21.8 MAG #01

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mag

21.8

Herausgeber

M a g a z i n z u m s c h u t z d e r NACHT

Lichtsmog die schattenseite des lichts Gesundheit Das licht, unser zeitgeber Astronomie der blick zu den sternen

Ausgabe 1 von 12 / januar 2015 zum ÂťJahr des LichtsÂŤ der vereinten nationen


» Was, wenn wir eines Morgens aufwachen und realisieren, dass all die Naturschutzbemühungen der letzten 30 Jahre nur die Hälfte der Geschichte erzählen – die Tagesgeschichte?« Catherine Rich und Travis Longcore


Editorial

Liebe Leserinnen und Leser, mit dem nebenstehenden Zitat der beiden Ökologen aus den USA wird auf ein Umweltproblem treffend angespielt, das bislang leider kaum beachtet wurde: Es geht um Lichtverschmutzung. Dabei handelt es sich um die Erhellung des nächtlichen Himmels durch künstliches Licht, das in der Atmosphäre gestreut wird und uns dadurch nicht nur den Blick auf ein wichtiges Kulturgut raubt: den Sternenhimmel. Weitaus gravierender sind die Auswirkungen auf unsere heimische Artenvielfalt. Unzählige nachtaktive Insekten finden jede Nacht an den vielen Laternen in unseren Städten den Tod, auf das Jahr hochgerechnet handelt es sich um Milliarden Lebewesen, die ihrem Lebensraum entzogen werden. Eine weitere von uns Menschen kaum bemerkte Folge sind die Irrflüge vieler Zugvögel, die, gefangen in den städtischen Lichtglocken, oft stundenlang umherkreisen, bevor sie kraftlos zu Boden fallen. Dem Thema Lichtverschmutzung und Schutz der Nacht nimmt sich das vorliegende Magazin »21.8 mag« an. Es ist ein Magazin, dass in diesem Jahr, parallel zum diesjährigen »Internationalen Jahr des Lichts« der Vereinten Nationen, das die UNESCO mit weiteren Partnern koodiniert, jeden Monat neu erscheint und über verschiedene Erkenntnisse aus den Bereichen Wissenschaft, Forschung und Umwelt zum genannten Thema berichtet. Die Rubriken wechseln dabei alle zwei Monate. Das Magazin ist gleichzeitig Teil der Kampagne der neu gegründeten Stiftung »Prima Nox«. Weitere Informationen dazu erhalten Sie auf den Seiten 40 und 41. Diese Ausgabe befasst sich mit den Oberthemen Lichtsmog, Gesundheit und Astronomie. Es werden Definitionen zu Lichtverschmutzung gegeben, ohne dabei vorhergehendes Wissen vorauszusetzen. Die Himmelshelligkeit über Europa sowie Auswirkungen von Kunstlicht auf die Gesundheit des Menschen und ein Exkurs in die Astronomie sind ebenfalls Inhalte dieses Hefts. Darüber hinaus findet sich eine Sternenkarte des Winterhimmels auf Seite 38. Wo Licht ist, ist auch Schatten. Der Nacht und dem Schutz der natürlichen Dunkelheit gebührt gleichermaßen Aufmerksamkeit wie dem Thema Licht. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude beim Lesen und viele neue Erkenntnisse.

Bettina Schlichter Initiatorin der Stiftung »Prima Nox«

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Lichtsmog Kurz beleuchtet Was versteht man unter Lichtverschmutzung?

Die Schattenseite des lichts Wie stark ist der Himmel 端ber Mitteleuropa aufgehellt?

nachleuchten Und es wurde licht, 端ber den tag hinaus

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Gesundheit Kurz beleuchtet Der Mensch im Lichterwahn

das Licht, unser zeitgeber Die innere uhr tickt bei jedem anders


Themen

Kurz beleuchtet wenn die hellsten sterne verschwinden

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der blick zu den sternen Die astronomie Als teil der menscheit

Winterhimmel Der Himmel im Januar

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Schlusslicht die stiftung

IMpressum und quellen

Ausblick

Cover Illustration Bettina Schlichter

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Astronomie


kurz beLeuchtet

Lichtsmog Wa s v e r s t e h t M a n u n t e r

»licht verschMutzung«? 6

Unter dem Begriff Lichtverschmutzung werden verschiedene Phänomene zusammengefasst: • Die Aufhellung des Nachthimmels und der natürlichen Nachtlandschaft durch die Streuung von künstlichem Licht. • Die direkte Blendung durch helle Lichtquellen, wie Laternen, Scheinwerfer, Werbetafeln oder nicht optimierte Anstrahlung von Bauwerken. Aber auch Aspekte wie zu hohe Lichtmengen, unnötige Beleuchtung und ungünstige Lichtfarben spielen eine große Rolle und überstrahlen das natürliche Licht.


die Lichtverschmutzung, gemessen an der Lichtemission in den weLtraum, steigt jÄhrLich um 3-6% an.

seit juLi 2013 regeLt ein gesetz die kommerzieLLe und Ästhetische beLeuchtung in Frankreich zwischen 100 und 700 uhr. dadurch soLLen 3 twh/jahr, aLso in etwa 335.000 tonnen co2/jahr eingespart werden kÖnnen.

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der weLtweite energieverbrauch Für beLeuchtung verursacht 1900 miLLionen tonnen co2/jahr.

7% des gesamten stromverbrauchs in deutschLand werden Für innenund aussenbeLeuchtung auFgewendet. das entspricht 2 miLLionen tonnen co2 oder der vierFachen energieproduktion des kernkraFtwerks brockdorF.

in den usa und kanada sterben Laut schÄtzungen bis zu 7 miLLionen vÖgeL pro jahr durch koLLision mit beLeuchteten Funktürmen.

in einer dunkLen nacht kann man 3000 – 4000 sterne sehen. in einer heLLen stadt gerade maL 100.

die energieeFFizientesten Lampen sind die geLben natriumdampF-niederdruckLampen mit 180 Lumen/watt. sie ziehen auch am wenigsteninsekten an. wegen ihres monochromatisch geLben Lichtes sind sie aber eher unbeLiebt.

Laut einer emnid-umFrage haben ein dritteL der deutschen noch nie die miLchstrasse gesehen. bei den unter 30-jÄhrigen waren es sogar 40% der beFragten.3



Lichtsmog

die schattenseite des lichts Text Andreas Hänel Illustration Bettina Schlichter

Vor mehr als hundert Jahren sind in Europa die ersten elektrischen Außenbeleuchtungsanlagen in Betrieb gegangen. Inzwischen haben künstliche Lichtquellen, ausgehend von Städten, Straßen und Gebäuden bis hin zu Bergbahnstationen die Nacht erobert. Licht dient nicht mehr nur dem Bedürfnis des Menschen nach Sicherheit. Es wird selbstverständlich und uneingeschränkt eingesetzt, sei es für Werbezwecke oder Effektbeleuchtung. Seit es nachts auf Erden durch die künstliche Beleuchtung hell ist, haben sich die Lebensbedingungen vieler Tiere und Pflanzen verändert.

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d i e s c h at t e n s e i t e d e s l i c h t s

Auch der Tag-Nacht-Rhythmus des Menschen ist aus dem Lot geraten. Von vielen an der Natur interessierten Menschen wird beklagt, dass immer weniger Sterne zu sehen sind. Dies ist zurückzuführen auf die zunehmende Aufhellung des Himmels durch künstliche Beleuchtung. Aus diesem Grund verschwinden schwächere Sterne im Himmelshintergrund.

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A mateur-Astronomen beschreiben die Qualität

des Himmels mit der Grenzhelligkeit, das ist die Helligkeit der schwächsten und gerade noch sichtbaren Sterne. Diese Sternenhelligkeit wird – zurückgehend auf den griechischen Astronomen Hipparch – als Größenklasse (lat. Magnitudo) bezeichnet und mit »mag« abgekürzt. Sehr helle Sterne werden nach dieser Definition mit der Größenklasse 1 mag gekennzeichnet, den schwächsten gerade noch mit bloßem Auge sichtbaren die Größenklasse 6 mag. Einer kleineren mag-Zahl entspricht also eine größere Helligkeit und umgekehrt. In den hell erleuchteten Städten sind heute gerade noch Sterne mit 2 mag oder 3 mag zu sehen. Die Zahl der sichtbaren Sterne geht dabei von etwa 3000 auf 100 Sterne (und weniger) zurück. Die Bestimmung der Grenzhelligkeit oder der Anzahl der sichtbaren Sterne sind allerdings sehr subjektive Verfahren, die mit vielen Fehlerquellen behaftet sind. Trotzdem wurde versucht, Schüler und die Öffentlichkeit in großen Messkampagnen mit

der Bestimmung der schwächsten sichtbaren Sterne für das Problem der Lichtverschmutzung (mitunter auch Lichtsmog genannt) zu sensibilisieren (vgl. die Internetkampagnen »Globe at Night« und »Wie viele Sterne sehen wir noch?«). Entsprechend wird für die Hintergrundhelligkeit eine Größenklasse eines kleinen Quadrats von einer Bogensekunde Kantenlänge am Himmel angegeben, wobei eine Bogensekunde ein Winkel von 1/3600 Grad ist. Diese Flächenhelligkeit entspricht lichttechnischeiner Leuchtdichte. Als Anhalt dient, dass bei sehr guten Luftverhältnissen die Sterne die Winkelfläche von einer Quadratbogensekunde ausfüllen. Als Einheit dient mag/arcsec², der ideal dunkle Himmel hat 21.7 mag/arcsec², bei Vollmond wird der Himmel auf etwa 17 mag/arcsec² aufgehellt, in den Städten registrieren wir heute ähnliche oder noch größere Helligkeiten (mit kleineren Zahlenwerten). Bei vielen professionellen astronomischen Beobachtungen kann die Himmelshintergrundhelligkeit automatisch mitbestimmt werden. Doch da die meisten Forschungssternwarten mittlerweile in günstigeren Klimaregionen angesiedelt sind, wo die Möglichkeiten der Beobachtung effizienter sind, lagen bislang kaum Messungen für Mitteleuropa vor. Inzwischen gibt es jedoch mehrere Stationen, an denen kontinuierliche Messungen der Himmelshelligkeit durchgeführt werden. Immerhin sind für einige niederländische Provinzen von Wim Schmidt umfangreiche Messungen erstellt worden. Teilweise liegen diese Messungen in öffentlichen Geoinformationssystemen vor und werden genutzt, um Gebiete mit möglichst dunklem Himmel zu identifizieren und in Naturschutzgebieten Methoden, die Lichtverschmutzung reduzieren, einzuleiten.


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Die meisten Forschungssternwarten sind mittlerweile in günstigeren Klimaregionen angesiedelt, weshalb es bislang kaum Messungen für Mitteleuropa gibt. 11

Die Messung der Himmelshelligkeit wird einfach Auch wenn astronomische Helligkeitsmessungen die Himmelshintergrundhelligkeit liefern, ist ihre Bestimmung so aufwendig, dass sie nur von wenigen Amateur-Astronomen durchgeführt wird. Da ist es sehr hilfreich, dass Doug Welch und Anthony Tekatch ein handliches Gerät entwickelten, das 2005 die kanadische Firma Unihedron auf den Markt brachte. Dieses sogenannte Sky Quality Meter (SQM) misst in seiner verbesserten Ausführung als SQM-L die Himmelshelligkeit über einen Kegel mit einem Winkeldurchmesser von 80° (bei 1% der Maximal-Empfindlichkeit). Trotz dass Anschaffungskosten relativ hoch sind, verbreitet es sich unter den AmateurAstronomen sehr schnell, da es im Vergleich zu den Grenzhelligkeitsbestimmungen zuverlässige Messwerte liefert. Inzwischen sind auch Varianten des SQM lie-

ferbar, die durch eine Schnittstelle zu einem Rechner kontinuierliche Messungen ermöglichen und bereits an vielen Stellen eingesetzt werden. So sind zum Beispiel im Forschungsprojekt »Verlust der Nacht« mehrere Geräte in und um Berlin installiert worden, um die Auswirkungen der Großstadt messen zu können. Um tatsächlich langfristige Trends zu erfassen, müssen zunächst noch die unterschiedlichen Einflüsse durch natürliche Lichtquellen wie den Mond, das Nachthimmelsleuchten (Airglow), das Zodiakallicht, das Licht der Milchstraße, die Sonnenaktivität oder meteorologische Faktoren, wie Sichtweite, Feuchtigkeit oder Bewölkung untersucht werden. Und in besiedelten Gebieten ändert sich die Himmelshelligkeit während der Abendstunden oft durch teilweise Abschaltungen der Beleuchtung.


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Fischaugenaufnahmen des Sternhimmels, links über der Sternwarte des Naturwissenschaftlichen Vereins Osnabrück auf dem Oldendorfer Berg bei Melle im Naturpark Terra.Vita, unten der Himmel über dem Westhavelland. Die Milchstraße ist deutlich zu erkennen. Sofern nicht anders angegeben, sind die Fischaugenaufnahmen mit identischen Einstellungen aufgenommen worden (ISO 800, 1:2,8, 180s). © Andreas Hänel (Initiative Dark Sky)

In Osnabrück konnte beobachtet werden, dass die Himmelshelligkeit in der ersten Nachthälfte ab Ende der astronomischen Dämmerung bis zu 0,7 mag/ arcsec² abnehmen kann. In der Stadt Preussisch Oldendorf wird 86% der Beleuchtung abgeschaltet, die Himmelshelligkeit nimmt dadurch um 0,35 mag/ arcsec² oder rund 40% ab. In einer mobilen Version kann ein SQM mit einem GPS-Empfänger und einem Laptop auf dem Autodach eingesetzt werden und so in kurzer Zeit effizient viele Messpunkte liefern. Allerdings wird die Einsatzmöglichkeit bei Straßen mit Bäumen und Lampen stark eingeschränkt, da dadurch die Messwerte heller erscheinen und damit verfälscht werden. Auf diese Weise lassen sich die Himmelshelligkeiten in größeren Regionen relativ schnell messen. Dies wurde zum Beispiel in Regionen angewendet, wo die natürliche Dunkelheit der Nacht und der Sternenhimmel geschützt werden soll. Die Messungen sollen es ermöglichen, dass entsprechende Maßnahmen zur Reduzierung der Lichtsmog eingeleitet werden. In verschiedenen Naturschutzgebieten Mitteleuropas konnten Messreihen gewonnen werden. Auf den Karten von Cinzano ist der zentralfranzösische Naturpark (Parc naturel régional) Quercy nordöstlich der Stadt Cahors schwarz und damit besonders dunkel, was dieser Region die Bezeichnung »triangle noir« (Schwarzes Dreieck) eingebracht hatte. Tatsächlich hat der Park einen noch relativ dunklen Himmel aufzuweisen, es wurde eine Himmelshelligkeit von 21,65 mag/arcsec² gemessen. Doch setzen viele der kleinen Ortschaften eine helle Beleuchtung mit weißen Halogenmetalldampflampen ein, die oft blen-

dend wirken und zur Himmelsaufhellung beitragen. Der Einfluss fällt besonders an dem Ort Rocamadour am Nordrand auf, wo eine Anstrahlung der historischen Gebäude bis Mitternacht stattfindet, danach nimmt durch die Abschaltung die Aufhellung des Himmels merklich ab. Ebenfalls in den Alpen sind Einflüsse dichter Besiedlung oft spürbar. Zwar werden durch große Höhen (z.B. Gornergrat oder Großglockner) bei sehr guter Durchsicht fast natürliche Hintergrundhelligkeiten beobachtet, doch die Lichter der tiefer liegenden umgebenden Ortschaften werden nur bei tief hängender Wolkendecke oder Nebel effektiv abgeschirmt. So konnte in 11 km Entfernung von Villach (knapp 60.000 Einwohner) trotz 1780m Höhe nur 21,0 mag/arcsec² beobachtet werden. Auf den Satellitenkarten erscheint der Naturpark der Nockberge als besonders dunkel. Immerhin konnte an der im Naturpark liegenden Eisentalhöhe (2050m) mit 21,65 mag/arcsec² natürliche Hintergrundhelligkeit gemessen werden. Doch das Streulicht der Städte Villach, Klagenfurt und Spittal in Kärnten hellt den Himmel in Horizontnähe merklich auf.


lichtsMog

Im Frühjahr 2009 konnte im Naturpark Westhavelland noch eine natürliche Himmelshintergrundhelligkeit gemessen werden. 13

Auch in Deutschland kann kaum noch die natürliche Himmelshintergrundhelligkeit beobachtet werden. Selbst wenn sie im Zenit erreicht werden soll, am Horizont sind überall die Lichtglocken von Siedlungen sichtbar. In ausgedehnten Schutzgebieten wie zum Beispiel dem Naturpark Eifel mit dem zentralen Nationalpark erscheint der Himmel nur an wenigen Orten mit 21,2 mag/arcsec² etwa 45% heller als der natürliche Hintergrund. Trotzdessen gibt es dort interessante Orte für Beobachtungen, da sie aus den dicht besiedelten Gebieten an Rhein und Ruhr leicht erreichbar sind. Die Satellitenkarten zeigen, dass Regionen in den Bundesländern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern westlich und nördlich von Berlin zu den dunkelsten Gebieten in Deutschland gehören müssen. Tatsächlich konnte im Frühjahr des Jahres 2009 im Naturpark Westhavelland etwa 15km nördlich der Stadt Rathenow 21,7 mag/arcsec² und damit noch eine natürliche Helligkeit des Himmelshintergrunds gemessen werden, was in der Folge bei weiteren Messungen bestätigt werden konnte. Diese Beobachtungsgegend wurde mit Hilfe der Karten von Cinzano et al. sowie der DMSP-Karten ausgesucht. Dabei zeigte sich, dass die beiden Karten zur Suche dunkler Beobachtungsorte geeignet sind, wobei die DMSP-Karten die kleinräumigen Strukturen besser erfassen. Obwohl der Ort der Beobachtung ganze 70km westlich von Berlin lag, ist die Lichterglocke über der Stadt ganz deutlich zu sehen. Auch um den Nationalpark Harz und im Biosphärenreservat Rhön gibt es Regionen mit einem besonders dunklem Himmel, obwohl es hier aufgrund der Karten von Cin-


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zano nicht zu erwarten war. Auf Initiative von lokalen Gruppen (Sternwarte St. Andreasberg und Initiative zum Schutz der Nacht) wurden Messungen durchgeführt, die an einigen Orten einem nahezu natürlich dunklen Himmel entsprechen. Ähnliche Verhältnisse sind bei Herzberg im südlichen Brandenburg, in der jährlich im Herbst ein großes Teleskoptreffen stattfindet, und auf der Schwäbischen Alb anzutreffen. Wichtig ist, solch dunkle Beobachtungsorte insbesondere in geschützten gebieten zu erhalten, damit den Menschen und vor allem Kindern noch die Chance gegeben wird, einen natürlich dunklen Sternhimmel zu erleben. Die International Dark Sky Association (IDA) verleiht internationale Auszeichnungen für Dark Sky Communities (Kommunen, die sich für einen dunklen Himmel einsetzen), Dark Sky Parks und Dark Sky Reserves, in denen besonders dunkle Kernzonen durch Pufferzonen mit reglementierter Beleuchtung geschützt werden. In Europa wurden bis 2012 als Parks der Galloway Forest in Schottland und die ungarischen Schutzgebiete Zselic und Hortobágy anerkannt. Als Community wurde die britische Kanalinsel Sark ausgezeichnet, auf der es keine öffentliche Beleuchtung gibt, und als Reserve der Nationalpark Exmoor in England.

Dem Schutz des nächtlichen Himmels hat sich besonders die Initiative Starlight verschrieben, die vom Biosphärenreservat La Palma und dem Astrophysikalischen Institut der Kanaren initiiert wurde. Im Anschluss an eine wissenschaftliche Tagung im Jahre 2007 wurde eine Deklaration zum Schutz des nächtlichen Himmels von zahlreichen nationalen und internationalen Organisationen unterzeichnet. Zwei Jahre später – im Internationalen Jahr der Astronomie – wurden konkretere Empfehlungen und Kriterien für unterschiedliche Schutzgebiete für den Sternenhimmel verabschiedet (www.starlight2007.net). Eine Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit der Internationalen Astronomischen Union IAU erarbeitet Fallbeispiele, bei denen der Sternhimmel in eine Beantragung als UNESCO Welterbe ergebracht werden könnte. Dazu wurden in Österreich die Kommune Großmugl als »Starlight Oasis« und die Nationalparks Kalkalpen und Gesäuse mit dem Wildnisgebiet Dürrenstein als mögliche »Starlight Reserve« ausgewählt.

Im Anschluss an eine wissenschaftliche Tagung im Jahre 2007 wurde eine Deklaration zum Schutz des nächtlichen Himmels von zahlreichen nationalen und internationalen Organisationen unterzeichnet.


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Mosaik von Berlin bei Nacht. Š 2012 WEW FU Berlin / IGB

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und es wurde licht, über den tag hinaus Text Ute Hasenöhrl, Susanne Bach und Folkert Degenring

Vor etwa 300.000 Jahren begann der Mensch das Feuer als Wärme- und Lichtquelle einzusetzen. Die leuchtende Flamme ermöglichte ein Leben in Höhlen, in die nie ein Sonnenstrahl gelangte. Die Zeichnungen in der Höhle von Altamira können nur bei künstlichem Licht entstanden sein – vor ca. 15.000 Jahren. Das Licht der Lagerfeuer, der Kienspäne und der Öl- und Talglampen war im Leben prähistorischer Menschen eine den Lebensablauf entscheidend verändernde Errungenschaft. Doch nicht nur in Räumen wurde Licht geschaffen, sondern auch im Freien. Um 260 v. Chr. wurde der Leuchtturm vor Alexandria erbaut und es gibt aus dem Jahre 378 n. Chr. Hinweise auf »Lichter auf den Gassen« – auf die Straßenbeleuchtung in Antiochia. Sehr früh begann der Mensch, die Träger der kostbaren lichtspendenden Flamme kunstvoll und zweckmäßig zu gestalten. Die über Jahrtausende verwendeten Lampen für flüssige Brennstoffe wurden jedoch erst 1783 von Aimé Argand mit der Erfindung des Rundbrenners entscheidend verbessert. Fast gleichzeitig begannen

Versuche mit elektrischen Bogenlampen, die jedoch erst dann praktische Bedeutung erlangten, als Werner Siemens 1866 mit Dynamo-Maschinen Elektrizität auf wirtschaftliche Art erzeugen konnte. Doch erst als Edison 1879 die von dem deutschen Uhrmacher Johann Heinrich Goebel schon 1854 erfundene Glühlampe »neu erfand« und zur technischen Anwendung entwickelte, begann das eigentliche Zeitalter der elektrischen Beleuchtung. Psychologisch und sozialwissenschaftlich betrachtet löst Licht überwiegend positive Assoziationen aus. In Religion, Philosophie und Literatur gilt Licht als Sinnbild der geistigen und spirituellen »Erleuchtung« – man denke nur an das vielbeschworene »Licht der Aufklärung«. Auch die künstliche Beleuchtung war von Beginn an Teil dieser Symbolik. Brachten Jahrhunderte lang Fackeln, Kerzen und Öllampen ein eher bescheidenes Licht ins Dunkel, so konnte die Nacht spätestens mit der Einführung des elektrischen Lichts seit den 1880er Jahren gleichsam zum Tage

Francois Kollar: »Die Lichter der Stadt«, Werbung für Ovomaltine. Paris, 1932. © Ministère de la Culture - France


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U n d e s w u r d e l i c h t, ü b e r d e n ta g h i n a u s

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gemacht werden. Die Revolution der Beleuchtungssysteme trug ganz erheblich zum Wandel der Arbeitsund Lebensweisen in der Industriegesellschaft bei und ermöglichte nicht nur Nacht- und Schichtarbeit, sondern auch neue Vergnügungsmöglichkeiten. Das elektrische Licht wurde geradezu zum Symbol der Moderne, von Fortschritt, Wohlstand und einer aufregenden, glitzernden Großstadtkultur. Metropolen wie die »Elektropolis« Berlin waren nicht nur faktisch Orte umfassender künstlicher Beleuchtung, sie wurden als solche auch bewusst in Szene gesetzt (vgl. Werbewoche »Berlin im Licht« 1928). Je mehr die hell erleuchtete (städtische) Nacht zum Normalfall wurde, desto stärker wurde Dunkelheit – und damit auch die »finstere Nacht« – mit negativen Erscheinungen wie (ländlicher) Rückständigkeit, Krieg (Verdunkelung), Not (Energieknappheit) und Chaos (Stromausfälle) in Verbindung gebracht. Freilich war die negative Beurteilung von Nacht und Dunkelheit nicht universal. So verehrten nicht nur die Romantiker die Nacht als Zeit der Introspektion, der Geheimnisse und der Liebenden, die erst im Schutz der Dunkelheit zueinander finden können. Auch die negativen Effekte der neuartigen künstlichen Beleuchtung auf Mensch und Tier, Stadtbild und Landschaft wurden früh thematisiert, beispielsweise die Blendungswirkung der ersten Elektrolampen, die anfangs ein äußerst grelles Licht ausstrahlten.

Werbeplakat aus dem Jahr 1888 der Allgemeinen ElektricitätsGesellschaft © DHM, Berlin


lichtsMog

So kritisiert der schottische Dichter Robert Louis Stevenson schon 1878 angesichts erster Experimente mit elektrischer Beleuchtung im öffentlichen Raum von Paris das neue Licht als »alptraumhaft« und dem nächtlichen Flanieren und Philosophieren äußerst abträglich: Es scheint als ob die gerade erst gewonnene Nacht bereits im 19. Jahrhundert durch ›zu viel‹ und ›falsches‹ Licht wieder verlorenzugehen drohte. Auch Natur- und Heimatschützer wandten sich immer wieder gegen die nächtliche Illumination von Gebäuden oder das künstliche Licht in der Landschaft (z.B. Flutlichtanlagen). Besonders heftig wurde in den 1910er und 20er Jahren Leuchtreklame als »Verschandelung« des Stadtbildes attackiert. Die Proteste führten bereits zu dieser Zeit zur Verabschiedung erster Regelwerke gegen den unkoordinierten Lichterwettstreit in den urbanen Zentren. Geschichte, Kunst und Literatur spiegeln also einerseits die Anziehungskraft der neuen Beleuchtungsträger, andererseits aber auch kulturkonservative Aversionen gegen die von ihnen geprägte Großstadtmoderne. Die Faszination der illuminierten Nacht, aber auch die Kritik von »Lichtverschmutzung« sind somit beides keine neuen Phänomene, sondern besitzen eine lange historische und literarische Tradition.

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kurz beLeuchtet

Gesundheit der Mensch iM

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Seit jeher bestimmen Tag und Nacht den Lebensrhythmus nahezu aller Organismen. Sämtliche Körperfunktionen – auch jene des Menschen – sind auf diesen Tag- und Nachtrhythmus abgestimmt. Der sogenannte »circadiane Rhythmus« wird im Wesentlichen durch Melatonin, ein Hormon der Hirnanhangsdrüse, gesteuert, das ausschließlich bei Dunkelheit in ausreichender Menge hergestellt wird. Ein Nachholen am Tage oder gar einen medikamentösen Ersatz für die »versäumte« Produktion gibt es nicht. Weniger Melatonin bedeutet schlechteren Schlaf und Stress. Dieser kontinuierliche Stress kann das Immunsystem schwächen und so die Gesundheit beeinträchtigen. Melatonin unterstützt traumreiches Schlafen, was für Psyche und Geist sehr erholsam ist. Die Entwicklung von »melatoninerhaltendem« Licht – Licht mit geringem Blauanteil im Spektrum – wäre wünschenswert und für die menschliche Gesundheit von weitreichender Bedeutung.


verkehrssicherheit Blendung und Kontrastsehen Jeder kennt die Situation: Die Augen haben sich an die Dunkelheit gewöhnt. Plötzlich blendet grelles, helles Licht und beeinträchtigt für einige Momente das Sehen. Vor allem im Straßenverkehr ist dies relevant. Grelle KFZ-Scheinwerfer, Werbungs- und Effektbeleuchtungen können Blendung, Ablenkung und Adaptionsstörungen verursachen. Jedes wahrgenommene Objekt ist von einer Art Hof umgeben, welcher den Kontrast reduziert. Gelbfilter verbessern das Kontrastsehen. Daher werden Gelbfilter in Nebelbrillen, Schießbrillen, Pilotenbrillen, in Brillen für Sehbehinderte und auch in Intraokularlinsen verwendet. Gelbliche Lichtquellen blenden weniger als blauweiße Lichter, verbessern das Kontrastsehen und können einen positiven Beitrag zur Verkehrssicherheit liefern.

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sicherheit und kriMinalität Künstliches Licht ist Bestandteil unserer Kultur. Im öffentlichen Bereich erfüllt nächtliche Beleuchtung zentrale Bedürfnisse, Straßenbeleuchtung bietet Orientierung und Sicherheit. Gut dosiert eingesetztes Kunstlicht kann auch einen positiven Beitrag zur Ästhetik und Atmosphäre in einer Stadt leisten. Licht hat hohe Symbolkraft, viele Menschen verbinden mit Licht »Gutes« und mit Dunkelheit »Böses«. So verwundert es kaum, dass sich die Mehrheit in dunklen Gassen unwohl fühlt. Öffentliche Beleuchtung trägt deshalb dazu bei, das subjektive Sicherheitsempfinden zu erhöhen. Unstrittige wissenschaftliche Belege, welche einen Zusammenhang zwischen Beleuchtung und Verbrechensrate bestätigen, gibt es nicht.



Gesundheit

das licht, unser zeitgeber Text Annette Krop-Benesch, Melanie Dammhahn und Barbara Griefahn Illustration Bettina Schlichter

Das Leben auf der Erde unterliegt dem ständigen rhythmischen Wechsel von Tag und Nacht, Licht und Dunkelheit. In gleicher Weise, in der sich Lebewesen an ihr Habitat anpassten, müssen sie dies auch für bestimmte Zeitabschnitte des Tages tun. Die Grundlage dieser Rhythmik sind jene, die auf zellulärer Ebene einen Takt erzeugen. Diese Takte werden durch einen Schrittmacher mit der Außenwelt synchronisiert.

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unser zeitgeber, das Licht

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Bei Säugern befindet sich dieser Schrittmacher im Gehirn, dem Nucleus suprachiasmaticus, einem Teil des Hypothalamus, bei den meisten anderen Wirbeltieren wird der Rhythmus über das Pinealorgan (auch Zirbeldrüse) gesteuert. Unter natürlichen Bedingungen sind alle Rhythmen im Körper aufeinander und mit dem Tag-NachtRhythmus abgestimmt. Hält man ein Tier jedoch im Dauerdunkel, weicht der Rhythmus geringfügig von 24 Stunden ab und nimmt eine eigene, endogen bestimmte Rhythmik an.

diese endogene Periodenlänge liegt artspezifisch

zwischen 22 und 28 Stunden und wird als zirkadian (lat. etwa ein Tag) bezeichnet. Wir können die endogene Rhythmik mit einer inneren Uhr vergleichen, die etwas zu schnell oder zu langsam geht. Um die innere Uhr mit der Umwelt zu synchronisieren, brauchen wir periodisch auftretende, externe Signale, sogenannte Zeitgeber. Der stärkste Zeitgeber ist Licht. Eine deutliche Veränderung der Lichtintensität, z.B. bei Sonnenaufgang, stellt den Rhythmus der inneren Uhr auf Null, so dass die Periodenlänge erneut abgespielt wird. Die Kopplung

zwischen Schrittmacher und Körper erfolgt durch das Hormon Melatonin, das ausschließlich in der Dunkelheit der Nacht im Pinealorgan produziert wird. Licht hemmt die Produktion von Melatonin. Durch die Veränderungen im Melatoninspiegel werden die verschiedenen Funktionen des Körpers so synchronisiert, dass er sich am Ende der Ruhephase rechtzeitig auf Aktivität vorbereiten kann, um voll einsatzfähig zu sein. Gleichzeitig ermöglicht eine Synchronisation aller Körperfunktionen effektives Regenerieren während der Ruhephase und stellt Ressourcen für wichtige Stoffwechselvorgänge wie Wachstum frei. Das Signal zum Stellen der inneren Uhr ist der Wechsel zwischen Hell und Dunkel und damit natürlicherweise die Dämmerung. Verringert sich der Unterschied in der Lichtintensität zwischen Tag und Nacht, wird das Signal schwächer. Dies kann dazu führen, dass die innere Uhr nicht mehr korrekt gestellt wird und die Synchronisation innerhalb des Organismus und mit seiner Umwelt gestört wird.


gesundheit

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Ökologische Vorteile Die Kopplung zwischen Schrittmacher und Körper erfolgt durch das Hormon Melatonin, das ausschließlich in der Dunkelheit der Nacht im Pinealorgan produziert wird.

Berechenbare Aktivitätszeiten sind lebensnotwendig. Sie erleichtern zum einen das Finden von Paarungspartnern der Beutetiere und das Vermeiden von Nahrungskonkurrenten oder Fressfeinden. Die Trennung in tag- und nachtaktive Arten erlaubt zwei teils völlig unterschiedlichen Artengemeinschaften das gleiche Habitat zu nutzen. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Primaten. Diese ursprünglich nachtaktive Gruppe eroberte im Laufe der Evolution mehrfach unabhängig den Tag. Nach dem Verschwinden der Dinosaurier im Tertiär entwickelten sich die tagaktiven Echten Affen, die Halbaffen, z.B. die Loris und Galagos, blieben aber nachtaktiv. Dort, wo es keine Echten Affen gibt, entwickelten auch die Halbaffen tagaktive Formen. Einige Echte Affen eroberten sogar die Nacht zurück, wie die südamerikanischen Nachtaffen. Dadurch gibt es in vielen Primatengesellschaften in der Abenddämmerung einen Wechsel zwischen tag- und nachtaktiven Arten.


unser zeitgeber, das Licht

Die Unterschiede zwischen Morgen- und Abendtypen zeigen sich aber nicht nur im Verhalten, sondern auch in der zeitlichen Organisation ihrer physiologischen Funktionen. 26

Saisonale Veränderungen der Tageslänge steuern Verhalten wie Paarung, Jungenaufzucht, Winterschlaf oder Vogelzug. Künstliches Licht verlängert den Tag und kann dadurch einen längeren Sommer suggerieren. Jungtiere, die zu früh geboren werden, finden schlechte Bedingungen in Bezug auf Nahrung und Klima vor. Es gibt Vermutungen, dass sich der Vogelzug auf später im Jahr verschiebt, was die Überlebenschancen auf dem Zug verringern würde. Gleiches gilt für die Vorbereitung auf den Winterschlaf.

Zirkadiane Rhythmik beim Menschen Auch für den Menschen ist die zirkadiane Rhythmik von enormer Bedeutung. Die individuelle zirkadiane Rhythmik ist ein in der Bevölkerung normal verteiltes Merkmal, das interindividuell in weiten, intraindividuell aber in nur sehr engen Grenzen variiert. Dies wird bei Personen mit extrem früher oder später Phasenlage (der Abweichung vom 24 h-Rhythmus) deutlich. Personen mit früher Phasenlage, die Morgentypen, gehen meist früh ins Bett, wachen früh auf und sind morgens deutlich leistungsfähiger als Abendtypen. Ihr

rigides Schlafverhalten erschwert ihnen die Teilnahme an der Nachtschichtarbeit, denn sie können tagsüber kaum schlafen. Abendtypen, also Personen mit später Phasenlage, gehen spät ins Bett und wachen spät auf, können aber oft bis in die späte Nacht arbeiten und kommen mit Nachtschichtarbeit im Allgemeinen gut zurecht; sie haben jedoch Probleme mit der Frühschicht, da sie ihre Schlafzeit kaum vorziehen können. Die Unterschiede zwischen Morgen- und Abendtypen zeigen sich aber nicht nur im Verhalten, sondern auch in der zeitlichen Organisation ihrer physiologischen Funktionen. So beginnt und endet die Melatoninsynthese bei Morgentypen entsprechend ihrer Phasenlage früher als bei Neutral- und bei Abendtypen.


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Neuronale Vernetzung der Zirbeldr端se

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zirbeLdr端se freisetzung Mel atonin hypothaL amus

r端ckenmark


unser zeitgeber, das Licht

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Störungen des zirkadianen Systems Die individuelle Stabilität des zirkadianen Systems wird vor allem durch zeitliche Variationen des Lichts gestört. Wirksam ist dabei auch künstliches Licht, dessen Intensität weit geringer als die des natürlichen Lichts ist. Systematische Untersuchungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass schon sehr geringe Beleuchtungsstärken ausreichen, um die Melatoninsynthese partiell zu hemmen und in der Folge die Phasenlage zu beeinflussen. Für die chronobiologische Wirkung des Lichts ist neben der Beleuchtungsstärke der Zeitpunkt der Einwirkung entscheidend. So bewirken Lichtexpositionen zu Beginn der Nacht Verzögerungen der Melatoninsynthese und damit weiterer physiologischer Rhythmen Am Ende der Nacht bzw. am frühen Morgen appliziertes Licht bewirkt hingegen Voreilungen. Diese Änderungen sind umso stärker, je näher das Licht an den »Umschlagpunkt« heranrückt, der mit dem Tiefpunkt der Körperkerntemperatur zusammenfällt.

Relevant sind solche Störungen bei Flügen über mehrere Zeitzonen und bei Schichtarbeit. Flüge in westlicher Richtung entsprechen einer einmaligen Verlängerung, Flüge in östlicher Richtung hingegen einer einmaligen Verkürzung des Tages. Dem folgen die einzelnen physiologischen Funktionen mit einer gewissen Verzögerung und mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Die Folge ist eine Dissoziation physiologischer Rhythmen, die zu den Symptomen des Jetlags beitragen (Müdigkeit, Benommenheit, Irritation etc.). Die Geschwindigkeit der Anpassung beträgt etwa einen Tag pro Stunde relativer Zeitverschiebung. Weit häufiger sind solche Störungen infolge von Schichtarbeit zu erwarten. Die Anpassung der physiologischen Funktionen an Nachtarbeit wird dabei aber durch den konkurrierenden Einfluss der mit der Arbeit assoziierten Lichtszenarien und des natürlichen Hell-Dunkel-Wechsels behindert. Die Dissoziation zwischen dem willkürlich um ca. acht Stunden versetzten Schlaf-Aktivitäts-Wechsel und den physiologischen Rhythmen verursacht gesundheitsrelevante Reaktionen. Die akute Symptomatik (Schlafstörungen, gastrointestinale Probleme, Benommenheit etc.) entspricht weitgehend der des Jetlags, weshalb auch der Begriff »Shiftlag« verwendet wird. Langfristig kann der häufige Wechsel zwischen Tag- und Nachtschicht zur Genese von HerzKreislauf-Erkrankungen, unter Umständen sogar zur Entstehung von Krebserkrankungen beitragen.

in einer elektrisch erleuchteten umgebung ging die innere uhr von probanden eines versuchs um zwei stunden nach. © picture-alliance/ dpa/ dpaweb

In Gebieten, in denen es nachts nie dunkel wird, kann das Zeitgebersignal Dämmerung sogar ganz ausbleiben. Der Lebensraum Nacht verschwindet.


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Das Problem des künstlichen Lichts Zur falschen Zeit einwirkendes Licht verursacht beim Individuum akut Störungen physiologischer Rhythmen und des Befindens, langfristig kann es zur Entwicklung multifaktorieller Erkrankungen beitragen. Deshalb ist die nächtliche Beleuchtung in Ballungsgebieten durchaus kritisch zu bewerten. Die Beleuchtungsstärke liegt bereits in einem Bereich, der die Synthese von Melatonin teilweise hemmt und damit zur chronobiologischen Instabilität der Phasenlage führen kann. Daraus resultierend ist davon auszugehen, dass diese eher unspezifischen akuten Störungen langfristig die Manifestation multifaktoriell bedingter Erkrankungen beschleunigen.

Über die ökologischen Folgen der nächtlichen Beleuchtung wissen wir bisher nur wenig. Die Aktivitätszeit nachtaktiver Tiere wird verringert, womit ihnen weniger Zeit zur Nahrungssuche zur Verfügung steht. Verschiebungen saisonaler Verhaltensweisen können einschneidende Auswirkungen auf die Überlebenschancen haben. In Gebieten, in denen es nachts nie dunkel wird, kann das Zeitgebersignal Dämmerung sogar ganz ausbleiben. Der Lebensraum Nacht verschwindet.


kurz beLeuchtet

Astronomie Wenn die hellsten

sterne verschWinden 30

Lichtglocken, die nachts nahezu alle Städte in der industrialisierten Welt einhüllen, lassen im Durchschnitt 90 Prozent der mit freiem Auge sichtbaren Sterne verschwinden. Astronomische Phänomene wie Sternschnuppen und leuchtende Kometen können nur noch fernab der Städte, unbeeinflusst von jeglicher Lichterflut, beobachtet werden.

prograMMe zuM schutz des nachthiMMels Die »International Dark Sky Association« (IDA) und andere Organisationen haben Programme zum gezielten Schutz des Nachthimmels und der natürlichen Nachtlandschaft ins Leben gerufen. Dadurch können Lichtschutzgebiete (so genannte »Dark Sky Preserves«) ausgewiesen werden, wie sie in Österreich in der Gemeinde Großmugl und im Wildnisgebiet Dürrenstein in Niederösterreich angestrebt werden. Lichtschutzgebiete sind auch aus touristischer Sicht interessant, sie können zukünftig verstärkt von »Astro-Tourismus« profitieren. Insbesondere in den Zentralalpen gibt es Orte, an welchen der Anblick des Sternenhimmels in klaren Nächten atemberaubend ist. In den USA und in Kanada gibt es bereits seit einigen Jahren Gebiete, in denen


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die »flucht« astronoMischer observatorien Seit dem Aufkommen künstlicher Beleuchtung haben Astronomen das Problem der Lichtverschmutzung erkannt. Vor allem in städtischen Observatorien wurde die Beobachtung des Nachthimmels massiv erschwert, immer mehr Sternwarten »flüchteten« in ländliche Gebiete. Mittlerweile sind Berufsastronomen gezwungen, ihre Observatorien auf entlegenen Berggipfeln zu errichten. Das derzeit größte Teleskop der Welt befindet sich auf einer etwa 2.600 Meter hohen Erhebung in der chilenischen Atacama-Wüste. Gesetzliche Regelungen sorgen in Chile und in weiteren Ländern mit astronomischen Observatorien dafür, dass in der Umgebung dieser Einrichtungen nicht mehr künstliches Licht abgestrahlt wird als nötig. Die Atmosphäre streut blaues Licht deutlich stärker als rotes Licht, deshalb ist der wolkenlose Taghimmel blau. In der Summe sind blaue bzw. kaltweiße Lichtquellen hochwirksame Lichtverschmutzer und stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Astronomie dar.



Astronomie

der blick zu den sternen Text Axel Schwope Illustration Bettina Schlichter

Astronomie ist eine faszinierende »Zumutung«, und das seit tausenden von Jahren. Die Betrachtung des Himmelsgeschehens, der Lauf von Sonne, Mond und Planeten, der damit zusammenhängende Wechsel der Jahreszeiten, das Auftreten von Sonnen- und Mondfinsternissen sowie der Wechsel des Sternenhimmels im nächtlichen und jährlichen Rhythmus haben Menschen seit jeher bewegt, über das Universum als Ganzes und ihre Stellung darin nachzudenken.

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der bLick zu den sternen

Eine neue Interpretation bekannter Phänomene oder neue Entdeckungen aufgrund veränderter Beobachtungsmethoden muteten der Menschheit zum Teil schmerzhafte Neuorientierungen zu. Die kopernikanische Wende (»Und sie bewegt sich doch«) ist darin nur ein, wenn auch besonders einprägsames und weithin bekanntes Beispiel.

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d ie scheinbar kontinuierlichen Bewegungen von

Sonne, Mond und der Erde haben dem menschlichen Handeln den Takt vorgegeben. Als dann die Zeit beherrscht war und durch Konstruktion genau gehender Uhren beliebig verfügbar wurde, war auch das Problem der Navigation auf hoher See allein durch die Beobachtung von Sternen gelöst. Die Erfindung des Teleskops hat den Prozess der Welterkenntnis enorm vorangetrieben. Nicht nur, dass man einsehen musste, dass die Erde sich um die Sonne dreht. Die Sonne entpuppte sich als ein ziemlich normaler Stern unter Milliarden von anderen Sternen, die gemeinsam unsere Milchstraße, unsere Galaxis, bilden. Aber auch unsere Milchstraße ist nur eine unter vielen Milliarden anderer Welteninseln, die aufgrund eines riesigen Anfangsschwunges voneinander wegstreben. Die allgemeine Expansion des Universums, die noch rätselhafte Dunkle Materie, und die vielleicht noch merkwürdigere Dunkle Energie, sie alle wurden durch intensives, geduldiges Beobachten von Himmelskörpern gefunden und werden in einem sich ändernden Weltbild interpretiert.

Die heutige Astronomie sucht nach extrasolaren Planeten, sie ringt um ein Verständnis der sich im Laufe der kosmologischen Epochen herausgebildeten Strukturen, sie sucht nach Erklärungen für die Dunkle Energie, die den Energiehaushalt unseres Universums beherrscht, um nur einige herausragende Beispiele gegenwärtiger astronomischer Forschung zu nennen. Um Astronomie betreiben zu können, muss man die Sterne sehen können. So banal sich das auch anhören mag, es ist keine Selbstverständlichkeit. Der in unseren Ortschaften und insbesondere in den Ballungsräumen verbreitete Lichterglanz produziert einen permanenten Dämmerungshimmel, in dem wie in der natürlichen Dämmerung die leuchtschwachen Sterne und Nebel untergehen. Die Folgen aus dem zunehmend vorhandenen Streulicht, für die berufsmäßige Astronomie ist es Lichtmüll, sind sehr weitreichend. Auf der Flucht vor dem Regen und der überall verbreiteten Lichterflut ist daher die Berufsastronomie in die entlegensten und unwirtlichsten Ecken unseres Planeten oder gar in den Weltraum ausgewichen.


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Auf dem Maina Kea auf Hawaii, einem der derzeit besten Orte fßr astronomische Beobachtungen, steht das 8-Meter-Teleskop Gemini North. Š NOAO/AURA/NSF


der blick zu den sternen

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astronomie

Inmitten der Alpen lässt sich der Sternenhimmel gut erblicken. Dabei lässt man fast schon zynisch das Lichtermeer der Täler unter sich. © Alessandro Della Bella »Helvetia by Night«

Diese Art der Astronomie ist nur wenigen Spezialisten vorbehalten und daher teuer. Sie beschert uns jedoch nach wie vor die umwälzenden Erkenntnisse zum Bau des Universums. Aber auch die entlegensten Beobachtungsstandorte sind gefährdet und müssen durch entsprechende Beleuchtungsverordnungen daher vor unerwünschtem Streulicht geschützt werden. Die Hobbyastronomen und alle anderen verbleiben mit dem ‹Resthimmel›. In den Zentren unserer Städte sind selbst bei klarem Himmel nur noch einige Dutzend Sterne erkennbar im Vergleich zu einigen Tausend an einem Standort, der nicht lichtverschmutzt ist. Gestützt auf Beobachtungen der Lichtabstrahlung aus dem Weltraum kann man schließen, dass etwa die Hälfte der Europäer prinzipiell nicht in der Lage ist, die Milchstraße am Nachthimmel zu erkennen. Der Anblick eines sternübersäten Nachthimmels und der Milchstraße als natürliches Phänomen war jedoch noch vor 100 Jahren ganz selbstverständlich.

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Das Foto auf der gegenüberliegenden Seite mag als Gleichnis dienen. Die im Tal sitzen nicht im Dunkeln, sie sitzen im selbstgemachten Hellen und sind damit nicht in der Lage, das Wunder über ihren Köpfen zu entdecken. Vielleicht sind die sogenannten Sternenparks ein Weg nach vorn. Derlei Dark Sky Parks sind auf der Schwäbischen Alb, der Eifel, der Rhön, und im Westhavelland geplant. Einerseits helfen sie, sich der Entfremdung von den natürlichen Lebensgrundlagen bewusst zu werden, andererseits aber werden die verbliebenen guten Beobachtungs-standorte in Deutschland geschützt. Durch Information kann dabei eine Akzeptanz für den Schutz des Nachthimmels als Kulturgut erreicht und durch die Entwicklung von Infrastruktur ein heimischer Astrotourismus entwickelt werden.

Der Anblick eines sternübersäten Nachthimmels und der Milchstraße als natürliches Phänomen war noch vor 100 Jahren ganz selbstverständlich.


winterhimmel

der himmel im januar 38

Im Januar entfaltet der Wintersternhimmel seine ganze Pracht. Dann sind besonders viele sehr helle Sterne zu sehen. Besonders das Sternbild Orion glänzt im Süden. Auch der Voll­mond und zu dieser Jahreszeit sichtbare Pla­neten stehen hoch am Himmel.

Text Sven Melchert und Mark Emmerich

Der Wintersternhimmel gilt als der prachtvollste des ganzen Jahres. Jetzt funkeln die wirklich hellen Sterne am Himmel. Besonders auffällig ist das Sternbild Orion, der Himmelsjäger. Hier sieht man auch einen far­ bigen Stern: Beteigeuze, der linke »Schulterstern«, leuchtet auffallend rötlich. Schräg unterhalb des Orion funkelt Sirius, der hellste Stern des gesamten Himmels. Sirius ist der Hauptstern des Sternbildes Großer Hund, der den Jäger Orion begleitet. Etwas unscheinbar unterhalb von Orion und neben dem Großen Hund, kauert das Sternbild Hase. Die hellsten Sterne in Südrichtung bilden eine große Figur, die als Win­sechseck bekannt ist. Das Wintersechseck setzt sich zusammen aus (im Uhrzeigersinn) der gelblichen Kapella im Fuhrmann, dem rötlichen Aldebaran im Stier, dem blau leuch-tenden Rigel im Orion, Sirius im Gro­ßen Hund, Prokyon im Kleinen Hund und Pollux in den Zwillingen.


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Oberhalb von Pollux findet man Kastor, den zweiten Hauptstern der Zwillinge. Durch Stier, Zwillinge und anschließend den Krebs zieht sich die scheinbare Bahn von Sonne, Mond und Planeten. Der Vollmond steht daher im Winter immer besonders hoch am Himmel. Um den hellgelben Stern Kapella und das ganze Sternbild Fuhrmann zu sehen, muss man jetzt steil nach oben schauen. Der Fuhrmann steht fast im Zenit und sieht auf den ersten Blick wie ein Sechseck aus, aber sein unterer Stern gehört bereits zum Sternbild Stier und bildet dort das obere der beiden Stierhörner.

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d e r o r i o n -n e b e l

sternbild des Monats Der Orion ist das bekannteste auffälligste Wintersternbild. Es besteht aus sieben Hauptsterne davon bilden die Schultern und Füße, drei davon den Gürtel des Himmelsjägers. Durch den rechten Gürtelstern verläuft der Himmelsäquator, die virtuelle Trennlinie zwischen dem Nord- und Südsternhimmel. Der Name Orion stammt aus der griechischen Sagenwelt. Hier trat der Jäger prahlerisch auf, was die Götter erzürnte. Sie entsandten einen Skorpion, der Orion mit einem Stich tötete. Beide wurden der Sage nach anschließend an den Himmel versetzt, so dass sie sich nie wieder begegnen können: Orion ist nur im Winter sichtbar, der Skorpion im Sommer. Für Astronomen ist der Himmel rund um den Orion eine Fundgrube. Lang belichtete Aufnahmen zeigen überall rot leuchtendes Wasserstoffgas, das stellenweise von Dunkelwolken verdeckt wird. Der hellste Teil der interstellaren Wolken leuchtet im »Schwertgehänge« des Himmelsjägers, unterhalb der drei Gürtelsterne. Hier kann man in einer klaren Nacht bereits mit einem Gernglas den berühmten Orion-Nebel sehen, allerdings farblos (siehe Bild).

Unterhalb der drei Gürtelsterne des Sternbilds Orion fällt bereits mit bloßem Auge ein nebliger Fleck auf. Ein Fernglas zeigt ihn besser, und im Fernrohr kann man einzelne Nebelteile erkennen, wenn auch nicht so farbig wie auf dem auf dieser Seite gezeigten Bild. Der Orion-Nebel ist eine riesige Wolke aus interstellarem Wasserstoff, die durch heiße Sterne zum Leuchten angeregt wird. Hier entstehen neue Sterne – und wahrscheinlich auch neue Planetensysteme.


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die stiftung

unser anLiegen Text Bettina Schlichter

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Der Mensch ist ohne Zweifel ein Wesen des Lichts und am Tag aktiv. Als zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts die ersten elektrischen Außenbeleuchtungsanlagen in Betrieb gingen, war der Weg geebnet für einen längeren Zeitraum der Aktivitäten, die Freizeitgestaltung schien unbegrenzt. Ohne über die negativen Seiten nachzudenken, stand künstliches Licht ab diesem Zeitpunkt neben dem Urbedürfnis nach Wärme und Sicherheit auch für Wohlstand, Fortschritt und Prestige. Erst seit einiger Zeit wird allmählich den buchstäblichen Schattenseiten des Lichts Aufmerksamkeit geschenkt und ein Umdenken scheint stattzufinden. Um den Informationskreis aber nicht nur bei Astronomen, Tierforschern und Nachtliebhabern zu belassen, sondern dieses Thema auch der allgemeinen Bevölkerung zugänglich zu machen, bedarf es einer allumfassenden Kommunikation und Informationsvermittlung. Um dies zu erreichen wurde »Prima Nox« gegründet, die Stiftung zum Schutz der Nacht. Sie wird unter anderem geleitet von der International Dark Sky Association (IDA), der Fachgruppe Dark Sky Vereinigung der Sternfreunde e.V., der IDA Austria, dem Forschungsverbund »Verlust der Nacht« sowie der »Hellen Not«, eine Initiative der Tiroler Umweltanwaltschaft. Weitere Unterstützer finden Sie auf der Rückseite. Die Stiftung hat sich schwer-

punktmäßig zur Aufgabe gemacht, eine umfassende Informationsvermittlung über das Umweltproblem Lichtverschmutzung und den Schutz der natürlichen Nachtlandschaft zu gewährleisten. Neben der Forschungsarbeit, die mit vielen Experten unterschiedlicher Bereiche wie Astronomie, Chronobiologie, Schlafmedizin, Ornithologie, etc., stattfindet, ist Öffentlichkeitsarbeit ein essentieller Aufgabenbereich von »Prima Nox«. Die Kampagne, die aktuell gestartet wird und u.a. eine dreitägige Veranstaltung beinhaltet, und im laufenden Jahr an vielen unterschiedlichen Orten in Deutschland, Österreich und der Schweiz stattfindet, ist dabei der Startschuss der umfangreichen und aufklärenden Arbeit der Stiftung. Ein wichtiger Bestandteil der Kampagne ist die Einführung eines Siegels zum Schutz der Nacht und geht einher mit einem Richtlinienkatalog, der Gemeinden über einen maßvollen und nachhaltigen Einsatz von Kunstlicht informieren soll. Das Siegel ist dabei als Auszeichnung einer jeden Stadt zu verstehen, die einige wichtige Punkte der Richtlinien erfüllt. Genaue Informationen dazu erfahren Sie auf der nächsten Seite.


ein siegeL Für den schutz der nacht 42

Text Bettina Schlichter

Schutzsiegel, Prüf- oder Kennzeichen: Für fast alles gibt es sie, um eine spezielle Zertifizierung kenntlich zu machen. Doch für etwas Essentielles und leider immer mehr in Vergessenheit geratenes gab es bislang noch kein Siegel: Für die Nacht. Das ändert sich jetzt. Die Stiftung zum Schutz der Nacht »Prima Nox« hat es eigens für ihre aktuell startende Kampagne für den Nachtschutz entwickelt. Wozu das Ganze? Nachtschutz ist erst seit relativ kurzer Zeit ein Thema, vor allem für Astronomen, Sternegucker und Tierforscher. Denn die zunehmende Aufhellung der natürlichen Nacht durch Kunstlicht stört nicht nur den Blick auf das Sternenfirmament, sondern auch viele Tiere, die nachts aktiv sind, durch Blendung und schränkt sie in ihrem natürlichen Jagdverhalten ein. Aus dem Wunsch, die Nacht wieder für alle erfahrbar zu machen, entstand die Idee, ein Siegel zum Schutz der natürlichen Nachtlandschaft zu entwickeln. Es richtet sich primär an Entscheidungsträger von Städten und Gemeinden, die sich

damit auszeichnen können, indem sie wichtige Punkte aus dem dazugehörigen Richtlinienkatalog einhalten. Der Katalog wurde von Experten auf dem Gebiet der Lichtverschmutzung entwickelt und beinhaltet Informationen, Anleitungen und Hilfestellungen für einen maßvollen, sinnvollen und nachhaltigen Umgang mit künstlichem Licht. Es schließt sowohl die öffentliche Straßenbeleuchtung ein, als auch diverse Freizeitanlagen wie Sportplätze und gibt auch Tipps, wie Firmen ihre Leuchttafeln zumindest so gestalten, dass ihre Leuchtintensität so gering wie möglich gehalten wird. Der Richtlinienkatalog ist in der zweiten Ausgabe von »21.8 mag« unter der Rubrik »Energie & Gemeinden« als Extrabroschüre zu finden. Damit ist er nicht nur Entscheidungsträgern von Kommunen vorbehalten, sondern jedem Bürger, der dieses Magazin erwirbt. Er ist ebenso in digitaler Form für Smartphone und Tablet erhältlich und über die Internetseite www.primanox.org zu beziehen. Darüber hinaus aus werden zu dem Katalog in jeder zweiten Ausgabe von »21.8 mag« in gekürzter Form Empfehlungen zur Reduzierung von Lichtsmog vorgestellt. Keine Stadt ist zu irgendetwas verpflichtet, jedoch wäre ein Streben nach dieser Art von Auszeichnung ein wünschenswerter Effekt, denn er bringt in jedem Fall positive Veränderungen mit sich. Weniger Lichtmüll, optimal abgeschirmte Laternen und eine Nacht, die womöglich tatsächlich wieder ein bisschen dunkler wird und somit allen Lebewesen ein bisschen mehr Ruhe in der urbanen Nacht beschert.


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imressum

Quellen

Herausgeber

Textquellen

Stiftung »Prima Nox« Chausseestraße 111 10115 Berlin E-Mail: info@primanox.org Internet: www.primanox.org

S. 2 Zitat Rich und Longcore. Gefunden in Infobroschüre Sternenpark im Biosphärenreservat Rhön. S. 6 Infobroschüre Sternenpark im Biosphärenreservat Rhön. S. 7 Fakten: Broschüre des Forschungsverbunds »Verlust der Nacht«. Bundesministerium für Bildung und Forschung S. 9 Vorpann: Informationsheft »Helle Not« der Tiroler Umweltanwaltschaft. S. 16 Titel: »Und es wurde Licht, über den Tag hinaus« gefunden auf http://www.ikz.de/nc/news/article/wohlfuehlen-mit-gutemlicht-die-bedeutung-des-lic-0053185.html [Stand: 25.06.2014] S. 16 Artikel erster Abschnitt: http://en.licht.de/de/licht-knowhow/ueber-licht/kurze-geschichte-des-lichts/ [Stand: 25.06.2014] S. 20, 22, 30, 31 Informationsheft »Helle Not« der Tiroler Umweltanwaltschaft. S. 46 Zitat Novalis. Gefunden in Broschüre des Forschungsverbundes »Verlust der Nacht«

redaktion Bettina Schlichter

konzept und gestaltung Bettina Schlichter

Autoren Bettina Schlichter, Dr. Andreas Hänel, Stefanie Suchy, Wilfried Doppler, Dietmar Hager, Peter Heilig, Peter Huemer, Gerhard Tarmann, Thomas Posch, Nikolaus Thiemann, Sven Melchert, Mark Emmerich, Ute Hasenöhrl, Susanne Bach, Folkert Degenring, Annette Krop-Benesch, Melanie Dammhahn, Barbara Griefahn, Axel Schwope

Illustrationen Bettina Schlichter

Fotografien NASA, Dr. Andreas Hänel, Dominic Kamp, Fabian Neyer

druck Wolfau-Druck AG, Lagerstrasse 6 CH-8570 Weinfelden

erscheinungsweise monatlich in 2015, parallel zur stattfindenden Kampagne von »Prima Nox«

BILDquellen S. 6, 7 © NASA Earth Observatory/NOAA NGDC (2012): »Earth at Night«. URL: http://www.nasa.gov/mission_pages/ NPP/news/earth-at-night.html. [Stand: 30.05.2014] S. 24 URL: http://shadesoffrenzy.wordpress.com/2012/04/13/ city-lights/ [25.06.2014] S. 25 © AFP. URL: http://www.derwesten.de/panorama/fuermanche-menschen-kommt-mit-der-sommerzeit-das-leidid9177889.html [Stand: 25.06.2014] S. 27 Illustration: Bettina Schlichter. Basiert auf Grafik aus der Broschüre »Zwischenruf«. Broschüre des Leibniz-Forschungsverbund »Verlust der Nacht« S. 30, 31 © Dominic Kamp. URL: http://urbantimes. co/2010/10/image-week-milky-galaxy/ [Stand: 25.06.2014] S. 39 © Fabian Neyer. URL: http://www.starpointing.com/dslr/ m42.html [Stand: 25.06.2014] S. 39 Ausklappkarte: Illustration Bettina Schlichter. Basiert auf der Sternkarte der Vereinigung der Sternfreunde e.V. zu finden in der Informationsbroschüre Sternenpark im Biosphärenreservat Rhön. Landkreis Fulda.

Bild- und textnachweis copyright Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, Aufnahme in Onlinedienste und Internet sowie Vervielfältigungen auf Datenträgern dürfen nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung des Verlags erfolgen.

Alle Arbeiten und Texte sind in der Regel von den Studierenden selbst hergestellt. Wir bitten um Nachsicht, dass in einer Lehrsituation die Fragen nach Rechten nicht immer geklärt werden können. Da es nicht die Absicht ist, einzelne Studienarbeiten in der Öffentlichkeit zu publizieren, sie also als Layout zu betrachten sind, bitten wir um Verständnis.


schlusslicht

ausbLick

Die Themen der nächsten Ausgabe Februar 2015 45

Nachtschutz don’t be afraid of the dark

Flora & Fauna gefangen iM lichtkegel

Energie & Gemeinden reduzierung von lichtsMog


» Trägt nicht alles, was uns begeistert, die Farbe der Nacht?« Novalis



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