Luisas Entscheidung

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und ihre Mutter eng aneinander an. Luisa kann

Schm i d t-Sche ll

Nach dem Tod ihres Vaters schließen sich Luisa

„Nani “, wie sie die Mutter liebevoll nennt, zu tun.

Sie büffelt in der Schule, um eine oder sogar zwei Klassen überspringen zu können. Dann will sie Geld verdienen und für ihre Mutter sorgen. Luisa ist glücklich. Doch eines Tages braut sich Unheil über ihrer kleinen Welt zusammen. Luisa rebelliert und wehrt sich mit allen Kräften.

Erst als ihr eine Klassenkameradin von Jesus Christus erzählt, beginnt Luisa zu überlegen. Wie wird sie sich entscheiden?

Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Für Mädchen und Jungen ab 11 Jahren.

Luisas Entscheidung

sich überhaupt nicht vorstellen, etwas ohne ihre

Erich Schmidt-Schell

Luisas Entscheidung



Erich S chmidt - S che l l

Luisas Entscheidung


Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit, die sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zugetragen hat.

1. Auflage der Neuausgabe 2015 © Erich Schmidt-Schell, 2007 (die frühere Ausgabe erschien 2007 bei CSV, Hückeswagen) Herausgeber: Betanien Verlag Postfach 1457 · 33807 Oerlinghausen www.betanien.de · info@betanien.de Lektorat: CSV (2007), Hans-Werner Deppe (2015) Illustrationen: Heike Schweinberger Satz: Betanien Verlag Cover: Sara Pieper Coverfotos von Fotolia.com: ›marchibas‹ und ›tpraeww23‹ Druck: Drusala.cz ISBN 978-3-945716-08-3


Inhalt 1 Große Aufregung

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2 Die große Neuigkeit

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3 Eine überraschende Ferienreise

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4 Luisa zieht in das neue Heim

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5 Wie wird das enden?

48

6 Wer ist das auf dem Bild?

62

7 Ob Luisa Siggi helfen kann?

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8 Etwas ändert sich

78

9 Die Eltern wundern sich

89

10 Der Doktor denkt um

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11 Glückliche Zeit

102

12 Sorge um Vanessa

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13 Endlich kommt der Besuch

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Große Aufregung

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uisa schaute gelangweilt aus dem Fenster und sah den vorüberfliegenden Schwalben zu. Frau Brandner sprach über Kanada. Sie hielt einen Zeigestock in der Hand, mit dem sie hin und wieder über die große Landkarte strich, die an der vorderen Wand des Klassenzimmers hing. Dabei erzeugte der Stock ein eigenartiges Surren, das Luisa an das Auf- und Zuziehen eines Reißverschlusses erinnerte und sie jedes Mal in die Gegenwart zurückholte. »Jetzt wirst du dich aber voll konzentrieren!«, nahm sie sich vor. – Doch wenig später gingen ihre Gedanken wieder auf Reisen. Musste Frau Brandner denn auch so lange über Kanada reden! – Ihrer Ansicht nach gab es nichts Langweiligeres als Kanada! Mit einem Mal senkte sie den Kopf, hielt die Hände vors Gesicht und kicherte leise. »Was hast du?«, erkundigte sich flüsternd ihre Tischnachbarin Mara. »Hör doch, Frau Brandner erzählt von einem Land, in dem keiner da ist.« Mara verstand nicht und schüttelte den Kopf. »Überleg doch mal: ›Kana da!‹, sagt sie ständig.« 7


Jetzt begriff Mara und kicherte ebenfalls. Luisa sah sich in der Klasse um. Auch die anderen fanden den Unterricht offenbar stinklangweilig. Einige lasen unter dem Tisch, andere schossen mit kleinen Papierkugeln und wieder andere kritzelten auf Zettelchen. Luisa war versucht mitzumachen, ließ es aber sein. Das konnte sie sich nicht erlauben, weil es für sie nicht gleichgültig war, ob sie im Zeugnis eine 3 oder 4 in Erdkunde hatte. Luisa wollte gern so viel Einsen und Zweien wie nur möglich schaffen, damit sie im Laufe der Schulzeit eine Klasse überspringen konnte. Also versuchte sie nun krampfhaft, Frau Brandners Unterricht zu folgen. »Mara!« rief die Lehrerin mit einem Mal. »Wie groß ist Kanada?« Mara rutschte auf ihrem Stuhl hin und her und schielte dabei zur Seite. Luisa hielt die Hand etwas vors Gesicht und bewegte flüsternd die Lippen. »Äh … etwa 10 … 10 Millionen Quadratkilometer«, brachte Mara stockend hervor. Frau Brandner war zufrieden. »Und, Luisa, kannst du mir sagen, welche Sprache in Kanada gesprochen wird?«, fragte Frau Brandner weiter. »In Kanada gibt es zwei Amtssprachen: Englisch und Französisch«, wusste Luisa zu antworten. »Weißt du auch etwas über das Klima des Landes?« »Kanada hat überwiegend kontinentales Klima mit langen, kalten Wintern und warmen Sommern.« 8


»Sehr gut«, lobte die Lehrerin. »Hoffentlich scheint heute Nachmittag auch bei uns die Sonne!«, platzte Luisa unvermittelt heraus. Frau Brandner lächelte. – »Hast du etwas vor?«, fragte sie freundlich. »Ich möchte mit meiner Mutter spazieren gehen«, erklärte Luisa. »Ja, schön!«, meinte die Lehrerin. Sie wusste, dass Luisas Mutter vor einiger Zeit operiert worden war und lange im Krankenhaus gelegen hatte. Deshalb musste sie sich oft an der frischen Luft bewegen. Luisa freute sich so sehr auf den Nachmittag! Doch äußerlich sah man ihr nur wenig davon an. Sie war ein ernstes Mädchen und für ihre dreizehn Jahre schon ziemlich erwachsen. Innerlich jubelte sie jedoch und konnte es kaum erwarten, nach Hause zu kommen. Die Spaziergänge mit der Mutter waren jedes Mal freudige Ereignisse für Luisa. Sie sah darin eine Entschädigung für die bangen und schweren Wochen, die sie während des Krankenhausaufenthaltes von »Nani«, wie sie ihre Mutter liebevoll nannte, durchlebt hatte. Endlich war die Schule aus. Luisa rannte das letzte Stück des Heimwegs, um schneller zu ihrer »Nani« zu kommen und jede freie Minute mit ihr auszukosten. Wie traurig waren die ersten Monate des Jahres verstrichen! Die Mutter hatte sich schon lange schlecht gefühlt, wollte aber nicht ins Krankenhaus gehen. Dann hatte sich der Krankenhausaufenthalt aber nicht mehr hinausschieben lassen; sie musste sogar operiert werden. – Ach, diese 9


Krankenhauszeit war so schrecklich gewesen! – Um die Mutter zu sehen, musste Luisa jedes Mal in die große Klinik fahren, die so bedrückend auf sie wirkte. Und zu Hause hatten ihr Angst und Einsamkeit zu schaffen gemacht. Sie hatte sich so nach ihrer Nani gesehnt. Klar, die Nachbarn und alle, die sie kannten, waren sehr lieb zu ihr gewesen. »Du armes Mädchen«, hatten sie immer wieder gesagt. Und sie war auch arm gewesen, sehr arm sogar! Außer ihrer Nani besaß sie nichts auf der ganzen weiten Welt, und die Nani war nun von ihr getrennt worden. Luisa hatte keine Geschwister. Sie musste auch ohne Papa auskommen, denn der war vor drei Jahren bei einem Autounfall tödlich verunglückt, weil ein betrunkener Autofahrer nicht rechtzeitig gebremst hatte. Doch jetzt war Luisa nicht mehr arm, auch wenn sie keinen Vater mehr hatte und keine Geschwister und nur in einer kleinen Wohnung zu Hause war! Wirklich, sie beneidete niemand aus ihrer Klasse, obwohl die meisten äußerlich viel reicher waren als sie. Sie hatte aber einen großen Schatz: ihre liebe Nani! Okay, die anderen Kinder hingen auch an ihren Müttern, aber Luisa hatte herausgefunden, dass keines der anderen Kinder so viel Zeit von ihren Müttern geschenkt bekam wie sie. Mara, ihre Tischnachbarin, hatte noch zwei Geschwister und konnte deshalb nie so viel mit ihrer Mutter zusammen sein wie Luisa. Andere Mütter gingen täglich arbeiten und konnten sich deshalb nicht so um ihre Kinder kümmern, wie das Nani bei ihr tat. Wieder andere hatten ein großes Haus mit Garten und viel Arbeit. 10


Das hatten sie alles nicht und die Mutter gehörte Luisa allein. Sie lebten nur füreinander. Es gab noch nicht einmal einen Gedanken, den sie nicht teilten. – Luisa brauchte die Mutter ganz einfach. Sie konnte sich ein Leben ohne ihre Nani nicht vorstellen. Was wäre sie ohne ihre Mutter? Nichts, fand Luisa. Nur ein unattraktives, blasses Mädchen mit grünen Augen und dunkelblonden Haaren. Was würde sie ohne die lustigen Einfälle und das helle Lachen der Mutter machen? »Ich brauch dich natürlich auch, mein Schatz«, sagte die Mutter oft und Luisa glaubte ihr. Wenn die Mutter wieder einmal wegen des Todes des Vaters ganz verzweifelt war, saß sie dabei oft am Fenster. Von dort blicke sie auf den Fußweg, der zu dem Hochhaus führte, in dem sie wohnten. Hier am Fenster hatte Nani auch gesessen, als der Vater sich zum letzten Mal vor seinem tödlichen Unfall von ihr verabschiedete. Vom Fußweg aus hatte er ihr noch einmal zugewunken. Luisa setzte sich dann zu ihr, legte die Arme um ihren Hals und bat: »Nani, bitte, weine doch nicht!« Die Mutter sah sie dann eindringlich an, drückte sie fest an sich, nickte kurz und sagte: »Du hast Recht! Ich muss nach vorne blicken. Ich hab ja noch dich!« – Und jedes Mal ging es Nani danach bald wieder besser. Für Luisa stand fest, dass sie für die Mutter später einmal eine gute Stütze sein wollte. Dann sollte Nani alles bekommen, was sie sich nur wünschte …! Ganz außer Atem erreichte Luisa die Haustür des großen Wohnblocks. Sie klingelte dreimal, wie üblich. Doch 11


sie wartete vergeblich auf das Summen des elektrischen Türöffners. – Hantierte die Mutter etwa mit dem Staubsauger so eifrig, dass sie das Klingeln nicht hörte? – Luisa klingelte nochmals, stürmischer als vorher. Doch es tat sich wiederum nichts. Was war da los? – War ihrer Nani etwas zugestoßen? Aufgeregt suchte Luisa nach ihrem Schlüssel. Endlich hatte sie ihn in der äußersten Jackentasche gefunden. Sie bekam ihn nun gar nicht schnell genug ins Schloss. Als die Haustür aufsprang, rannte Luisa die Treppen bis zu ihrer Wohnung im dritten Stock hinauf. Ihr Herz klopfte so heftig, dass sie es bis zum Hals spürte. Luisa öffnete die Wohnungstür und rief nach der Mutter. Sie erhielt keine Antwort und ihr wurde unheimlich zumute. Langsam stellte sie die Schultasche ab und sah vorsichtig in alle Zimmer, darauf gefasst, jeden Augenblick etwas ganz Furchtbares zu entdecken. – Doch Luisa entdeckte nichts. Die Mutter war ganz einfach nicht da. Was war mit ihrem Spaziergang? Warum hatte Nani ihr nicht gesagt, dass sie etwas anderes geplant hatte und dass sie am Nachmittag nicht zu Hause sein würde?! Langsam und enttäuscht schlenderte Luisa in die Küche. Hier sah sie auf dem Tisch einen Zettel liegen. Sie nahm ihn rasch an sich und las: »Lieber Schatz, dein Essen steht im Kühlschrank. Wärme es dir bitte auf. Ich musste weg, um etwas zu erledigen. Gruß und Kuss, deine Nani!« Für Luisa war die Sache damit nicht klarer geworden. Warum musste ihre Mutter so plötzlich weg? Hatte sie 12


vielleicht ein Geheimnis und ihr absichtlich nichts gesagt? Bisher hatten sie doch immer alles besprochen. Schließlich holte Luisa ihre Tasche aus dem Flur, schob Mutters Zettel weg und packte ihre Schulbücher auf den Tisch. Zunächst nahm sie sich die Matheaufgaben vor. Doch heute klappte es einfach nicht. Sie verstand die Textaufgaben, die ihr sonst keine Schwierigkeiten bereiteten, einfach nicht. Plötzlich fiel ihr auf, wie still es in der Wohnung war. Sie hob den Kopf und lauschte. Ihr Blick glitt zum Fenster, vor dem die Sonne lachte und lockte. Luisa stampfte mit dem Fuß auf den Boden: Wirklich, es war sehr ärgerlich, dass sie nun den ganzen Tag in der Wohnung hocken musste! Langsam wandte sie sich wieder den Hausaufgaben zu. Tränen liefen über ihre Wangen direkt auf das Heft und verschmierten die Füllertinte. Luisa griff nach dem Löschblatt und versuchte, die wenigen Aufgaben, die sie bis jetzt zu Papier gebracht hatte, zu retten. Was sollte sie der Lehrerin sagen? Durfte sie die Wahrheit sagen? Würde sie damit nicht ihre Nani, die sie doch so liebte, in ein schlechtes Licht rücken? Aber vielleicht fragte die Lehrerin ja auch nicht! Doch mit einem Mal stieß Luisa die Bücher zurück, warf ihre Arme auf den Tisch, legte den Kopf darauf und weinte laut. Um den ausgefallenen Spaziergang ging es ihr gar nicht mehr so sehr. Sie verstand Nani einfach nicht. Doch dann hob Luisa den Kopf. Vielleicht war der Mutter wirklich etwas Wichtiges in die Quere gekommen 13


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und sie hatte keine Zeit mehr gefunden, Luisa zu informieren. Nach der Rückkehr würde sie alles erzählen. Luisa stand auf und wusch sich im Bad das verweinte Gesicht. Dann setzte sie sich wieder an die Aufgaben und konnte sich wesentlich besser konzentrieren. Als sie die Schularbeiten fertig hatte, blätterte sie noch ein wenig im Erdkundebuch, um sich die Daten über Kanada besser einzuprägen. Da hörte sie, dass die Wohnungstür aufgeschlossen wurde. Das konnte nur ihre Mutter sein! Zögernd stand Luisa auf und wartete. Da wurde die Küchentür aufgestoßen und die Mutter kam hastig in die Küche. Luisa stürmte ihr entgegen. »Luisa! Liebes!« Du bist wohl traurig gewesen?«, fragte die Mutter. »Ich bin immer noch traurig!«, wollte Luisa entgegnen. Doch sie schwieg überrascht. Die Mutter trug ihr braunes Kostüm, das sie bisher nur sonntags angezogen hatte. Überhaupt, Nani sah heute ganz anders aus. Sie war schick frisiert, ihr Gesicht strahlte. Nichts war mehr davon zu sehen, dass sie krank war. Luisa wurde es so seltsam schwer ums Herz und sie wusste gar nicht weshalb. »Schau mal, ich hab dir auch was mitgebracht. Eine Tafel Vollmilch-Nuss-Schokolade von Lindt. Die magst du doch besonders gern.« »Lindt-Schokolade«, flüsterte Luisa. »Die ist doch sehr teuer.« »Mach dir darüber keine Gedanken. Nimm sie nur! – Was schaust du mich so an?« 15


Luisa gab keine Antwort. »Morgen gehen wir wieder zu unserem Lieblingsplatz im Stadtpark«, tröstete Nani. Luisa schwieg weiter und die Mutter fuhr fort: »Ich mache jetzt das Abendessen. Ich könnte mit dem Essen zwar noch warten, weil ich unterwegs Kuchen gegessen und Kaffee getrunken habe, aber du hast bestimmt Hunger.« Als sie dann am Abendbrottisch saßen, hatte die Mutter so viel zu erzählen, dass Luisa gar nichts zu sagen brauchte. Nur das eine, worauf Luisa so brennend wartete, das sagte sie nicht. – Warum verschwieg die Mutter, wo sie gewesen war und weshalb sie erst so spät nach Hause kam? Der Mutter gefiel Luisas Schweigen nicht. Sie wollte rasch wieder zur »Normalität« übergehen und schlug nach dem Abendessen vor: »Wenn du willst, können wir jetzt noch einen Spaziergang machen.« Luisa schüttelte den Kopf. »Du wirst zu müde sein«, sagte sie nur. »Stimmt, müde bin ich schon.« Die Mutter holte sich die Stickerei, die sie im Krankenhaus begonnen hatte und die sie einer Bekannten zum Geburtstag schenken wollte, und setzte sich damit im Wohnzimmer auf die Couch. Luisa folgte der Mutter ins Wohnzimmer. »Weißt du was, lies mir doch aus der Zeitung vor«, bat Nani. »Ich bin heute noch nicht dazu gekommen. Du brauchst nur die Überschriften zu lesen. Wenn mich etwas interessiert, sag ich’s dir und du kannst dann den Artikel lesen.« 16


Luisa holte die Tageszeitung und las ihrer Mutter vor. Schließlich begann die Mutter häufig zu gähnen, räumte ihre Stickerei fort und ging zu Bett. Auch Luisa legte die Zeitung beiseite und folgte ihrer Nani ins Schlafzimmer. Seit dem Tod des Vaters schlief sie im Bett neben der Mutter.

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Die große Neuigkeit

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uisa lag ganz still und sah zur Schlafzimmerdecke, an der kleine Lichtpunkte zu sehen waren, die wie an Schnüren aufgereihte Perlen aussahen. Sie kamen vom Licht der Straßenlaterne, das durch die winzigen Ritzen des Rollladens drang. »Ach«, dachte sie, »wenn in die Dunkelheit, in die mich Nani gezogen hat, doch auch solche Lichtstrahlen fallen würden!« Luisa versuchte zu schlafen, doch vergeblich. Immer wieder quälten sie die gleichen angstvollen Fragen: »Warum ist Nani so anders? – Weshalb hat sie mir nichts gesagt?« So sehr Luisa sich auch quälte, sie fand keine Antwort. Ihr war, als greife eine fremde Hand nach ihrer Nani und wollte sie ihr von der Seite reißen! Das Mädchen grub sein Gesicht tief in das Kissen hinein, zog die Decke über den Kopf und weinte. Da – das Nachbarbett knarrte leise. Die Mutter richtete sich auf. »Was hast du denn, mein Kind? Tut dir etwas weh?«, fragte Nani. Luisa gab keine Antwort, kroch ganz unter die Decke und rollte sich zusammen wie ein Igel. 18


Nani beugte sich zu ihr herüber. Sie zog die Decke vorsichtig zur Seite und strich über Luisas Wange, die nass von Tränen war. »Luisa, was fehlt dir denn?«, flüsterte die Mutter zärtlich. Luisa gab keine Antwort, sie schluckte nur heftig und fand es gut, dass es dunkel war und die Mutter ihr Gesicht nicht sehen konnte. »Bist du immer noch traurig wegen heute Nachmittag?« Da griff Luisa verzweifelt mit beiden Händen nach der Hand der Mutter und drückte sie ganz fest. »Ich versteh dich nicht mehr, Nani!«, stieß sie schluchzend hervor. Die Mutter schwieg eine Weile. Dann spürte Luisa, wie ihr Nani liebevoll über das Haar strich: »Du musst nicht traurig sein, meine Luisa. Es gibt wirklich keinen Grund dafür. Wenn du mir versprichst, wieder mein frohes und gut gelauntes Mädchen zu sein, will ich dir mein großes und wunderbares Geheimnis verraten.« Die Mutter machte eine Pause und wartete. Als sie schon dachte, dass sie keine Antwort erhalten würde, nickte Luisa und sagte unter Schluchzen: »Ich – ich verspreche es dir!« Nun war die Mutter am Zug und es fiel ihr gar nicht so leicht, mit ihrem Geheimnis herauszurücken, wie sie gedacht hatte. »Weißt du, mein Luisa-Schatz«, begann sie schließlich, »eigentlich wollte ich noch ein wenig damit warten. Aber 19


und ihre Mutter eng aneinander an. Luisa kann

Schm i d t-Sche ll

Nach dem Tod ihres Vaters schließen sich Luisa

„Nani “, wie sie die Mutter liebevoll nennt, zu tun.

Sie büffelt in der Schule, um eine oder sogar zwei Klassen überspringen zu können. Dann will sie Geld verdienen und für ihre Mutter sorgen. Luisa ist glücklich. Doch eines Tages braut sich Unheil über ihrer kleinen Welt zusammen. Luisa rebelliert und wehrt sich mit allen Kräften.

Erst als ihr eine Klassenkameradin von Jesus Christus erzählt, beginnt Luisa zu überlegen. Wie wird sie sich entscheiden?

Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Für Mädchen und Jungen ab 11 Jahren.

Luisas Entscheidung

sich überhaupt nicht vorstellen, etwas ohne ihre

Erich Schmidt-Schell

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