Nachbarn 2/2011

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Nachbarn

NR. 2/2011

Secondhand: Lorenz Schmid neu eingekleidet

Schulden Wenn gar nichts mehr geht

Wir helfen Menschen.


Inhalt

Editorial Von Max Elmiger.

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Neu eingekleidet 13 Der Meilener Kantonsrat Lorenz Schmid in unserem Secondhand-Laden.

Schulden «Wer zu uns kommt, steht unter enormem Druck»

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News

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Mehr als ein Sprachkurs 16 Mit speziellen Deutschkursen ermöglichen wir armutsbetroffenen Migrantinnen den Einstieg in den Schweizer Alltag.

83:82:80 1102.90.51

Die Klientinnen und Klienten der Schuldenberatung haben nicht nur finanziell den Boden unter den Füssen verloren. 8 Frühzeitige Hilfe bei Schulden Neue Informations- und Beratungsangebote von Caritas zielen darauf ab, die von Verschuldung bedrohten Menschen frühzeitig zu erreichen und zu unterstützen.

Caritas Zürich Je höher die Schulden, desto tiefer der Selbstwert?

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Menschen zusammenbringen 17 Agnes Wettstein bringt seit vier Jahren armutsbetroffene Kinder mit freiwilligen Patinnen und Paten zusammen. Persönlich 18 Schwester Anna Affolter, Generalrätin der Ingenbohler Schwestern.

Caritas-Netz 10

Zwei Schuldenberaterinnen von Caritas Zürich erzählen, wieso es Betroffenen nicht leicht fällt, Hilfe zu suchen.

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1 ddni.dimhcs znerol

«incluso» 19 Als freiwillige Mentorin begleitet Desirée Natter eine junge Migrantin bei der Lehrstellensuche. News aus dem Caritas-Netz

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Hinweise und Veranstaltungen

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Gedankenstrich Von Tanja Kummer.

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Titelbild: Andreas Schwaiger (Symbolbild)


Editorial

Von Schuld und Schulden Liebe Leserin, lieber Leser Europa ist überfordert mit den gigantischen Schuldenbergen. Die Erklärungen dazu sind nicht einfach die Ferienverliebtheit Griechenlands, die italienische Festfreude oder fehlende Arbeitsmoral in Portugal. Wir schieben niemandem leichtfertig die Schuld in die Schuhe. Anders bei der individuellen Verschuldung – das moralische Urteil ist rasch gefällt. Warum dieser Leasingvertrag? Ich fahre auch mit dem Velo! Müssen die jetzt wirklich ins Ausland in die Ferien? Sie können doch zu Hause bleiben! Wenn wir von einer Person hören, dass sie verschuldet sei, ist schnell eine Wertung da: Muss man sich

Max Elmiger Direktor Caritas Zürich

Unsere Erfahrungen in der Schuldenberatung zeigen aber, dass es auch im persönlichen Bereich sehr viel komplexer ist, als wir uns das vorstellen. Es gibt zwar die Versuchung des Käses, des verlockenden und schnellen Konsums, dem die Maus erliegt. Es gibt sie, die Schuldenfalle. Aber eigentlich ist es vielmehr eine Schuldenspirale, dieist durch ein einschneidendes EreignisXY ausL’organisation est certi Caritas Luzern seit par ZEWO depuis 19XX. gelöst werden kann. 2004 ZEWO-zertifiziert.

«Die Maus ist selber schuld, wenn die Falle mit dem Käse zuschnappt.»

das wirklich alles leisten können? Schulden zu machen ist verpönt. Die Maus ist immer selber schuld, wenn die Falle mit dem Käse zuschnappt.

Für Menschen mit schmalen Budgets reicht ein teurer Zahnarztbesuch, eine überraschende Rechnung oder erhöhte Lebenskosten nach einer Trennung – und schon beginnt sich das Karussell zu drehen. Bei Caritas Zürich beraten wir Menschen, damit sie nicht die Hoffnung verlieren. Danke für Ihr Mittragen.

Impressum «Nachbarn» – Das Magazin der regionalen Caritas-Stellen erscheint zweimal jährlich. Gesamtauflage: 51 600 Ex. Auflage ZH: 13 500 Ex.

Caritas Zürich ist seit 1992 ZEWO-zertifiziert.

Redaktion: Ariel Leuenberger Gestaltung und Produktion: Daniela Mathis, Urs Odermatt Druck: Stämpfli Publikationen AG, Bern Caritas Zürich | Beckenhofstrasse 16 | 8021 Zürich | Tel. 044 366 68 68 www.caritas-zuerich.ch | PC 80-12569-0

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L’organisation XY est certifiée par ZEWO depuis 19XX.

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Schulden

Wer zu uns kommt, steht unter enormem Druck Geldprobleme kommen selten allein. Unsere Schuldenberaterinnen und -berater erfahren immer wieder, wie eng verknüpft finanzielle Sorgen und psychisches Leiden sein können. Denn wer bei ihnen Rat sucht, hat oft nicht nur finanziell den Boden unter den Füssen verloren. Schuldenberatung ist häufig auch Lebensberatung. «Je früher man sich Hilfe holt, desto besser.» Diese Botschaft gehöre unbedingt in den Artikel hinein, in dem ihre Geschichte erzählt werde, sagt Eva Martin. Denn das

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sei der wichtigste Tipp, den man Leuten mit Geldsorgen geben könne. Sie selber hatte jahrelang versucht, ohne fremde Hilfe einen Ausweg zu finden. Bis sie eines Ta-

ges dann mit zwei prallvollen Tragtaschen bei der Schuldenberatung der Caritas auftauchte. Sie enthielten die gesammelten Rechnungen der letzten 24 Monate. Eva Martin trägt in Wirklichkeit einen anderen Namen. Sie ist verheiratet, hat eine vierjährige Tochter und lebt am Rande einer Stadt. Grosse Überbauungen und breite Ausfallstrassen wechseln sich ab mit zweistöckigen Wohnblocks und Reihenhäusern, die aus einer Zeit stammen, als es hier noch viel Grün gab. Wer aufs Geld achten muss, findet in dieser Gegend eine bezahlbare


Wohnung. Oder kann, wie Eva Martin und ihr Partner es taten, eines der alten Reihenhäuschen samt Garten kaufen.

dass jemand sie mir gleich sackweise bringt, hatte ich noch nie erlebt. Ich brauchte zwei Tage, um die Unterlagen nach Gläubigern

«Miete, Strom und Krankenkasse haben höchste Priorität.» Viele Wege führen zur Überschuldung Schuldenberater David Sidler, der Eva Martins Tragtaschen in Empfang nahm, ist sich gewohnt, dass Ratsuchende mit einem Stapel Rechnungen bei ihm auftauchen. «Aber

zu sortieren.» In seiner Arbeit begegnet David Sidler den verschiedensten Menschen. Es gebe Leute, die einfach jeden Monat ein bisschen zu viel ausgeben und so fast unmerklich langsam in eine Überschuldung hi-

neinrutschen. «Wenn ich dann mit ihnen zusammen eine Aufstellung ihrer Ausgaben mache, staunen sie, wie viel Geld sie ausgeben.» Andere setzen die finanziellen Prioritäten falsch, sie zahlen zum Beispiel Leasingraten ab, sind aber mit den Krankenkassenprämien im Rückstand. «Von mir erfahren sie dann, dass Miete, Strom und Krankenkasse höchste Priorität haben.» Nochmals andere sitzen bei David Sidler am Besprechungstisch und erzählen eine Geschichte, aus der rasch klar wird, dass sie 2/11 Nachbarn Caritas

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Schulden

Als sich Eva Martins Depression zuspitzte, verlor sie den Überblick über die Gläubiger und suchte Hilfe bei der Caritas.

mitten in einer Lebenskrise stecken. «Zum Teil sind es Übergänge – der Wechsel von der Lehre in den Beruf, das Gründen einer Familie –, welche die Leute finanziell aus dem Takt geraten lassen.» Am Anfang einer Überschuldung können auch einschneidende Erlebnisse wie der Verlust des Jobs oder eine Trennung stehen. Und manchmal lässt sich kaum mehr eruieren, was zuerst da war: die psychischen Probleme oder die finanziellen Schwierigkeiten. Mit Schulden jonglieren Wenn Eva Martin schildert, weshalb sie eines Tages begann, eintrudelnde Rechnungen am Briefkasten abzufangen und unbezahlt vor dem Partner zu verstecken, wird rasch klar, dass viele verschiedene Dinge zusammenkamen. Da war der Wunsch, dem Partner trotz dessen wegen Kurzarbeit reduzierten Einkommens weiterhin den gewohnten Lebensstandard zu bieten. «Ich fand es zum Beispiel wich-

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tig, dass jeden Tag gesundes Essen auf den Tisch kam. Wir sollten es doch gut haben im Leben!» Da war die Angst, den Partner mit den zunehmenden Geldproblemen zu belasten; schliesslich hatte der Hausarzt

bendiges Kind und das tat mir gut. Ich fühlte mich wohl.» Weil in derselben Zeit eine Versicherung eine grössere Summe auszahlte, konnte sie zudem sämtliche Schulden begleichen.

«Schuldenberatung ist häufig auch Lebensberatung.» gesagt, man müsse ihn wegen gesundheitlicher Schwierigkeiten schonen. Und da war die depressive Verstimmung, in die sie nach mehreren Aborten geraten war. Dass sie ihre Sorgen in Alkohol zu ertränken begann, machte die Situation nicht besser. Dennoch gelang es ihr, mit den Schulden so weit zu jonglieren, dass sie Betreibungen vermeiden konnte. «Ich hatte sämtliche Gläubiger und offenen Beträge genau im Kopf und konnte immer irgendwie Deals aushandeln.» Als ihre Tochter zur Welt kam, begann es ihr besser zu gehen. «Sie ist ein sehr le-

Was zuerst wie ein Happyend aussah, stellte sich allerdings als kurzes Glück heraus – als sie erneut schwanger wurde und das Kind in den ersten Schwangerschaftsmonaten verlor, begann es Eva Martin wieder schlecht zu gehen. Sie fiel zurück ins alte Muster, sie versteckte Rechnungen, sie trank. Der Gedanke an ihre kleine Tochter hielt sie davon ab, sich das Leben zu nehmen, es folgten Termine beim Psychiater und schliesslich die Erkenntnis, dass es so nicht weitergehen konnte. Denn als Eva Martins Depression sich zuspitzte, löste sich in ihrem Kopf die Liste der Gläubi-


ger auf, der Überblick war weg, ihr inneres «Finanzsystem» war zusammengebrochen. Sie begann Hilfe zu suchen und fand sie schliesslich bei der Caritas. Freiwillige Beratung unter Hochdruck Wenn Schuldenberater David Sidler von Eva Martin berichtet, schwingt in seiner Stimme Hochachtung mit. Dass sie über so lange Zeit Pfändungen verhindern konnte, dass nie der Strom oder das Telefon abgestellt wurden, findet er eine unglaubliche Leistung. «Sie hat wahnsinnig viel Energie ins Verhandeln mit den Gläubigern gesteckt. Die Kehrseite der Medaille: Ihr fehlte die Energie, gut zu sich selber zu schauen.» Eva Martin ist bei Weitem nicht die Einzige, die erst dann an die Caritas gelangte, als gar nichts mehr ging. David Sidler: «Unsere Beratung ist freiwillig, aber wer zu uns kommt, steht in der Regel unter enormem Druck.» Die Ausweisung aus der Wohnung steht unmittelbar bevor, die Krankenkasse übernimmt die hohen Arztkosten nicht mehr, die Ehe droht zu scheitern. Denn wie bei Eva Martin belasten die Schulden bei vielen die Beziehung zum Partner, zur Partnerin. David Sidler: «Schuldenberatung ist auch Lebensberatung.» Häufig sei es aber so, dass seine Vorschläge zur Schuldenbe-

wältigung das Gefühl der Bedrängnis bereits ein Stück weit lindern können. Gemeinsamer Neuanfang Eva Martin reagierte anders. Als der Druck, unter dem sie so lange gestanden hatte, nach Beginn der Schuldenberatung zu weichen begann, erlitt sie einen Nervenzusammenbruch und verbrachte ein paar Tage in einer psychiatrischen Klinik. Unterdessen sehen die Dinge aber besser aus: Eva Martin besucht regelmässig eine Psychologin, zu der sie einen guten Draht hat. Und David Sidler konnte erreichen, dass die Bank die auf dem Häuschen lastende Hypothek so weit erhöht, dass damit die offenen Rechnungen beglichen werden können. Und weil Eva Martins Partner während ihres Klinikaufenthalts zum ersten Mal seit Jahren selber die Post aus dem Briefkasten nahm und angesichts der Mahnungen realisierte, wie es finanziell steht, kann er sich nun an der Problemlösung beteiligen. Der nächste Schritt ist eine gemeinsame Budgetberatung bei David Sidler.

David Sidler ist sich gewohnt, dass Ratsuchende mit einem Stapel Papier bei ihm auftauchen.

Kommentar Bruno Crestani, Betreibungsbeamter und Stadtammann im Zürcher Kreis 4

Ist die Geschichte von Eva Martin typisch? Der typische Schuldner ist männlich und geschieden. Frauen haben häufig das Sorgerecht für die Kinder und daher eher noch einen Antrieb und Perspektiven. Männer wohnen vielleicht in einem kleinen Zimmerchen mit Gemeinschaftsdusche, haben nichts mehr und lassen sich daher eher gehen. Dann kommen oft noch Suchtverhalten und Probleme am Arbeitsplatz dazu – und schon sind sie in der Schuldenspirale. Aber auch die Geschichte von Eva Martin enthält Elemente, die sehr charakteristisch sind. Zum Beispiel der erste Satz – den wiederhole ich auch immer: Meldet euch früh genug, denn wenn die Schulden zu gross werden, kann euch niemand mehr helfen.

Gibt es einen Unterschied zwischen Jung und Alt? Schulden sind schon eher ein Problem der Jüngeren. Wir können nachweisen, dass die Probleme anfangen, wenn die jungen Menschen zu Hause ausziehen. Solange sie noch bei den Eltern sind, helfen diese aus: Rund 30 Prozent der Jungen sind bei den eigenen Eltern verschuldet. Meine Mutter ist nun über 80. Sie hätte lieber aufs Essen verzichtet, als eine offene Rechnung nicht zu bezahlen. Diese Haltung war früher gang und gäbe, doch heute ist die Mentalität eine andere.

Wieso braucht es die Schuldenberatung der Caritas? Die anderen Fachstellen nehmen häufig nur Leute auf, bei denen sie Sanierungsmöglichkeiten sehen. Auch beim Sozialamt wird niemandem geholfen, der nicht ein Anrecht auf Fürsorge hat. Niemand kümmert sich um die Menschen, die mit Schulden leben müssen – ausser die Caritas. Es ist weniger Schuldenberatung, sondern eher Schuldnerberatung. Ich finde das ganz wichtig.

Text: Ursula Binggeli; Bilder: Andreas Schwaiger (Symbolbilder), zvg

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Hintergrund: Schulden

Frühzeitige Hilfe bei Schulden Das Schuldenmachen ist heute bei Privatpersonen sehr verbreitet. Je nach Alter stehen dabei unterschiedliche Schuldenarten im Mittelpunkt. Häufig erfolgt die Verschuldung bei den Übergängen im Lebenslauf. Neue Informations- und Beratungsangebote der Caritas zielen darauf ab, die von Verschuldung bedrohten Menschen bereits bei diesen Übergängen zu erreichen und zu unterstützen.

Wer heute einkaufen geht, benötigt kein Bargeld mehr und kann mit einer Kreditund Kundenkarte auch bezahlen, wenn das Bankkonto im Minus ist. Das Einkaufsverhalten wird damit immer weniger von der finanziellen Situation bestimmt, sondern mehr und mehr von Wünschen und Träumen. Doch nicht nur das Einkaufsverhalten, sondern auch das Zahlungsverhalten hat sich gewandelt. Während es früher üblich war, die Rechnung auf einmal zu begleichen, ist heute das Abstottern der Rech-

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nungen weit verbreitet. Möglich gemacht wird dies durch ein wachsendes Angebot an Kunden- und Kreditkarten mit Teilzahlungsoptionen. Viele Konsumentinnen und Konsumenten besitzen heute eine ansehnliche Zahl dieser Karten, kommen sie doch bei deren Besitz in Genuss von Vorteilen wie Rabatt-Prozenten auf Einkäufen, Spezialangeboten oder Geburtstagsgeschenken. Wer bei all diesen Karten von der Teilzahlungsoption Gebrauch macht, verschuldet sich schnell in beachtlicher Höhe, sieht sich

mit hohen Zinskosten konfrontiert und läuft Gefahr, die Übersicht über die Finanzen zu verlieren. Junge besonders gefährdet Junge Erwachsene am Übergang zwischen Berufsausbildung und Arbeit sind besonders gefährdet, sich über Kunden- und Kreditkarten zu verschulden, denn sie übernehmen sich in dieser Phase nicht selten finanziell durch die Ausgaben für eine eigene Wohnung, ein geleastes Auto und


Caritas: die wichtigste Anbieterin in der Schuldenberatung

häufigen Ausgang. Über die Website www. caritas-schuldenberatung.ch und Lehrlingsverantwortliche wird Caritas junge Erwachsene ab Ende 2011 mit jugendgerechten Informationen zum Umgang mit Geld und Schulden bedienen. Vor der Familiengründung überlegen sich nicht wenige Ehepaare einen Wechsel in eine grössere Wohnung. Fehlt das Geld für die Finanzierung des Umzugs und die Einrichtung des Kinderzimmers, ist die Aufnahme eines Konsumkredits rasch ein Thema. Solchen Ehepaaren bietet Caritas mit der anonymen und kostenlosen Beratungshotline «SOS Schulden» an, sie über die Risiken einer Kreditaufnahme zu informieren und bei Bedarf eine weitergehende Beratung zu vermitteln. Telefonberatung als Prävention Nach der Familiengründung können durch das reduzierte Einkommen und die erhöhten Ausgaben, Steuerschulden und Krankenkassenausstände entstehen. Die Fachpersonen der Beratungshotline «SOS Schulden» zeigen den betroffenen Familien in solchen Situationen mögliche Wege der Problemlösung auf. Mit der Pensionierung ist eine grosse Einkommenseinbusse verbunden, die zu einem finanziellen Engpass und insbesondere Steuerschulden führen kann. Über die Beratungshotline «SOS Schulden» wird diesen Menschen eine geeignete Beratungsstelle für die Prüfung eines Steuererlasses oder finanzieller Hilfe vermittelt. Diese neuen Hilfsangebote an den Übergängen im Lebenslauf sollen dazu beitragen, Verschuldete oder von Verschuldung Bedrohte zu unterstützen, bevor sie in ernsthafte Schuldenprobleme geraten. Sie sind deshalb als Prävention zu verstehen.

Texte: Jürg Gschwend; Illustration & Grafik: Tom Künzli

Häufigkeit der Schuldenart bei den beratenen Haushalten

An elf Orten führen die regionalen Caritasstellen eine Schuldenberatung. Damit ist Caritas schweizweit der wichtigste Anbieter in diesem Bereich. Gemäss dem Bundesamt für Statistik lebten im Jahr 2008 insgesamt 570 000 Personen mit erheblichen Kontoüberzügen oder Zahlungsrückständen in der Schweiz. Bei den Personen, die sich an die Schuldenberatung wenden, handelt es sich in 60 Prozent der Fälle um alleinstehende Personen oder Alleinerziehende. Die Mehrheit der Ratsuchenden ist zwischen 31 und 50 Jahre alt. Am häufigsten sind sie von Steuer-, Krankenkassen- und Konsumkreditschulden betroffen. Betragsmässig fallen dabei die Steuern- und Konsumkreditschulden am höchsten aus. Die Ratsuchenden wenden sich in der Regel erst nach einer jahrelangen Leidensgeschichte an die Schuldenberatung. Mit der neuen Internetseite www. caritas-schuldenberatung.ch und der anonymen, kostenlose Beratungs-Hotline «SOS Schulden» sollen Menschen mit Schuldenproblemen früher erreicht werden können.

Denn je früher die Betroffenen Hilfe aufsuchen, desto besser kann ihnen geholfen werden. Beratungs-Hotline «SOS Schulden» 0800 708 708 (gratis) Montag bis Donnerstag, 10–13 Uhr www.caritas-schuldenberatung.ch

Fachtagung zum Thema Am Mittwoch, 23. November 2011 veranstalten die Hochschule für Soziale Arbeit FHNW, die Caritas Schweiz und die SKOS in Basel eine Fachtagung zum Thema Schulden und Schuldenprävention. Die Veranstaltung ist dem Thema «Armutsbekämpfung mit Schuldenberatung» gewidmet. Anmeldung und Information unter www.forum-schulden.ch

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Caritas Zürich

Je höher die Schulden, desto tiefer der Selbstwert? Schulden sind ein Tabuthema. Darum fällt es Betroffenen nicht leicht, sich Hilfe zu holen und über ihre Probleme zu sprechen. Susanna Denzler und Silvia Bruinink beraten bei Caritas Zürich täglich Menschen, die Schulden haben und Hilfe suchen.

Nicht mit Geld umgehen zu können ist verpönt. Das führt zu einer Stigmatisierung derer, die sich verschulden – entsprechend tief sinkt ihr Selbstwert.

Mit welchen Erwartungen kommen die Leute zu Ihnen? Susanna Denzler: Viele Klientinnen und Klienten wenden sich an unsere Schuldenberatung mit dem Wunsch nach finanzieller Hilfe. Ihr Leidensdruck ist so gross, dass sie sofort eine Lösung möchten, um die Schulden aus der Welt zu schaffen – sie erhoffen sich von uns zum Beispiel ein Darlehen, damit sie Betreibungen verhindern können. Wenn wir ihnen sagen, dass wir keine Darlehen geben, verlieren sie leider oft das Interesse an einer Beratung. Das ist verständlich, da die meisten schon eine lange «Schuldenbiografie» haben. Aber gerade deshalb wäre es wichtig,

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mit ihnen gemeinsam nachhaltige Lösungen zu finden. Was kann eine Schuldenberatung leisten, was gehört alles dazu? Silvia Bruinink: Die Berücksichtigung der persönlichen Situation gehört zu einer Schuldenberatung, denn Schulden haben meist auch einen Zusammenhang mit den Lebensgeschichten der Betroffenen: Einschneidende Ereignisse wie Scheidung, Krankheit, Familiengründung oder Arbeitslosigkeit können zu Schulden führen und umgekehrt. Deshalb thematisieren wir die verschiedenen Lebensbereiche Arbeit, Wohnen, Gesundheit, Familie,

Beziehungen und Freizeitverhalten. Sie können sowohl ein Teil des Problems als auch der Lösung darstellen. Und natürlich interessiert uns auch, wann und wie die finanziellen Schwierigkeiten entstanden sind, was bereits versucht wurde, um die Situation in den Griff zu bekommen, welche offenen Rechnungen und Schulden vorhanden sind. Susanna Denzler: Schon in der ersten Sitzung erstellen wir ein Budget, damit die Leute sehen, wie viel Geld sie einnehmen und wie hoch ihre Ausgaben sind. Das ist die Basis für unsere Arbeit. Daraus können wir Handlungsmöglichkeiten und Lösungen ableiten und sehen, ob eine


Schuldenrückzahlung, ein Privatkonkurs oder das Leben mit Schulden das anzustrebende Ziel ist. Bei Letzterem geht es um Existenzsicherung, Budgetoptimierung und ums Vermeiden von neuen Schulden. Viele Leute kommen erst in die Schuldenberatung, wenn es schon fast zu spät ist. Wieso eigentlich? Silvia Bruinink: Geld ist in unserer Gesellschaft ein grosses Tabuthema. Unsere Klientinnen und Klienten kommen oft zu spät zu uns, weil sie Schuld- und Schamgefühle haben. Nicht mit Geld umgehen

«Es herrscht das Vorurteil, dass sich Leute mit Schulden einfach nur zusammenreissen müssten, um ihren Konsum in den Griff zu bekommen.» zu können ist verpönt. Es herrscht das Vorurteil, dass sich Leute mit Schulden einfach nur zusammenreissen müssten, um ihren Konsum in den Griff zu bekommen. Das führt zu einer Stigmatisierung derer, die sich verschulden – entsprechend tief sinkt ihr Selbstwertgefühl. Susanna Denzler: Dazu kommt die Angst vor Kontroll- und Prestigeverlust. Geld suggeriert ja Sicherheit, Macht, Glück und Freiheit. All das droht verloren zu gehen, wenn man Schulden hat. Dies macht die Hürde, Hilfe von aussen zu holen, sehr hoch. Wenn die Motivation und der Druck, etwas zu ändern, nicht sehr gross sind, wird die Anmeldung bei der Schuldenberatung leider oft auf später verschoben, das Geldproblem wird verdrängt. Wann ist der richtige Zeitpunkt, um eine Schuldenberatung aufzusuchen? Silvia Bruinink: Es gibt viele Anzeichen, die man ernst nehmen sollte: Wenn am Ende des Geldes der Monat noch nicht fertig ist. Wenn immer wieder Geld ausgeliehen wird bei Bekannten oder beim Arbeitgeber. Wenn die eigenen Konten chroText: Ariel Leuenberger; Bilder: Urs Siegenthaler

Beraten bei Caritas Zürich Menschen mit Schulden: Silvia Bruinink und Susanna Denzler.

nisch überzogen sind und man das Defizit nicht mehr ausgleichen kann. Wenn Kredite aufgenommen werden, um die Finanzprobleme zu lösen. Wenn die Finanzen zu Belastung und Stress führen und man die Übersicht verliert. Oder wenn sich Veränderungen wie Familiengründung, Arbeitsplatzverlust oder Scheidung anbahnen. Immer dann ist es sinnvoll, sich mit einer Beratung auseinanderzusetzen. Auf unserer Website haben wir einen Test, mit dem man die eigene Situation einschätzen kann (siehe Kasten). Warum ist es denn so wichtig, möglichst früh eine Schuldenberatung aufzusuchen? Silvia Bruinink: Wenn die Schulden noch nicht so hoch sind, ist es einfacher, wieder herauszukommen. Die psychische Belastung ist viel kleiner und es gibt wieder Raum für finanzielle Erfolgserlebnisse. Und Perspektiven aller Art sind wieder möglich. Leider bleibt für drei Viertel unserer Klientinnen und Klienten nur noch das Leben mit Schulden. Durch eine frühe Beratung könnte das oft vermieden werden.

Was macht Caritas Zürich, damit die Betroffenen früher zur Schuldenberatung kommen? Susanna Denzler: Wir versuchen präventiv zu wirken, indem wir Kurse für Arbeitslose sowie Migrantinnen anbieten. Dabei geht es um die Sensibilisierung im Umgang mit Geld. Zudem machen wir mit unserer Website auf die Dringlichkeit der Schuldenproblematik aufmerksam. Unsere Beratung ist offen für alle und wir können die Klientinnen und Klienten langfristig begleiten.

Machen Sie den Test Unser Online-Test zeigt Ihnen, wo mögliche finanzielle Gefahren und Probleme lauern, und vermittelt Ihnen Tipps zur Verbesserung Ihrer Situation. www.caritas-schuldenberatung.ch/ schuldentest

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«Ich ziehe mich gern knallig an» Der Meilener Kantonsrat Lorenz Schmid besuchte unseren neuen Secondhand-Laden in Zürich-Oerlikon. Und deckte sich mit den modischen Zutaten für seine nächste Reise ein. Dass er im Caritas-Laden fündig wird, hätte er nicht gedacht. «Ich ziehe mich gern knallig an», sagt Lorenz Schmid. Der CVP-Politiker und Apotheker, der beruflich im weissen Kittel die Patienten berät, trägt privat gern mehr Farbe. Das Leben des 46-Jährigen ist denn auch bunt: Neben der Politik führt er eine Apotheke in Zürich, ist Vater zweier Söhne, und seine Frau, die für die CVP im Nationalrat sitzt, ist nicht minder engagiert. In unserem Secondhand-Laden in Zürich-Oerlikon fand Lorenz Schmid das perfekte Outfit für seine nächste Reise. Frühlingshafte Pastellfarben, bequeme Schnitte und spezielle Accessoires packte er in die

modischen Retro-Lederkoffer ein. Und liegt damit schwer im Trend – wer träumt nicht von einem erholsamen Urlaub an der Sonne, mit schöner Garderobe und netter Begleitung, so wie in den goldenen Sechzigern? Im letzten Jahr ist unser SecondhandLaden in Oerlikon umgezogen. Im neuen, grösseren Lokal an der Schwamendingenstrasse 11 finden Sie noch mehr tolle Kleider zu günstigen Preisen – für Fashionvictims und Preisbewusste. Alle unsere Läden sind aber auch froh um Ihre Kleiderspende, die Sie persönlich abgeben können.

Caritas Zürich betreibt in Zürich und Winterthur insgesamt sieben SecondhandLäden, welche auf Ihre Kleiderspenden angewiesen sind. Der Verkaufserlös kommt den Projekten der Caritas Zürich zugute. Bilder von weiteren prominenten Persönlichkeiten, die sich bei uns eingekleidet haben, sowie unsere Standorte im Kanton Zürich und deren Öffnungszeiten finden Sie auf der Website. www.caritas-zuerich.ch/secondhand

«Wieso soll ich meine Kleider zu Caritas Zürich bringen?» An dieser Stelle beantworten wir die Fragen der Leserinnen und Leser zu unserer Organisation und unserer Arbeit. Susanna K. aus Adliswil möchte von uns wissen: «Wieso soll ich meine Kleider zu Caritas Zürich bringen? Ich kann sie doch auch in einen Texaid-Sack packen, das ist viel praktischer.» Wenn Sie Ihre Kleider zu Caritas Zürich bringen, helfen Sie damit armutsbetroffenen Menschen im Kanton Zürich. Wir sortieren die Kleider direkt im Laden, damit schaffen wir Arbeitsplätze für ArbeitsText: Ariel Leuenberger; Bild: Roth und Schmid Fotografie, Zürich

lose, die bei uns einen Einsatz absolvieren können. Der Erlös aus dem Verkauf Ihrer Kleider fliesst in unsere sozialen Projekte. Einen grossen Teil der Kleider, die wir erhalten, können wir nicht verkaufen. Diese geben wir an Texaid weiter. Texaid hilft damit Menschen in Entwicklungsländern. Wenn Sie Ihre Kleider in unsere Secondhand-Läden bringen, helfen Sie also uns, den Menschen in unseren sozialen Projekten und auch in Entwicklungsländern.

In allen unseren sieben Läden in Zürich und Winterthur können Sie Kleider abgeben, auch ausserhalb der Öffnungszeiten. Die Standorte finden Sie auf der Webseite. Gerne beantworten wir Ihre Fragen auch persönlich. Telefon 044 366 68 68 oder www.caritas-zuerich.ch/secondhand

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Caritas Zürich

Kinder tauschen Spielsachen «Sammeln, Tauschen, Schenken» heisst es vom 20. November bis zum 14. Dezember: Bereits zum dritten Mal führt Caritas Zürich die Geschenk-Tausch-Aktion durch, zusammen mit sieben Pfarreien im ganzen Kanton Zürich. Kaum werden die Tage kürzer, schon glitzern die Kaufhäuser; die Weihnachtszeit steht vor der Tür. Was für die meisten eine Freude ist, bedeutet für manch andere eine schwierige Zeit. Ein armutsbetroffener Vater bringt es auf den Punkt: «Bei uns liegen unter dem Weihnachtsbaum nur Nadeln.» Caritas Zürich und sieben Pfarreien aus dem Kanton setzen sich mit der Geschenk-

Tausch-Aktion gemeinsam gegen Armut in der Schweiz ein. Es muss nicht immer ein neues Geschenk sein – auch ein gebrauchtes Spielzeug kann Freude bereiten. Auf diesem Prinzip baut die Aktion auf. Mit einfachen Mitteln erhalten Kinder die Möglichkeit, sich solidarisch zu zeigen. Dazu lernen sie, dass nicht mehr gebrauchte Spielsachen weiterverwendet werden können. An verschiedenen Sammelstellen können die Kinder zwei oder mehrere Spielsachen abgeben. Im Gegenzug erhalten sie einen Gutschein, den sie am Tauschtag gegen ein neues Spielzeug eintauschen können. Da jedes Kind zwei oder mehr Spiel-

sachen abgibt, aber nur einen Gutschein erhält, bleiben Geschenke für Kinder aus wirtschaftlich schwächeren Familien übrig. Sie erhalten ebenfalls Gutscheine von den Pfarreien und Sozialämtern vor Ort. Die Geschenk-Tausch-Aktion richtet sich an alle Kinder im Alter von fünf bis zwölf Jahren. Tauschen kann man dieses Jahr in Zürich-Nord, Schwamendingen, Embrach, Wetzikon, Turbenthal, Affoltern am Albis und Bülach. Weitere Informationen auf Seite 22 oder unter www.geschenktauschaktion.ch

Die Qual der Wahl: Am grossen Geschenk-Tausch-Tag darf sich jedes Kind, Arm und Reich zusammen, ein Geschenk aussuchen.

Laut und stark gegen Ausgrenzung Jugendliche sind laut. Jugendliche sind kreativ. Jugendliche stecken voller Überraschungen. Deshalb hat «Luutstarch» Jugendliche eingeladen, am Wettbewerb gegen Ausgrenzung und für Perspektiven teilzunehmen und ihren Beitrag in 200 Sekunden zu verpacken. Zwischen April und August wurden Jugendliche im Alter von 14 bis 25 Jahren eingeladen, 200 Sekunden in Form von Video, Text oder Musik einzureichen. Das Thema des Wettbewerbs war Ausgrenzung, zu ge-

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winnen gab es Preise im Wert von 6000 Franken. Eine fünfköpfige Jury, unter anderen mit Rapper Knackeboul, hat die Beiträge begutachtet und entschieden, wer der Sieger, die Siegerin ist. Bei Redaktionsschluss stand dies noch nicht fest – nachlesen kann man es auf www.luutstarch.ch. Jugendliche sind oft von Ausgrenzung und von Vorwürfen betroffen. Deshalb bieten Caritas Zürich und ihre Partner Jugendlichen die Möglichkeit, ihre Talente für ein funktionierendes Zusammenleben

aller einzusetzen. «Luutstarch» ist der Aufruf von Caritas Zürich, youngCaritas und jenseits im Viadukt, sich solidarisch einzusetzen für gleiche Chancen und Perspektiven für alle. www.luutstarch.ch

Text: Edina Kurjakovic; Bild: Daniel Eberhard


Mehr für Junge mit wenig Geld Wenn viele junge Erwachsene sich in Clubs verabreden oder gemeinsam Konzerte besuchen, bleiben die Türen zu diesen Lokalitäten für einen Teil ihrer Altersgenossen verschlossen. Ihnen fehlt schlicht das Geld für den Eintritt. Die KulturLegi verstärkt deshalb ihr Angebot für junge Erwachsene und ermöglicht gemeinsam mit Veranstaltern und Institutionen zum Beispiel den Besuch eines Konzerts, eines Fussballmatchs oder einer Weiterbildung. Um das Angebot weiter zu vergrössern, verhandelt die KulturLegi laufend mit möglichen neuen Partnern. Bei mehr als 330 Kultur-, Sport- und Bildungsangeboten im Kanton Zürich erhalten Karteninhaber jeden Alters schon heute Rabatte zwischen 30 und 70 Prozent. Im Bereich Musik beteiligen sich zum Beispiel die Rote Fabrik, das Moods im Schiffbau, das Scala in Wetzikon oder die Winterthurer Musikfestwochen. Von vielen geschätzt wird auch das breite Angebot an Aus- und Vorstellungen – die meisten namhaften Theaterhäuser und Museen im Kanton Zürich sind Partner. Im Bereich Bildung bieten unter anderem die Migros Klubschule, die Benedict Schulen und die ECAP vergünstigte Kurse an. Sportbegeisterte wiederum zieht es zum halben Preis an die Heimspiele des Grasshopper Club Zürich und des FC Winterthur oder beispielsweise in eines der Hallen- und Freibäder im ganzen Kanton.

Für junge Menschen mit wenig Geld oft unerschwinglich: Ausgehen in einem Club.

Natürlich sind all diese Angebote nicht kostenlos, durch den Rabatt sind sie aber hin und wieder erschwinglich. Um auf die verschiedenen Angebote gezielt aufmerksam zu machen, postet die KulturLegi seit einem halben Jahr alle Neuigkeiten auf ihrem Facebook-Profil und twittert spezi-

elle Aktionen über den eigenen Account. Schauen Sie herein. www.facebook.com/kulturlegizuerich www.twitter.com/kulturlegizh

Fünf Jahre Caritas-Markt in Zürich-Oerlikon Mit dem Caritas-Markt Oerlikon ermöglichen wir armutsbetroffenen Menschen aus der Region Zürich das Einkaufen von günstigen Lebensmitteln und Produkten des täglichen Bedarfs. Zudem schaffen wir im Caritas-Markt Arbeitsplätze für Personen mit Sozialhilfe, sogenannte Teillohn-Arbeitsstellen. Der Caritas-Markt Oerlikon feiert am Samstag, 15. Oktober 2011, sein fünfjähriges Bestehen. Zum Jubiläumsfest sind alle Caritas-Markt-Kundinnen und -Kunden, Texte: Andreas Bruggmann, Marco Callegari; Bild: Urs Siegenthaler

Quartierbewohnerinnen und Quartierbewohner sowie weitere Interessierte herzlich eingeladen. Als kleines Dankeschön an unsere Kundschaft gewähren wir an diesem Tag zehn Prozent Rabatt auf den Einkauf für Inhaberinnen und Inhaber einer Caritas-Markt-Einkaufskarte oder einer KulturLegi. Mit Festwirtschaft, Grillbetrieb, Nostalgie-Karussell, Dosenwerfen, Ballonen, Sirup-Bar und vielem mehr kommt bestimmt eine festliche Stimmung auf bei Gross und Klein!

Das Team des Caritas-Marktes Oerlikon freut sich auf ein buntes Fest und darauf, alle Neugierigen persönlich begrüssen und beraten zu dürfen. Weitere Informationen auf Seite 22 oder unter www.caritas-zuerich.ch/events

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Caritas Zürich

Mehr als ein Sprachkurs Mit speziellen Deutschkursen ermöglicht URAT armutsbetroffenen Migrantinnen den Einstieg in den Schweizer Alltag. Neben Grundkenntnissen in Deutsch vermitteln die freiwilligen Kursleiterinnen auch Integrationsangebote in den Gemeinden und helfen beim Umgang mit Behörden.

Hilft armutsbetroffenen Migrantinnen aktiver, vernetzter und selbstständiger zu sein: URAT-Deutschkurs.

Rund 160 Migrantinnen besuchen jede Woche die 17 Deutschkurse für Einsteigerinnen, welche URAT in sechs Gemeinden des Kantons Zürich anbietet. Jeder Kurs wird von einer freiwilligen Primarlehrerin oder Erwachsenenbildnerin geleitet. Michèle Deubelbeiss, die Projektleiterin von Caritas Zürich, begleitet und unterstützt sie: «Die Migrantinnen kommen aus ganz unterschiedlichen Ländern. Sie sprechen kaum Deutsch, viele haben Mühe beim Lesen und Schreiben. In ihrer Heimat haben sie nur wenig Schulbildung genossen, wie zum Beispiel einige Frauen aus Afrika, oder ein anderes Schriftsystem, wie die Frauen aus Sri Lanka.» Entsprechend niederschwellig sind die Kurse gestaltet. Alltagssituationen meistern Die Kursleiterinnen verständigen sich anfangs mithilfe von Bildern und ganz einfachen Begriffen. Im Verlauf des Kurses, der maximal zwei Jahre besucht werden

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kann, lernen die Migrantinnen, verschiedene Alltagssituationen zu meistern. In jedem Quartal stossen neue Teilnehmerinnen dazu, sodass sie sich auch gegenseitig helfen können. Die eingesetzten Lehrmittel sind reich illustriert und mit einer CD zum Hören und Nachsprechen ergänzt. Zweimal jährlich treffen sich die Kursleiterinnen zu Weiterbildungen: «Die Kurse erfordern spezielle didaktische Lehrmittel und kreative Inputs – Bewegungs- oder Memoryspiele sind ganz wichtig», erklärt Michèle Deubelbeiss, «bei den Treffen besprechen wir Unterrichtsmethoden und tauschen didaktische Vorgehensweisen aus.» Erschwinglich für alle Das Ziel, welches URAT mit den Deutschkursen und zusätzlichen Angeboten verfolgt, ist bessere Integration: Dank URAT kommen die Migrantinnen aus ihrem oft zurückgezogenen Alltag heraus, lernen die Schweizer Kultur kennen und

treffen sich mit anderen Frauen. Die freiwilligen Kursleiterinnen sind nicht nur Deutschlehrerinnen, sie helfen auch beim Ausfüllen von Formularen, geben Ratschläge bei der Wohnungssuche und wissen, wie das hiesige Schulsystem funktioniert. Michèle Deubelbeiss: «URAT bietet mehr als nur Sprachkurse – wir helfen den Migrantinnen, aktiv, vernetzt und selbstständig am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können.» Im Unterschied zu normalen Sprachschulen sind die URAT-Kurse mit 20 Franken pro Quartal sehr günstig. Damit stehen sie den armutsbetroffenen Migrantinnen aller Ethnien offen.

Helfen Sie mit! Unterstützen Sie unsere URATDeutschkurse mit dem beiliegenden Einzahlungsschein. Herzlichen Dank! PC 80-12569-0

Text: Ariel Leuenberger; Bild: Daniel Eberhard


«Ich bringe Menschen zusammen» Agnes Wettstein engagiert sich seit vier Jahren als freiwillige Vermittlerin beim Patenschaftsprojekt «mit mir». Im Interview erzählt sie von den Begegnungen mit Kindern und Paten und was sie dabei besonders schätzt. Was hat Sie zu Ihrem Engagement beim Projekt «mit mir» bewogen? Während meiner Berufstätigkeit war ich stets mit verschiedenen Menschen, insbesondere Kindern, in Kontakt. Dieser Austausch fehlte mir nach meiner Pensionierung. Das Projekt «mit mir» sagte mir sehr zu. Hier stehen sozial benachteiligte Kinder im Zentrum: Ich helfe mit, damit sie einige glückliche Stunden im Monat verbringen können. Was sind Ihre Aufgaben als freiwillige Vermittlerin? Ich bringe armutsbetroffene Kinder mit freiwilligen Gotten und Göttis zusammen. Von Caritas erhalte ich Steckbriefe von interessierten Freiwilligen und bedürftigen Familien. Ich treffe mich dann mit diesen Personen, um deren Eignung für das Projekt abzuklären. Nach einer erfolgreichen Vermittlung organisieren sich die Paten und Familien selbstständig. Meine Aufgaben sowie der zeitliche Umfang sind in einer Einsatzvereinbarung genau festgelegt. Wie sind Sie auf Ihren Einsatz vorbereitet worden? Die «mit mir»-Leiterin erklärte mir das Projekt in einem persönlichen Gespräch. Anschliessend hat sie mich sorgfältig in die einzelnen Aufgaben eingeführt. Ich begleitete die Projektleiterin bei Gesprächen mit Freiwilligen und Familien und hatte eine fundierte Einführung zum Thema Kinderschutz. Was sind für Sie die grössten Herausforderungen? Es gibt Familien, die bereits von verschiedenen Beratungsstellen Unterstützung erhalten. Hier gilt es, sorgfältig zu prüfen, ob eine weitere Bezugsperson für das Kind und die Familie sinnvoll ist oder nicht. Als Vermittlerin braucht es eine gewisse OfText: Sima Mangtshang; Bild: Urs Siegenthaler

Verbringen dank Agnes Wettstein glückliche Stunden: «mit mir»-Pate und sein Patenkind.

fenheit und Verständnis für andere Lebensweisen. Weitere Voraussetzungen sind Einfühlungsvermögen, Geduld und ein Gespür dafür, welche Personen zusammenpassen und welche nicht. Welche Unterstützung erhalten Sie vom «mit mir»-Team? Ich habe verschiedene Checklisten und einen Gesprächsleitfaden erhalten. Bei Fragen kann ich mich jederzeit an die Projektleitung wenden und Rat einholen. Ausserdem finden drei bis vier Mal im Jahr Erfahrungsaustauschtreffen statt. Der Kontakt mit den Vermittlerinnen der anderen Bezirke ist sehr hilfreich. Auch habe ich die Möglichkeit, Weiterbildungskurse und spezifische Fachveranstaltungen von Caritas zu besuchen. Was schätzen Sie an Ihrem Engagement? Eine Patenschaft ist für Paten und Kin-

der gleichermassen bereichernd. Es freut mich, wenn ich hierzu meinen Beitrag leisten kann, indem ich diese Menschen zusammenbringe. Zudem schätze ich es, selbst neue spannende Kontakte zu knüpfen – das erweitert meinen Horizont. Die Gelegenheit dazu bietet sich in meiner unmittelbaren Umgebung.

Engagieren Sie sich! Für verschiedene Bezirke im Kanton Zürich suchen wir freiwillige Vermittlerinnen. Sie führen vor Ort mit Freiwilligen und Familien Abklärungs- und Vermittlungsgespräche durch und begleiten die Patenschaften. Der zeitliche Aufwand beträgt ca. 4 Stunden pro Woche. Melden Sie sich bei Bea Schönbächler, Leiterin «mit mir», Tel. 044 366 68 76, www.caritas-zuerich.ch/mitmir

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Persönlich

Schwester Anna Affolter ist Mitglied der Generalleitung des Klosters Ingenbohl. Sie entschied sich mit 20 Jahren, dem Orden beizutreten. Nach ihrer Tätigkeit als Sozialberaterin für Fahrende bei der Caritas Zürich wurde sie nach Ingenbohl berufen. Heute besucht die 50-Jährige die Vertretungen ihres Ordens in der ganzen Welt.

«Wir teilen geistige und materielle Werte miteinander» Was würden Ihre Nachbarn über Sie sagen? Ich höre, ich sei einfühl-

sam, freundlich, zugänglich und humorvoll. Aber meine Nachbarn stellen sicher auch fest, dass ich hin und wieder mit der Zeiteinteilung im Konflikt bin.

Immer, wenn andere mir sagen, dass sie sich von mir wertgeschätzt und verstanden fühlen. Glücklich machen mich aber auch Naturerlebnisse wie ein Sonnenuntergang, die Unendlichkeit des Meeres, die Natur beim Wandern. Solche Erfahrungen lassen mich zur Ruhe kommen, bringen mich in Berührung mit Gott. Wann sind Sie glücklich?

Wie haben Sie das letzte Mal jemandem geholfen? Heute Morgen half ich

einer betagten Schwester, die sich in mein Büro verirrte. Am Arm mir einhakend begleitete ich sie zu ihrem Zimmer zwei Stockwerke tiefer. Als sie ihr Zimmer wie-

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dererkannte, leuchtete ihr Gesicht vor Erleichterung auf. Welches Erlebnis hat Sie besonders geprägt? Mein Einsatz in einem Alters-

heim, den ich während meiner Seminarausbildung machte. Dort kam ich das erste Mal in Kontakt mit Schwestern, die mich an wichtige Lebensfragen heranführten und meinem Leben eine Perspektive gaben. Darauf entschloss ich mich, ins Kloster zu gehen. Was stimmt Sie zuversichtlich? Das

Gefühl, nicht alleine zu sein, nicht alles alleine machen zu müssen. Ich habe Mitkämpferinnen in meiner Gemeinschaft und viele Kontakte auch über die Gemeinschaft hinaus, mit denen ich die gleichen Werte teile und mich für die gleichen Ziele einsetze.

Woher stammen Ihre Werte? Ein Teil von meiner Familie und ein Teil aus dem Evangelium. Ein wichtiges Bild sind für mich die Jünger und Jüngerinnen, die mit Jesus unterwegs waren. Sie haben Hab und Gut, Freud und Leid geteilt, waren füreinander und für andere da. Danach lebt unser Orden immer noch: Wir teilen geistige und materielle Werte miteinander. Welche Sünde begehen Sie mit Freude? Also in grossen Abständen

kommt es vor, dass ich in einer einzigen Nacht einen Krimi von vorne bis hinten durchlese …

Bild: zvg


Caritas-Netz

«Als Mentorin bin ich Coach und Motivatorin» Als freiwillige Mentorin begleitet Desirée Natter bei «incluso» zum zweiten Mal eine junge Migrantin bei der Lehrstellensuche. Sie erzählt, wie sie zu diesem Engagement gekommen ist und was ihre Aufgaben sind. Vor drei Jahren bin ich durch eine Kollegin auf das Mentoringprogramm «incluso» aufmerksam geworden. Sie begleitete während eines Jahres eine junge Migrantin bei der Lehrstellensuche und erzählte mir davon. Ich fand das spannend und meldete mich bei Caritas Zürich. Bei einem Treffen erklärte mir die Verantwortliche das Programm, den Ablauf und die Aufgaben der Mentoren. «incluso» hat mich überzeugt und Mentoring als Form der Zusammenarbeit finde ich sehr sinnvoll. Mir sagte auch zu, dass die Dauer des Engagements als Mentorin im Voraus definiert ist und dass die Zusammenarbeit ein konkretes Ziel hat: eine Lehrstelle oder eine Anschlusslösung finden. Ein offenes Ohr haben Meine erste Mentee war Andreia. Sie ist 16 Jahre alt und kommt ursprünglich aus Portugal. Ihr Wunsch: eine KV-Lehrstelle. In unserem ersten Gespräch haben wir die Erwartungen, die wir aneinander haben, geklärt. Für mich sind Verbindlichkeit und Pünktlichkeit wichtig. Andreia ist seit klein auf in der Schweiz und spricht Schweizerdeutsch. Das ist nicht bei allen Mentees so. Vom Wesen her ist sie eher schüchtern und zurückhaltend. Ich musste mir zuerst einen Zugang zu ihr verschaffen und ihr Vertrauen gewinnen. Mit der Zeit öffnete sie sich. Gemeinsam haben wir geklärt, für welche Berufe sie sich interessiert und eignet, die Bewerbungsunterlagen zusammengestellt und in Rollenspielen Telefon- und Vorstellungsgespräche geübt. Als dann die erste Einladung zu einem Vorstellungsgespräch kam, haben wir auch gemeinsam ihren Kleiderschrank nach einem geeigneten Outfit durchstöbert – das war lustig. Mit Andreia habe ich mich entweder in einem Café in der Stadt oder auch bei ihr zu Hause getroffen. Zu Beginn haben wir uns alle zwei Wochen für jeweils eineinhalb Text: Sima Mangtshang; Bild: Urs Siegenthaler

bis zwei Stunden getroffen. Mit der Zeit reduzierten sich die persönlichen Treffen auf ein Mal pro Monat und wir haben daneben via E-Mail miteinander kommuniziert: Andreia mailte mir ihre Bewerbungsschreiben und ich gab ihr ein Feedback dazu. Als Mentorin bin ich vor allem Coach und Motivatorin. Es gibt Phasen, da bekommen die Jugendlichen nur Absagen. Dann muss man die Mentees motivieren, aufmuntern zum Weitermachen. Austausch mit den anderen Mentorinnen und Mentoren «incluso» bietet regelmässig Erfahrungsaustausch-Treffen an. Der Austausch mit den anderen Mentorinnen und Mentoren ist für mich sehr wertvoll und nützlich. Man hört einerseits, wie es anderen Tandems ergeht und wo sie anstehen, kann sich aber auch gegenseitig Tipps geben und Kontakte vermitteln. Das «incluso»Team steht uns während der gesamten Programmdauer beratend und unterstützend zur Verfügung. Sie organisieren beispiels-

weise einen Bewerbungsworkshop und einen gemeinsamen Besuch im Berufsinformationszentrum. Nun begleite ich bereits die zweite Mentee bei der Suche nach einer Lehrstelle. Sie heisst Sevgi, ist Kurdin und 15 Jahre alt. Ihr Berufswunsch: Fachangestellte Gesundheit. Es ist spannend und eine grosse Bereicherung, so nah am Leben einer Jugendlichen zu sein und so auch mehr über deren Kultur zu erfahren. www.caritas-zuerich.ch/incluso

Engagieren Sie sich! Möchten Sie auch eine Jugendliche, einen Jugendlichen bei der Lehrstellensuche begleiten? Melden Sie sich bei: incluso@caritas-zuerich.ch oder Tel. 044 366 68 40

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Caritas-Netz

Hilfeleistung, die Freude und fit macht

Velodienste Luzern

Bei den «Caritas-Bergeinsätzen» unterstützen Freiwillige in Not geratene Bergbauernfamilien bei der täglichen Arbeit auf dem Hof.

Die Mitarbeitenden der Velodienste übernehmen eine wichtige Aufgabe zugunsten der Allgemeinheit.

Kulturaustausch zwischen zwei sehr unterschiedlichen Lebensweisen: Bergbauer und Freiwillige.

Bergbauernfamilien sind auch in der Schweiz besonders harten und unwirtlichen Bedingungen ausgesetzt: Ihr Land ist schwer zugänglich, die Winter sind lang und kalt, der Ertrag entsprechend mager. Ihr Einkommen bewegt sich trotz Beiträgen der öffentlichen Hand oft am Existenzminimum. Manche können sich nur knapp über Wasser halten, denn wirklich gewinnbringende Aktivitäten gibt es kaum. Die Arbeitsbelastung der Familien ist sehr hoch, weil vieles noch von Hand gemacht werden muss. «Caritas-Bergeinsatz» vermittelt seit 30 Jahren soziale Einsätze im Berggebiet: Freiwillige unterstützen Bergbauernfamilien in Not bei der täglichen Arbeit auf dem Hof. Mit diesen Einsätzen will Caritas neben der Entlastung für die Bergbauernfamilien auch sinnvolle und bedürfnisgerechte Betätigungsfelder für Freiwillige schaffen. Die Begegnung zwischen den Freiwilligen, die meist in der Stadt leben, und den Berg-

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bauern führt zu einem gelebten Kulturaustausch zwischen sehr unterschiedlichen Lebensweisen. Und bringt den interessierten Helferinnen und Helfern neben Abwechslung zum Büroalltag auch die einmalige Berglandschaft der Schweiz näher. Die Anmeldung zu einem Bergeinsatz ist per Internet möglich – interessierte Freiwillige können aus über hundert verschiedenen Einsatzmöglichkeiten in allen Bergregionen der Schweiz auswählen. Jeder Einsatz dauert mindestens eine Woche und kann direkt online gebucht werden.

Der Umgang mit Velos hat bei den Arbeitsintegrationsprogrammen der Caritas Luzern einen grossen Stellenwert. Da sind zum einen die Velodienste in Luzern und Sursee. Im Auftrag der Städte halten Programmteilnehmende einen Veloordnungsdienst aufrecht. Sie verschieben falsch parkierte Velos auf Ersatzplätze und sortieren besitzerlose Velos aus, sammeln sie ein und melden sie der Polizei. In Sursee geschieht dies im Bereich des Bahnhofs, in Luzern in der gesamten Innenstadt und besonders rund um den Bahnhof. Daneben betreiben die Velodienste in Luzern eine bewachte Velostation, wo Bahnkunden ihre Velos sicher und geschützt parkieren können. Hier werden auch kleinere Servicearbeiten sowie das Putzen der Velos angeboten. Die Velostation erledigt auch das Vermieten von Renta-Bike-Velos und nimmt selbst ausgediente Velos zur Wiederverwertung an. Im Caritas-Betrieb Littau werden defekte Fahrräder demontiert. Die Einzelteile gelangen per Container zu Partnerbetrieben nach Afrika, wo sie wieder bedarfsgerecht als Velos zusammengebaut werden. Gut erhaltene Fahrräder kommen in den Caritas-eigenen Secondhand-Läden in den Verkauf. Velostation beim Bahnhof Luzern

www.bergeinsatz.ch

Texte: Daniel Grossenbacher, Urs Odermatt; Bilder: Caritas Schweiz, Caritas Luzern


Fotografie

Vor 20 Jahren …

Bahnhof Luzern um 1991

Als anfangs der 1980er-Jahre die ersten Menschen aus Sri Lanka vor dem Bürgerkrieg flohen und in die Schweiz kamen, hatten viele Angst vor den dunkelhäutigen Menschen, die oft am Bahnhof anzutreffen waren. Man bezeichnete sie als Wirtschaftsflüchtlinge, die hier nur profitieren wollten. Heute schätzt man sie gerade im Gastgewerbe – weil sie jene Arbeit machen, für die andere sich zu schade sind.

Bild: Georg Anderhub

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Hinweise

Übernehmen Sie eine Patenschaft Mit einer Patenschaft von Caritas Zürich helfen Sie ganz gezielt armutsbetroffenen Kindern im Kanton Zürich. Unsere Patenschaften ermöglichen armutsbetroffenen Kindern den Besuch von Kinderkrippe, Hort, Sport- oder Musikunterricht. Damit helfen die Patenschaften nachhaltig und ermöglichen es den Kindern, sich aus der sozialen Isolation zu befreien, welche die Armut mit sich bringt. Die Patenschaften bieten Menschen, die helfen möchten, eine einfache und effiziente Art, benachteiligte Kinder hier im Kanton Zürich zu fördern, zu unterstützen und ihnen Freude zu bereiten. www.caritas-zuerich.ch/patenschaften

Gutes tun – auch nach dem Tod Hinterlassen Sie etwas Gutes, das über Ihr Leben hinaus Bestand hat. Die Armut der Eltern vererbt sich in den meisten Fällen an die Kinder weiter. Helfen Sie uns, dies zu verhindern, und berücksichtigen Sie Caritas Zürich mit einem Legat oder einer Schenkung. Denn Kinder tragen unser Erbe weiter, auch wenn wir einmal nicht mehr sind. Ein Legat an Caritas Zürich sichert einen wichtigen Teil der Finanzierung unserer Projekte. Es kann die Lebensperspektive einer von Armut betroffenen Familie grundlegend verändern und hilft so, über das Leben hinaus Gutes zu tun. Bestimmen Sie noch zu Lebzeiten selber, wem Ihr Vermächtnis zugutekommt. Nur so können Sie sicher sein, dass Ihr Geld im gewünschten Sinne eingesetzt wird. Beim Regeln des Nachlasses steht Ihnen der ehemalige Direktor der Caritas Zürich, Herr Guido Biberstein, gerne zur Verfügung. Kompetent und diskret beantwortet er Ihre Fragen und unterstützt Sie beim Aufsetzen Ihres Testaments. Guido Biberstein Ehem. Direktor Caritas Zürich Tel. 044 713 27 56 E-Mail g.biberstein@bluewin.ch

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Veranstaltungen 6. Zürcher Armutsforum «Ich wohne, also bin ich» – Netzwerken für einen Integrationsfaktor

«Wohnen» fängt mit «wo» an – aber das «Wie» spielt eine genauso wichtige Rolle. Die Wohnsituation kann die soziale Integration unterstützen oder erschweren. Zusammen mit der Stiftung Domicil, Pro Senectute Kanton Zürich, Pro Juventute Kanton Zürich und der Stiftung Mütterhilfe hat Caritas Zürich versucht, Ansatzpunkte für Lösungen zu finden. 27. Oktober 2011, 8.30 bis 13.15 Uhr, Technopark, Technoparkstrasse 1, 8005 Zürich. Infos und Anmeldung: www.caritas-zuerich.ch/events

Noch aktuellere News? Wenn Sie an aktuelleren News und Events von Caritas Zürich interessiert sind, besuchen Sie unsere Webseite, abonnieren Sie unseren Online-Newsletter (erscheint viermal pro Jahr) oder werden Sie ein Fan von Caritas Zürich auf Facebook. Hier finden Sie mehr: www.caritas-zuerich.ch/news www.facebook.com/caritaszuerich

5 Jahre Caritas-Markt Zürich-Oerlikon Zum Jubiläumsfest sind alle CaritasMarkt-Kundinnen und -Kunden, Quartierbewohnerinnen und Quartierbewohner sowie weitere Interessierte herzlich eingeladen. Festwirtschaft, Grillbetrieb, Nostalgie-Karussell, Dosenwerfen, Ballone und Sirup-Bar garantieren eine festliche Stimmung für Gross und Klein. 15. Oktober 2011, 9 bis 16 Uhr Schwamendingenstrasse 41, Zürich-Oerlikon www.caritas-zuerich.ch/events

Geschenk-Tausch-Aktion Alle Kinder zwischen drei und zehn Jahren sind eingeladen, an verschiedenen Sammelorten zwei gebrauchte, noch gut erhaltene Spielzeuge abzugeben. Jedes Kind erhält dafür einen Bon für ein anderes Spielzeug. Weil so jeweils eins übrig bleibt, erhalten Kinder aus armutsbetroffenen Familien einen Bon, auch wenn sie nichts abgeben. 20. November bis 14. Dezember Zürich-Nord, Schwamendingen, Embrach, Wetzikon, Turbenthal, Affoltern am Albis, Bülach www.geschenktauschaktion.ch

Eine Million Sterne Die Solidaritätsaktion von Caritas. Samstag, 17. Dezember 2011, ab 15.30 Uhr, Stadt Zürich und Region www.caritas-zuerich.ch/events


Gedankenstrich

Tanja Kummer

Kein Blatt im Wind Herr Nessuno findet Schulden das Hinterallerletzte. Er gibt möglichst kein Geld aus, vor allem nicht für Unsinn wie ein Buch oder Ferien. Einmal hat er aus einer ihm heute unerklärlichen Laune heraus einen dunkelgrünen Tirolerhut aus Filz gekauft. Nun muss er ihn immer tragen, auch wenn es süttig heiss ist – das ist die Strafe, die er sich für seine Laune ausgedacht hat. Über Leute, die nicht ganz genau wissen, ob ihre finanziellen Mittel auch bei jedem erdenklichen Notfall ausreichen würden, kann er nur den Kopf schütteln: Es kann doch jeder jeden Tag in horrende Schulden schlittern! Man stelle sich nur vor, man würde die Stelle verlieren! Herr Nessuno findet alle Menschen ausser sich unzurechnungsfähig und meidet darum zwischenmenschliche Kontakte. Bei Kontakten entstehen ja auch Schulden, weil man sich Dinge verspricht: ein Rezept, einen Gefallen oder Gefühle, am Ende noch Liebe oder gar das Zeugen eines Kindes! So kann man sich lebenslängliche Schulden aufladen! Herr Nessuno nimmt nach der Arbeit soIllustration: Tom Künzli; Bild: zvg

gar den Abfall mit nach Hause, damit er der Putzfrau nichts schuldig bleibt, und fühlt sich grundsätzlich unschuldig. Bis zu dem Tag, an dem er auf seine Firma zugeht und ausrutscht – das auf den Boden gepinselte Firmenlogo ist frisch gestrichen worden. Jetzt zeichnet sich Herr Nessunos Fussabdruck in der weissen Farbe ab, das bedeutet, er ist dem Maler etwas schuldig, mindestens eine Entschuldigung! Ihm stockt der Atem, sein Blut hört auf zu fliessen und dann – erstarrt Herr Nessuno. Aus seinen Füssen wachsen Wurzeln und sein Körper wird zum dicken Baumstamm. Die Mitarbeiter wundern sich über den seltsamen Baum, der auf einmal vor der Firma steht. «Seine Blätter sind starr wie dunkelgrüner Filz, die bewegen sich nicht im Wind!», ruft jemand, und eine andere Stimme sagt: «Das ist kein schöner Baum, an dem ist überhaupt nichts lebendig!» Das ist das Letzte, was je über den Baum gesagt wird. Dann beachtet ihn niemand mehr. Es ist, als ob es ihn gar nicht geben würde.

Tanja Kummer ist Schriftstellerin. Ihr Erzählband «Wäre doch gelacht» und andere Bücher sind im Zytglogge-Verlag erschienen. 2010 leitete die Autorin die Schreibwerkstatt «wir sind arm» der Caritas. Die so entstandenen Texte können Sie nachlesen auf www.wir-sind-arm.ch.

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Machen Sie unvergessliche Freizeiterlebnisse möglich.

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