"Unsere Kunst ist autonom und gefährlich" Diakonie 03/20

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03 | 2020

diakonie Die Zeitschrift für Nächstenliebe in unserer Zeit

„Unsere Kunst ist autonom und gefährlich“ Seite 06

Corona-Maßnahmen kontra Menschlichkeit Seite 24

Freiwilligenarbeit: Quo vadis? Seite 30

Sonnentor neuer Kooperationspartner Seite 34


inhalt 03 Kunst als wesentlicher Teil des Lebens

Über den Stellenwert von Kunst und Kultur in der Arbeit der Diakoniewerks

thema 06 „Rohe Kunst“ löst Grenzen auf

Persönliche Grenzen wurden überschritten in der Vorbereitung der Ausstellung „Die Schöpfung. Vornehm unbequem“ im Aktionsraum LINkZ.

09 V on der Schriften­nieder­lage zur modernen Bücherinsel 30.000 Bücher gehen jährlich über den Ladentisch, zwei Drittel davon Belletristik: Claudia Strasser über Geschichte und Zukunft der Bücherinsel.

10 panorama 13 Es ist Zeit für unseren Spirit!

Das „Innovation Center Spiritual Care“ (ISCO) wurde mit dem Ziel gegründet, Sinn und Seele in Unternehmen zu etablieren. Wie kann das gehen?

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menschen im

alter

24

14 T agesbetreuungen als wichtiges Bindeglied

Soziale Kontakte sind in der Corona-Zeit verloren gegangen: Besonders schwierig war die Situation für Frau Undesser, die die Tagesbetreuung regelmäßig besucht.

16 kurznachrichten

menschen mit

behinderung

18 „Gesundheit ist mehr, als nur gesundes Essen“

Ein neues Projekt kümmert sich um die Gesundheitsförderung von Menschen mit und ohne Behinderung.

20 kurznachrichten 22 Ein Tag mit …

Josef Wotruba ist ein top motivierter Mitarbeiter: Nach erledigter Arbeit in der Klinik Diakonissen Schladming packt Wotruba noch in der Werkstätte Schladming kräftig an.

Impressum. Offenlegung: siehe www.diakoniewerk.at/impressum. Medieninhaber: Evangelisches Diakoniewerk Gallneukirchen, Martin-Boos-Straße 4, 4210 Gallneu­kirchen, Tel: 07235 65 505, office@diakoniewerk.at. Herausgeber: Vorstand Mag. Josef Scharinger, Chefredakteurin: Karin Windpessl. Redaktionsteam: Nicole Bachinger-Thaller, Daniela Scharer, Andrea Obermühlner, Karin Windpessl, Saskia Dyk, Elisabeth Braunsdorfer, Katharina Schönberger, Sigrid Walch, Isabella Raml, Martina Huber. Fotos: Ness Rubey (S. 1, 4, 5, 6, 8), Martina Sieder (S. 2, Seiten 22-23), Klinik Diakonissen Linz (S. 3, 27), Diakonie (S. 11), stock.adobe.com/ASDF (S. 13), stock.adobe.com/vejaa (S. 11), stock.adobe.com/PixelShot (S. 16), Karin Hofbauer (S. 17), shutterstock. com/Daniela Barreto (S. 22 – 23), stock.adobe. com/Shutter2U (S. 26), stock.adobe.com/H_Ko (S. 28), stock. adobe. com/HNFOTO (S. 29), shutterstock.com/LightField Studios (S. 32), Florian Hoflehner (S. 36), shutterstock.com/primiaou (S. 36), shutterstock.com/jesadaphorn (S. 36), shutterstock.com/Drawlab19 (S. 36), shutterstock.com/MicroOne (S. 36) alle anderen Diakoniewerk. Corporate Publishing: Egger & Lerch, www.egger-lerch.at. Druck: gugler GmbH. Das Magazin „Diakonie“ erscheint 4 x im Jahr. Wenn Sie dieses zukünftig nicht mehr erhalten wollen, bitten wir Sie um Information an office@diakoniewerk.at. Nähere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie unter www.diakoniewerk. at/ datenschutz. Diakoniewerk Spendenverein: Allg. Sparkasse OÖ 257700, BLZ 20320. Sponsoring Post! GZ 02Z032365; Diakonie 06/2020

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editorial

Maus Frederick und mein Marillenkompott

34 aktiv für

freiwilligenarbeit 30 Den „Freiwilligen-­Schatz“ heben

aktiv für

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bildung 24 Corona-Maßnahmen kontra Menschlichkeit

Bessere Pflegebedingungen forderten zwei Schüler*innen lautstark in einem Leserbrief. Wir trafen sie zum Gespräch.

26 kurznachrichten aktiv für

gesundheit 27 „Offenes Ohr für Ängste unserer Gäste“

Über den Krankenhaus-Alltag in Covid-19 Zeiten spricht Primar Dr. Josef F. Macher, Geschäftsführer der Klinik Diakonissen Linz.

Freiwilliges Engagement in Zeiten von Corona – Digitaler Besuchsdienst und Unterstützung bei IT-Fragen ist auch in außergewöhnlichen Zeiten möglich.

32 spiritualität

„Was willst du, dass ich für dich tun soll?“ Ab wann ist Hilfe nötig und erwünscht und wo ist es besser, den anderen selbstständig aktiv werden zu lassen?

33 Seine Wurzeln kennenlernen

Roma als Storyteller in eigener Sache: Zur Entwicklung der eigenen Identität ist es wichtig, die eigenen Wurzeln zu kennen und selbstbewusst zu ihnen zu stehen.

34 „Jeder sollte diese Möglichkeit bekommen“

Vom Schnupperpraktikum zur fixen Kooperation: Seit rund einem Jahr arbeitet eine junge Frau mit Begleitungsbedarf im Sonnengeschäft in Kitzbühel – ein großer Erfolg!

36 meinung

Kürzlich musste ich an die Geschichte der Feldmaus Frederick denken. Falls Sie sie nicht kennen, hier eine kurze Zusammenfassung: Als sie gefragt wird, warum sie denn nicht arbeite – während alle anderen Mäuse fleißig am Sammeln von Vorräten für den Winter sind – antwortet die gewiefte Maus in dieser für Kinder und Erwachsenen zugleich beliebten, weil lebensklugen Geschichte: „Ich arbeite doch. Ich sammle Sonnenstrahlen für die kalten, dunklen Wintertage.“ Was für die anderen als faule Ausrede eines arbeitsunwilligen Mäuserichs gilt, wird in seiner Klugheit erst Wochen später klar. Als die ersten Vorräte zuneige gehen, die letzten Nüsse und Beeren aufgeknabbert sind, sind es die Sonnenstrahlen, Farben und Wörter Fredericks, die die Höhle erwärmen, den Mäusen in Zeiten steigender Knappheit Halt und Hoffnung geben. An diese Geschichte musste ich kürzlich denken, als ich Marillen für den Winter abfüllte. Süß und noch warm von der Sonne werden sie in Gläsern konserviert, im Keller verstaut und warten schließlich mehrere Monate darauf, in kalten Tagen geöffnet zu werden. So einfach und simpel das Bild Fredericks auch sein mag: ich möchte es mir ganz persönlich in die nächsten Monate mitnehmen. Corona wird uns auf Schritt und Tritt durch diese Zeit begleiten, unseren Alltag erschweren und uns in unserem sozialen Leben weiterhin auf unbestimmte Zeit einschränken. Denken Sie dann, gemeinsam mit mir, an folgendes Bild: Ein Gläschen süßen Kompotts, das nur darauf wartet, geöffnet und vernascht zu werden. Als Gruß aus helleren Tagen. In diesem Sinne: bleiben Sie gesund und viel Freude beim Lesen unseres neuen Heftes!

29 „Ich erfahre die Geschichte der Person in der Begleitung“

Ihre

Geflüchtete Menschen, die an psychischen Erkrankungen leiden werden in einer neuen Gruppe am Linzerberg in Gallneukirchen (OÖ) betreut. Was sind die Herausforderungen?

Karin Windpessl, Chefredaktion

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nachgedacht Kunst ist Ausdruck der Persönlichkeit – der Stil der Künstler*innen unterscheidet sich sehr stark voneinander.

Kunst als wesentlicher Teil des Lebens Die Auseinandersetzung mit Kunst ist auch eine Auseinandersetzung mit den Menschen, die sie geschaffen haben.

„K

unst – das ist der Mensch.“ So hat der niederländische Maler Vincent van Gogh sein Kunstverständnis einst auf den Punkt gebracht. Kunst ist unabdingbar und wesentlich für die umfassende und ganzheitliche Betrachtung des Menschen. Daher ist es dem Diakoniewerk schon seit Jahrzehnten ein Bedürfnis, Kunst und Kultur in die diakonische Arbeit zu integrieren. Das lässt sich in der sorgfältig gewählten Architektur von Gebäuden, in der künstlerischen Gestaltung von Räumen und Plätzen oder durch Ausstellungsformate in unterschiedlichen Einrichtungen immer wieder festmachen. Aber auch die schöpferische Kraft, die den Menschen – gleich welchen Alters, mit und ohne Behinderung – auszeichnet, zu entdecken und zu fördern, ist

Jeder Mensch hat Gaben. In unserer Begleitung orientieren wir uns an den Fähigkeiten und Stärken des Menschen Leitbild Diakoniewerk

ein ureigener diakonischer Auftrag. „Jeder Mensch hat Gaben. In unserer Begleitung orientieren wir uns an den Fähigkeiten und Stärken des Menschen (…).“ (Aus dem Leitbild des Diakoniewerks.) Vor über 25 Jahren wurde im ­Diakoniewerk in Gallneukirchen ein erstes Angebot für eine zunächst kleine Gruppe von Menschen mit Behinderung im Rahmen der Werkstätte Linzerberg, ab 1995 unter dem Namen Atelier, erarbeitet. Von Anfang an wurde die kreative Tätigkeit nicht als Beschäftigungsangebot betrachtet, sondern als eigenständige künstlerische Arbeit ernst genommen. In den folgenden Jahren fanden immer mehr Menschen hier einen Ort, an dem sie sich ganz individuell, mit möglichst wenig Anleitung und Unterstützung, in vielfältiger Weise künstlerisch ausdrücken konnten, mit unterschiedlichen selbst gewählten Materialien. Eigentlich wollten wir im Herbst das 25-jährige Jubiläum des Ateliers gemeinsam feiern, müssen dies aber aufgrund von Covid 19 auf 2021 verschieben.

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Öffentliche Anerkennung stärkt Selbstwertgefühl In regelmäßigen Ausstellungen im In- und Ausland dokumentieren die Atelier-Künstler*innen in ausdrucksstarken Werken ihre unerschöpfliche Kreativität, die öffentliche Anerkennung stärkt ihr Selbstwertgefühl. Zahlreiche Kontakte zu Künstler*innen aus der arrivierten Kunstszene sowie Workshops im In- und Ausland waren und sind wichtige Austauschund Inspirationsplattformen auf Augenhöhe, die die Entwicklung der Künstler*innenpersönlichkeit fördern. Aktuell wurde gerade ein besonderer, mehrwöchiger Schaffensakt des Wiener Künstlers TOMAK mit 10 Künstler*innen des Ateliers unter dem Titel „Die Schöpfung“ im AKTIONSRAUM


LINkZ in Linz-Urfahr abgeschlossen. Die Ausstellung der Werke wird im September eröffnet. Den hohen künstlerischen Wert der Werke zeigen u. a. Nominierungen für den renommierten internationalen Kunstpreis EUWARD, für den gerade jetzt wieder Werke von Atelierkünstler*innen eingereicht werden, oder für den Kunstfonds andersART von Kunstmäzen Hans Peter Haselsteiner, die beide herausragende Kunst von Menschen mit Behinderung fördern. Darüber hinaus unterstreichen die Ankäufe von Kunstwerken für das Museum der Moderne in Salzburg, die Sammlung des Landes Oberösterreich, die Sammlung Essl, oder die Ankäufe durch Arnulf

Rainer die hohe Wertschätzung für die Künstler*innen im Atelier. Genauso wertvoll ist jedoch die Anerkennung durch private Käufer*innen, die mit Begeisterung und aus Überzeugung die Werke in ihren Privat- und Büroräumen präsentieren.

Kunst braucht Freiheit! Damit das Schaffen im Atelier nicht der Gefahr einer institutionellen Kunst erliegt, müssen die Mitarbeitenden im Atelier im Sinne der von ihnen begleiteten Künstler*innen Freiräume stetig suchen und bewahren. Ich vertraue auf die Professionalität und Sensibilität der Mitarbeitenden, die Künstler*innen im Atelier in ihrer kreativen Schaffenskraft zu fördern ohne sie zu beeinflussen.

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Ein herzliches Danke den Künstler*innen für ihre schöpferische Kraft, die sie in ihrer Arbeit einbringen und den Mitarbeitenden, die sie darin fördern!

Ihr

Josef Scharinger


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thema

Ausstellung „Aktion 11 – Die Schöpfung“


„Rohe Kunst“ löst Grenzen auf Die Ausstellung „Die Schöpfung. Vornehm unbequem“ im Aktionsraum LINkZ stellt die Arbeit von Menschen mit Behinderungen in den Mittelpunkt.  Karin Windpessl

C

hristian Öllinger steht vor einer gewaltigen Leinwand, kleistert rote Farbe auf ein raumhohes Fries. Es ist ein sehr ausdrucksstarkes Werk, das hier entstanden ist. Ein Frauenkörper – etwas, das Christian für gewöhnlich, an seinem täglichen Arbeitsplatz, dem Atelier in Gallneu­kirchen (OÖ), nicht malen würde. Science-Fiktion Helden, exakt ausgeführte vielfärbige Fahr­ räder, die jede Speiche, jedes Ventil genau wiedergeben: Das zeichnet ­Christians Kunst normalerweise aus, so großflächig hat Christian noch nie gearbeitet. Und auch das Material, die dicke Farbe und das Rot sind für den 24-Jährigen ungewöhnlich. Hier im „Aktionsraum LINkZ“ ist alles erlaubt. Hier werden Grenzen überschritten – persönliche und äußere. Das hat TOMAK zu Beginn klargestellt.

Aus geordneten Bahnen ausbrechen, gewohnte Pfade verlassen, das war der Anspruch der Aktionswochen.

Aus geordneten Bahnen ausbrechen, gewohnte Pfade verlassen, das war der Anspruch der künstlerischen Aktionswochen, die hier stattgefunden haben.

Künstlerischer Arbeitsplatz TOMAK ist ein international tätiger Wiener Künstler, der sich gemeinsam mit einigen Künstler*innen des Ateliers der Kunstwerkstatt über mehrere Wochen hinweg im Aktionsraum in Linz dazu entschlossen hat, an einer gemeinsamen Ausstellung zu arbeiten. Das Atelier der Kunstwerkstatt bietet Menschen mit Behinderungen einen kontinuierlichen künstlerischen Arbeitsplatz, an dem die Künstler*innen sowohl intern in der Methode, als auch nach ­außen in der Kunstvermittlung, Ausstellungs-, Projektund Imagearbeit professionell begleitet werden. Bei verschiedenen Projekten und Workshops findet ein spannender Austausch auf Augenhöhe, mit national und inter­ national tätigen Künstlern, statt. So auch bei diesem Projekt. Unter dem Ausstellungstitel „Die

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Schöpfung. Vornehm unbequem“ möchte TOMAK Künstler*innen die Kunstwerkstatt beim Entstehen von Gemeinschaftsarbeiten anleiten und ihnen vor allem künstlerisch zu mehr Lautstärke verhelfen. „Unsere Kunst ist autonom und gefährlich“ betont TOMAK und weist darauf hin, dass Abweichungen der Norm in unserer Gesellschaft oft sanktioniert werden.

Farbe Rot als treibende Kraft Gearbeitet wird an einem Gesamtkunstwerk, für das alle Wände des Ausstellungsraumes weiß ausgekleidet wurden. Je nach Arbeits­ weise der Künstler*innen wird direkt auf die Leinwand gemalt oder es werden Arbeiten am Papier als Einzelstudien in die Gesamtheit des Bildraumes montiert. Die von TOMAK vorgegebene Kraft der Farbe Rot lässt Gedanken entstehen zu Themen wie Liebe, Feuer und Blut. Als treibende Kraft hat TOMAK in Siebdrucken wiederkehrende Sujets wie Herz-, Rückgratund Darmwindungen in den Fries eingebracht.

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thema Ausstellung „Aktion 11 – Die Schöpfung“

> Schnell machen sich die Künstler*innen diese Vorgaben zu eigen, legen ihre eigenen Interpretationen darüber, spielen mit den Formen, nähern sich ohne viel Abstand und Scheu seinem Werk und interpretieren es dadurch neu. Manche nehmen ihren bisherigen Stil auf, setzen ihn ähnlich wie gewohnt um. Andere erkennen die Gelegenheit und sind bereit, ihre Kunst neu zu denken und auch neu zu entdecken. Christian hält die Spachtel in der Hand, schaut auf sein Werk – der Frauenkörper ist wie immer detail­ genau gemalt. Der Linzer mag es, wenn Formen exakt verlaufen, wenn Kunst akkurat, in gewisser Art und Weise berechenbar ist. Heute aber lösen sich Grenzen auf. Christian scheint es zu genießen. Ein Stück Absurdität steckt in der Abbildung einer Frau. Anstatt einer Hand malt ihr Christian eine Scheren­hand. Christian ist

EIN KUNSTBAND ist begleitend zur Ausstellung erschienen, der die Arbeit der Künstler*innen dokumentiert. Sie ­haben Interesse? Wir schicken Ihnen gerne einen ­Katalog zu – E-Mail an ­office@ ­diakoniewerk.at. Preis: 20 Euro

Comic-Fan. In „Futurama“, einer amerikanischen Science-Fiction Zeichen­trick-Serie, ist einer der Charaktere ein menschengroßer, krabben­artiger Außerirdischer. Alles ist möglich. Das wird ­Christian an diesem Tag klar. Er schaut auf sein Werk – später wird er es „Die Rote Lisa“ nennen – nickt und sagt ganz leise: „Es war wirklich super“. Präsentiert werden die Arbeiten ab 26. September 2020 im Aktionsraum LINkZ in Linz-Urfahr.

Da sein, aber im Hintergrund bleiben und die Künstler*innen ihren Ausdruck finden lassen: Das war TOMAKs Anspruch.

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menschen im diakoniewerk

porträt

Von der Schriften­nieder­lage zur modernen Bücherinsel Nach dem vorübergehenden Lock-Down, übernahm Claudia Strasser im Mai die Leitung der Bücherinsel in Gallneukirchen.  Isabella Raml

D

ie „Verbreitung der Heiligen Schrift und anderer bewährter Schriften sowohl erbaulichen wie belehrenden Inhalts“ ist in der Vereinssatzung des Diakoniewerks verankert. Was im Juli 1874 als „Schriftenniederlage und Buchhandlung“ zum Verkauf von Bibeln, Gesang- und Gebetsbücher in Linz begann, wurde 1975 zur „Christlichen Buchhandlung“ und nennt sich seit 1996 „Die Bücherinsel“. Der Betrieb entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einer modernen Buchhandlung im Stadtzentrum von Gallneukirchen. Nach der Pensionierung von ­Monika Dewagner, die 35 Jahre lang die Geschicke der Bücherinsel lenkte, übernahm im Mai Claudia Strasser das Ruder.

Bücher und Medien als Herzblut Claudia Strasser liebt Bücher, schon immer. Bereits in der Kindheit eine Leseratte, war nach der Matura die logische Berufswahl Buchhändlerin. Nach einigen Jahren in einer kleinen Buchhandlung in Wels wollte Strasser ihr Wissen rund um Medienkommunikation und -vielfalt erweitern und studierte Kommunikationswissenschaften in Salzburg. Danach arbeitete die geborene Welserin im Lebensmittelgroßhandel und konnte neben den Kommunikationsagenden auch im Einkauf, Vertrieb und kalkulatorischen Bereich wertvolle Erfahrungen sammeln. Die Stellenanzeige

für die Nachbesetzung der Leitung der Bücherinsel war ihr wie auf den Leib geschneidert: „Da passte einfach alles!“, bestätigt Claudia Strasser. „Bücher und Medien sind mein Herzblut, dafür brenne ich – besonders Kinderbücher haben es mir angetan! Dazu kommen noch die sinnstiftende Arbeit und die Wertehaltung im Diakoniewerk, die mit meiner persönlichen Einstellung so gut übereinstimmen. Ich hab mich vom ersten Moment an am richtigen Platz gefühlt.“

Außenauftritt neu gestalten Die Bücherinsel ist eine gut aufgestellte Buchhandlung und hat sich in der kleinen Stadt ­Gallneukirchen gut etabliert. Jährlich gehen rund 30.000 Bücher über den Ladentisch. Zwei Drittel der verkauften Bücher sind Belletristik und Kinder- bzw. Jugend-Bücher. Als erste Schritte plant Strasser einen integrativen Beschäftigungsplatz in der Bücherinsel zu schaffen und die

Produkte der Werkstätten ins Verkaufs­sortiment aufzunehmen. Damit will sie die Zugehörigkeit zum Diakoniewerk stärken und nach außen sichtbarer machen. Auch für die Menschen in der Region will Claudia Strasser als Nahversorger künftig mehr ins Auge stechen und den Außenauftritt am Gebäude etwas umgestalten. Neben Beratung und Service vor Ort ist auch der Online-Handel ein immer wichtigeres Standbein. Viele Kunden kaufen bereits im Online-­ Shop der Bücherinsel und holen sich die Bücher im Geschäft ab. Mitarbeiter*innen im Diakoniewerk können sich bestellte Bücher per Hauspost kostenlos liefern lassen – im Moment werden Möglichkeiten überprüft und kalkuliert, wie alle Kund*innen ab einem bestimmten Verkaufswert kostenlos beliefert werden können. Bewährt haben sich auch regelmäßige Veranstaltungen, bei denen oftmals beliebte österreichische Autor*innen aus ihren aktuellen Büchern lesen.

CLAUDIA STRASSER: Lieblingsbuch: im Moment ist es das Kinder-Bilderbuch „vielleicht“ Lieblingsautor: aktuelle österreichische Autoren; Terry Pratchett (humorvolle, gesellschaftskritische und hintergründige Fantasy-Romane)

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panorama

Erfolgreicher Start für neues Online-Format Mit den Diakoniewerk.OnlineDialogen hat das Diakoniewerk coronabedingt ein gänzlich neues Veranstaltungs­ format gestartet.

Kunst-Plakat zum Jubiläum

In der Hochphase der Corona-Pandemie im Frühling dieses Jahres, in Zeiten der hohen Belastungen und Herausforderungen in der Begleitung von Menschen im Alter und mit Behinderung, wurde auch der Wunsch und das Bedürfnis laut, darüber zu reden, zu diskutieren, Sorgen anzusprechen und Meinungen zu hören. Das Diakoniewerk hat reagiert und sehr rasch ein offenes Online-­ Diskussionsformat geschaffen. Unter dem Themenfokus #WirReflektierenCorona wurden Impulsgeber eingeladen, ihre Erfahrungen einzubringen. Im Anschluss konnten Publikumsfragen und -statements in den virtuellen Raum gebracht werden – am 27. Mai zu „Corona – Balanceakt zwischen Schutz und Freiheit“ und am 14. Juli zu „Corona – wie wir mit neuen Erfahrungen gut in den Herbst starten“. Fazit: Ein neues Format, informativ, aktuell, online, innovativ – mit Potential zur Fortsetzung.

Das Atelier der Kunstwerkstatt feiert heuer 25 Jahre. Natürlich wollten wir diesen Anlass gebührend feiern. Corona-bedingt ist dies leider – wie so vieles heuer – nicht möglich. Als kleinen Trost legen wir Ihnen ein Poster mit einem Werk unserer Künstler*innen bei: Josef Landls „Texbild“. Landl ist für seine grafisch anmutenden Textkompositionen bekannt. Seine Texte schreibt Herr Landl aus unterschiedlichen Zeit-

Ein Kunstmotiv für daheim – anlässlich 25 Jahre Atelier schriften und Kunstbänden ab und verdichtet sie stellenweise durch Überschreiben oder setzt pointiert unterschiedliche Zeichnungen und Zeichen meist auf den oberen Bildrand.  ei Ihnen war kein Poster dabei? B Schicken Sie uns eine E-Mail an office@diakoniewerk.at und wir senden Ihnen gerne eines zu!

Neue Kampagne: „Aktion Österreich“ startet

www.diakoniewerk.at/ onlinedialoge

„Österreich hilft Österreich“ verbindet Bewusstseinsbildung für krisenund katastrophenbedingte Problemlagen und wirksame Lösungswege mit der Bitte um Spenden, um die benötigte Hilfe möglich zu machen. Die Initiative – vom ORF und bekannten österreichischen NGOs, so auch der Diakonie, ins Leben gerufen – wurde sehr kurzfristig als Reaktion auf die Corona-Krise und deren sozialen Folgen ins Leben gerufen. Die durch die Aktion gesammelten Spenden kommen jenen Menschen in Österreich zugute, die besonders von krisenbedingten Nöten betroffen sind.  www.helfen.at

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panorama Neuer Lehrgang unterstützt in der Begleitung von Menschen im Autismus-Spektrum Mit ihren Besonderheiten in der Wahr­nehmung und Informationsverarbeitung stoßen Menschen im Autismus-Spektrum im Alltag immer wieder an ihre Grenzen. Das Diakoniewerk begleitet seit vielen Jahren Menschen im Autismusspektrum mittels Beratung, frühkindlicher Förderung und therapeutischen Angeboten, sowie Angeboten in den Bereichen Bildung, Arbeit und Wohnen. Aus diesem Grund war es auch naheliegend, einen eigenen Lehrgang zu entwickeln, der darauf abzielt, Fachpersonal im Umgang mit Autismus zu stärken und ihnen die notwendige Fachkompetenz zu vermitteln. Die Diakonie Akademie, das Bildungsinstitut des Diakoniewerks, baut diesen Lehrgang auf dem TEACCH-Ansatz auf. Dieses Förderprogramm wurde bereits Ende der 60er Jahre von Dr. Eric Schopler in Amerika

entwickelt und ist eines der erfolgreichsten für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung weltweit. „Aufgrund ihrer besonderen Bedürfnisse haben Menschen im AutismusSpektrum einen intensiveren Begleitungsbedarf, der nur mit ausreichend Fachpersonal in den Einrichtungen gewährleistet werden kann. Ihre Sensibilität auf Reize verlangt spezielle betreuerische Methoden“ so Sabine Eder, Programmleitung der Diakonie Akademie. „Das oberste Ziel der Förderung und Begleitung muss es daher sein, die Person hinsichtlich ihrer Selbständigkeit und Lebensqualität bestmöglich zu unterstützen.“

er Lehrgang startet mit D 8. Jänner 2021 und endet am 15. Mai 2022. Veranstaltungsorte sind Salzburg und Wien. Informieren Sie sich unter www.diakonie-akademie.at

Von einer Klosterkirche zu einem modernen Tagungsraum Das Albert Schweitzer Haus in Wien bietet Platz für verschiedene Ansprüche

Das ursprüngliche Gebäude wurde bereits 1633 als Klosterkirche der Benediktiner von Monserat des Schwarzspanierordens erbaut. Seit diesem Jahr hat das Haus viele Wandlungen erlebt. ­Neben einem Heim für Studierende, welches vom Diakoniewerk geführt wird, bietet das AlbertSchweitzer-­Haus mit seinem Veranstaltungszentrum technisch gut ausgestattete, klimatisierte und ansprechende Räumlichkeiten für Veranstaltungen aller Art. Der multifunktional einsetzbare Saal, in dem bis zu 200 Personen für Tagungen Platz finden, ist das Herzstück des Hauses. Ein ruhiges und stimmungsvolles Ambiente hingegen bietet die „Kapelle“, die

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sich gut für Lesungen, Andachten aber auch Chöre eignet. Zusätzlich stehen zwei kleinere Seminarräume zur Verfügung. Durch „HERD“, ein innovatives und junges Catering-Service wird die Verpflegung gesichert. HERD sorgt durch die Koordination mit mehr als 20 lokalen Jungunternehmer*innen für abwechslungsreiche kulinarische Genüsse.  Sie wollen Räumlichkeiten mieten? Informieren Sie sich bei Jenny Diesenreiter Telefon: 01/408 34 09-35112; E-Mail: office@albertschweitzer-haus.at


panorama WAS WAR ANDERS? WAS HABEN SIE ALS BELASTEND ERLEBT?

fad ist mir gewesen man hat halt immer gehofft, dass bald ein Ende kommt (…) jetzt bin ich bald 90 und frage mich, ob ich das noch erlebe, dass das gut wird, ich wäre halt so gerne noch ein bisserl wo hingefahren

sehr belastend, dass man nicht raus konnte (…) dass man nirgendwo hinfahren konnte

arbeiten wäre mir lieber gewesen ?

erfreuliche Erlebnisse

wir sind intensiver zusammen gewachsen … und haben uns gegenseitig unterstützt

Wir haben ich habe nachgefragt viele Bilder Wie haben Menschen mit Behinderung und Menschen im Alter den Alltag während der Corona Krise erlebt?

Während der Corona Krise kam es zu vielen Einschränkungen, die Menschen mit Unterstützungsbedarf stärker getroffen haben. Viel wurde über die Köpfe der „Risiko­ gruppen“ hinweg entschieden, ohne die betroffenen Personen in ihrer Selbstbestimmung wahrzunehmen und selbst zu Wort kommen zu lassen. Aus diesem Grunde wurden im Diakoniewerk nun gezielt begleitete Menschen mit Behinderung und Menschen im Alter zu ihren Erfahrungen

gemalt

während der Corona Krise befragt. Mitarbeiterinnen des Kompetenzmanagements waren in Graz und Mauerkirchen unterwegs, um die Stimme der begleiteten Menschen mit Behinderung und Menschen im Alter einzuholen. Es ging nicht nur darum, Erlebnisse und Erfahrungen einzuholen, sondern auch nachzufragen, was man bei der nächsten Krise anders/besser machen könnte.

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(Anm. der Redaktion: Begrüßung mit dem Ellbogen)

Gab es auch schöne,

das gibt mir Energie – wenn ich so tue

dass ich meinen Verlobten nicht gesehen habe – zwei Monate nicht gesehen hab – das war ziemlich hart für uns zwei …

lang geschlafen habe ich auch – bis 10:00


Spiritual Care

Es ist Zeit für unseren Spirit! Was gibt uns Kraft, was gibt uns Sinn in unserer Arbeit? Das „Innovation Center Spiritual Care in Organisations“ (ISCO) unterstützt dabei, Organisationen mit Identität, Sinn und Seele entstehen zu lassen.  Karin Windpessl

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as Diakoniewerk und seine Netzwerkpartner*innen verbinden mit ISCO, dem „Innovation Center Spiritual Care in Organisations“ eine gemeinsame Erkenntnis: Wir erleben einen soziokulturellen und spirituellen gesellschaftlichen Wandel, der zunehmend auch die Organisationen und Unternehmen erreicht. Die Erwartung, mit der eigenen Arbeit nicht nur eine Funktion auszuführen, sondern einen sinnerfüllenden Beitrag in echter Verbundenheit zu leisten, wird zum Zukunftstrend in Wirtschaft und Gesellschaft.

Gesucht: ein „Spirit of Care“ Mitarbeitende – und zunehmend auch Klient*innen – erwarten

heute eine inspirierende persönliche Anknüpfung von eigener Überzeugung und Sinnerfahrung und dem Spirit und Engagement ihres Unter­ nehmens. Besonders von – unter wachsender Funktionalisierung und Verdichtung leidenden – Gesundheits- und Sozialorganisationen wird heute verstärkt eine glaubwürdige und sinnstiftende Erneuerung des erlebten „Sorge“-Alltags („Care“) erwartet, ein neuer „Spirit of Care“.

DIE VI S I O N : I N S P I R I E R E ND E , S P IR I T U E L L AC H TSA M E UN D LEB END I GE „O RGA N I S AT I O NE N M IT S INN U ND SEEL E“. Das „Innovation Center Spiritual Care in Organisations“ (ISCO) dient • dem Know How- und Theorie-Praxis-Transfer zu Spiritual Care innerhalb des Diakoniewerks. Unterstützt durch ISCO sollen im Diakoniewerk in weiteren Betreuungs- und Begleitungsfeldern zusätzliche Modellerfahrungen zu SCO erarbeitet und reflektiert werden. • dem externen Austausch und der Weiterentwicklung von Spiritual Care in modernen≈Organisationen. Der neue Ansatz „Spiritual Care in Organisations“ soll durch eine überregionale und internationale vernetzte Zusammenarbeit mit hochkarätigen externen Expert*innen und Organisationen gefördert und verbreitert werden. Mehr Informationen finden Sie unter: www.isco.info

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Diakonische Wurzeln geben Halt „In unserem Arbeitsalltag achten wir auf die Berücksichtigung von spirituellen Bedürfnissen. Dies ist Teil unseres fachlichen Selbstverständnisses“, heißt es im Leitbild des Diakoniewerks. Das Leitbild fördert und verspricht eine ganzheitlich-spirituelle Grundhaltung im Umgang mit Klient*innen und Patient*innen – und miteinander. Gespeist aus unseren diakonischen Wurzeln, entwickelt sich mit „Spiritual Care in Organisationen“ damit ein kultureller Ansatz im ­Diakoniewerk, der den Alltag erleichtert und gegenseitig Anteil an Sinn und Spirit geben soll. ISCO ist strukturell angegliedert an die Abteilung ­Diakonische Identitätsentwicklung des ­Diakoniewerks. Dabei sind die interne Kooperation mit der Klinik Diakonissen Linz sowie die strategische Netzwerkpartnerschaft mit der Universität Basel besondere Erfolgsfaktoren für die Weiterentwicklung des ISCO.


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menschen im

alter

Tagesbetreuungen als wichtiges Bindeglied Tagsüber in anregender Gesellschaft – abends zurück in den eigenen vier Wänden. Die Tagesbetreuungseinrichtungen des Diakoniewerks ermöglichen Menschen im Alter möglichst lange selbständig zu leben.  Sigrid Walch

T

agesbetreuungseinrichtungen ermöglichen nicht nur Begleitung der Menschen im Alter, sondern auch Entlastung der betreuenden Angehörigen. Wir ­haben uns mit Renate Undesser unterhalten, deren Mutter ­Augustine Zauner (89) zweimal die Woche die Tagesbetreuung Gallneukirchen besucht. Im Interview schildert Frau Undesser, wie sie ihre Mutter begleitet, welche Vorteile sie in der Struktur der Tagesbetreuung sieht und welche Auswirkung die Schließung der Tagesstruktur während der Corona-Zeit mit sich brachte.

Frau Undesser, welchen Unterstützungsbedarf hat Ihre Mutter und wie begleiten Sie sie? Renate Undesser: Meine Mutter leidet an Demenz. Obwohl sie relativ mobil ist, braucht sie rund um die Uhr Unterstützung. Sie nimmt fünfmal die Woche Mobile Betreuung in Anspruch. Seit zwei Jahren besucht sie die Tagesbetreuung des Diakoniewerks in Gallneukirchen. An den Abenden und Wochenenden helfen wir als Familie zusammen. Dabei hat meine Mutter bis vor drei Jahren zum großen Teil alles alleine geschafft. Dann wurde beginnende Demenz festgestellt. Ich pflege aus Leiden­ schaft, aber ich habe gelernt – auch zum Schutz für mich selber und für meine Familie – mir Hilfe zu holen. Und auch einmal „Nein“ zu sagen. Umso wichtiger ist es für mich, meine Mutter gut betreut zu wissen. Wieso haben Sie sich für eine Tagesbetreuung entschieden? Undesser: Wir haben nach einem

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Angebot gesucht, wo meine Mutter tagsüber Anschluss findet und trotzdem zu Hause wohnen kann. Nach dem Besuch der Tagesbetreuung ist meine Mutter abends sehr müde (lacht). „Es war stark“, sagt meine Mutter, wenn sie nach Hause kommt. Sie freut sich auf Romana (Anm.: Romana Obermüller, Leiterin der Tagesbetreuung Gallneukirchen) und auf die anderen Gäste, auch wenn sie diese nicht immer beim Namen nennen kann. Dass sie wirklich gerne in die Tagesbetreuung geht erkenne ich daran, dass sich meine Mutter jeden Sonntag ihr Gewand für Montag vorbereitet. Es ist ihr wichtig, in der Tagesbetreuung gut gekleidet zu sein. Was wird in der Tagesbetreuung gemacht, welches „Gefühl“ stellt sich dabei bei Ihrer Mutter ein? Undesser: Für meine Mutter ist das Wichtigste an der Tagesbetreuung, ihre „Freunde“, also die anderen Besucher und die Betreuer*innen, wieder zu sehen, Anschluss zu


KOM M EN TA R

Augustine Zauner wird in der Tagesbetreuung Gallneukirchen betreut – für Tochter Renate ist dies eine wichtige Entlastung.

haben. Das gemeinsame Kochen ist sicher nicht zufällig ein so wichtiger Fixpunkt. Die meisten Frauen dort haben früher selber gekocht. Wenn sie in der Tagesbetreuung gemeinsam kochen, so erinnert sie das an die vergangene Zeit. Gerade für Menschen mit Demenz sind soziale Kontakte und ein strukturierter, möglichst gleichbleibender Ablauf immens wichtig. Die geschulten Mitarbeiter*innen legen viel Wert auf Gedächtnisund Demenztraining. Auch der Jahresrhythmus spielt eine große Rolle – Palmbuschenbinden, Weihnachtsfeiern stellen Fixpunkte dar. Und ein weiterer wichtiger Aspekt: in der Tagesbetreuung ist jemand für SIE persönlich da – das fühlt sich für sie gut an. Ein Leben lang war meine Mutter für andere da. Was hat sich verändert, als während der Corona-Situation die Tagesbetreuung geschlossen war? Undesser: Meine Mutter hat von Woche zu Woche abgebaut. Jetzt ist sie wieder stabil, aber ich habe

Ortswechsel fördert Körper, Geist und Sinne Die Tagesbetreuung ist ein wichtiges Angebot, um das Leben zuhause trotz Betreuungs- und Pflegebedarf zu ermöglichen. Neben der Entlastung für pflegende Angehörige, ist die Tagesbetreuung vor allem ein psychosoziales Begleitangebot für die Tagesgäste selbst.

das Gefühl, dass der Rückschritt nicht mehr aufzuholen ist. Der Besuch der Tagesbetreuung ist für sie eine Konstante – und diese ist in der Corona-Zeit abgegangen. Und nicht nur die Tagesbetreuung war geschlossen, auch die „Mobile“ hat ausgesetzt, die Reinigungshilfe ist nicht mehr gekommen, Familien-­ Besuche waren kaum möglich, sie konnte nicht mehr in die Kirche gehen. Soziale Kontakte waren von heute auf morgen nicht mehr möglich. Man hat gemerkt, sie zieht sich zurück. Die Demenz hat einen Schub bekommen.

Für meine Mutter ist es das Wichtigste, ihre „Freunde“ wieder zusehen, Anschluss zu haben. Was schätzen Sie persönlich an der Tagesbetreuung besonders? Undesser: Ich merke an mir selber, wie gut es tut zu wissen, dass meine Mutter gut betreut ist. An den Tagen der Tagesbetreuung kann ich etwas für mich selber tun, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Ich selber sehe es als sehr wertvoll an, dass meine Mutter zu Hause wohnen kann. Es tut ihrem Selbstwert und ihrer Eigenständigkeit gut. Zuhause gut alt werden können, das wünschen wir uns doch alle!

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Menschen im Alter, vor allem Menschen mit Demenz, verlieren vermehrt Sozialkontakte in ihrem Leben. Diese Personen­ gruppe verlässt auch immer seltener die eigenen vier Wände. Mit den anderen Tagesgästen und den Mitarbeiter*innen der Tagesbetreuungen entstehen Beziehungen und Freundschaften, die ausgleichend wirken. Der Ortswechsel von zuhause in die Tagesbetreuung fördert Körper, Geist und Sinne. In der Tagesbetreuung finden die Tages­ gäste auch Ausgleich für alters- oder krankheitsbedingt eingeschränkte oder verloren gegangene Fähigkeiten im Alltag. Der routinierte Tagesablauf in der Tagesb­etreuung bietet, trotz personen­ bezogener Individualisierung, Kontinuität und Sicherheit. Wesentlich für den Erhalt des psychosozialen und physischen Wohlbefindens der Tagesgäste sind strukturierenden und aktivierende Maßnahmen in der Gruppe oder einzeln. Dabei geht es nicht um komplexe Therapie­ formen, sondern um alltagsnahe Tätigkeiten, deren Erhalt wiederum das Leben im eigenen Zuhause erleichtern. Bei allen täglichen Programmpunkten darf aber Genuss und Spaß nicht fehlen. Persön­ liche Gespräche, miteinander singen, miteinander kreativ tätig zu werden, erhalten und fördern das Selbstwertgefühl und so wiederum das Wohlbefinden.  Nicole Bachinger-Thaller, Kompetenzmanagement Diakoniewerk


menschen im alter

kurznachrichten

Pflegetipps: Über Berührung in Kontakt treten Schon einfache Handgriffe können Kontakt herstellen Menschen, die in ihrer Wahrnehmung, Bewegung und auch Kommunikation beeinträchtigt sind können von basaler Stimulation profitieren – auch desorientierte alte Menschen. Dadurch

„Basale Stimulation ist eine gute Möglichkeit über kleine Impulse in Kontakt zu treten.“ Sabine Eder, Referentin

ist es Pflegenden möglich, mit verhältnismäßig einfachen Mitteln, Kompetenzen im Alltag zu erhalten. Basale Stimulation bietet keine Therapie einzelner Krankheiten an. Das Konzept möchte Orientierungs-, Begleitungs- und Kommunikationshilfe für Menschen anbieten, die von Wahrnehmungsveränderungen betroffen sind und will Menschen unterstützen, sich im eigenen Körper, im Raum, in der Zeit und der Umwelt zurechtzufinden.  Schwingungen durch leises Klopfen oder Stampfen erzeugen. Die Person dazu animieren, selbst mit den Fingern zu klopfen oder mit den Füßen zu stampfen, um durch die selbst erzeugte Vibration die Beweglichkeit und Empfindung des Körpers zu erfahren. Vor dem Aufstehen oder anderen Aktivitäten, die Person sanft hin- und herschaukeln um Bewegung in Fluss zu bringen. Die Person darin unterstützen, mit den Händen das eigene Gesicht, die eigenen Arme und Beine, den eigenen Bauch zu befühlen, um den Körper wahrnehmen zu können.

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TI PP Beachten Sie auch den Kurs „Basale Stimulation – Berührungen hinterlassen Spuren“ im neuen Programm der Diakonie Akademie, das im Oktober erscheint, oder online unter: www.diakonie-akademie.at

Gegenstände und Nahrungsmittel in die Hand geben, ertasten lassen und die Bewegung begleitend unterstütze Zeitliche, örtliche und autobiografische Orientierungshilfen anbringen, beispielsweise Uhr, Aufenthaltsort, Bilder, Kalender, Foto Kontaktaufnahme hörbar ankündigen und vor allem Zeit geben, um das Gehörte zu verarbeiten und einzuordne Gegenstände sichtbar und motivierend platzieren, um zur Eigenaktivität anzuregen.


menschen im alter

kurznachrichten

Demenz: Was tut sich im Herbst? Mit abwechslungsreichen Veranstaltungen zum Thema Demenz startet das Diakoniewerk in die neue Saison. Demenz verwirrt – sie verwirrt nicht nur Betroffene, sondern alle, die mit ihr zu tun haben. Herausfordernde Verhaltensweisen, Aggressivität, Sprachstörungen und Persönlichkeitsveränderungen zählen zu den schwierigen Symptomen beim Leben und Arbeiten mit demenziell Erkrankten. Hintergrundinformationen, die dazu dienen, das Krankheitsbild zu verstehen, Möglichkeiten im Umgang mit den herausfordernden Verhaltensweisen aufzeigen aber auch rechtliche Aspekte der Pflege und Betreuung werden in den „­Leben mit Demenz“-Vorträgen des Diakoniewerks näher beleuchtet. Das Angebot ist kostenlos und für alle Interessierte offen. Oberösterreich Haus für Senioren Linz (Anmeldung unter 0732 774922 7700) 28. September 2020, 17 bis 19 Uhr, „Herausforderndes Verhalten in der Demenz – Verstehen, Vermeiden, Verantworten“, Referentin: DGKP Marianne Scherleithner, BScN, MScn, Leitung Diakonie.mobil Linz 23. November 2020, 17 bis 19 Uhr „Leben mit Demenz | Impulse Linz – Achtsamer Umgang mit mir selbst“, Austausch- und Beratungsmöglichkeit für pflegende Angehörige

Haus für Senioren Wels (Anmeldung unter 07242 46 163 20) 6. Oktober 2020, 17 bis 19 Uhr, „Hilfsmittel für Zuhause“, ­Referentin: Martina Marton, BSc, Ergotherapeutin im ­Diakoniewerk OÖ. 3. November 2020, 17 bis 19 Uhr, „Musik wird als Königsweg bezeichnet, um mit Menschen mit Demenz in guten Kontakt zu kommen.“ Referentin: Gerda Faux, MMSc, Musiktherapeutin im ­Diakoniewerk OÖ. 1. Dezember 2020, 17 bis 19 Uhr, „Pflegegeld“, ­Referent: Dr. ­Martin Greifeneder, Richter Landesgericht Wels Steiermark SMZ Stadteilzentrum Jakomini 21. September 2020, 9 bis 12 Uhr, „Im Gespräch über Demenz und Einsamkeit“: Von den ersten Anzeichen und dem Verlauf der Demenz bis zu Entlastungsmöglichkeiten für Angehörige – Ingrid Ferstl von der Tagesbetreuung und die Mitarbeiter*innen des SMZ haben hilfreiche Alltagstipps parat. Eine Veranstaltung im Rahmen des „Langen Tags der Demenz“ des Vergissdeinnicht Netzwerks Demenzhilfe.

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Pflegende Angehörige – Wissen als Brücke zum Verständnis Den Lebensabend in vertrauter Umgebung verbringen. Von jenen betreut werden, die uns am besten kennen und mit denen wir unsere Geschichten teilen. Wer möchte das nicht? Gleichzeitig ist uns bewusst, dass die Pflege von Angehörigen nicht nur Zeit und Geduld erfordert. Sehr oft stoßen Angehörige auch an ihre persönlichen Grenzen der Belastbarkeit. Neue Vorgehensweisen müssen überlegt, Aufgaben übernommen werden. Gleichzeitig gilt es, auf sich selbst nicht zu vergessen. Eine Kursreihe für Pflegende Angehörige bietet die Möglichkeit, sich Unter­stützung von „Profis“ zu holen. Der Kurs gliedert sich in insgesamt 4 ­Module. Jedes Modul kann auch einzeln gebucht werden.  • Modul 1: 10. Februar 2021 • Modul 2: 3. März 2021 • Modul 3: 24. März 2021 • Modul 4: 14. April 2021

Weitere Informationen unter www.diakonieakademie.at


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menschen mit

behinderung

„Gesundheit ist mehr als nur gesundes Essen“ Ein neues Projekt rückt Gesundheit von Mitarbeiter*innen mit und ohne Behinderung in den Vordergrund.  Sonja Bachl

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etriebliche Gesundheitsförderung (BGF) ist eine anerkannte Möglichkeit, die Gesundheit am Arbeitsplatz zu fördern. Damit auch Menschen mit Behinderung von diesem Prozess profitieren können, wurden in einem zweieinhalb Jahre dauernden Projekt die Instrumente und Methoden der Gesundheitsförderung erweitert, auf die neue Zielgruppe angepasst und erprobt. Während des Prozesses ist verstärkt auch auf die besonderen Kommunikationsbedürfnisse der Mitarbeiter*innen mit Behinderung Rücksicht genommen worden. So wurden Inhalte beispielsweise in Leichte Sprache übertragen, um einen individuellen Zugang zum Thema zu garantieren.

Beteiligung als Grundlage Erklärtes Ziel war es, eine Zusammenarbeit sowohl von Mitarbeiter*innen mit und ohne Behinderung auf Augenhöhe zu ermöglichen. Besonderer Schwerpunkt lag dabei auf die partizipativen Prozesse, sowie die Einbeziehung der subjektiven Sichtweise aller Betroffenen. Interessant waren dabei nicht nur die verschiede-

nen Methoden, sondern auch die Erkenntnisse, wie Mitarbeiter*innen mit Behinderung selbst zum Thema Gesundheit stehen, der Gesundheit Bedeutung geben und ihr Verhalten in Hinblick auf dieses Thema ausrichten. Max Buchegger aus der Werkstätte Hagenberg etwa berichtet: „Für mich war das Projekt eine neue Erfahrung. Es war interessant, was

GESUNDHEITSFÖRDERUNG Im Diakoniewerk wurden für das Projekt die Werkstätten Linz/Stifterstraße, Hagenberg und Bad Hall ausgewählt, die sich über den Projektzeitraum in Form von Spielen, Workshops und speziellen Seminaren immer wieder mit dem Thema Gesundheit auseinandersetzten. Die Ergebnisse wurden dann in einem Leitfaden gesammelt, der demnächst der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird und damit Handlungs­ empfehlungen für die Praxis beinhaltet.

Soletti oder Banane? Alles im richtigen Maß ist kein Problem! Eine Erkenntnis des umfangreichen Prozesses, der sich an Menschen mit und ohne Behinderung gerichtet hat.

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alles zur Gesundheit gehört. Denn Gesundheit ist mehr, als nur gesundes Essen. Der Umgang damit ist wichtig, dass ich auch einmal etwas essen oder trinken kann, das nicht gesund ist. Es ist halt die Menge, die es ausmacht.“

Jeder hat spezielle Funktion Wichtig war es, eine aktive Beteiligung zu fördern. Jeder war für einen konkreten Fachbereich zuständig, erklärt Pepi Lengauer: „Jeder hatte seine Rolle im Projekt,

zum Beispiel in der Steuergruppe. Max hat für uns alle ein Seminar zum Thema Umgang miteinander im Empowerment Center organisiert. Das war nicht so einfach, das hat er ganz allein gemacht und das Seminar hat allen gut gefallen. Max wird auch in Zukunft darauf schauen, dass wir wieder Seminare zusammen machen können. Es wurde wirklich viel diskutiert und wir sind auch drauf gekommen, dass wir viele unterschiedliche Personen sind und man es nicht

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Für mich war das Projekt eine neue Erfahrung. Es war interessant, was alles zur Gesundheit gehört. immer allen recht machen kann.“ Den Austausch mit den Kolleg*innen wiederum möchte Stefan Jager nicht missen: „Jeder hat so seine Gewohnheiten und ich konnte meine Kolleg*innen dadurch noch besser kennen lernen.“


menschen mit

behinderung Neue Bürogruppe unterstützt im Alltag Einfache, aber notwendige Arbeiten werden in der Beratungsstelle LIFEtool von einer eigenen Bürogruppe geleistet. Seit Ende 2019 ist eine Bürogruppe der Arbeit und Assistenz Graz in der Beratungsstelle LIFEtool tätig und stellt Materialien für Unterstützte Kommunikation her. Die Aufträge bereiten die LIFEtool- Beraterinnen in einfacher Sprache, mit Symbolen oder über sprechende Taster vor. Dann sind Moritz Fabian, Sabine Tiefen­graber und Gerd Hanaweg an der Reihe. „Wir schneiden, laminieren, kleben und arbeiten am Computer“, berichtet Sabine Tiefengraber. Sorgfalt und Genauigkeit sind gefragt, am Ende des Arbeitstags ist der Stapel mit den erledigten Aufgaben immer hoch. Für LIFEtool Graz ist die Arbeit der Bürogruppe eine enorme Erleichterung. „Wir können unsere Kund*innen mit den hergestellten Materialien nun viel facettenreicher beraten“, freut sich Carina Bloder von LIFEtool. Wie sieht die Zukunftsperspektive dieser Kooperation aus? Dass künftig auch Schulen oder andere Einrichtungen direkt bei der Bürogruppe UK-Material bestellen und sich weitere interessante Arbeitsmöglichkeiten bei LIFEtool ergeben, das wünschen sich alle Beteiligten!

Max Eibl erfüllte sich mit mobiler Begleitung einen Reisewunsch – nach Wien ins 3D-PicArt-Museum und in den Prater. Den nächsten Ausflug plant er auch schon – er möchte gerne mit einem Schiff fahren.

Mobile Begleitung kann Lebensträume erfüllen Seit fünf Jahren begleitet das Team von Diakonie.mobil Menschen mit Behinderung im Alltag. Neben dem Stärken der Eigenständigkeit geht es auch darum, Lebensträume zu verwirklichen. 9.000 Stunden pro Jahr sind Peter Tröscher und sein Team für Menschen mit Behinderung in den Bezirken Kufstein und Kitzbühel im Einsatz. „Wir haben mit 480 Stunden pro Jahr gestartet, inzwischen können wir 26 Menschen begleiten“, freut sich Peter Tröscher, Leitung Diakonie.mobil Tirol. Die erfreuliche Entwicklung zeigt sich nicht nur in den Zahlen, sondern auch an den Fortschritten und der Zufriedenheit der Klient*innen. „Uns freut besonders, dass wir einen jungen Mann soweit stärken konnten, dass er die betreute Wohngemeinschaft verlassen und in eine eigene Wohnung ziehen konnte. Für ihn ging ein Lebens­ traum in Erfüllung“, berichtet Tröscher.

Die Aufträge werden von der UK-Gruppe in einfacher Sprache vorbereitet.

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Neues anbieten und zutrauen In der mobilen Begleitung legt man viel Wert darauf, die individuellen Fähigkeiten zu fördern. Daran und an den Wünschen der begleiteten Menschen orientiert sich auch das Angebot. Der Schwerpunkt liegt auf der agogischen Freizeitbegleitung und gesellschaftlichen Inklusion von Menschen mit Behinderung. „Das kann ein Spielenachmittag genauso sein wie ein Ausflug in die Umgebung. Uns ist wichtig, dass wir den Menschen immer wieder auch Neues anbieten und zutrauen, weil es sie in ihrer Selbstständigkeit stärkt“, erklärt Tröscher. Deshalb gibt es auch das Angebot einer regelmäßigen Klettergruppe, denn beim Klettern trainiert man nicht nur den Körper, sondern auch das Vertrauen in sich und andere Menschen. Besondere Höhepunkte im Begleitungsalltag sind Ausflüge. „Eine Reise nach Hamburg zum Musical König der Löwen ist für unsere Klient­innen ein ganz besonderes Erleb­nis und für unsere Mitarbeiter*­innen auch“, berichtet Tröscher. Die Reisen erfolgen auf Wunsch der Klient*innen. Das gemeinsame P­ lanen der Reiseroute und Organisieren von Tickets erhöht die Vorfreude und insbesondere die Eigen­ständigkeit. Nebenbei trägt das auch wesentlich zu einer inklusiven Gesellschaft bei.


menschen mit

behinderung

Hausgemeinschaften für blinde und sehbeeinträchtige Menschen im Alter In Österreich einzigartig Die Österreichische Blindenwohlfahrt (ÖBW) betreibt in Kooperation mit dem Diakoniewerk das einzige Wohn- und Pflegeheim für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen in Wien. Aktuell fließt die ganze Kraft in die Modernisierung des Standortes im 14. Wiener Gemeindebezirk. Das neue Haus wird am bestehenden Standort entstehen. Das ­Besondere – es wird nach dem Modell der „Hausgemeinschaften“ errichtet, einem zukunftsweisendes Wohn- und Betreuungskonzept für Menschen im Alter. Das Diakonie­werk führt seit 2005 sehr erfolgreich Hausgemeinschaften an sieben Standorten in Österreich. Es handelt sich dabei um ein „Lebenswelt-orientiertes“ Konzept, welches Individualität und Alltagsnormalität, Wohnqualität in familiärer Atmosphäre und an den persönlichen Bedürfnissen der Bewohner*innen orientierte Pflege und Betreuung in den Vordergrund stellt. Zum Ausdruck kommt dies unter anderem durch einen eigenen Wohn-, Speise- und Küchenbereich. Im März 2020 starteten die Abriss­ arbeiten eines Teils des bestehenden Wilhelm-Klein-Hauses in der Baumgartenstraße 69, mit dem Ziel, den geplanten Baustart mit Ende 2020 vorzubereiten. Mit der Verwirklichung des Konzepts der Hausgemeinschaften für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen mit Pflegebedarf schaffen ­Diakoniewerk und ÖBW ein Angebot, das in Österreich einzig­artig sein wird.

Zwei neue Projekte in der Umsetzung Das Diakoniewerk errichtet in Ardagger (NÖ) und in der Gemeinde Ramsau am Dachstein je ein neues Projekt für Menschen mit Behinderung – mit unterschiedlichen Schwerpunkten in der Begleitung. Die Entscheidung des Architektenwettbewerbs ist gefallen, jetzt geht das Wohnprojekt Ardagger in die nächste Phase. Das Wohnprojekt in der niederösterreichischen Gemeinde Ardagger hat eine besondere Zielgruppe und Ausrichtung: neben geistig- und mehrfach beeinträchtigten Menschen mit hohem Pflegebedarf werden hier vor allem Personen mit der Diagnose Prader-Willi-Syndrom begleitet. Um den besonderen Merkmalen dieses Syndroms – verringerte Muskelspannung, kein Sättigungsgefühl, ständiger Appetit – gerecht zu werden, sind spezielle Schwerpunkte in der Begleitung zu setzen. Der Ernährung, aber auch der täglichen Bewegung und einem klar strukturiertem Tagesablauf, wird ein sehr hoher Stellenwert in den Begleitmaßnahmen zugeschrieben. Langfristig sollen die begleiteten Personen die Möglichkeit haben, ganzheitlich am Ernährungsprozess teilzuhaben. Dies beinhaltet das Erstellen eines Speiseplanes, den Einkauf, das Zubereiten der Mahlzeiten und natürlich das Verspeisen des Gekochten. Das Wohnprojekt soll 2022 in Betrieb genommen werden.

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Zweites Projekt in Ramsau „Hier wird selbständiges Wohnen möglich sein“, freut sich Philipp Hörmann, der sich für das geplante Projekt in Ramsau am Dachstein interessiert. Zehn Menschen mit Behinderung werden in der Gemeinde am Fuße des Dachsteins ab Jahresmitte 2021 einen Ort zum Wohnen, Leben und Arbeiten finden. Individuell und stundenweise werden die Bewohner*innen begleitet, „in Haushalt und Freizeit, beratend bei der Praktikums- und Jobsuche und in vielen anderen Lebensfragen“, erläutert Velimir Pantić das Konzept. Ein zusätzliches Plus: Im Erdgeschoß ist ein Raum für inklusive Aktivitäten geplant: Ob Fortbildungen, Vereinsabende oder kulturelle Veranstaltungen – der Raum steht für vielfältige Begegnungen offen.


ein tag mit …

Fixer Teil des Teams

7:15 Uhr

Josef Wotruba arbeitet seit vielen Jahren in der Klinik Diakonissen Schladming, aber auch in anderen Arbeitsgruppen der Arbeit und Assistenz Schladming. Hier gibt er Einblick in seinen Arbeitstag   Saskia Dyk

Vorbereitungen: Josef Wotruba zählt das Material ab, das er an die Stationen und Abteilungen ausliefert. Auch die Post stellt er im Haus verlässlich zu. An drei Vormittagen in der Woche unterstützt er Astrid Wanke in der Materialwirtschaft der Klinik.

6:30 Uhr Der Tag startet mit einem guten Kaffee. Josef Wotruba hat seinen Haushalt selbstständig im Griff!

8:00 Uhr

7:00 Uhr

„Access All Areas“: Seit über 20 Jahren arbeitet Josef Wotruba in der Klinik ­Diakonissen Schladming und ist geringfügig angestellt. Er kennt das Haus wie seine Westen­tasche!

Bei jedem Wind und Wetter geht es mit dem Fahrrad in die Klinik Diakonissen Schladming.

Verdiente Pause. Nach den ersten Lieferungen lässt sich Josef ­Wotruba Kaffee und Wurstsemmel schmecken.

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Fotos: Martina Sieder

9:30 Uhr


ein tag mit …

10:00 Uhr Einsortieren und Material nachfassen. Im Zentrallager ist penible Ordnung gefragt!

13:00 Uhr Gute Arbeitsatmosphäre. Alle zwei Wochen gehen die Arbeitsgruppen gemeinsam essen und tauschen sich aus.

14:00 Uhr Millimeterarbeit: Josef Wotruba schneidet Anzündholz zurecht. Erst nach dem Wiegen, Bündeln und Verpacken der Späne ist sein Arbeitstag zu Ende.

11:30 Uhr Astrid Wanke ist für die Warenlogistik in der Klinik zuständig und Josef ­Wotrubas wichtigste Ansprechpartnerin: Ein eingespieltes Team! Zeit, einmal Danke zu sagen!

16:30 Uhr

12:00 Uhr

Josef Wotruba freut sich beim Nachhause-­ Radeln auf den Feierabend. Fixpunkt am Abend: Die Sendung „Steiermark heute“!

Dienstbesprechung mit Kolleg*innen in der Werkstätte Schladming – hier arbeitet Josef Wotruba am Nachmittag. Welche Aufträge sind hereingekommen? Wer ist wo und wann im Einsatz? Bei insgesamt 21 Kooperationspartnern in unterschiedlichen ­Branchen eine heraus­fordernde Aufgabe!

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aktiv für

bildung IM GESPRÄCH

Corona-Maßnahmen kontra Menschlichkeit Mit einem kritischen Leserbrief Ende Mai sorgten Studierende der Schule für Sozialbetreuungsberufe in Salzburg für viel Beachtung – innerhalb und außerhalb des Diakoniewerks. Barbara Amann und Karoline Pühringer-Steidl berichten von ihren Beweggründen die Stimme zu erheben – für Menschen mit Pflege- und Betreuungsbedarf, aber auch für bessere Rahmenbedingungen für Pfleger*innen und Betreuer*innen  Katharina Schönberger

Wie ist der Leserbrief „Maßnahmen kontra Menschlichkeit“ entstanden? Barbara Amann: Der Leserbrief ist im Rahmen einer UnterrichtsVideo­konferenz entstanden. Wir haben festgestellt, dass uns in Zeiten des Fernunterrichts der Austausch untereinander fehlte. Während des Lock-Downs waren wir alle in einer Ausnahmesituation und haben uns ein wenig zurückgezogen. Bei der Videokonferenz ist es plötzlich aus jedem herausgebrochen und alle erzählten, wie herausfordernd die Situation war. Da haben wir erkannt, dass es auch den anderen so geht. Das tat gut. Karoline Pühringer-Steidl: Das Format Videokonferenz war für uns Student*innen zuerst sehr gewöhnungsbedürftig. Am Anfang herrschte Stille und jeder war etwas unsicher. Denn auch wir muss-

ten uns erstmal auf diese neue Situation einstellen. Es ging uns im Prinzip wie den Senior*innen und Menschen mit Behinderung. Im Leserbrief konnten wir dann alle unsere Erfahrungen der letzten Zeit einfließen lassen. Die Reaktionen darauf zeigten uns, dass wir nicht alleine mit unserer Erfahrung sind und das Thema auch andere beschäftigt. Das hat uns bestärkt.

Worauf bezieht sich Ihr Satz: Gerade das Soziale wird durch die medizinischen Schutzmaßnahmen unterdrückt und verhindert? Amann: Im Pflege- und Betreuungsberuf ist Mimik ein wesentlicher Teil des Alltags. Wir reagieren darauf, ob ein Mensch lacht oder traurig ist und sind teilweise auf nonverbale Kommunikation angewiesen. Das gilt nicht nur für

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die Mitarbeiter*innen, sondern genauso für die Senior*innen und Menschen mit Behinderung, die wir pflegen und betreuen. Durch die Maßnahmen wie das Tragen von Mund-Nasen-Schutz ziehen sich viele Leute zurück und das hat auch psychische Auswirkungen. Um Nähe und Menschlichkeit wiederaufzubauen, braucht es viel Zeit. Das wiederum benötigt Personal­ressourcen, die aufgrund des Personalmangels nicht vorhanden sind. Pühringer-Steidl: Gerade wir als Fach-Sozialbetreuerinnen haben unseren Schwerpunkt in den sozialen Komponenten und versuchen die Menschen im Inneren geistig und seelisch zu erreichen, zu berühren und aktiv zu halten. Wenn man dann kein Lächeln schenken kann, wird ein Großteil der Kommunikation weggenommen. Auch die sozialen Kontakte, die für Senior*­innen so wichtig sind, wurden ihnen in Zeiten des LockDowns fast zur Gänze genommen. Diese Kontakte geben ihnen zum Beispiel Orientierung, die ihnen wiederum Sicherheit vermittelt. Amann: Wie wichtig soziale Kon-


takte zur Orientierung sind, haben wir Student*innen selbst auch festgestellt. Man hat zwar gewusst bzw. gehofft, dass man am richtigen Weg ist, aber der Austausch, die anderen Meinungen und das Orientieren auch an anderen Sichtweisen hat uns deutlich gefehlt.

Wie kann es Ihrer Meinung nach gelingen, Menschen zu schützen und sie nicht in der Freiheit zu beschränken? Pühringer-Steidl: Ich glaube nicht, dass es dazu ein allgemeines Rezept gib. Man sollte vielmehr auf die Selbstbestimmung der Menschen setzen. Es war wichtig, viele beratende Gespräche führen und jenen Menschen, die selbst entscheiden können, diese individuellen Entscheidungen auch zu ermöglichen. So wie wir es uns auch für uns selbst wünschen. Für Menschen, denen es nicht mehr möglich ist, selbst zu bestimmen, gibt es die Erwachsenenvertretung. Diese sollte aber gut mit den Bedürfnissen der Senior*innen oder der Menschen mit Behinderung vertraut sein und in deren Sinne entscheiden. Amann: Der Corona-Virus wird uns

sicherlich noch eine Zeit begleiten. Es ist deswegen wichtig, ganz genau zu überlegen, welche Maßnahmen in Zukunft gesetzt werden. Das gesamte Thema hat natürlich auch viel mit Verantwortlichkeit zu tun. Gerade im Sozialbereich wurden vorwiegend Empfehlungen ausgesprochen. Dadurch blieb viel Raum für Interpretationen und die Verantwortlichkeiten waren oftmals unklar. Für die Zukunft finde ich individuellere Entscheidungen, die auf Selbstverantwortung basieren, eine gute Lösung.

nen, wäre neben der Gewinnung von neuen Mitarbeiter*innen sicherlich ein wichtiger Schritt gegen den Fachkräftemangel und für eine qualitätsvolle Pflege und Betreuung. Und ich finde, es zeichnet eine Gesellschaft aus, wie man mit kranken und älteren Menschen umgeht.

Was braucht es Ihrer Meinung nach im Sozialbereich, um diesen zukunftsfit zu halten? Pühringer-Steidl: Ich denke, es braucht eine Verbesserung der Rahmenbedingungen. Das kann dazu beitragen, jene Menschen, die motiviert für den Pflege- und Betreuungsberuf sind, in diesem Berufsfeld zu halten. Die Tätigkeit bereitet einfach viel Freude und die Umstände sollten dies nicht zunichtemachen. Viele Menschen haben aufgrund der Rahmenbedingungen den Job aufgegeben. Diese Personen wieder zurückzugewin-

Wie blicken Sie angesichts der derzeitigen Situation in die Zukunft? Amann: Wenn wir auf die Selbstverantwortung achten und gegenseitige Rücksichtnahme leben, dann schaue ich durchaus positiv in die Zukunft. Pühringer-Steidl: Wenn wir mit Herz und Verstand in die kommende Zeit gehen, auf andere genauso gut wie auf uns selbst achten und uns im Sinne der Menschlichkeit auf Augenhöhe begegnen, dann können wir die Herausforderungen bestimmt gut meistern.

Ich finde, es zeichnet eine Gesellschaft aus, wie man mit kranken und älteren Menschen umgeht.

Karoline PühringerSteidl absolviert eine Ausbildung im Bereich Seniorenarbeit und arbeitet zum Zeitpunkt des Interviews in einer Tagesbetreuung des Diakoniewerks. Während des Lock-Downs war sie in einem Seniorenwohnhaus tätig. Ihre Erfahrung mit Personalmangel im stationären Bereich war eines der Motive, sich per Leserbrief an die Öffentlichkeit zu wenden.

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Barbara Amann absolviert eine Ausbildung im Bereich Behindertenarbeit. Derzeit arbeitet sie im Rahmen eines Pflichtpraktikums in den ­Salzburger Landeskliniken.


aktiv für bildung

kurznachrichten Umbau und Erweiterung des Kindergartens Mühle Das Mosaik-­ Konzept: den Schüler*innen Zeit, Raum und Wertschätzung geben.

Mosaik.Schule startet in das erste Jahr Die kindliche Fähigkeit, als Entdecker und Gestalter das eigene Leben aktiv zu gestalten, ist wichtig und wertvoll zu erhalten. Diese aufzubauen und über die Kindheit hinweg zu erhalten war ein wesentlicher Motivationsgrund, eine alternative Bildungseinrichtung für die oberösterreichische Schullandschaft anzubieten. 20 ­Schüler*innen starten im Sep­ tember in der Mosaik.Schule, einer konfessionellen Privat­schule mit Öffentlichkeitsrecht des Diakoniewerks am Bio-Bauernhof Diwold in Katsdorf. Die Kinder lernen, arbeiten und philosophieren in altersgemischten und jahrgangsübergreifenden Gruppen. Die wichtigsten pädagogischen Prinzipien der Mosaik.Schule sind Selbstständigkeit, Orientierung an den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Kinder, ein christlich-humanistisches Weltbild, Zeit und Raum, die Potentiale der Kinder zu erkennen und Wertschätzung gegenüber der Natur.

Der Kindergarten Mühle des Diakoniewerks für Kinder mit und ohne Behinderung in Gallneukirchen wurde erweitert und umgebaut. Die Wiedereröffnungsfeier findet unter Teilnahme von Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander am 19. Oktober 2020 statt. Die neue Gestaltung und Ausstattung ermöglichen es, Kinder mit und ohne Behinderung gemäß ihrer Bedürfnisse, ihrer Lernpotenziale und ihres Entwicklungstempos individuell zu begleiten. Der Umbau und die Erweiterung machen den Kindergarten Mühle am bestehenden Standort zu einem langfristig gut nutzbaren Kindergarten nach heutigen Standards.

NEU! Zusatzqualifikation „Sozialpsychiatrie“ an der SOB Gallneukirchen Viele Rückmeldungen von Sozialbetreuer*innen sowie Verantwort­ lichen in Sozialeinrichtungen aus den letzten Jahren haben die Schule für Sozialbetreuungsberufe in Gallneukirchen dazu veranlasst, eine neue Zusatzausbildung zum Thema „Sozialpsychiatrie“ anzubieten. Der Lehrgang vermittelt maßgeschneidert jene Kompetenzen, die für die Betreuung von Menschen mit psychosozialen Problemstellungen immer mehr benötigt werden. Erfahrene Lehrpersonen der Schule und aus der Praxis sorgen für die theoretische und praktische Ausei-

nandersetzung mit dem Thema. Ein Praktikum in einer Sozialeinrichtung mit psychosozialem Betreuungsangebot ist vorgesehen. „Wir bieten die Qualifikation „Sozialpsychiatrie“ als eine der ersten Schulen in Österreich an. Das große Interesse bestätigt, dass entsprechende Kompetenzen in den Betreuungseinrichtungen stark nachgefragt werden“, freut sich Direktor Markus ­Kapsammer, der mit dieser Ausbildung den Zahn der Zeit getroffen hat. Die Ausbildung startet erstmalig im Oktober 2020 und dauert zwei Semester. Voraussetzung für eine Teilnahme ist die bereits abgeschlossene oder im zweiten Ausbildungsjahr stehende Ausbildung zur Fachsozialbetreuung Behindertenarbeit oder Behindertenbegleitung (Die Kosten betragen 200 Euro). Diese Ergänzungsausbildung ist im Lehrplan der österreichischen Schulen für Sozialbetreuungsberufe verankert und somit österreichweit gültig.  ehr Informationen dazu M finden Sie auf www.zukunftsberufe.at Schule für Sozialbetreuungsberufe Gallneukirchen

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aktiv für

gesundheit

„Offenes Ohr für Ängste unserer Gäste“

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Wie wirkt sich Corona auf den Betrieb in der Klinik Diakonissen aus und wie bereitet man sich auf den Herbst vor? Primar Dr. Josef F. Macher, Geschäftsführer der Klinik, im Gespräch.

Was können sich Patient*innen der der Klinik Diakonissen Linz in der jetzigen Situation von der Klinik erwarten? Josef F. Macher: Wir sind für unsere Patient*innen wieder in vollem Umfang und mit großem ­Einsatz da. Die COVID-19-Situation hat daran nichts geändert. Dies selbst­verständlich unter Einhaltung sämtlicher Schutzmaßnahmen. Das beginnt beim Eingangsbereich und erstreckt sich über alle Abläufe im Haus. Wie ist die Klinik mit der Pandemie umgegangen? Macher: Wie alle Kliniken haben wir uns am Freihalten der Betten beteiligt, um für eine mögliche große Krise in unserem Bundesland gerüstet zu sein. Die Umstellung des Routinebetriebs auf Notfallbetrieb schuf einen deutlich erhöhten Abstimmungs- und Organisationsbedarf. Wir haben durch interne Schutzmaßnahmen, wie strenge Terminvergabe für Akutfälle und Sicherheitskontrollen, sehr rasch reagiert. Zudem wurden präventiv Masken und Mäntel aus Stoff angeschafft. Nun haben wir den Betrieb schrittweise wieder hochgefahren und können unser Leistungsspektrum durch die gesamte Infrastruktur der Klinik wieder voll und ganz abdecken.

Von der stationären Behandlung und Privatambulanz über Endoskopie, Radiologie und MRT sowie Vorsorgeuntersuchungen in der Klinik. Auch alle Ordinationen unserer Fachärzte am Standort bzw. auswärts sind wieder im vollen Umfang verfügbar.

Was ist Ihnen besonders wichtig? Macher: Vorsorgeuntersuchungen durch unseren Gesundheits-Check waren und sind nach wie vor ein sehr zentrales Thema. Dieses sollte auch jetzt nicht vernachlässigt werden. Zudem ist wichtig, auch in Ausnahmesituationen – wie

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es die Corona-Krise ist – nicht zu vergessen, dass es vielerlei andere Erkrankungen gibt, die kurzfristig behandlungsbedürftig sind. Wir sehen es als unsere Aufgabe, die Patient*innen umgehend, höchst qualifiziert und nach entsprechenden COVID-Vorgaben weiter zu behandeln. Viele Patient*innen haben derzeit mit Ängsten zu kämpfen. Die Mitarbeiter*innen der Klinik Diakonissen Linz haben immer ein offenes Ohr und Achtsamkeit für ihre Patient*innen. Dieses Eingehen auf die unterschiedlichen spirituellen Bedürfnisse wird „Spiritual Care“ genannt. Darauf können sich unsere „Gäste“ verlassen.


aktiv für gesundheit

kurznachrichten Neuer Kooperationspartner in der Klinik Diakonissen Schladming Standort für Frauenheilkunde hat eröffnet Seit Anfang August gibt es eine neue Kassenordination für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Schladming. Mit Dr. Tamás Orosz hat die Klinik Diakonissen Schladming einen Facharzt als Kooperationspartner direkt im Haus. Aus rechtlichen Gründen werden der Klinikbetrieb und die Ordination völlig unabhängig voneinander geführt. „Natürlich gibt es eine enge Kooperation, um eine optimale Patient*innenversorgung zu gewährleisten. Wenn es die Corona-Situation zulässt, wird es im Herbst auch eine offizielle Eröffnungsfeier geben“, sagt Verwaltungsleiter Hannes Stickler, der maßgeblich für die Kooperation verantwortlich war.

Geschenke mit Sinn und an die Sinne Jetzt schon an Weihnachten denken. Morgen jemandem eine Freude machen. Übermorgen sich selber beschenken.

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aktiv für

flüchtlinge

„Ich erfahre die Geschichte der Person in der Begleitung“

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Menschen mit psychischen Problemen, die sich auf der Flucht befinden werden in einer Gruppe in Oberösterreich gezielt begleitet. Eine doppelte Herausforderung. Karin Windpessl

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ine seit 2019 bestehende Gruppe richtet sich an eine besonders verwundbare Gruppe: geflüchtete Menschen, die an psychischen Erkrankungen leiden. Oft kann die Flucht noch ein Verstärker bestehender Erkrankungen sein und damit eine Traumatisierung noch zusätzlich begünstigen. Obwohl diese Gruppe zwar zahlenmäßig nicht groß ist, braucht sie eine intensive Zuwendung. Sechs Männer sind in Betreuung, die Bandbreite an Diagnosen ist breit. Schizophrenie, Intelligenzminderung, Psychosen, Neurosen, Epilepsie – es ist eine Vielzahl unterschiedlicher Krankheitsbilder, mit denen die Mitarbeiter*innen am Linzerberg konfrontiert sind. Schwierig sei zu Beginn vor allem die Anamnese, also die Erfassung möglicher Vorerkrankungen und damit eine Eingrenzung des Krankheitsbildes, betont Margarete Moser, Bereichsleiterin der Flüchtlingsarbeit in Oberösterreich. Bei Menschen mit anderer kultureller Herkunft und Sprachbarrieren seien adäquate Therapieangebote eine besondere Herausforderung: „Zumeist kommt die Person ohne Befund, ohne Hinweis auf die Art der Erkrankung. Dann müssen wir

in einem oft sehr lange dauernden Prozess herausfinden, wo die Grenzen der Person verlaufen, was ist möglich und was nicht.“

Empathie als wichtige Voraussetzung Viele Geflüchtete kommen aus Afghanistan, Irak und Syrien. Zusätzlich zur oft fehlenden Diagnostik kommt die Sprachbarriere erschwerend dazu. Es gibt zwar die Möglichkeit, Dolmetscher einzubeziehen, im Alltag läuft die Verständigung aber viel grundlegender ab. „Wir schauen, was beruhigend wirkt oder was eher aufwühlt und passen unser Verhalten schrittweise an“, erklärt Moser und ergänzt: „Einer unsere Bewohner zum Beispiel will nicht im Finsteren schlafen. Das muss man einmal herausfinden.“ Was es brauche, um diesen Job ausüben zu können? „Empathie und Einfühlungsvermögen“ betont Moser. „Ich erfahre die Geschichte der Person in der Begleitung.“ Zusammenhalt und Teamwork sind dabei ein wichtiger Türöffner. Sieben Mitarbeiter*innen auf unterschiedlichen fachlichen Bereichen bringen ihre Expertise

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ein – ob Pädagogen, Psychologen, Fachsozialbetreuer – verschiedene Ansätze ergeben ein Ganzes. Im gemeinsamen Austausch werden Wege der Begleitung gesucht und gefunden, oft auf nicht verbaler, basaler Ebene. Mimik und Gestik sind oft die einzige Brücke, um in Kontakt zu kommen. „Gelassen, respektvoll und offen in die Situation gehen“, das nennt Moser als wesentliches Rezept im Umgang mit dem Klient*innen. Gleichzeitig wird das Feld der psychischen und mehrfach Erkrankungen/Diagnosen immer größer. „Mit einer Person ist ein völlig neuer Fachbereich hinzugekommen – jemand mit drogeninduzierter Psychose (Überkonsum im Heimatland), daraus resultierenden kognitiven Schwächen. Wir streifen sehr viele unterschiedliche Themenfelder und müssen diese mit der Person erarbeiten.“ Das sei oft spannend, aber auch herausfordernd ergänzt Moser. Und auch hier wäre mehr Personal dringend benötigt.


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aktiv für

freiwilligenarbeit

Den „FreiwilligenSchatz“ heben

Frau Foller und Frau Roth kennen sich durch die CoronaNachbarschaftshilfe. Statt einkaufen zu gehen hilft Frau Roth nun bei Fragen rund um Laptop, Handy und Co.

Gerade in Corona-Zeiten haben sich viele neue Freiwillige gemeldet, um mitzuhelfen. Was wurde aus dieser Gruppe und wie geht es weiter?  Elisabeth Braunsdorfer, Isabel Beuchel

S

eit vier Jahren besucht Ingrid Foller den fast 102-jährigen Herrn Franz in seinem Haus. Auf den Mittwochnachmittag freut er sich immer besonders. „Ich komme rein in die Küche und Herr Franz strahlt mich an. Er mischt die Rommékarten und fragt mich nach Neuigkeiten. Wir spielen zwei Stunden und ich erzähle.

Mit dem digitalen Besuchsdienst können sich auch Menschen freiwillige engagieren, die nicht so mobil sind. Gabriele Huber

Ab und zu mosere ich, dass ich ja nicht wegen des Verlierens da sei, und der Schmäh rennt“, schildert Foller ihre fröhlichen Freiwilligen­ einsätze.

Man spürt die Lebensfreude, wenn Frau Foller erzählt. Dass sie kürzlich selbst die Rolle wechselte und freiwillige Hilfe annahm, war eine neue Erfahrung. „Wir haben unseren älteren Freiwilligen eine Einkaufshilfe organisiert, als im Corona-Lockdown die Empfehlung lautete, nicht selbst ins Geschäft zu gehen“, berichtet Freiwilligen-­ Koordinatorin Gabriele Huber. Aus diesen Einkaufs-Tandems entstanden auch Beziehungen, die nichts mehr mit der Ursprungsidee zu tun haben. So auch bei Ingrid Foller und ihrer Freiwilligen, die ihr nun bei IT-Fragen hilft.

Digitaler Besuchsdienst und IT-Hilfe „Wir haben seit Corona über Tausend registrierte Helfer*innen mit vielfältigen Fähigkeiten“, berichtet Huber. Sie und ihre Kolleg*innen sind dabei, diesen enormen

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„Freiwilligen-Schatz“ zu heben. „Wir schauen, welche Bedarfe an Unterstützung es gibt und wer gut zu dieser Person passen könnte“, erklärt Huber. Die Einsätze sind dabei mitunter sehr kreativ. Menschen mit Hörproblemen erhalten regelmäßig „digitalen Besuch“ via E-Mail-Brieffreundschaft als Ergänzung zu anstrengenden persönlichen Treffen oder Telefonaten. „Mit dem digitalen Besuchsdienst können sich auch Menschen freiwillig engagieren, die nicht so mobil sind“, erklärt Huber. Verstärkt geht der Trend Richtung kurzzeitiger, spontaner Einsätze. Berufstätige, junge Eltern oder auch Studierende bevorzugen kurzzeitigere Einsätze, wie Hilfe bei einem Fest, Verpacken von Geschenken oder Begleitung zu einem Tagesausflug. „Diese Ab-und-ZuEinsätze sind genauso wertvoll wie


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Ein Buch über die Wunder des Alltags. Vieles will unsere Aufmerksamkeit, aber wir sind längst weitergezogen … Dabei gibt es so viel zu entdecken und das Leben in all seinen Face en immer wieder neu und dankbar anzunehmen. Wir spüren, wie gut es uns tut, genauer hinzusehen. Verlag bene! € 10,30 Erhältlich in der Bücherinsel, Hauptstraße 7, 4210 Gallneukirchen, Tel.: 07235 625 13, lesen@buecherinsel.at

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ein regelmäßiges Engagement. Mir ist wichtig, dass niemand von einem freiwilligen Engagement überfordert wird. Im Idealfall entstehen nachhaltige Beziehungen, die eine gesamtgesellschaftlich prägende positive Wirkung haben und Einsamkeit – vor allem im Alter – vermindern“, ist Huber überzeugt. Auch in Oberösterreich ist man derzeit dabei, Modelle zu entwickeln, wie man Freiwillige, die sich während der Corona-Krise engagiert haben, Gestaltungsmöglichkeiten zu geben. „Derzeit sind wir außerdem froh, dass unsere bestehenden Freiwilligen wieder zurückkommen können und dies möglichst sicher für alle Beteiligten ablaufen kann. Wir haben gerade in dieser Zeit gemerkt, welch wichtige Ressource diese Menschen im Alltag sind“, erklärt Oberösterreichs Freiwilligenkoordinatorin Isabel Beuchel.

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Mit dem Babybody „Be(e) wild and have fun!“ gibt es jetzt auch ein Kleidungsstück für die Kleinsten. Wie auch bei den anderen Produkten wird durch den Kauf ein Projekt des Diakoniewerks unterstützt – in diesem Fall der Ausbau der Therapieangebote für Kinder mit Behinderung. Produktdetails: Body aus 100 % Bio-Baumwolle Erhältlich in den Größen 50/56, 62/68 Farbe: weiß Lieferumfang: ein Babybody inkl. Projektbeschreibung Preis: € 18,00 Mehr auf www.diakoniewerk-shop.at

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spiritualität

Mir erzählte eine ältere Frau: „Ich bin bei meiner Tochter eingezogen. Und meine Tochter kümmert sich sehr um mich. Manchmal wird mir das aber zu viel. Das, was ich selber noch tun kann, das möchte ich selber machen. Aber meine Tochter versteht das nicht. Sie meint es ja nur gut. „Was willst du, dass ich für dich tun soll?“ Jesus fragt den blinden Bartimäus. Jesus „tut nicht gleich“. Obwohl es offensichtlich ist, dass Bartimäus wieder sehend werden will. So ist es auch für uns wichtig, nicht gleich zu tun, wenn wir meinen, der andere bräuchte Hilfe. Denn wenn wir selber aktiv werden, gibt uns das Selbstbestätigung – selbst zu entscheiden und selbständig zu sein ist Lebensqualität!

„ Was willst du, dass ich für dich tun soll?“ Mk 10,51

Mag. Martin Brüggenwerth Diakonische Identitätsentwicklung

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international

Seine Wurzeln kennenlernen Mit dem Tanztheaterprojekt „Wurzeln.Transit“ will das Diakoniewerk Kindern und Jugendlichen der Volksgruppe der Roma die Möglichkeit geben, den Reichtum der eigenen Kultur kennenzulernen.  Daniela Scharer

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as Projekt „Wurzeln.Transit“, auf Rumänisch „Rădăcini. Transit“, startete im Juli 2019. Sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche, die das Diakoniewerk in zwei Tagesbetreuungen in Sebeş und Dumbrăveni, begleitet, werden dabei eingeladen, sich mit ihrer kulturellen Herkunft auseinanderzusetzen und sich als gleichwertiger Teil einer europäischen Gemeinschaft zu erleben. Die Geschichte und Kultur der Roma wird in Rumänien zum Großteil ausgeblendet. Wer lernt schon im Schulunterricht von den „Zigeunern“? Angehörige der Roma werden in Rumänien diskriminiert. Diese Realität erleben auch alle Kinder, die täglich die Tagesbetreuungen besuchen. Sie verbringen hier die Nachmittage, um Hausaufgaben zu machen und Wissen aufzuholen, aber vor allem auch soziale Kompetenzen zu erlernen.

Wissen statt Vorurteile Sollen sich Kinder und Jugendliche dieser marginalisierter Volksgruppen als Teil einer vielfältigen Gesellschaft fühlen, braucht es Teilhabe an einer gemeinsamen Europäischen Kultur. Auch die Kultur der Roma zählt zum gemeinsamen kulturellen Erbe Europas. Da der Zugang zu künstlerischen Ausdrucksformen, die über die Volkskultur hinausgehen, diesen jungen Menschen aber verwehrt bleibt, setzt das Projekt genau hier an. Niederschwellige Zugänge zu zeitgenössischen künstlerischen Ausdrucksformen wie Musik, Tanz und Theater werden angeboten, mit gleichzeitiger Wertschätzung der traditionellen Roma-Musiken. Ich erzähle meine Geschichte Wurzeln.Transit will „Roma als Storyteller in eigener Sache“ ermutigen, von sich zu erzählen

ROMA: WURZELN DER KULTUR „Der ‚Zigeuner’ ist eine europäische Erfindung: Seit hunderten Jahre sind Sinti und Roma Opfer von Projektionen. Bilder wie der messerwerfende Mann, das verführerische Mädchen oder der temperamentvolle Musiker sind stereotype Vorstellungen, die weit verbreitet sind. Tatsächlich sind Roma Grenzüberschreiter, Transnationalisten par excellence. Das macht sie in den Augen der Sesshaften verdächtig.“ (M. Gogos)

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In Workshops werden zeit­ genössische künstlerische Mittel eingesetzt, die sich immer auch auf die traditionellen Ausdrucksformen der Volkskultur beziehen und in Dialog treten.

und sich zu zeigen. Das innovative Performanceprojekt will die Kinder zur Selbstrepräsentation anregen, indem sie auf die Spur ihrer individuellen Erlebnisse gebracht werden und ihre Geschichte als Roma, als Individuen innerhalb Europas neu schreiben. Die künstlerische Arbeit wird zur Intervention mit einem ästhetischen Anspruch und gerade deshalb zu einem Irritationspunkt, zu einem Wendepunkt in der Auseinandersetzung mit der eigenen Identität. Das Projekt ist aktuell auf zwei Jahre beschränkt und wird finanziell von den Salzburger Festspielen unterstützt. Für die Kinder in Sebeş fanden bereits im Juli 2019 Workshops und eine fulminante Aufführung statt. Coronabedingt pausiert das Projekt gerade. Die Kinder und Jugendlichen in Dumbrăveni warten daher noch, ihre persönlichen Geschichten erzählen zu können.


netzwerke „Jeder sollte diese Möglichkeit bekommen“ Die Zusammenarbeit von Sonnentor und der Integrativen Beschäftigung des Diakoniewerks ermöglicht Menschen mit Behinderung eine Arbeit mit Sinn und Mehrwert.  Elisabeth Braunsdorfer Professionelle Begleitung der Partnerbetriebe Die Fachmitarbeiter*innen des Diakoniewerks vermitteln und begleiten die Betriebe der integrativen Beschäftigung. Die gute Vernetzung der Betriebe, Behörden und das persönliche Umfeld der begleiteten Mitarbeiter*innen ist dabei eine wichtige Stütze. „Unsere Mitarbeiterin ist so selbstständig. Trotzdem ist es sehr angenehm einen Partner an der Seite zu haben, der immer da ist“, zeigt sich Koller über die Begleitung durch das Diakoniewerk erfreut.

Sonnentor-Filialleiterin Caroline Koller (links) schätzt die Zusammen­ arbeit mit der Mitarbeiterin der Integrativen Beschäftigung des Diakoniewerks.

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om Schnupperpraktikum zur fixen Kooperation: Seit rund einem Jahr arbeitet eine junge Dame mit Begleitungsbedarf im Sonnentor-Geschäft in Kitzbühel mit. Sie übernimmt mittlerweile selbstständig ohne Hilfe die Ware, schlichtet nach und kassiert gemeinsam mit Filialleiterin Caroline Koller. „Sie leistet tolle Arbeit und auch die Kunden mögen sie gerne“, berichtet Koller. Im Vorjahr kamen die Mitarbeiter*innen des Diakoniewerks auf

die Filialleiterin zu, um wegen Praktikumsplätzen für Menschen mit Behinderung anzufragen. „Für mich war das keine ­Frage, jeder sollte die Möglichkeit haben“, erzählt Koller. Anfangs wechselten sich die Praktikant*­ innen noch ab, schließlich ergab sich die Möglichkeit einer fixen Kooperation mit einer jungen Frau. „Wir möchten sie nicht missen. Sie erweckt in mir das Kind, das wir in unserer Erwachsenenwelt zu selten zeigen“, ergänzt Koller.

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Träume verwirklichen Durch die Betriebskooperationen bekommen die begleiteten Mitarbeiter*innen oder Lernschwäche die bestmögliche Chance, um am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und der Inklusion wieder einen Schritt näher zu kommen. „Je mehr Menschen mit Behinderung in allen möglichen Berufsfeldern mitarbeiten, desto selbstverständlicher wird es. Mit der Integrativen Beschäftigung wollen wir nicht nur den jungen Menschen eine Chance zur Verwirklichung ihrer Träume bieten, sondern auch Vorurteile und gedankliche Barrieren in den Köpfen der Gesellschaft abbauen“, erklärt Stephan Mader, Bereichs­leiter Behindertenarbeit im ­Diakoniewerk Tirol.


Ihr verlässlicher Begleiter fßr Keine Sorgen im Leben.


meinung Selbstbestimmung ist für mich die Freiheit der Entscheidung. Die Freiheit das zu sehen, zu spüren, zu erkennen, was mir guttut, was für mich ganz persönlich gut ist und was zu mir passt. Dies kann in den unterschiedlichen Lebensphasen sehr verschieden sein. Was heute meine Wahl für meine Lebensumstände ist, kann vielleicht in fünf Jahren nicht mehr stimmen. Karoline Albrecht-Schadt, Referentin Diakonie Akademie

Was bedeutet Selbstbestimmung für mich? Selbstbestimmung ist für jeden Menschen wichtig und zugleich schwer zu definieren. Wir haben nachgefragt – bei Menschen mit und ohne Behinderung.

Ein jeder Mensch braucht seinen Garten mit Zaun. Einen Garten, in den er sich zurückziehen kann. Wo er seinen Apfelbaum pflanzen kann. Es ist meine Verantwortung, ihn zu bepflanzen und zu bewässern. Manchmal ist ein Loch im Zaun drinnen, das kann man reparieren. Der Zaun hält den Garten zusammen. Es gibt so viele Menschen mit Garten. Ruth Oberhuber, Schauspielerin und Literatin Kunstwerkstatt

Meinen eigenen Lebensweg bestimmen und gestalten zu können ist für mich Selbstbestimmung. Dazu gehört für mich auch Selbstverantwortung sowie Respekt mir selbst und meinen Mitmenschen gegenüber. In diesem Kontext ist Selbstbestimmung „ich bezogen“ – ich bestimme, ich entscheide … und zugleich kommt auch ein „Wir“ hinzu. Selbstbestimmung in der Verantwortung für mein Umfeld. Beate Widmann, Bildungszentrum Diakonissen Linz

Selbstbestimmung heißt für mich, dass ich entscheide wo ich wohne und wo ich arbeite. Ich arbeite im Kaffeehaus. Ich möchte mehr Geld verdienen, um ausziehen zu können, damit ich mir eine Wohnung, wie sie mir gefällt, leisten kann. Selbstbestimmung bedeutet für mich auch, mehr Verantwortung für mich selbst zu übernehmen. Das möchte ich in der Zukunft gerne. Anna-Celine Gwiggner, Mitarbeiterin der Integrativen Beschäftigung in Hopfgarten

„So viel wie nötig, so wenig wie möglich!“ Dieses Zitat von Albert Einstein beschreibt in meinen Augen gut, was Selbstbestimmung bedeutet. Auf der einen Seite sollte die Selbständigkeit gewahrt werden, auf der anderen Seite sollte man Unterstützung geben, wenn diese benötigt wird. Auf die Behindertenarbeit umgemünzt bedeutet es, dass Klient*innen nicht unter-, aber auch nicht überfordert werden. Michael Kollroß, Mitarbeiter Stützpunktwohnen Salzburg


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