2009.12 - BdV-Blickpunkt

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BdV-Blickpunkt

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Ausgabe Dezember 2009

Bund der Vertriebenen · Vereinigte Landsmannschaften Landesverband Bayern · Am Lilienberg 5 · 81669 München

Unverständlicher Streit um Steinbachs Sitz im Stiftungsrat Weihbischof Pieschl aus Bischofskonferenz verabschiedet Martin Neumeyer neuer Integrationsbeauftragter in Bayern


Grußwort

Liebe Landsleute, liebe Leserinnen und Leser! Im Oktober hat sich die Binsenweisheit wieder einmal bewahrheitet, dass alles, was man zu Beginn einer Partnerschaft nicht ordentlich und eindeutig regelt, sich später kaum mehr nachholen lässt. Wer in Tschechien und Europa auf eine relativ geräuschlose Unterzeichnung des Lissabon-Vertrages gehofft hatte, sah sich getäuscht. Am 9. Oktober, eine Woche nach der irischen Zustimmung, sorgte Präsident Vaclav Klaus mit der überraschenden Forderung nach einer „Fußnote“ für neue Verunsicherung in der Europäischen Union. Vor einer Ratifizierung des Lissabon-Vertrages – so der Staatspräsident – müsse bei der Grundrechtscharta der EU für Tschechien eine Ausnahme vereinbart werden, wie sie bereits für Polen und Großbritannien gelte. Ansonsten könne der Gerichtshof der Europäischen Union in Lu-

xemburg die tschechische Gesetzgebung und sogar zeitlich zurückliegende Urteile überprüfen. Vaclav Klaus ging es darum, Tschechien gegen mögliche Eigentumsansprüche vornehmlich Deutscher und Ungarn im Sudetenland abzusichern und die Gültigkeit der Beneš-Dekrete auch zukünftig nicht zu gefährden. Zusatzprotokolle spielten in der Geschichte Europas nicht immer eine rühmliche Rolle. Der jetzt in Brüssel beschlossene Protokollzusatz setzt diese Tradition fort. Die EU hat sich nicht nur abermals der Erpressung durch ein einzelnes Mitglied gebeugt. Sie ließ sich, so Bernd Kohler in einem Kommentar der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, „auch noch zum Handlanger des Prager Bestrebens machen, einen möglichst hohen Schutzwall um die Beneš-Dekrete zu errichten.“ Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer brachte es auf den Punkt: „Statt die Folgen von Enteignung und Vertreibung von mehr als drei Millionen Deutschen und einer großen Zahl von Ungarn immer wieder hervorzuheben, wäre es europäische Aufgabe, diese fortwährende Entrechtung zu heilen. Zustimmen kann man nur dem Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, MdEP, dass die Auseinandersetzung letztlich nur dem Ansehen der Tschechischen Republik geschadet habe. Die Abänderung des Vertrages, wie Präsident Klaus sie wollte, wurde verhindert. Als letzte Gesichtswahrung blieb ihm nur die Aufnahme seines Landes in die Ausnahmeklausel für Großbritannien und Polen, die ab 1. Dezember mit dem Lissabonner Vertrag in Kraft getreten ist und dem frühestens in ein bis zwei Jahren, mit dem nächsten Beitrittsvertrag die Worte „Tschechische Republik“ hinzugefügt werden sollen (wenn dies in den Parlamenten der 27

Mitgliedsstaaten eine Mehrheit findet). Der ungarische Außenminister hat es treffend zum Ausdruck gebracht: Von Beneš-Dekreten darf in keinem Europäischen Dokument die Rede sein. Und so ist es auch! Beruhigend ist auch die Feststellung von Posselt, dass sich die rechtliche Situation nicht zu Lasten der Sudetendeutschen geändert habe. In Artikel 295 des gültigen EU-Vertrages, jetzt Artikel 345 des Lissabon Vertrages, heißt es jetzt schon „Die Verträge lassen die Eigentumsordnung in den verschiedenen Mitgliedsstaaten unberührt.“ Die Grundrechtecharta enthält in ihrem Text die unzweideutige Festlegung, dass sie keine neuen Zuständigkeiten der Europäischen Union begründet und nur die Aufgabe hat, europäische Institutionen zu binden, wenn sie europäisches Recht anwenden. Sie gilt außerdem nicht rückwirkend. Der neue EU-Vertrag hat mit der eigentumsrechtlichen Dimension der Sudetendeutschen, so Posselt, nichts zu tun. Welches Resumee gilt es für die Heimatvertriebenen und den BdV zu ziehen? Wir sollten weiter ungebrochen über die Vertreibung und die zugrunde liegenden Dekrete – nicht nur auf dem Gebiet der Tschechischen Republik – informieren. Klaus hat erneut einen untauglichen Versuch unternommen einen Schlussstrich unter das Thema Sudetendeutsche zu ziehen. Aber das Thema bleibt solange aktuell bis Unrecht auch in Tschechien als Unrecht gilt und dort beseitigt wird. Ihr

Christian Knauer BdV-Landesvorsitzender

Allen unseren Leserinnen und Lesern wünschen wir ein glückliches und erfolgreiches neues Jahr. Wir bedanken uns bei unseren Freunden für die gewährte Unterstützung und gute Zusammenarbeit. Impressum Herausgeber:

Redaktion: Texte:

Bund der Vertriebenen, Vereinigte Landsmannschaften Landesverband Bayern e. V., Am Lilienberg 5, 81669 München, Telefon (0 89) 48 14 47, Fax (0 89) 48 26 21 E-mail: info@bdv-bayern.de, Internet: www.bdv-bayern.de Christian Knauer (verantwortlich), Susanne Marb, Walter Föllmer Christian Knauer, Peter Hillebrand, Walter Föllmer, Michael Langer, Stephan Raabe, Franz M. Herzog, Eike Haenel, R. Maywald, Peter Altmaier, MdB, Martin Neumeyer, MdL, Ernst Wollrab, Theresia Wildfeuer

Fotos:

Walter Föllmer, Konrad-Adenauer-Stiftung, Götz B. Pfeiffer, R. Maywald, Pressestelle SPD-Landtagsfraktion, Peter Hillebrand, Eike Haenel, Ernst Wollrab, Theresia Wildfeuer Gesamtherstellung: H.P. Werbeverlag + Medienvorlagen, Botengasse 6, 86551 Aichach, Telefon (0 82 51) 5 1100, Fax (0 82 51) 5 17 06

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Landesversammlung

BdV-Landesversammlung 2009

Landesvorsitzender Christian Knauer kann erfolgreiche Bilanz ziehen Mit einer Rekordbeteiligung von über 100 Delegierten fand am 13. September im Sudetendeutschen Haus in München die turnusmäßige BdV-Landesversammlung statt. Das große Interesse führte BdV-Landesvorsitzender Landrat Christian Knauer auf das gestiegene Interesse in heimatpolitischen Fragen zurück. Gerade die Auseinandersetzungen um die Besetzung des Stiftungsrates der Bundesstiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ habe die Sensibilität in den Gliederungen vor Ort deutlich ansteigen lassen. In seinem Rechenschaftsbericht hob Knauer die kontinuierliche Arbeit in den Landesgremien hervor. Mit elf Sitzungen gab es nahezu alle zwei Monate eine Zusammenkunft des geschäftsführenden oder gesamten Landesvorstandes. Einen personellen Wechsel vermeldete er in der Landesgeschäftsstelle. Hier löste am 15. Dezember 2008 der Friedberger Rechtsanwalt Walter Föllmer Ulrike Schmid ab. Sie hatte kommissarisch die Nachfolge von Michael Leh angetreten, der auf eigenen Wunsch zum 31. Mai 2008 ausgeschieden war. Mit Dietlinde Obermayer wurde zudem eine langjährige Mitarbeiterin in den verdienten Ruhestand verabschiedet. Die Koordination und Förderung der ehrenamtlichen Aussiedlerbetreuung ging zum 1. Januar 2009 an den Bundesverband der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Landesverband Bayern. In Folge dieser Neuerung endete der Werkvertrag mit Dorothea Walter zum 31. Dezember. Lob zollte der Landesvorsitzende der

Bayerischen Staatsregierung und dem Bayerischen Landtag für die finanzielle Unterstützung im Rahmen der institutionellen Förderung. Während sich andere Bundesländer aus ihren einst eingegangenen Patenschaftsverpflichtungen zurückzogen, sei Bayern hier ein Hort der Verlässlichkeit. Fortgesetzt wurde auch der Meinungsaustausch mit den politischen Mandatsträgern. So war der BdV-Landesvorsitzende bei der Klausurtagung des CSULandesvorstandes Anfang April in Kloster Banz eingeladen, im Mai waren die Funktionsträger und Mitarbeiter der Landsmannschaften Gast der SPD-Landtagsfraktion im Maximilianeum. Im Juli 2009 traf sich der geschäftsführende Landesvorstand mit Sozialministerin Christine Haderthauer, im August war ein Meinungsaustausch mit der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag angesagt. Geordnete Finanzen Als großen politischen Erfolg wertete Knauer die Konstituierung des Beirats für Vertriebenen- und Spätaussiedlerfragen bei der Bayerischen Staatsregierung im November 2007. Durch seine Tätigkeit konnte die Lösung des Rentenproblems der Spätaussiedler ein gutes Stück vorangebracht werden. Stark präsent ist der BdV Bayern auch auf Bundesebene. So setzten sich mit Adolf Fetsch, Christian Knauer und Albrecht Schläger gleich drei weiß-blaue Vertreter als BdV-Vizepräsidenten durch. Knauer und Schläger wurden zudem in den Stiftungsrat der Bundesstiftung

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„Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ entsandt. Auf der Landesversammlung konnte der BdV-Landesvorsitzende auch folgende neu gewählte Mandatsträger begrüßen: Horst Falko Billek, Bezirksvorsitzender aus Niederbayern sowie die Kreisvorsitzenden Christian Kuznik, Miltenberg/Obernburg, Karl-Heinz Schübert, Haßberge, Lothar Silbernagel, Augsburg Land, Liselotte Metzler, Kempten, Waltraud Umann, Lindau/Bodensee und Karl-Heinz Rieger, Ostallgäu. Erstmals nahm der neu gewählte Landesvorsitzende der Landsmannschaft der Donauschwaben, Hermann Schuster teil. Er hat die Nachfolge des verstorbenen Gustl Huber angetreten. Auf geordnete Finanzen konnte Landesvermögensverwalterin Ulrike Schmid in einem schriftlichen Bericht verweisen. Den Haushaltsplänen 2009 und 2010 wurde mit wenigen Enthaltungen zugestimmt. Ohne Diskussion wurde der Jahresabschluss 2008 festgestellt, nachdem die Rechnungsprüfer eine ordentliche Kassenführung bescheinigt hatten. Breiten Raum nahm die Diskussion zu Anträgen von Hans Slezak zur Höhe der Zuschüsse für die Bezirksverbände und einer Publikation des Bundesverbandes zur Aussiedlerthematik ein. Beide wurden schließlich wie die Anträge von Albert Krohn zur Errichtung eines Vertriebenenlehrstuhls und zur Feststellung der Todesursache und der Identifizierung der Toten bei Marienburg an den Landesvorstand zur endgültigen Beschlussfassung überwiesen. Walter Föllmer


Landesversammlung

Antrag zur Aufklärung der Toten in Marienburg Nachstehender Antrag von Albert Krohn wurde von der Landesversammlung einstimmig an den Landesvorstand zur weiteren Beschlussfassung überwiesen: „Die Bundesregierung wird gebeten, die näheren Umstände aufzuklären, die zum Tode von über 2.000 Deutschen geführt haben, die in einem Massengrab in der ehemals deutschen Stadt Marienburg gefunden und jüngst auf einem Soldatenfriedhof bei Stettin beerdigt wurden.“ Auf Bitten des Landesvorsitzenden nahm im Auftrag des damaligen Bundesaußenministers Walter Steinmeier, Referatsleiter Rolf Ulrich wie folgt Stellung: „Für Ihr Schreiben vom 15. Oktober 2009 an Herrn Bundesminister Steinmeier, das mir zur Beantwortung zugeleitet wurde, danke ich Ihnen. Zur Sache teile ich Folgendes mit: Wie dem BdV-Landesverband sicherlich bekannt ist, wurden zwischen Oktober 2008 und Frühjahr 2009 anlässlich der Bauarbeiten für ein neues Hotel in Marienburg (Malbork) bei Danzig die sterblichen Überreste von schließlich 2.120 Menschen entdeckt. Das deutsche Generalkonsulat in Danzig und der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., der im Auftrag der Bundesregierung die Kriegsgräberfürsorge im Ausland wahrnimmt, waren seit Herbst 2008 mit der Angelegenheit intensiv befasst und arbeiteten mit den zuständigen polnischen Stellen eng und vertrauensvoll zusammen. Auf polnischer Seite nahm sich die zuständige Staatsanwaltschaft des Instituts für Nationales Gedenken (IPN) alsbald der amtlichen Untersuchung dieser Angelegenheit an. Die forensische Überprüfung der sterblichen Überreste führte aufgrund der vorgefundenen Indizien und der aufgeklärten historischen Umstände zu der Schlussfolgerung, die sterblichen Überreste seien zumindest weit überwiegend deutschen Kriegstoten zuzuordnen, die während der heftigen Kämpfe um Marienburg zwischen Ende Januar und Anfang März 1945 ums Lebens gekommen sind, sei es, wie bei wenigen Personen festgestellt, durch unmittelbare Waffeneinwirkung (Schuss- und Splitterverletzungen) oder durch Krankheit, Hunger und Kälte. Alle Anzeichen sprechen

Außenminister a. D. Frank W. Steinmeier.

dafür, dass nach Eroberung der Stadt Marienburg durch die sowjetischen Truppen zahlreiche Leichen aus den Straßen und Häusern der kriegszerstörten Stadt in aller Eile in die Bomben- und Artillerietrichter vor der wochenlang umkämpften Marienburg abgelegt wurden, um dem Ausbruch von Seuchen vorzubeugen. Aus deutschen Literaturquellen geht im Übrigen hervor, dass nach dem Kriege knapp 2.000 Menschen aus Ma-

rienburg als vermisst galten. Es dürfte im Übrigen zu berücksichtigen sein, dass in jenen späten Kriegstagen sich auch Flüchtlinge aus Ostpreußen in Marienburg aufhielten. Die Ermittlungen der polnischen Staatsanwaltschaft sind formal noch nicht abgeschlossen worden. Grundlegende andere Erkenntnisse werden allerdings nicht mehr erwartet. Die Aussichten auf eine individuelle, namentliche Identifizierung der aufgefundenen sterblichen Überreste waren auch nach Überzeugung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge nach so langer Zeit als denkbar gering einzustufen. Särge mit den Gebeinen wurden am 14. August 2009 in einer ökumenisch gehaltenen kirchlichen Feierstunde (mit Teilnahme und Ansprache des deutschen Botschafters in Polen) auf der deutschen Kriegsgräberstätte in Neumark (Stare Czarnowo) bei Stettin, im Beisein zahlreicher örtlicher und regionaler Würdenträger aus beiden Ländern bestattet. Das Gräberfeld wurde mit einem gesonderten Informationsschild gekennzeichnet.“ Auf der Sitzung des Landesvorstandes wurde der Antrag durch Erklärung des Ministers am 3. Dezember für erledigt erklärt.

Hilfe beim Erhalt von Gedenkstätten Entschlossen entgegenwirken will die bert, Postfach 1428, 91065 HerzogenLandsmannschaft Schlesien in Bayern aurach, erbeten. dem Abriss von Vertriebenendenkmäler in Orten, in denen es keine landsmannschaftlichen Heimatgruppen mehr gibt. Landesschatzmeisterin Christiane Webert hat in einem Rundschreiben alle Landsleute aufgefordert, in solch drohenden Fällen Kontakt mit den Gemeinden aufzunehmen. Es gäbe viele gute Beispiele, wo Bürgermeister und Gemeinderäte sich für eine Beratungsstelle Übernahme der Pflege und des Erhalts solcher Gedenkstätten durch die KomBund der Vertriebenen mune bereit erklärt hätten. Damit würde Vereinigte Landsmannschaften vor Ort ein sinnvoller und nachhaltiger Landesverband Bayern e. V. Beitrag zum Geschichtsbewusstsein Am Lilienberg 5 · 81669 München geleistet. Außerdem sei ein solches AnAnsprechpartner: sinnen im Hinblick auf die gewaltigen Dietmar Kräch Aufbauleistungen der Vertriebenen nicht Telefon (0 89) 44 14 03 79 verwerflich. Telefon (0 89) 48 14 47 Sollten sich bei entsprechenden Bitten Fax (0 89) 48 26 21 Probleme auftun, ist die LandsmannE-mail: kraech@bdv-bayern.de schaft gerne zur Vermittlung bereit. MelInternet: www.bdv-bayern.de dungen hierzu werden an Christiane We-

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Landesversammlung

Antrag zur Errichtung eines Lehrstuhls Nachstehender Antrag von Albert Krohn wurde von der Landesversammlung einstimmig an den Landesvorstand zur weiteren Beschlussfassung überwiesen: „Die Bayerische Staatsregierung wird gebeten, darauf hinzuwirken, dass an mindestens einer Universität im Freistaat Bayern ein Lehrstuhl für die Geschichte und Kultur der Deutschen im östlichen Europa eingerichtet wird.“ Auf Bitten des Landesvorsitzenden nahm Bayerns Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Dr. Wolfgang Heubisch, MdL, am 17. November wie folgt Stellung: „Haben Sie vielen Dank für Ihre Informationen über den Antrag zur Errichtung eines Lehrstuhls für Geschichte und Kultur der Deutschen im östlichen Europa, über den der Vorstand des BdV demnächst beschließen wird. Zweifellos sind Geschichte und Kultur der Deutschen im östlichen Europa zeitund kulturgeschichtlich wichtige Themen, zu denen wir Expertise an unseren Landesuniversitäten benötigen. Die Thematik lässt sich dabei nicht auf eine rein historische Betrachtungsweise einengen; sie erfordert vielmehr auch die Einbeziehung benachbarter Disziplinen wie der Sprach- und Literaturwissenschaften, der Kulturraumforschung oder der Dialektgeographie, Namensforschung und Sprachminderheitenforschung, um nur einige mitbetroffene Aspekte zu erwähnen. Aktivitäten vernetzen Ich bezweifle aber, ob es Sinn macht, ein so weit gespanntes Thema an einem sehr spezialisierten Lehrstuhl (womöglich gar mit einem damit dann impliziert verbundenen faktischen Alleinvertretungsanspruch) zu konzentrieren – ganz abgesehen von den bekannten Schwierigkeiten bei der Ausweisung neuer Lehrstühle. Meine Überzeugung ist, dass eine Intensivierung der Befassung mit dieser für unser Geschichts- und Selbstverständnis bedeutsamen Thematik eher als durch eine aktuell kaum realistische Zuweisung zusätzlicher Ressourcen durch eine noch stärkere Vernetzung und Bündelung der bereits vorhandenen Kräfte erreicht werden kann.

Staatsminister Dr. Wolfgang Heubisch.

Eindrucksvoll sind hier vor allem die an den beiden ostbayerischen Universitäten Passau und Regensburg vorhandenen Aktivitäten, auf die ich in diesem Zusammenhang etwas detaillierter eingehen möchte: a) Universität Passau Die Germanistik in Passau verfügt durch aktuelle bzw. vorausgegangene Forschungsprojekte zum Bereich Geschichte und Kultur der Deutschen im östlichen Europa über Expertise vor allem in den Bereichen Dialektgeographie, Namensforschung und Sprachminderheitenforschung. In diesem Kontext besonders erwähnenswert sind – der „Sprachatlas von Niederbayern“ mit grenzüberschreitenden Forschungen zu den Dialekten der in Böhmen nach dem Zweiten Weltkrieg verbliebenen Deutschen (DFG-Förderung), – der „Grenzüberschreitende Sprechende Sprachatlas Bayerischer Wald/ Böhmerwald“, – das INTEREG-Projekt „Die ältesten Siedlungsnamen im Grenzgebiet Bayerischer Wald/Böhmerwald“ und – das „Handbuch der Mitteleuropäischen Sprachminderheiten“ (Erstauflage 1996, DFG-Förderung). Am Lehrstuhl für Slavische Literaturen und Kulturen läuft seit dem 01.01.2009 ein vom Bundesbeauftragten für Kultur und Medien gefördertes Drittmittelprojekt mit dem Thema „Der erzwungene Bevölkerungstransfer der Jahre 1944 bis 1950 in der deutschen und polnischen Literatur – Fremd- und Kolonisierungswahrnehmungen im Dreieck Deutsche

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– Polen – Russen“. Zudem ist die Geschichte und Kultur der Deutschen im östlichen Europa ein in Lehrveranstaltungen immer wieder behandeltes Thema. Auch am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte Osteuropas und seiner Kulturen stellt die Geschichte und Kultur der Deutschen im östlichen Europa eine eigenständige Größe dar. So hat der Lehrstuhlinhaber in der Forschung zahlreiche Arbeiten zur Geschichte und Kultur der Deutschen im ganzen östlichen Europa, darunter besonders in Oberschlesien, Schlesien insgesamt, Polen, Galizien und in Siebenbürgen publiziert. Seit den frühen 1990er Jahren hat er zahlreiche Forschungs- und Publikationsprojekte zur Geschichte und Kultur der Deutschen im östlichen Europa durchgeführt. Zu den wichtigsten Projekten in den letzten Jahren gehört eine substantielle Mitwirkung beim DeutschPolnischen Verbundprojekt „Adel in Schlesien/Szlachta na Slasku“, das von Projektkooperation 2006 bis 2008 durchgeführt wurde. Eine Fortsetzung wird aktuell vorbereitet. Darüber hinaus ist als neues Projekt eine Tagungs- und Publikationskooperation mit der Universität Breslau zu nennen. Am „Institut für Kulturraumforschung Ostbaiern und seiner Nachbarregionen“ (IKON) wird aktuell ein interdisziplinäres historisches, geographisches, sprachund kulturwissenschaftliches Forschungsprojekt über „Regionale Identität, materielle Kultur und Bild der Grenze zwischen Bayern, Österreich und Böhmen in Geschichte und Gegenwart“ durchgeführt. b) Universität Regensburg Am Lehrstuhl für Geschichte Südostund Osteuropas wird im Rahmen des vom Lehrstuhlinhabers geleiteten Projekts „Die Geschichte der bayerischtschechischen Grenze 1945 bis 2009“ auch auf die Vertreibung der Sudetendeutschen eingegangen. Darüber hinaus wird an diesem Lehrstuhl eine Dissertation zum Thema „Die sudetendeutschen Sozialdemokraten in der bayerischen SPD“ angefertigt. Ein weiteres einschlägiges Dissertationsprojekt über die „Baltendeutschen im Warthegau, 1939 bis 1945“ wurde vor kurzem bei der Fakultät zur Genehmigung eingereicht. In Kürze wird das Archiv der Vereinigung sudetendeutscher Familienfor-


Landesversammlung scher e.V. in das Südost-Institut, ein AnInstitut der Universität Regensburg, einziehen. Natürlich kann diese exemplarische Auflistung der aktuellen Aktivitäten zweier Universitäten nicht die Breite der Befassung mit Geschichte und Kultur im östlichen Europa in der bayerischen Hochschullandschaft widerspiegeln. Ich weise hier ergänzend nur etwa auf die einschlägigen deutsch-tschechischen Projekte des Lehrstuhls für Bayerische und Schwäbische Landesgeschichte an der Universität Augsburg und natürlich – last but not least – auf die vielfältigen Initiativen des Zentralinstituts für Mittelund Osteuropastudien (ZIMOS) der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt hin.

Für eine weitere Beförderung der Befassung mit der Geschichte und Kultur der Deutschen im Osten Europas verdienstvoll wäre meines Erachtens, die Information über die verschiedenen hochinteressanten, in diesem Bereich vorhandenen Ansätze und den fachlichen Austausch unter den mit der Thematik befassten Experten weiter zu intensivieren. Die Initiative hierzu kann nicht vom Bayerischen Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, sondern muss von den betroffenen Wissenschaftlern selbst ausgehen. Könnte hier nicht ein auf der Vorstandssitzung am 3. Dezember zu diskutierender Weg etwa auch darin bestehen, dass der BdV eine sofort umsetzbare eigene Initiative da-

hingehend beschließt, den betroffenen Hochschulen und Wissenschaftlern anzubieten, gemeinsam mit ihnen ein Internet-Portal für die Präsentation aller Forschungs-, Publikations- und Veranstaltungsprojekte zur Geschichte und Kultur im östlichen Europa aufzubauen?“ Auf der Sitzung des Landesvorstandes war man sich darüber einig, dass der Vorschlag des Ministers aufgegriffen werden soll. Der Vorsitzende wurde beauftragt einen entsprechenden Brief an die Rektoren der Hochschulen zu verfassen. Bei der geplanten Verlinkung sollen auch die Landsmannschaften entsprechende Links auf die BdV-Homepage einrichten.

Innenminister Joachim Herrmann:

„Meldebehörden in Bayern können Geburtsstaat von Vertriebenen jetzt richtig erfassen“

Innenminister Joachim Herrmann.

Die Meldebehörden in Bayern können den Geburtsstaat von Vertriebenen jetzt richtig im Melderegister erfassen. Ab sofort kann jeder Vertriebene, der vor der Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrags am 12. September 1990 jenseits von Oder und Neiße in den Grenzen des Deutschen Reichs vom 31. Dezember 1937 geboren wurde, melderechtlich als im Inland geboren angesehen werden. Deutsche, die bis 1990 in den früheren Ostgebieten geboren wurden, haben in Bayern also künftig ein Anrecht darauf, dass ihr Geburtsstaat auch im Melderegister nicht als Ausland ausgewiesen wird. Der Innenminister hat die Landratsämter und kommunalen Behörden

des Freistaats bereits entsprechend angewiesen, auch bei den vor dem 12. September 1990 geborenen Vertriebenen von einer Inlandsgeburt auszugehen. Herrmann: „Unser beharrlicher Verweis auf das Völkerrecht hat sich damit gelohnt.“ Hintergrund ist ein Schreiben des Bundesinnenministeriums vom 19. März 2009, wonach nur die Personen als im Inland geboren erfasst werden sollten, die bis zum 2. August 1945 – der Unterzeichnung des Potsdamer Vertrags jenseits von Oder und Neiße geboren wurden. Herrmann: „Für mich war diese Datumsfestlegung zu keinem Zeitpunkt nachvollziehbar. Es war immer die Rechtsposition Deutschlands, dass das Deutsche Reich in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 über den Potsdamer Vertrag hinaus bestanden hat. Erst durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag vom 12. September 1990 wurden die neuen Grenzen bestätigt, aber nur mit Wirkung für die Zukunft Innenminister Herrmann sieht mit der neuen Regelung die Interessen der Vertriebenen und ihr Heimatempfinden respektiert: „Ich kann es gut verstehen, dass ein Vertriebener, der in Schlesien, Ostpreußen oder Pommern im Jahr 1947 geboren wurde, es als unzumutbar empfindet, wenn bei ihm im Melderegister als Geburtsstaat Polen steht. Das Recht auf die Heimat gilt für alle Vertriebenen. Jetzt ist gewährleistet, dass jeder Vertriebene, der fälschlich mit Geburtsstaat

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Polen im Melderegister eingetragen ist, eine Änderung bei der Gemeinde beantragen kann.“

Frauenreferentin Alice Hess geht in Ruhestand Nach 17-jähriger Tätigkeit hat im Dezember BdV-Landesfrauenreferentin Alice Hess aus Altersgründen ihr Amt niedergelegt. 137 Zusammenkünfte hatte sie organisiert und dabei ihre Mitstreiterinnen oftmals mit selbst gefertigten Bastelarbeiten erfreut. Zusätzlich lud sie alljährlich zur organisierten Fahrten, Besichtigungen und Führungen ein. Aufgrund ihres herausragenden ehrenamtlichen Engagements wurde Hess im September 2003 das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Besuchen Sie uns im Internet www.bdv-bayern.de Wenn Sie an weiteren Informationen interessiert sind, besuchen Sie uns doch im Internet. Dort finden Sie aktuelle Berichte über Politik, Veranstaltungen und viele Aktivitäten des BdV und seiner Landsmannschaften. Sie sind auch herzlich eingeladen uns Terminankündigungen oder Veranstaltungsberichte (mit Fotos) zur Veröffentlichung entweder im Blickpunkt oder auf der Homepage zu senden. Auch für Verbesserungsvorschläge und Kritik sind wir ebenfalls dankbar. Zusendungen erbitten wir an die BdV-Geschäftsstelle in München (info@bdv-bayern.de)


Sitftungsrat

Letzter BdV-Versuch im Streit um Sitz im Stiftungsrat:

Mit Weg der Vernunft – der unwürdigen Diskussion ein Ende bereiten Eine Betrachtung durch BdV-Landesvorsitzenden Christian Knauer „Vom Regen in die Traufe“ versetzt, fühlen sich derzeit nicht nur viele Flüchtlinge, Heimatvertriebene und deren Nachkommen, sondern auch breite Teile der deutschen Öffentlichkeit. Es geht (wieder einmal) um die Besetzung des noch offenen dritten Sitzes im Stiftungsrat der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“. Laut Beschluss des Deutschen Bundestages steht dem Bund der Vertriebenen das Vorschlagsrecht hierfür zu. Nominiert wurde durch die BdV-Bundesversammlung deren Präsidentin Erika Steinbach, MdB. Waren vor der Bundestagswahl vor allem nationalistische Strömungen in Polen und weite Teile einflussreicher SPDPolitiker dagegen Sturm gelaufen, erinnern sich nunmehr vorwiegend Politiker aus den Reihen der FDP nicht mehr an ihre Aussagen. Mit welcher nonchalanten Leichtigkeit unser neuer Außenminister Guido Westerwelle hier seine Westerwelles Kehrtwendung Positionen der Tagesaktualität anpasst, zeigt ein Interview, das er am 15. September 2003 dem Magazin Focus gegeben hat, als der Streit um das „Zentrum gegen Vertreibungen“ schon einmal die Gemüter aufwühlte. Dort bekannte er sich in der von ihm so oft reklamierten Klarheit als dessen Unterstützer in der Hauptstadt Berlin. Er habe sich eigens mit Erika Steinbach getroffen, um dieses Projekt zu fördern. Kein Wort von Vorbehalten gegen seine CDU-Bundestagskollegin. Wörtlich fügte er mit Blick auf die damalige Bundesregierung hinzu: „Der Außenminister und der Bundeskanzler sollten bei unseren Nachbarn für Verständnis werben. Ich verstehe nicht, warum der Bundeskanzler und der Außenminister den Sorgen der Nachbarn nicht entgegentreten, sondern die Debatte noch unverantwortlich anheizen. An diesen Worten wollte das BdV-Präsidium Außenminister Westerwelle im November messen. Während ihrer Klausurtagung in Schloss Meseberg sollte die Bundesregierung den Weg für die Umsetzung des selbstbestimmten Nominierungsrechts des BdV für die komplette Besetzung des Stiftungsrats ebnen. Dies sei ein Demokratietest für unser Land.

Außenminister Westerwelle und FDPLandtagsvizepräsident Jörg Rohde irren, wenn sie meinen, dass es bei der Besetzung um persönliche Interessen bzw. persönliche Pläne von Erika Steinbach geht. Es geht dem BdV um das eigene Selbstverständnis und den Respekt vor den Opfern von Flucht und Vertreibung. Seine Mitglieder, davon viele, die Flucht und Vertreibung noch selbst erlebt haben, haben sich nicht zusammengeschlossen, um die Interessen ihrer Präsidentin zu verfolgen, vielmehr ist es umgekehrt. Um dies zu unterstreichen hat das BdVPräsidium auf Vorschlag Erika Steinbachs zum Jahresbeginn beschlossen, zur Besetzung des freien, dem BdV zustehenden Sitzes im Stiftungsrat der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ einen Weg der Vernunft zu fordern, um so der unwürdigen Diskussion ein Ende zu bereiten. Dazu ist es erforderlich 1. der Stiftung mehr Eigenständigkeit zu verleihen durch Lösung aus der Trägerschaft des Deutschen Historischen Museums und Umwandlung in eine rechtsfähige Stiftung öffentlichen Rechts, um deutlich zu machen, dass es sich um eine Menschenrechtsstiftung handelt. Streichung der Zweistufigkeit von Benennung und Bestellung der Stiftungsratsmitglieder und Einführung des Entsendeverfahrens, um zukünftige politische Bevormundung auszuschließen. Aufstockung der Zahl der BdV-Vertreter im Stiftungsrat derart, dass die sehr unterschiedlichen deutschen Siedlungs- und Vertreibungsregionen besser als bisher widergespiegelt werden können; 2. das Lastenausgleichsarchiv in Bayreuth organisatorisch an die Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ anzugliedern, die dort vorhandenen Daten zügig zu digitalisieren und im Deutschlandhaus/Berlin abrufbar zu machen. Dieses Archiv bewahrt über die Lastenausgleichsunterlagen weit hinaus tausende von Zeitzeugenberichten, Einwohnerdaten und Unterlagen der Heimatortskarteien der Vertriebenen auf. Es ist das historische

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Gedächtnis Deutschlands zur Vertreibung von nahezu 15 Millionen Menschen; 3. der Stiftung die gesamte Fläche des Deutschlandhauses zur Verfügung zu stellen, um Siedlungsgeschichte, Vertreibungsschicksale und Integration der deutschen Vertriebenen sowie deren Dokumentation adäquat darstellen zu können und zugleich ausreichend Raum für das Schicksal auch anderer Vertriebener zur Verfügung zu haben. Mit solchen deutlichen Verbesserungen für die Arbeitsfähigkeit der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ würden bisherige Schwächen, die ihre Ursache insbesondere auf Grund der Haltung der SPD in der vorherigen Bundesregierung haben, behoben. Dazu kann die FDP jetzt als neuer Koalitionspartner beitragen. Wenn die Bundesregierung sich für dieHöchstrichterliche Entscheidung? sen Weg der Antidiskriminierung und Vernunft entscheiden kann und die unwürdige Diskussion beendet, entfällt die bisherige Notwendigkeit, dass der BdV durch seine Präsidentin im Stiftungsrat vertreten sein muss. Dem BdV liegt daran, dass die Würde seines Verbandes und die Schicksale der Opfer, die sich hierin spiegeln, respektiert und geachtet werden. Jedweder Herabsetzung wird er sich mit allen Möglichkeiten widersetzen. Sollte dieser Vorschlag ebenfalls auf Ablehnung stoßen, dann dürfte eine Frage zu beantworten sein: „Welchen Stellenwert hat eine Dokumentations- und Gedächtnisstätte zu Flucht und Vertreibung noch, wenn ausgerechnet Vertreter der Gruppe derjenigen, deren Schicksal dort dargestellt werden soll, als persona non grata ausgesondert werden. Letztlich bliebe dem BdV-Präsidium nur noch, seinen Vorschlag „Erika Steinbach“ endgültig einzureichen und bei Ablehnung durch die Bundesregierung eine höchstrichterliche Entscheidung herbeiführen zu lassen. Ob damit der ursprünglichen Idee und der Verständigung zwischen den Völkern ein Dienst geleistet wird, bleibt fraglich.


Stiftungsrat

Im Antlitz der Geschichte

Tiefere Ursachen und Lösungsansätze des Streits um Erika Steinbach Eine Betrachtung von Stephan Raabe Die politischen Ursachen für den Streit um Erika Steinbach sind relativ leicht zu überblicken. In Polen ist sie persona non grata, ein rotes Tuch, weshalb die polnische Regierung immer darauf gedrängt und bestanden hat, Erika Steinbach draußen vor zu halten. Dem hat die deutsche Regierung nicht eindeutig widersprochen, sondern sogar signalisiert, dass man dem polnischen Wunsch entsprechen wolle, um des lieben Friedens willen. Weil sich der Bund der Vertriebenen (BdV) und seine Präsidentin Steinbach bei ihrem Zukunftsprojekt, dem „Sichtbaren Zeichen gegen Vertreibungen“, nicht in die zugedachte Rolle schicken wollten und die polnische Regierung mit Unterstützung der Linken und Liberalen in Deutschland auf den Rückzug Steinbachs beharrte, kam es zum Eklat. BdV verbittert, Union verärgert Erika Steinbach musste sich gezwungener Maßen zurückziehen aus dem Projekt. Im BdV ist man nun verbittert, fühlt sich ungerecht behandelt, ja verraten. In weiten Teilen von CDU/CSU ist man verärgert, in welcher Weise mit der Bundestagskollegin Steinbach und dem berechtigten Anliegen der Vertriebenen umgegangen wird. Bei den Linken herrscht dagegen wie in Polen Genugtuung, dass man diese Personalie erledigt hat. Exemplarisch dafür steht ein Beitrag der Polen-Korrespondentin der linksalternativen taz, Gabriele Lesser, vom 11. März. Darin wirft sie einigen nicht näher genannten deutschen Publizisten und Politikern wie Bundestagspräsident Lammert vor, durch aus dem Zusammenhang gerissene Zitate, die dem bevollmächtigten des polnischen Premiers für internationalen Dialog, Prof. Bartoszewski, angehängt worden seien, das Ziel zu Dämonisierende Berichte verfolgen, „ein Zerrbild von Polen und seiner angeblich falschen Wahrnehmung der Vertriebenenpräsidentin zu zeichnen“ und Bartoszewski „öffentlich abzukanzeln“. Lammert hatte sich in seiner Eigenschaft als Bundestagspräsident in einem öf-

fentlichen Schreiben am 7. März an Prof. Bartoszewski gewandt mit dem „herzlichen Wunsch, unser gemeinsames Interesse an freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Polen auch und gerade bei Meinungsverschiedenheiten in der Wortwahl und Tonlage deutlich werden zu lassen.“ Er kritisierte eine zum Teil „unvollständige, manchmal irreführende oder grob dämonisierende Berichterstattung“ über Frau Steinbach, verwahrte sich gegen den in Polen kursierenden Ausdruck „blonde Bestie“ in Bezug auf „diese engagierte Frau“ sowie gegen die Qualifizierung Andersdenkender in diesem Streit als „Narren“, die sich „blöd“ stellten. Prof. Bartoszewski insistierte in seiner öffentlichen Antwort an Lammert vom 11. März, die allerdings nur in Polen erschien, auf dem Vorwurf einer „falschen Auslegung der Geschichte“ durch Steinbach. Mit einigen Zitaten verlieh er seinem Eindruck Nachdruck, „dass man in Leiter des Auslandsbüros in Polen Deutschland zu leicht die Polen gegender Konrad Adenauer Stiftung, über negativer Haltung der Bundestagsul. J. Dabrowskiego 56 abgeordneten Frau Steinbach vergisst“. 02-561 Warszawa Bereits zuvor hatte Bartoszewski Frau 00 48-22-845 38 94, kas@kas.pl Steinbach öffentlich als „Anti-Polin“ und den Korrespondenten der Süddeutschen kriegszeit, am Festhalten an den KolZeitung in Polen, Thomas Urban, als lektivbegriffen von Tätern und Opfern, ihren „Ghost-Writer“ gebrandmarkt. In Schuld und Sühne, am bleibenden Schmerz der Erinnerung und des VerluFrage der Wahrheit stes, an der Missachtung oder ungenüseinem Schreiben weist Bartoszewski genden Beachtung des Leides des jeauf „eine fehlende Demut angesichts der weils anderen und an den Ansprüchen gemeinsamen Geschichte seitens man- auf Wiedergutmachung dessen, was nicht cher Vertreter der Bundesrepublik wieder gut zu machen ist. Deutschland“ hin und beruft sich auf Wer heilen will, der muss die ganze Wun„die Wahrheit“ als Bedingung für einen de behandeln, nicht nur einen Teil. Inehrlichen Dialog. dem jedoch seit nunmehr einem JahrDie Frage der Wahrheit über die Ge- zehnt die ungelösten historischen Konschichte deutet auf die tieferen Ursachen flikte auf die Symbolfigur Erika Steindieser Auseinandersetzung hin, die we- bach projiziert werden, verschlimmert niger leicht zu ergründen sind. Der Blick sich der Wundbrand und verhärten sich auf diese Ursachen gibt eine Ahnung da- die Fronten. Dabei ist es fast egal, was von, wie tief die Nacht noch immer in Steinbach tatsächlich sagt und tut. Viel den deutsch-polnischen Beziehungen ist, entscheidender ist, was man ihr in den wenn es um die Lasten der Geschichte Mund legt, wofür sie steht, welches Bild geht, die nicht selten zu Ausnahmezu- man sich in Polen von ihr gemacht hat. ständen und Funktionsstörungen in den In Polen richtete sich dementsprechend Beziehungen führen, wie wir sie gera- der Kampf parteiübergreifend und fronde erleben. tal gegen Steinbach und ihr Projekt eiDie Probleme lassen sich festmachen an nes „Zentrums gegen Vertreibungen“. dem Umgang mit der Kriegs- und Nach- Worum es dabei aus polnischer Per-

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Stiftungsrat spektive aber eigentlich geht, geht im Lärm des Kampfes und im Rauch der verbalen Kanonenschüsse weitgehend unter. Alles konzentriert sich auf das Für und Wider des Gedenkens der Vertreibungen, der Vertriebenenverbände und ihrer Galionsfigur. Was man in Polen gerade verhindern will, ein „zu einseitiges“ Gedenkens in Deutschland durch die starke Fokussierung auf die deutschen Opfer, vor allem auf die Vertriebenen, wird durch die Auseinandersetzung noch zusätzlich befördert: Die Diskussionen kreisen um die Vertreibungen, statt um das dreifach verwundete polnische Volk. Das wird in Polen von vielen Menschen als tiefgehende Missachtung empfunden, als historische Ungerechtigkeit, sogar als ein erneutes hegemoniales Streben Deutschlands auf historischer Ebene, dem man sich mit aller Macht widersetzen müsse. Es geht insofern um einen Kampf um die Interpretationshoheit der Geschichte im 20. Jahrhundert, das nicht primär als Jahrhundert von Vertreibungen, sondern als Zeit totalitärer System verstanden werden solle. 20 Jahre nach der freiheitlichen Revolution in Europa, die ihren Ausgang maßPolens schweres Los geblich in Polen hatte mit dem polnischen Papst und der Solidarnosc, 20 Jahre nachdem endlich die Fesseln der sowjetischen Fremdherrschaft abgeworfen werden konnten, die ein Ergebnis des von Deutschland geführten Weltkrieges waren, gehe Deutschland hin und rücke „seine“ Opfer, „seine“ Vertriebenen und „seinen“ Mauerfall ins Zentrum des Gedenkens, heißt es in Polen. Was wisse man aber in Deutschland über das Schicksal der Polen, wo habe das schwere Los der Polen seinen Ort im deutschen Gedenken, fragt man sich teils verschämt, teils indigniert und verärgert im Nachbarland. Sei es nicht Polen gewesen, das von seinen Nachbarn erst zerteilt, dann für 123 Jahre von der Landkarte genommen wurde und kaum wiedererstanden sich dem Willen Hitlers bis 1945 und Stalins und seiner Nachfolger bis 1989 unterwerfen musste? Seien es nicht die Polen gewesen, die als „slawische Untermenschen“ von den Deutschen zu Hunderttausenden, ja Millionen ermordet, vertrieben und versklavt wurden. Sei es nicht wiederum Polen gewesen, dass nach dieser Apokalypse erneut zum Spielball der Mächtigen wurde, auf der Landkarte wie ein

Stück Papier verschoben und mit dem Papier die Menschen? Hätten nicht die Polen danach in der Tiefkühlkammer des Kalten Krieges frieren müssen, während die deutschen Peiniger zumindest im westlichen Teil ihres Landes die Chancen der Freiheit nutzen und genießen konnten. Seien nicht schließlich die Polen zu Millionen aufgestanden und hätten die Freiheit erkämpft und den ersten Stein aus der Mauer herausgeschlagen? Wo bleibe all dies im Gedenken der Deutschen? Verantwortung trivialisiert? In Polen geht die Befürchtung um, die auch im Brief Bartoszewskis ihren Ausdruck findet, dass dieses polnische Schicksal immer mehr in den Hintergrund gerät, bestenfalls noch in den allfälligen Gedenktagsreden Erwähnung findet, aber nicht ernsthaft wahrgenommen und gewürdigt wird. Der polnische Historiker Włodzimierz Borodziej machte die polnischen Befürchtungen einmal mit folgendem Beispiel deutlich: Er stellte sich das offizielle Gedenken zum 100. Jahrestag des Kriegsausbruchs am 1. September 2039 vor. Der Bundespräsident lege einen Kranz am Mahnmal des Holocaust nieder; dann werde der deut-

schen Opfer und der Vertriebenen gedacht; der Rest – insbesondere die Opfer der östlichen Nachbarn – bliebe im Schweigen. Schlimmer aber noch: In Polen wird damit gerechnet, dass mit dem Fokus auf das Schicksal der Vertriebenen, die Frage der Verantwortung für dieses Geschehen sich trivialisiert auf Polen richten werde. Diese beiden Ängste, die in den Vorwurf der Neuinterpretation der Geschichte münden und für die Erika Steinbach als negative Ikone steht, bestimmten die Temperatur der polnischen Debatten in den letzten Jahren und wirken auch hinter dem aktuellen Streit. Solange sie nicht durch die Realität widerlegt werden, sind größere Veränderungen kaum zu erwarten. Dies mag man für übertrieben halten, unberechtigt sind die Befürchtungen aber keineswegs. Das zeigt ein bezeichnendes Beispiel: die peinlichen, weil vorurteilsgetränkten und falschen Äußerungen des Vorsitzenden der Arbeitsgruppe „Vertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler“ der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jochen-Konrad Fromme. Er sagte jüngst in einem Interview: „Die Polen brauchen in jeder Phase der Geschichte einen Blitzableiter. Das ist zur Zeit Frau Steinbach.“ „In dem Moment,

Auf 60 Jahre erfolgreiche Gemeinschaft konnte Ende September die Kreisgruppe Augsburg e. V. der Landsmannschaft Schlesien zurückblicken. Im Pfarrsaal „Zum guten Hirten“ konnte Kreisvorsitzender Götz B. Pfeiffer (3. v. r.) BdV-Landesvorsitzenden Landrat Christian Knauer, Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Sozialausschusses Brigitte Meyer (FDP) und Festredner LS-Bezirksvorsitzenden Armin Brandt (2. v. r.) begrüßen. Festlich umrahmt wurde die Feier von der Volkstanzgruppe „Rübezahls Zwerge“ aus München und dem „Cassovia-Quartett“ aus Augsburg. Bild: Pfeiffer

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Stiftungsrat da das Thema Steinbach erledigt ist, würden sich die Polen eine neue Hassfigur suchen“ (Rheinischer Merkur Nr. 9, 2009, S. 5). Wenn Fromme dann weiter auch noch den Warschauer Ghetto-Aufstand 1943 mit dem Warschauer Aufstand 1944 verwechselt, denkt manch einer in Polen, der dies liest, an ein Interview des Politikers in der polnischen Tageszeitung Rzeczpospolita vom 12. Dezember 2006 zurück, in dem er „zunächst Hitler und dann Polen“ als „Täter“ für die Vertreibungen verantwortlich machte. Und schon sieht man sich im eigenen Pauschalurteil eines von Unkenntnis geprägten „längst überholten und polenfeindlichen Geschichtsbildes“, der dem BdV nahe stehenden Vertriebenen bestätigt. Das Gedenkjahr 2009 wird von daher auch ein Lackmustest dafür sein, wie man mit solch unsäglichen Äußerungen und den polnischen Befürchtungen in Deutschland umgeht. Schon kursieren dort Broschüren über die Chronologie des Mauerfalls, in denen polnische Akteure im Gegensatz zu anderen Landesvertretern überhaupt nicht auftauchen. Dass diese Befürchtungen sich aber als Vorwurf vor allem gegen Erika Steinbach richten, gegen die legitime Vertreterin der Flüchtlinge, Vertriebenen und Aussiedler in Deutschland, ist insofern nicht berechtigt, als Steinbach erstens nicht zuständig ist für die Geschichtspolitik Deutschlands und zweitens nach Prüfung ihrer Reden nicht so einfach unter das Pauschalurteil eines „falschen, polenfeindlichen Geschichtsbildes“ subsumiert werden kann. Aber sie vertritt natürlich das Anliegen der Flüchtlinge, Vertriebenen und Aussiedler, in der Bundeshauptstadt einen Ort der Erinnerung und der Mahnung an das Verbrechen der Vertreibungen zu schaffen. Wer will ihr das als Präsidentin des BdV verdenken? Letztendlich geht es also bei der aktuellen Auseinandersetzung um den Umgang mit der Geschichte an sich, nicht um Steinbach. Streiten kann und muss man über die Art des Gedenkens, nicht allen Ernstes um die Berechtigung dieses Gedenkens. So sind die polnischen Fragen eigentlich an die Regierungen in Berlin und Warschau gerichtet, die die Verantwortung für die Geschichtspolitik haben, und an die Darsteller der Geschichte, die Historiker, Publizisten, Filmemacher und Aussteller, die Geschichtsbilder prägen. Der Kampf gegen Steinbach lenkt vom eigentlichen Fortsetzung Seite 11

Staatsministerin a. D. Christa Stewens mit Bundesverdienstorden ausgezeichnet Vor wenigen Wochen wurde Staatsministerin a. D. Christa Stewens, MdL, in der Bayerischen Staatskanzlei mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Sie leitete von Januar 2001 bis Oktober 2008 das Bayerische Sozialministerium und war somit in besonderer Weise mit den Anliegen der Heimatvertriebenen und Spätaussiedler vertraut. In seiner Laudatio würdigte Ministerpräsident Horst Seehofer dieses Engagement in besonderer Weise. Christa Stewens ist seit 2005 auch Trägerin der höchsten Auszeichnung der Landsmannschaft Schlesien, Nieder- und Oberschlesien, des „Schlesierschildes“. Der BdV Bayern gratuliert seiner ehemaligen Schirmherrschaftsministerin sehr herzlich.

Landtagsabgeordnete Naaß im Sudetendeutschen Rat unterschiedlicher Parteien ein gemeinsames Gesprächsforum zu bieten, um sie über die Anliegen der Sudetendeutschen zu informieren und um die heimatpolitischen Bestrebungen der Sudetendeutschen mit den Auffassungen der im Bundestag vertretenen politischen Parteien zu koordinieren. Der Sudetendeutsche Rat besteht aus 30 Persönlichkeiten. Die Hälfte der Mitglieder wählt die Bundesversammlung der Sudetendeutschen Landsmannschaft, die andere benennen die im Bundestag vertretenen Parteien.

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag, Christa Naaß, wurde von der SPD-Bundestagsfraktion für die 3. Kurie des Sudetendeutschen Rates benannt. „Die Ernennung ist eine große Ehre für mich. Ich nehme diese gerne an und freue mich auf die vor mir liegende neue Aufgabe“, so die vertriebenenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, deren Eltern aus dem Sudetenland stammen. Der Sudetendeutsche Rat ist eine überparteiliche Vereinigung von Sudetendeutschen. Er verfolgt insbesondere das Ziel, die deutsch-tschechische Verständigung zu fördern und sudetendeutschen Politikern

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Durch Wahrheit zum Miteinander So lautet das Leitwort des BdV für das Jahr 2010. Dieses Motto prägt auch die traditionelle Festveranstaltung zum Tag der Heimat 2010 am 11. September 2010 im Internationalen Congress Centrum in Berlin um 12.00 Uhr. Wir freuen uns darüber, dass Ministerpräsident Horst Seehofer die Festrede halten wird.

Unser Spendenkonto:

BdV-Landesverband Bayern HypoVereinsbank München Konto 803 (BLZ 700 202 70)


Stiftungsrat Problem ab. Mit ihrem Ausschluss aus dem Beirat der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ ist für Polen insofern nichts gewonnen. Ein wirklicher Schlüssel zur Lösung des Problems liegt wie es scheint in der Zuwendung zum Schicksal Polens, das mit am schrecklichsten durch den deutschen Krieg und seine Folgen geschlagen wurde. Er liegt in der Kenntnisnahme und öffentlichen Bewusstmachung der polnischen Opfer, in der Ehre, die man ihnen erweist. Hier gibt es viel Unwissen in Deutschland, das auf Versäumnisse hindeutet, die ausgeglichen werden müssen. Einiges in dieser Richtung wird in diesem Jahr des Gedenkens passieren. Kritischer historischer Dialog Darüber hinausgehende Anstrengungen sind aber notwendig. Nur auf diese Weise kann man die Traumata versuchen zu heilen, die in Polen auch 20 Jahre nach Kriegsende (sic!) virulent sind. In dieser Hinsicht gibt es im Übrigen eine gewisse Parallelität zu den Traumata der Vertriebenen, die durch den Streit um Steinbach nicht wahrgenommen wird. Deshalb wäre es auch sehr zu Wünschen gewesen, wenn die vom Bundestag per Gesetz beschlossene Stiftung „Krieg, Flucht, Vertreibung und Versöhnung“ geheißen hätte. Ein zweiter Schlüssel zur Lösung des Streits ist der kritische historische Dialog. Denn hinter den Beschuldigungen gegen Steinbach, den BdV und Deutschland stehen Geschichtsbilder und Ideologien, die die historischen Konflikte Schwierige Geschichtsdeutung eher verbergen als klären. Dies lässt sich an zwei Hauptvorwürfen festmachen: erstens in Deutschland sollen „die Täter zu Opfern“ gemacht werden, indem vor allem der Opfer des „Tätervolkes“ gedacht werde; zweitens in Deutschland werde „ein falsches und polenfeindliches Geschichtsbild“ gepflegt, was vor allem in der Infragestellung des ursächlichen Zusammenhanges von deutschem Vernichtungskrieg und Vertreibung und der Beschuldigung Polens als „Vertreiberstaat“ deutlich werde. Beiden Argumenten muss historisch und politisch widersprochen werden, denn sie führen auf gefährliche Abwege. Klar und eindeutig ist die Verantwortung Deutschlands für den Krieg, für all die Gräueltaten und Opfer. Auch über mögliche Schieflagen im deutschen Gedenken, über blinde Flecke, muss man dis-

kutieren. Die Täter-Opfer-Schablone greift aber auf die verhängnisvolle Kollektivschuldthese zurück und stellt insofern nicht nur eine undifferenzierte Geschichtssicht, sondern auch eine Verletzung der Menschenrechte dar, weil sie die Würde des einzelnen Menschen missachtet. Es ist unmenschlich und grotesk Millionen deutscher Kriegs- und Nachkriegsopfer vom Kleinkind bis zum Greis undifferenziert als „Täter“ zu bezeichnen und ihr persönliches Leid zu ignorieren oder hintanzustellen, weil sie einem „Tätervolk“ oder einer „Tätergeneration“ angehören. Dies sind Begriffe aus dem Wörterbuch des Unmenschen, ja totalitäre Schemata. Sie öffnen Unrecht und Diffamierung Tür und Tor und vergiften die Auseinandersetzung. Wer sie politisch ins Feld führt, schließt sich selbst aus dem rechtsstaatlich demokratischen Grundwertekonsens aus. Für diese Begrifflichkeit gilt, was der polnische Literaturhistoriker Jan Józef Lipski im Zusammenhang der Vertreibung über den polnischen Nationalismus gesagt hat: er sei „ein Zeichen ethischen Verfalls und im Übrigen zugleich politischer Dummheit“. Preis für Krieg bezahlt So disqualifiziert sich die gegen das einjährige Kind eines Besatzungssoldaten und Schlesiers namens Erika Steinbach gemünzte Parole des polnischen Außenministers „sie kam mit Hitler und ging mit Hitler“ selbst. Auch ist es eben nicht wahr, dass sich „die Vertriebenen“ in einer besonders hervorgehobenen Weise schuldig gemacht hätten. Wahr ist hingegen, dass sehr viele der Vertriebenen in besonderer Weise für den Krieg bestraft wurden. Eine besondere Empathie ist ihnen aber kaum zu Teil geworden. Das war im Osten verboten und im Westen lange nicht opportun. Wie die langwierige Diskussion um das „Sichtbare Zeichen gegen Vertreibungen“ zeigt, tun sich auch heute noch viele Deutsche damit schwer. Die zweite Frage nach der Ursache der Vertreibungen rührt an ein weit verbreitetes Geschichtsdogma: Der deutsche Vernichtungskrieg habe die Vertreibungen notwendig gemacht und gerechtfertigt. Die Vertriebenen hätten eben in besonderer Weise den Preis für den Krieg zu zahlen gehabt. Verantwortlich seien dafür letztendlich Hitler, die Nazis oder eben die Deutschen selbst. Nun ist es in der Historie generell problematisch und

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meistens unmöglich, monokausale Ursache – Wirkungszusammenhänge nachzuweisen. Die Geschichte ist differenzierter. Richtig ist, dass das geopolitische Ausgreifen Nazi-Deutschlands nach Osten und die äußerst brutale deutsche Herrschaft im Osten von 1939 bis 1945 mit ihren Vertreibungen, die 1941 nur vorläufig gestoppt wurden und nach dem Kriege weitergeführt werden sollten, ein historisches Präjudiz für die spätere Vertreibung der Deutschen waren. Was die Deutschen aus den Gebieten hinter Oder und Neiße bei Kriegsende und danach erlebten, hatten die Jahre zuvor Hunderttausende von Polen als Vertriebene zu spüren bekommen und die gesamte geschlagene Bevölkerung Polens dazu noch viel mehr: Das ganze Programm rassentheoretisch begründeter Kolonialherrschaft mit Diskriminierung, systematischer Versklavung und Ausrottung. Ab 1945 schlug das Pendel gewaltsamer Neuordnung zurück und zertrümmerte die Grundlagen deutschen Lebens im Osten. Dies ist der beispiellose Hintergrund, vor dem die vielfach von langer Hand herbeigeführten Entscheidungen zur westlichen Erweiterung Russlands und zur Westverschiebung Polens getroffen wurden und vor dem die wiederum in dieser Dimension beispiellosen Vertreibungen der Deutschen stattfanden. Der Zweite Weltkrieg war Grund und unabdingbare Voraussetzung dafür, er gab die Möglichkeit für das eigentlich unmögliche Geschehen. Ursachen im eigentlichen Sinne, die diesem Geschehen nachfolgend Bestand verliehen, waren jedoch politische Entscheidungen angesichts einer spezifischen, politisch militärischen Konstellation am Ende des Krieges. Dazu zählen die geopolitischen Ambitionen Stalins, der Wille der Sieger, Deutschland nachhaltig zu schwächen und Polen im Westen für die Verluste im Osten zu restituieren, aber auch entsprechende Bestrebungen tschechischer und polnischer Politiker. Ja, die Westverlagerung Polens wurde von der polnischen Regierung der Nationalen Einheit (Kommunisten und Exilregierung) unterstützt. Dennoch war sie gerade kein Akt souveräner polnischer Politik, sondern ein Instrument übergeordneter und großräumiger sowjetischer Strategie in der östlichen Hälfte Europas, dem die Westmächte zustimmten. Dies darf nicht verschwiegen werden. Mit der Frage nach den Ursachen der Vertreibungen ist die Frage nach der Ver-


Stiftungsrat antwortung, nach der rechtlichen und ethischen Bewertung verbunden. Geht man davon aus, dass Vertreibungen generell völkerrechtlich Unrecht sind, so ist auch in diesem speziellen Fall zu Fragen: Selbst unter Berücksichtigung des maßlosen Unrechts das von Deutschen verübt wurde, rechtfertigt dies im Gegenschlag viele Millionen Menschen zu vertreiben? Kann das eine Unrecht das andere Unrecht rechtfertigen, so ungleich aufs Ganze gesehen die Maße verteilt sind? Diese Kardinalfrage für das sittliche Bewusstsein und die Versöhnung ist, wie der Streit der letzten Jahre zeigt, nicht ausreichend geklärt worden. Die Folgen der Vertreibungen wurden zwar von Deutschland akzeptiert und völkerrechtlich kodifiziert. In Polen ist aber das, was die polnischen Bischöfe 1965 in Bezug auf Krieg und Vertreibung mit dem grandiosen Satz auf den Punkt brachten: „wir vergeben und bitten um Vergebung“ und was Prof. Bartoszewski 1995 im Deutschen Bundestag mit den Worten eingestand, „dass zu den Tätern auch Polen gehörten“, anscheinend bis heute nicht in der Breite nachvollzogen und wirklich bewahrheitet worden. Jan Józef Lipski erklärte den Umgang mit „dem Problem der polnischen Problem der polnischen Schuld Schuld“ 1981 in der Exilzeitschrift Kultura so: „In Polen ist eine solche Darstellung der Dinge unerträglich – und das ist auch unschwer zu verstehen, denn die Verhältnismäßigkeit ist erschütternd ungleich. Man darf sich aber nicht mit der Bagatellisierung der eigenen Schuld abfinden (…). Wir haben uns daran beteiligt, Millionen Menschen ihrer Heimat zu berauben (…). Das uns angetane Böse, auch das größte, ist aber keine Berechtigung und darf auch keine sein für das Böse, das wir selbst zugefügt haben“. Diese ethische Frage wird zugedeckt durch den vermeintlichen Determinismus von Vernichtungskrieg und Vertreibung und manchmal leider noch immer durch den Grundsatz der Kollektivschuld, der nichts mit Ethik gemeinsam hat. Dieser Diskussion, die weiter gärt, darf man aber gerade um eines wirklichen Friedens, um wirklicher Versöhnung willen nicht aus dem Weg gehen. Denn es gibt keine kollektive Schuld, aber eine kollektive Verantwortlichkeit und Sittlichkeit, die uns alle zu einem humanen Umgang miteinander und in besonderer

Denkmal für deutsche Opfer in Postelberg – ein gutes Zeichen Gemeinsame Bemühungen führen zum Erfolg Zum Beschluss des Stadtrates von Postelberg/Postoloprty, den in der Stadt im Juni 1945 von Tschechen gefolterten und ermordeten Deutschen ein Denkmal zu setzen, erklärt BdV-Präsidentin Erika Steinbach, MdB: Ich begrüße den Beschluss des Stadtrates von Postelberg/Postoloprty, den in der Stadt von Tschechen gefolterten und ermordeten Deutschen ein Denkmal zu setzen. Den deutschen Opfern, die hierbei umgekommen sind, wird dadurch ein ehrenvolles Gedenken und den Überlebenden des Massakers ein später Trost

zuteil. Es ist gut, dass die jahrelangen gemeinsamen Bemühungen von Tschechen und Deutschen um Anerkennung der Opfer – auf der Grundlage der Empfehlung einer Expertenkommission von Tschechen, Deutschen und Vertretern der jüdischen Gemeinde – zum Erfolg geführt haben. So unheilvoll die Auswirkungen der Benes Dekrete mit ihrem Freistellungsgesetz noch immer sind, so zeigt sich doch, dass einzelne Menschen in der Lage sind, wohltuende Zeichen der Menschlichkeit zu setzen. Dafür gebührt ihnen Anerkennung.

Weise mit den Opfern verpflichtet, seien sie aus Polen, Deutschland oder anderswoher. Diese kollektive Verantwortlichkeit und Sittlichkeit ist auch das Anliegen von Prof. Bartoszewski, wenn er in seinem Brief an Bundestagspräsident Lammert schreibt: „Nur das Denken und das Handeln in Übereinstimmung mit universalen Werten schafft Chancen, wahrhaft partnerschaftliche Beziehungen zwischen Deutschland und Polen im vereinten Europa aufzubauen.“ Wie passt das aber zu den Anstrengungen, die in Deutschland und Polen unternommen werden, Erika Steinbach als Repräsentantin des BdV, Bundestagsabgeordnete und Vorstandsmitglied der CDU öffentlich unmöglich zu machen und aus dem Bemühen um ein wahrhaft partnerschaftliches Miteinander auszuschließen? Frau Steinbach ist bei aller berechtigten Kritik im Einzelnen keine Extremistin. Der zentrale Vorwurf gegen sie, die Geschichte falsch auszulegen, ist mit einzelnen, aus dem Zusammenhang gerissenen Sätzen eher schlecht als recht begründet und lässt sich durch den Verweis auf andere Aussagen ihrerseits zu guten Teilen widerlegen. Die maßlosen Angriffe auf sie werden deshalb in Deutschland von vielen Menschen nicht verstanden und schaden den deutsch-polnischen Beziehungen. Der Dialog ist der Anfang von allem; ihn durch apodiktische Verdikte zu unterbinden, die den Dialogpartner ausgrenzen, ist das Ende von Verständigung und Versöhnung für die gerade Prof. Bartoszewski im polnisch-deutschen Verhältnis sehr viel getan hat.

Worum es bei diesem Streit eigentlich gehen muss, ist etwas anderes: „Es geht darum, durch unvoreingenommene, allein von der Suche nach Wahrheit geleitete Forschung ein gerechtes Bild (...) zu gewinnen. Wo Schuld ist, muss sie anerkannt werden, gleich welche Seite sie trifft; wo Polemik die Sicht verzerrt hat, muss sie richtig gestellt werden, wiederum unabhängig davon, um welche Seite es sich handelt. Dabei kann uns nicht die Absicht leiten, uns zu Richtern der Geschichte aufzuwerfen, sondern das Ziel darf einzig sein, besser zu erkennen und damit wahrheitsfähiger zu werden. Nur in einer solchen Haltung (...) können wir (...) neue Ausgangspunkte für das Gespräch gewinnen“ (Johannes Paul II. zum Verhältnis der im Glauben getrennten Christen am 31.10.1983 im Brief an Kardinal Willebrands).

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Gesetz zur Errichtung einer Stiftung „Deutsches Historisches Museum“ Bundesgesetzblatt Jahrgang 2008 Teil I Nr. 64, ausgegeben zu Bonn am 29. Dezember 2008 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Gesetz zur Errichtung einer Stiftung „Deutsches Historisches Museum“ (DHMG) Abschnitt 1 Stiftung „Deutsches Historisches Museum“ §1 Name, Sitz, Rechtsform und Trägerschaft der Stiftung (1) Unter dem Namen „Deutsches Historisches Museum“ wird eine rechtsfähige bundesunmittelbare Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in Berlin errichtet. Die Stiftung entsteht mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes. (2) Die Stiftung ist Träger der unselbständigen Stiftung „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ (§ 15). • • • Abschnitt 2 Unselbständige Stiftung „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ § 15 Name, Sitz und Rechtsform Unter dem Namen „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ wird mit Inkrafttreten dieses Gesetzes in Trägerschaft der Stiftung „Deutsches Historisches Museum“ eine unselbständige Stiftung des öffentlichen Rechts in Berlin errichtet. § 16 Stiftungszweck (1) Zweck der unselbständigen Stiftung ist es, im Geiste der Versöhnung die Erinnerung und das Gedenken an Flucht und Vertreibung im 20. Jahrhundert im historischen Kontext des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Expansions- und Vernichtungspolitik und ihrer Folgen wachzuhalten. (2) Der Erfüllung dieses Zweckes dienen insbesondere: 1. Errichtung, Unterhaltung und Weiterentwicklung einer Dauerausstellung zu Flucht und Vertreibung im 20. Jahrhundert, den historischen Hintergründen und Zusammenhängen sowie europäischen Dimensionen und Folgen; 2. Erarbeitung von Einzelausstellungen zu speziellen Aspekten der Gesamtthematik; 3. Vermittlung von Forschungsergebnissen und wissenschaftlichen Erkenntnissen; 4. Sammlung, Dokumentation und wissenschaftliche Auswertung einschlägiger Unterlagen und Materialien, insbesondere auch von Zeitzeugenberichten; 5. Zusammenarbeit mit deutschen und internationalen Museen und Forschungseinrichtungen. § 17 Stiftungsvermögen (1) Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gehen alle von der Bundesrepublik Deutschland für die zu errichtende unselbständige Stiftung „Stiftung Flucht, Vertrei-

bung, Versöhnung“ erworbenen oder bereitgestellten beweglichen Vermögensgegenstände in das Vermögen des Trägers über. Dasselbe gilt für Vermögensgegenstände aus Zuwendungen für die zu errichtende unselbständige Stiftung „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ von dritter Seite. Der Träger verwaltet dieses Sondervermögen getrennt von seinem Vermögen. (2) Zur Erfüllung des Stiftungszweckes erhält der Träger für die unselbständige Stiftung einen jährlichen Zuschuss des Bundes nach Maßgabe des jeweiligen Bundeshaushaltsgesetzes sowie der §§ 23 und 44 der Bundeshaushaltsordnung und der dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften. (3) Der Träger ist berechtigt, für die unselbständige Stiftung Zuwendungen von dritter Seite anzunehmen. Die Annahme darf nur erfolgen, wenn damit keine Auflagen verbunden sind, die den Erfolg des Stiftungszweckes beeinträchtigen. Der Stiftungszweck gilt als beeinträchtigt, wenn die Erfüllung der Auflagen einen Aufwand erwarten lässt, der in Bezug auf den Wert der Zuwendung unverhältnismäßig ist. (4) Das Stiftungsvermögen ist nur im Sinne des Stiftungszweckes zu verwenden. (5) Der Träger vergibt die Stiftungsmittel aus dem jährlichen Zuschuss des Bundes in Ausführung der Beschlüsse des Stiftungsrates der unselbständigen Stiftung. (6) Der Träger fertigt für die unselbständige Stiftung zum 31. Dezember eines jeden Jahres einen Bericht, der die Vermögenslage und die Mittelverwendung erläutert. Im Rahmen seiner öffentlichen Berichterstattung sorgt er für eine angemessene Publizität der Stiftungsaktivitäten. § 18 Gremien und Leitung der unselbständigen Stiftung (1) Bei der unselbständigen Stiftung werden gebildet 1. der Stiftungsrat, 2. der wissenschaftliche Beraterkreis. Die Mitglieder des Stiftungsrates und des wissenschaftlichen Beraterkreises sind ehrenamtlich tätig. (2) Die unselbständige Stiftung hat eine Direktorin oder einen Direktor. § 19 Stiftungsrat (1) Der Stiftungsrat besteht aus dreizehn Mitgliedern. (2) Es werden benannt: 1. zwei Mitglieder durch den Deutschen Bundestag, 2. je ein Mitglied durch das Auswärtige Amt, das Bundesministerium des Innern und die Beauftragte oder den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, 3. drei Mitglieder durch den Bund der Vertriebenen e. V., 4. je ein Mitglied durch die Evangelische Kirche in Deutschland, die Katholische Kirche in Deutschland und den Zentralrat der Juden in Deutschland. Für jedes benannte Mitglied ist für den Fall der Verhinderung ein stellvertretendes Mitglied zu benennen. Die vom Deutschen Bundestag benannten Mitglieder müssen Abgeordnete des Deutschen Bundestages sein.

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Stiftungsrat (3) Die benannten Mitglieder und deren Stellvertreter werden durch die Bundesregierung für die Dauer von fünf Jahren bestellt. Das Mandat endet schon vor Ablauf der Bestellung, wenn ein Mitglied oder stellvertretendes Mitglied als Funktionsträger bei der benennungsberechtigten Stelle benannt ist und aus seiner dortigen Funktion ausscheidet. In diesem Fall ist für die bis zum Ablauf der fünf Jahre verbleibende Zeit ein neues Mitglied oder stellvertretendes Mitglied zu benennen und zu bestellen. (4) Mitglieder kraft Amtes sind die Präsidentin oder der Präsident (§ 7) und die Präsidentin oder der Präsident der Stiftung „Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“. Die stellvertretenden Mitglieder für diese Mitglieder sind ihre satzungsmäßigen Vertreter. (5) Sind ein Mitglied und sein stellvertretendes Mitglied verhindert, kann das Stimmrecht durch ein anderes Mitglied oder stellvertretendes Mitglied ausgeübt werden. (6) Beschlüsse bedürfen der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Den Vorsitz hat das von der oder dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien benannte Mitglied. Die Direktorin oder der Direktor und die oder der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beraterkreises nehmen mit Rederecht teil. (7) Der Stiftungsrat bestimmt die Grundzüge des Stiftungsprogramms und beschließt über alle grundsätzlichen Angelegenheiten der unselbständigen Stiftung, soweit dadurch nicht grundsätzliche Verwaltungsangelegenheiten des Trägers betroffen werden. Der Stiftungsrat entscheidet insbesondere über die Verwendung der Mittel ab einer in der Geschäftsordnung näher bestimmten Ausgabenhöhe, die Berufung der Mitglieder des wissenschaftlichen Beraterkreises sowie über die Ernennung oder Einstellung und die Entlassung oder Kündigung der Direktorin oder des Direktors und kontrolliert ihre oder seine Tätigkeit. Der Stiftungsrat gibt sich eine Geschäftsordnung. (8) Gegen Entscheidungen des Stiftungsrates steht der Präsidentin oder dem Präsidenten (§ 7) ein Vetorecht zu, wenn sie gegen Rechtsvorschriften, insbesondere gegen die Satzung des Trägers oder gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, verstoßen. (9) In Haushalts- und Personalangelegenheiten können Beschlüsse nur mit Zustimmung des von der oder dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien benannten Stiftungsratsmitgliedes gefasst werden. § 20 Wissenschaftlicher Beraterkreis (1) Der Stiftungsrat richtet einen wissenschaftlichen Beraterkreis mit bis zu neun Mitgliedern ein. Die Mitglieder werden für fünf Jahre berufen. Wiederholte Berufungen sind zulässig. Bei den Mitgliedern des wissenschaftlichen Beraterkreises muss es sich um Persönlichkeiten handeln, die auf Grund ihrer Sachkunde geeignet sind, den Stiftungsrat und die Direktorin

Neues aus dem BdV Ab Frühjahr 2010 wird Herta Daniel, Landesvorsitzende der Siebenbürger Sachsen, den BdV im Hörfunkrat des Deutschlandradios vertreten. Sie ist Nachfolgerin von Michael Leh.

oder den Direktor in fachlichen Fragen zu beraten. (2) Der wissenschaftliche Beraterkreis berät den Stiftungsrat und die Direktorin oder den Direktor entsprechend dem Stiftungszweck in fachlichen Fragen. Er soll dazu beitragen, dass die unselbständige Stiftung die historischen Ereignisse ausgewogen und geschichtswissenschaftlich fundiert sowie lebendig, umfassend und anschaulich darstellt. (3) Der wissenschaftliche Beraterkreis wählt aus seiner Mitte eine Vorsitzende und deren Stellvertreterin oder Stellvertreter oder einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreterin oder Stellvertreter mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. An den Sitzungen des wissenschaftlichen Beraterkreises nehmen die Direktorin oder der Direktor sowie die oder der Vorsitzende des Stiftungsrates mit Rederecht teil. § 21 Direktorin oder Direktor (1) Die Direktorin oder der Direktor leitet die unselbständige Stiftung, führt die Beschlüsse des Stiftungsrates aus und bereitet dessen Sitzungen vor. Über die Tätigkeit ist der Stiftungsrat angemessen zu unterrichten. (2) Mit Zustimmung des Stiftungsrates kann die Direktorin oder der Direktor in einem Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer von fünf Jahren berufen werden oder in einem außertariflichen Arbeitsverhältnis oberhalb der höchsten tarifvertraglichen Entgeltgruppe beschäftigt werden, soweit dies für die Durchführung der Aufgaben erforderlich ist. Artikel 2 Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes In der Anlage I (Bundesbesoldungsordnungen A und B) des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 (BGBl. I S. 3020), das zuletzt durch § 11 des Gesetzes vom 8. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2370) geändert worden ist, werden in Besoldungsgruppe B 3 nach der Angabe „Direktor der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung“ die Angabe „Direktor der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ und in Besoldungsgruppe B 5 nach der Angabe „Präsident und Professor der Bundesanstalt für Straßenwesen“ die Angabe „Präsident und Professor der Stiftung Deutsches Historisches Museum“ eingefügt. Artikel 3 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Berlin, den 21. Dezember 2008 Der Bundespräsident Horst Köhler Die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel

Wolfgang Hartmann wurde vom BdVLandesvorstand am 3. Dezember als ordentliches Mitglied des Beirats im Haus des Deutschen Ostens vorgeschlagen. Stellvertreter soll Landesgeschäftsführer Walter Föllmer werden. Die Berufung obliegt der Sozialministerin.

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Als Ansprechpartner für das „Wertebündnis“ bei der Bayerischen Staatskanzlei wurde vom BdV Ernst Schroeder, Landesvorsitzender der Pommerschen Landsmannschaft, benannt. Integrationsbeauftragter MdL Neumeyer hatte eine Beteiligung gewünscht.


Stiftungsrat

Geschäftsordnung des Stiftungsrates der unselbständigen „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ Gemäß § 19 Abs. 7 letzter Satz des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Deutsches Historisches Museum“ (DHMG) vom 21.12.2008 (BGBl. I S. 2891) hat der Stiftungsrat der unselbständigen „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ am 5. November 2009 folgende Geschäftsordnung beschlossen. §1 Aufgaben des Stiftungsrates (1) Der Stiftungsrat entscheidet in Angelegenheiten von grundsätzlicher oder besonderer Bedeutung. Er entscheidet – in Konkretisierung der im DHMG ausdrücklich geregelten Fälle – insbesondere über: 1. die Grundsätze und Schwerpunkte der Stiftungsarbeit und die jährliche Arbeitsplanung, 2. Geschäfte, die die unselbständige Stiftung zu einer Ausgabe von mehr als 100.000 Euroverpflichten, 3. die Entlastung der Direktorin oder des Direktors, 4. die Anstellung und Kündigung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stiftung mit einer Vergütung ab TVöD E 13 auf Vorschlag der Direktorin oder des Direktors, 5. die Annahme von Zuwendungen nach § 17 Abs. 3 DHMG, 6. die Änderung der Geschäftsordnung. (2) Der Stiftungsrat kann Aufgaben ganz oder teilweise, allgemein oder im Einzelfall auf den Träger übertragen. §2 Sitzungen des Stiftungsrates (1) Der Stiftungsrat wird von der Vorsitzenden oder dem Vorsitzenden einberufen. Die Einberufung erfolgt unter Angabe der Tagesordnung, des Termins und des Sitzungsortes. Erforderliche Unterlagen sollen den Mitgliedern spätestens zwei Wochen vor der Sitzung übersandt werden. (2) In eiligen Fällen kann die Vorsitzende oder der Vorsitzende ohne Abhaltung einer Sitzung Beschlüsse auf schriftlichem Wege herbeiführen, soweit kein Stiftungsratsmitglied diesem Verfahren binnen 14 Tagen widerspricht. (3) Der Stiftungsrat soll mindestens zweimal im Geschäftsjahr einberufen werden. (4) Auf Antrag von mindestens vier Mitgliedern unter Nennung eines bestimmten Verhandlungsgegenstandes muss die oder der Vorsitzende weitere Sitzungen einberufen. (5) Der Stiftungsrat ist beschlussfähig, wenn zwei Drittel seiner Mitglieder anwesend oder vertreten sind oder nach § 19 Abs. 5 DHMG das Stimmrecht übertragen

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wurde. Die oder der Vorsitzende oder deren oder dessen Vertreterin oder Vertreter muss anwesend sein. Mehr als zwei Stimmrechtsübertragungen auf dieselbe Person sind unzulässig. Beschlüsse des Stiftungsrates bedürfen der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme der oder des Vorsitzenden oder der Vertreterin oder des Vertreters der oder des Vorsitzenden. Beschlüsse zur Änderung der Geschäftsordnung bedürfen der Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder. Über die Sitzungen des Stiftungsrates sind Protokolle zu fertigen, in denen der wesentliche Verlauf der Beratungen und die Beschlüsse festzuhalten sind. Die Protokolle sind von der Protokollantin oder dem Protokollanten und dem Stiftungsratsmitglied zu unterzeichnen, das die Sitzung geleitet hat.

§3 Zusammenarbeit mit der Direktorin oder dem Direktor (1) Die Direktorin oder der Direktor trägt die Verantwortung für die operative Tätigkeit der Stiftung. Sie oder er ist insbesondere auch für die Erstellung des jährlichen Tätigkeitsberichts sowie den Entwurf der jährlichen Arbeitsplanung verantwortlich. (2) Die Direktorin oder der Direktor unterrichtet den Stiftungsrat umfassend über alle wesentlichen Entwicklungen und Arbeiten der Stiftung. Sie oder er bereitet die Sitzungen des Stiftungsrates vor, koordiniert sie mit den Sitzungen des wissenschaftlichen Beraterkreises und ist für die Protokollführung (§ 3 Abs. 9 DHMG) verantwortlich. §4 Verhältnis zur Trägerstiftung (1) Der Stiftungsrat arbeitet mit den Organen und der Verwaltung der Trägerstiftung vertrauensvoll zusammen. Er ist ein eigenständiges und von den Organen der Trägerstiftung inhaltlich und konzeptionell weisungsunabhängiges Gremium. § 19 Abs. 8 DHMG bleibt davon unberührt. (2) Die Präsidentin oder der Präsident und die Verwaltung der Trägerstiftung unterstützen die „Stiftung Flucht Vertreibung, Versöhnung“ bei ihrer Arbeit und insbesondere bei Ausführung der Beschlüsse des Stiftungsrates. (3) Besteht über die Auslegung der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den Beteiligten ein unauflösbarer Dissens, so wird die oder der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien als Zuwendungsgeber eingeschaltet.

Brähmig neuer Vorsitzender der Gruppe der Vertriebenen Die CDU/CSU hat als einzige Fraktion eine „Gruppe der Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler“ in der neuen Legislaturperiode eingerichtet. In der konstituierenden Sitzung wurde der sächsische Abgeordnete Klaus Brähmig (CDU) in geheimer Abstimmung zum neuen Vorsitzenden der Gruppe gewählt. Als erster Stellvertreter wurde Stephan Mayer (CSU) in seinem Amt bestätigt. Mit 63 Abgeordneten ist diese soziologische Gruppe seit ihrer Gründung noch nie so stark gewesen. Dies ist umso bemerkenswerter, da anfangs alle Abgeordneten einen familiären Flucht- oder Vertreibungshintergrund besaßen und jetzt die Mehrheit der Nachkriegsgeneration angehört und aus Interesse beigetreten ist. Die Mitglieder der Gruppe dankten im Rahmen der Sitzung dem aus dem Deutschen Bundestag ausgeschiedenen bisherigen Vorsitzenden Jochen-Konrad Fromme herzlich für seine erfolgreiche Arbeit in der abgelaufenen 16. Wahlperiode.

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Stiftungsrat

Mitglieder des Stiftungsrates der „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung” Durch Kabinettsbeschluss vom 8. April 2009 wurden folgende zwölf Mitglieder bestellt (das 13. Mitglied aus den Reihen das BdV wurde bislang aus bekannten Gründen noch nicht der Bundesregierung vorgeschlagen).

Bund der Vertriebenen: – Christian Knauer, Vizepräsident – Albrecht Schläger, Vizepräsident Kirchen und Religionsgemeinschaften: – Dr. Petra Bahr, Kulturbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland – Weihbischof Dr. Hans-Jochen Jaschke, Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz – Prof. Dr. Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland

Aus dem Deutschen Bundestag: – Jochen-Konrad Fromme (CDU) – Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD) Auswärtiges Amt: – Günter Gloser, MdB, (damals) Staatsminister für Europa Bundesministerium des Innern: – MinDir Franz-Josef Hammerl, Leiter der Abteilung Migration, Integration, Flüchtlinge Beauftragter der Bundesregierung: – Bernd Neumann, MdB, Staatsminister, der Beauftragte für Kultur und Medien

Als stellvertretende Mitglieder wurden bestellt. Aus dem Deutschen Bundestag – Stephan Mayer (CSU) – Steffen Reiche (SPD) Auswärtiges Amt: – MinDirig Rolf Mafael, Beauftragter für Grundsatzfragen der EU-Außen-

beziehungen sowie Beziehungen zu den EU-Mitgliedsstaaten Bundesministerium des Innern: – Dr. Markus Kerber, (damals) Leiter der Abteilung Innenpolitische Grundsatzfragen Beauftragter der Bundesregierung: – MinDir’in Dr. Ingeborg BerggreenMerkel, Abteilungsleiterin beim Kulturbeauftragten Bund der Vertriebenen: – Dr. Bernd Fabritius, Präsidiumsmitglied – Oliver Dix, Präsidiumsmitglied Kirchen und Religionsgemeinschaften: – Dr. Hans-Wilhelm Pietz, Regionalbischof – Prälat Dr. Karl Jüsten, Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz – Lala Süsskind, Präsidiumsmitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland

100 Prozent für Birgit Unfug

djo-Landesjugendtag wählte neuen Vorstand Nürnberg war Austragungsort des Landesjugendtages vom 21. bis 22. November 2009. Das höchste Gremium der djo-Bayern leiteten Birgit Unfug am Samstag und Robert Wild am Sonntag. Der Landesjugendtag setzt sich aus den Delegierten der Mitgliedsverbände und den Landesvorstandsmitgliedern zusammen. Nach knapp zwei Jahren stand wieder die Wahl eines neuen Landesvorstandes auf der Tagesordnung.

Die personelle Zusammensetzung des Landesvorstandes änderte sich in drei Positionen. Birgit Unfug wurde als Landesvorsitzende in ihrem Amt mit 100 Prozent der abgegebenen Stimmen bestätigt. Zwei ihrer drei Stellvertreter bleiben Andreas Landau und Metin Akgül; Marcus Lüders wurde anstelle von Iris Wild, die nicht mehr kandidierte, zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Auch Gregor Woppert bleibt als Schatzmeister dem Gremium erhalten. Neu im

Landesvorsitzende: Birgit Unfug.

Vorstand sind als Beisitzerinnen Sabine Fuchs vom Jugend- und Studentenring der Deutschen aus Russland und Marina Roos von JunOst. Ausgeschieden sind Merle von Hornstein und Igor Kots, die sich beide für eine Kandidatur nicht mehr zur Verfügung stellten. Weiterhin wurden als Kassenprüfer Helge Böttcher und Markus Rottmoser und als Mitglieder des Schiedsgerichts Norbert Krause, AniNein, der Eindruck täuscht; Birgit ließ sich nicht vor den djo-Karren spannen! ta Reiprich, Andrea Thanner, Sonja Vielmehr wurde Iris Wild (vorn im Wagen) ehrenhaft aus dem Landesvorstand verabschiedet. Gregor und Andi mussten allerdings im Karren – Verzeihung – im Schmucker und Günther Gerstner gewählt. Boot bleiben.

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Jugend Patenprojekt in Untermaßfeld

Jugendarbeit, Bildung und Action Untermaßfeld war Ende November 2009 das Ziel vieler Jugendlicher, die beim Patenprojekt dabei sind. Das Projekt hatte diesmal für 60 Teilnehmer erneut vielfältige Themen angeboten, Action und Bewegung gehörten dazu, ebenso Informationen über Jugendarbeit und ihre Möglichkeiten und Aktivitäten, Tanzen und Musik sowie auch Fragen von Schule, Beruf und Arbeitswelt. Durch die Kooperation mit einem Projekt der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland konnten die von Olga Knaub zu den einzelnen Workshops eingeladenen Vertreter der Jugendarbeit sich ein Bild von der djo-Arbeit machen. Neben den Präsentationen der „Crazy Dancer“ um ihre Leiterin Anna Hergert aus Bad Neustadt und den „InMotion“ um Nasrin Ehsanifard aus Schweinfurt bot Dennis Kort einen Workshop zum Thema Film an, der ganz besonders für Fragen der Jugendarbeit inklusive Präsentationsformen sensibilisierte. Gedreht wurde im Jugendhaus und auf das Ergebnis sind alle gespannt. Natalia Katkovas Aerobic-Angebot ist vielen im Projekt bestens bekannt. Diesmal hat sie

noch einen Workshop über „Bewegung, Ernährung und Gesundheit“ angeboten, bei dem die Jugendlichen mit Interesse und Engagement dabei waren.

„K&K“: Olga Knaub und Veronika Keim bei einer Kommunikationsübung im Workshop von Christian Fenn.

Die Veranstalter waren stolz darauf, nach Bayreuth im Juli 2009 nun erneut jemanden von der „Technomix AG“ aus Pommersfelden für das Thema „Schule, Arbeitswelt und ich“ gewonnen zu

Franz Schneider zum Ehrenmitglied der djo-Bayern ernannt Franz Schneider wurde mit folgender Laudatio zum Ehrenmitglied ernannt: „Franz Schneider hat schon in jungen Jahren Verantwortung für Andere in der

Jungenschaft der djo übernommen, bis hin zum Landesjungenschaftsführer. Weiter hat er auf den verschiedensten Ebenen der djo Jugendpolitik gestaltet und auf Landesebene dem Vorstand in unterschiedlichen Funktionen angehört. Besonders erwähnenswert ist sein Engagement für die verbandliche Weiterentwicklung in der djo-Bayern, vom Verband junger Vertriebener und Flüchtlinge bis hin zur Öffnung für junge Zuwanderer. Franz Schneider hat sich auch in anderen Funktionen im Kreisjugendring engagiert. Seine Laufbahn als Heimleiter begann in Kirchbichl mit dem „Haus Altvater“, dem „Vorderduxerhof“ in Kufstein, bis hin zum „djo-Jugendund Kulturhof“ in Großholzhausen, dem er immer noch vorsteht.“

Unser Spendenkonto:

BdV-Landesverband Bayern Franz Schneider neues djo-Ehrenmitglied.

HypoVereinsbank München Konto 803 (BLZ 700 202 70)

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haben. Irina Kaiser stand als stellvertretende Vorstandsvorsitzende für alle Fragen und Bemerkungen zur Verfügung. Ihr Thema ist für die Jugendarbeit selbstverständlich. Ganz neu war ein Angebot von Christian Fenn aus Bad Neustadt, der nicht nur einen Workshop zu Fragen von Prävention leitete, sondern anhand einer sehr beeindruckenden Fotopräsentation über „Atmosphäre und astronomische Erscheinungen“ berichtete. Es wurde deutlich, dass man auch mit „ruhigeren“ Themen Interesse wecken und auf Begeisterung stoßen kann. Dies wird künftig Bestandteil der djoAngebote. Aus der Sicht des Projekts war die Teilnahme vieler ehrenamtlich Tätigen wichtig. Denn im anstrengenden Alltag wird oft vergessen, dass es darauf ankommt, die Beteiligten auch zu solchen Treffen einzuladen. Sie sind nicht nur eine große Unterstützung, sondern bereichern die Arbeit und das Profil der djo. Kein Wunder, dass sich Jugendliche und auch Erwachsene mit der djo identifizieren. Man wartet mit Ungeduld auf das nächste Treffen. Peter Hilkes

SL-Jugend feiert Die Sudetendeutsche Jugend feiert am 16. Januar, 16.00 Uhr, im Sudetendeutschen Haus, München ihr 60-jähriges Bestehen. Sozialministerin Christine Haderthauer, MdL, wird dabei die Festrede, der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, MdEP, ein Grußwort halten. Alle Interessierten sind hierzu eingeladen.

Satzungsänderung beschlossen Die Integration von jungen Menschen mit Migrationshintergrund ist ein Schwerpunkt der djo-Arbeit. Dieser war bisher in der Satzung nicht erwähnt. Deshalb beschloss der Landesjugendtag einen neuen Passus zu den bereits in der Satzung genannten Zielen einzufügen: „Eine wichtige Aufgabe der djo-Deutsche Jugend in Europa ist es im besonderen, junge Menschen mit Migrationshintergrund in die Jugendarbeit zu integrieren, sich für ihre gleichberechtigte Teilhabe und Chancengleichheit sowie sich für den Abbau von Benachteiligungen und eine politische und gesellschaftliche Integration einzusetzen.“


Jugend

Tanz- und Folkloreensembles „Ihna“ tourt durch den Süden von Brasilien Sie wurden bereits sehnsüchtig erwartet: Denis Gerson Simoes, Herausgeber von Internet-Portalen, brachte es in seiner Ansprache vor der Veranstaltung in Porto Allegre auf den Punkt: das Tanzund Folkloreensemble „Ihna“ aus Erlangen gilt bei den rund 260 deutschen Tanzgruppen im Süden von Brasilien als Vorbild für deutsche Folklore, an dem sich alle orientieren und nach dem sich alle richten. Durch mittlerweile drei Tourneen und drei jeweils sechswöchige VolkstanzLehrgänge für Tanzleiter in Gramado, geleitet von Silvia und Landulf Jäger, hat sich die Erlanger Tanzgruppe diesen Ruf erworben. Doch damit nicht genug. Auf Initiative von Eike Haenel ließ die Pommersche Landsmannschaft in Lübeck 600 Exemplare des Tanzbuches „Tänze der Begegnung“ von Willi Schultz nachdrucken, die mit Hilfe der Firma Siemens nach Gramado verschifft wurden. Auftritt im modensten Theater In Erlangen wurden zwölf brasilianische Trachtenschneider als Multiplikatoren in einem Workshop fit gemacht und regelmäßig werden die brasilianischen Tanzgruppen mit dem Trachtenbuch „Pommersche Volkstrachten“ und den dazu gehörigen Schnittmusterbogen ausgestattet. Dadurch sind sie in der Lage, Trachten selbst zu schneidern. Wurden von den brasilianisch-deutschen Tanzgruppen früher vorwiegend Dirndl und Lederhosen getragen, so hat sich das Bild gewandelt und man sieht heute überwiegend richtige Trachten. Über 4000 km tourte die Tanz- und Speeldeel „Ihna“ durch den Süden, zehn

Auch bei internationalen Auftritten stets ein Augenschmaus: Die Mitwirkenden des Tanzensembles „Ihna”.

Veranstaltungen „Lieder und Tänze aus Deutschland“ wurden dabei absolviert und vier Workshops durchgeführt. Die bedeutendste Veranstaltung fand im modernsten Theater Südbrasiliens, in Jaraguá do Sul im Bundesstaat Santa Catarina, mit über 1.000 Zuschauern statt. Das attraktive Ihna-Programm mit Schwung, Temperament und einem Schuss Akrobatik begeisterte die Brasilianer, die jedes Mal mit „Standing Ovations“ die Erlanger enthusiastisch feierten. Und ebenso regelmäßig wurde nach jedem Auftritt die Bühne gestürmt, um Autogramme zu bekommen und sich mit den Erlanger Tänzern fotografieren zu lassen. Wegen der grassierenden Schweinegrippe musste das brasilianische Gesundheitsministerium allerdings die weiteren Veranstaltungen auf maximal 300

Personen begrenzen. Brasilien leidet besonders unter der Krankheit. Fast 600 Tote wurden bisher gezählt. „Pomeranos“ nennt man in Brasilien die Nachfahren pommerscher Einwohner, die sich im 19. Jahrhundert vorwiegend im Staat Espirito Santo angesiedelt haben. Und aus Santa Maria in Jetiba in Espirito Santo kam auch ein Kleinbus mit jungen Pomeranos von der Tanzgruppe „Pommerland“, die eine Veranstaltung besuchten und an einem Workshop teilnahmen. Sie brachten einen Mitarbeiter des Kulturreferates mit, der die „Ihna“ offiziell zu einer weiteren Tournee auch nach Espirito Santo in den nächsten Jahren einlud. Eine erfolgreiche Feuertaufe war die Organisation dieser Tournee für Silvia JäErfolgreiche Feuertaufe ger, die diese Aufgabe mit der Position der Vorsitzenden von Eike Haenel übernommen hat. Ein Zuckerschlecken war die Tournee allerdings nicht. Zwei Nachtfahrten mit dem Omnibus, die 90-minütigen Veranstaltungen und die täglichen Fahrten von einem Veranstaltungsort zum anderen gingen an die Substanz der 30 Reiseteilnehmer. Ein verdienter Ausgleich dafür waren die touristischen Höhepunkte der Reise. Ein Besuch der berühmten Wasserfälle von Foz do Iguacu im Dreiländereck Brasilien, Argentinien, Paraguay, eine Bootsfahrt mitten durch die Wasserfälle, ein mehrstündiger Ausflug nach Argentinien und der Besuch von Rio de Janeiro entschädigten für viele Reisestrapazen und rundeten die erfolgreiche Tournee ab. Eike Haenel

Ina aus Polen trifft Ihna aus Deutschland Die Versöhnungsbemühungen des BdV-Kreisverbandes Erlangen-Höchstadt, am Beispiel eines polnischen und deutschen Tanzensembles. Beide tragen den Namen des gleichen Flusses. Früher lag er in Deutschland und heute liegt er in Polen. Und beide tragen den Namen mit Berechtigung. Die „Ihna“ mit „h“ betrachtet das Leben an der Ihna bis 1945 und die „Ina“ ohne „h“ von 1945 bis zum heutigen Tag. Beide Tanzgruppen sind Freunde.

Schon seit der Geburt der Ina ohne „h“ im Jahre 1993. Die Vergangenheit haben sie als Freunde aufgearbeitet. Die Leute der Ihna mit „h“ nennen die Stadt, aus der die Ina ohne „h“ kommt, Gollnow und wissen, dass sie heute in Polen liegt und Goleniow heißt. Die Leute der Ina ohne „h“ haben nichts dagegen, denn sie hieß bis 1945 ja wirklich Gollnow. Und so gibt es nach dem Motto „Durch Wahrheit zum Miteinander“ zwischen beiden Tanzgruppen keine Unter-

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schiede, bis auf ein kleines, ganz unbedeutendes „h“. Die Rede ist von dem polnischen Tanzensemble „Zespól Piesni i Tanca Ziemi Goleniowskiej Ina“ aus Gollnow und dem pommerschen Tanz- und Folkloreensemble „Ihna“, plattdeutsch Danz- und Speeldeel „Ihna“, aus Erlangen. Sie werden gemeinsam den „Tag der Heimat“ am Sonntag, 10. Oktober, 15.00 Uhr, im Freizeitzentrum Frankenhof, Südl. Stadtmauerstraße 35, Erlangen gestalten.


Kirche

Weihbischof em. Gerhard Pieschl als Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz verabschiedet Der emeritierte Weihbischof in Limburg, Gerhard Pieschl, wurde am 21. September 2009 im Rahmen der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda verabschiedet. Mit der Herbstvollversammlung 2009 endete nach mehr als 32 Jahren das Wirken von Weihbischof em. Pieschl als Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz und als Beauftragter für die Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch (Erzdiözese Freiburg), dankte Weihbischof em. Pieschl im Namen der deutschen Bischöfe für seine Mitarbeit und sein Wirken in der Bischofskonferenz: „Weihbischof Gerhard hat sich stets als erfahrener, verständnisvoller und lebensfroher Seelsorger auch im Bischofsamt erwiesen. Er ist ein belesener Kenner der Geschichte, Literatur und Musik. Er liebt die Kommunikation. Wir konnten seine enorme Arbeitskraft, seinen sprühenden Humor, seinen tiefen Glauben und seiUm Gerechtigkeit bemüht ne kreative Seelsorge sehen.“ Als „Vertriebenenbischof“ habe Weihbischof em. Pieschl dafür gekämpft, Vorurteile und Misstrauen zwischen den Menschen in den Ländern Europas abzubauen. Seine Arbeit sei durch eigene Erfahrungen und einer tiefen Frömmigkeit geprägt gewesen. „Dabei hat sich Weihbischof Gerhard Pieschl mit seiner den Menschen zugewandten Art, die ihn nicht daran hindert, seine Überzeugungen mit klaren Worten zu vertreten, vielfältige Sympathien und große Anerkennung diesseits und jenseits unserer Grenzen erworben“, erklärte Erzbischof Dr. Zollitsch. Für seine Bemühungen um Wahrheit und Gerechtigkeit, um die Pflege des religiös-kulturellen Erbes der Heimatvertriebenen der verschiedenen Herkunftsgebiete, wie auch um eine tragfähige Nachbarschaft zwischen den Menschen im Herzen Europas aus der Kraft des christlichen Glaubens, erhielt Weihbischof em. Pieschl unter anderem das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse, die Ehrenplakette des Bundes der Vertriebenen, den Europäischen Karlspreis der

Sudetendeutschen Landsmannschaft, wie auch die Wilhelm-Leuschner-Medaille für besondere Verdienste um das Bundesland Hessen. Sein ehemaliges Heimaterzbistum Olmütz in Mähren ernannte ihn im Jahr 2000 zum „Eh ren-Domkapitular“. Auch die Philosophische Fakultät der Universität Péc (Fünfkirchen) in Ungarn wird Weihbischof Gerhard Pieschl für seine Arbeit auszeichnen und ihm im Oktober d. J. die „Ehrendoktorwürde“ verleihen. Weihbischof em. Gerhard Pieschl feierte am 23. Januar 2009 seinen 75. Geburtstag und hatte dem Papst, wie im Kirchenrecht vorgesehen, den Verzicht auf das Auxiliarbischofsamt angeboten. Benedikt XVI. hatte den Verzicht angenommen, bat ihn aber bis zur Ernennung eines neuen Weihbischofs in Limburg im Amt zu bleiben. Seine Amtszeit endete mit der Ernennung von Domkapitular Dr. Thomas Löhr zum Weihbischof am 15. Juni 2009. In Mährisch-Trübau (heute Tschechien) geboren, empfing Gerhard Pieschl am 8. Dezember 1961 die Priesterweihe. Danach wirkte er zunächst als Subregens im Bischöflichen Konvikt in Hadamar. Seine Kaplanszeit verbrachte er in Bad Ems, Bad Schwalbach und Frankfurt. Als Divisionspfarrer der 5. Panzerdivision kam Pieschl 1968 nach Diez/Lahn. Danach wurde er Militärdekan und ging nach Koblenz. Bischof Dr. Wilhelm Kempf holte den damals 44-jährigen Theologen in die Domstadt an der Lahn und weihte ihn am 23. Oktober 1977 im Bartholomäusdom (Frankfurt/Main) zum Bischof. Im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz war er von 1979 bis 2000 zuständig für die Polizeiseelsorge,

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von 1983 bis 2009 auch für die Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge. Von Herzen danken wir Weihbischof em. Pieschl vor allem für seinen mehr als ein Viertel Jahrhundert engagierten Dienst als „Vertriebenenbischof“. Selbst vom Vertreibungsschicksal geprägt wurde ihm die kirchliche Beheimatung und gesellschaftliche Integration der deutschen Flüchtlinge, Vertriebenen und Aussiedler wie auch die Verständigung und Aussöhnung mit unseren mittelost- und südosteuropäischen Nachbarvölkern zu einer Lebensaufgabe. Er war in allen Situationen auf beispielhafte Weise seinem Bischofswort treu: „Non recuso laborem“ (Ich scheue keine Mühen). Möge Gott Weihbischof Gerhard Pieschl viele Jahre in guter Gesundheit schenken, die es ihm weiterhin ermöglichen, so lebendig und kommunikativ unter uns zu sein, wie wir ihn kennen und schätzen. Wir wünschen ihm einen erfüllten neuen Lebensabschnitt als Emeritus und vor allem Gottes reichen Segen. Franz M. Herzog

Hauke folgt Pieschl Weihbischof Dr. Reinhard Hauke wurde auf der Herbst-Vollversammlung der deutschen Bischöfe in Fulda zum „Beauftragten für die Vertriebenen- und Aussiedlerseelsorge“ berufen. Er übernimmt diese Aufgabe in Nachfolge der emeritierten Weihbischofs Gerhard Pieschl. Hauke kommt aus dem Bistum Erfurt und ist sechstes Kind der heimatvertriebenen schlesischen Eheleute Hilde und Hans Hauke. Der am 6. November 1953 geborene Theologe empfing am 30. Juni 1979 durch Bischof Hugo Aufderbeck die Priesterweihe. Es folgten Kaplanstellen in Jena und Heiligenstadt, bis er 1987 als Präfekt im Priesterseminar und Domvikar nach Erfurt kam. Von 1992 bis 2005 war Dr. Hauke Dompfarrer an St. Marien und zusätzlich als Dozent für Liturgiewissenschaften am Erfurter Priesterseminar und als Rundfunkbeauftragter seiner Diözese beim MDR tätig. Erreichbar ist der Bischof im Bischöflichen Ordinariat Erfurt, Hermannsplatz 9, 99084 Erfurt, Tel. 03 61/65 72-2 81, Fax 03 61/65 72-4 44. Der BdV Bayern gratuliert von Herzen zur neuen Aufgabe und wünscht hierzu Gottes Segen!


Landespolitik

Vor dem Vertriebenenbeirat:

„Perspektiven für russlanddeutsche Spätaussiedler“ Von Martin Neumeyer, MdL – Integrationsbeauftragter in Bayern Der Integrationsbeauftragte zu Gast beim Vertriebenenbeirat. Das klingt zunächst einmal wie ein Widerspruch: Denn zum einen sind die Heimatvertriebenen seit Jahrzehnten hervorragend in unsere Gesellschaft integriert – und zum anderen gab es damals, in den Jahren nach dem Krieg, zwar Eingliederungshilfen, aber keinen „Integrationsbeauftragten“. Es gab einen Bundesvertriebenenminister, doch es war klar, dass dieses Amt irgendwann einmal nicht mehr notwendig sein würde.

gibt zwei Punkte, wo sich die Tätigkeit des Bundes des Vertriebenen und die heutige Integrationspolitik berühren: Zum einen verdanken wir der Eingliederung der Heimatvertriebenen viele wertvolle Erfahrungen, die wir auch heute – bald 65 Jahre danach – noch nutzen können, wenn es darum geht, Menschen zu integrieren. Zum anderen gibt es mit den Spätaussiedlern eine Gruppe, die de jure zu den Vertriebenen zählt, zugleich aber in einer Zeit zu uns kommt, in der – anders als nach dem Krieg – auch viele

MdL Neumeyer Integrationsbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung

Seit 2003 vertritt Martin Neumeyer als direkt gewählter Kandidat im Stimmkreis Kelheim die Belange der Bürger im Landtag. Er ist Mitglied im Rechtsund Verfassungs- sowie im Hochschul-

ausschuss und der Datenschutzkommission. In der CSU-Landtagsfraktion leitet er die Arbeitsgruppe Integration und Islam. Der Abgeordnete kann auf viele Jahre politischer Erfahrung zurückblicken. Seit seiner Schulzeit ist er aktiv in CSU und JU, seit 1984 schon ist er Kreisrat in Kelheim und Stadtrat seiner Heimatstadt Abensberg. Dort wirkt er auch als Kulturreferent. In seiner Funktion als CSU-Kreisvorsitzender organisiert er jedes Jahr im September den Politischen Gillamoos, die zweitgrößte CSUKundgebung nach dem Politischen Aschermittwoch in Passau. Ehrenamtliches Engagement in einer Vielzahl von Vereinen ist für Martin Neumeyer selbstverständlich. So ging er mit dem Weltrekordhalter im Nordic Walking über 16 Stunden hinweg zur neuen Bestmarke. Neben der Familie ist Sport ein wichtiger Aspekt für ihn, um neue Kraft für die politische Arbeit zu tanken.

Beim Thema Integration ist es genau umgekehrt. Integration ist eine Herausforderung, die nicht über Nacht über uns gekommen ist, die aber in ihrer Brisanz in den letzten Jahren stetig zugenommen hat. Das ist eine Folge der Zuwanderung, noch mehr aber der demographischen Entwicklung, die dafür sorgt, dass immer mehr Kinder zumindest einen Elternteil haben, der in der Fremde geboren wurde oder von daher stammt. Es

Ausländer nach Bayern einwandern. Dabei dürfen wir freilich nicht den Fehler machen, Äpfel und Birnen zu vergleichen. Die Heimatvertriebenen und Spätaussiedler sind Deutsche – und sie kamen in ihrer überwältigenden Mehrheit nicht freiwillig, sondern zwangsweise zu uns nach Bayern. Deshalb halte ich es auch nicht für richtig, wenn sie in der Integrationspolitik ¨uber einen Kamm geschert werden mit Zuwanderern aus an-

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deren Erdteilen, die unter ganz anderen Voraussetzungen hier in Deutschland ihre Zukunft suchen. Als in den siebziger Jahren die ersten Spätaussiedler aus den ehemaligen Ostgebieten, Polen, Rumänien und vereinzelt auch aus anderen Ostblockländern zu uns kamen, trieb sie oft blanke Not. In ihrer Heimat sahen sie sich einer Perspektivlosigkeit gegenüber, die wir uns kaum vorstellen können. Hinzu kam, dass sie als Deutsche diskriminiert wurden – und keinerlei Chance hatten, diesem Teufelskreis jemals zu entrinnen. In den neunziger Jahren folgte dann der große Exodus aus der ehemaligen Sowjetunion. Auch hier sollte man sich keine Illusionen machen: In Russland und der Ukraine war es der gesellschaftliche und wirtschaftliche Verfall, der die Deutschen außer Landes trieb, in den zentralasiatischen Ländern mitunter blanker Terror. Hier fand seinerzeit eine regelrechte Vertreibung der Europäer, vor allem der Russen und Deutschen, statt. Wer seine Zweifel hat, wie es in jenen Jahren unmittelbar nach der Wende in der ehemaligen Sowjetunion aussah, sollte einmal die einschlägigen Bu ¨cher lesen. Gerade hat Helmut Altrichter in einem wuchtigen Werk „Russland 1989“ beschrieben. Darin zeigt er deutlich, wie auch moralisch heruntergekommen die ehemals kommunistischen Länder in jener Zeit waren. Es war beileibe nicht nur die wirtschaftliche Not, die viele Menschen damals dazu brachte, nach Deutschland zu gehen. Die Deutschen aus Russland sind für mich eine ganz besondere Gruppe: Sie haben in der jüngeren Geschichte mehr erdulden müssen als die meisten Landsleute: Diskriminierung, Deportation und Zwangsarbeit – und nicht wenige haben in den Wirren der Nachkriegszeit oder im Gulag ihr Leben verloren. Die Russlanddeutschen sind Opfer einer Geschichte, für die alle Deutschen gleichermaßen verantwortlich sind – und gerade deshalb haben sie auch meine besondere Sympathie. Trotzdem wurden sie, als sie dann vor allem in den neunziger Jahren nach Deutschland kamen, keineswegs mit offenen Armen aufgenommen. Die Deut-


Landespolitik schen aus Russland stießen auf Vorbehalte und Vorurteile – und irgendwann glaubte dann jeder, alle Russlanddeutschen seien kriminell. Einzelfälle wurden aufgebauscht und auch manche Politiker haben da eine gefährliche Stimmung geschürt. Hätte die sich gegen Ausländer gerichtet, wären sie ganz schnell ihr Amt losgewesen. Fremdenfeindlichkeit gegen die Russlanddeutschen – oder „die Russen“, wie sie der damalige niedersächsische Innenminister Bartling nannte, war durchaus o. k. Für mich ist das Ausdruck des unseligen Erbes von 1968: Ausländer sind in dieser Perspektive immer gut, immer Opfer einer intoleranten Mehrheitsgesellschaft, Vertriebene und Spätaussiedler dagegen böse Revanchisten, die man ungestraft beschimpfen darf. Hervorragende Integration Dabei haben sich die Deutschen aus Russland weit besser als jede andere Zuwanderergruppe in unsere Gesellschaft integriert. Dieses Ergebnis einer Anfang des Jahres erschienenen Untersuchung des „Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung“ hat allenthalben für Aufsehen gesorgt. Denn bislang war das Image der Deutschen aus Russland ja alles andere als gut. Ich hoffe, dass angesichts dieser Fakten jetzt endlich ein Umdenken stattfindet – in der Politik wie in den Medien. Die Russlanddeutschen sind erfolgreich. Und das, obwohl ihre Berufsabschlüsse hierzulande häufig nicht anerkannt werden und sie unterhalb ihrer Qualifikation arbeiten müssen. Aber statt zu lamentieren packen sie an. Integrationskurse und andere Hilfsprogramme helfen ihnen dabei. Diese stehen aber auch anderen Gruppen von Zuwanderern zur Verfügung – ohne dass diese sich so erfolgreich integrieren wie die Aussiedler. Und nicht nur das – in der zweiten Generation, bei den Kindern der aus Russland, Kasachstan oder Kirgisien eingewanderten Aussiedler schneiden sie sogar besser ab als die einheimischen Deutschen. Sie stellen mehr Gymnasiasten und Akademiker, die Jugendarbeitslosigkeit ist geringer unter ihnen und es gibt es auch weniger Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind als bei den Einheimischen. Wenn das keine Leistung ist – besser kann man sich einfach nicht integrieren. Zudem gründen die Deutschen aus Russland in doppelt so vielen Fällen wie die Einheimischen eine Familie. Und sie ha-

ben im Durchschnitt auch mehr Kinder. Das zeigt ihren Optimismus und ihren Willen, heimisch zu werden in unserer Gesellschaft. Sicher, unsere demographischen Probleme werden sich auch damit nicht lösen lassen. Aber der Familiensinn der Russlanddeutschen ist ein Zeichen, das in die Zeit passt. Gegen das Imageproblem Bei all diesen Erfolgen haben die Deutschen aus Russland nach wie vor ein Imageproblem. Es wird einer unserer vorrangigen Aufgaben sein, dem endlich entgegenzuwirken. Wir brauchen Information und Aufklärung; wir müssen den Menschen hierzulande besser erklären, warum die Spätaussiedler eigentlich zu uns kommen. Da ist sicher viel versäumt worden. Dabei ist der Abbau von Vorurteilen und Ressentiments wichtiger als so manches großzügige Integrationsprogramm. Die Mehrheitsgesellschaft überzeugen, die Leute einbinden auf dem Weg der Integration – das wünsche ich mir. Das gilt übrigens nicht nur für die Eingliederung der Deutschen aus Russland, sondern für die Integration aller Menschen, die zu uns kommen. Denn ohne die Mitwirkung und Offenheit derer, die schon hier sind, kann Integration nicht funktionieren. Schließlich ist Integration immer ein zweiseitiger Prozess – wenn eine der beiden Seiten nicht will, wird sie keinen Erfolg haben. Für mich ist dabei selbstverständlich, dass wir dabei den besonderen Charakter der Russlanddeutschen berücksichtigen. Nicht nur, weil die meisten von ihnen unsere Sprache sprechen, sind sie keine Zuwanderergruppe wie jede andere. Nein, sie sind schlicht Deutsche, ein deutscher Stamm, wie wir Bayern, Franken, Sachsen oder Schlesier. Auch das, finde ich, kommt in der Debatte über die Russlanddeutschen zu kurz. Zielgerichtete Förderung Deshalb sollte man die Integrationsmaßnahmen für diese Gruppe auch zielgerichteter gestalten. Ohnedies bin ich der Ansicht, dass Zuwanderer zu unterschiedlich sind, als dass einheitliche Programme schon von vornherein erfolgversprechend wären. Ein syrischer Arzt hat andere Bedürfnisse als eine anatolische Großfamilie und die unterscheidet sich wiederum sehr vom indischen Computerspezialisten. Hier läuft vieles ins Leere, solange wir Ungleiches weiterhin gleich behandeln.

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Auch unter den Spätaussiedlern selbst gibt es sehr unterschiedliche Voraussetzungen: Viele können bereits sehr gut deutsch, andere müssen es erst erlernen. Das gilt vor allem natürlich für russischstämmige Familienangehörige aus Mischehen, die ihren Partner nach Bayern begleiten. Aber ich glaube, jeder einzelne Euro, der hier für Integrationsprogramme und Sprachförderung angelegt wird, ist eine gute Investition in die Zukunft, die sich gleich mehrfach verzinsen dürfte. Es gibt zahlreiche Förderprogramme zur besseren Integration der Spätaussiedler, die sie sicherlich alle kennen. Es ist nicht meine Aufgabe, sie jetzt zu referieren. Wichtiger als finanzielle und materielle Hilfe bleibt für mich ohnehin die gesellschaftliche Akzeptanz. Dazu gehört auch, dass die Einheimischen die Russlanddeutschen als Teil ihrer gemeinsamen Geschichte begreifen und historische Verantwortung übernehmen. Aus diesem Grund bin ich auch schon vor einigen Jahren der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland beigetreten. Auch wenn ich Niederbayer und sehr stolz auf meine Heimat bin, fühle ich doch, dass auch das Schicksal der Russlanddeutschen, dass ihre Kultur und Geschichtsunterricht stärken Traditionen Teil unserer gemeinsamen Identität sind. Und das möchte ich durch meine Mitgliedschaft in der Landsmannschaft dokumentieren. Daran schließt auch mein nächster Vorschlag an, wie man die Integration der Deutschen aus Russland in unsere Gesellschaft noch stärker fördern könnte: Ihre Geschichte, ihr Schicksal muss Lehrstoff in allen Schulformen werden. Denn nur wenn wir alle, wenn auch unsere Kinder, diesen Teil unserer Geschichte, unserer Kultur und unserer Traditionen kennen, begreifen sie die Wurzeln, auf denen unsere Identität aufbaut. Nur wer seine Wurzeln kennt, wer weiß, wo er herkommt, gewinnt festen Boden unter den Fu ¨ßen. Orientierung erwächst aus Herkunft. Das gilt für einzelne Menschen, aber auch für ganze Völker. Aus diesem Grund ist es für mich auch von entscheidender Bedeutung, dass wir uns nicht nur stärker mit der Geschichte und Kultur der Spätaussiedler, sondern aller Heimatvertriebener befassen. Allein in Bayern hat jeder Vierte seine Wurzeln in Böhmen, Schlesien oder Siebenbürgen. Dieses wertvolle Erbe dürfen wir auf keinen Fall vergessen.


Landespolitik Dabei wird auch manches Schmerzliche zur Sprache kommen. Denn nicht überall wurden die Heimatvertriebenen wirklich als Landsleute empfangen. Oft genug standen sie im zerstörten Nachkriegsdeutschland vor verschlossenen Türen, wurden als Konkurrenz und Eindringlinge angesehen. Auch wenn ihre Integration letztlich sehr erfolgreich gelungen ist, hat das doch Spuren hinterlassen. Auch darüber müssen wir reden. Die Heimatvertriebenen – und nach ihnen die Spätaussiedler – haben ihre Werte und kulturellen Traditionen in unsere Gesellschaft eingebracht. Bayern hat davon ganz besonders profitiert. Zur Pflege dieses Erbes hat unser Kultusministerium ganz hervorragendes Material Gutes Unterrichtsmaterial erarbeitet, um die Geschichte und Kultur der ehemaligen deutschen Siedlungsgebiete im Osten Europas im Unterricht zu illustrieren. Ich denke da aber auch an den erfolgreichen Schülerwettbewerb „Die Deutschen und ihre östlichen Nachbarn“, der viel Resonanz gefunden hat. Mein Vorschlag wäre, diese hervorragenden Lehrmaterialien und die aus ihnen erwachsenen Ideen und Konzepte noch viel stärker als bisher in den Unterricht einzubeziehen. Keine Schülerin und kein Schüler sollte künftig die Schule verlassen ohne über die Grundzüge von Geschichte und Kultur der Heimatvertriebenen und die Landschaften und Regionen, in denen sie gelebt hatten, Bescheid zu wissen. Ich weiß, das ist ein hehrer Anspruch, aber das sollte es uns dieses Erbe wert sein. Wertebündnis der Staatskanzlei Apropos Werte: Die Bayerische Staatskanzlei hat heuer ein „Wertebündnis“ ins Leben gerufen, dass sich vor allem auch der Vermittlung von Werten an die junge Generation verpflichtet fühlt. Als Integrationsbeauftragter gehöre ich zu den Bündnispartnern. Noch nicht dabei sind leider die Heimatvertriebenen. Mit Ihrer Zustimmung werde ich den BdV gerne als Mitglied vorschlagen und würde mich freuen, dann gemeinsam mit Ihnen ein Projekt für das Wertebündnis zu entwickeln. Denn die Heimatvertriebenen – und das gilt natürlich ganz besonders auch für die Russlanddeutschen – besitzen Kompetenzen, die andere nicht haben und die von der Gesellschaft viel zu wenig genutzt werden. Dazu gehören ihre Mehr-

sprachigkeit und natürlich auch ihre Kenntnis einer anderen Kultur. Das hilft bei wirtschaftlichen Kontakten, aber auch beim ganz gewöhnlichen menschlichen Miteinander. Heute ist viel von „interkultureller Kompetenz“ die Rede. Wer besitzt mehr davon als die Russlanddeutschen? Sie sind die natürlichen Vermittler.

Adolf Fetsch klar wiedergewählt

Vertriebenenpolitik bleibt aktuell Und die Deutschen aus Russland erinnern uns daran, dass Geschichte niemals vorbei ist. Nach vierzig, fünfzig Jahren im Schatten und weitgehend vergessen waren sie in den neunziger Jahren plötzlich ganz oben auf der politischen Agenda. Das sollte gerade auch denen eine Lehre sein, die immer wieder behaupten, Vertriebenenpolitik sei heute sechs Jahrzehnte danach nicht mehr wichtig – sie sei ein Auslaufmodell. Das finde ich nicht nur zynisch, es ist auch schlichtweg dumm. Die Vertreibung ist Teil unserer nationalen Identität. Sie hat aus den Deutschen ungewollt ein Volk der Migranten gemacht. Diese Wanderung gehört heute zum kollektiven Gedächtnis unseres

Wichtiger Termin: BdV-Bundesversammlung 24. Oktober 2010 · Berlin Landes – und das Wissen darüber und die damals gemachten Erfahrungen sind nicht die schlechteste Voraussetzung dafür, heute nachhaltige Integrationspolitik zu formulieren. Für mich sind Integrationspolitik und Vertriebenenpolitik daher zwei Seiten einer Medaille. Aus diesem Grund bin ich auch Mitglied der Arbeitsgruppe „Vertriebenenpolitik“ der CSU-Landtagsfraktion und habe sehr intensiv am Fraktionspapier mitgearbeitet, das wir unter dem Titel „Bayern – Herz und Mittler Europas“ vor bald zwei Jahren in Kreuth verabschiedet haben. Ohne das Damals wird uns das Morgen nicht gelingen.

Geschäftsstelle des Integrationsbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung Schellingstraße 155 80797 München Telefon 089/1261-1984 Fax 089/1261-1987 www.stmas.bayern.de

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Bei der Bundesdelegiertenversammlung der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland am 14. und 15. November in Stuttgart-Vaihingen wurde Adolf Fetsch in seinem Amt als Bundesvorsitzender bestätigt. Der 69-Jährige setzte sich in einer Kampfabstimmung mit 82 zu 20 Stimmen gegen Dr. Arthur Bechert durch und geht damit in seine dritte Amtszeit. Bei der Wahl der übrigen Mitglieder des Bundesvorstandes wurden Leontine Wacker (Baden-Württemberg) und Lilli Bischoff (Niedersachsen) in ihren Ämtern bestätigt. Neu im Bundesvorstand sind Waldemar Weiz (Nordrhein-Westfalen), Ewald Oster (Bayern), Dr. Alfred Eisfeld (Niedersachsen) und Rosa Emich (Hessen).

BdV-Ehrungen in Rosenheim Anlässlich des Tages der Heimat in Rosenheim zeichnete BdV-Landesvorsitzender Christian Knauer seinen Namensvetter Otto Knauer und Irene Kuhnigk sowie Manfred Maier, Bruckmühl, mit dem goldenen Ehrenzeichen für ihre langjährige Mitarbeit in den Landsmannschaften aus. Das silberne Ehrenzeichen erhielten Sabine Kink, Ingrid Kröff, Marianne und Horst Lexut sowie Hella Schmolin. Knauer, der den Festvortrag hielt appelierte eindringlich an die politisch Verantwortlichen, dass Flucht und Vertreibung niemals als Mittel der Politik akzeptiert werden dürften. An der Veranstaltung nahmen auch Staatsminister a. D. Franz Neubauer sowie stellvertretender Landrat Josef Huber und Vize-Bürgermeister Heindl teil.


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Mitarbeiterschulung der Deutschen aus Russland Nur zwei Wochen nach der Kulturtagung in Regensburg trafen sich ehrenamtliche Mitarbeiter der Landesgruppe Bayern am 24. und 25. Oktober zu einer Multiplikatorenschulung zum Thema „Ehrenamt: Attraktiver – effizienter – transparenter“ in der Tagungsstätte der Steyler Missionare in München. Rund 40 Mitglieder der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland (LMDR) aus den bayerischen Orts- und Kreisgruppen hatten sich für das Wochenende Zeit genommen. Sie unterstrichen die zunehmende Intensität der Arbeit der Landesgruppe, die seit 1. September 2009 zusätzlichen Rückenwind durch die Arbeit im Rahmen des Projektes „Angekommen und integriert in Bayern“ bekommen hat. Dieses wird von Olga Knaub in den Regierungsbezirken Oberpfalz, Ober-, Mittel- und Unterfranken sowie von Olga Gusch in Schwaben, Ober- und Niederbayern geleitet. Wie bei Multiplikatorenschulungen der Landsmannschaft üblich, wechselten sich Fachreferate, Aussprachen und Arbeit in Gruppen im Tagesprogramm ab. Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden der Landesgruppe Bayern, Eduard Neuberger, und den Vorsitzenden der Ortsund Kreisgruppe Augsburg, Juri Heiser, der gemeinsam mit Olga Knaub die Moderation übernommen hatte, berichtete Ursula Birnkammer vom Landratsamt Altötting über ihre Erfahrungen in der Netzwerkarbeit im Bereich Migration und gab ihren Zuhörern eine Reihe wertvoller Hinweise mit auf den Weg. Peter Hilkes, Landeskoordinator des Pa-

tenprojekts der djo-Deutsche Jugend in Europa und des Bayerischen Jugendrings, befasste sich anschließend mit grundlegenden Überlegungen zur Verbesserung von Kommunikationsstrukturen innerhalb der Netzwerkarbeit. Sozialarbeiter Christian Fenn erläuterte die Verästelungen der spätaussiedlerorientierten Netzwerkarbeit im Landkreis Bad Kissingen, die dort seit rund zehn Jahren läuft und zu einer erheblichen Verbesserung der Integration der Deutschen aus Russland und ihrer Akzeptanz durch die einheimische Bevölkerung geführt hat. „Kleinprojekte als Instrument der öffentlichen Anerkennung und der Stärkung des Verbandes“ und „Zusammen-

arbeit mit lokaler Presse und kommunalen Netzwerken“ lauteten die Themen der Referate von Wladimir Seitz und Waldemar Axt. Letzterer sprach auch über Fragen des Finanzwesens in den Gliederungen der LMDR. Hans Kampen, Redakteur der Verbandszeitung „Volk auf dem Weg“, stellte die Pressearbeit der Landsmannschaft in eigenen und fremden Publikationen vor, gab Tipps zum professionellen Verfassen von Artikeln und sammelte Empfehlungen für eine eventuelle Verbesserung der landsmannschaftlichen Öffentlichkeitsarbeit. Olga Knaub verwies auf konkrete Beispiele der Integrationsarbeit in Schulen und deren Fördermöglichkeiten.

Kulturtagung der LMDR Zu ihrer zweiten Kulturtagung des Jahres lud die Landesgruppe Bayern der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland am 10. Oktober nach Regensburg ein. Im Thon-Dittmer-Palais versammelten sich Vertreter der Ortsgruppen, die sich in der kulturellen Breitenarbeit engagieren. Sie wurden vom bayerischen Landesvorsitzenden der Landsmannschaft, Eduard Neuberger, Landeskulturreferentin Linda Wolf und vom Regensburger Vorsitzenden Waldemar Eisenbraun begrüßt. Letzterer hatte sich als Gastgeber mächtig ins Zeug gelegt. Die Veranstaltung wurde vom Haus des Deutschen Ostens in München unterstützt. E. Neuberger

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60 Jahre Landsmannschaft der Oberschlesier in München Die Landsmannschaft der Oberschlesier in München feierte am 4. und 5. Dezember ein Jubelfest. Vor 60 Jahren hatten sich vertriebene und geflüchtete Frauen und Männer aus Oberschlesien zusammengeschlossen, um in Bayern, insbesondere aber in München, die Kultur, das geistige Erbe und die Hoffnung auf Wiedererlangung der verlorenen Heimat in Oberschlesien lebendig zu halten. In der Zeit des Hoffens und Bangens, des Wiederaufbaus und des kalten Krieges hatten sich die Oberschlesier immer mehr zu einer Gemeinschaft entwickelt, die eine wichtige Brückenbauerfunktion zwischen Ost und West, zwischen Bayern und Oberschlesien einnahm. Niemals Bernard Gajda Ehrengast das Ziel aus den Augen zu verlieren, den Mut und die Hoffnung fahren zu lassen und permanent in der neuen Heimat auf das unverdiente Los der Oberschlesier hinzuweisen, waren Auftrag und Beweggründe für die Arbeit in der Landsmannschaft. Sozialministerin Christine Haderthauer, die freundlicher Weise die Schirmherrschaft über die Festveranstaltung übernommen hatte, hob in ihrem Grußwort die großen Verdienste der LdO unter der Führung von Gertrud Müller hervor. Den Festvortrag zum Thema: „Die Oberschlesier in Bayern und Polen“ hielt der Leiter des Hauses des Deutschen Ostens, Ltd. Regierungsdirektor Dr. Ortfried Kot-

zian. In seinen Ausführungen ging er auf die Geschichte Oberschlesiens, den Nationalsozialismus und seine Folgen, die Vertreibung und die Hoffnungen für die Zukunft ein. In seinem Grußwort zeigte der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe und Europaparlamentarier Bernd Posselt die Perspektiven der Oberschlesier aus europäischem Blickwinkel auf. Von Optimismus geprägt waren die Ausführungen des Vertreters der deutschsprachigen Minderheit in Polen Bernard Gajda. Der Erhalt der deutschen Muttersprache sei die eigentliche Herausforderung für die heimatverbliebenen Deutschen. Die deutsche Politik forderte er auf, sich stärker mit den deutschen Volksgruppen in den ehemaligen Reichs- und Siedlungsgebieten zu solidarisieren. Die Grüße des Oberbürgermeisters überbrachte CSU-Fraktionsvorsitzender Josef Schmid. Dieser war es auch, der zusammen mit Stadtrat Manuel Pretzl die Erinnerungstafel im Münchner Rathaus initiierte. Die Verbundenheit der Landsmannschaft Schlesien mit den Oberschlesiern bekundete deren KreisvorsitHerzstück im BdV zender Dr. Gotthard Schneider. Ihre Solidarität mit dem Jubelverein brachten auch Vertreter des Cartellverbandes Silesia zum Ausdruck. BdV-Landesvorsitzender Christian Knauer bezeichnete die Oberschlesische

Ehrungen beim BdV in Passau

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Landsmannschaft als Herzstück im Bund der Vertriebenen. Auch wenn das Ziel der Rückkehr in die alte Heimat nicht erreicht werden konnte, bleibe die Bekämpfung von Flucht und Vertreibung als Mittel der Politik weltweit eine wichtige Aufgabe. Die polnische Regierung forderte er auf, den muttersprachlichen Unterricht für die deutsche Minderheit auszubauen und zweisprachige Orts- und Straßenbezeichnungen zuzulassen. Auszeichnungen für Verdienste Für ihre großen Verdienste wurde die langjährige LdO-Kreis- und stellvertretende Landesvorsitzende, Gertrud Müller, mit der höchsten Auszeichnung der Landsmannschaft, der Eichendorff-Plakette ausgezeichnet. Die von Bundesvorsitzendem Klaus Plaszczek vorgetragene Laudatio wurde von starkem Beifall der ca. 300 Gäste begleitet. Bayerns LdOLandesvorsitzender Georg Masnitza überreichte Müller die Goldmedaille des Landesverbandes. Mit der goldenen Ehrennadel wurden Karl-Heinz Labus und Winfried Stumpe ausgezeichnet. Aus der Hand des neuen LdO-Kreisvorsitzenden Günter Jockisch erhielten sie auch einen Eichendorff-Teller. Musikalisch umrahmt wurde der Festakt vom Schlesier-Chor München, unter der Leitung von Anton Schneeberger, der Riesengebirgstrachtengruppe, der Trachtenzunft „Rübezahl’s Zwerge“ und dem Bergmannsorchester aus Mechnitz/OS. Strahlende Gesichter beim Tag der Heimat in Passau: v. l. evangelischer Pfarrer Dieter Martin, Sonja Reiche-Lipke, die das Leben der Schriftstellerin und Friedesnobelpreisträgerin Bertha von Suttner schilderte, Helga Heller, Festredner Konrad Kobler, MdL, Herbert Engel, der mit der goldenen Ehrennadel des BdV ausgezeichnet wurde, Landrat Franz Meyer, der die Vertriebenen als Brückenbauer würdigte, Barbara Bauer, BdV-Kreisvorsitzender Hermann Folberth, Carina Hentschel vom Kulturamt Passau, Marianne Folberth und Bürgermeister Dr. Anton Jungwirth. Kulturell umrahmt wurde der Festakt von der Kinder- und Jugendtanzgruppe des Trachtenvereins Salzweg, der Salzweger Tanzlmusi und der Salzweger Dirndl. T. Wildfeuer


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Gedenkstätte in Friedensdorf erinnert an das Schicksal der Vertriebenen In festlichem Rahmen wurde am Tag der Deutschen Einheit, das neue Mahnmal für die Opfer von Flucht und Vertreibung in Friedensdorf, Gemeinde Zusmarshausen, nahe der Autobahn A 8 eingeweiht. Im Zuge des geplanten Autobahnausbaus musste das 1951 errichtete alte Mahnmal weichen. Auf Initiative des Kulturkreises des Marktes Zusmarshausen bekam die neue Gedenkstätte ihre Heimat, in unmittelbarer

Nähe der Kirche „Königin des Friedens“ in der Vertriebenensiedlung Friedensdorf. Wunderbares Herbstwetter mit einem strahlend blauen Himmel bildete den idealen Rahmen für eine farbenprächtige Kulisse, die von Trachten und Fahnen gekennzeichnet war. Im Rahmen einer ökumenischen Segensfeier erinnerten Pfarrer Jürgen Maximilian Stahl und dessen evangelischer Mitbruder Hans Georg Strauch an den Tod hunderttausender Vertriebener der die heutige Generation zum Frieden mahnen möge. Die Steine des Denkmals sollen an die Ruinen welche die Vertriebenen oft beim Besuch in ihrer alten Heimat vorfinden, aber auch an Grabsteine als Symbol, dass die umgekommenen Menschen auf der Flucht oder in Folge der Vertreibung oft nicht einmal ein würdiges Grab erhielten, erinnern. Im Anschluss an die Denkmalfeier hatte der Markt Zusmarshausen zu einem Festakt in den Festsaal St. Albert eingeladen. In Anwesenheit von Bürgermeister Albert Lettinger, dem Sprecher des Kulturkreises, Kreisrat Walter Aumann, Landratsstellvertreter Landtagsabgeordneten Max Strehle und Schwabens BdV-Bezirksvorsitzenden Landtagsabgeordneten Reinhard Pachner dankte BdV-Landesvorsitzender Landrat Christian Knauer der einheimischen Bevölkerung für die Farbenfrohe Trachten erinnerten an die Aufnahme der Heimatvertriebenen und die gewährte Eingliederungsmöglichkeit. Heimatgebiete der Vertriebenen.

An die Regierungen Polens, Tschechiens und der Slowakei appellierte er die ausgestreckte Hand der Landsmannschaften zu ergreifen, um gemeinsam eine Lösung der offenen Fragen, auch hinsichtlich der völkerrechtlichen Vertreibungsdekrete zu erarbeiten. Unter großem Applaus setzte er sich für die Berufung von BdV-Präsidentin Erika Steinbach in den Stiftungsrat der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ ein.

Geistliche Worte sprach Pfarrer Jürgen Maximilian Stahl. Bilder: Wollrab

Vor einer eindrucksvollen Kulisse begrüßte der Vorsitzende des Kulturkreises Zusmarshausen, Kreisrat Walter Amann, die zahlreichen Gäste und Fahnenabordnungen bei der Einweihung der Vertriebenen-Gedenkstätte Friedensdorf.

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Vertriebenendenkmal in Hofhegnenberg erneuert In Hofhegnenberg, Gemeinde Steindorf, im Landkreis Aichach-Friedberg hat der Heimatvertriebene Rudi Engler den Gedenkstein, den er bereits 1981 gestiftet hatte, erneuert und neben dem Kriegerdenkmal vor dem Schloss aufgestellt. Am 16. Oktober erhielt das neue Mahn-

mal durch Pater Matawa, selbst Heimatvertriebener aus der Zips, den kirchlichen Segen. An der Segensfeier nahmen zahlreiche Fahnenabordnungen der Landsmannschaften und aus der Gemeinde Steindorf teil. Grußworte sprachen SL-Bezirksobmann

Ernst Wollrab und Bürgermeister Paul Wecker. Tragisch war, dass der Stifter bei den Vorbereitungen der Veranstaltung so schwer gestürzt war, dass er selbst nicht an dieser teilnehmen konnte, sondern im Krankenhaus lag. Wollrab

Wir gedenken unserer Verstorbenen

H.H. Pater Norbert Schlegel OPraem * 09. 03. 1940

† 29. 08. 2009

Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für die Seelsorge an den Sudetendeutschen Vorsitzender des Sudetendeutschen Priesterwerks

Karl Rotter * 04. 01. 1918

† 05. 09. 2009

Alterspräsident der Sudetendeutschen Bundesversammlung Kreis- und Ortsobmann der SL Dachau

An die Kapazitätsgrenze stieß am 11. Oktober die Teilnehmerzahl beim traditionellen Schwäbischen Vertriebenentag, der diesmal in Herbertshofen, Landkreis Augsburg, in Verbindung mit der 60-Jahr-Feier der örtlichen SL-Ortsgruppe stattfand. Unter den Ehrengästen hatten sich SL-Bezirksobmann Ernst Wollrab (l.), Augsburgs SL-Kreisobmann Gerhard Müller (2.v.l), der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, MdEP (3.v.r.) und Schwabens Regierungspräsident Karl Michael Scheufele (r.) eingefunden. Nicht im Bild Bürgermeister Dr. Michael Higl, der Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion Georg Schmid, MdL, und Landtagsabgeordneter Prof. Georg Barfuß. Bild: Wollrab

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H. H. Prälat Prof. Dr. Wolfgang Klieber * 06. 07. 1930

† 29. 12. 2009

Vorsitzender des Sozialwerks der Ackermanngemeinde e. V. im Bistum Augsburg


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Landsmannschaften bei Ostbayernschau Auf der Ostbayernschau, die vom 9. bis 16. August im Rahmen des Gäubodenfestes in Straubing abgehalten wurde, präsentierten sich der BdV-Kreisverband Straubing-Bogen und die Landsmannschaften der Sudetendeutschen, Schlesier und der Deutschen aus Russland mit eigenen Ausstellungen. Anhand von Zeitdokumenten, Bildern und Landkarten dokumentierten sie dabei eindrucksvoll das Vertreibungssschicksal und die lokalen Integrationsleistungen. Bei der Eröffnung der Präsentationen konnte BdV-Kreisvorsitzender Theodor Seethaler nicht nur eine große Anzahl von Landsleuten, sondern auch Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben, wie CSU-MdB Ernst Hinsken, den stellvertretenden Landesvorsitzenden Josef Zellmeier, MdL, Bezirkstags-Vizepräsidenten Franz Schedlbauer sowie BdVLandesgeschäftsführer Walter Föllmer begrüßen. Seethaler unterstrich den Beitrag der Vertriebenen für Frieden, Demokratie sowie den Einigungsprozess in Europa und verwies auf die Pflege heimatlichen Brauchtums und die Bewahrung des reichen kulturellen Erbes durch die Landsmannschaften. Anschließend erläuterte er exemplarisch die chronologisch aufgebaute BdV-Dokumentation über „Die Vertreibung der Deutschen“, angefangen von den Zwangsumsiedlungen aus dem Baltikum bis hin zur Schwarzmeerküste, in Folge des Hitler-Stalin-

Paktes, von der Flucht vor der heranrückenden Ostfront, den systematischen Vertreibungen der Nachkriegszeit bis hin zur schwierigen Zeit der Ankunft und dem starken Willen zum Wiederaufbau unter Verzicht auf Gewalt. Als stellvertretender BdV-Landesvorsit-

le nicht nur auf die kleiner werdende Zahl der Erlebnisgeneration ab, sondern spreche auch die Bekenntnisgeneration und die breite Öffentlichkeit an. Dabei erinnerte er an den zentralen Tag der Heimat 2005, mit seinem vielseitigen kulturellen Rahmenprogramm. Mit

zender würdigte MdL Josef Zellmeier den Beitrag des BdV-Kreisverbandes und der Landsmannschaften als Beispiel herausragender Öffentlichkeitsarbeit. Zudem stellte er die vielfältigen Aktivitäten des BdV-Kreisverbandes Straubing als vorbildlich heraus. Deren Arbeit zie-

Nachdruck stellte Zellmeier heraus, dass Kultur und Geschichte der Heimatvertriebenen wesentlicher Bestandteil gesamtdeutschen Erbes und Auftrag aller Deutscher sei. Er hoffe, dass das Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin nun endlich Realität werde. T. S.

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Impressionen vom Tag der Heimat in M체nchen 13. September mit Ministerpr채sident Horst Seehofer


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