der österreichischen Musikmetropole ein. Nachdem Vater Leopold Ende 1777 seinem Sohn nach Mannheim geschrieben hatte, dass der berühmte Hornist Joseph Leutgeb sich von ihm ein „Concert“ erbitten würde, kam Mozart dem Wunsch leicht verspätet Anfang der 1780er-Jahre nach. Gleich vier Hornkonzerte schrieb er Leutgeb auf den Virtuosen-Leib. Und mit dem Konzert Nr. 2 wird nun Cong Cu brillieren – seines Zeichens 1. SoloHornist der Staatsphilharmonie. Eine ebenso altvertraute Musikerstimme – wenngleich in einer anderen Tonlage – erklingt schließlich mit Wolfgang Rihm. Seit 1985 ist dieser große Klangvisionär Professor an der Karlsruher Musikhochschule. Und auch hier, in dem nach ihm benannten Forum, präsentieren die Staatsphilharmonie und Christoph-Mathias Mueller nun neben Vanhal, Voříšek und Mozart ein immens spannungsgeladenes Ensemble-Stück aus Rihms „Chiffre“Zyklus.

Jan Václav Voříšek Sinfonie D-Dur, op. 24

Text: Guido Fischer

27. November 2016 Ludwigshafen, Friedenskirche REBELLION IM QUADRAT MANNHEIMER & KARLSRUHER SCHULE Christoph-Mathias Mueller, Dirigent Cong Gu, Horn Johann Baptist Vanhal Sinfonie g-Moll Wolfgang Rihm Chiffre V Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Horn und Orchester Nr. 2 Es-Dur, KV 417

18. Februar 2017 Mannheim, Christuskirche 19. Februar 2017 Karlsruhe, Hochschule für Musik, Wolfgang-Rihm-Forum REBELLION IM QUADRAT MANNHEIMER & KARLSRUHER SCHULE Kevin Griffiths, Dirigent Maria-Elisabeth Lott, Violine Mathias Johansen, Violoncello Johann Evangelist Brandl Ouvertüre zu „Hantild das Mädchen aus Valbella“ op. 50 Carl Stamitz Sinfonia Concertante Nr. 1 Es-Dur für Violine, Violoncello und Orchester Wolfgang Rihm Nature Morte – Still alive Skizze für 13 Streicher Wolfgang Amadeus Mozart Auszüge aus „Gallimathias musicum“ D-Dur, KV 32 Johann Evangelist Brandl Sinfonie D-Dur, op. 25 19


Neuigkeiten und Meldungen

NEUE VORTEILE FÜR UNSERE ABONNENTEN: „6 aus 9“ – das LUMA-Flex Paket: Wählen Sie sechs aus den vier Konzerten im Pfalzbau und den fünf Konzerten im Rosengarten aus und genießen Sie in allen Kategorien einen Sonderrabatt von

DEUTSCH E STA ATSP H I LHAR MON I E R H EI N L AN D-P FALZ

2016 2017

35% auf den Einzelkartenpreis. … Und damit der Weg über den Rhein ein Leichtes für Sie ist, freuen wir uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir ab jetzt mit dem RNV kooperieren: Kommen Sie entspannt und autofrei zu unseren Konzerten, sparen Sie sich die Parkplatzsuche und gönnen Sie sich ein Schlückchen Sekt: Nutzen Sie Ihr Abo-Ticket als Fahrschein zum Konzert. Gültig im gesamten Verkehrsverbund Rhein-Neckar in Bussen und Straßenbahnen sowie in den freigegebenen Zügen

ORCHESTER DES JAHRES

(DB: RE, RB, S-Bahn jeweils in der 2. Klasse).

HERZLICH WILLKOMMEN BEI DER DEUTSCHEN STAATSPHILHARMONIE RHEINLAND-PFALZ!

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NEU IM ORCHESTER:

NEU IN DER VERWALTUNG:

KRISTINA URBAN 1985 geboren, begann Kristina Urban schon früh ihre musikalische Laufbahn. Ihr Abitur erlangte sie auf dem Musikgymnasium Schloss Belvedere in Weimar. Ihr Studium führte sie an die Hochschule für Musik in Detmold und an die Universität Mozarteum Salzburg, wo sie ihren Abschluss mit Auszeichnung erlangte. Zahlreiche Orchestererfahrung sammelte die Cellistin unter anderem bei der Bayrischen Kammerphilharmonie, beim Staatstheater Nürnberg oder den Münchner Philharmonikern. Außerdem zeugen zahlreiche Stipendien, einige Konzerte als Solistin und kammermusikalische Tätigkeiten von ihrem herausragenden Talent und ihrem vielseitigen Können. Seit dem 15. Dezember ist Kristina Urban Teil der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz.

SYBILLE LEPPER ist seit Mai Orchesterdisponentin der Staatsphilharmonie. Für die studierte Theologin ist Glaube und Theologie untrennbar. Ein Konzerterlebnis bedeutet für sie nicht nur das Hören von Musik, sondern auch eine Art von Spiritualität. Bereits während ihres Studiums verlagerte sich ihr Interesse mehr und mehr in Richtung Musik und Management. Durch ihre Tätigkeit beim Göttinger Symphonieorchester und der Philharmonie Baden-Baden konnte sie ihre Begeisterung für Organisation und Kultur in berufliche Bahnen lenken. Die große musikalische Bandbreite der Staatsphilharmonie hat sie von Anfang an begeistert. Sie freut sich, zum Gelingen der vielfältigen Veranstaltungen beizutragen.


Neuigkeiten und Meldungen

NOCH EINE KLEINE MELDUNG AM RANDE: Damit Ihnen die Staatsphilharmonie durch unvergessliche

SO UM 5 Kammermusik sonntags um fünf

Momente mit großer Sinfonik und nicht mit einem Hustenkonzert in Erinnerung bleibt, sind wir eine Kooperation mit dem Kräuterbonbonhersteller Ricola eingegangen. Diese Zusammenarbeit haben wir zwar nicht erfunden – denn auch in der Semperoper, beim SchleswigHolstein Musikfestival und

ee gskaff rung a t n n h o Mit S nzer teinfü o und K

in der Kölner Philharmonie ist der Drops bereits gelutscht – dennoch freuen wir uns, Ihrem Wohlbefinden während des Konzerts

Das SO UM 5-Team (v.l.n.r.): Petra Fluhr, Antonia Zimmermann, Bernd Mallasch, Anne Scheffel, Konstantin Bosch und Hildegard Boots

entgegenkommen zu können bzw. Sie vor dem gefürchteten Konzerthuster zu bewahren.

Jean Françaix

FAMILIENFEST IN DER PHILHARMONIE Am 18. September heißt die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz alle interessierten Gäste willkommen. Begegnen Sie den Mitgliedern des Orchesters und genießen Sie einen Samstagnachmittag voller Musik mit Familie und Freunden! EINTRITT FREI!

IMPRESSUM Herausgeber V.i.S.d.P.: Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, Heinigstraße 40 67059 Ludwigshafen Telefon 0621 - 599090 Telefax 0621 - 5990950 info@staatsphilharmonie.de www.staatsphilharmonie.de Intendant: Prof. Michael Kaufmann Generalmusikdirektor: Karl-Heinz Steffens Redaktion: Prof. Michael Kaufmann, Judith Schor Originalbeiträge: Prof. Michael Kaufmann, Judith Schor, Prof. Dr. Matthias Henke, Isabel Steppeler, Carolin Krahn, Klaus Ritter, Gert Deppe, Guido Fischer, Stefan Keim Gestaltung: DesignKultur, Wiesbaden Druck: Chroma Druck & Verlag GmbH Programm- und Besetzungsänderungen vorbehalten. Dieses Magazin ist auf FSC®-zertifiziertem Papier gedruckt und umweltfreundlich hergestellt worden

Fotos: S. 1: Aribert Reimann © Schott Promotion/ Gaby Gerster S. 2: Michael Kaufmann: DSPRP • S. 3: Judith Schor © Julia Okon, Titelbild Spielzeitheft © Marlis Jonas, Igor Strawinsky © Staatsphilharmonie, Aribert Reimann © Schott, Gaby Gerster, Frank Dupree © Sebastian Heck • S. 4: Igor Strawinsky, Quelle: Bildarchiv Staatsphilharmonie „Le Sacre du Printemps“ in einer Karikatur von Jean Cocteau, Quelle: New York Times: Igor Strawinski, Ausgabe vom 8. Juni 1913 • S. 5: Duke Ellington © dukeellington. com • S. 6: Alexandra Petersamer © Alexandra Petersamer, Richard Galliano © Vincent Catala, Juliane Banse © Stefan Nimmesgern, Jean Cocteau, Pablo Picasso, Igor Strawinsky, Olga Choclowa: http:// www.pablo-ruiz-picasso.net • S. 7: Frank Peter Zimmermann © Harald Hoffmann-HaensslerProgramme cover for Vaslav Nijinsky‘s L‘Aprés-midi d‘un faune, by Léon Bakst © public domain wikimedia• S. 9: Aribert Reimann © Schott Promotion/Gaby Gerster • S. 10/11: Rainer Kern und Charles Laundry © Gunnar Fuchs • S. 11: Hotel Speicher 7 © Stadt Mannheim, Fachbereich Presse und Kommunikation • S. 12: Frank Dupree © Sebastian Heck, Ludwig van Beethoven: Joseph Karl Stieler • S. 13: Wörth © Stadtverwaltung Wörth • S. 14: Karl-Heinz Steffens © Benno Hunziker, Alexandra Petersamer © Alexandra Petersamer, Richard Galliano © Vincent Catala, Frank Peter Zimmermann © Harald HoffmannHaenssler, John Fiore © J. Quast, Tan Dun © Feng

Hai • S. 15: Michael Quast © Ute Schende, Frank Dupree © Sebastian Heck, Sabine Meyer © Christian Ruvolo, Claudio Bohórquez © Neda Navaee • S. 16: Jesco Sirvend © www.jesko-sirvend.de, Maia Cabeza © www.maiacabeza.com, Michael Quast © Ute Schendel • S. 17: Rudolf Stephan © Rudi Stephan wikipedia public domain, Friedrich Gernsheim © wikipedia public domain • S. 18: Sophie Pacini © susanne-kraus.de • S. 19 Christoph-Mathias Mueller © Marco Borggreve, Con Gu © Hardy Mueller, Johann Baptist Vanhal © Wikipedia, Wolfgang Amadeus Mozart © Wikipedia, Jan Václav Voříšek © Wikipedia, Kevin Griffiths © kevin-griffiths.com • S. 21: Sybille Lepper © Viola Eckert, Jean Francaix © Staatsphilharmonie • S. 22: Tan Dun © Nana Watanabe, Brücke © Fotolia • S. 23: Wolfgang Amadeus Mozart © Wikipedia, Sabine Meyer © Christian Ruvolo, Karl-Heinz Steffens © Klaus Rudolph • S. 24: Krabbelkonzert © Staatsphilharmonie, Andrea Apostoli © giacomino.it • S. 25: Jugendliche © Fotolia Rwapixel.com • S. 26 Genter Altar (Ausschnitt) © wikipedia • S. 27: Papst Johannes XXII © wikipedia • S. 27: Matthias Henke © kurt-weill-fest.de Wir danken den Künstlern und Künstleragenturen für die freundliche Unterstützung bei der Bildbeschaffung. Urheber, die nicht zu ermitteln oder zu erreichen waren, werden zwecks nachträglicher Rechteabgeltung um Nachricht gebeten.

Humor & Sehnsucht Franz Schuberts Oktett von 1824 zählt unumstritten zu den wichtigsten Kammermusikwerken des 19. Jahrhunderts. Schubert hat sich hier nicht nur von Beethovens Septett inspirieren lassen, sondern experimentierte nach seiner „Unvollendeten“ an einer Erweiterung der sinfonischen Form. Zu Beginn hören Sie das humorvolle Oktett von Jean Françaix aus dem Jahr 1972, das im letzten Satz mit einer Wiener Walzerparodie aufwartet und somit der optimale musikalische Appetitanreger für das Kuchenbuffet im Foyer ist. SO 23. OKTOBER 2016 Ä 17:00 Ludwigshafen, Philharmonie „HUMOR & SEHNSUCHT“ Nikolaus Boewer, Violine Marcus Diehl, Violine Karoline Markert, Viola Florian Barak, Violoncello Wolfgang Güntner, Kontrabass Julius Kircher, Klarinette Cong Gu, Horn Antonia Zimmermann, Fagott Jean Françaix Oktett für Klarinette, Fagott, Horn und Streicher Franz Schubert Oktett für Klarinette, Fagott, Horn und Streicher, D 803 21


Das besondere Konzert

Der chinesische Komponist Tan Dun

BRÜCKEN ZWISCHEN DEN MUSIKWELTEN Tan Dun

Der chinesische Komponist Tan Dun vereint westliche Sinfonik mit musikalischen Impulsen aus seiner Heimat – und Smartphones. Dass er in Ludwigshafen gastiert, ist eine echte Sensation, die mit gleich zwei aufeinanderfolgenden Konzerten mit unterschiedlichen Programmen gewürdigt wird. 12. Oktober 2016 Ludwigshafen, BASF-Feierabendhaus KONZERTREIHE DER STADT LUDWIGSHAFEN UND DER BASF SE – 1. SINFONIEKONZERT Tan Dun, Dirigent Li-Wei Qin, Violoncello Bedřich Smetana Die Moldau aus dem sinfonischen Zyklus Mein Vaterland Tan Dun Intercourse of Fire and Water für Violoncello Tan Dun Passacaglia: Secret of Wind and Birds (DE) Benjamin Britten Four Sea Interludes op. 33a 13. Oktober 2016 Ludwigshafen, BASF-Feierabendhaus Tan Dun, Dirigent Yingdi Sun, Klavier Siqing Lu, Violine Sergej Prokofjew Die Liebe zu den 3 Orangen, Sinfonische Suite op. 33a Tan Dun Farewell my Concubine für Klavier, Peking Oper Sänger und Orchester (DE) Tan Dun Out of Peking Opera für Violine und Orchester Sergej Prokofjew Auszüge aus Romeo und Julia op. 64a

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an Dun baut Brücken. Seine Musik spiegelt glaubwürdig asiatische Philosophie und vereint sie mit einem satten, westlich geprägten Orchestersound. Mit der Filmmusik zum edlen Actiondrama „Tiger and Dragon“ wurde er vor 16 Jahren weltberühmt und bekam einen Oscar. Viele weitere Opern, Soundtracks und Konzertstücke folgten. In gleich zwei Konzerten stellt sich der 59-jährige Komponist und Vollblutmusiker mit der Staatsphilharmonie in Ludwigshafen vor. „In meiner Kindheit kannte ich nur buddhistische Gesänge und Peking-Opern“, erzählt Tan Dun und macht ein paar jaulende Geräusche. „Sie verstehen, dieses Zeug.“ Er weiß genau, wie traditionelle chinesische Musik auf westliche Ohren wirkt und hat den Humor, das zu karikieren. Dabei war seine Jugend alles andere als witzig, denn es war die Zeit der Kulturrevolution in China. Wie viele andere Künstler musste Tan Dun als Reisbauer schuften, bevor die Politik sich änderte und er am Konservatorium in Peking studieren durfte. „Da nahm mich jemand mit in ein Konzert des Philadelphia Orchestra. Da hörte ich dann Pampampam-Paaaa.“ Jetzt imitiert Tan Dun Beethovens Fünfte und grinst. „Ach, dachte ich mir, Musik kann auch so was sein.“ Man merkt dem Komponisten an, dass er seit längerer Zeit in New York lebt. Er hat Entertainer-Qualitäten, die nötig sind, um in den USA Aufmerksamkeit außerhalb der engen Expertenkreise zu erzielen. Tan Dun hat Enge niemals ertragen. Ihn zog es immer in die Weite, an die Grenzen der musikalischen Möglichkeiten und darüber hinaus. Er ist unglaublich experimentierfreudig, verliert dabei aber nie sein Publikum aus dem Auge. Abgedrehte Avantgarde ist seine Sache nicht. Aber Tan Dun verlangt ein offenes, aufmerksames Hören. Denn er schafft neue Klangwelten. „Wir leben ja nicht mehr in der Zeit von Tschaikowsky und Chopin“, sagt er. „Unsere eigene Zeit verstehen wir doch viel besser.“

In der „Passacaglia: Secret of Wind and Birds“ bringt Tan Dun die Smartphones der Zuschauer zum Klingen. Sie spielen Geräusche ab, die an Vögel erinnern. Tan Dun hat sie zuvor mit traditionellen chinesischen Instrumenten aufgenommen. Erst dann setzen leise Posaune, Harfen und schließlich die Streicher ein. Die Handys sind nicht nur ein Gag, sie kommen später wieder, diesmal spielen die Orchestermusiker die Soundfiles und schwenken ihre Telefone. Nachahmungen von Naturklängen, die aus den Kommunikationsmitteln der modernen Zeit tönen – das bedeutet natürlich eine Verfremdung – ein Spiel mit unseren Hörgewohnheiten. Dann bricht eine enorm fröhliche, rhythmisch voran treibende Orchestermusik los, die Tan Dun selbst als „kraftvolle, orchestrale HipHop-Energie“ bezeichnet. Ein effektvolles, fast schon unverschämt unterhaltendes Stück mit philosophischem Tiefgang, in Ludwigshaften wird es erstmals in Deutschland zu hören sein. Dieses Stück ist typisch für Tan Dun, der auch hinreißende Werke für Soloinstrumente und Orchester schreibt. Sein Klavierkonzert „HEAR & NOW“ wurde von den New Yorker Philharmonikern in Auftrag gegeben und mit Lang Lang am Flügel uraufgeführt. Im – ebenfalls in Ludwigshafen als deutsche Erstaufführung gespieltem – Stück „Farewell my Concubine“ erzählt Tan Dun im Stil einer sinfonischen Dichtung mit Soloklavier eine ergreifende Liebesgeschichte aus der Welt der Pekingoper. Es folgt direkt das Stück „Out of Peking Opera“ von 1994, zwei Erinnerungen an eine Musiktradition, in der große Gefühle hinter ritualisierten Gesten und Masken verborgen sind. Neben seinen eigenen Werken wird Tan Dun auch Prokofjew, Britten und Smetana dirigieren, Werke von Komponisten, die ebenfalls stark in ihrer Heimatkultur verwurzelt waren und ebenso neue Wege suchten. Musik des sinnlichen Brückenbaus, Musik der Begegnung. Text: Stefan Keim


Das besondere Konzert

Sabine Meyer

IM 7. MOZART-HIMMEL Wolfgang Amadeus Mozart / Sabine Meyer

Zusammen mit der Staatsphilharmonie und Karl-Heinz Steffens ist die unvergleichliche Klarinettistin Sabine Meyer bei den Heidelberger Meisterkonzerten zu Gast. Und sie widmet sich nicht nur Mozarts Klarinettenkonzert.

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enn sich ein Musiker ins Herz von Wolfgang Amadeus Mozart gespielt hatte, gehörte er zu den Glücklichen, die mit mindestens einem Meisterwerk beschenkt wurden. Und genau dies passierte Anton Stadler. Glaubt man Ohrzeugenberichten, konnte er auf der Klarinette nicht nur „die menschliche Stimme täuschend nachahmen“. Sein Ton war „so weich, so lieblich, dass ihm niemand widerstehen kann, der ein Herz hat!“ Diesem Klarinetten-Orpheus schrieb Mozart also seine schönsten Werke für dieses Blasinstrument auf den Leib. Dazu gehören das Klarinettenquintett und nicht zuletzt das Klarinettenkonzert A-Dur KV 622, das seitdem als eines der größten Musikweltwunder gilt. Mit diesem Werk hat sich Sabine Meyer immer und immer wieder beschäftigt. Und wer diese mit zahllosen Preisen geehrte Ausnahmekünstlerin nur ein einziges Mal erlebt hat, wie sie mit ihrem schwerelos dahinströmenden Atem die erlesenen Kantilenen und die Momente magischer Tragik nachspürt, der wusste sofort: Nur so kann das pure Mozart-Glück klingen! Eine von Meyers größten Bewunderinnen, Anne-Sophie Mutter, sieht das übrigens ähnlich. Schließlich ist für die StarGeigerin die 1999 entstandene Aufnahme von Mozarts Klarinettenkonzert mit Meyer, Claudio Abbado und den Berliner Philharmonikern bis heute unerreicht. Als das „beste und bedeutendste Bläserkonzert“ hat die im württembergischen Crailsheim geborene, heute in Lübeck lebende Klarinettistin einmal das Mozart-Konzert bezeichnet. Und wenngleich sie es unzählige Male im Konzertsaal gespielt hat (u.a. auch bereits mit GMD KarlHeinz Steffens), besitzt das Stück für sie weiterhin einen rätselhaften Kern, der einen wie magnetisch anzieht. Besonders gilt das für die Originalfassung für die tenorale Bassettklarinette, bei der gerade das Leidenschaftliche dieser Musik für Meyer noch intensiver herauskommt. „Mozart liebte die Bassettklarinette gerade wegen ihres weicheren, sonoreren Klangcharakters“, so die seit nun-

mehr 30 Jahren an der Weltspitze spielende Musikerin. Wenn sie daher nun im Rahmen des 1. Heidelberger Meisterkonzerts der Konzertsaison 2016/2017 bei ihrem Gastspiel bei der Deutschen Staatsphilharmonie Mozart eben auf diesem Instrument feiert, hat das so gar nichts mit dem Denken einer Originalklangbewegten zu tun. Bei Meyer geht es wie überhaupt bei allem, was sie spielt, um den idealen Ausdruck in Klang und Gestaltung.

22. November 2016 Heidelberg, Stadthalle 1. HEIDELBERGER MEISTERKONZERT Karl-Heinz Steffens, Dirigent Sabine Meyer, Klarinette Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Klarinette und Orchester A-Dur, KV 622 Ä Konzert-Arien (arr. für Sabine Meyer) Peter Iljitsch Tschaikowsky Sinfonie Nr. 1 g-Moll, op. 13 „Winterträume“

6. April 2017 Heidelberg, Stadthalle Karl-Heinz Steffens

Wer wie Sabine Meyer Mozart so traumwandlerisch verinnerlicht hat, der kann dementsprechend gar nicht genug bekommen von seiner Musik. Und so hat sie den renommierten Arrangeur Andreas N. Tarkmann gebeten, handverlesene Konzertarien Mozarts für die Klarinette zu bearbeiten. Bei den Arrangements war es ihr aber wichtig, dass sie nicht einfach die ursprüngliche Gesangsstimme der Konzertarien nachspielt, sondern dass die Neufassungen wie authentische Konzertstücke für die Klarinette wirken. Dass dies rundum gelungen ist, davon kann man sich auch jetzt überzeugen. Und ob Meyer einige dieser Mozart-Arien ohne Worte nun auf der Bassettklarinette oder dem Bassetthorn ‘singen’ wird – hier lassen sich die bewundernden Worte, mit denen Anton Stadler einst gepriesen wurde, eins zu eins auf Sabine Meyer übertragen: Ihr Klarinettenton „ist so weich, so lieblich, dass ihm niemand widerstehen kann, der ein Herz hat.“ Text: Guido Fischer

AUFTAKTKONZERT „Neuland.Lied“ im Rahmen des 21. Heidelberger Frühlings Karl-Heinz Steffens, Dirigent N.N., Bariton/Mezzosopran N.N., Tenor Wolfgang Amadeus Mozart Sinfonie Nr. 41 C-Dur, KV 551 „Jupiter-Sinfonie“ Gustav Mahler Das Lied von der Erde 5. Mai 2017 Heidelberg, Stadthalle 2. HEIDELBERGER MEISTERKONZERT Antonello Manacorda, Dirigent Maximilian Hornung, Violoncello Dmitri Schostakowitsch Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 1 Es-Dur, op. 107 Gustav Mahler Sinfonie Nr. 1 D-Dur 23


Das besondere Konzert Musik ist die Sprache der Welt

Ad.agio und Krabbelkonzerte

KONZERTE VON UND MIT ANDREA APOSTOLI Andrea Apostoli – Konzertpädagogischer Berater der Deutschen Staatsphilharmonie mit großen Ambitionen und Visionen für Menschen jeden Alters und jeder Herkunft

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önnen Kunst und Kultur den Menschen verändern? Können sie ihn zu einem umsichtigen, sanfteren, edleren – gar zu einem besseren Menschen machen?

Jean-Étienne Liotard: „Mlle Hélène Glavany und Mr Levett in türkischen Kostümen“, ca. 1740

Konzepte, denn gerade in der aktuellen Auseinandersetzung um Migration und Zuwanderung und die Frage, wie auf ein Willkommen ein Ankommen folgen kann, seien Kunst und Kultur – sei die Musik besonders gefragt. Bereits mit Kunst und Kultur setzten die Vergangenheit in zahlreichen Projekten, wie jüngst mit dem Beziehung zur Gegenwart und viele bedeutende Auftragswerk LIEDER AUS DER FREMDE, zeigte Denker waren überzeugt, dass der Musik eine die Staatsphilharmonie auf diesem Gebiet ganz besondere Stellung unter den Künsten zukäein außergewöhnliches Engagement (siehe Kasme. Wie Schopenhauer in seiner „Metaphysik der Klassische Musik schon für die Kleinsten ten S. 25). Prof. Musik“ schreibt, ist sie die einzige Kunst, die Michael Kaufeinen direkten Zugang zu den Dingen schafft. Dem liegt die mann betont den Reichtum der Kant’sche Idee zugrunde, dass wir die Welt nicht unmittelbar wahrverschiedenen Kulturen, der gemeinnehmen können: Der Mensch kennt keine Sonne und keine Erde. sam umso größer wird, obwohl auch Seine Welt ist nicht einfach da, sondern steht immer in Beziehung jeder für sich genommen von unzu etwas anderem wie beispielsweise dem eigenen Auge oder Ohr. schätzbarem Wert ist. Doch warum AD.AGIO: BEGEGNUNG DER KULTUREN Die Wahrnehmung der Welt ist stets gefärbt durch dieses Medium, sollte man es nicht riskieren, alles in Andrea Apostoli, wodurch es nichts gibt, was objektiv zu betrachten ist: Der Blick eine Waagschale zu legen? Diesem Konzept und Leitung wird durch die eigene Wahrnehmung subjektiv und kann der Gedanken folgt auch die Konzert29. Oktober 2016 Wahrheit nicht mehr standhalten. Nur die Musik vermöge den reihe AD.AGIO: Begegnungen der Ludwigshafen, Philharmonie Haydn und die mystische ungeschützten Blick auf die Welt Preis zu geben. Kurz: Musik Kulturen. Im Vordergrund steht das Musik aus Persien schafft Erkenntnis, womit die Eingangsfragen beantwortet sein interkulturelle Moment. So lässt Farzaneh Joorabchi, Gesang dürften – JA! bereits der Titel des am 29.  Okto4. März 2017 ber  2016 stattfinden Konzerts erahLudwigshafen, Philharmonie Debussy und die Klänge Womöglich ist das ein überholter musikästhetischer Zugang ohne nen, dass es sich um eine lebendige der Sahara Bezug zu einer gesellschaftlichen Realität, doch Andrea Apostoli, Interaktion zwischen den KulturkreiEsharef Alì Mahgag, Gesang der Konzertpädagogische Berater der Deutschen Staatsphilharmosen handelt: „Haydn und die my20. Mai 2017 Ludwigshafen, Philharmonie nie vermag es, das abstrakte Konzept in lebendige Konzerte für stische Musik aus Persien“. Das BeTelemann, Vivaldi und die Klein und Groß zu verwandeln. Ende Oktober ist er zweimal zu sondere an Apostolis Konzerten liegt türkische Kunstmusik Gast in der Region: Mit zwei von ihm entwickelten KRABBELin der Erfahrung, dass das scheinbar Verein für türkische Kunstmusik Ludwigshafen KONZERTEN, die am 26. Oktober um 15 und 16.30 Uhr in Worms im Widerspruch zueinander stehenPreise stattfinden, kommen schon die Jüngsten in den Kontakt mit der de doch eine Beziehung verbindet. Einzelkarte 14,00 € | U27: 7,00 € klassischen Musik – Große Musik für kleine Ohren. Apostoli bezeichnet dieses PhämoTickets Telefon 0621 - 3367333 men als „Alchemie“ der Klänge. Wie Gruppenanmeldungen: Am 29. Oktober findet dann ein weiteres Konzert der Reihe man es auch benennen will, am Telefon 0621 - 5990926 AD.AGIO: Begegnungen der Kulturen statt, deren Initiator und Leiter Ende setzt echte Kunst dort ein, wo 26. Oktober 2016 ebenfalls Andrea Apostoli ist. Prof. Michael Kaufmann, Intendant sie zu wirken beginnt. Worms, Das Wormser Text: Judith Schor der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, begrüßt derlei KRABBELKONZERT

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Begegnungen der Kulturen

Franz Schubert und Șevki Bey

LIEDER VON WIEN BIS ISTANBUL Mit dem Werk der Komponisten Şevki Bey und Franz Schubert schaffen Mitglieder der Staatsphilharmonie gemeinsam mit türkischen Künstlern musikalische Begegnungen zwischen „Abend-“ und „Morgenland“

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as charakterisiert den Orient, was den Okzident? Und lässt sich das überhaupt so klar voneinander abgrenzen? Diese heute immer noch und wieder brandaktuellen Fragen, werden schon seit Jahrhunderten verhandelt. Zur Zeit des Kolonialismus herrschte innerhalb der westlichen Gesellschaft ein prinzipieller Konsens über die politische, wirtschaftliche und kulturelle Anders- und vor allem Unterlegenheit des Orients. Dieser Diskurs ebnete den Weg für die Unterwerfung des Orients durch die europäischen Kolonialmächte und brachte ein für das Abendland typisches identitätsstiftendes Überlegenheitsgefühl zum Ausdruck, das die eigene Einzigartigkeit und zivilisatorische Überlegenheit betont. Bis in die postkoloniale Ära wirktw diese Sichtweise nach und ließ allzu oft vergessen, dass es in allen Teilen der Welt hervorragende kreative Vordenker gibt und gab. Das Projekt LIEDER VON WIEN BIS INSTANBUL setzt mit Şevki Bey und Franz Schubert zwei Komponisten der gleichen Generation in einen Kontext, deren gesellschaftlich-kultureller Hintergrund mit einer Sozialisierung in Istanbul bzw. in Wien scheinbar kaum unterschiedlicher hätte ausfallen können – doch falsch! Die Biografien der beiden Komponisten weisen erstaunliche Parallelen auf: Beiden war nur ein kurzes Leben beschert, welches jedoch von einem immensen Schöpferdrang geprägt war. Auch Şevki Bey komponierte eine unfassbare Anzahl an Liedern, mit denen er im Orient einen sehr hohen Bekanntheitsgrad erlangte. Und selbst optisch lässt sich eine gewisse Ähnlichkeit von Schubert und Bey nicht leugnen.

Ein Gemälde von Abdülmecid II. (1868 – 1944), dem letzten osmanischen Kalifen und ambitionierten Maler. Es zeigt ein familiäres Hauskonzert im Bağlarbaşı Palast – deutlich wird die damalige Hinwendung zur westlichen Kultur in Mobiliar, Instrumenten und Beethoven-Büste.

„Ausgehend von der Überlegung, dass über die Übereinstimmungen in den Lebensgeschichten der beiden großen Liedkomponisten des Abendund des Morgenlandes hinaus vielleicht auch Ähnlichkeiten in den von ihnen hinterlassenen Werken vorhanden sein könnten, entstand der Wunsch, Werke von Schubert und Şevki Bey auf derselben Bühne aufzuführen. Damit laden wir das Publikum dazu ein, bei allen Unterschieden auch die Gemeinsamkeiten in der Musik des Westens und des Ostens zu entdecken“, so der künstlerische Leiter von LIEDER VON WIEN BIS INSTANBUL Necip Gülses. Mitglieder der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz werden zusammen mit so renommierten türkischen Künstlerinnen und Künstlern wie Meliht Gülses, der Grand Dame des türkischen Chansons, Bey und Schubert – die beiden Doppelgänger aus Istanbul und Wien – auf eine gemeinsame Bühne bringen. Im Vordergrund stehen die Gemeinsamkeiten zwischen den Kulturen, die sich in der Musik besonders gut ausdrücken lassen – dabei spielt es keine Rolle, von welchem kulturellen Ursprung sie ihren Lauf nimmt. Text: Judith Schor 26. und 27. November 2016 Ludwigshafen, Philharmonie LIEDER VON WIEN BIS ISTANBUL Melihat Gülses, Sopran Paul-Armin Edelmann, Bariton Ä N.N., Klavier Necip Gülses, Tanbur (Langhalslaute) Can Yıldırım, Kanun (Kastenzither) Neva Gülses, Kemençe (Kniegeige) Volkan Yılmaz, Ney (Längsflöte) Murat Süngü, Violoncello Mitglieder der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Preise Einzelkarte 19,00 € | U27: 7,00 €

LIEDER AUS DER FREMDE FÜR SCHULEN Kann Ausgrenzung, kann die Diskreditierung der zu uns kommenden Menschen eine Option zur Gestaltung der Zukunft sein? Wäre die Abschottung vor der Welt eine Lösung? Wir wollen mit Jugendlichen darüber ins Gespräch kommen dazu, dass das nicht so ist! Mit einer speziell für Schulen gestalteten Fassung von „LIEDER AUS DER FREMDE“ will die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz einen Beitrag leisten zu einer auch künftig menschenfreundlichen, humanen Gesellschaft. Planen Sie Ihre besondere Vorstellung mit uns! Bei Interesse an einer Vorstellung in ihrer Schule melden Sie sich bitte unter willkommen@ staatsphilharmonie.de 25


Kolumne Prof. Dr. Matthias Henke

MODERN TIMES … vor 700 Jahren?

Ausschnitt aus dem Genter Altar, ein Flügelaltar in der Genter St.-Bavo-Kathedrale. Er wurde von Jan van Eyck und wahrscheinlich dessen Bruder Hubert van Eyck geschaffen. 26


Kolumne

Einer der merkwürdigsten Päpste, die es je gegeben hat, ist zweifelsohne Johannes XXII. So erreichte er, bei Weitem nicht zur Freude aller Christen, ein wirklich biblisches Alter.

Immerhin lebte er von 1245 bis 1334 – eine im Mittelalter unglaubliche Spanne, waren dem damaligen Menschen doch nur 30 Jahre gegeben, jedenfalls im Durchschnitt. Ein Alleinstellungsmerkmal ist überdies der Ort seiner Residenz: Johannes XXII. ist der einzige Papst der Kirchengeschichte, der das Amt ausschließlich im französischen Avignon wahrnahm. Auch seine Persönlichkeit mutet uns Heutigen extrem an. Einerseits galt er als käuflich und huldigte dem Nepotismus, besetzte also attraktive Kirchenposten mit Verwandten. Andererseits soll er selbst einfach, ja spartanisch gelebt haben und als Wohltäter der Armen aufgetreten sein, die er in einem erstaunlichen Ausmaß mit Nahrungsmitteln, Kleidung und Medikamenten versorgte. Als sei das nicht genug, mischte sich Johannes XXII. 1325 in die handwerkliche Arbeit der damals führenden Komponisten ein. Nachdem die kirchlichen Gesänge jahrhundertelang im wesentlichen einstimmig gewesen waren, hatten die Musiker um 1200 Möglichkeiten entwickelt, zwei-, drei-, ja vierstimmig zu schreiben und rhythmisch komplexe Abläufe zu gestalten. Voraussetzung für beides war eine neue Art der Verschriftlichung, die sogenannte Mensuralnotation. Gegen all dieses wehrte sich der Papst, indem er per Erlass die Ars nova, die neue Kunst, scharf verurteilte. Er machte aber nicht einfach seiner Empörung Luft, sondern begründete seine Haltung recht ausführlich. Beispielsweise führte er ins Feld, dass der ursprüngliche Gesang durch die neu hinzugefügten Oberstimmen überdeckt würde, er eigentlich gar nicht mehr vernehmbar sei. Am heftigsten aber störte ihn der neue Umgang mit dem Text. Denn die Sänger griffen nicht alle auf den lateinisch-liturgischen Text zurück, der meist in der Unterstimme lag. Vielmehr kam es häufig vor, dass die oberen Stimmen zusätzlich einen weltlichen, gelegentlich sogar erotischen Text zu singen hatten. So gesehen lässt sich die Stellungnahme des Papstes gegen die MODERN TIMES gut nachvollziehen. Aber sein Appell, dem einstimmigen Kirchengesang wieder zur Alleingeltung zu verhelfen, verhallte

so gut wie ungehört. Die fade Reaktion der Öffentlichkeit mag einerseits daran gelegen haben, dass Johannes XXII. die Zuwiderhandlung mit der „drakonischen“ Strafe belegt hatte, die „Täter“ dürften zwei Wochen lang keine Messe besuchen. Andererseits vermochte sein Schriftsatz nicht den menschlichen Urtrieb einzudämmen, nämlich kreativ zu sein und aus Vorhandenem Neues zu schaffen. Unbeeindruckt vom päpstlichen Erlass entwickelte eine beachtliche Schar genialer Komponisten die Kunst des mehrstimmigen Komponierens weiter: wie der in Reims wirkende Guillaume de Machaut oder der in Cambrai ansässige Guillaume Dufay. Doch blieben sie der hohen Geistlichkeit weiterhin ein Dorn im Auge. Folglich versuchte man der mehrstimmigen Kirchenmusik Einhalt zu gebieten, indem man 1545 eine Konferenz organisierte, das sogenannte Tridentiner Konzil. Und es kam, wie es kommen musste: Das Vorhaben, die polyfone Musik aus dem Kirchenraum zu verbannen, scheiterte erneut, nicht zuletzt weil der aus Rom stammende Giovanni Palestrina auf dem Konzil neuartige Kompositionen vorgelegt hatte: Sie warteten einerseits mit kunstvoller Mehrstimmigkeit auf, ließen andererseits aber auch den liturgischen Text zur Geltung kommen – kein Wunder, dass sie in den kommenden Jahrhunderten als musterhafte Vorbilder dienten. Obwohl der Kampf gegen die MODERN TIMES in der Musik also schon viele Jahrhunderte andauert, ist der Begriff „Neue Musik“ verhältnismäßig jung. Der Musikschriftsteller Paul Bekker prägte ihn, indem er 1919 ein Buch gleichen Namens veröffentlichte. Mit seiner Wortschöpfung verknüpfte Bekker allerdings alles andere als eine Kampfansage gegen musikalische Himmelsstürmer. Vielmehr verband er mit „Neue Musik“ vor allem die Hoffnung auf einen neuen, einen befreiten Menschen und eine neue Gesellschaft – eine Vision, der auch heute noch unsere Hoffnungen gelten sollten. „Die Probleme der neuen Kunst“, beendete Bekker sein Buch, „gehen uns alle ins Innerste an, es sind Probleme unseren heutigen Menschtums überhaupt.“

Matthias Henke, Univ.-Prof. Dr., seit 2008 Professor für Musikwissenschaft an der Universität Siegen, seit 2013 Gastprofessor an der Donau-Universität Krems, Wissenschaftlicher Beirat der Ernst Krenek Institut Privatstiftung, Wissenschaftlicher Beirat der Kurt-Weill-Gesellschaft Dessau, Vorstandsmitglied der Eduard-ErdmannGesellschaft. Prof. Dr. Matthias Henke ist Autor zahlreicher Bücher und Aufsätze zur Musik des 20. Jahrhunderts (Schwerpunkt Österreich); aktuelle Veröffentlichung: Schönheit und Verfall – Thomas Mann und Ernst Krenek (i.V.)

Links: „Musizierende Engel“, Flügel des Genter Altars von Jan und Hubert van Eyck, St.-Bavo-Kathedrale, Gent, vollendet 1432.

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Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz Heinigstraße 40 67059 Ludwigshafen Telefon 0621 - 59 90 90 Telefax 0621 - 59 90 950 info@staatsphilharmonie.de www.staatsphilharmonie.de In der Trägerschaft des Landes Rheinland-Pfalz

HÖH EP U N K TE DEZEM B ER 2016 – F EB R UAR 2017 DO Ä 8. DEZEMBER 2016 Ä 19:30 Ä Mannheim

2. MANNHEIMER MEISTERKONZERT Michael Francis, Dirigent Julian Steckel, Violoncello FR Ä 9. DEZEMBER 2016 Ä 20:00 Ä Kaiserslautern

Michael Francis, Dirigent Julian Steckel, Violoncello DO Ä 15. DEZEMBER 2016 Ä 19:30 Ä Ludwigshafen

Benefiz-Weihnachtskonzert der Bürgerstiftung Ludwigshafen SA Ä 17. DEZEMBER 2016 Ä 19:30 Ä Mainz

2. MAINZER MEISTERKONZERT SO Ä 18. DEZEMBER 2016 Ä 19:30 Ä Karlsruhe

Hubert Soudant, Dirigent Michael Barenboim, Violine MI Ä 25. JANUAR 2017 Ä 19:30 Ä Ludwigshafen

2. PHILHARMONISCHES KONZERT Karl-Heinz Steffens, Dirigent DO Ä 9. FEBRUAR 2017 Ä 20:00 Ä Landau FR Ä 10. FEBRUAR 2017 Ä 19:30 Ä Mannheim

3. MANNHEIMER MEISTERKONZERT Clemens Schuldt, Dirigent Alina Pogostkina, Violine Jörg Widmann, Klarinette SA Ä 18. FEBRUAR 2017 Ä 20:00 Ä Mannheim Konzertkalender

MAGA ZI N DEZEM B ER 2016 – MÄRZ 2017

#12

SO Ä 19. FEBRUAR 2017 Ä 19:30 Ä Karlsruhe

REBELLION IM QUADRAT MANNHEIMER & KARLSRUHER SCHULE Kevin Griffiths, Dirigent Maria-Elisabeth Lott, Violine Mathias Johansen, Violoncello D0 Ä 23. FEBRUAR 2017 Ä 19:30 Ä Mannheim

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GROSSE METROPOLREGION-GALA Karel Mark Chichon, Dirigent Elīna Garanča, Mezzosopran

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ELINA GARANCA

EIN VERSPRECHEN AN MUSIKLIEBHABER

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Ihr nächstes MAGAZIN erscheint im November 2016 INFORMATION & TICKETS TELEFON: 0621 - 3367333 WWW .RESERVIX.DE WWW .STAATSPHILHARMONIE.DE


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