Bodenschutz durch umweltgerechte Landwirtschaft

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BODENSCHUTZ DURCH UMWELTGERECHTE LANDWIRTSCHAFT Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH www.ages.at

Landwirtschaft


Vorwort Der Boden ist nichts weniger als unsere Lebensgrundlage. Er versorgt uns mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen, er garantiert die hohe Qualität unseres Trinkwassers, er kann Schadstoffe sehr erfolgreich filtern und die Organismen des Bodens können diese teilweise wieder abbauen. Sind wir uns aber bei einer Wanderung durch kühle Wälder oder über blühende Wiesen, beim Konsum gesunder Lebensmittel oder bei der erfrischenden Wirkung unseres Trinkwassers der Wichtigkeit des Bodens für diese „Selbstverständlichkeiten“ immer bewusst? Erst langsam beginnen wir zu erkennen, welche umfassende Bedeutung dieser Ressource zukommt. Dennoch ist in vielen Bereichen ein Bewusstsein für den Boden noch nicht ausreichend gegeben. Menschen, die in der Landwirtschaft tätig sind, haben seit jeher eine besondere Beziehung zum Boden. Für sie ist die nachhaltige Fruchtbarkeit ihrer Äcker eine unmittelbare Überlebensnotwendigkeit. Durch die fortschreitende Technisierung der Produktion ist diese Betrachtungsweise zusehends in den Hintergrund gerückt. Erst das Auftreten unmittelbarer Probleme wie etwa Erosion hat dazu geführt, wieder vermehrt Maßnahmen zum Schutz des Bodens und seiner Funktionen zu etablieren. Dazu hat das österreichische Programm für eine umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) wesentlich beigetragen. In der folgenden Broschüre sind nicht nur die Auswirkungen dieses Programms auf den Boden dokumentiert. Sie soll auch dazu beitragen, unseren Blick für dieses wertvolle und unersetzbare Gut wieder ein wenig mehr zu schärfen.

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Inhalt 1.

4 3

Vorwort

3

2.

Inhalt

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3.

Unser Boden ist bedroht

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4.

Bodenerosion

8

5.

Bodenverdichtung

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6.

Versauerung

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7.

N채hrstoffversorgung

15

8.

Humus

21

9.

Boden und Klimaschutz

24

10.

Boden und Grundwasserschutz

26

11.

Zusammenfassung

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12.

Erfolge und Herausforderungen

30

13.

Autorenliste: (Ansprechpersonen)

31

4 5


Unser Boden ist bedroht Boden ist eine nicht erneuerbare Ressource. Um einige Zentimeter fruchtbaren Bodens zu bilden, sind Hunderte von Jahren notwendig. Dabei sind Böden von guter Qualität für den Menschen von entscheidender Bedeutung: Sie versorgen uns mit Nahrung und Trinkwasser, mit Biomasse und Rohstoffen. Verschlechtert sich der Zustand des Bodens, kommt es zu negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, die Ökosysteme, das Klima sowie in weiterer Folge auf unseren wirtschaftlichen Wohlstand und unsere Lebensqualität. Im Jahr 2006 wurde von der EU-Kommission eine thematische Strategie zum Bodenschutz publiziert, an deren Entwicklung auch österreichische Experten einen maßgeblichen Anteil hatten. Hier wurden erstmals explizit alle Bodenfunktionen, aber auch die Bedrohungen für den Boden genannt. Die Länder in der EU wurden aufgefordert, sich den Herausforderungen eines aktiven Bodenschutzes zu stellen. In Österreich gehört der Bodenschutz in den Verantwortungsbereich der Bundesländer, die zum Teil durch entsprechende Gesetze und Verordnungen die Rahmenbedingungen für einen schonenden Umgang mit dem Boden vorgeben. Allerdings sind in diesen Normen kaum konkrete Hinweise für die praktische Bewirtschaftung von Böden enthalten – die Umsetzung in der Praxis wird dadurch erschwert. Die Landwirtschaft hat von Beginn an den Boden und seine Entwicklung stark geprägt: Einerseits sind die Landwirte bestrebt, durch optimale Bewirtschaftung die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten oder zu erhöhen. Andererseits sind durch moderne Produktionstechniken auch die Risken für den Boden gestiegen: Fehlende Bodenbedeckung kann zu Erosion, der Einsatz von schweren Maschinen zum falschen Zeitpunkt zu Verdichtungen führen. Die Nährstoffbilanz der Betriebe ist nicht immer ausgeglichen, wodurch es in den Böden zu Nährstoffmangel oder Versauerung kommen kann. Auch der Humusgehalt, ein wichtiger Indikator der Bodenfruchtbarkeit, kann durch nicht sachgemäße Bewirtschaftung zurückgehen. All diese Faktoren können bewirken, dass die Funktionen des Bodens, wie etwa Grundwasser- und Klimaschutz, beeinträchtigt werden. Im Österreichischen Programm für die Umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) werden nun bereits seit vielen Jahren Maßnahmen gefördert, die auf eine Verbesserung des Bodenzustandes abzielen. Dazu zählen insbesondere die Förderung von Bodenbedeckung durch Zwischenfrüchte, Begrünungen, Erhaltung des Grünlandes, Fruchtfolge-Auflagen, Aussaat ohne intensive vorbereitende Bodenbearbeitung (Mulch- oder Direktsaat), die Reduktion oder der Verzicht auf Ertrag steigernde Betriebsmittel wie synthetische Dünger oder Pflanzenschutzmittel, Boden schonende Produktion im Acker-, Wein-, Obst- und Gemüsebau sowie nicht zuletzt die biologische Wirtschaftsweise.

Tab. 1: Teilnahme an bodenschutzrelevanten ÖPUL-Maßnahmen (maximale Teilnahmeraten in der Periode 2007 - 2009)

Maßnahmen (Auswahl)

teilnehmende Betriebe (gerundet)

Fläche (1.000 ha)

Biologische Wirtschaftsweise

20.000

388

Verzicht Betriebsmittel Ackerfutter und Grünland

40.000

419

Erosionsschutz Wein und Obst

10.000

48

Begrünung von Ackerflächen

51.000

431

Mulch- und Direktsaat

15.000

137

Erhaltung und Entwicklung von Flächen für Natur- und Gewässerschutz

23.000

82

Umweltgerechte Bewirtschaftung von Acker- und Grünlandflächen

70.000

1.317

Integrierte (bodenschonende) Produktion Erdäpfel, Rüben, Gemüse und Erdbeeren

8.000

66

Integrierte (bodenschonende) Produktion Wein und Obst

9.000

43

Vorbeugender Boden- und Gewässerschutz

4.500

156

Quelle: INVEKOS

Die Akzeptanz des ÖPUL bei den Landwirten ist insgesamt sehr hoch, wenn auch die Teilnahme an den einzelnen Maßnahmen deutlich schwanken kann (Tab. 1). In den vergangenen Jahren wurde überprüft, inwieweit die Umsetzung der genannten Maßnahmen zu einer nachhaltigen Verbesserung des Bodenzustandes geführt hat. Dazu wurden einerseits die Ergebnisse von fast 500.000 Bodenanalysen ausgewertet, andererseits aber auch neue Studien durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Evaluierungen sind in den folgenden Kapiteln dieser Broschüre zusammengefasst.

Dieser Boden …

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… bringt diese Landschaft hervor

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Bodenerosion Bodenerosion ist an sich ein natürlicher Prozess, der praktisch seit der Entstehung unseres Planeten die Oberfläche der Erde formt. Neben dieser geologisch bedingten Abtragung der Erdoberfläche, die sich in Jahrmillionen misst, gibt es auch Erosionsprozesse, die vor allem durch menschliches Einwirken zustande kommen. Bekannte Beispiele dafür aus der Geschichte sind zum Beispiel die Verödung bestimmter Teile des Balkans, die durch übermäßige Rodungen der dortigen Wälder im Mittelalter ausgelöst wurden, oder auch die Bildung von Wanderdünen im heutigen Marchfeld zur Zeit Kaiserin Maria Theresias durch Überweidung. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde Erosion vor allem in landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebieten zum Problem. Einerseits kommt es durch Bodenerosion zu Schäden in angrenzenden Flächen. Vermurungen, Sedimentablagerungen, verstopfte Drainagegräben und Ähnliches verursachen zusätzliche Kosten. Durch Bodenerosion werden aber auch massive Beeinträchtigungen von Gewässern verursacht, z. B. durch die durch Bodenerosion und Oberflächenabfluss in die Gewässer eingetragenen Nährstoffe (Eutrophierung). Wenn man bedenkt, dass durchschnittlich nur ca. 1 - 2 Tonnen Boden pro ha Bodenoberfläche und Jahr neu gebildet wird, auf einem Acker mit 10 % Hangneigung und einer Hanglänge von 100 m unter Maisnutzung aber mit durchschnittlich 15 - 20 t pro ha und Jahr Bodenabtrag gerechnet werden muss, sieht man deutlich, dass der Boden auf solchen Schlägen irgendwann einmal nicht mehr vorhanden sein wird, weil der Bodenverlust das Zehnfache im Vergleich zur Bodenneubildung ausmacht. Durch diesen Bodenverlust verliert der Standort seine natürliche Ertragsfähigkeit und seine Fähigkeit, ausreichend Wasser zu speichern. Eine Reihe von Maßnahmen im ÖPUL-Programm zeigen positive Effekte für den Erosionsschutz. Einerseits sind hier alle Maßnahmen zu nennen, die direkt im Hinblick auf die Reduktion des Bodenabtrags abzielen, wie die Mulch- und Direktsaat, der Erosionsschutz bei Obst und Hopfen, der Erosionsschutz bei Wein und die Untersaat bei Mais. Zusätzlich gibt es eine Reihe von Maßnahmen mit indirekter positiver Wirkung auf den Erosionsschutz. Dazu zählen vor allem die Biologische Wirtschaftsweise, die Ökopunkte Niederösterreich, der Verzicht auf ertragssteigernde Betriebsmittel sowie die Erhaltung und Entwicklung von Natur- und Gewässerschutzflächen. Ein wesentlicher Effekt, der in all diesen Maßnahmen mitwirkt, ist das Bestreben zur Erhaltung und Erhöhung des Gehalts an organischer Substanz im Boden. Die organische Substanz im Boden ist ein wesentliches Element zur Stabilisierung und Verbesserung praktisch aller Bodenfunktionen. Ein höherer Gehalt an organischer Substanz wirkt sich so auch positiv auf die Widerstandskraft des Bodens gegenüber Bodenerosion aus. Tabelle 2 zeigt den berechneten Effekt der ÖPUL-Maßnahmen auf die Höhe der Bodenerosion durch Wasser für das Jahr 2008. Für diese Berechnung wurden alle Maßnahmen herangezogen, deren Wirkung direkt bewertbar war (Begrünung von Ackerflächen, Mulch-, Direktsaat, Untersaat im Mais, Erosionsschutz Wein, Erosionsschutz Obst und Hopfen). Die Wirkungen durch die erosionsmindernde Fruchtfolge vor allem mit höherem Ackerfutteranteil und geringerem Hackfruchtanteil bei den o. g. indirekten Maßnahmen sind nicht zur Gänze als Reduktionen ausgewiesen. Österreichweit wurde nach diesen Berechnungen durch die im ÖPUL-Programm direkt wirksamen Maßnahmen im Jahr 2008 eine Reduktion des Bodenabtrags durch Wassererosion in einer Höhe von 10 % erreicht. Dieses Ergebnis ist sicherlich in verschiedenen Bundesländern noch ausbaufähig, vor allem auf den Ackerflächen in der Steiermark, stellt aber andererseits auch schon einen schönen Erfolg im Kampf gegen Bodenerosion dar. Abbildung 1 stellt die berechnete Wirkung der ÖPUL-Maßnahmen auf Gemeindeebene für das österreichische Bundesgebiet dar. Gezeigt wird die Reduktion des Bodenabtrags als Vergleich des Bodenabtrags mit und ohne ÖPUL-Maßnahmen. Wie sich zeigt, wurden die größten Effekte vor allem in Gebieten mit hohem Erosionsrisiko erzielt. Das bedeutet, dass die angebotenen Maßnahmen zielgerichtet eingesetzt wurden.

Reduktion der Bodenerosion durch Querbewirtschaftung des Hanges und Fruchtwechsel Tab. 2: Reduktion des Bodenabtrags durch die Erosionsschutzmaßnahmen im ÖPUL im Jahr 2008 (in Tonnen/ha/Jahr) für die Bundesländer und Österreich. BGLD

KTN

STMK

WIEN

AUT

Bodenabtrag ohne ÖPUL

2,9

1,8

3,8

6,0

5,6

2,6

3,8

Reduktion durch Erosionsschutz im Obst- und Weinbau

0,2

0,1

0,1

0,0

1,0

0,3

0,2

Reduktion durch Begrünung im Ackerbau und Mulch- und Direktsaat

0,1

0,0

0,3

0,5

0,0

0,1

0,2

Bodenabtrag mit ÖPUL Reduktion durch ÖPUL in %

2,6

1,7

3,4

5,5

4,6

2,2

3,4

10 %

3%

11 %

8%

18 %

13 %

10 %

Reduktion des Bodenabtrags durch ÖPUL-Maßnahmen im Jahr 2009

Mulchsaat und Begrünungen vermindern Bodenerosion.

Abb. 1: Reduktion des Bodenabtrags durch Wassererosion durch ÖPUL-Maßnahmen in den österreichischen Gemeinden, berechnet für das Jahr 2009 (Angaben in Tonnen/ha/Jahr)

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Bodenverdichtung Standortgerechte Bodennutzung und Bodenbewirtschaftung sind ein wesentliches Ziel des Boden- und Gewässerschutzes. Im Zusammenhang damit steht als wesentliche Herausforderung die Verdichtung landwirtschaftlich genutzter Böden. Ursachen für die Entstehung von Verdichtungen sind das Befahren, Bearbeiten und Betreten der Böden. Solche Verdichtungen wirken sich besonders in der Abnahme des Porenvolumens, insbesondere des Volumens der Grobporen, aus. Dadurch nimmt die Wasserleitfähigkeit im Boden ab. Als Folge wird der gesamte Wassertransport beeinträchtigt, die Infiltration von Niederschlagswasser durch den Boden ins Grundwasser erschwert, der Oberflächenabfluss erhöht und die Bodenerosion verstärkt. Während im Ackerbau Verdichtungen des Oberbodens meist durch die Bodenbearbeitung mechanisch rückgängig gemacht werden können, stellen Verdichtungen unterhalb des bearbeiteten Bodens ein ernsthaftes Problem dar, weil eine Lockerung im Unterboden sehr aufwändig und meist kaum von Dauer ist. Ob ein Boden normal oder übermäßig verdichtet ist, lässt sich nur im Zusammenhang mit seiner Funktion beurteilen. Aus ökologischer Sicht ist ein Boden als übermäßig verdichtet anzusehen, wenn – ausgelöst durch technische Überlastung – das Porensystem im Boden so weit reduziert ist, dass die Bodenfunktionen zeitweilig oder dauerhaft beeinträchtigt werden. Das bedeutet für die Ertragsfähigkeit sowie die Ertragssicherheit und die Entwicklung der landwirtschaftlichen Nutzpflanzen eine erhebliche Beeinträchtigung, da es zu einer Verschlechterung der Versorgung mit Luft und Wasser kommt. Die Infiltration von Niederschlagswasser und das Wasserspeichervermögen sind gestört. Außerdem kommt es zu einer drastischen Verschlechterung der Lebensbedingungen für Bodentiere und Mikroorganismen. Zum Problem wird Bodenverdichtung, wenn Pflanzenwurzeln mit eingeschränktem Tiefenwachstum reagieren oder wenn Schadorganismen von den veränderten Umweltbedingungen profitieren. Im Ackerbau entstehen Gefügeschäden, also schädliche Bodenverdichtungen, insbesondere durch zu hohe Radlasten und durch mehrfaches Überrollen derselben Spur oder durch das Furchenrad beim Pflügen, wenn beim Befahren der Boden zu feucht bzw. zu locker ist. Ein Gefügeschaden ist dann gegeben, wenn die Luftkapazität weniger als 5 % beträgt und die gesättigte Wasserdurchlässigkeit geringer als 10 cm.d-1 ist. Der Schutz des Bodengefüges gründet auf vorsorgenden, risikomindernden Maßnahmen, die aufeinander aufbauen und miteinander verknüpft sind. Zur Vermeidung von Bodenverdichtungen gibt es eine Reihe wirkungsvoller und anwendbarer Maßnahmen. Dazu zählen einerseits gerätetechnische Maßnahmen wie die Verwendung von Onland-Pflügen, das Umrüsten von Aufsatteltechnik auf gezogene Technik, das Umstellen auf zweistufige Ernteverfahren (z. B. bei Kartoffeln Trennen von Roden und Sammeln) oder auch die Optimierung des Reifeninnendrucks. Weiters gibt es eine Reihe wirkungsvoller ackerbaulicher Maßnahmen wie die pfluglose Bestellung des Ackers, Anbau in Direktsaat- oder Mulchsaatverfahren, das Pflügen im Sommer, die standortgerechte Fruchtartenwahl für vernässungs- bzw. verdichtungsempfindliche Standorte, die Verkürzung der Feldlängen und damit Verringerung der Last- und Leerfahrten sowie die Begrünung von stark gefährdeten Teilflächen.

Bodenverdichtung in den Fahrspuren Beispiel Alpenvorland: Eine Bestandsaufnahme des Verdichtungsgrades von 30 Ackerstandorten im Produktionsgebiet Alpenvorland ergab, dass etwa ein Drittel dieser untersuchten Standorte einen kritischen Gefügezustand im Bereich der Pflugsohle besitzt. Ausschlaggebend für die Einstufung in die Klasse „kritischer Gefügezustand“ war meist eine sehr geringe gesättigte Wasserdurchlässigkeit. ÖPUL-Maßnahmen mit bodenschonender Bodenbearbeitung können zur Vermeidung von Gefügeschäden beitragen. Denn eine bodenschonende Bodenbearbeitung bewirkt im Oberboden eine höhere Strukturstabilität. Es gilt daher, Empfehlungen zur standort- und betriebsspezifisch optimalen Intensität der Bodenbearbeitung und zur Minimierung der mechanischen Bodenbelastung zu erarbeiten. So lässt sich zum Beispiel ein ausreichender Bodengefügeschutz im Unterboden auf gefährdeten Flächen nicht allein über eine Absenkung des Reifeninnendrucks gewährleisten, denn ein geringer Reifeninnendruck schützt vorrangig den Oberboden. Die Anwendung von bodenphysikalischen Modellen zur Gefügeprognose kann boden- und betriebsbezogene Informationen über das Verdichtungsverhalten im Unterboden liefern. Auswertungskarten helfen, den Handlungsbedarf im Bodengefügeschutz einzuschätzen. Die potenzielle Verdichtungsgefährdung kann eine wichtige Hilfe für die betriebsbezogene Bodenschutzplanung sein (Abbildung 2).

Verdichtungsempfindlichkeit der landwirtschaftlich genutzten Böden

Eine Reihe der oben angeführten Maßnahmen wird im ÖPUL-Programm entweder direkt (z. B. Mulchsaat) oder indirekt (z. B. Pflügen im Sommer durch vermehrten Anbau von Winterbegrünungen mit anschließender Mulchsaat im Frühling) gefördert. Die Spatenprobe gibt Auskunft über den Bodenzustand.

Abb. 2: Übersichtskarte über die Verdichtungsempfindlichkeit der landwirtschaftlich genutzten Böden in Österreich.

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Versauerung Im feuchten Klima versauern die Böden im Verlauf der Bodenbildung und der Bewirtschaftung. Dabei handelt es sich primär um einen natürlichen Prozess: Es werden mehr saure Protonen durch Niederschläge, interne Bodenprozesse wie Bodenatmung von Bodenmikroorganismen, Bodentieren und Pflanzenwurzeln sowie durch ammoniumhältige Dünger eingetragen als die Böden neutralisieren können. Die basisch wirkenden Nährstoffe wie Kalzium und Magnesium werden ausgewaschen und die Puffersysteme der Böden zunehmend erschöpft: Der Boden versauert, die Bodenqualität sinkt und das Pflanzenwachstum wird zunehmend beeinträchtigt. Die Mobilität von schädlichen Schwermetallen nimmt im sauren Bereich deutlich zu. Die Verfügbarkeit der Nährstoffe ist am günstigsten im schwach sauren bis neutralen Bereich. Im alkalischen Bereich geht die Verfügbarkeit der meisten Spurennährstoffe zurück. Unter sehr trockenen Klimabedingungen hingegen entstehen stark alkalische Salzböden, die in Österreich nur im Seewinkel (Burgenland) kleinräumig vorkommen. Der pH-Wert eines Bodens (= Bodenreaktion bzw. Säuregrad) spiegelt daher dessen Entstehung vom Ausgangsgestein unter den standörtlichen Klimabedingungen und das aktuelle Bodenmanagement wider. Die Bewertung der Bodenreaktion reicht von stark sauer (pH unter 4,6) bis stark alkalisch (pH über 8,0). Die meisten landwirtschaftlich genutzten Böden Österreichs befinden sich im pH-Bereich von 4,6 bis 5,5 (sauer), 5,6 bis 6,5 (schwach sauer), 6,6 bis 7,2 (neutral) und 7,3 bis 8,0 (alkalisch). Im niederschlagsarmen Nordosten Österreichs, wo die Bodenbildung überwiegend aus kalkhältigen Sedimenten, z. B. Löß, erfolgte, liegen bei den niedrigen Sickerwasserraten die pH-Werte stabil im alkalischen pH-Bereich um 7,5.

Abb. 3: pH-Wert von Ackerland und Wein- und Obstbau

Stärkere Versauerungstendenzen der Ackerböden sind vor allem aufgrund des sauren silikatischen Ausgangsgesteins (Granit und Gneis) im Waldviertel zu bemerken (Abb. 3). Durch den hohen Anteil säuretoleranter Kulturen wie Hafer und Roggen und den in manchen Jahren deutlich höheren Schorfbefall der Kartoffel auf den sandigen Böden bei pH-Werten > 5,5 wird traditionell wenig gekalkt: Der Median liegt bei 5,4; 30 % der Standorte weisen pH-Werte unter 5 auf. Unterhalb des pH-Werts von 5,0 steigt der Anteil des für die Pflanzenwurzeln toxisch wirkenden Aluminiums im Boden exponentiell an, wodurch das Pflanzenwachstum zunehmend beeinträchtigt wird (Abb. 4). Das Nährstoffspeichervermögen wird deutlich eingeschränkt, Kalzium, Magnesium und Kalium können kaum noch gebunden werden. Die Neutralisation erfordert die Zufuhr von Basen (z. B. Kalk), sonst können kalkbedürftige Kulturarten, wie z. B. Rübe, Luzerne, Gerste, Weizen oder Raps nicht mehr gut gedeihen. Kartoffeln, Hafer und Roggen reagieren in dieser Hinsicht weniger empfindlich. In den vergangenen Jahren ist zumindest bei den stark sauren Standorten im Waldviertel eine leichte Verbesserung eingetreten, dieser Anteil ist von 13 auf 10 % zurückgegangen. In den weiteren niederschlagsreicheren Regionen (Alpenvorland, südliche und westliche Bundesländer) ist die Bodenreaktion überwiegend günstig: Bei 80 % aller Böden liegen die pH-Werte zwischen 5,1 und 7,0. Hinzuweisen ist auf eine geringe Tendenz zu mehr sauren Standorten. Die Landwirte vermeiden es jedoch, den pHWert unterhalb von 5,0 absinken zu lassen (Abb. 3). Ein etwas höherer pH-Wert auf mittleren und schweren Böden beeinflusst auch die Bodenstruktur günstig und verbessert den Bodenluft- und -wasserhaushalt. Auf leichten Böden gilt daher ein pH über 5,5, auf mittleren Böden über 6,0 und auf schweren Böden über 6,5 als optimal. Etwa 10 bis 20 % der Ackerstandorte (ohne Nordöstliches Flach- und Hügelland) weisen einen Aufkalkungsbedarf auf, die übrigen befinden sich im optimalen pH-Bereich. Die Wein- und Obstbauflächen sind im Nordosten vor allem alkalisch; im Südosten weisen diese Dauerkulturen überwiegend den anzustrebenden optimalen Säuregrad auf (Abb. 3).

Abb. 4: Austauschbares Aluminium und pH-Wert auf Waldviertler Standorten

Felsbraunerden im Wald- und Mühlviertel sind versauerungsgefährdet.

Bei den Grünlandböden liegen zwischen 70 und 95 % der pH-Werte im schwach sauren oder sauren Bereich. Nur in den Regionen Alpenostrand, Südöstliches Flach- und Hügelland und Hochalpen liegen bei über 10 % der untersuchten Standorte die pH-Werte unter 5,0 (Abb. 5). Dieser Wert wird als Untergrenze für Grünland (leichter Boden) angesehen. Der Säuregrad der meisten Grünlandflächen ist daher als ausreichend zu bewerten, jedoch befinden sich viele Standorte nur knapp oberhalb der kritischen Untergrenzen. Bedeutende Reserven an Säurepufferkapazitäten liegen nur selten vor, zumal in den vergangenen Jahren auch eine tendenzielle Abnahme des Säuregrades zu bemerken war. In einem Datensatz aus den oberösterreichischen Grünlandgebieten (v. a. Alpenvorland und Mühlviertel), bei dem auch die Bodenschwere bestimmt wurde, zeigte sich bei knapp 20 % der Grünlandböden ein Aufkalkungsbedarf.

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Nährstoffversorgung Ausreichende pflanzenverfügbare Gehalte der Nährstoffe Phosphor (P) und Kalium (K) im Boden gehören zu den wesentlichen Voraussetzungen für das Ertragsvermögen der Böden. Damit werden auch die anderen Betriebsmittel wie z. B. Saatgut und Stickstoffdünger besser genutzt und die Qualität des Ernteguts wird gesichert. Zu hohe P- und K-Nährstoffgaben sind unwirtschaftlich und stellen ein Gefährdungspotenzial für Oberflächen- und Grundwasserqualität dar. Im ÖPUL sind daher für Ackerkulturen mit höherem Nährstoffbedarf wie Feldgemüse, Kartoffeln und Zuckerrübe sowie für den Obst- und Weinbau Maßnahmen mit verpflichtenden Untersuchungen des pflanzenverfügbaren Phosphor- und Kaliumgehaltes enthalten. Die Nährstoffsituation eines Standorts wird durch eine Bodenuntersuchung erfasst. Zur einfachen Orientierung erfolgt in den Richtlinien für die sachgerechte Düngung eine Einteilung in die Gehaltsstufen A (sehr niedrig), B (niedrig), C (ausreichend, optimal), D (hoch) bis E (sehr hoch). Die darauf aufbauenden Düngungsempfehlungen sehen in den niedrigen Gehaltsstufen Nährstoffgaben vor, die über den Pflanzenentzügen liegen. In den hohen Stufen ist für einige Jahre die Zufuhr dieser Nährstoffe auszusetzen oder es wird eine deutlich unter dem Entzug liegende Gabe vorgeschlagen. Damit soll das Ziel erreicht werden, auf allen Standorten ausreichende Bodennährstoffgehalte der Stufe C zu etablieren. In dieser Stufe werden die vom Feld abgefahrenen Nährstoffe durch Düngung wieder ausgeglichen.

Abb. 5: pH-Wert von Grünland

Ackerland: Aus den Regionen Nordöstliches Flach- und Hügelland, Alpenvorland sowie Waldviertel liegen aus der Periode vor 1995 genügend Daten vor, sodass die Entwicklung der Bodennährstoffgehalte seither dargestellt und mit Untersuchungen aus den letzten Jahren verglichen werden kann. Im Nordöstlichen Flach- und Hügelland sind 60 % der beprobten Ackerflächen ausreichend mit Phosphor versorgt. Der Anteil hoch versorgter Standorte (Stufen D und E) ist von 25 auf 20 % zurückgegangen, die Flächen mit niedrigen P-Gehalten (Stufen A und B) von 14 auf 20 % angestiegen (Abb. 6). Im Alpenvorland gab es ebenfalls eine Verschiebung zu den niedrig versorgten Stufen (von 35 auf nunmehr 40 %). Die Anteile höher versorgter Klassen, aber auch die optimale Stufe C haben entsprechend abgenommen. Derzeit sind 45 % der Flächen optimal versorgt, um 4 % weniger als vor 1995. Im Waldviertel liegt der Anteil niedrig versorgter Standorte bei 45 %, vor 1995 waren es 37 %. In der ausreichenden Stufe C befinden sich knapp 50 % der untersuchten Flächen, eine hohe Versorgung zeigen 6 %. Die im Boden vorliegenden Phosphor-Reserven wurden in den vergangenen beiden Jahrzehnten genutzt. Auf Ackerland ist das Ziel, die P-Versorgung möglichst umweltverträglich zu gestalten und die hohen Versorgungsstufen zu reduzieren, schon auf 80 bis 94 % der Flächen erreicht. Auf vielen Standorten (20 bis 45 % je nach Region) ist bereits darauf zu achten, dass die P-Gehalte zumindest stabil gehalten bzw. wieder leicht angehoben werden.

Kartoffeln reagieren auf Versauerung weniger empfindlich

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Ausgehend von der generell sehr hohen P-Versorgungslage wurde der Anteil der sehr hoch versorgten Standorte (Stufe E) von 50 auf 28 % fast halbiert. Ein Drittel der untersuchten Flächen weist nun die optimale Gehaltsstufe C auf, vor IP-Wein waren es nur 20 %. Nicht zu übersehen ist die Zunahme sehr niedrig und niedrig versorgter Flächen von etwa 5 auf 14 % (Abb. 7).

Abb. 6: Zeitliche Entwicklung der Phosphorgehalte auf Ackerflächen in 3 ausgewählten Regionen Bei der Kaliumversorgung weisen im Nordöstlichen Flach- und Hügelland und im Waldviertel noch über ein Drittel bzw. ein Viertel der beprobten Standorte ein erhöhtes K-Gehaltsniveau (Stufen D und E) auf. Sehr niedrige Werte (Stufe A) sind mit 2 bzw. 4 % selten (Tab. 3). Im Alpenvorland ist der Anteil der niedrigen Gehaltsklassen mit 33 % höher als die hoch versorgten Standorte mit 18 %. Im Nordöstlichen Flach- und Hügelland, wo die höchsten K-Vorräte im Boden waren, sind die Reduktionen bei den hohen Stufen D und E mit 11 % am deutlichsten. In dieser Region und im Waldviertel überwiegen noch die höher versorgten Flächen gegenüber den niedrig versorgten.

Abb. 7: Zeitliche Entwicklung der Phosphorgehalte in den Weingärten im Nordöstlichen Flach- und Hügelland Bodenprobe zur Überprüfung der Nährstoffversorgung

In allen drei Regionen wird etwa die Hälfte der Standorte als ausreichend versorgt bewertet. Kalium steht auch geogen bedingt durch laufende chemische Verwitterung den Pflanzen in relevantem Umfang zur Verfügung. Möglicherweise ist auch dieser Umstand bei den stabilen Gehalten zu berücksichtigen, für Phosphor trifft das kaum zu. Tab. 3: Anteile der K-Gehaltsstufen auf Ackerland 1991 - 1995 / 2006 - 2009 in % A

B

C

D

E

Nordöstl. Flachund Hügelland

2/2

7/12

44/50

37/28

10/8

Waldviertel (und Mühlviertel)

3/4

16/18

53/51

23/20

5/7

Alpenvorland (v. a. NÖ)

5/7

21/26

53/49

19/15

2/3

Weinbau: Ein wesentliches Ziel der Maßnahme Integrierter Weinbau – die Phosphorversorgung umweltverträglicher und zugleich für die Rebernährung optimal zu gestalten – wurde im Nordöstlichen Flach- und Hügelland in einem hohen Ausmaß bereits erreicht bzw. bewegt sich weiterhin in die richtige Richtung. Die P-Gehalte im Oberboden sind kontinuierlich und signifikant während der vergangenen zwei Jahrzehnte zurückgegangen. Die Daten belegen den P-Düngungsverzicht auf den höher versorgten Standorten. Die generell sehr hohe Versorgungslage war durch die wesentlich höheren Düngungsempfehlungen in den ersten Jahrzehnten des Mineraldüngereinsatzes verursacht worden.

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Auch die pflanzenverfügbaren K-Gehalte sind seit 1991 unverändert signifikant rückläufig, wobei sich in den vergangenen Jahren der abnehmende Trend der Gehalte abgeschwächt hat: Der Anteil sehr hoch versorgter Standorte (Stufe E) wurde mehr als halbiert (von 57 auf 23 %), die optimal versorgten Weinflächen liegen nun bei 31 %. Es ist eine deutliche Zunahme der mit K niedrig versorgten Weingärten seit Beginn der 1990er Jahre festzuhalten (von 3 bis 4 auf 12 bis 13 %). Im Verlauf der vergangenen 10 Jahre hat sich dieser Anteil jedoch nicht erhöht (Tab. 4). Tab. 4: Anteile der K-Gehaltsstufen (in %) in den Weingärten im Oberboden im Nordöstlichen Flach- und Hügelland von 1991 - 2009 Gehaltsstufe

A

B

C

D

E

1991 - 1995

<1

3

14

25

57

1996 - 2000

<1

6

21

33

39

2001 - 2005

<2

10

26

33

29

2006 - 2009

<2

11

31

33

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Auf Ackerland weisen die Standorte im Nordöstlichen Flach- und Hügelland die höchsten Nährstoffgehalte auf: eine Folge der höheren mineralischen Düngergaben in der Vergangenheit zu den P- und K-bedürftigen Kulturen Zuckerrübe, Kartoffeln und Feldgemüse in dieser Region. Bereits deutlich niedrigerer, jedoch überwiegend im ausreichenden Bereich, sind die Nährstoffvorräte in den weiteren großen Ackerbauregionen im Südöstlichen Flach- und Hügelland, im Alpenvorland, im Wald- und Mühlviertel und im Kärntner Becken. In den alpinen Randlagen (Alpenostrand, Voralpen), wo die Ackernutzung eine geringe Bedeutung hat, liegen die Mediane der Phosphorgehalte bereits unterhalb der ausreichenden Stufe C. Die Mediane der Kaliumgehalte befinden sich in allen Regionen im Optimalbereich. Wegen der natürlich vorkommenden höheren Kaliumgehalte des Ausgangsgesteins im Wald- und Mühlviertel und in den Voralpen sind hier die Werte höher als in den übrigen Gebieten.

Im Südöstlichen Flach- und Hügelland weist die Hälfte der Weingärten eine niedrige und sehr niedrige Phosphor-Versorgung auf (Abb. 8). Die Proben mit hohen Gehalten sind rückläufig, eine hohe Versorgung ist bei 12 % der Proben gegeben. Für die Zukunft ist es von Bedeutung, die Flächen mit sehr niedrigen P-Gehalten gezielt zu versorgen. Grünland: Bei Phosphor zeigen die aktuell verfügbaren Daten, dass die Versorgungssituation in allen Regionen vergleichsweise niedrig ist. 75 bis 80 % der Standorte werden als niedrig und sehr niedrig versorgt eingestuft, 10 - 15 % gelten als ausreichend versorgt und 10 % der Flächen sind in der höheren Gehaltsklasse D. Der Beitrag des organischen Phosphorpools auf den humusreicheren Grünlandböden wird mit der Bodenuntersuchung nicht erfasst, die Versorgungslage für die Grünlandpflanzen dürfte daher günstiger sein. Wegen der negativen P-Bilanzen auf Grünland wird die Phosphorversorgung daher weiter intensiv bearbeitet. Für Kalium liegt aktuell eine günstige Versorgungssituation vor: In den einzelnen Regionen sind 42 bis 70 % der beprobten Flächen optimal bzw. hoch versorgt, wobei die höchsten Gehalte im Wald- und Mühlviertel, den Voralpen und dem Südöstlichen Flach- und Hügelland festgestellt wurden (65 bis 70 % in der Versorgungsklasse C oder höher).

Abb. 8: Phosphorgehalte auf Ackerland, im Wein- und Obstbau

ÖPUL-Maßnahme: verlustarme Ausbringung von Gülle mittels Schleppschlauchtechnik Überblick der aktuellen Nährstoffversorgung der landwirtschaftlich genutzten Flächen Die höchsten Nährstoffgehalte liegen bei den Dauerkulturen Wein und Obst vor (Abb. 8 und 9), insbesondere auf den Flächen, die bereits seit mehreren Jahrzehnten derart genutzt werden. Die hohen Nährstoffvorräte im Weinbau im Nordöstlichen Flach- und Hügelland gehen deutlich zurück – eine Folge des konsequenten Düngungsverzichts auf Basis einer Bodenuntersuchung. Vergleichsweise niedrig sind die P-Gehalte in den Weingärten im Südosten (Abb. 8).

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Humus Der optimale Humusgehalt des Bodens ist eine wichtige Voraussetzung für eine nachhaltige landwirtschaftliche Produktion, eine Humus schonende Bewirtschaftung daher im Interesse jedes Landwirts. Der Humus im Boden hat einerseits eine „Nährstoffwirkung“, das heißt, die im Humus enthaltenen lebenswichtigen Nährund Mineralstoffe werden nach und nach freigesetzt und stehen langfristig für das Pflanzenwachstum zur Verfügung. Andererseits hat Humus auch eine „bodenverbessernde Wirkung“, denn er wirkt sich günstig auf das Bodenleben und die Porenverteilung des Bodens aus, verbessert die Luftführung, den Wärmehaushalt und das Wasserspeichervermögen. Er trägt zu einer besseren Tragfähigkeit und Befahrbarkeit des Bodens bei. Humus kann auch anorganische und organische Schadstoffe (z. B. Schwermetalle wie Blei oder nicht abbaubare Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe) speichern, so dass sie nicht in tiefere Bodenschichten verlagert bzw. in das Grundwasser ausgewaschen werden. Intensive Bodenbearbeitung, Erosion, humuszehrende Fruchtfolgen mit Zuckerrübe, Kartoffeln und Mais, vor allem Silomais, fehlende oder nur geringe Einbringung von organischen Stoffen (z. B. Ernterückstände, Wirtschaftsdünger) tragen zum Humusabbau bei. Als Ziel gilt der Aufbau eines standorttypischen optimalen Humusgehaltes durch Kombination unterschiedlicher Bewirtschaftungsmaßnahmen (organisch/mineralische Düngung einschließlich Management der Ernterückstände, Bodenbearbeitung, Fruchtfolge, Anlage von Begrünungen/Zwischenfrüchten). Als Mindestgehalte gelten 2 % für leichte, 2,5 % für mittelschwere und 3 % Humus für schwere Böden. Abb. 9: Kaliumgehalte auf Ackerland, im Wein- und Obstbau

Die Entwicklung der Humusgehalte in verschiedenen Regionen auf Ackerland und im Weinbau in den vergangenen 15 bis 20 Jahren konnte auf Basis von umfangreichen Humusdaten aus der Praxis untersucht werden. Weil Effekte auf den Humusgehalt durch Bewirtschaftungsänderungen nicht kurzfristig, sondern erst mittel- bis längerfristig feststellbar sind, wurde die Periode vor Einführung des ÖPUL (1991 - 1995) mit den aktuellen Daten verglichen (2006 - 2009). Dazu standen aus dem Nordöstlichen Flach- und Hügelland etwa 17.000 Ergebnisse zur Verfügung, aus dem Alpenvorland 7.500, aus dem Waldviertel 4.500 und aus den Weingärten (v. a. NÖ) mehr als 6.000 Daten. Die Ergebnisse zeigen in allen Regionen einen vergleichbaren Trend. Im Nordöstlichen Flach- und Hügelland und im Alpenvorland sind im Verlauf der vergangenen 15 Jahre die Humusgehalte um etwa 0,2 bis 0,4 % angestiegen, der Median liegt nun bei knapp 3 % Humus. Ackerstandorte mit einem Humusgehalt unter 2 % haben nur noch einen geringen Anteil von etwa 10 % im Nordosten. Im Alpenvorland sind Flächen mit so niedrigen Gehalten kaum noch anzutreffen (Abb. 10). Ausgehend von einem bereits etwas höheren Humusgehaltsniveau im Waldviertel waren die Steigerungen in dieser Periode mit 0,1 bis 0,2 % etwas geringer. Die höheren Werte auf den leichteren Waldviertler Ackerflächen im Vergleich zu den beiden anderen Regionen sind sowohl auf das kühlere Klima mit geringeren Abbauraten als auch auf den höheren Feldfutteranteil in der Fruchtfolge zurückzuführen. Diese günstige Entwicklung ist wesentlich auf ÖPUL-Maßnahmen (z. B. Begrünung von Ackerflächen, Mulchund Direktsaat) zurückzuführen. Hinzuweisen ist auch darauf, dass 1993 das Verbot des Strohverbrennens in Kraft trat und zudem seither die Böden tendenziell weniger intensiv bearbeitet werden. Im Alpenvorland ist auch der im Vergleich zum Nordosten hohe Eintrag von Wirtschaftsdüngern anzuführen, der in den vergangenen Jahren jedoch auch in dieser Region bei sinkenden Viehbeständen etwas zurückgegangen ist. Auch im Weinbau haben die ÖPUL-Maßnahmen der Integrierten Produktion und des Erosionsschutzes mit der Förderung der Bodenbedeckung durch Begrünungen oder andere Mulchschichten zur Steigerung des Humusgehaltes um etwa 0,2 % geführt. Der Median liegt nun bei 2,3 % Humus. Die niedrigen Gehalte sind durch die vorherige Praxis des ganzjährigen Offenhaltens des Bodens im Nordosten verursacht, der Anteil der Standorte mit Gehalten < 2 % ist mit knapp einem Drittel noch immer sehr hoch. Die Bemühungen der Beratung und die Akzeptanz von Umweltmaßnahmen zur Steigerung der Bodenfruchtbarkeit (Begrünungen, Mulch- bzw. Direktsaat) zeigen nachweisbare Erfolge durch das Anheben der Humusgehalte und sind daher auch in Zukunft weiterzuführen, um das bisher Erreichte zu erhalten und noch weitere Verbesserungen zu erzielen.

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Abb. 10: Entwicklung der Humusgehalte auf Ackerland und in Weingärten in ausgewählten Regionen von 1991 - 1995 bis 2006 - 2009

Abb. 11: Humusgehalte in den Ackerbauregionen und im Weinund Obstbau

Der Regenwurm – der wichtigste Humusproduzent im Boden Einen aktuellen Überblick der Humusgehalte auf Ackerland und im Wein- und Obstbau zeigt Abbildung 11. Die niedrigsten Medianwerte mit 2,3 bzw. 2,6 % sind auf den Weinbauflächen zu finden, insbesondere im Nordosten (2,3 %). Die um nur 0,3 % höheren Gehalte in den Weinbaugebieten in der Steiermark sind auf die überwiegende Beprobung in den Rebzeilen zurückzuführen, während die Dauerbegrünungsfläche zwischen den Reihen kaum beprobt wird. In den größten Ackerbauregionen (Nord- und Südöstliches Flach- und Hügelland, Alpenvorland) liegen die Mediane der Humuswerte in einem engen Bereich zwischen 2,85 und 2,95 %. Der Anteil der Ackerflächen mit einem Humusgehalt < 2 % ist im Südosten mit etwa 12 % am höchsten. Der höhere Anteil von Ackerstandorten mit Gehalten über 4,5 % im Nordosten ist auf das Vorkommen des humusreicheren Bodentyps Feuchtschwarzerde zurückzuführen. In den steirischen Obstbaugebieten liegt der Median bei 3,1 % Humus, die Beprobung findet zumeist in den offen gehaltenen Reihen statt und seltener von der Dauerbegrünung zwischen den Reihen; im Mittel der Obstflächen ist daher ein höherer Humusgehalt gegeben. Die Ackerflächen in den kühleren Regionen (Voralpen, Alpenostrand, Wald- und Mühlviertel) und im Kärntner Becken weisen höhere Humusgehalte mit Medianen zwischen 3,24 bis 3,52 % auf. Dies kann auch auf einen höheren Anteil an Ackerfutterflächen und Wechselwiesen zurückzuführen sein. Die große Bandbreite der Humusgehalte von mehr als 2 % in allen Regionen zeigt den Einfluss des Standortes (Bodenart) und der Bewirtschaftung auf.

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Boden und Klimaschutz Böden spielen eine wichtige Rolle im Klimaschutz, da in ihnen enorme Mengen an organischem Kohlenstoff gebunden sind. Weltweit wird dieses Speichervermögen auf 1.580 Gigatonnen geschätzt; es ist damit doppelt so groß wie jenes in der Atmosphäre und entspricht dem Dreifachen in der gesamten Vegetation. Organischer Kohlenstoff ist eine wichtige Voraussetzung, damit sich Boden bildet und seine Fruchtbarkeit erhalten bleibt. Er wird vor allem im Humus, der zu mehr als der Hälfte aus organischem Kohlenstoff (ca. 58 %) besteht, gespeichert. Nur mit einem ausgewogenen Humusgehalt können Böden wesentliche Funktionen wie die Speicherung von Wasser und Nährstoffen oder die Filterung von Schadstoffen optimal erfüllen. Der Humusgehalt ist allerdings nicht konstant, sondern schwankt je nach Landnutzung, klimatischen Verhältnissen, Bodenbearbeitung, Düngung, Fruchtfolgen und Biodiversität. Insbesondere landwirtschaftliche Bewirtschaftungsmethoden beeinflussen den Gehalt an Kohlenstoff in Ackerböden und damit den Humusaufbau und -abbau. So können durch reduzierte Bodenbearbeitung, dem Verbleib von Ernterückständen am Feld, Anwendung organischer Dünger (z. B. Stallmist, Kompost) oder die Einführung einer Grünbrache in die Fruchtfolge Verluste an Humus verringert bzw. Humus im Boden angereichert werden. Eine Freisetzung von Treibhausgasen aus den Böden kann damit vermindert und ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden.

Die Lachgas-Emissionen aus der Landwirtschaft machen etwa 48 % der gesamten Treibhausgasemissionen dieses Sektors aus. Sie resultieren aus der direkten Aufbringungsmenge von organischem und mineralischem Dünger sowie den Stickstoffumsätzen in Böden (z. B. Mineralisierung). Effektiver und zielgerichteter Düngereinsatz sind daher wichtige Klimaschutzmaßnahmen. Um die Reduktion von Lachgas-Emissionen durch die ÖPUL-Maßnahmen abschätzen zu können, wurden Referenzszenarien angenommen, die eine Situation ohne ÖPUL-Maßnahmen unterstellen. Die damit ermittelte Reduktion der Lachgasmenge entspricht 0,5 bis 2,4 % der Gesamtemissionen (CO2-Äquivalente) aus der Landwirtschaft. Die Ergebnisse der Humus- und Stickstoffbilanz zeigen, dass eine biologische Wirtschaftsweise und der Verzicht auf ertragssteigernde Betriebsmittel Acker zu Aufbau und Stabilisierung des Humus beitragen. Werden Ackerflächen im Rahmen der ÖPUL-Maßnahmen begrünt und mit organischem Dünger versorgt, liefern diese Inputstoffe ebenfalls einen positiven Beitrag zur Humusanreicherung. Diese ÖPUL-Maßnahmen lieferten somit im Jahr 2007 auf einer Fläche von rund 600.000 ha einen Beitrag zum Klimaschutz in Österreich.

Im ÖPUL-Programm sind einzelne Maßnahmen wie biologische Wirtschaftsweise (BIO), Verzicht auf ertragssteigernde Betriebsmittel Acker (verzicht), umweltgerechte Bewirtschaftung von Acker- und Grünlandflächen (UBAG) oder Begrünung von Ackerflächen auf eine humusschonende und düngerreduzierende Bewirtschaftung von Ackerböden ausgerichtet. Deren Wirkung auf den Klimaschutz wurde untersucht. In Langzeitversuchen der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) wurde analysiert, wie sich unterschiedliche Bewirtschaftungsweisen auf den Gehalt an Kohlenstoff im Boden auswirken. Unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse wurden so genannte Humusbilanzen für die neun Bundesländer und für gesamt Österreich berechnet. Abb. 12: Ergebnis der Humusbilanz (Variante 1) für Österreich 2007 Die Ergebnisse der Humusbilanzen für drei unterschiedlich gewichtete Varianten der Humusumsetzung zeigen für das Jahr 2007, dass eine biologische Bewirtschaftung und der Verzicht auf ertragssteigernde Betriebsmittel auf Ackerflächen den Humusgehalt positiv beeinflussen. Beide Maßnahmen sind humusschonend, zum Teil auch humusaufbauend und leisten somit einen Beitrag zum Klimaschutz. In Abbildung 12 sind die Ergebnisse für eine Berechnungsvariante (Variante 1) dargestellt, bei der von einem hohen Kohlenstoffentzug durch die Kulturen und einem hohen Kohlenstoffaufbau durch Rückführung von Ernterückständen oder Einsatz von Wirtschaftsdünger ausgegangen wurde. Um erstmals die Änderungen des Kohlenstoffgehalts in Ackerböden Österreichs trotz vieler Unsicherheiten zu ermitteln, wurden Faktoren für die Boden-Bewirtschaftungsmaßnahmen abgeleitet und den ÖPUL-Maßnahmen entsprechend national hochgerechnet: Im Jahr 2007 wurden ungefähr 221.000 Tonnen an Kohlendioxid in Österreichs Ackerböden gebunden, das entspricht einer durchschnittlichen Kohlenstoffbindung von 43 kg pro Hektar und Jahr oder 3 % der Gesamtemissionen aus dem Sektor Landwirtschaft. Bodenbearbeitung

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Acker offen bzw. begrünt

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Boden und Grundwasserschutz Grundwasser ist in Österreich ein entscheidender Träger der Trinkwasserversorgung. Nach dem Wasserrechtsgesetz ist Grundwasser so rein zu halten, dass es als Trinkwasser verwendet werden kann. Untersuchungen im gesamten Bundesgebiet belegen, dass diese rechtliche Vorgabe großteils erfüllt ist. Es gibt jedoch Problemgebiete, wo die Nitratkonzentration des Grundwassers die geltenden Grenzen übersteigt. Es sind dies im Wesentlichen Ackerbaugebiete in Ostösterreich, in der Südoststeiermark und im Zentralraum Oberösterreichs. Grund dafür sind die Wechselwirkungen zwischen Agrarmanagement, regionalem Klima und den örtlichen Bodeneigenschaften. Die Speisung der Grundwasservorkommen erfolgt entweder aus Niederschlagswasser, das auf dem Weg in den Grundwasserkörper den Boden durchsickert, oder als Resultat der Interaktion des Grundwassers mit Oberflächengewässern. In beiden Fällen hat der Boden großen Einfluss auf die Menge und die Qualität der Grundwasserneubildung. Bei der Versickerung von Niederschlag sind die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens sowie dessen Puffer-, Filter-, Abbau- und Umbauleistung wesentliche Bodenfunktionen für den Grundwasserschutz. Ebenso hat das Bodenmanagement (Bodenbearbeitung, Bodenbedeckung, Düngung) wesentlichen Einfluss auf die Befrachtung von Oberflächengewässern und so indirekt auch auf die Grundwasserbeschaffenheit. Eine Gefährdung der wesentlichen Funktionen des Bodens bedeutet somit auch eine Gefährdung des Grundwassers in Bezug auf die Menge, vor allem aber auf seine Qualität. Versauerung, Humusabbau, Bodenverdichtung und Erosion gefährden diese Bodenfunktionen und müssen daher auch im Interesse von „Grundwasserschutz durch Bodenschutz“ vermieden werden. Untersuchungen zur Grundwasserrelevanz der Maßnahme „Begrünung von Ackerflächen“ im Zuge der ÖPUL-Evaluierungen zeigten, dass die Reduktion der Nitratversickerung in den Untergrund und somit in das Grundwasser stark abhängig vom Aufwuchs, der Trockenmassebildung und dem einhergehenden Stickstoffentzug der Begrünung ist. Hohe Trockenmassebildung bedeutet hohe Effektivität hinsichtlich Reduktion der Nitratversickerung in den Untergrund. Der Anbautermin wie auch die Begrünungsmischung sind wesentlich für eine entsprechende Trockenmassebildung. Die Schutzwirkung einer Begrünung für das Grundwasser ist weiters von der Akzeptanz und somit vom Anteil der begrünten Ackerfläche abhängig. Die Teilnahme an der Maßnahme ist regional sehr unterschiedlich: im Zeitraum 2004 bis 2007 in Niederösterreich bei ca. 90 % der Betriebe, in Oberösterreich zwischen 70 % und 80 % und in der Steiermark bei 20 % bis 30 %.

Mangelnder Schutz durch fehlende Gewässerrandstreifen

Die Arbeiten zur Evaluierung der Bewirtschaftung besonders auswaschungsgefährdeter Ackerflächen konzentrierten sich auf die Bewertung des Zusammenhangs zwischen besonders auswaschungsgefährdeten Ackerflächen, den Ertragslagen auf diesen Standorten sowie den Zusammenhang zwischen Nitratversickerung und Bodenbonität. Eine Einschätzung der standörtlichen Ertragslage anhand von Bodenbonitäten aufgrund amtlicher Bodeninformation konnte nicht abgesichert werden. Für etwa zwei Drittel aller untersuchten Fälle wäre die optimale Bewertung als Grundlage für die Düngebemessung nach den Richtlinien für die sachgerechte Düngung die „mittlere Ertragslage“. Die Höhe des Nitrataustrags war zwar von der Bodenbonität beeinflusst, jedoch weitaus deutlicher von der Menge des aufgebrachten Düngers geprägt. Die Effektivität von Gewässerrandstreifen zum Schutz von Oberflächengewässern, eine weitere im ÖPUL geförderte Aktivität, war einerseits durch eine sehr hohe potenzielle Schutzwirkung der Maßnahme hinsichtlich einer Reduktion von Boden- bzw. Nährstoffeinträgen in Gewässer geprägt. Andererseits war jedoch die Teilnahmequote für diese Maßnahme gering. Letztendlich war daher keine nennenswerte Schutzwirkung für Oberflächengewässer gegeben. Eine wesentliche Erhöhung der Teilnahmequote durch Änderung der Prämie und/oder der Teilnahmebedingungen ist daher anzustreben.

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Zusammenfassung Auf etwa 89 % der Weinbaufläche und 86 % der Obstbaufläche erfolgt aktiver Erosionsschutz, wodurch auf diesen Flächen der Bodenabtrag um mehr als 85 % vermindert wird. Von der gesamten Ackerfläche ist fast ein Drittel über den Herbst bzw. Winter begrünt. Mulch- und Direktsaat erfolgt auf 10,6 % der Ackerfläche, damit können 35,6 % der erosionsanfälligen Hauptkulturfläche gezielt vor Erosion geschützt werden. Im Mittel wird der Bodenabtrag durch die gezielten Maßnahmen um 0,4 t/ha und Jahr vermindert. Einen bedeutenden Beitrag zur Erosionsminderung leisten auch höhere Feldfutteranteile in der Fruchtfolge, die durch eine Reihe von ÖPUL-Maßnahmen gefördert werden. Bodenverdichtungen, die durch das Befahren zur Ernte und das Bearbeiten vor allem bei feuchten Bedingungen verursacht werden können, führen zu einer Überlastung des Porensystems und zu einer dauerhaften Beeinträchtigung der Bodenfunktionen (Verringerung der Infiltration des Niederschlagswassers, erhöhter Oberflächenabfluss und Erosion, Verschlechterung der Lebensbedingungen für Bodentiere, Mikroorganismen und die Wurzelentwicklung der Pflanzen). Eine Bestandsaufnahme des Verdichtungsgrades von Ackerstandorten im Produktionsgebiet Alpenvorland ergab, dass bei etwa einem Drittel der untersuchten Standorte ein kritischer Gefügezustand im Bereich der Pflugsohle vorliegt. Maßnahmen mit bodenschonender Bodenbearbeitung können zur Vermeidung von Gefügeschäden beitragen, weil dadurch eine höhere Strukturstabilität im Oberboden bewirkt wird. Die Bodenreaktion (pH-Wert) beeinflusst viele Bodenfunktionen wie das Verhalten von Nähr- und Schadstoffen, den Lebensraum für Bodenorganismen und Pflanzenwurzeln. In jedem Fall sollte der pH-Wert über 5,0 liegen, damit keine giftig wirkenden Konzentrationen an Aluminium auftreten. Weiters trägt ein pH-Wert im leicht sauren bis neutralen Bereich zur Gefügeverbesserung bei mittleren und schweren Böden bei. Die Ergebnisse zeigen, dass die meisten Landwirte es vermeiden, den pH-Wert auf Acker- und Grünland unter 5 absinken zu lassen. Viele Grünlandstandorte befinden sich jedoch nur knapp oberhalb der kritischen Untergrenzen, bedeutende Reserven an Säurepufferkapazitäten liegen nur selten vor. Stärkere Versauerungstendenzen sind auf den Ackerböden des Waldviertels festzustellen, vor allem aufgrund des sauren silikatischen Ausgangsgesteins und des hohen Anteils säuretoleranter Kulturen wie Kartoffel, Hafer und Roggen in der Fruchtfolge. In den vergangenen Jahren ist zumindest bei den stark sauren Standorten (pH < 4,6) im Waldviertel eine leichte Verbesserung eingetreten, der Anteil ist von 13 auf 10 % zurückgegangen.

Durch die Bündelung einer Reihe von Maßnahmen (z. B. Begrünungen, Mulch- und Direktsaat, IP-Richtlinien mit Fruchtfolgeauflagen, Erosionsschutz, Biologische Bewirtschaftung …) ist es im Verlauf von etwa 15 Jahren gelungen, durch die Steigerung des Humusgehaltes um 0,2 - 0,4 % die Puffer-, Filter- und Speicherfunktion der Weingarten- und Ackerböden im Nordöstlichen Flach- und Hügelland und im Alpenvorland zu verbessern. Wegen fehlender Untersuchungsdaten aus der Periode vor 1995 aus vielen Regionen wurden erstmals die Änderungen des Kohlenstoffgehalts in Ackerböden trotz vieler Unsicherheiten mit Modellrechnungen ermittelt. Dazu wurden auf Basis von Exaktversuchen Faktoren für die Boden-Bewirtschaftungsmaßnahmen abgeleitet, den ÖPUL-Maßnahmen zugeordnet und national hochgerechnet: Im Jahr 2007 wurden etwa 221.000 Tonnen an Kohlendioxid in Österreichs Ackerböden gebunden, das entspricht einer durchschnittlichen Kohlenstoffbindung von 43 kg pro Hektar und Jahr oder 3 % der Treibhausgasemissionen 2007 aus der Landwirtschaft. Das Bodenmanagement (Bodenbearbeitung, Bodenbedeckung, Düngung) hat großen Einfluss auf die Menge und die Qualität des neugebildeten Grundwassers. Vor allem die Begrünung von Ackerflächen vermindert die Nitratversickerung in den Untergrund: Entscheidend für diesen Effekt sind der zeitgerechte Anbau, eine hohe Aufwuchsmenge und die damit einhergehende hohe Stickstoffaufnahme durch die Begrünungspflanzen. Die verminderten N-Düngegaben bei vielen Maßnahmen tragen auch zur Verringerung von N-Überschüssen bei und führen zu einer Verringerung der Nitratauswaschung. Entscheidend für den Effekt im Grundwasserkörper ist die Akzeptanz und Teilnahmequote an den ÖPUL-Maßnahmen, die jedoch regional unterschiedlich ist. Die verringerten N-Düngemengen führen auch zur Reduzierung der Lachgas-Emissionen, die den größten Teil der gesamten Treibhausgasemissionen des Sektors Landwirtschaft ausmachen. Mittels Referenzszenarien wurde ermittelt, dass die damit verbundene Verringerung der Lachgasmenge in der Größenordnung von 0,5 bis 2,4 % der Gesamtemissionen (CO2-Äquivalente) aus der Landwirtschaft liegt. Durch die Verbesserung der Bodenqualität, die wesentlich vom Humusgehalt abhängt, sind eine erhöhte Versickerung der Niederschläge und weniger Verschlämmungen zu erwarten. In gewissem Umfang können ungünstige Witterungsbedingungen durch den Klimawandel, wie Starkregen und Trockenperioden, in ihren negativen Auswirkungen gemildert und abgefedert werden. Die Wirkungen der Agrarumweltmaßnahmen auf die Bodenqualität gehen deutlich in Richtung einer „Win-Win“-Situation: Die Produktivität der Böden wird gesteigert, die Effizienz des Düngemitteleinsatzes verbessert und nachteilige Umwelteffekte werden somit vermindert. Auf einer Fläche von fast 600.000 ha tragen ÖPUL-Maßnahmen durch sinkende Treibhausgasemissionen zum Klimaschutz bei.

Der Anteil der Flächen mit ausreichenden pflanzenverfügbaren Nährstoffgehalten steigt im Acker-, Wein- und Obstbau an. Standorte mit hohen und sehr hohen Versorgungsstufen gehen kontinuierlich zurück. Bei Phosphor liegt aktuell nur noch im Weinbau im Nordosten eine generell zu hohe Versorgungslage vor. Von den Ackerflächen im Nordosten sind 60 % in der ausreichenden Gehaltsstufe, die hohen und niedrigen Stufen liegen bei je 20 %. In den übrigen Regionen überwiegen die niedriger versorgten Standorte gegenüber den höher versorgten Flächen, vor allem in den alpinen Randlagen. Bei Grünland liegen die pflanzenverfügbaren P-Gehalte vergleichsweise niedrig. Ausgehend von den generell sinkenden Gehalten bei Phosphor und Kalium in jenen Regionen, aus denen ausreichend viele Bodendaten verfügbar sind, ist von negativen NährstoffBilanzen bei Phosphor und Kalium in den vergangenen 15 Jahren auszugehen.

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Erfolge und Herausforderungen

AutorInnen:

Durch die Maßnahmen der vergangenen Jahre konnte in wichtigen Bereichen eine positive Entwicklung eingeleitet werden. Eine Fortführung erscheint in jedem Fall sinnvoll, um eine weitere Verbesserung oder eine entsprechende Stabilisierung zu erreichen. Allerdings ist durch den Klimawandel mit zum Teil deutlich geänderten Rahmenbedingungen zu rechnen. Es ist daher erforderlich, basierend auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen weitere praxistaugliche Maßnahmen zu entwickeln, die für den Schutz des Bodens und seiner Fruchtbarkeit eingesetzt werden können.

Andreas Baumgarten Georg Dersch Johannes Hösch Heide Spiegel AGES GmbH, Institut für Bodengesundheit & Pflanzenernährung

Um den Erfolg der gesetzten Maßnahmen objektiv evaluieren zu können, ist allerdings eine Etablierung entsprechender Monitoring-Programme erforderlich. Diese sollten nicht nur chemische und physikalische Eigenschaften des Bodens, sondern auch die Diversität und Funktionalität der Bodenorganismen erfassen.

Alexandra Freudenschuß Umweltbundesamt GmbH, Schadstoffe & Mensch Peter Strauss Bundesamt für Wasserwirtschaft, Institut für Kulturtechnik und Bodenwasserhaushalt Impressum: Herausgeber: AGES – Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH Spargelfeldstraße 191 1220 Wien www.ages.at Bundesamt für Wasserwirtschaft Pollnbergstraße 1 3252 Petzenkirchen www.baw.at Umweltbundesamt GmbH Spittelauer Lände 5 1090 Wien www.umweltbundesamt.at Graphische Gestaltung: Corsaro Graphic Design Fotos: AGES Fotolia Alfred Pöllinger Herbert Bauer Umweltbundesamt GmbH Bundesamt für Wasserwirtschaft © AGES, März 2011 Alle Rechte vorbehalten. Nachdrucke – auch auszugsweise – oder sonstige Vervielfältigung, Verarbeitung oder Verbreitung, auch unter Verwendung elektronischer Systeme, ist nur mit schriftlicher Zustimmung der AGES – Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH – zulässig.

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Gesundheit. Ern채hrung. Sicherheit. Unsere Verantwortung.


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